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Forgotten Friendship

Teil 5

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Vorwort

Mal wieder die Belehrung vorne weg:

Alles in dieser Geschichte ist erstunken und erlogen und alles ist nur Produkt meiner Phantasie. Sollte sich jemand mit dieser Geschichte auf den Schlips getreten fühlen, so tut mir dieses Leid, aber ich werde daran nichts ändern. Habt ihr Kritik an der Story oder sonst irgendetwas, was ihr mir schreiben wollt? Dann tut es einfach, ich beantworte jede Mail, die dieses erwünscht. Jetzt aber wieder viel Spaß mit Teil 5.

Chris

 

»Hä? Was weißt du?«, fragt mich Maik etwas verwirrt.

»Ach lass mal, spiel einfach mit! Wir kriegen dich da schon für die nächsten Tage raus geboxt!«

»Moment, bitte schön! Ich versteh im Moment nur Bahnhof. Könntest du mir bitte erklären, wovon du redest?«

»Wir gehen jetzt zu deinen Eltern und geben dort ein perfektes Theaterspiel zum besten.«

Maik schaut mich immer noch verwirrt an. Er sieht richtig verzweifelt aus. »Nun komm?«

Mit meiner Fußschiene kann ich jetzt zwar besser laufen, aber es schmerzt doch immer noch heftig, wenn ich es zu lange überanstrenge, so ist es nicht verwunderlich, dass ich meinen Maik mal wieder brauche, um mich selber abzustützen. Der Weg zu Maiks Eltern ist einfach zu weit für mich zum gehen. So nehmen wir doch lieber den Bus. Hier auf dem Lande fährt zwar selten einer, aber da warten wir lieber etwas länger, als dass ich mit meinem Fuß noch mehr Probleme bekomme. Genau als wir um die Ecke zur Bushaltestelle gehen, sehen wir wie der Bus gerade ablegen will. Zum Glück kann Maik noch richtig laufen. Der sprintet also so schnell es geht in Richtung Bus, so dass der Busfahrer noch wartet. In letzter Sekunde erreichen wir so noch den Bus und lassen uns 3 Stationen weiter wieder aussetzen. Es ist schon irgendwie erschreckend, wie schnell sich das Stadtbild ändert. Eben noch in einer Siedlung mit moderneren Einfamilienhäusern, jetzt in den Überresten der DDR-Plattenbauten.

Man merkt leider den krassen Unterschied zwischen arm und reich. Ich werde immer wieder von neuem damit geschockt, wenn ich in dieses Gebiet der Stadt gelange, wie arm die Menschen hier doch sind. Hier gibt's sehr viele Arbeitslose, Alkoholiker, Rechtsradikale und was man sich sonst noch so vorstellen kann. Von der Bushaltestelle zu Maiks Wohnung ist es zum Glück nur ein kleines Stück zu laufen, doch schon jetzt beginnt mein Fuß aufs heftigste zu schmerzen. Immer wieder verkrampft sich mein Gesicht, weil der Knöchel immer stärker anschwillt und schmerzt. Doch das Schlimme ist ja noch, Maik und seine Familie wohnen im 5. Stockwerk. Unten vor dem Haus, da graut mir schon schlimmes. Nur mit Maikes Hilfe schaffe ich es dann doch noch hinauf zu kommen. Vor der Wohnung stehen wir erst einmal 5 Minuten keuchend da. Es ist doch echt heftig und geht ganz schön auf die Kondition. Ich keuche wegen meinem Fuß und Maik keucht, weil er mich die ganze Zeit stützen musste. Ich bin zwar sehr dünn, aber auf 1,92 m verteilen sich doch auch noch immerhin 70 kg und das ist keine Feder. Irgendwann öffnet jemand unverhofft von innen die Tür.

»Hab ich doch richtig gehört, dass hier jemand steht!«, begrüßt uns Maiks Ma überrascht. Direkt hinter ihr steht ihr Mann.

»Ah der Herr Sohn lässt sich auch noch mal blicken!«, versucht er gleich wieder sarkastisch zu werden.

»Entschuldigen Sie ...«

»Entschuldigt. Nicht Sie!«, unterbricht mich wieder seine Ma.

»Entschuldigt, aber ich glaube, dass könnte ich wohl besser aufklären. Mir wäre es aber lieber, wenn wir das nicht in aller Öffentlichkeit auf dem Flur erledigen.« Erstaunt schauen mich beide an und sind erst einmal perplex.

»Ja?! Dann komm erst einmal herein!« Mit einer einladenden Bewegung öffnet seine Ma die Tür jetzt ganz. Ich beiße jetzt die Zähne zusammen, um den schmerzenden Fuß zu vergessen und humple in die Wohnung direkt ins Wohnzimmer. Maik trottet mir immer noch irritiert hinterher. »Setz dich doch erst mal!«, fordert mich Marion auf. Den Gefallen nehme ich gerne an, denn im Moment kann ich einfach nicht mehr stehen, mein Fuß schmerzt einfach bestialisch.

»Was willst du uns denn erklären?«, kommt Rolf gleich zur Sache. Er scheint etwas genervt und will anscheinend bloß, dass ich schnell verschwinde, damit er Maik die Leviten lesen kann, doch das, habe ich mir vorgenommen, wird nichts.

»Es geht darum, dass Maik gestern nicht mehr nach Hause gekommen ist!«

»Aha ...«, kommt es bloß von Marion.

»Ja, wie ihr sehen könnt, hatte ich einen kleinen Unfall.«

»Was ist denn passiert?«

»Ich habe eine Überdehnung der Bänder und einen angebrochenen Knochen, nichts schlimmes weiter. Aber es tat und tut manchmal immer noch höllisch weh!«

»Und was hat das jetzt mit Maik zu tun?« Rolf scheint wirklich genervt, ihn interessiert es einen Dreck, was mir passiert ist. Nur Marion hört mir interessiert zu.

»Es war so, dass ich gestern Abend noch durch die Stadt gelaufen bin, ich jogge ja ab und zu mal. Erst durch den Stadtpark und dann in unsere Siedlung hinein. Dabei hatte ich leider einen kleinen Sturz. Normalerweise fängt man sich ja mit den Händen ab. Aber ich habe irgendwie versucht, doch noch das Gleichgewicht wiederzufinden, doch statt mich vor Schmerzen zu bewahren, habe ich mir damit noch mehr zugezogen. Ich knickte mit meinem Fuß so heftig um, dass ich laut aufschrie. Mein Fußgelenk wurde sofort dick und ich lag mit höllischen Schmerzen auf dem Weg.«

»Das tut uns zwar sehr leid für dich, aber was hat Maik damit zu tun?« Ich könnte Rolf an die Kehle gehen. Der interessiert sich nur darum, wie es im Fußball steht und wann er Maik anscheinend wieder eins reinwürgen kann.

»Moment, ich bin ja noch nicht fertig!«

»Wie lange sollen wir denn noch warten?«

»Ich mach ja schon zu!«

»Das wäre nett!«, kam es abwertend von Rolf.

»Also ich lag da auf der Straße mit dickem Knöchel und höllischen Schmerzen. Es schmerzte so stark, dass ich nicht auftreten konnte. Ich versuchte es ein paar Mal, aber ich sackte immer wieder unter den Schmerzen zusammen. Ich weiß nicht, wie lange ich da so auf der Straße lag, aber es war schon dunkel, doch niemand war zu sehen. Irgendwann so gegen 22 Uhr kam dann Maik vorbei. Er wollte eigentlich bloß etwas von mir holen. Ich hatte unbeabsichtigt seine Uhr aus dem Freibad mitgenommen gehabt und nun wollte er sie wieder holen. Er kam also den Weg entlang und sah mich auf der Straße liegen, wie ich nicht mehr gehen konnte. Er kam sofort auf mich zugerannt und fragte, wie es mir ginge und was passiert sei. Ich erzählte ihm, was passiert war und er war so freundlich und hat mir sofort geholfen. Doch zu diesem Zeitpunkt waren die Schmerzen noch zu schlimm, als dass ich hätte auftreten können. So hat mich Maik auf den Rücken genommen und vorsichtig zu mir nach Hause getragen. Es war leider noch ein ganzes Stück weit, so dass wir erst gegen 23 Uhr bei mir ankamen. Ich gab ihm den Schlüssel für unser Haus und er trug mich nach oben in mein Zimmer und kümmerte sich dann erst mal um meine Versorgung. Er legte mir kalte Kompressionen an, massierte und rieb meinen Knöchel mit Salbe ein. Er war einfach perfekt, ohne ihn würde es mir heute noch schlechter gehen, als es jetzt schon ist. Auf jeden Fall, als ich fertig war, da Zeigten die Zeiger meiner Uhr schon 2 Uhr nachts an. Maik wollte dann nach Hause gehen, aber ich bat ihn zu bleiben. Da ich weder auftreten noch gehen konnte und wenn irgendwas gewesen wäre, dann wäre ich ganz schön aufgeschmissen gewesen, denn ich bin ja im Moment alleine im Haus. Meine Eltern sind ja noch im Urlaub. Ich bat ihn einfach zu bleiben, damit ich auch keine Sorgen haben musste. Ich wollte dann auch sofort, dass er euch Bescheid gibt, indem er euch anruft, aber Maik wollte einfach nicht mehr so spät in der Nacht stören, denn er wusste, dass ihr beiden heute sehr früh raus musstet und es wäre einfach euch gegenüber nicht fair gewesen.«

»Ja aber wieso ist er dann heute Morgen nicht sofort vorbeigekommen oder hat angerufen?«

»Weil er mich gleich ins Krankenhaus gebracht hat, damit ich ärztlich versorgt werde. Es hat da leider ein paar Komplikationen gegeben, so dass es doch länger dauerte als erwartet. Vom Krankenhaus sind wir gleich hierher gefahren, um Bescheid zu bringen und um etwas zu bitten. Vielmehr möchte ich etwas bitten.«

»Was denn?«

»Erstens würde ich mir wünschen, dass Sie nicht auf Maik sauer sind und ihm irgendetwas wegen gestern unterstellen und zweitens möchte ich Sie bitten, dass Maik die nächsten Tage bei uns im Gästezimmer schläft, damit ich immer jemanden zur Seite habe, der mir zur Not hilft. Ich weiß nicht ob sie sich schon mal das Bein gebrochen haben oder so wie ich nicht richtig auftreten können vor Schmerz, aber man fühlt sich hilflos, was man zweifellos ja auch ist. Es wäre auch im Sinne der Ärzte, dass sich jemand die nächsten Tage um mich kümmern kann. Also würde ich sie bitten, dass Maik so lange bei mir wohnen kann, bis ich wieder alleine zurechtkomme oder jemand anderes gefunden ist, der sich um mich kümmert.«

»Wieso soll es denn ausgerechnet Maik sein?«

»Weil er gestern schon bewiesen hat, wie gut er mit der Situation umgehen kann. Und vor allem er ist verlässlich. Er würde mich nicht einfach so nebenher laufen lassen, wie man es einer bezahlten Kraft zutrauen könnte.«

»Nein es geht nicht. Wir müssen leider deine Bitte ablehnen. Maik kann im Moment nicht wo anders wohnen.«

»Wieso nicht?«

»Darum nicht!«, kommt es ohne konkreten Grund von Rolf.

»Kommst du mal bitte Schatz, ich möchte unter 4 Augen mit dir sprechen.«, zieht Marion ihn aus dem Zimmer. Im Hintergrund höre ich jetzt die beiden etwas lauter diskutieren. Es ist noch kein Streit, aber sie sind doch nahe davor. Ich sende einen aufmunternden Blick an Maik, der verloren auf einem der Sessel sitzt und so wirkt, als könne er nicht verstehen, was gerade um ihn herum geschieht. Plötzlich geht die Tür auf und Marion und Rolf treten herein.

»Rolf und ich haben jetzt eine Entscheidung getroffen.«, setzt Marion an. Rolf sitzt irgendwie angesäuert auf der Couch und starrt Maik wütend an. Der fühlt sich in dieser Situation überhaupt nicht wohl und schaut verschämt wie ein kleines Kind zu Boden.

»Maik darf dir die nächsten Tage unter die Arme greifen. Mit der Bedingung, dass er nichts in der Schule verpasst oder sonst irgendeinen Blödsinn veranstaltet! Haben wir uns da verstanden?«

»Ja, danke Marion! Wirklich danke dafür!«, am liebsten wäre ich ihr um den Hals gefallen, anscheinend hat mein Schauspiel doch gefruchtet und sie glaubt mir.

»Keine wilden Partys, kein Schwänzen, kein exzessiver Drogenkonsum und so weiter! Haben wir uns da verstanden?«, muss Rolf natürlich nachbohren.

»Ja natürlich. Dazu wäre ich ja nicht mal in der Lage, geschweige würde ich so was selber machen. Dann würden mich meine Eltern nie wieder alleine zu Hause lassen.«

»Hast du das auch verstanden?«, richtet sich Rolf jetzt in noch lauterem Ton an Maik.

»Ja natürlich.«, gibt dieser nahezu lautlos von sich und nickt dabei.

»Ok, dann darf Maik!«, kommt jetzt noch einmal die Bestätigung von Rolf. Anscheinend muss er das letzte Wort in der Öffentlichkeit haben. Steht eigentlich unter dem Pantoffel seiner Frau, aber wenn andere dabei sind, will er dann doch, dass es so aussieht, als hätte er die Hosen an und würde alle Entscheidungen treffen. Es ist schon fast lächerlich, wie er sich hier aufführt. »Es wäre wohl angebraucht, wenn Maik ein paar Sachen von sich mitnimmt!«, werfe ich noch so als Anmerkung in den Raum. »Natürlich! Maik geh in dein Zimmer und pack ein paar Sachen zusammen!«, befiehlt im wieder einmal Rolf. Wie gesagt, er muss das letzte Wort haben, auch wenn er damit andere wiederholt. Maik verschwindet sofort in seinem Zimmer.

»Möchtest du noch einen Kaffee trinken oder so?«, bietet mir Marion an.

»Nein danke. Am liebsten möchte ich jetzt so schnell wie möglich wieder nach Hause. Nichts gegen die Wohnung, aber mein Fuß fängt wieder an tierisch zu schmerzen und ich sollte ihn wohl besser wieder kühlen und einreiben.«

»Das ist natürlich verständlich, mit solchen Verletzungen sollte man nicht spaßen, die können richtig gefährlich werden!«, reagiert Marion auf mich.

»MAIK! MACH HIN! GREGOR WILL NACH HAUSE! SEIN BEIN SCHMERZT!«, brüllt plötzlich Rolf durch die ganze Wohnung. Ich hatte ihn eigentlich immer als liebevollen Vater in Erinnerung. Sollte er sich tatsächlich so geändert haben? Das wäre traurig, denn im Moment benimmt er sich wie ein großes Arschloch. Bevor er anfängt über Wessis zu meckern, sollte er lieber an sich selber arbeiten und mal schauen, was für Fehler er hat und wie er den Menschen gegenüber auftritt. Das ist nämlich nicht grad die allerbeste Sahne.

Es dauert keine 2 Minuten, da steht Maik wieder mit gepacktem Rucksack in der Tür und schaut uns fragend an.

»Bist du fertig?«, fragt Rolf wieder in seiner herablassenden Art. Von Maik kommt nur ein leichtes Kopfnicken. »Dann machen wir uns wohl besser auf den Weg, damit ich bald wieder das Bein hochlegen kann!«, reagier ich gleich darauf, damit die beiden uns nicht noch in ein Gespräch verwickeln. Von denen habe ich erst mal die Schnauze voll. Ich hätte nicht gedacht, dass die beiden sich so schrecklich ändern oder dass ich mich vielleicht so stark geändert habe. »Dann macht es mal gut und gute Besserung!«, wünscht mir Marion mit einem Lächeln auf den Lippen. Man merkt zwar, es ist nur aufgesetzt, aber immer hin. Von Rolf kommt dagegen nur. »Wehe ich bekomme irgendwie zu hören, ihr hättet was angestellt, dann gibt's mächtig Ärger!« Wie kann man bloß so misstrauisch sein. »Nein wird schon nichts passieren. Versprochen!«, kommt es gleich von mir als Antwort. Schnell verabschieden wir uns von den beiden wieder und stehen dann auch schon wieder vor der Haustür. Jetzt kommt wieder der Abstieg, alle Treppen wieder hinunter und mein Bein fängt an, immer stärker zu schmerzen.

Es ist schon so, dass Maik und ich uns ohne Worte verstehen. Er schaut mich einfach an und stützt mich ab. So ist es einigermaßen erträglich die Stufen hinabzusteigen. Aber der Schmerz wird immer stärker und stärker. Den ganzen Weg zur Bushaltestelle reden wir kein Wort miteinander, es ist keine angespannte Situation, es ist viel mehr das Gegenteil. Es ist ein Schweigen der Vertrautheit, der Harmonie. So wie es eigentlich sein muss, denn man muss in der Liebe nicht nur miteinander reden können, man muss auch miteinander schweigen können, ohne dass man sich ausgeschlossen und angefeindet fühlt. Es dauert knapp eine halbe Stunde bis zur Bushaltestelle, wofür sonst nur höchstens 5 Minuten von Nöten sind, man merkt schon, dass es meinem Knöchel nicht gut tut, gar nicht gut. Vorsichtig setzt mich Maik auf der Bank bei der Haltestelle ab und schaut mich fragend an.

»Geht es noch? Oder ist es sehr schlimm?«

»Es geht, aber lange macht mein Knöchel nicht mehr mit. Aber jetzt ist ja zum Glück nur Busfahren angesagt.«

»Danke!«

»Wofür danke?«

»Dafür, dass du mich bei meinen Eltern rausgehauen hast. Ich hätte mir sonst unter Garantie wieder eine Standpauke anhören müssen, wie verantwortungslos und schlecht ich doch geraten sei. Danke!« Er schaut mich bei diesen Worten richtig lieb an und scheint richtig erleichtert zu wirken.

»Kein Danke! Das war doch purer Eigennutz!«, versuche ich ihn etwas aufzumuntern.

»Wie denn das?«

»So hab ich wirklich wenigstens jemanden, der mir die nächsten Tage hilft. Denn mit meinem Fuß ist es wirklich schwer irgendetwas zu machen. Und außerdem habe ich so wenigstens meinen kleinen Augenstern die ganze Zeit bei mir!«

»Du bist lieb!«

»Das hoffe ich. Du bist aber viel lieber!«

Hinter uns taucht plötzlich eine Gruppe von Jungen auf. Sie grölen die ganze Zeit rum und verbreiten bloß Krach. Als ich mich umdrehe, erkenne ich die meisten von ihnen. Zumindest vom sehen her. Unter ihnen ist auch Mirko, der auf uns zu kommt.

»Hey! Was macht ihr denn hier?«, fragt er uns etwas verwirrt.

»Wir waren bloß gerade bei deinen Eltern, um Sachen von Maik zu holen!«

»Wieso denn das?«

»Weil ich die nächsten Tage mich um Gregor kümmern werde. Du siehst ja, seinem Fuß geht es nicht gerade blendend!«

»Ach du Schande, was hast du denn damit gemacht?«

»Ich bin gestern Abend bei Joggen damit umgeknickt und habe mir die Bänder überdehnt und mein Knochen ist ganz leicht angebrochen!«

»Der Tollpatsch von eh und je. Aber wieso soll Maik dir helfen?«

»Ganz einfach, weil ich mit diesem Fuß weder richtig laufen kann noch richtig irgendwie arbeiten. Meine Eltern sind zurzeit noch in Urlaub und da wäre es für mich unmöglich bei mir alleine zu Recht zu kommen. Stell dir mal vor, du müsstest die ganze Zeit auf einem Bein hüpfen, weil du mit dem anderen nicht richtig auftreten kannst! Ich glaube kaum, dass du dann noch fragen stellst.«

»Aber wieso ausgerechnet Maik? Wieso hast du mich nicht gefragt?«

»Weil er mich gestern gefunden hatte, wie ich auf dem Boden lag und mich mit meinem Fuß nicht rühren konnte. Da hat er mich nach Hause gebracht und mich perfekt umsorgt. Er kann es halt einfach und ist auch schon vom Arzt mit der Pflege eingewiesen worden. Da ist es praktischer, wenn er es macht und nicht du. Außerdem habe ich natürlich noch an dich gedacht. Du bist ja erst frisch wieder zurück und hast dir gleich Daniela geschnappt. Wäre doch Scheiße gewesen, wenn du sie jetzt für Tage nicht sehen könntest, dann das Pflegen ist wirklich full-time Arbeit.«

»Ja schon, aber ...«

»Nichts aber. Genieße lieber deine Zeit mit Dani, als dich mit so einem Kranken wie mir abzugeben. Macht garantiert mehr Spaß und Maik tut es auch ganz gut. So lernt er wenigstens noch etwas dazu.«

In diesem Moment kommt Daniela herangetreten und umarmt Mirko von hinten.

»Wer redet hier über mich?«, strahlt sie uns an.

»Wir mein Schatz, aber nur Gutes!«, reagiert Mirko und gibt ihr einen Kuss auf den Mund.

»Dann ist es ja in Ordnung«

»Übrigens: Das ist Maik mein Bruder und Gregor kennst du ja bereits aus der Schule, wenn ich mich nicht irre.«

»Du irrst dich nicht. Wir haben zwar immer nur kurz miteinander gesprochen, aber gesehen habe ich den Knaben schon mal. Maik selber hat sich jetzt in ein kleines Mauseloch verkrochen. Er sitzt mit gesenktem Kopf auf der Bank und bekommt kein Wort mehr heraus. Anscheinend ist die Situation für ihn ziemlich unangenehm. Ich kann mir auch schon denken warum. So wie Mirko mit seiner Freundin angibt, so wie er mit ihr in der Öffentlichkeit umgeht, so locker wünscht er sich anscheinend auch mit seinem Freund Hand in Hand durch die Gegend zu laufen. Zum Glück kommt in diesem Moment der Bus und reißt Maik aus seinen Gedanken.

»Was habt ihr denn heut noch vor? Wenn ihr Lust habt, könnt ihr mit uns noch um die Häuser ziehen.« Sowohl von Mirko als auch von Maik kommen giftige Blicke. Die beiden Brüder können sich anscheinen noch weniger ausstehen als früher. Ist ja auch kein Wunder so wie die zwei Welten aufeinander prallen. »Du sorry geht leider nicht. Mein Fuß macht das nicht mit!«, antworte ich und deute mit der Hand auf meinen angeschwollenen Knöchel.

»Oh, wie ist denn das passiert?«

»Sei mir nicht böse, aber wir müssen in den Bus, sonst kommen wir heute wohl nicht mehr nach Hause. Lass es dir einfach von Mirko erklären, der weiß es schon. Wir müssen jetzt aber wirklich los. Mein Fuß schmerzt schon wieder höllisch!«

»Kein Problem. Also macht euch noch einen schönen Samstag! Wir sehn uns dann ja sicher Montag in der Schule!«

»Ja sicher!«, antworte ich ihr. Eigentlich sehen wir uns Montag ja nicht, da ich da noch krankgeschrieben bin, aber ich wollte den Erklärungen, die ich hätte abliefern müssen, einfach aus dem Weg gehen. Gestützt von Maik humple ich in den Bus und lasse mich auf einen freien Platz fallen. Draußen stehen immer noch Mirko, Daniela und die restlichen aus der Gruppe und schauen uns nach. Zum Glück fährt der Bus schnell ab und so sind wir diese los. Ich habe irgendwie keine Lust jedem erklären zu müssen, warum Maik jetzt bei mir wohnt die nächsten Tage und schon gar nicht, warum ich mich verletzt habe. Es ist einfach bloß nervig. Vor allem bei so Leuten wie Mirko. Mir wird immer deutlicher, dass es zwischen mir und Mirko auf die Dauer heftig explodieren wird. Wir sind einfach nicht mehr auf derselben Wellenlänge. Ich oder er hat sich zu viel verändert. Es geht einfach nicht mehr. Mirko ist von der ganzen Gesellschaft enttäuscht und will die alte DDR wieder. Ich bin mit der Gesellschaft zwar auch nicht zufrieden, aber ich hetze nicht gegen alles auf und beschwere mich überall, ich bin ganz glücklich, dass ich in der BRD wenigstens das Recht habe, so zu leben wie ich bin und das ohne Einschränkungen, was in der DDR nicht möglich gewesen wäre. Dort hätte man mich wohl schon verhaftet und weggesperrt. Ich glaube, wüsste Mirko meine kleinen Geheimnisse, wie meine Homosexualität und besonders meine Liebe zu Maik, dann würde er mich auch liebend gerne wegsperren oder zu einer »Therapie« zwingen. Es ist manchmal irgendwie paradox wie Menschen uns therapieren wollen, die selber eine Therapie nötig hätten. Doch als ich Maik so lieb neben mir sitzen sehe, verfliegen meine Gedanken sofort wieder. Ich bin so glücklich endlich jemanden gefunden zu haben, der mich liebt und den ich liebe und dass gleich so ein Prachtexemplar dabei rausgekommen ist, damit hätte ich nie gerechnet. Vorsichtig greife ich seine Hand und drücke sie ganz leicht. Erschrocken dreht er sein Gesicht zu mir und starrt mir direkt in die Augen. Da versteht er erst, was ich mit dieser Geste meine, denn plötzlich bildet sich auf seinen Lippen ein Lächeln und seine Augen haben wieder diesen Schein, der mich so fasziniert. Zum Glück sind wir bis auf den Busfahrer alleine. Es ist so heiß draußen, dass sich niemand traut mit dem Bus zu fahren. Hier drin ist es wirklich heftig schwül und stickig, aber so lange mein Maik bei mir ist und ich ihn spüre, ist mir das so was von egal, ich bin einfach nur glücklich. Maik legt leicht seinen Kopf auf meine Schultern und gibt einen erschöpften Seufzer von sich. Für ihn ist es garantiert nicht gerade einfach, mich die ganze Zeit durch die Gegend zu schleppen. Seine Augen sind klein und wollen anscheinend am liebsten zu fallen. Er sieht aus wie ein Engel, wie er so neben mir sitzt, den Kopf auf die Schulter gelegt und kurz davor einzuschlafen. Ich hätte ihn auch gerne schlafen gelassen, aber wir mussten ja schon 3 Stationen später wieder aussteigen. So raffte er sich wieder auf und half mir beim Aussteigen. Diesmal standen wir nicht wieder vor dem Krankenhaus, sondern eine Station weiter und die war zum Glück nicht weit von meinem zu Hause entfernt. Wir mussten nur über die Straße und schon standen wir davor. Ich wühlte schnell den Schlüssel hervor schloss auf und schon waren wir drin. Maik half mir gleich ins Wohnzimmer, wo ich mich auf die Couch fallen ließ und erst einmal durchatmete. Mit schmerzverzerrtem Gesicht zog ich mir die Schiene vom Fuß, der war so stark angeschwollen, dass die Schienen in diesem Moment mehr Schmerzen bereiteten als sie verhinderten. Ich legte auch meine Fuß schnell auf die Couch hoch und ließ ihn erst mal ruhen.

»Ah! Endlich sitzen!«, seufzte ich etwas heftiger auf, als ich eigentlich beabsichtigt habe. Maik kniet sich direkt neben mich und gab mir erst mal einen wunderschönen, langen, leidenschaftlichen Kuss.

»Das musste erst mal sein. Danach hatte ich mich schon die letzten Stunden so sehr gesehnt!«

»Was glaubst du wie es mir da ging. Ich hätte dich zu jedem Zeitpunkt küssen können!«

Er sah mich lächelnd an und wieder verschmolzen unsere Lippen miteinander und bewiesen sich ihre Liebe.

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