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Dear Diary...

Teil 4

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Inhaltsverzeichnis

1.Juni

Sebastian war heute den ganzen verdammten Tag total nörgelig. Wegen seiner Hausarbeit

(die immer noch nicht fertig ist), wegen Trisha, die mit ihm auch nicht mehr redet und weil Tom mich angeblich immer so merkwürdig ansieht. HAHA, Sebastian ist eifersüchtig! Dabei hat er doch gar keinen Grund. Tom könnte halbnackt vor meiner Nase onanieren, es würde mich VOLLKOMMEN kalt lassen.

Abends gab es Stress, weil ich gerne ausgehen wollte (jaja, ich gebe es zu, ich wollte mit ihm angeben) und er nicht.

»Hab keine Lust auf den Schwuchtelladen«, fauchte er. »Du willst doch eh nur da hin, um wieder direkt vor meiner Nase rumzutanzen.«

Als ob das so schlimm wäre. Er macht ja auch ständig Sachen direkt vor meiner Nase und die sind bestimmt sehr viel unanständiger, als harmloses Tanzen. Sind wir halt bei ihm geblieben, haben ferngesehen und geknutscht.

2.Juni

Grrrrr – Ziggy allein zu Haus. Das heißt, Mom und Dad toben im Schlafzimmer. Es sei ihnen gegönnt. Im Endeffekt sind mir fickende Eltern lieber als streitende. Dennoch, warum dürfen die Spaß haben und ich muss hier allein in meinem Bett liegen und mich nach meinem Liebsten verzehren? Wo ich gerade beim Thema bin... Sebastian ist schon komisch. Manchmal, wenn wir zusammen sind, scheint es fast, als sei es ihm peinlich, scharf auf mich zu sein (obwohl ich natürlich weiß, dass er es immer ist HAHAHA). Er ist nervös, kann mich kaum ansehen und starrt mit verkrampften Fingern Löcher in die Luft. Dann gehe ich auf ihn zu, entknote seine Hände und schiebe sie ganz leicht unter mein Shirt. Sobald er mich berührt, hab ich das Gefühl, als rasen mir tausend Blitze durch den Körper, seine Hände sind unglaublich weich und zart. Er tut immer so, als wüsste er nicht, was er mit mir machen soll, aber ich glaube, das ist nur so eine Masche, denn wenn wir vögeln, muss ich gar nichts sagen. Er weiß einfach, wie ich es haben will. Ich dagegen weiß nicht so genau, was er gern hat, er sagt ja nie was. Tom war da immer sehr direkt und sogar Simon hat manchmal gesagt, dass ich ihm einen blasen soll... aber Sebastian? Richtig schlau werde ich nicht aus ihm. Trotzdem bin ich bis zur Halskrause verliebt!

3.Juni

Mein Liebster hatte heute doch tatsächlich keine Zeit für mich. Er musste studieren. Habe mich schrecklich nach ihm gesehnt und bin zur Ablenkung nachmittags zu Tom in den Musikshop.

»Und, wie läuft es so?« Tom lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, legte seine Beine auf die Theke und knabberte an seiner Waffel.

»Und bei dir?« gab ich die Frage an ihn zurück, worauf er die Achseln zuckte. »Du siehst ja, ich hab wie immer viel zu tun«, grinste er, dann warf er mir einen Schmachtblick zu... sagenhaft. »Ist schon komisch, wenn ich weiß, dass du bei uns bist, aber anstatt in meinem in Sebastians Bett liegst. Und ich frage mich, ob vielleicht alles anders gekommen wäre, wenn... ich dir gesagt hätte, wie... wie verknallt ich doch eigentlich bin.«

Oh nein. DAS wollte ich bestimmt nicht hören. Nicht jetzt und nicht von ihm.

»Aber es war doch alles klar zwischen uns. Ich meine, wir hatten Spaß und so, du hast mir nie das Gefühl gegeben, als wären so wahnsinnig tiefe Gefühle im Spiel.«

Er lächelte. Wahnsinn, wie er lächelte. »Du ja auch nicht. Ich hatte ein bisschen Panik davor, mich lächerlich zu machen, wenn ich mit einer herzzerreißenden Liebeserklärung komme. Naja, was soll's. Kann man jetzt auch nicht mehr ändern.«

Kacke! Wenn ich das gewusst hätte! Blödsinn, ich hätte mich auf alle Fälle in Sebastian verliebt, oder nicht? Was bringt es, darüber nachzudenken? Ich bin mit Sebastian zusammen und habe nicht vor, ihn schon in den ersten Wochen zu betrügen. Überhaupt habe ich das gar niemals vor. Nicht einmal mit dem tollen Tom.

»Ganz schön arschig von mir, dir das jetzt zu sagen, oder?« Er sah mich an und biss sich auf die Lippe. »Vergiss es einfach. Bin halt in sentimentaler Stimmung.«

Ja, vergessen – das war super einfach. Blödmann.

»Ich glaube, ich muss mal langsam los.«

»Schade.«

Mir war irgendwie zum kotzen.

Als ich nach Hause kam, hab ich sofort Sebastian angerufen, morgen treffen wir uns. Das dauert noch so lange...

4.Juni

HILFE!! Am Sonntag hat die liebe Tante Doro Geburtstag und Mom hat mir soeben eröffnet, meine Anwesenheit sei erwünscht.

Au weia, das hat mir grad noch gefehlt.

Ein Stelldichein mit der Lilalatzhosenfront, samt missratenem Anhang, denn die Bälger dürfen natürlich bei denen nie fehlen. Hä? Woher kommen eigentlich die Bälger? Die sind doch alle männerfeindlich bis zum gehtnichmehr. Aber das kennt man ja, in Talkshows sitzen die und faseln was von Kind ja, Mann nein und das Publikum klatscht, obwohl es denkt »Scheiße, sind die blöd. Wir wollen lieber ficken ohne Kinder«, denn: Kinder gleich Kosten. Die wollen ja immer essen und Kleidung und Playstation und beim Einkaufen hieven die sämtliche Süßigkeiten aus den Regalen in den Einkaufswagen der völlig überforderten ledigen Mütter, die dann pausenlos brüllen »Nein, Kevin oder Marvin oder Thorsten oder Thomas, pack es bitte wieder weg«. Wenn Kevinmarvinthorstenoderthomas partout nicht hören wollen, müssen sie auch schon mal fühlen, nämlich die Hand der ledigen Mutter und zwar auf ihren kleinen Wangen.

Kevinmarvinthorstenoderthomas fangen selbstverständlich ein grauenhaftes Geplärre an und die Omma, die gerade ihren Einkaufswagen vorbeischiebt, fragt empört die Dame nebenan, ob die Mutter das Kind geschlagen habe und dass solche Leute keine Kinder kriegen dürften. Ommas sprechen nie mit den Müttern selber, weil die genau wissen, dass die dann Amoklaufen würden.

Würde ich unter diesen Umständen auch. Ich frage mich, wieso ledige Mütter mit ihrer Brut immer Samstagmorgen einkaufen? Die haben doch nun wirklich die ganze Woche über Zeit, weil die ja nicht arbeiten. Nein, immer Samstagmorgen und immer ist der Einkaufswagen so voll, dass die nette Frau an der Kasse auch schon die Pimpernellen kriegt und wenn ich – ganz hinten in der Schlange – meine drei Teile auf das Band lege (natürlich lässt mich niemand vor) total unfreundlich rummuffelt. Mom hat mich eine Zeitlang Samstags zum einkaufen geschickt, deshalb weiß ich genau, wovon ich rede.

Allerdings hab ich ihr das sehr schnell ausgetrieben. Erstens ist es uncool für seine Mutter einzukaufen und zweitens ist es uncool für seine Mutter einzukaufen. Und drittens hat Mom genug Zeit, es selbst zu tun. Aber die hat auch was gegen ledige Mütter, die für den nächsten Weltkrieg einkaufen.

Ich hasse Kinder!!!

Ich hasse einkaufen!!!

POPPEN STATT SHOPPEN – jawoll!

Ich frage einfach mal Sebastian, ob er mit zu Doro kommt. Das müsste ihm doch eigentlich gefallen – kein einziger Schwuler wird da sein, mal abgesehen von meiner Person.

Fahre jetzt los.

später...

Alles klar, Sebastian kommt mit. Dafür musste ich aber auch meine gesamten Überredungskünste auffahren. Hab ihm natürlich in keinster Weise mitgeteilt, worauf er sich da einlässt – Weiber, Bälger, Oma, Opa usw. Dafür habe ich mal ganz vorsichtig das Thema schwul oder nicht angeschnitten.

»Warum fragst du mich immer wieder dieselbe Scheiße?«

»Ich will eben wissen, ob du dich mal für andere Jungs interessiert hast oder ob ich der erste bin.«

»Du bist der erste, zufrieden?«

»Und das ist dir schrecklich unangenehm.«

»Wie kommst du denn darauf?«

»Wild geraten.«

»Hä?«

»Wieso ist es für dich so ein Problem, wenn irgendwer weiß, dass du mit mir ins Bett gehst?«

»Ich habe kein Problem aber man muss ja nicht gleich damit hausieren gehen. Ich bin eben nicht wie du.«

»Und ich habe keine Lust, dein kleines schmutziges Geheimnis zu sein.«

»Wenn es dir nicht passt, kannst du ja gehen«, erwiderte er patzig.

»Ich will mich nicht streiten.«

»Dann hör doch auf.«

»Aber du machst mich wahnsinnig. Wieso kann ich mich mit dir nicht vernünftig unterhalten?«

»Weil du andauernd nur von schwul und Typen und ficken redest.«

»Das stimmt überhaupt in keinster Weise. Ich will doch nur wissen, ob... ob du mich gern hast«, sagte ich leise. »ich meine, wir schlafen zusammen aber du hast mir noch nie gesagt, ob du mich gern hast oder es dir nur um Sex geht. Bei Tom hab ich das gewusst und es hat mir nichts ausgemacht aber... in dich bin ich doch verliebt.«

Das entsprach nicht mehr so ganz der Wahrheit, denn inzwischen weiß ich ja, dass Tom durchaus mehr Gefühle für mich hat.

»Lass mich bloß mit dem Arschloch in Ruhe«, drohte er finster. Dann strich er mir über die Wange. »Ich hab mich in dich verliebt, als du mich das erstemal gefragt hast, ob mein Fernseher repariert ist.«

Ich erinnerte mich dunkel, allerdings nicht an seine Antwort, doch bestimmt hatte er nichts Nettes gesagt.

»Warum hast du dich dann so lange wie eine beknackte Arschgeige benommen?«

»Weil du dich von Tom hast ficken lassen.«

Ja, das hatte ich in der Tat. Doch das zählt nicht mehr. Zu dem Zeitpunkt war Sebastian ja noch ein dämlicher Sack gewesen. Bei mir hatte erst alles mit dem Dreisekundenkuss angefangen. Wahnsinn, wenn ich jetzt daran zurück denke, läuft es mir immer noch heiß und kalt den Rücken runter – und wieder rauf.

»Hör mal«, begann Sebastian, »ich hab echt noch keine Erfahrung, mit in-Jungs-verlieben. Du bist der Erste. Und ich habe mich die ganze Zeit dagegen gesträubt, weil ich dachte... dass, naja... dass du eben mit Tom zusammen bist. Dass ich bei dir überhaupt gar keine Chance habe.«

Oh je, ich liebte ihn in diesem Moment abgöttisch. Liebte ihn noch mehr, wenn das möglich war.

»Aber in der Disco und danach, als wir zusammen im Bett gelegen haben, da hast du doch gemerkt, dass ich scharf auf dich war und außerdem habe ich dir gesagt, dass ich verliebt bin.«

»Ich will aber nicht schwul sein«, entgegnete er leise.

»Tja, wer will das schon. Jedenfalls hast du mir ziemliche Scheiß-Depri-Tage beschert. Ist dir das eigentlich klar?«

Er lächelte schief. »Ist dir klar, was du in mir angerichtet hast? Ich verliebe mich in die Fickbekanntschaft meines Mitbewohners.«

»In die was?« rief ich entrüstet.

»Entschuldige, aber als was würdest du das sonst bezeichnen? Oder bist du etwa doch verknallt in ihn?«

»Für mich gibt es nur noch dich.«

Um Himmels Willen... ging es vielleicht noch kitschiger??

Sebastian rückte ein Stück näher. »Das will ich dir aber auch geraten haben. Schließlich ist

es deine Schuld, was aus mir geworden ist. Und ich schwöre dir, wenn du mich jemals verlässt, bringe ich dich um.»

Ich lächelte geschmeichelt, war mir allerdings nicht sicher, ob ich es wirklich hätte sein sollen. Irgendwie hatte der letzte Satz ziemlich ernst und bedrohlich geklungen. Aber ich hatte ja nicht vor, meine große Liebe zu verlassen. Nie.

»Ist deine Hausarbeit inzwischen fertig, oder schickst du mich gleich wieder weg?«

»Damit du dich wieder mit Tom vergnügen kannst? Vergiss es, Babe.«

»Kannst du das nicht endlich abhaken?«

»Das könnte ich, wenn ich nicht wüsste, dass Tom dich bei jeder sich bietenden Gelegenheit mit den Augen verschlingt und seine kleinen satanischen Griffel nach dir ausstreckt.«

Ich musste lachen, weil ich mir Tom mit zwei kleinen Hörnern an der Stirn vorstellte.

»Ja, das findest du lustig, was?« Er stupste mir den Finger in die Seite. »Findest es toll, so umschwärmt zu werden.«

»Es reicht mir, wenn du mich umschwärmst.«

Sebastian legte sich auf den Rücken und eine Hand über seine Augen, die andere strich über seinen Bauch. Mir wurde schon wieder ganz flau.

»Ziggy... sag mal, das ist doch nicht dein richtiger Name, oder?«

Mein Unterleib hatte aufgehört zu brodeln. »Wieso?«

»Wie ist dein Name? Ich kann doch nicht mit jemandem schlafen, dessen Namen ich nicht kenne.«

»Ziggy reicht doch.«

»Reicht nicht. Mach schon, so schlimm kann es nicht sein.«

»Glaub mir, es ist noch schlimmer«, erwiderte ich finster.

»Los.«

Ich setzte mich auf und seufzte. »Ich... heiße... SIGURD... zufrieden?«

Sebastian nahm die Hand von den Augen, drehte seinen Kopf und kniff die Lippen zusammen. Eine halbe Sekunde später wurde ich Zeuge eines sagenhaften Lachanfalls. »Hahaha... das ist doch... ein Witz, oder? Waren deine Eltern besoffen?« Er wischte sich Tränen aus den Augen.

»So lustig ist das nun auch wieder nicht«, entgegnete ich beleidigt.

»Stimmt, entschuldige«, sagte er und hatte Mühe, ein Kichern zu unterdrücken. Dann zog er mich in seine Arme, wogegen ich mich aber zunächst sträubte, also warf er sich auf mich und hielt meine Handgelenke fest.

»Sigurd«, murmelte er, während er meinen Hals küsste. »Mhhh... ich lieb dich, Sigurd.«

Hab ich schon erwähnt, dass ich meinen Namen hasse? Ja, ich glaube. Egal, ich kann es nicht oft genug betonen. ICH HASSE MEINEN NAMEN!

Sebastian hat mich noch den ganzen verdammten Abend damit aufgezogen. Ich fand das sehr gemein, schließlich sage ich ja auch nichts, wenn er seine dämlichen Pink-Panther-Boxershorts trägt, die ich selbstverständlich, da in Sebastian bis zum Erbrechen verliebt, gnadenlos süß finde. Aber ich könnte lachen... wenn ich wollte!

5.Juni

Benedikt wollte heute von mir wissen, warum ich in letzter Zeit immer nur grinsend durch die Gegend laufe, das sei ja direkt unheimlich. Da erzählte ich ihm und Nico erstmal die Sache mit Sebastian, die wussten das nämlich noch gar nicht. Während Benedikt sich ganz ehrlich für mich freute, stierte Nico mich nur finster an. Ich persönlich finde, er hat kein Recht dazu. Immerhin hat der einen Freund, womit ich fertig werden musste, als ich noch so elendig scharf auf ihn war.

Überhaupt... jetzt, wo ich mit meinem Liebsten zusammen bin, kommen alle an und machen Liebeserklärungen, die Scheißer. Hätte denen mal früher einfallen können, oder?

Da in meinem Leben jetzt schön alles (naja) in Ordnung ist, kann ich endlich den »Engel« zu Ende lesen, was ich getan hab. Mir ist sofort wieder romantisch im Leib, traue mich aber nicht, Sebastian zu fragen, ob ich ihm was vorlesen soll. Nicht auszudenken, wenn er mich für weibisch hält und auslacht oder gar Schluss macht.

Obwohl ich mir das nicht vorstellen kann, aber man weiß ja nie und bei Sebastian sowieso nicht. So sehr ich ihn auch liebe (und ich liebe ihn wirklich sehr), aber seine Eifersucht geht mir extrem auf den Geist. Immer faselt er von Tom, der seine Griffel nicht von mir lassen will, dabei hat Tom bis jetzt noch nicht einmal den Versuch unternommen, mich anzumachen oder anzufassen oder sonst was. Und selbst wenn – ich will doch rein gar nichts mehr von ihm, das müsste Sebastian aber mal langsam wissen.

Simon hat mich schon wieder mit seinem Anruf belästigt, hab ihn schnell abgewimmelt. Scheiße, wusste gar nicht, wie hartnäckig der sein kann...

6.Juni

Igitt – niemals wieder Sport!!!

Musste ja heute mal daran teilnehmen, zwecks Vorbeugung einer fantastisch schlechten Note. In Zukunft nehme ich lieber die. Das Umziehen war schon Horror. Dieser miefige Raum, mit Holzbänken ringsrum, der bereits nach verdammter Überanstrengung stinkt, dann die Sportler mit ihren gestählten Körpern und mittendrin... ich, der kleine Schmächti. Zum Warm werden erstmal achtzigtausend Runden laufen... draußen auf dem schönen neuen Sportplatz... ich dachte, mir fliegt die Lunge weg und wurde hoffnungslos überrundet.

Dann wurden wir in Gruppen eingeteilt. Die eine sollte in einen Sandhaufen springen, die andere über eine viel zu hohe Latte. Ich war vom Laufen noch völlig fertig, als auch schon Hürden (mindestens zwanzig Meter hoch) aufgebaut wurden und ich wieder rennen sollte, weil ich nämlich zu der dritten Gruppe gehörte... ach du Scheiße. Bin ich vielleicht Leichtathlet oder sowas?

Zum Schluss noch ein heiteres Basketballspiel (in der Halle). Da hab ich völlig abgekackt, weil ich im Gegensatz zu den anderen ein verdammter Zwerg bin. Sport ist einfach prinzipiell und generell scheiße. Spüre jeden einzelnen Knochen – immer noch.

Habe mich sofort abends sehr jammerig bei Sebastian beschwert, der meinem armen geschundenen Körper mit seinen begnadeten Händen eine Massage verabreichte, dass mir jetzt noch ganz flau wird. Wirklich, der sollte Geld dafür nehmen – allerdings nicht von mir, na... eigentlich auch von sonst niemandem... ich will nicht, dass er andere Typen begrapscht. Er hat mir dann noch unter die Nase gerieben, wie sportlich er in der Schule war... haha wer's glaubt. So ein Angeber!

Nach der Massage haben wir uns zur Abwechslung mal wieder gestritten... wegen Tom und Nico und Benedikt. Tom konnte ich ja noch so gerade nachvollziehen, aber wieso der jetzt auch wegen Nico und Ben eifersüchtig ist, weiß ich echt nicht. Und alles nur, weil ich gefragt habe, ob wir am Samstag nicht mal ausgehen könnten – ins 10.15. Er meinte, dass ich doch nur dahin wolle, um eben Nico und Ben zu treffen.

Sowas Blödes, die treffe ich doch eh jeden Tag in der Schule und könnte wer-weiß-was mit denen treiben, wenn ich wollte aber ich will ja gar nicht. Wann kapiert der das denn endlich?

7.Juni

So langsam wird mir das alles zu blöd. Sebastian ist nicht ganz dicht. Jetzt verbietet er mir sogar, mich mit Tom zu unterhalten. Einen Riesenaufstand hat er gemacht, weil ich mit ihm in der Küche saß und wir über irgendwas gelacht haben. Dabei hab ich nur auf ihn gewartet. Na gut, Tom war etwas spärlich bekleidet, er kam gerade aus der Dusche, aber er war nicht nackt und wir haben nicht sehr eng zusammengehangen, also kein Grund auszuflippen.

Leider ist Sebastian aber ausgeflippt und zwar nicht zu knapp. Erst fragte er, ob er störe, dann setzte er seinen Finsterblick auf und drohte Tom Prügel an. Und schließlich hat er mich in sein Zimmer geschleift, dass mein Arm jetzt voller blauer Flecke ist.

Mein Rücken auch, er hat mich nämlich gegen die Tür geschleudert, genau auf die Klinke. Der Schmerz trieb mir fast Tränen in die Augen. Habe ihn höflich... so höflich wie es die Situation zuließ... gefragt, ob er vielleicht spontan den Verstand verloren hätte, da hat er mich eine Stunde lang angebrüllt.

»Denkst du das ist alles ein scheiß verdammtes Spiel, oder was? Wenn du Tom ficken willst, dann sag es und verpiss dich.«

»Will ich doch überhaupt nicht«, murmelte ich und rieb meinen schmerzenden Arm. Und meinen Rücken.

»Und warum schleichst du dann immer um ihn rum? Was habt'n ihr getrieben, bevor ich reinkam?«

»Wir haben uns unterhalten, ganz normal.«

»Normal?« keifte er los, »halbnackt hat der Scheißer da gesessen. Hältst du mich für blöde?«

»Willst du darauf eine ehrliche Antwort?«

»Blöder Wichser. Wenn du noch scharf auf den Idioten bist, dann hör gefälligst auf, mich mit deinem Liebesscheiß vollzusülzen.«

Er baute sich drohend vor mir auf und schlug mir leicht mit der Hand gegen den Kopf.

»Du bist ja total durchgeknallt. Schon mal mit einer Therapie versucht?«

Noch ein Schlag gegen den Kopf, doch diesesmal wehrte ich ihn ab. »Lass das. Ich stehe nicht auf geschlagen-werden. Bist du irre, oder was?«

»Arschloch. Geh... los... geh doch hin zu ihm, er wartet bestimmt schon darauf, dass er dir seinen verdammten Schwanz gott-weiß-wohin stecken kann.«

»Ich will aber seinen Schwanz nicht gott-weiß-wo haben, sondern deinen. Sonst wäre ich wohl kaum hier.«

»Dann halte dich in Zukunft fern von ihm, verstanden?«

»Nee. Ich bin zufällig mit Tom befreundet. Und komm mir jetzt bloß nicht mit so einem er-oder-ich-scheiß.«

Darauf hat er nichts mehr gesagt, sondern sich schmollend auf sein Bett verzogen. Ich blieb in der Ecke auf dem Boden sitzen. Hatte Rückenschmerzen, Kopfschmerzen und mein Arm tat weh. Am Meisten tat aber weh, dass er mich ignorierte. Ich weiß nicht, wie lange das ging, hab ihn angestarrt, angesprochen, doch er hat mich keines Blickes gewürdigt. Ich dachte schon, das war's dann wohl, jetzt ist es zuende, da drehte er seinen Kopf, sah mich einen Moment an, kam langsam auf mich zu, ging in die Hocke und strich mir über die Wange. Dann nahm er mich mit aufs Bett und drückte mich an sich.

»Es tut mir leid. Ich wollte dir nicht weh tun, Ziggy.«

»Nee, schon klar. Hast du aber.«

Vorsichtig hob er mein Shirt ein Stück hoch und warf einen Blick auf den angehenden blauviolettgrüngelben Fleck – ich bekomme nämlich total schnell sowas.

»Scheiße«, murmelte er bestürzt, »scheiße.«

»Ist das alles, was dir dazu einfällt? Was ist denn mit dir los?«

»Keine Ahnung. Als ich dich mit Tom gesehen habe, sind bei mir irgendwelche Sicherungen durchgebrannt.«

»Ach was? Ist mir gar nicht aufgefallen. Soll das jetzt immer so sein, wenn ich mich zufällig mit ihm unterhalte?«

»Ich hab dir schon gesagt, du sollst nicht mehr mit ihm reden.«

»Ja aber das ist doch Schwachsinn. Ich meine, das kann doch unmöglich dein Ernst sein.«

Er küsste sanft den Bluterguss auf meinem Rücken. »Ich lieb dich so.«

AHHH, wie schön das zu hören aber musste denn das vorher unbedingt sein?

8.Juni

Sebastian hat mir als Entschuldigung drei (!) Zetsuai-Bände geschenkt. Der scheint ja ein ziemlich schlechtes Gewissen zu haben. Ich kann nur hoffen, dass er nicht noch mehr solcher Anfälle bekommt. Wie schlecht sein schlechtes Gewissen ist, hat er mir dann noch deutlicher gezeigt, indem er mit mir ausgegangen ist. Mal abgesehen von einigen Finsterblicken, wenn ich mit Nico geredet habe oder mich ein fremder Typ angesprochen hat, haben wir den Abend ohne Katastrophen überstanden – es war sogar ziemlich schön. Wer hätte nämlich gedacht, dass Sebastian sich einigermaßen gut mit Benedikt verstehen würde?

Also ich war sehr überrascht und zur Abwechslung auch mal ein kleines bisschen eifersüchtig. Vielleicht wollte er genau das bezwecken? Darüber will ich lieber nicht nachdenken, weil ich solche Spielchen hasse wie die Pest. Nico hat mir gesagt, dass er nicht versteht, was ich an Sebastian finde – der ist auch eifersüchtig, was mir allerdings am Arsch vorbeigeht. Was bildet der sich ein? Habe ihm geantwortet, dass ich Sebastian liebe und heiraten will, da hat er die Fresse gehalten.

9.Juni

Hilfe, mein Leben ist mir im Augenblick eindeutig zu aufregend. Heute war das Geburtstagskaffeetrinken bei Doro. Sebastian ist tatsächlich brav mitgekommen. Jetzt ist der Arme total fertig und wieder mal sauer.

Schon als wir ankamen, sah ich an seinem Gesicht, dass er am liebsten Reissaus genommen hätte. Da saßen Doro, Oma, Opa, Tina, Arne, Doros Weiber und die Bälger am Tisch. Die Bälger saßen eigentlich nicht, sondern liefen durch die Gegend und machten Radau. Opa hat Sebastian zeitweise für mich gehalten und war sehr zufrieden, dass ich mir endlich die Haare hatte schneiden lassen, Oma hat mir ganz wichtig die Yvonne vorgestellt, wobei sie unentwegt zwinkerte. Die Yvonne tat dasselbe, das Zwinkern meine ich. Die Bälger lieferten sich Schokokuss-Schlachten, bis Doro energisch dazwischen ging. Dad hat sich wie immer aus allem rausgehalten, selbst als die Weiber mit ihren Hasstiraden auf die Männer anfingen. Oma fand Sebastian sehr nett und höflich; überhaupt waren alle erstaunt, was für nette Freunde ich habe. Was glauben die denn? Dass ich einen Haufen Ganoven und Kleinkriminelle um mich schare?

Jedenfalls wurde die Yvonne neben mich gesetzt, Sebastian auf die andere Seite. Gut, dass er in meiner Nähe war, denn die Weiber hatten allesamt so einen Ausdruck in den Augen... irgendwie...blutrünstig.

Die Yvonne... um Himmels Willen... werde Oma nie verzeihen, dass sie diese Schnepfe für mich ausgesucht hat. Dabei sieht die gar nicht mal unschön aus, wenn man Mädchen anregend findet... aber... puh, die STIMME! Zum Davonlaufen. Total laut und penetrant und ekelhaft. Und die ganze Zeit hat die mich zugefaselt, dass sie nach dem Abi Jura studieren, wo und wie sie wohnen will usw, dass sie mich ja so nett findet, ganz anders als die anderen Jungs, die immer nur Sex wollen.

Woher will die denn wissen, dass ich anders bin? Hätte ihr gerne gesagt, wie oft ich es bisher mit Sebastian getrieben habe, doch ich wollte meinen Liebsten nicht in Verlegenheit bringen. Habe stattdessen mein Zombiegrinsen aufgesetzt und so getan, als höre ich aufmerksam zu, dabei aber unter dem Tisch an Sebastians Schenkel gelangt, der natürlich sofort entsetzt meine Hand weggeschoben hat.

Ach und Kinder wünscht sie sich ja auch, die Yvonne. Ein Mädchen und einen Jungen, damit hat sie sich vor den Weibern zum Arsch gemacht, die sofort wieder das Thema Männer sind Schweine aufgriffen (Anwesende natürlich ausgeschlossen HAHAHA) und ein Auge auf ihre Sprösslinge warfen, die sich auf dem Boden gegenseitig die Schokoküsse in ihre kleinen Fressen stupsten. Opa wollte mit dem Stock dazwischen gehen, wurde aber von Dad zurückgehalten. Dann hatten endlich Tina und Arne ihren großen Auftritt.

Schwangerschaften sind bei Kaffee und Kuchen ja immer ein beliebtes Thema. Ob sie denn Probleme habe, wie das mit der morgendlichen Übelkeit sei, was sich die beiden wünschen, ob sie auch immer schön zu den Untersuchungen gehe, das sei ja so schrecklich wichtig. Dass sie das Rauchen nicht so Knall auf Fall aufgeben dürfe, sondern ganz langsam reduzieren, ob sie sich auch schon bei einem Schwangerschaftskurs angemeldet habe, ob Arne sie unterstütze und dass er doch sicherlich bei der Geburt dabei sein wolle. Tina suhlte sich ekelhaft in der Aufmerksamkeit, die ihr zuteil wurde, Arne lächelte und hörte den ganzen Tag nicht mehr auf. Jaja, der Arne, natürlich ist er bei der Geburt dabei und schwanger ist er auch, jedenfalls sympathieschwanger. Das bedeutet, dass die wahrscheinlich morgens gemeinsam kotzen, um sich dann wieder den Wanst vollzuschlagen.

Danach wurde mein Liebster ins Kreuzverhör genommen. Oh je, ich hätte ihm das so gerne erspart. Anfangs ging es ja noch, aber als er meinte, dass er nach dem Studium gerne als Betreuer im Gefängnis arbeiten möchte, waren alle Weiber außer Rand und Band. Wieso man denn Kinderschänder, Vergewaltiger und Mörder betreuen müsste? Der Schwanz gehöre solchen Subjekten abgeschnitten. Denen ginge es doch noch viel zu gut, und im Knast, das wäre doch wie Urlaub. Und wenn die rauskommen, machen die gleich fröhlich weiter.

Sebastian fragte höflich, ob sich eine der Damen mal etwas eingehender mit dieser Sache beschäftigt hätte, weil doch Knast eben kein Spaziergang sei, doch die Weiber wollten davon nichts hören. Sie wüssten Bescheid und er sollte doch lieber etwas Sinnvolles machen, mit Kindern oder alten Leuten. Da hat Sebastian, immer noch sehr höflich, geantwortet, dass er Kinder nicht ausstehen könne. Danach wurde er von der Lilalatzhosenfront mit Verachtung gestraft. Ich suchte unterm Tisch erneut nach seinem Schenkel und diesesmal durfte meine Hand liegenbleiben.

Meine andere Hand wurde auf dem Tisch von Yvonnes ergriffen, ich fing sofort an zu schwitzen... das war wirklich unangenehm.

Oma zwinkerte mir zu und lächelte glücklich, Opa drohte den Bälgern mit Stock und Polizei, Tina zeigte stolz ihr Alien auf dem Ultraschallbild herum. Yvonne drückte meine Hand und flüsterte mir zu, dass sie gerne mal mit mir ausgehen würde. Ich hätte ihr gerne auf die Titten gekotzt, wandte mich an Sebastian und flüsterte ihm ins Ohr, dass ich mit ihm vögeln wolle, da schob er meine Hand wieder weg.

10.Juni

Hab mich in aller Form bei Sebastian entschuldigt.

»Schlepp mich nie mehr zu deinen Verwandten«, grummelte er.

»Es tut mir wirklich leid aber sowas muss ich seit Jahren aushalten. Ich habe dich einfach ganz dringend gebraucht.«

»Genauso dringend wie das Händchenhalten mit dieser Tussi.«

Oh nein, er war doch jetzt nicht auch noch auf ein beknacktes Mädchen eifersüchtig.

»Ich habe sie nicht dazu eingeladen. Was sollte ich denn machen? Ihre Hand war wie ein Schraubstock. Hätte ihr ja sagen können, dass ich nicht mit ihr ausgehen will, weil ich mit dir zusammen bin.«

»Das bringst du fertig. Es war dir nicht mal zu peinlich, unter dem Tisch an mir rumzufummeln. Stell dir mal vor, das hätte jemand mitbekommen.«

»Hat aber niemand. Und selbst wenn, wäre das so schlimm gewesen?«

»Allerdings. Ich will nicht, dass mich deine Verwandten für eine Schwuchtel halten.«

»Sebastian, du bist eine Schwuchtel, auch wenn es dir nicht gefällt.«

Er sprang auf und schubste mich von sich. »Sag das nicht noch mal.«

Da ich keinen Streit wollte, hielt ich die Klappe.

Sex gab es heute nicht.

11.Juni

Arrgg – hat Sebastian vielleicht mit mir Schluss gemacht und ich habe es nicht gemerkt? Der meldet sich nicht. Mal überlegen... also wir hatten zwar gestern Streit, doch danach war eigentlich alles in Ordnung, nur, dass wir nicht gevögelt haben. Nein, er hat nichts von Trennung gesagt. Was ist denn bloß mit ihm, wieso ruft der denn nicht mal an? Ich könnte ihn anrufen... scheiße, ich trau mich aber nicht. Verdammt, das hält man ja im Kopf nicht aus.

14.Juni

Ach du Scheiße! Sebastian hat heute eine Szene hingelegt, die war echt filmreif.

Da er sich nicht gemeldet hat, hatte ich mich entschlossen, zu ihm zu fahren und ihn zur Schnecke zu machen. Ich kam gerade zur Tür rein, als ich ihn auch schon brüllen hörte.

»Lass deine Finger von ihm. Glaubst du, ich bin blöd und merke nicht, dass du immer noch scharf auf ihn bist?« tönte Sebastians Stimme aus der Küche.

»Du hast doch einen Knall. Deine Eifersucht geht mir auf den Geist... lass dich mal behandeln, mein Freund«, erwiderte Tom sehr cool und gelassen.

»Du kleiner Penner, ich schlag dir die Fresse ein«, brüllte Sebastian.

»Du und wieviele von deinen Freunden?« höhnte Tom. »Oh, entschuldige...du hast ja keine.«

Als ich die Küche betrat, hatte Sebastian eine Hand an Toms Shirt und holte mit der anderen aus. Seine Augen funkelten gefährlich, sein Blick war geradezu irrsinnig. Tom hatte eine Milchflasche in der einen Hand, die andere versuchte Sebastian wegzuschieben.

»Was ist denn hier los?« wollte ich wissen.

Tom riss sich endgültig los und stieß Sebastian weg. »Frag das Mr. Superarschloch hier.«

Er zupfte sein Shirt zurecht, lehnte sich an den Schrank und trank einen Schluck aus der Flasche. Danach blickte er Sebastian finster an und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. Ich erinnerte mich spontan daran, dass er das manchmal in ganz bestimmten Situationen getan hatte, verscheuchte den Gedanken aber schnell. Der hatte hier und jetzt nun wirklich nichts zu suchen. Ich musste Tom wohl einen Augenblick zu lange angesehen haben, denn Sebastian rauschte fluchend in sein Zimmer und knallte die Tür zu.

»Was ist denn los?«

»Eifersüchtig«, sagte Tom.

»Oh Mann, das kann ja heiter werden«, stöhnte ich und folgte Sebastian.

Der hatte sich auf sein Bett geworfen.

»Kannst du mir das vielleicht mal erklären?« fragte ich.

»Verpiss dich«, kam es zurück.

»Oh, sind wir wieder bei unserem anfänglichen Umgangston angelangt?« entgegnete ich.

»Du kannst mich mal.«

»Das würde ich ja gerne aber du benimmst dich wie ein dämliches Arschloch, falls es dir nicht aufgefallen ist.«

»Und du? Wo hast du dich die ganze Zeit rumgetrieben?«

»Was?«

»Lüg mich bloß nicht an. Ich weiß genau, dass du mit dem Scheißer zusammen warst. Hat er's dir wenigstens gut besorgt?«

»Wovon zum Arsch redest du? Bist du vielleicht schwachsinnig geworden, ohne es zu merken?«

Mit einem Mal war er aufgesprungen und hatte mich gepackt und gegen die Tür gestoßen. »Mach dass du rauskommst«, brüllte er.

Jetzt hatte ich aber langsam genug von seinen Zicken. Ich ging also mit erhobenen Fäusten auf ihn los, meine Hand traf ihn ganz leicht am Kopf... sein Schlag war da schon härter. Ich spürte einen dröhnenden Schmerz am Auge.

»Bist du irre?« jaulte ich und schlug wild um mich.

Es entstand ein Handgemenge, wir stolperten aufs Bett, prügelten auf uns ein, zogen uns an den Haaren, zerrten an Kleidungsstücken und plötzlich pressten sich seine Lippen auf meinen Mund. Ich war noch kurz der Meinung, das alles könne wohl nicht sein Ernst sein, als ich überrascht feststellen musste, dass ich ihn zurückküsste. Seine Lippen waren so stürmisch, dass meine anfingen zu brennen, doch ich schlang Arme und Beine um ihn und dieKnutscherei ging weiter.

Was war das denn bitte? Ein Liebesakt zwischen Steinzeitmenschen??

Sebastian riss mir förmlich die Klamotten runter, drehte mich auf den Bauch, vergrub seine Finger in mein Haar und zog meinen Kopf nach hinten, während er mich ziemlich hart vögelte. Es tat weh und wenn man es genau nimmt, war es schon fast eine Vergewaltigung, doch ich wollte nicht, dass er aufhörte – noch nicht. Ich spürte seinen Atem an meinem Hals, hörte sein heiseres Stöhnen und musste mir auf die Zunge beißen, weil ich befürchtete, sonst das ganze verdammte Haus zusammenschreien zu müssen.

Als es vorbei war, lagen wir beide total erschöpft, laut schnaufend nebeneinander auf dem Rücken.

»Sag mal«, begann ich, »was... was war... DAS denn ?«

»Keine Ahnung«, entgegnete Sebastian benommen. Dann sah er mich an. »Möchtest du Eis für dein Auge haben?« Ohne eine Antwort abzuwarten, sprang er auf, knöpfte seine Hose zu, verschwand und kam nach einer Weile mit einem Eisbeutel zurück, den er mir vorsichtig ans Auge hielt. Ich zuckte zusammen und stöhnte gequält auf. Es pochte und bollerte.

»Das gibt bestimmt ein Veilchen«, bemerkte ich.

»Tut mir leid«, murmelte Sebastian zerknirscht.

»Ja, das habe ich gerade gemerkt«, erwiderte ich etwas grimmig. »Wieso schlägst du mich? Bist du so'n SM-Freak, oder was? Das hättest du mir ruhig vorher mal sagen können.«

»Bin ich aber nicht.«

»Was dann?«

Er drückte meine Hand mit dem Eisbeutel wieder auf mein Auge. »Du musst den da drauf lassen, dann gibt es keine Schwellung.«

Naja, wenigstens war er jetzt besorgt. Und rührend. Und süß. Und... scheiße, ich war so absolut und vollkommen verliebt, dass ich kein bisschen wütend sein konnte.

»Brauchst du noch mehr?« fragte er nach einer Weile.

»Ich will kein verdammtes Eis sondern eine Erklärung. Was zur Hölle ist los mit dir?«

»Ich hatte nicht die Absicht, dir weh zu tun.«

»Das hast du mir vor ein paar Tagen schon gesagt, nachdem du mir die Türklinke in den Rücken gerammt hast.«

»Tut mir leid.«

»Ich will keine Entschuldigung.«

Er legte eine Hand über die Augen. »Ich weiß doch auch nicht, was mit mir ist.«

Schwungvoll setzte er sich auf, seine Augen funkelten mich böse an. »Wieso zum Teufel

hast du dich so lange nicht gemeldet?»

»Hättest ja auch anrufen können. Du hast meine Nummer.«

»Warum machst du das mit mir?«

»Nein nein nein, die Frage ist... warum du das alles mit mir machst. Ich bin nicht derjenige, der ständig ausflippt und gewalttätig wird. Und was sollte das überhaupt mit dem Rumtreiben und ob es mir jemand besorgt hat?«

»Ich... ich hab gedacht, du warst mit Tom zusammen und hättest dich deshalb nicht gemeldet.«

»Ach du Scheiße, das ist doch nicht dein Ernst, oder? Warum sollte ich denn heimlich mit Tom zusammen sein?«

»Weiß ich auch nicht«, erklärte er hilflos.

»Hast du mich gern?«

»Was soll die Frage? Natürlich.«

»Wieso vertraust du mir dann nicht?« Und wieso sagte ich so abgedroschene Sätze?

»Keine Ahnung. Ich habe Angst, dass du weggehen könntest. Ich will nicht, dass du weggehst. Und immer wuselt Tom um dich rum und Nico und Benedikt. Und ich möchte immer nichts falsch machen, ich... ich war doch noch nie mit jemandem wie dir zusammen.«

»Jemandem wie mir?«

»Mit jemandem, der so schön ist und... und den ich so lieb habe.«

Ohhhhhh und Ziggylein schmolz dahin...

Ich legte mich auf ihn, umklammerte seine Handgelenke und drückte sie auf die Matratze.

»Spürst du mich?«

»Ja.«

»Ich bin hier bei dir und ich möchte nirgendwo sonst sein, okay? Mir sind doch alle anderen Typen egal. Ich liebe dich, Sebastian.«

»Ziggy...« Er befreite eine Hand aus meinem Griff, berührte leicht mein immer noch schmerzendes Auge mit den Fingern. »Es tut mir so leid.«

Tränen glitzerten in seinen Augen und ich liebte ihn unbeschreiblich.

»Du Vollidiot«, flüsterte ich und umarmte ihn.

18.Juni

So, bin mal einige Tage nicht zum schreiben gekommen. Musste andauernd mit Sebastian knutschen... mhhhhhhh!!! Und mir einen liebestollen Italiener vom Hals halten. Nico hat mich nämlich besucht und wollte mich schon wieder küssen. HAHA... nix! Jedenfalls faselte er was von verliebt in mich und er sei drauf und dran, sich von Angelino zu trennen. Das hab ich ihm allerdings mal gleich ausgeredet. Der Gute ist aber auch echt verwirrt. Ein klitzekleines bisschen schmeichelt das meinem Ego, dann wieder tut es mir leid für Nico.

Und für Ben. Und überhaupt.

In zwei Tagen sind Ferien – sechs Wochen!

Mom und Dad fliegen für drei Wochen nach Spanien, ich sollte eigentlich mit, doch das habe ich ihnen gleich ausgeredet. Wer bin ich denn? Urlaub mit den Eltern, so weit kommt es noch. Gleich wenn die beiden weg sind, zieht Sebastian bei mir ein. Endlich mal keine WG-Bewohner, die ständig im Weg sind. Kein Tom, keine Trisha. Ich kann es kaum noch erwarten.

19.Juni

Heute gab's Zeugnisse. Meins ist ziemlich gut, war nicht anders zu erwarten. Naja, Sport ist ja nicht so wichtig.

Nico fährt am Montag nach Hause und nimmt Ben mit. Zum Glück kann ich da nur sagen. Puh... als Nico mir gegenüber erwähnte, wie sehr ich seine Beziehung gefährde, das war schon eigenartig. Sicher, ich finde ihn immer noch atemberaubend schön und wenn Sebastian nicht wäre, wär ich auch noch verliebt und interessiert, aber ich kann einfach nicht so arschig sein und mich in eine Beziehung drängen. Wenn ich sehe, wie verliebt Benedikt Nico anstrahlt kriege ich eh regelmäßig Schweißausbrüche, weil ich immer an die dämliche Knutscherei denken muss.

Lese gerade mal wieder die fantastische, allseits beliebte Poppy Z. Brite, und zwar Lost Souls. Wahnsinn, wie die sich immer so hübsche Typen ausdenken kann. Obwohl, hübsch ist ja auch nicht der richtige Ausdruck, wenn man an Zillah denkt. Was der für Sachen macht und sagt und wie unglaublich schön der sein muss, mit seinen Chartreuseaugen... doch leider ein richtiges Vampirarschloch. Bringt doch den Vampirjungen (seinen Sohn übrigens) dazu, seinen besten Freund auszusaugen. Außerdem ist der tierisch eifersüchtig. Trotzdem, man kann gar nicht anders, man muss ihn einfach geil finden und sich verknallen. Ich frage mich, ob Sebastian wohl das Buch kennt... wenn ja hat der bestimmt Zillah zu seinem Idol erkoren... Stichwort Eifersucht!!

20.Juni

Mom und Dad sollen sich endlich verpissen. Ich will Sebastian in meinem Bett haben.

21.Juni

Sie sind weg!!!

Gerade habe ich Sebastian angerufen, er kommt nachher vorbei. Mein Zimmer werde ich doch noch mal ein bisschen aufräumen. Er muss ja nicht sehen, was für eine Schlampe ich bin, und das bin ich momentan wirklich. Es ist schon so schlimm, dass mir die Unordnung selber auf die Nerven geht.

22.Juni

Mit Sebastian zusammen sein ist wie Achterbahn fahren. In der einen Sekunde ist er entspannt und kuschelig und dann ganz plötzlich setzt er wieder seinen Finsterblick auf und ich darf ihn nicht anfassen. Und wie misstrauisch der immer ist... sowas hab ich echt noch nicht erlebt. Heute morgen bin ich zum Beispiel ohne ihn in die Stadt gegangen und er war total sauer. Dabei war das alles seine eigene Schuld. Er hat nämlich noch gepennt und ich wollte eigentlich nur Brötchen kaufen, hab ihm kurz Bescheid gesagt und auf dem Weg zum Bäcker dachte ich dann, ich könnte mal wieder was Nettes zum Anziehen kaufen und es ihm später vorführen. Hab dann auch zwei Teile gefunden – ein sehr enges Netzhemd und ein schwarzes Shirt, wo die Ellenbogen frei sind. Naja, ich kam also sehr gut gelaunt nach Hause und wurde mit Finsterblick empfangen.

»Wo zum Teufel bist du gewesen?« keifte er gleich los.

»Ich wünsche dir auch einen guten Morgen«, antwortete ich.

»Es ist fast Nachmittag. Hast du die Brötchen aus Timbuktu geholt, oder was?«

Ich legte die Tüte erstmal auf den Tisch und setzte mich. »Was soll der Aufstand? Ich war noch kurz shoppen.«

»Kurz nennst du das?«

»Hab nicht auf die Zeit geachtet... hä... wieso muss ich mich entschuldigen? Ich kann doch wohl hingehen wo ich will.«

»Warst du allein?«

»Ach du Scheiße, geht das jetzt wieder los? Natürlich war ich nicht allein. Ich hab erst mit Nico gevögelt, dann mit Benedikt und später kam noch Tom dazu. Ach ja, und dem Bäcker hab ich einen geblasen, da hat er mir die Brötchen umsonst gegeben.«

»Sehr lustig«, grummelte er.

»Findest du? Mich macht deine scheißblöde Eifersucht eher traurig. Du scheinst auch keine hohe Meinung von mir zu haben, wenn du meinst, dass ich sofort, wenn du nicht in der Nähe bist, alles und jeden gleich bespringe.«

»Entschuldige«, begann er etwas zerknirscht, »war nicht so gemeint.«

»Dann hör auf, mir sowas zu unterstellen.«

»Wo warst du also?«

Genervt griff ich in die Tüte und warf ihm die Kleidungsstücke ins Gesicht. »Shoppen. Hab die beiden Teile gesehen und gedacht, dass ich dir darin bestimmt gefalle und du dich auf der Stelle von mir verführen lässt.«

»Ehrlich?« Er hielt mir das Netzhemd hin. »Ziehst du das mal an?«

»Mir ist die Lust darauf vergangen. Lass uns essen.«

Er schlang von hinten seine Arme um mich. »Es tut mir wirklich leid. Ich hab doch immer nur Angst, dich zu verlieren, Ziggy«, flüsterte er weich.

»Aber mir geht das alles auf den Geist. Wann vertraust du mir endlich?«

»Möchtest du nachher ausgehen?«

»Hä? Mit dir? Seit wann willst du denn irgendwohin gehen mit mir?«

»Ich möchte es, weil du es willst. Aber du musst dieses Netzdings anziehen... für mich. Und jeder, der dich anmacht wird von mir sofort geköpft und ganz schlimm verprügelt.«

»In dieser Reihenfolge?« grinste ich, worauf er heftig nickte.

23.Juni

Was für ein Abend...!

Also, wir sind gestern tatsächlich ins 10.15 gegangen. Hatte mich ja extra für meinen Liebsten gestylt. Ringelstrümpfe, knielanger Rock, hohe Doc's. Sebastian hat sich überreden lassen, eine schwarze Schnallenhose von mir anzuziehen und das Nackte-Ellenbogen-Shirt... er sah so bezaubernd aus, dass ich gar keine Lust mehr hatte, wegzugehen. Sind wir dann aber doch. Und erst war auch alles ganz ok. Wir haben zusammengesessen, was getrunken usw. Irgendwann kam dann »Some velvet morning« also bin ich auf die Tanzfläche gestürmt und fing an zu tanzen, als ich mit einem mal zwei Arme spürte, die sich von hinten um meine Taille legten. Ich nahm an, dass es Sebastian war, wunderte mich noch, ließ aber meinen Kopf an seine Schulter fallen. So tanzten wir dann eine Weile, bis ich mich umdrehte und es nicht Sebastian war, sondern ein geradezu verboten aussehender Tom. Ich war so überrascht und – zugegeben – hingerissen, dass ich total gedankenlos weiter tanzte und mich ein bisschen von ihm anfassen ließ. Ganz harmlos. Es hat mich auch nicht scharf gemacht, es war eben einfach nett und spaßig.

»Das wollte ich immer schon mal mit dir machen«, flüsterte Tom.

»Was denn?«

»Bist du allein hier?«

»Nee.«

Er ließ mich los. »Entschuldige, dann ist das wohl unpassend. Trotzdem...« Tom legte seine Hände auf meine Hüften und küsste mich kurz auf den Mund. Dann verschwand er.

Oh je, hoffentlich hatte Sebastian das nicht mitbekommen. Beklommen setzte ich mich wieder an unseren Tisch. Sebastian war auf hundertachtzig, denn natürlich hatte er ALLES gesehen. Einen Augenblick stierte er mich an, dann stand er auf und stürmte davon.

Das lief ja ganz großartig. Sollte ich nun wieder einmal hinter ihm her laufen? Ich hatte das echt satt. Naja aber heute hatte er ja einen guten Grund, sauer zu sein, obwohl ich nicht wirklich etwas für den Kuss konnte und er war auch belanglos gewesen. Ich musste es ihm erklären und ich musste Tom verbieten, sowas zu tun. Der war echt unverschämt, dennoch konnte ich ihm nicht böse sein. Das konnte ich Tom irgendwie nie. Ich lief also durch die Kneipe, suchte nach meinem Liebsten, fand ihn nicht und beschloss, draußen nachzusehen.

Als ich rauskam, traf mich fast der Schlag. Sebastians Schlag traf Toms Wange.

Ich war fassungslos. Da rempelten die beiden rum und prügelten sich. Tom lag auf dem Boden, Sebastian trat ihm in die Rippen, darauf brachte Tom ihn irgendwie zu Fall und es ging im Liegen weiter. Sie zogen sich an den Haaren, rissen an den Klamotten und schlugen aufeinander ein.

»Hört auf, seid ihr irrsinnig, oder was?« schrie ich.

Sebastian hatte sich inzwischen wieder aufgerappelt und trat nach Tom. Immer und immer wieder, solange bis ich ihn wegzerrte.

»Hör endlich auf«, rief ich und schlug ihm leicht ins Gesicht, weil er außer sich war und sich losreißen wollte. Ich schubste ihn gegen die Wand. »Was soll die Scheiße?«

»Das würde ich gerne von euch wissen. Eigentlich sollte ich dir in die Fresse treten.«

»Bitte, tu dir keinen Zwang an, Arschloch.«

Ich erwartete wirklich, dass er mich schlug, doch er tat es nicht. Ich drehte mich nach Tom um, der inzwischen stand und sich Blut und Schmutz aus dem Gesicht wischte.

»Alles in Ordnung?« fragte ich.

»Sieht das vielleicht so aus?« zischte er und spuckte Blut auf den Boden.

»Tom, ich...« begann ich hilflos.

»Lass es gut sein.« Er ging an mir vorbei und blieb vor Sebastian stehen. » Das war's. Pack deine Sachen und verpiss dich«, sagte er sehr deutlich.

»Du kannst mich mal.«

Tom lachte böse. »Nein danke, das überlasse ich anderen.« Er drehte sich um, zog sein Shirt glatt und ging.

Ich stand etwas belämmert in der Gegend rum.

»Was ist, willst du deinem Gespielen nicht nach?« rief Sebastian.

Ich wirbelte herum. »Sag mal, hast du eigentlich jetzt komplett den Verstand verloren? Was sollte das?«

»Ich hatte ihn gewarnt. Wenn er seine Griffel nicht von dir lässt...«

»Du hast sie doch nicht mehr alle. Wegen so einer Kleinigkeit dermaßen auszurasten.«

Ja, ich gebe zu, dass ich mich ein ganz kleines bisschen geschmeichelt fühlte. Es hatten sich noch nie zwei Typen wegen mir geprügelt. Trotzdem – sowas Blödes...! Ich war doch sehr sauer. Aber als ich Sebastians ebenfalls ziemlich lädiertes Gesicht sah, bekam ich sofort Mitleid. Vorsichtig berührte ich seine aufgeplatzte Lippe, er stöhnte gequält auf.

»Du tust mir überhaupt nicht leid. Brauchst du dir gar nicht einbilden. Ich stehe nicht auf Gewalt. Und mein neues Shirt ist auch zerrissen«, fügte ich vorwurfsvoll hinzu und deutete auf den Riss am Ärmel.

Sebastian blickte mich weinerlich an und schlang seine Arme um mich, klammerte sich regelrecht an mir fest. »Liebst du mich noch?«

»Das muss ich mir überlegen.« Ich schob ihn von mir. »Erstmal gehen wir nach Hause, damit ich dich verarzten kann.«

In meinem Zimmer tupfte ich ihm das Blut von der Lippe und legte eine Kühlkompresse an seine Wange.

»Was hast du dir denn bloß dabei gedacht?«

»Au, nicht so fest«, jaulte er.

»Stell dich nicht so an. Ich hab dich was gefragt.«

»Weiß ich auch nicht aber als er dich angefasst und auch noch geküsst hat, habe ich rot gesehen. Warum hast du das eigentlich alles mitgemacht? Ich hab ja wohl viel mehr Grund, sauer auf dich zu sein.«

»Das war doch nur ein harmloser Spaß, nichts weiter. Es hat mir nichts bedeutet.«

»Ach, und woher soll ich das wissen? Ich hab euch gesehen... fummelnd und knutschend.«

»Wir haben nicht geknutscht.«

»Hat er dich geküsst? Ja oder nein?«

»Ich habe keinen Bock mehr, darüber zu reden.«

»Mein Kopf tut weh.«

»Ist mir scheißegal.«

»Na toll«, schmollte er und drehte sich weg.

»Ist ja wohl alles deine eigene Schuld. Niemand hat dir gesagt, du sollst dich wie ein Tobsüchtiger aufführen.«

Sebastian wandte sich langsam wieder um. »Ach ja? Und dir hat aber bestimmt jemand gesagt, du sollst dich von diesem Arschficker befummeln und abknutschen lassen, oder?«

»Interessant, dass grade du dieses Wort so abfällig aussprichst. Arschficker... bist du das etwa nicht?«

»Ist ja wohl was anderes«, brummte er.

»Aha? Das musst du mir erklären«, entgegnete ich leicht amüsiert.

»Halt die Fresse und sei gefälligst nett zu mir. Und außerdem – du fandst es doch bestimmt toll, dass sich zwei Typen deinetwegen geprügelt haben. Ich kenne dich.«

»Jetzt erzähl mir bloß noch, du hättest es getan, um mich zu bespaßen, Blödmann.«

»Tom soll seine schmierigen Hände von dir lassen.«

»Hör mal... ICH bestimme, wer mich anfassen darf und wer nicht. Alles klar? Die Sache mit ihm hatte nichts zu bedeuten. Wenn du mir nicht glaubst, dein Problem.«

»Toll, dann kann ich ja auch mit anderen Typen rummachen. Oder... mh, mal sehen, vielleicht mag Trisha ja noch.«

Ich schlang meine Arme um seinen Hals und legte mein Kinn auf seine Schulter. »Untersteh dich.« Meine Hände wollten in seinen Ausschnitt wandern, wurden jedoch von ihm daran gehindert.

»Ich bin müde.«

später...

Dass Sebastian lieber schlafen wollte, als sich mit mir sexuell zu befassen, machte mich etwas unzufrieden. Naja, egal. Heute morgen wurde ich sehr sexuell geweckt von ihm und seinen Lippen auf meiner Haut. Wahnsinn, wenn man noch nicht so ganz wach ist, irgendwie total benommen und beduselt und dann einen geblasen bekommt. Man liegt einfach entspannt da und muss nichts weiter tun, als genießen. Jedenfalls ist soweit alles wieder in Ordnung, obwohl ich ihm seinen Prügelwahn noch nicht gänzlich verziehen hab. Da wird er sich wohl noch ziemlich anstrengen müssen. Momentan steht er unter der Dusche, werd mal lieber nachsehen, was der da so lange treibt. Zu zweit ist das ja auch viel schöner... das Duschen meine ich.

24.Juni

Heute hat Sebastian mal Brötchen besorgt und war verdächtig lange unterwegs. Hab ihn mit seinen eigenen Waffen geschlagen und ihn einem Verhör unterzogen, hat ihm gar nicht geschmeckt. Er hatte allerdings eine wirklich prima Entschuldigung, weil er nämlich für mich ein paar Spiderman-Comics gekauft hat.

»Womit hab ich das denn verdient?«

Sebastian bestrich ein Brötchen mit Himbeermarmelade und gab es mir. »Wollte mich entschuldigen. Für die Sache mit dem Ar... mit Tom.«

Ich schaute ihn ernst an. »Hör mal, du musst deine Eifersucht echt in den Griff kriegen. Ich liebe dich, ich bete dich an, klar, aber deine Anfälle sind mir zu anstrengend. Das macht alles kaputt.«

Er riss die Augen auf. »Willst du Schluss machen?« fragte er ängstlich.

»Ach das könnte ich doch gar nicht, Blödmann«, lächelte ich. »Aber mal was anderes. Was hast'n vor... wegen Tom und der WG?«

»Wieso? Was meinst du?«

»Naja, Tom hat dich ja so gut wie rausgeschmissen.«

Er machte eine lapidare Handbewegung. »Erstens hat der das nicht zu entscheiden und zweitens hatte ich eh nicht vor, noch so wahnsinnig lange dort zu wohnen.« Er grinste.

»Trisha lässt bestimmt nicht zu, dass ich rausgeworfen werde.«

»Sei dir da mal nicht so sicher. Die ist nämlich super angepisst, weil du lieber mit mir ins Bett gehst, anstatt mit ihr.«

Sebastian grinste lüstern. »Wo du das gerade erwähnst ...«

»Nichts da. Ich will jetzt essen«, unterbrach ich ihn.

Er zuckte die Achseln. »Auch gut.« Dann griff er sich einen Spiderman-Comic und schwieg für die nächste halbe Stunde.

später...

Hab mich schon wieder mit Sebastian gestritten. Das geht mir echt auf den Geist. Ich wollte mit ihm in die Stadt und er lieber langweilig herumgammeln und vögeln. So gerne ich mit Sebastian schlafe aber manchmal will man doch einfach mal was anderes. Hab ihn gefragt, ob er denn nur Sex im Kopf hat, da war er sauer und wollte mal wieder nicht mit mir reden. Wenn er mich nerve, solle ich es doch sagen, dann würde er schon verschwinden, hat er gemeint. Und ich solle ihn doch jetzt nicht als sexbesessenen Idioten hinstellen. Wen ich überhaupt in der Stadt treffen wolle? Mann, seine Eifersucht wird echt immer schlimmer und NERVT !!

Der ist jetzt immer noch angepisst, obwohl ich ihm zuliebe dann doch nicht mehr weg gegangen bin. Was will der eigentlich? Da richte ich mich schon nach ihm und er ist noch immer sauer. Blödarsch. Ich werde ihn jetzt auch mal schmoren lassen. Werde nicht wieder angeschlichen kommen und mich für irgendwas entschuldigen. Ich hab doch gar nichts getan.

noch später...

Bin doch wieder angekrochen gekommen. Hab‘s einfach nicht mehr ausgehalten, weil ich es hasse, mich zu streiten. Sebastian scheint damit keine Probleme zu haben. Ich schon. Liegt wahrscheinlich an meiner Harmoniesucht. Außerdem kann man seine Zeit doch sinnvoller nutzen. Hab mich also blödsinnigerweise entschuldigt (wofür?) und er hat mir gnädig verziehen (was?). Weil wir nicht wussten, was wir machen sollten, haben wir ferngesehen, besser gesagt, Video geschaut. Der Herr der Ringe... irgendeinen Teil. Hab die ganze Zeit von Frodo und Legolas geschwärmt und Sebastian war brummelig. Frodo sei ein kleiner gedrungener Klops ohne Hals und Legolas ein langweiliger Schönling. Habe sehr protestiert und ihn auf Frodos große blaue Augen und die zart geröteten Wangen aufmerksam gemacht. Zu Legolas muss man nicht viel sagen, der spricht für sich. Ich mag Jungs mit langen Haaren... mhhh und die niedlichen spitzen Ohren. Sebastian hat ganz normale Ohren, keine blauen Augen und seine Wangen sind nie zart gerötet. Naja, man kann eben nicht alles haben. Sebastian hat dafür andere Qualitäten. Er fand übrigens Aragorn ziemlich toll. Klar... Hauptsache verwegen.

Scheiße, ich bin kein bisschen verwegen – was also findet er an mir? Er hat die Frage gleich zurückgegeben – er sei ja auch kein auffallender Schönling.

Bevor wir wieder Gefahr liefen uns in die Haare zu kriegen haben wir lieber gevögelt. Im Bett verstehen wir uns noch am Besten... Und zwar so gut, dass mir jetzt beim schreiben immer noch schummrig wird. Sebastian pennt längst schon. Wahnsinn, der legt sich hin und ist sofort weg. Ich hasse sowas. Wenn ich mich ins Bett lege, muss ich erst noch lesen und danach dauert es mindestens eine Stunde, bis ich einschlafe.

Sebastian schnarcht – aber nicht sehr laut. Es ist auch gar kein richtiges Schnarchen, mehr so lautes Atmen, halt Schlafgeräusche. Schnarchen würde mich irrsinnig machen. Ich brauche zum Schlafen absolute Ruhe. Aber ich wollte ja von Sebastians wahnsinniger Verführung schreiben. Wie schon erwähnt haben wir uns erstmal so'n ganz kleines bisschen gestritten. Ich lag in seinem Arm, wir haben ferngesehen und uns über Legolas, Streicher und Konsorten ausgelassen. Als Sebastian dann aber plötzlich meinte, er wolle gerne mit Liv Tyler schlafen, war der Ofen aus. Was soll'n der Scheiß?

Er schwärmte also ohne Punkt und Komma, da griff ich in die Popcornschüssel und stopfte ihm, mit den Worten »Halt deine Scheißfresse« eine Hand voll in den Mund. Sebastian spuckte das Popcorn auf mich, stieß mit seiner Hand gegen meinen Kopf und es entstand eine wüste Balgerei, die damit endete, dass er auf mir lag und meine Handgelenke festhielt.

Da war ich allerdings schon so scharf auf ihn, dass ich versuchte, mich an ihm zu reiben.

»Ich hab gewonnen«, grinste er. »Und was soll ich jetzt mit dir machen, Kleiner, mh?«

Also mir fielen da eine Menge Sachen ein.

Jedenfalls küsste er meinen Hals und ---

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