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Cedric & Christoph

Teil 2 - Unerwartetes Wiedersehen

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2.Kapitel – Cedric

Fassungslos starrte Cedric dem davoneilenden jungen Mann hinterher. Jetzt wusste er noch nicht einmal dessen Namen, war aber schon mit ihm zu einem Kaffee verabredet. Benji saß neben ihm und blickte sein Herrchen treu ergeben aus blauen Augen an. Er hoffte wohl, bald dieser kalten und ungemütlichen Umgebung zu entkommen.

"Ja mein Kleiner, wir gehen ja schon."

Damit ließ Cedric den Park und die damit verbundenen Erinnerungen zurück und machte sich auf den Weg zu seinem Mietwagen. Er hatte seine Rückkehr lange und gründlich geplant. Schon seit einem halben Jahr spielte er mit dem Gedanken, doch erst vor zwei Monaten nahm sein Plan konkrete Züge an. In der Firma wusste man davon noch nichts, aber es sollte nicht nur ein kurzer Besuch werden. Nein, er wollte bleiben und wieder Wurzeln schlagen.

Er war vor 5 Jahren in eine andere Stadt gezogen, um seine Wunden zu lecken und nach dieser Enttäuschung wieder zu sich selbst zu finden. Aber nun wollte er nur noch eins: Nach Hause zurück. Hier war er aufgewachsen, hatte sein Leben gelebt und seine Freunde zurückgelassen. Dieses Leben wollte Cedric nun wieder führen. Es gehörte zu ihm und kein Mensch hatte das Recht, ihm dieses Leben zu nehmen. Er wusste, dass einige seiner alten Freunde noch Kontakt mit Marcus, seinem Ex, hatten und dass ein Treffen bei irgendeiner Party unumgänglich war. Aber er fühlte sich dieser Herausforderung gewachsen. Sollte Marcus kommen, ihm konnte er nichts mehr anhaben. Cedric hatte eine Mauer um sich herum errichtet und keinem war es in den letzten 5 Jahren gelungen, diese zu durchbrechen.

Mittlerweile war Cedric bei seinem Wagen angekommen. Derjenige, der für seine Unterbringung und den Transport zuständig war, hatte sich nicht lumpen lassen. Bei seiner Ankunft stand ein 3er BMW in Silber Metallic am Flughafen für ihn bereit. Ein wirklich schöner Wagen. Cedric ließ Benji auf die Hundedecke auf dem Rücksitz und setzte sich hinters Steuer. Langsam fuhr er los und reihte sich in den Verkehr in Richtung Industriegebiet ein. Um 9 Uhr sollte er dort ankommen, also hatte er noch genügend Zeit.

Und schon wanderten seine Gedanken zurück zu dem jungen Mann in der Pfütze, mit dem er morgen einen Kaffee trinken gehen wollte. Schlecht hatte er ja nicht ausgesehen. Sogar richtig schnuckelig. Schlank, schwarze, halblange Haare und strahlend grüne Augen. Cedric hatte ein Faible für grüne Augen. "Grüne Augen, Froschnatur, von der Liebe keine Spur." Das sollte ihm eigentlich zu denken geben. Aber trotzdem ging ihm das Gesicht nicht mehr aus dem Kopf. Er war ihm auf Anhieb sympathisch und das obwohl sie nur wenige Sätze gewechselt hatten. Aber dazu hatten sie morgen noch genug Zeit. Cedric bemerkte, dass er dem Treffen schon entgegen fieberte. So etwas war ihm schon lange nicht mehr geschehen.

Gut gelaunt bog Cedric auf den Firmenparkplatz, parkte den Wagen und schlenderte zusammen mit Benji in Richtung Eingangshalle. Bei der Empfangsdame angekommen, stellte er sich vor und wurde gleich darauf zu einer gemütlichen Sitzgruppe geführt.

"Frau Müller kommt sofort herunter, Herr Therany. Kann ich ihnen so lange etwas zu trinken anbieten?" fragte sie.

"Nein, vielen Dank. Ich werde mich hier einfach ein bisschen umsehen, während ich warte."

Damit ließ sie Cedric allein und er hatte die Möglichkeit, sich die Eingangshalle genauer anzusehen. In 5 Jahren hatte sich doch einiges verändert. Der gesamte Gebäudekomplex war neu gestaltet worden, wirkte modern und schlicht, aber nicht kalt. Es gefiel Cedric. In diesem Moment kam eine junge Frau von etwa 25 Jahren auf ihn zu.

"Guten Morgen, Herr Therany. Ich bin Bianca Müller und vertrete Herrn Höpfner. Er ist im Moment leider verhindert, wird aber so bald wie möglich zu uns stoßen", sagte sie entschuldigend. "Ich hoffe Sie hatten eine angenehme Reise."

'Na das konnte ja heiter werden, wenn der Verantwortliche jetzt schon verhindert ist‘, dachte Cedric bei sich, erwiderte aber:

"Guten Tag, Frau Müller. Vielen Dank für den herzlichen Empfang. Der Flug verlief sehr gut und hier wurde ich ja auch mit allem Komfort empfangen, den man sich vorstellen kann."

"Das freut mich. Herr Höpfner hat sich sehr viel Mühe gegeben, dass Sie sich auch wohl fühlen. Wenn Sie mir nun folgen würden, Herr Steiner erwartet Sie bereits."

Sie führte Cedric durch die Eingangshalle und mehrere helle und mit Kunstdrucken geschmückte Flure, bis zum Büro des Personalchefs. Cedric kannte ihn sehr gut. Er war schon seit über 15 Jahren für dieses Unternehmen tätig und Cedrics Mentor gewesen, als er hier neu angefangen hatte. Herr Steiner erwartete ihn bereits und begrüßte ihn hocherfreut:

"Cedric, wie schön, dass du wieder einmal hier bist. Das muss jetzt bestimmt schon 3 Jahre her sein, dass wir uns das letzte Mal gesehen habe. Wie geht es dir, mein Junge?"

"Ich freue mich auch sehr, sie wieder zu sehen. Es ist tatsächlich schon 2 Jahre her, dass wir uns auf einer Konferenz das letzte Mal gesehen haben. Und selbst da hatten wir ja keine große Gelegenheit, miteinander zu reden."

Herr Steiner sah ihn aufmerksam an und seufzte.

"Ja, das ist leider nur zu wahr. Komm, setz dich. Magst du einen Kaffee?" Mit diesen Worten drückte Herr Steiner Cedric in einen Sessel und lief zu einer Kaffeemaschine im hinteren Teil des Raumes. Cedric sah ihm fasziniert hinterher. Herr Steiner gehörte zum Senior Management des Unternehmens, kochte sich seinen Kaffee aber immer noch selbst. An sein Heiligtum, die Kaffeemaschine, ließ er selbst seine Sekretärin nicht heran.

Benji ließ sich neben Cedric nieder und legte seinen Kopf auf die Pfoten.

"Nun erzählst du mir erst mal, was du die ganzen Jahre in München gemacht hast und vor allem, warum du dich plötzlich entschieden hast, unsere Stadt wieder zu beehren. Ich kenne dich. Du führst etwas im Schilde. Sonst wärst du nicht hierher gekommen."

Damit hatte er Cedric mit einem Schlag den Wind aus den Segeln genommen. Dass er so leicht zu durchschauen war, hätte er nicht gedacht. Sein Mienenspiel musste genau diese Gedanken widergespiegelt haben, denn plötzlich lachte Herr Steiner.

"Mein Junge, ich kenne dich jetzt schon gut 7 Jahren, seit du hier angefangen hast. Glaub mir, ich täusche mich nur selten in Menschen. Sonst wäre ich hier als Personalchef fehl am Platz."

Cedric stimmte in sein Lachen mit ein. Nachdem Herr Steiner die Kaffeetassen vor ihnen abgestellt hatte, setzte er sich in seinen Sessel und sah Cedric erwartungsvoll an.

"Aber jetzt bist du an der Reihe. Erzähl.", forderte er Cedric mit einer Handbewegung auf.

Wie sollte er beginnen? Cedric überlegte. Er wollte seine Pläne noch nicht komplett preisgeben. Er vertraute Herrn Steiner, keine Frage, er war früher schließlich sein Mentor gewesen, aber alles hatte er ihm auch nicht erzählt. Sein Privatleben und die Beziehung mit Marcus gingen niemanden etwas an.

"Es war damals eine sehr private Entscheidung, von hier wegzugehen. Es hatte in meinem Privatleben ein Ereignis gegeben, das mich ziemlich aus der Bahn geworfen hat. Ich hatte das Gefühl, daran zu zerbrechen, wenn ich noch länger hier geblieben wäre. Deshalb bemühte ich mich um eine Versetzung. Und in München wurde zu dieser Zeit gerade eine leitende Stelle im Controlling frei."

Cedric dachte an die einsamen Nächte im Hotelzimmer, wie er sich stundenlang im Bett gewälzt hatte, ohne einen klaren Gedanken fassen zu können. Schließlich hatte er es für die beste Entscheidung gehalten, einen Schlussstrich zu ziehen und noch einmal von vorne anzufangen.

Herr Steiner betrachtete ihn mitfühlend.

"Du warst damals ziemlich von der Rolle und es gab viele Gerüchte, was denn geschehen sei. Aber in einem waren wir vom Senior Management uns einig: Du musstest hier raus und das so schnell wie möglich, sonst hätten wir dich nicht nur als Mitarbeiter, sondern auch als Menschen, verloren. Das war einer der Gründe, warum ich deine Versetzung befürwortet habe, auch wenn es auf der anderen Seite hieß, einen wirklich guten Mitarbeiter an eine andere Niederlassung zu verlieren.

Es muss dich ziemlich getroffen haben. Ich wollte nicht noch weiter in dich dringen und habe dich ziehen lassen. Aber trotz allem habe ich mich immer gefragt, was geschehen sein musste, um dich aus deiner Heimatstadt zu vertreiben."

Cedric nickte: "Ja, es war das Beste, was mir passieren konnte. Die Arbeit in der neuen Abteilung hat mir gut getan. Ich habe viel Neues gelernt und wichtige Erfahrungen sammeln können. Und im persönlichen Bereich konnte ich mich auch wieder fangen und alles ordnen und neu beginnen."

Geistesabwesend kraulte Cedric Benji hinter den Ohren. Kurz blitzten Erinnerungen an Situationen in München vor seinem inneren Auge auf. Die Anfänge, als er nicht wusste wohin, mit seinen Gefühlen und sich so allein in der neuen Stadt gefühlt hatte. Dann die Herausforderungen in der neuen Abteilung, die ersten Erfolge. Ja, es hatte ihm sehr gut getan und er hatte sich selbst auch verändert. Selbst wenn er zu dem Zeitpunkt schon 25 Jahre alt gewesen war, so war es doch eine Herausforderung, sich in einer fremden und vor allem auch so großen Metropole ein komplett neues Leben aufzubauen. Aber er hatte es geschafft.

"Und was verschlägt dich nun wieder in deine Heimat?"

Diese Frage riss Cedric aus seinen Gedanken. Lächelnd sah er Herrn Steiner an.

"Wahrscheinlich einfach nur das Heimweh. Trotz den schönen Jahren in München habe ich meine Heimat nicht vergessen und immer wieder mit dem Gedanken an einen Besuch gespielt, ihn aber nie verwirklichen können. Und jetzt ist es so weit."

Genau in diesem Moment klopfte es an die Tür.

"Herein.", erklang Herrn Steiners sonore Stimme und die Tür öffnete sich.

Cedric drehte sich in seinem Sessel, um zu sehen, wer durch die Tür kam. Herein schaute ein schwarzhaariger Kopf mit funkelnd grünen Augen.

Aber das war doch … Irrtum ausgeschlossen … es war tatsächlich der junge Mann aus dem Park.

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