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Dark Past
Teil 5
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Informationen
- Story: Dark Past
- Autor: Chris
- Die Story gehört zu folgenden Genre: Drama, Coming Out, Lovestory
Wir brauchten etwa 20 Minuten für den Weg zu mir und als wir ankamen, waren wir von oben bis unten durchnässt. Doch dafür hatte ich in dieser Situation keinen Gedanken übrig. Mein Kopf war leer und wusste nicht was er denken sollte.
Vor der Haustür gebe ich Dirk meinen Schlüssel, damit er die Tür aufschließen kann. Ich bin dazu nicht mehr in der Lage, meine Hände sind einfach zu zittrig.
Meine Lippen sind blau angelaufen, meine Zähne klappern vor Kälte aufeinander und meine Augen sind blutunterlaufen.
»Hey, jetzt aber schnell ins Warme, bevor du mir noch erfrierst!«, und schon schiebt mich Dirk ins Haus. Doch ich bin zu nichts mehr in der Lage. Ich stehe mitten vor der Eingangstür und starre in die Luft.
»Komm, geh weiter. Es ist alles in Ordnung!«, versucht Dirk mich aufzubauen.
»Komm, ich helf dir jetzt dabei aus den nassen Klamotten zu kommen, dann wickeln wir dich in warme Decken und ich mach uns was warmes zu Essen.«
Doch ich bin einfach zu nichts in der Lage. Ich stehe weiter da und starre vor mich hin.
»Nu komm,«, versucht Dirk mir zu helfen, »wir müssen nur schnell ins Bad, damit wir nicht die Wohnung voll tropfen und du aus den nassen Klamotten kommst und dir keinen Schnupfen holst.«
Dirk nimmt mich wieder an die Hand und führt mich ins Bad. Dort setzt er mich auf einen Stuhl und verschwindet noch mal aus dem Zimmer. Voll bepackt mit dicken Decken kommt er wieder zur Tür herein. Er legt diese ab und beginnt mich auszuziehen, da ich immer noch keine Regung zeige.
Erst die Schuhe, die schon im Inneren nass sind. Dann Jacke, Pullover, T-Shirt, Socken, Hose und Boxer. Dann nimmt er sich ein Handtuch und beginnt mich trocken zu rubbeln und wickelt mich dann schnell in 3 dicke Decken ein, nimmt mich auf den Arm und trägt mich ins Wohnzimmer auf die Couch. Dort lässt er mich erst mal liegen und verschwindet selber noch einmal aus dem Zimmer.
Kurze Zeit später kommt er wieder ins Zimmer, selber in Decken gehüllt und setzt sich neben mich auf die Couch und legt meine Kopf auf seinen Schoß.
»Und nun erzähl mir die Geschichte von vorne bis hinten.«, fordert mich Dirk heraus.
Doch in diesem Moment bricht alles raus aus mir. Aus meinen Augen quillen dicke Tränen und ich fange an zu schluchzen.
»Schon gut,«, versucht mich Dirk zu beruhigen, »es tut dir hier keiner was. Wenn du nicht darüber reden willst, dann ist das in Ordnung«
Sanft wischt er mit seinem Daumen die Tränen aus dem Gesicht und streichelt mit der anderen Hand über meinen Oberarm.
»Alles ist Okay. Dich zwingt hier keiner zu etwas. Wenn du darüber reden willst hör ich dir zu, das ist doch selbst verständlich, wenn du nicht willst, dann ist das auch in Ordnung.«
Meine Tränen wollen und wollen nicht versickern, sie werden immer stärker und stärker. Und ich schluchze immer lauter. Ich zittere am ganzen Körper. Dirk kann das nicht mehr mit ansehen und nimmt mich in den Arm und hält mich einfach fest.
»Alles in Ordnung, es ist alles in Ordnung ...«, flüstert er mir leise ins Ohr und versucht mich zu beruhigen. Doch es nützt nichts. Ich weine immer lauter und heftiger. Alles bricht aus mir heraus, das ganze Erlebte der letzten Tage. Unsere Reli-Lehrerin, unser Englischlehrer, das Kennenlernen mit Mark, sein Liebesgeständnis, die letzte Nacht, das Frühstück, das plötzliche abweisende Verhalten von Marc etc.
Ich weine und schluchze immer lauter, doch irgendwann habe ich mich in den Schlaf geweint.
Alle Geschäfte sind weihnachtlich geschmückt. Neben mir geht Dirk und wir schlendern durch unsere Altstadt um noch Geschenke für Freunde und Familie zu kaufen.
Ich hab heut schon für meine Mutter ein paar Bücher, die sie schon lange haben wollte, und für meinen Vater ein Schreibetui gekauft. Jetzt fehlt mir nur noch etwas für Marc, doch ich weiß noch nicht was. Es muss irgendetwas besonderes sein.
Irgendwas Außergewöhnliches. Bloß woher nehmen, wenn nicht stehlen?
Ich und Dirk schlendern also durch die Altstadt. Durchstöbern die Läden und Verkaufsstände. Er hat für seine Freundin in der Parfümerie etwas bekommen, keine Ahnung wie das heißt, für seine Geschwister hat er jeweils einen Gutschein bei Pizza-Hut, keine Ahnung warum, aber irgendwie fährt diese Familie auf den Laden ab, und ihm fehlen bloß noch die Geschenke für seine Eltern.
Als nächstes hat Dirk mal wieder Glück. In einem Klamottenladen, findet er einen wunderschönen Pulli für seine Ma und seinen Dad im Kombioutfit. Normalerweise finde ich so was grausam, aber das sieht echt cool aus.
Und danach schlendern wir noch über unseren kleinen Weihnachtsmarkt. Verdrücken all diese Leckereien, wie Mutzen, Lebkuchen, Glühwein und ähnliche Sachen.
Der Glühwein tut richtig gut, denn wir sind vom vielen Laufen von oben bis unten durchgefroren und so merken wir endlich wieder einmal unsere Glieder.
Dieses Jahr ist ein echt strenger Winter. Eine Woche vor Weihnachten hat es kräftig angefangen zu Schneien. Nach einer Nacht lag die ganze Stadt unter einer wunderbaren Schneeschicht begraben. Es sah und sieht einfach wunderschön aus.
Und dann vielen noch die Temperaturen in den Keller. Im Moment sollen es –7°C sein. Doch es fühlt sich eher wie –25°C an. Ich bin schon ein halber Eisklotz.
Plötzlich sehe ich auf der anderen Straßenseite Marc stehen, der mir wie wild zuwinkt und auf mich zugelaufen kommt. Doch plötzlich taucht ein Auto mit wahnsinns Geschwindigkeit auf. Fährt direkt auf Marc zu, der nur noch auf mich zugelaufen kommt.
Wie in Zeitlupe sehe ich, wie das Auto Zentimeter für Zentimeter zu Marc ran rollt.
Nach und nach. Knall.
Marc fliegt einige Meter durch die Luft, langsam fliegt er, als ob er schweben könnte. Ganz langsam, er überschlägt sich mehrere Male und landet dann hart auf dem eisigen Asphalt.
Das Auto ist weitergefahren, so schnell wie möglich und ist nicht mehr zu sehn.
Ich bin starr vor Schock. War das eben passiert? Ich kann mich im ersten Moment keinen Zentimeter bewegen. Erst langsam kommt wieder Kraft in meinen Körper.
Ich renne so schnell wie möglich zu Marc hinüber. Er liegt immer noch auf dem Asphalt. Es hat sich schon eine Menschentraube um ihn gebildet. Ich versuche mich so schnell wie möglich durch die Masse zu kämpfen, doch diese versperrt den Weg und alle gaffen auf Marc nieder.
»Entschuldigung, das ist mein Freund!« – »Entschuldigung könnten sie mich durchlassen!«
»Entschuldigung, Entschuldigung, Entschuldigung ...«, kämpfe ich mich dann doch durch die Masse.
Plötzlich stehe ich vor Marc. Er liegt auf dem eisigen Asphalt. Die Augen geschlossen, der Mund ist geöffnet. Sein Gesicht ist schon blau angelaufen.
Ich falle auf die Knie und hebe Marcs Kopf an.
»Komm wach auf! Wach auf!«, sage ich zu ihm.
»Wach auf! MARC! Wach auf!«, werde ich immer lauter.
Tränen laufen mir über die Wange. Immer wieder schrei ich ihn an »WACH AUF! MARC!«
Doch keine Reaktion. »KANN MAL JEMAND EINEN KRANKENWAGEN ANRUFEN UND AUFHÖREN ZU STARREN!«, schrei ich die Masse an.
»Der ist schon unterwegs!«, kommt aus irgendeiner Ecke.
»MARC KOMM WACH AUF! BITTE LASS MICH NICHT ALLEIN! KOMM WACH AUF! BITTE ICH LIEBE DICH DOCH!«, schrei ich immer wieder wie wild.
»MARC DU KANNST MICH JETZT NICHT ALLEINE LASSEN! BITTE MARC WACH AUF!«
Immer mehr Tränen fließen meine Wangen hinunter. Und gefrieren auf dem nassen Asphalt.
»MARC! NEIN GEH NICHT! LASS MICH NICHT ALLEIN! NEIN!«
»NEIN NEIN, GEH NICHT MARC, GEH NICHT!«
»Wach auf! Stef komm wieder zu dir! Es ist alles gut! Komm wach auf!«, höre ich Dirks Stimme plötzlich von fern.
Ich merke bloß noch wie ich nassgeschwitzt in den Armen von Dirk aufwache und schwer atme.
»Hey komm, bleib ruhig alles nur ein Traum, nichts ist weiter passiert!«, versucht mich Dirk zu beruhigen und wiegt mich dabei ganz sanft.
»Alles O. K.!«
Sanft streicht er mir dabei durchs Haar und mein Puls beginnt sich langsam wieder zu beruhigen.
Nach einer Weile beginne ich nach und nach Dirk meinen Traum zu erzählen, doch schon allein der Gedanke an die Situation bringt mich um den Verstand, so dass ich immer wieder anfange zu weinen und Dirk mich einfach in den Arm nimmt und tröstet.
So vergehen die nächsten 1-2 Stunden, in denen ich ihm bloß meinen Traum schildere und er mich immer wieder aufs Neue versucht zu trösten.
»Ich glaub, jetzt mach ich uns erst mal etwas zu Essen bevor du mir noch aus den Latschen kippst! Mmmm, wie wär's mit Dosenfutter?«, fragt er mich frech und grinst mich dabei einfach bloß ganz lieb an.
Da kann man doch nicht nein sagen und ich nicke einfach bloß ihm zu.
Einige Sekunden später ist er auch schon um die Ecke verschwunden und ich höre nur wie er pfeifend in der Küche steht und die Konserve öffnet.
Nach etwa einer halben Stunde kommt er wieder mit zwei Schüsseln auf einem Tablett, das er mitten auf dem Couchtisch stellt und sich dann zu mir setzt.
»Greif ruhig zu oder ist irgendwas?«, schaut er mich fragend an und drückt mir dann eine der beiden heißen Schalen in die Hand, an der ich mir dann fast meine Hand verbrenn.
Schnell stell ich die Schüssel wieder ab und puste mir erst mal über die Hände.
»Autsch! Das ist ja schweineheiß!«
Dirk sitzt neben mir und lacht sich halb schlapp.
»Man sollte auch nicht so gierig sein!«, wirft er mir mit einem höhnischen Lachen vor.
»Aber du hast mir doch das Teil in die Hand gedrückt!«
»Ich? Nein so was würd ich nie machen! Wieso auch? Du willst bloß deine Gier überspielen!«
»Na warte das gibt Rache!«, und schon springe ich auf, greif mir ein Kissen und werfe es nach ihm.
Wie eh und je bin ich der Meister und treffe gleich mit dem ersten Wurf voll ins Schwarze.
Das kann Dirk sich natürlich nicht bieten lassen, greift sich das Kissen und geht in die Gegenattacke.
Ein Kissen nach dem anderen fliegt durch das Zimmer, hin und her, und eine heftige Kissenschlacht entbrennt.
Diese dauert zwar nur ein paar Minuten, aber sie ist so heftig, dass wir schon nach nur ein paar Minuten heftig keuchend auf dem Boden liegen.
Aber sie tut einfach gut, so konnte ich wenigstens für ein paar Minuten den ganzen Scheiß der letzten Tage, was da nicht alles schief gelaufen war, vergessen.
Mit einem breiten Grinsen liege ich so da auf dem Fußboden und starre an die Decke.
Plötzlich ertönt das Telefon.
»Ring« Erst einmal, dann ein zweites Mal und ein drittes Mal und ein ...
»Hallo?«, höre ich plötzlich Dirks Stimme, der sich wohl aufgerappelt haben muss, um ans Telefon zu sprinten.
»Ja hier sind sie richtig ... wie bitte ... was meinen sie!«
Ich vernehme die ganze Zeit nur Gesprächsfetzen, kann in diese aber keine Ordnung reinbringen, so dass sie Sinn ergäben, nicht mal andeutungsweise.
»Ja in Ordnung ... Morgen dann ... Ok ... Ich werd's ausrichten ... und worum geht es?«
Immer wieder diese Gesprächsfetzen, so langsam geht mir das dann doch auf den Nerv und ich werde echt neugierig, was da wohl los ist!
»Ok ist in Ordnung ... Ich werd's ausrichten ... Kein Problem ... bis heute Abend!«
So nun reicht es aber! Nun will ich dann doch endlich wissen, was da im Busch ist!
Langsam und gemäßigt schlendert Dirk auf mich zu, mit einem ernsten Ausdruck auf den Lippen!
»Du! Ich muss dir mitteilen, dass wir heute noch mal in die Schule müssen!«, sagt er mir direkt ins Gesicht und guckt mich dabei besorgt an.
Meine ganze Farbe weicht aus dem Gesicht, mein Mund klappt herunter und ich schaue ihn schockiert an!
»Wieso denn das? Was soll ich da noch?«
»Du sollst zu einer Anhörung erscheinen, bei der über die Ereignisse beraten wird. Alle Lehrer inklusive unserer Reli und unseres Englischlehrers werden anwesend sein und darüber verhandeln. Vor allem darüber was für Konsequenzen, dass für die beiden haben wird.«
Immer noch starre ich ihn wie versteinert fragend an! Aber so nach und nach beginnt wieder Leben hinein zu kommen.
»Keine Angst! Es geht nicht darum, dich weiter nieder zu machen, sondern dich vor solchen Attacken zu schützen!«, versucht er mir zu erklären.
»Also Kopf hoch, das wird schon!«
Nach und nach kommt wieder Leben in meine Gesichtszüge und Tränen schießen wieder in meine Augen, nur bei dem Gedanken an die Situationen.
Wieder einmal ist Dirk sofort zur Stelle und nimmt mich in den Arm um mich einfach bloß zu trösten.
»Ist ja gut! Dir will keiner was, es ist nur zu deinem besten. Ok?«
Mit verheulten Augen schaue ich ihn an und nicke einfach.
»Ok, dann iss schnell noch deine Suppe komplett auf, denn in einer Stunde müssen wir schon in der Schule erscheinen!«
Wie gesagt so getan! Langsam beginn ich mich in Bewegung zu setzen und nach nur ein paar Minuten ist die Suppe verspeist.
»So, ich räum die Schüsseln weg und du bewegst dich jetzt flott nach oben und ziehst dir was vernünftiges an, so dass wir in ein paar Minuten losmarschieren können.«, schaut er mich immer noch besorgt und fragend an.
Ich nicke ihm bloß zu und verschwinde flott ins Obergeschoss, zieh mir einen Pullover und 'ne Jeans über und schon steh ich abmarschbereit in der Haustür.
Wenige Minuten später stößt auch Dirk hinzu, zieht seine Schuhe an und los geht's.
Auf dem Weg zur Schule kommen mir alle Gedanken wieder und vor meinen Augen laufen die Situationen im Detail immer wieder von vorne ab.
Keine Ahnung wie ich es geschafft hab, aber irgendwie sind wir dann doch zur Schule gelangt.
Vor der Tür muss ich noch einmal stehen bleiben und kurz tief Luft holen bevor ich es wage, mich der Lehrerschaft zu stellen.
Mit unsicherem Schritt und weichen Knien gehe ich neben Dirk durch den Schuleingang und zum Lehrerzimmer!
Kurz bevor ich das Lehrerzimmer betrete, schenkt mir Dirk noch schnell ein aufmunterndes Lächeln!
Trotzdem gehe ich mit weichen Knien ins Zimmer und stelle mich dem Horror.
Hinter der Tür erwartet mich eine Scharr von etwa 30 Lehrern, darunter auch meine Reli-Lehrerin und mein Englisch-Lehrer.
Das Zimmer selber ist ziemlich dunkel, nur durch ein kleines Fenster fällt spärliches Licht. Im Zimmer selber stehen an den Wänden hohe Regale, für jeden Lehrer ein eigenes Fach, und in der Mitte steht ein Tisch, der wie ein U geformt ist.
Am äußeren Rand des U's sind die Lehrer platziert.
Die beiden betroffenen Lehrer sitzen an der einen U-Spitze, an der anderen steht ein einzelner Stuhl, der wohl für mich gedacht ist.
Bevor ich weiter überlegen kann, kommt schon der Direx auf mich zu und reicht mir die Hand.
»Du siehst aber nicht gerade fit aus? Geht's auch oder sollen wir es lieber verschieben?«, fragt mich der Direx besorgt.
Ist ja auch kein Wunder, als ich vorhin in den Spiegel sah, blickte mich eine Kalkleiche mit tiefen Augenringen und rot verquollenen Augen an.
Kein besonders schöner Anblick. Ich hätte mich so selber als Scheintod bezeichnet oder als Leiche auf Latschen. Ich sah einfach furchterregend aus.
Zum Glück nimmt mir das in dieser Situation keiner übel, obwohl die meisten nur die Hälfte von allem wissen, aber auch egal.
»Ja geht schon, besser heute als später! Dann hab ich's wenigstens hinter mir!«
»Geht's wirklich, sonst lasse ich das einfach ausfallen und an einen späteren Zeitpunkt verlegen, du siehst einfach furchterregend aus!«
»Danke, das hab ich schon selber gemerkt, aber es geht schon! Keine Angst!«
»Wirklich?«
»Ja wirklich! Lassen sie uns gleich anfangen. Je schneller ist es vorbei!«
»In Ordnung, dann setzt dich da auf den Stuhl und wir werden in ein paar Momenten beginnen!«
Wie schon erwartet, ist der Stuhl an der anderen Ecke des U's für mich bestimmt. Während des kurzen Gesprächs mit dem Direx waren alle Augen auf mich gerichtet, was mir erst jetzt auffällt, weil urplötzlich alle Augen in andere Richtungen wandern, als ich in die Runde schaue.
Es scheint als sei der Raum zweigeteilt, auf der einen Seite meine Reli-Lehrerin, mein Englisch-Lehrer und deren Sympathisanten und auf der anderen Seite ich mit anderen Lehrern, die ich jetzt mal einfach so als meine Sympathisanten bezeichne.
Im ganzen Raum ist es ruhig, man könnte eine Stecknadel fallen hören, wenn sie fallen würde. Nur aus einer offenen Tür hört man leise das Gemurmel unseres Direx, der wohl noch ein Telefongespräch führt.
Im Raum liegt eine unangenehme Spannung, so als wenn man sich am liebsten gleich gegenseitig an den Hals springen wolle. So vergeht eine Minute, eine zweite und noch eine weitere und noch eine ...
»So, dann wollen wir beginnen ...«, kommt plötzlich der Direx ins Zimmer und stellt sich mitten in den Raum und es scheint als wolle er irgendwie die Rolle eines Richters einnehmen, denn er stellt sich mitten ins U und schaut alle anderen Lehrer direkt in die Augen.
»Der Grund warum wir uns heute hier versammelt haben, müsste sicherlich schon bei allen bekannt sein, so schnell wie das Thema Runde gemacht hat. Wenn noch nicht bekannt, werden wir uns schnell die Ereignisse von den betroffenen schildern lassen.«
In diesem Moment zeigt er auf mich und fordert mich mit dieser Handbewegung auf, anzufangen zu berichten.
Naja dies lasse ich mir nicht zweimal sagen und beginne einfach mit dem Ereignis gestern im Reli-Unterricht, bei dem unsere Lehrerin versucht hat, die Schwulen als Krank und Abschaum der Gesellschaft darzustellen.
Kein Argument ließ sie durchgehen und wurde zum Schluss schon persönlich beleidigend und versuchte mich fertig zu machen, als herauskam ich bin schwul.
Doch leider hatte an diesem Tag die ganze Klasse die Klappe gehalten und ich führte einen aussichtslosen Kampf gegen unsere Lehrerin und 2 oder 3 zurück gebliebene Arschlöcher (das Wort benutzte ich selbstverständlich nicht) aus unserer Klasse.
»Aber, aber ...«, und immer wieder versucht unsere fette Qualle dazwischen zu sprechen und sich zu rechtfertigen, doch immer wieder wird ihr das Wort abgeschnitten.
»Sie sind jetzt nicht gefragt! Sie können sich nachher rechtfertigen, wenn Sie dran sind!«, fährt unser Direx sie barsch an.
»Aber! Aber ...«
»Dasselbe gilt auch für Sie!« verschärft sich die Stimme des Direx von Mal zu Mal und das diesmal an unseren Englisch-Lehrer gerichtet.
Immer wieder mit solchen Unterbrechungen versuche ich die Geschichte oder besser gesagt das Ereignis zu schildern. Was sich aber als nicht besonders einfach erschließt, denn immer wieder steigen mir Tränen in die Augen, so dass ich öfters abbrechen muss, weil ich sonst losgeheult hätte, weil mich die Erinnerungen so mitgenommen haben.
Keine Ahnung wie ich es geschafft habe, aber irgendwann hatte ich dann doch das ganze Ereignis geschildert. Als ich dann hinüberschaue zur Angeklagten, blitzen mich zwei funkelnde Augen an, die mich am liebsten getötet hätten.
Die Roten Äderchen quollen schon an der Seite hervor und ihre Mundwinkel zuckten verächtlich. Sie hatte die Arme ineinander verschränkt und sah mich mit hochrotem Kopf an, so als ob sie gleich explodieren wollte.
Nicht viel besser sieht mein Englisch-Lehrer aus.
Die Augen stieren aus den Höhlen hervor, die Äderchen sind blutrot angeschwollen und er schnauft wie ein wütender Ochse.
Sein Mund bewegt sich nicht ein bisschen, er ist zu einem einfachen wütenden Strich geworden, bei dem man noch nicht mal die einzelnen Konturen der Ober- bzw. Unterlippe erkennen kann.
Auch er hat die Arme verschränkt und sieht so aus als wolle er gleich aufspringen und mir den Hals umdrehen.
Auch die Lehrerschaft ist zweigeteilt. Die Lehrer an meiner Seite wirken empört mit einem Gesichtsausdruck, der sich fragt ob es wirklich Lehrer gibt, die fähig sind, so etwas zu tun und diese Blicke senden sie die ganze Zeit in Richtung der »Anklage«.
Die Sympathisanten meiner »Peiniger« hingegen sehen so aus, als fragen sie sich, was denn meine Reli-Lehrerin oder mein Englisch-Lehrer falsch gemacht haben soll? So ginge man doch mit Schwulen um, die haben es doch nicht besser verdient, diese Arschficker.
Einen Moment nach dem ich alles erzählt habe, ist es noch still und dann greift unser Direx wieder das Wort und mit etwas schockierter Stimme gibt er es dann auch weiter an unsere Reli-Lehrerin.
»Was soll man noch dazu sagen! Keine Ahnung warum er sich so angegriffen fühlt, ist doch normal, dass diese Schwuchteln alleine mit ihrer Meinung da steh'n ...«, setzt sie in barschem Ton an, »was hat er denn erwartet, dass ihn die Klasse für seine Krankheit liebt, dass er deswegen der Schatz der Welt ist?«
Nach einer kurzen Pause führt sie fort.
»Es war im Ablauf etwa so, aber ich habe nur versucht, die Moral in der Klasse aufrecht zu erhalten. Am Ende werden noch die anderen in der Klasse von ihm beeinflusst und denken Schwulsein ist cool, anstatt richtig zu denken und zu sagen ‚Schwulsein ist eine der schlimmsten Krankheiten der Menschheit'! Wäre ja schlimm, wenn er irgendwelchen jungen, unschuldigen Menschen mit seinem Geschwafel noch beeinflusst, es reicht ja oftmals, dass diese Wesen in der Nähe sind.«
Stille herrscht im Raum und einige Momente sagt keiner was.
»Oder sehe ich das falsch. Wer soll es verantworten, wenn an dieser Schule die Moral zu Grunde geht und solche Subjekte geduldet werden, die sich nicht gegen ihre verdammte Krankheit wehren?«
Mit einem dumpfen Geräusch lässt sich unsere Reli-Lehrerin wieder in ihren Stuhl zurückfallen und wirkt sehr zufrieden mit ihrer Aussage.
Das kann man daran erkennen, dass sich ein breites Grinsen auf ihr Gesicht gelegt hat.
Die Lehrer auf ihrer Seite nicken ihr zustimmend zu und scheinen dem voll und ganz zuzustimmen. Keine Ahnung was die geritten hat, unter ihnen waren auch so einige Lehrer von denen ich mehr Toleranz erwartet habe.
Im Gegensatz dazu sitzen die Lehrer auf meiner Seite mit offenem Mund da und scheinen schockiert von solch einer zurückgebliebenen Haltung aus dem Mittelalter. Bei keinem zeigt sich auch nur eine Regung. Alle scheinen sie auf die Rednerin zu starren. Die Farbe ist aus den Gesichtern gewichen.
Mir selber ist die Stimmung jetzt noch viel mehr vergangen, wobei ich dachte tiefer kann ich gar nicht mehr fallen. Aber solch eine Meinung kotzt einen doch wortwörtlich an!
Ich merke schon wie sich die ersten Tränen wieder versuchen in meinen Augen zu sammeln, doch ich schaffe es sie dann doch noch weg zu drücken und kaum eine emotionale Regung vor den anderen zu zeigen.
Erst nach einiger Zeit hat sich unser Direx wieder als erstes erholt und setzt an nachzuhaken.
»Ist dies jetzt wirklich Ihre Meinung oder spielen Sie uns hier jetzt bloß etwas vor?«
»Wieso sollte ich etwas vorspielen?«, schaut sie ihn empört an. »Das ist meine Meinung und das wird sie auch bleiben. Homosexualität ist eine Krankheit die bekämpft werden muss. Was sollte es für eine Berechtigung geben, dass diese weiter existieren kann? Sie kann sich ja nicht einmal selbst vermehren.«
»So langsam reicht es!«, wird unser Direx plötzlich laut.
»Wie kann man noch eine so nazistische und veraltete Meinung haben? Was sagen sie denn zu Behinderten? Die können sich oftmals selber nicht mal ernähren? Haben die dann auch keine Berechtigung zu leben?«
»Wie kommen sie jetzt auf diesen Vergleich? Behinderte und Schwule?
Homosexualität ist 'ne Geistesverwirrung, für die sich die Menschen selber und freiwillig aus Unwissenheit aus fehlender Moral entscheiden. Hingegen liegt bei Behinderten die Ursache in unfreiwilligen Unfällen, körperlichen Krankheiten, die nicht selbst zu beeinflussen sind.
Homosexuelle sind selber schuld an ihrer Misere und haben sich für diesen Weg, den falschen Weg entschieden.
Behinderte hatten nie die Chance sich zu entscheiden, für sie sollte das Leben deswegen so schön wie möglich gemacht werden.»
»Ach und Homosexuelle sollte man also Missachten? Als weniger wert betrachten und sie deswegen ignorieren und fertig machen oder wie meinen Sie das?«
»Nicht zwangsläufig! Man sollte ihnen zeigen, dass sie auf dem falschen Weg sind und sich gegen ihre Krankheit wehren müssen! Sonst gehen sie in ihren Untergang. Nicht umsonst gibt es HIV.«
»Sie vergessen bloß eins. Auch Schwule können sich nicht entscheiden, sonst gäbe es nicht so eine hohe ‚Suizidrate' bei angeblich geheilt Schwulen. Homosexualität ist keine Krankheit sondern eine Lebensart ein Lebensgefühl, für das man sich nicht entscheiden kann und die Ursachen bleiben nun einmal bis heute im Geheimen und da sollten sie meiner Meinung nach bleiben, dann ansonsten wird der Mensch zum Kontrollobjekt, bei dem schon vor der Geburt alles nach Wunsch definiert wird!«
»So ein Quatsch! Homosexuelle können sich entscheiden, gegen ihre Krankheit und somit auch gegen die Folge HIV!«
»So langsam reicht es wirklich. Sie definieren hier HIV als etwas, dass nur Schwule haben und dann jeder Schwuler.«
»Ist es denn nicht so?«, schaltet sich plötzlich unser Englischlehrer hinzu.
»Nein! Haben sie schon mal davon gehört, dass viele Kondome nutzen und auch viele unvorsichtige Heteros HIV haben, weil sie einfach so blöd waren ohne Kondom Sex zu haben?«
»Da sehen sie mal wohin uns dieses scheiß Schwuchteln hinbringen. Sie riskieren sogar das Leben von normalen Menschen! Sie tragen keine Verantwortung, vergiften die Gesellschaft und wollen noch Gleichberechtigung? Mit welcher Begründung?«
» Mit der Begründung vielleicht, dass sie in unserem Land genauso leben wie wir, genauso arbeiten, genauso in die sozialen Kassen einzahlen. Sich in keinem wirklich von uns unterscheiden, außer der Sexualität. Und wenn wir jetzt anfangen Menschen auf ihre Sexualität zu reduzieren, sind wir echt arm dran!«
kommt es jetzt von unserem Direktor.
»Gut sie zahlen in unsere Kassen mit ein, aber sie nehmen bei ihrer Behandlung gegen HIV doppelt und dreifach so viel wieder heraus, als sie eingezahlt haben!«
kommt es dann mal wieder von unserer fetten Qualle.
»Es reicht. Es gibt mehr HIV infizierte heterosexuelle als homosexuelle Menschen. Sicher Homosexuelle Menschen gehören zu einer Risikogruppe, dafür haben diese Menschen ein weitaus größeres Bewusstsein für die dahinterstehende Gefahr als viele Heteros. Und die Homosexuellen für HIV verantwortlich zu machen, wäre so als würde man die Christenverfolgung den Christen selber zuzuschreiben.«
»Nein, Christen haben nie eine Gefährdung für die Menschheit dargestellt, im Gegensatz zu den Homosexuellen, die weder eigenen Nachwuchs produzieren können noch irgendetwas gegen HIV tun können und statt dessen es in der Welt verbreiten!«
»Wie bitte, so langsam platzt mir dann doch der Kragen. Christen haben im 3. Reich dem Holocaust zugestimmt und zu Zeiten der Besiedelung Afrikas, haben sie Dunkelhäutige auf Grund ihres nicht-vorhanden-seienden Glaubens als Minderwertig angesehen und ihnen somit alle Menschenrechte nicht zuerkannt.
Im Gegensatz dazu haben Homosexuelle nie so etwas gemacht. Die meisten Schwulen und Lesben zeigen mehr Toleranz und Akzeptanz als der größte Teil der Bevölkerung!»
»Es geht hier aber nicht um die Fehler des Christentums. Es geht darum, dass wir den Schülern gezeigt haben, was Moral bedeutet und dass der homosexuelle Weg der falsche ist und so nicht hingenommen werden darf!«, misst sich wieder unser Englischlehrer ein.
»Wer hat denn diese Moral aufgestellt? Wer hat ihnen gesagt, dass diese Moral die Richtige ist?«
Von der anderen Seite kommt erst nichtssagendes Achselzucken und dann nur der Kommentar: »Steht doch so in der Bibel in der Geschichte zum Beispiel in Sodom und Gomorra!«
»Ich dachte dieses Thema haben wir durch. Sie haben doch selbst verlangt, dass wir uns aufs Thema beschränken sollen und nicht auf unwichtige Sachen ablenken. Denn es ist schon lange bekannt, dass der größte Teil der Bibel überholt ist.«
Ich schaue und höre der Diskussion einfach bloß zu und geb keine Regung von mir ab. Irgendwie bin ich richtig verwirrt und ich hätte nie erwartet, dass sich unser Direx so auf dieses Thema einschießen würde und mich und alle anderen Schwulen so verteidigen würde.
Mich stört es wieder einmal bloß, dass die Diskussion allein zwischen den Dreien abläuft und man nur von den Gesichtern der anderen ablesen kann, welche Haltung sie zu dem Thema haben.
Alle anderen 27 Lehrer sitzen da und geben keinen Ton von sich, wobei aber keiner von ihnen gelangweilt oder genervt aussieht, es scheint irgendwie alle zu bewegen.
So geht die Diskussion weiter und weiter und weiter und weiter ...
In mir stauen sich die Gefühle auf. Immer wieder diese primitiven Vorwürfe der Gegenseite. Immer wieder ins persönliche hinein. Immer wieder angreifen und nachsticheln. Manchmal hätte ich einfach bloß losheulen können und aus dem Haus raus rennen können.
Aber zum Glück gab es ja noch die Gegenpartei, die immer wieder die Schwulenbewegung verteidigte.
So verging eine Stunde, dann die zweite usw.
Die Luft kochte immer mehr und die Parteien wurden immer aggressiver.
»STOP!«, schrie es plötzlich von selbst aus mir heraus.
»Das hat keinen Sinn so weiter zu diskutieren, die Situation ist einfach festgefahren.«
»Muss ich zu stimmen es hat einfach keinen Sinn mit denen über so was zu diskutieren!«, gab der Direx mit einem deftigen Unterton ab.
»Oh, es kommt mal was interessantes von einer verblendeten Schwuchtel. Eigentlich geht bei euch sonst bloß was in den Arsch rein!«, kommt es aus dem Mund der Qualle.
In mir steigen schon die heftigsten und dicksten Tränen hoch.
Aber da sehe ich einfach mal zu unserem Direx rüber und kann in seinem Gesicht sehen, dass nur noch der Funkte fehlte damit er explodiert.
»Naja, ab und zu kommt ja auch mal was in den Mund hinein!«, war dann noch der fehlende Kommentar, der den Funken zur Explosion brachte.
»Was bilden Sie sich eigentlich ein, wer Sie sind? Sie haben anscheinend nicht einen Funken von Verstand oder von Mitgefühl. Immer wieder mit dem Messer in die blutende Wunde hinein und sie zu dem noch vergrößern! So was Mitleiderregendes sieht man selten.«
Erschrocken sitzen die beiden mucksmäuschenstill da.
»Ich werde am Montag einen Antrag auf ein Disziplinarverfahren gegen Sie in Auftrag geben und Sie sind ab sofort, bis auf weiteres beurlaubt und glauben Sie mir: So lange ich hier noch etwas zu sagen haben, werden sie hier nie wieder auch nur einen Schüler an dieser Schule unterrichten, denn das würde einer Misshandlung des Charakters gleichkommen!«
»Wie bitte? Ich soll wegen so einem kleinen, verdreckten Arschficker, der noch nicht mal weiß, was er falsch macht, dass er einfach nur zu bemitleiden ist, versetzt werden oder sogar meine Anstellung verlieren.«
»Genau, Sie haben es verstanden, bloß mit dem Unterschied, dass sie hier keinen kleinen Arschficker vor sich haben, der weder zu bemitleiden ist noch dreckig ist. Das einzige was zu bemitleiden ist, dass ist ihr kleiner verkümmerter Charakter und ihr ungebrauchtes Hirn.«
»Wegen dieser DUMMEN KLEINEN SCHWUCHTEL soll ich hier meine Anstellung aufgeben? Ein solch nutzloses Subjekt soll dafür verantwortlich sein, dass meine ganze Familie leiden muss?«
»Das einzige was nutzlos ist, das sind Sie, da Sie die Menschen nicht formen, sondern deformieren!«, kommt es vom Direx, »und jetzt raus, verschwinden sie aus meinen Augen und lassen Sie sich nie wieder blicken!«
»Was? Wie bit....«
»RAUS!«, kommt es in einer derartigen Lautstärke aus dem Mund des Direx, dass sich die fette Qualle und mein ehemaliger Englischlehrer nur noch ihre Sachen schnappen, mir noch böse Blicke zuwerfen und so schnell wie möglich verschwinden.
Mit einem lauten Knall fällt die Tür ins Schloss und die beiden sind verschwunden und in mir fällt ein Felsbrocken von der Größe des Urals vom Herzen.
Den Knall hätte man eigentlich noch auf dem Mond hören können.
Alle Anspannung entweicht meinem Körper und ich lasse mich einfach in den Stuhl zurückfallen.
»Und dasselbe gilt für alle anderen, die sich so etwas noch einmal erlauben. Egal ob behindert, schwul oder andersartig. Alle die noch einmal versuchen einen Schüler persönlich anzugreifen, erleben dasselbe Schicksal wie die beiden.«
Mit einem kleinen Nicken bestätigen alle, dass sie es verstanden haben.
Ich lasse mich jetzt noch mehr zurückfallen. Alles fällt auf einmal von mir ab.
So langsam geht es aufwärts schießt es durch meinen Kopf, doch schon in diesem Moment schießt mir Marc wieder durch den Kopf!
Und in diesem Moment verkrampft sich nicht nur wieder mein Magen, sondern mein ganzer Körper.
So langsam beginnen sich die restlichen Lehrer, die die ganze Zeit nur Publikum gespielt haben, sich in Bewegung zu setzen und das Zimmer zu verlassen.
Nach und nach werden es immer weniger und zum Schluss sitzen nur noch der Direx und ich im Zimmer.
»So alles gut verkraftet? Oder liegt dir noch was auf der Seele, du wirkst so komisch!«
»Nein, alles in Ordnung, ich bin bloß etwas fertig, dass geht mir doch etwas alles schnell und so langsam schau ich nicht mehr durch. Ich glaub ich bin bloß einfach mit den Kräften am Ende.«
»Soll ich dich noch schnell nach Hause fahren, dann musst du nicht so weit laufen?«
»Gerne! Wenn auch Dirk mitkann?«
»Wieso? Wo ist der denn?«
»Der wartet schon die ganze Zeit auf dem Flur auf mich, dass wir fertig werden. Der hat sich die letzen Stunden schon um mich gekümmert und auch zur Schule gebracht!«
»Wieso hast ihn denn dann vorhin nicht mit reingebracht, der hätte dich doch dann auch etwas unterstützen können!«
»Ich wusste nicht ob ich das durfte, eigentlich ist es ja sowieso verboten, dass die Schüler ins Heiligste der Lehrer eintreten und dann auch noch jemanden mitbringen.?«
»Naja, es hat ja auch so geklappt! Ok dann nehme ich euch beide schnell mit und setz euch vor deiner Tür ab. Gehst du schon mal raus? Ich muss bloß noch schnell was erledigen, dann komme ich nach!«
»Ok, bis gleich!«
Mit weichen Knien und wankendem Schritt verlasse ich dann so ganz langsam das Zimmer.
Vor der Tür wartet nervös Dirk, der gespannt in mein Gesicht schaut. Als er ein Lächeln auf meinem Gesicht sieht, fällt ihm eine riesige Last ab und ein Lächeln geht über sein Gesicht.
»Nu erzähl schon! Was ist genau gelaufen?«
Es dauert nur eine kurze Zeit und schon hatte ich ihm alles in Kurzfassung erzählt. Ein breites Lächeln entsteht auf seinem Gesicht.
»Das hätte ich nie von unserem Direx gedacht, dass der sich so einsetzt. So kann man sich auch positiv in Menschen irren.«
»Oh ja und er ist auch noch so höflich uns nach Hause zu fahren.«
»Oh, noch besser. Siehst du, nun geht's endlich wieder aufwärts!« sagt er und lächelt mich dann einfach an.
Er hat ja schon Recht, wenn da nicht noch Marc wäre. Irgendwas in meinem Magen sagt mir, dass das noch nicht ausgestanden ist und irgendwie kann auch Dirk meine Gedanken lesen.
»Mit Marc, das wird schon wieder, der wird nicht so dumm sein, einen so lieben Kerl wie dich auszuschlagen!«, versucht er mich jetzt aufzumuntern.
Dies ist seit Tagen das Netteste, was ich zu hören bekam. Mir kommen in diesem Moment auch schon wieder die Tränen hoch, doch diesmal nicht aus Kummer sondern aus Freude.
»Nu komm schon, nicht weinen, wird schon alles!«
»Ich weine doch nicht aus Trauer sondern aus Freude, so 'nen Freund wie dich zu haben!«
»Das gleiche kann ich auch zurückgeben! Ok? Und jetzt Schluss mit weinen!«
In diesem Moment kommt unser Direx um die Ecke und wir gehen zu seinem Auto. Die Heimfahrt ist nicht erwähnenswert. Keiner sagt auch nur einen Ton, nur auf meinem Gesicht liegt wieder ein großer Schatten, denn meine Gedanken kreisen mal wieder bloß um Marc. Was denn nun mit ihm los ist? Ob ich ihm irgendetwas angetan hab? Warum er immer wieder nachts geweint hat? Woher diese Stimmungsschwankungen kommen? Und so weiter.
Nach nur 5 Minuten Fahrt setzt uns unser Direx vor meiner Haustür ab, verabschiedet sich und fährt dann auch schon weiter.
»Du ist es schlimm, wenn ich jetzt nach Hause geh. Ich bin heut noch mit meiner Freundin verabredet? Ich hab zwar keine richtige Lust darauf, aber ich will ihr nicht absagen?«, fragt mich Dirk ganz verschämt.
»Wieso sollte das schlimm sein. Dampf ab und vergiss, was heute vorgefallen ist und mach dir mit ihr 'nen schönen Abend und vielleicht 'ne schöne Nacht! Versprich mir, dass du das jetzt für die nächsten Stunden alles hinter dir lässt!«
»Ok, versprochen. Du aber genauso. Geh am besten schnell ins Bett und ruh dich aus. Die letzen Tage waren doch sehr kraftraubend für dich.«
»Ok, auch versprochen«
Schnell umarmte mich Dirk noch und ist dann auch schon verschwunden.
Als ich die Tür aufschließe, gehen die Straßenlaternen an und ich schaue auf die Uhr und es ist schon 21 Uhr. Jetzt war ich doch tatsächlich 5h in der Schule bloß wegen der Diskussion.
Ich ziehe einfach die Schuhe aus. Schmeiße die Hose in die Ecke und leg mich auf die Couch, um noch ein bisschen fern zu sehen.
Doch es dauert keine 5 Sekunden, da bin ich auch schon in der Welt der Träume.
Plötzlich höre ich ein lautes Schrillen.
Ein Mal.
Ich warte erst mal ab ob ich mich verhört habe, aber da hör ich es ein zweites Mal. Schlaftrunken stehe ich auf und schleiche langsam durchs Haus zur Tür hin.
Vorsichtig öffne ich diese, aber niemand steht davor. Ich gehe einen Schritt hinaus und noch einen und dann sehe ich in großen Lettern auf den Fußweg gepinselt.
»ARSCHFICKER«
Oh Gott, können die nie Ruhe geben, schießt es mir durch den Kopf, aber im Moment egal. Die Kälte des Winters und der Frost erfasst mich und mir wird kalt.
Ich drehe mich um, um wieder ins Haus zu gehen, da sehe ich neben der Tür etwas Dunkles.
Da sitzt jemand nur in T-Shirt bekleidet. Die Beine an die Brust angezogen und das Gesicht in die Hände gestützt. Und es regt sich nicht. Ich höre nur ein monotones Klappern der Zähne.
»MARC!«
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