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Forgotten Friendship

Teil 8

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Vorwort

So und wieder ist es soweit. Forgotten Friendship gibt es heute zum insgesamt 8. Male und es wird auch das letzte Mal sein. Heute wird alles aufgelöst. Was bei Maiks Eltern passiert ist, was mit Maik und Gregor geplant ist und wie es letztendlich doch zu Ende geht und gehen muss. Wie immer sind hier alle Personen frei erfunden und es basiert auf keinen wahren Begebenheiten. Für Kritik ist auch weiterhin mein Ohr offen. Also schreibt mir. Jede Mail, die eine Antwort erwünscht, bekommt auch diese :o). Freu mich über alles.

 

Wieder schauen zwei Augenpaare erwartungsvoll in Richtung Tür, wo mein Tutor steht und uns fragend anschaut. »Was ist denn mit euch los? Wieso hast du geweint Maik?«

Im ersten Moment sitzen wir einfach nur da und sind irgendwie perplex. Keiner von uns beiden kann irgendetwas sagen. Bei der Frage von unserm Tutor senkt Maik beschämt den Kopf und weiß nicht, wie er darauf reagieren soll und starrt den Fußboden an. Irgendwie finde ich dann doch als erster wieder zu mir. »Nichts, wir versuchen bloß gerade ein paar kleine Problemchen aus der Welt zu schaffen.« – »Nichts nennst du es, wenn Maik dabei heult? Ich glaube schon, dass da auf jeden Fall mehr hinter steckt. Nu komm schon, was ist los? Du wurdest heute fast krankenhausreif geschlagen und Maik hat geheult, was soll noch mehr geschehen, damit es ernst wird?« – »Gar nichts. Nun erzählt schon was ist los? Wo liegt das Problem?« – »Wo das Problem liegt wollen Sie wissen?«, schnellt Maik mit dem Kopf hoch und faucht ihn erst mal an. »Sie wollen wissen, wo das Problem liegt? Ganz einfach ich bin schwul, das ist das Problem!« – »Entschuldigung, aber worin soll da jetzt das Problem liegen? Du bist schwul sicher auch Gregor, aber das weiß ich ja nun schon lange.« – »Und woher wussten Sie dies?«, kommt es erst mal erstaunt von mir, denn bisher habe ich dies in der Schule noch niemandem erzählt. »Woher ich dies weiß, keine Ahnung. Dich kenne ich nun schon zu lange Gregor, um noch zu wissen, wann es mir aufgefallen ist. Und bei Maik ist es ja wohl unübersehbar, wie oft er in deine Richtung schaut und mit welchem Blick. Wem das nicht auffällt, der hat Tomaten auf den Augen. Und nun weiter, wo liegt nun das Problem?« – »Das Problem liegt bei Maiks Eltern. Willst du erzählen?«, schaue ich Maik fragend an, ich will ja letztendlich nicht irgendwas erzählen, was ihm letztendlich doch peinlich ist. Er soll selbst entscheiden, ob er dazu in der Lage ist und ob er dies überhaupt will. Ein kurzes, unscheinbares Nicken kommt nur von ihm und ich fahre damit fort, unseren Tutor über unsere Probleme aufzuklären. »Sie wissen ja, dass Maik und seine Familie erst vor kurzem hierher gezogen sind. Und der Grund, warum sie dies taten ist Maik. So blöd es auch klingt, er hatte sich vor Wochen bei seinen Eltern und Freunden in Köln geoutet. Seine Freunde haben es locker aufgenommen, seine Eltern und sein Bruder nicht. Sie schämen sich dafür und haben seinen Freunden vorgeworfen sie seien schuld, die ganze «westliche» Gesellschaft und ihre Liberalität sei schuld daran. Man würde Jugendlichen einreden, sie wären schwul und so weiter. Ich glaube viele Jugendliche bekommen dies zu hören, dass der schlechte Umgang daran schuld sei, dass sie glauben würden, sie seien schwul oder lesbisch. Wie auch immer. Die Konsequenzen, die seine Eltern gemacht haben, sahen so aus, dass sie in ihre alte, konservative und für sie normale Welt zurückkehren würden, um ihren Sohn von seiner Idee abzubringen. Tja und so sind sie hier gelandet. Wobei man wohl dazu fügen muss, dass sie Maiks Homosexualität wahrscheinlich meiner Meinung nach nur als Ventil benutzen, um ihren Frust abzulassen. Seine Eltern sind nach der Wende direkt von hier in den «goldenen Westen» gezogen, um das große Geld zu machen. Damals waren ich und Mirko noch die dicksten Freunde, nahezu unzertrennlich und als die Entscheidung fiel, sie würden wegziehen, war das für mich nahezu wie ein Nock-Out. Nur mürrisch sah ich mit zu, wie sie sich ihre neue Welt im «Westen» planten. Damals waren ich und Mirko noch Kinder, gerade einmal eingeschult, aber unsere Freundschaft war so stark, dass sie selbst durch die Entfernung nicht aufgehört hat. Die letzten Jahre haben wir die uns die ganze Zeit Briefe geschrieben, oftmals seitenlang, wir wollten die Freundschaft einfach nicht aufgeben und als dann der Brief kam, dass sie wieder hierher ziehen würden, bin ich fast geplatzt vor Freude, endlich Mirko wiedersehen. Naja, als sie dann endlich hier waren, wurde ich doch ziemlich schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht. Mirko war nicht mehr derselbe. Na gut, vielleicht war er immer noch der gleiche und ich habe mich so stark verändert. Aber ich sah immer mehr, wie stark wir uns doch auseinander entwickelt haben. Es gab keine gemeinsamen Ansatzpunkte. Es schien, als wenn wir nur noch über Briefe versucht hatten, etwas zu erhalten, was sowieso zum Tode verurteilt war. Auf jeden Fall viel mir nur auf, wie verschüchtert und traurig doch Maik immer war. Er sagte kaum was und unternahm auch kaum etwas. Auf meine Nachfrage bei Mirko kam von ihm nur als Antwort, dass er in schlechten Einfluss gekommen sei und dass sie nur noch ein Jahr hätten, um ihn wieder auf den rechten Weg zu bringen, bevor er volljährig wird und sie so jede Einflussmöglichkeit über ihn verlieren. Tja, er sagte mir leider nicht, was genau mit Maik los war und zum Glück immer noch ist, ihm schien dies zu peinlich. So wurde dann irgendwie mein Kampfgeist gereizt, ich wollte unbedingt wissen, was nun mit ihm los ist und da Maik anscheinend Stubenarrest hatte, auf alle Ewigkeit, außer Mirko wäre mit dabei, war es doch schwer ihn mal unter vier Augen zu sprechen. Irgendwie haben ich es dann doch geschafft, da das Vertrauen seiner Eltern immer noch sehr hoch war. Um es kurz zu machen, ich und Maik haben uns ausgesprochen, haben uns ineinander verliebt und haben es sogar geschafft, dass wir durch meinen kleinen Unfall ein paar Tage alleine bei mir verbringen konnten, ohne Eltern, ohne Probleme, doch die haben uns schnell wieder eingeholt. Als ich wieder einmal wegen meiner Verletzung zum Arzt musste, wurden wir spät abends von einer Gruppe Skinheads aufgespürt, die uns in einer misslichen Lage erwischten. Die Folge, wir wurden erst mal kräftig zusammengeschlagen, tja daher beruhen unsere anderen Bandagen etc. Man sieht, im Moment bin ich körperlich nur noch ein Wrack, was sich irgendwie durch die Welt schleift. Tja und das schöne war natürlich, dass dies der neue Freundeskreis von Mirko ist, der uns sogar unter Befehl höchstpersönlich die Rippen gebrochen hat. Durch diesen Vorfall wurden wir dann erst mal ins Krankenhaus eingeliefert, wodurch es natürlich auch zu Maiks Eltern durchdrang, dass Maik wieder an die «falschen» Kontakte geraten ist. Wir wurden daraufhin wieder einmal getrennt und haben uns dann bis heute nicht wiedergesehen. Und jetzt sieht die Situation dermaßen aus, dass Maiks Eltern beschlossen haben, ihn ab nächste Woche in ein Therapiezentrum in die Schweiz zu schicken, um ihn endgültig von seinen Leiden zu befreien. Tja und das ist die ganze Angelegenheit. Nett nicht?« Und nach diesem Redeschwall ist mein Mund erst mal dermaßen trocken, dass sich meine Zunge wie Sandpapier anfühlt. Im selben Moment wie ich aufhöre zu erzählen, klingelt es auch gleichzeitig zur nächsten Stunde.

»So, jetzt erst mal ab zum Unterricht, darüber müssen wir noch sprechen. Jetzt aber los.« Von ihm kommt sonst keine weitere Reaktion darauf, keine Zustimmung zu Maiks Eltern, keine Zustimmung für uns, rein gar nichts. Es erstaunt mich dann doch etwas, wie er so reagiert. Normalerweise halte ich in doch für einen ziemlich weltoffenen Mann, der eigentlich überhaupt keine Problem mit Minderheiten, egal welcher Form, hat. Es bleibt zum Glück keine Zeit, um groß über seine Reaktion zu grübeln, denn er schiebt uns förmlich in seinen Unterricht. Alle anderen sitzen schon auf ihren Plätzen und warten ungeduldig. Naja ist eher gelogen, alle anderen hoffen natürlich, dass irgendetwas an Unterricht ausfällt, aber sie werden dann doch letztendlich enttäuscht. Es ist für mich ein Wunder wie unser Tutor so reagieren kann, wie er es jetzt macht. Stocktrocken geht er wieder zum Alltag über und versucht seinen Unterricht reibungslos durchzuziehen. Es geht plötzlich wieder um »Iphigenie auf Tauris« und nicht mehr um »Maik in der Schweiz«. Was verfolgt er damit für eine Absicht? Die ganze Zeit will mir diese Frage nicht mehr aus dem Kopf gehen. Zumindest hat diese Aktion von eben eins bewirkt. Maik sitzt wieder direkt neben mir und verkrümelt sich nicht in irgendeine Ecke. Er weiß, er hat nur noch wenige Chancen, vor der Schweiz zu fliehen. Es vergehen etwa 25 Minuten in denen es um belanglose Dinge aus der Weimarer Klassik geht. Zumindest in diesem Moment geht mir dies so was vom am Ar*** vorbei. Es gibt halt nur noch den einen Gedanken. »Wie kann man verhindern, dass Maik in die Schweiz muss?« Doch mir fällt nichts ein. Plötzlich wird die Tür zum Raum aufgerissen und drei wutschnaubende Personen stapfen herein. Maik läuft sofort kreidebleich an, wie er erkennt, dass es sich dabei um seine Eltern und Mirko handelt. »Entschuldigung, aber wie wäre es einmal mit anklopfen?«, kommt es nur von meinem Tutor. »Ob ich nun anklopfe oder nicht ist doch vollkommen nebensächlich, wir sind bloß gekommen, um unseren Sohn aus dieser verqueren Bildungsanstalt abzuholen!« – »Mit welcher Begründung, wenn ich fragen darf?« – »Ganz einfach damit, dass hier geduldet wird, wenn ein normaler kleiner Junge von einer abartigen Schwuchtel angemacht wird. Aber andere wiederum, die nur helfen wollen, werden vom Direktor mit einem Tadel bestraft.«, gibt es als Antwort. Die Reaktion der restlichen Schüler im Kurs ist nahezu einstimmig. Die meisten beginnen im fast gleichen Moment zu prusten. Einige liegen sogar lachend auf dem Boden. Maiks Mutter sah bei ihrer Ansprache aber auch zu dümmlich aus und ihre Antwort zeugt auch nicht gerade von viel Intelligenz. »Wieso wird hier gelacht?«, regt sich dann plötzlich Maiks Vater über die Reaktion der anderen auf. »Wieso wird darüber gelacht, dass man seinen Bruder vor schlechten Einflüssen schützen will?«

»Ui der große Rächer ...« - »Och muss man den kleinen denn beschützen?« – »Wie alt muss er denn werden, dass er selbst entscheiden kann? 88?« – »Und das rechtfertig, dass man andere zusammenschlägt oder zusammenschlagen lässt?«, gibt es nur als Reaktion von den anderen, wild durcheinander gerufen. Die Gesichtsfarbe von Maiks Dad wird roter als rot, er kocht innerlich. Es fehlt nur noch, dass ihm der überschüssige Qualm aus den Ohren kommt.

»MAIK PACK DEINE SACHEN, DU BLEIBST NICHT LÄNGER HIER!«, brüllt er in den Raum. »Niemand beendet den Unterricht außer mir. Wenn ich sie jetzt bitten dürfte zu gehen. Es ist immer noch Stunde und wir haben hier noch zu arbeiten!«, gibt es darauf nur als Reaktion von meinem Tutor. »Wie bitte?«, kommt es nur erstaunt von Maiks Ma und auf ihren Gesichtern bilden sich drei große Fragezeichen. »Sie haben schon richtig gehört. Die Stunde beende ich und so lange möchte ich sie bitten, diesen Raum zu verlassen. Wenn es nötig ist, werde ich Maik auch danach nach Hause bringen, damit er ja nicht in falsche Hände gerät.« Das Lachen hört mit einem Schlag auf. Mit so einer Reaktion hätte in der Klasse keiner gerechnet. Absolut keiner. Ich bin genauso schockiert. Da bringt man ihm Vertrauen entgegen und erzählt ihm seine Probleme und was macht er? Fäll einem in den Rücken. »Sie fahren dann meinen Sohn so schnell wie möglich zu uns. Wenn nicht gibt es Ärger!«, kommt es nur noch als Drohung von Maiks Vater, bevor alle drei wieder den Raum verlassen und wie man durchs Fenster erkennen kann, auch das Schulgelände, anscheinend verlassen sie sich wirklich auf unseren Tutor. Was beabsichtigt er damit, mir will nicht einleuchten, was er eigentlich erreichen will. Durch diesen Vorfall sind es zum Glück bloß noch 5 Minuten Unterricht, die jedoch immer noch wie Kaugummi vergehen. Zäh und ganz langsam. Aber irgendwann kommt dann doch das erlösende Klingeln, na ja ich weiß nicht, was ich von diesem Klingen halten soll? Ist es erlösend, weil endlich die Stunde vorbei ist und ich vielleicht erfahren kann, was unserer Tutor vorhat oder ist es doch eher deprimierend, weil es vielleicht das letzte Mal ist, dass ich Maik hier sehen werde, weil seine Eltern ihn vielleicht nie wieder zu dieser Schule lassen werden. »So jetzt pack deine Sachen zusammen, ich fahre dich dann nach Hause!«, kommt es nur mit ein bisschen Hektik von unserm Tutor. »Aber ... was ist ... Aber ...?«, stammle ich nur noch Satzfetzen vor Enttäuschung. »Was soll sein? Ich habe seinen Eltern versprochen, ich bringe ihn nach Hause und dies wird jetzt meine Aufgabe sein.« – »Aber ... Ich will nicht zu meinen Eltern ... Aber ... ?«, fängt jetzt auch Maik an zu stammeln. »So jetzt aber Schluss damit, beeil dich!« Mürrisch und missmutig packt Maik wie in Trance seine Sachen zusammen und schaut immer wieder fragend in die Richtung von unserm Tutor, doch von ihm kommt keine Reaktion, keine Antwort auf gar nichts. »Fertig?« – »Ja«, antwortet Maik nur kleinlaut. »Dann mal los. Beeil dich.« Mit einem traurigen Blick geht Maik hinter ihm her, steigt in sein Auto und sie fahren davon. Wie gelähmt schaue ich einfach dem Auto hinter her. Eine einzelne Träne kullert meine linke Wange hinunter. Mein Kopf ist leer. Nicht ein Gedanke windet sich durch meine Nervenbahnen. Rein gar nichts. Wie bei einer Puppe. Erst nach Minuten komme ich wieder zu Bewusstsein und merke, dass es vorbei ist. Der letzte Strohhalm wurde uns genommen. Zumindest sehe ich keine weitere Möglichkeit, doch noch die Probleme aus der Welt zu schaffen. Langsam und gedankenverloren schlurfe ich den Weg nach und nach zu mir nach Hause. Nach etwa der Hälfte der Strecke wird mir unwohl. Irgendetwas stimmt hier nicht. Irgendwo läuft gerade etwas ab, was ich nicht mehr kontrollieren kann. Ich fühle mich irgendwie beobachtet. Eigentlich Blödsinn, um mich herum ist niemand zu sehen, der mir irgendetwas anhaben will. Nur kleine Omas, die sich durch die Stadt mühen, um ihre Einkäufe zu erledigen. Aber nichts Verdächtiges. Irgendwie wachgerüttelt und bei klarem Verstand gehe ich jetzt aufmerksamer und vor allem zügiger voran. Meine Augen tasten die gesamte Umgebung ab und versuchen irgendetwas Ungewöhnliches zu entdecken. Ich fühle mich, als wenn ich beobachtet werde. Es ist kein schönes Gefühl, es macht eher Angst. So als wenn man beschattet wird, doch niemand ist zu sehen. Halt doch, hinter mir an der Ecke steht jemand, der mich fixiert. Den kenne ich doch. Scheiße, der war doch heute schon in der Schule mit dabei. Scheiße. Meine Schritte werden immer größer und schneller, soweit dies mit einem angeschwollenen Knöchel überhaupt möglich ist. Als ich mich erneut umdrehe, ist der Typ verschwunden, die Stelle ist leer, wo er eben noch stand. Als ich wieder gerade aus schaue, wo ich hinlaufe, kommt mir auf der Straße ein Auto entgegen. Hinterm Steuer und auf dem Beifahrerplatz sitzen wieder zwei andere Kerle, die auch in der Schule waren. Sie fahren an mir vorbei und starren mich bloß ohne irgendeine Reaktion zu zeigen an. Sie fahren vorbei und sind dann auch schnell verschwunden. Dennoch mein Schritt wird nicht langsamer, eher sogar noch schneller. Und dies auch begründet, denn im nächsten Moment steht in einem Geschäft wieder einer dieser Typen und schaut mich durch das Schaufenster an. Er steht einfach bloß da und schaut mich mit kaltem Blick an. In mir entsteht immer mehr Panik. Was wollen die von mir? Geht mir die Frage immer wieder durch den Kopf, obwohl ich sie mir eigentlich selbst beantworten kann. Klar was sie wollen, sie wollen mich alle machen, sie wollen so einen Abschaum wie mich aus der Stadt haben. Wieder ein Blick nach hinten. Nichts zu sehen. Blick nach vorne. Nichts. Niemand mehr da außer den alltäglichen Menschenmassen. Meine Schritte werden wieder langsam entspannter und wieder ruhiger und auch die Panik verfliegt nach und nach, doch ganz kann ich dennoch nicht abschalten. Blick nach hinten. Niemand besonderes. Blick nach vorne. Niemand. Ich halte erst mal für einen kurzen Moment und lehne mich gegen eine Hauswand um zu verschnaufen. Ich schließe die Augen, um mich noch mehr zu beruhigen, aber es funktioniert nicht. Immer wieder diese Ängste, da ist jemand, der mich beobachtet. Dieses Gefühl will auch nicht vergehen. Da muss irgendetwas sein, was mich beobachtet, irgendetwas. Ich öffne die Augen und bewege den Blick nach rechts den Bürgersteig entlang. Scheiße eine Gruppe von etwa 5 Mann kommt in meine Richtung. Bomberjacke. Springerstiefel. Kahlrasiert. Alle 5 sind mir schon irgendwo begegnet. Ich weiß nicht, ob es heute in der Schule war oder im Park, aber irgendwoher sind mir die Gesichter bekannt. Ihre Blicke fixieren mich und schauen mich kalt an. Im Gleichschritt kommen sie immer dichter heran. Endlich wollen auch meine Beine reagieren und in eine entgegengesetzte Richtung gehen, doch als mein Blick nach links geht, kommt auch von da eine Gruppe von diesmal 7 Mann. Bomberjacke. Springerstiefel. Kahlrasiert. Wie Klone, und auch sie kommen im Gleichschritt mit eisigen Blicken auf mich zu marschiert. Wobei hier das Wort marschieren wirklich passt. Wo jetzt hin? Was machen? Meine Beine bleiben sofort stehen. Mein Blick wandert immer wieder von links nach rechts und wieder zurück. Die Gruppen kommen immer näher und sind beide nahezu gleich weit von mir entfernt. Und ihre Blicke sind allein auf mich gerichtet. Auf meiner Stirn bilden sich die ersten Schweißperlen. Meine Hände sind auch schon ganz nass und vor allem kalt. Die Haut ist blass und kalt, so als wenn ich sie gerade in einer Tiefkühltruhe aufgewärmt hätte. Dicke Schweißperlen stehen auf meiner Stirn und meine Augen wechseln immer wieder entsetzt von rechts nach links und von links nach rechts. In mir macht sich wieder Panik breit, äußerste Panik. Beide Gruppen sind noch etwa 50 Meter von mir entfernt. Schritt für Schritt kommen sie näher. Was jetzt? Noch 75 Meter. Scheiße, wohin soll ich? Einfach eine der umstehenden Leute ansprechen? 50 Meter. Scheiße zu spät. 25 Meter. »Hey soll ich dich mitnehmen?«, dringt eine Stimme jetzt plötzlich zu meinem Gehirn durch und als ich vor mich auf die Straße blicke steht dort ein grüner Lupo und aus dem Fenster schaut mein Tutor und wiederholt noch einmal seine Frage. »Hallo? Bist du ansprechbar? Soll ich dich ein Stück mitnehmen?« – »Ja gerne!« Ohne auch nur abzuwarten reiße ich die Tür des Beifahrers auf uns springe nahezu hinein. Die Tür schlage ich fast so fest zu das die Fenster bersten. »Schnell losfahren bitte schnell!«, flehe ich ihn an. Bitte. Meine Augen wandern durch die Scheiben in die Richtung der Gruppen. Beide nur noch 10 Meter entfernt und als sie sehen wie ich ins Auto steige, beginnen sie zu laufen. Als mein Tutor meinen Blicken folgt und sieht, warum ich so hektisch reagiere, überlegt er gar nicht erst lange. Er tritt einfach fest auf das Gaspedal und fährt so schnell wie möglich davon. Meine Blicke bleiben an der Gruppe heften, als wir an ihr vorbei fahren. Die Arme fliegen in die Luft, die Gesichter werden grimmig und es scheint, als würden sie schreien vor Wut. Mit erhobenen Armen bleiben sie stehen und scheinen so etwas zu rufen wie »Wir kriegen dich noch.« Erst als die Typen nicht mehr in unserem Sichtfeld liegen, entspannt sich mein Körper und ich sacke förmlich in meinem Sitz zusammen. Doch plötzlich tippt ein Finger auf meine Schulter. Ruckartig verkrampfe ich wieder und drehe mich ruckartig um. »Nun mal ganz ruhig Gregor. Sie sind nicht mehr da. Du bist jetzt in Sicherheit.« Doch diese Worte interessieren mich im Moment recht wenig, als ich sehe, wer mich von hinten anlächelt. Es ist Maik und in seinen Augen ist wieder diese Hoffnung zu sehen, dass es doch noch eine Lösung gibt. »Was ist denn hier los? Wie kommst du hier her?«, sind die ersten Fragen, die wie aus einem Gewehr geschossen kommen. »Warte erst einmal ab, bis wir bei dir sind. Im Moment ist nicht die Zeit da, alles zu erklären. Warte einfach ab.« Doch mir ist die Antwort sowieso irgendwie egal. Ich raff in diesem Moment sowieso nichts wirklich. Es ist irgendwie alles zu viel. Erst der Übergriff heute in der Schule, dann die Aussprache mit Maik, das Auftreten seiner Eltern und die Verfolgung durch die Skins. Irgendwie ist dies alles zu viel für mich. Ich raffe gar nichts mehr und sinke einfach bloß noch in den Sitz zurück und starre aus der Frontscheibe direkt in den Himmel der grau und wolkenverhangen ist. Doch es gibt vereinzelt kleine Löcher, durch die Sonnenstrahlen scheinen. Man kann dieser Richtig folgen. Sie wirken so übernatürlich, so als würden sie direkt von oben kommen, nahezu göttlich. Ich glaub nun absolut nicht an Gott oder sonst etwas Übernatürliches, aber dies sind die ersten Gedanken, die mir bei diesem Anblick durch den Kopf schießen. Es scheint wirklich übernatürlich, wie von einem Gott geschaffen. Zwischen all diesem grauen Brei gibt es immer wieder diese Lücken voller Licht und positiver Ausstrahlung. Erst als das Auto wieder abrupt hält, komme ich wieder zu Sinnen, erst jetzt bemerke ich wieder, dass neben mir mein Tutor und hinter mir Maik sitzt und vor mir steht das Haus meiner Eltern. »Wollen wir alles bei dir drinnen besprechen, oder willst du noch im Auto sitzen bleiben?«, kommt es nur plötzlich von meinem Tutor. »Ähm Entschuldigung. Natürlich können wir rein. Kein Problem. Ich war bloß gerade nicht mit den Gedanken dabei.« Nur ein aufmunterndes Lächeln kommt von ihm als Antwort. »Also dann mal los!« Ich schnappe mir meine Schultasche und Maik schnappt sich zwei große Reisetaschen und zusätzlich unser Tutor noch eine weitere und seine Unterlagen. »Von wem ist denn das alles?«, kommt es nur erstaunt von mir. »Nun warte doch erst mal ab bis wir drinnen sind, dann können wir dir alles in Ruhe erklären.« Mein Kopf will anscheinend nicht mehr arbeiten. Es scheint so offensichtlich, aber es will einfach nicht Klick machen. Mein Kopf ist so leer und kein vernünftiger Gedanke will mir mehr kommen.

Als ich meinen Schlüssel heraus kramen will, springt die Tür schon von innen auf und meine Mutter steht schon erwartungsvoll da. »Die Taschen bitte hierhin, da stehen sie nicht im Weg!«, kommt es gleich ohne Begrüßung von ihr. Weiß hier schon jeder was gespielt wird außer mir? So langsam hab ich genug davon. In mir baut sich eine Spannung auf die nicht mehr zu ertragen ist. »NUN SAGT SCHON ENDLICH WAS LOS IST!«, schreie ich so laut ich kann mitten in den Raum. Ich kann einfach nicht mehr. Irgendwann kann man einen Menschen nicht mehr belasten. Irgendwann ist genug. Tränen rollen mir über die Wangen.

»Am besten du erzählst ihm unter vier Augen, was genau los ist. Ich glaube kaum, dass er noch irgendetwas abkann. Wenn ihr fertig seid, setzten wir uns noch einmal schnell zusammen und klären den Rest ab. Ich kläre, während ihr beide alleine sprechen könnt, alles mit seiner Mutter.«, richtet mein Tutor jetzt seine Worte an Maik, der nur noch nickt und mich dann bei der Hand nimmt und in mein Zimmer nach oben führt. Hinter uns schließt er die Tür und nimmt mich erst einmal in den Arm. Es ist das erste Mal, dass er mich trösten muss und er macht es ohne Widerrede. Er hält mich einfach und streicht mir immer wieder über den Rücken und durchs Haar. »Hey ist schon ok. Wir sind jetzt hier sicher und es wird alles in Ordnung kommen. Davon bin ich überzeugt ... Es ist alles ok ... Weine ruhig, wenn du dies jetzt brauchst.« Und ich brauche dieses jetzt einfach. Es ist einfach alles zu viel, zu viel für einen einzelnen Menschen in einer so kleinen Zeitspanne. Ich schlinge einfach meine Arme um ihn und drücke ihn so fest es nur geht an mich. Ich will ihn nie wieder loslassen, nie wieder. Erst nach und nach beginne ich mich zu beruhigen, ganz langsam, aber irgendwann versiegen dann doch meine Tränen und ich beruhige mich einigermaßen. »Komm lass uns erst mal hinsetzen.« Wie gesagt so getan. Maik setzt sich auf mein Bett und ich lege mich vielmehr aufs Bett und meinen Kopf in seinen Schoß. Seine Finger streichen immer wieder durch mein Haar, um mich zu beruhigen und wischen mir die kleinen Schweißperlen von der Stirn. Meine Haut ist bleich und kalt. Mein Blick ist starr auf die Zimmerdecke gerichtet und auch die letzten Tränen und Schluchzer enden jetzt. »Was habt ihr beschlossen? Wie wird es weitergehen?«, kommt diesmal ganz ruhig die Frage gestellt. Maik holt einmal tief Luft und beginnt dann zu erzählen, was bei ihm die letzten Stunden alles passiert ist.

»Nach der Schule hat mich Kai ...« – »Ihr duzt euch jetzt schon?« – »Warte erst mal ab und lass mich erzählen?« Eine kleine Pause in der von mir kein Zeichen kommt. Maik deutet dies so, dass er jetzt vorfahren soll. »Also Kai hat mich direkt nach dem Unterricht nach Hause gefahren. Er hat mich sogar noch bis in die Wohnung gebracht. Aber dies hatte ganz andere Absichten, als mich in die Pfanne zu hauen ...


Jetzt aber viel Spaß

Chris

»Also Kai hat mich direkt nach dem Unterricht nach Hause gefahren. Er hat mich sogar noch bis in die Wohnung gebracht. Aber dies hatte ganz andere Absichten, als mich in die Pfanne zu hauen. Eigentlich genau das Gegenteil. Als wir vorher nämlich noch im Auto saßen, hat er mich in seinen Plan eingeweiht. Der sah erst mal in der Form aus, dass er meine Eltern in ein Gespräch verwickeln wollte, so dass ich erst einmal ungestört die wichtigsten Sachen, Papiere, Kontodokumente, Ausweis und natürlich auch Klamotten zusammen suchen konnte. Kais Ziel war es, meinen Eltern weiszumachen, dass ich ganz stark schulische Probleme hatte und meine Versetzung auf dem Spiel stünde. Naja wie Lehrer halt so sind, was man einmal gelernt hat, dass vergisst man nicht und so war es für ihn kein Problem mir in etwa eine halbe Stunde zu verschaffen. Naja und wie du an den Taschen siehst, kann man in Hektik so einiges schaffen. Sicherlich ist nicht alles akkurat eingepackt, aber wen interessiert dies, Hauptsache ich habe meine Sachen zusammen. Schwieriger waren da meine Papiere. Bisher hat man mir nicht zugestanden mein Konto, Sparbuch und ähnliches selbst zu verwalten. Selbst meinen Ausweis hatten sie eingezogen. So begann die Suche. Erst das komplette Schlafzimmer meiner Eltern durch. Die Kleiderschränke, Regale, Nachttisch, Bett aber nirgends war etwas zu finden. In mir stieg in diesem Moment natürlich erst einmal Panik auf, doch dann erinnerte ich mich genau an den Umzug. In Köln musste ich ganz zum Schluss eine kleines Beauty-Case nach unten tragen, dieses kleine Köfferchen war jedoch nicht verschlossen und so sah ich, wie hier unsere Unterlagen alle verstaut wurden und als wir hier unsere Sachen wieder ausräumten, da sah ich, wie meine Mutter es auf dem Schrank verstaute. Also was macht man, natürlich die Tasche vom Schrank holen und durchwühlen. Und es kam wie es kommen musste, alles vorhanden. Selbst die Kontodaten von meinen Eltern und meinem Bruder waren dort versteckt, doch die waren mir so gut wie egal. Ich wollte bloß meine Sachen, ich wollte niemanden bestehlen, zum Schluss hätte mir dies auch noch das Genick gebrochen. Ne, ich nahm einfach meine EC-Karte, mein Sparbuch, Geburtsurkunde, Bankverträge, Ausweise, Krankenkarte und meine Lebensversicherung, die vor Jahren abgeschlossen wurde und wenn ich 18 werde, ausgezahlt wird. Ich nahm also alle Papiere und steckte sie einfach bloß wahllos in der Hektik in meine Jackentasche. So und da war der Moment gekommen, wo ich alle Sachen zusammen hatte. Wie jetzt aber diese Sachen zum Auto hinunter bekommen. Kai hatte es so geplant, dass ich meine Taschen eine Etage tiefer im Hausflur platzieren sollte und nun hieß es, so leise wie möglich sein. Tasche für Tasche brachte ich so schnell wie möglich durch die Haustür in den Hausflur. Alles funktionierte zum Glück doch reibungslos und ein paar Minuten später stand alles wichtige dort und ich saß wieder friedlich in meinem Zimmer. Es dauerte auch kaum 2 Minuten und Kai kam wieder mit meinen Eltern in mein Zimmer, um sich von mir zu verabschieden. Es dauerte auch kaum mehr als 2 weitere Minuten und er war durch die Haustür wieder verschwunden. Jetzt kam der absolut schwierigste Teil. Ich sollte 5 Minuten warten und ihm dann nach unten ins Auto folgen, doch bloß wie unauffällig aus der Wohnung verschwinden? Es blieb eigentlich nur ein raus schleichen. Ich saß noch da, gedankenversunken, während meine Eltern sich noch über Kai freuten, was für ein lieber, rechtschaffender und ehrlicher Mann er doch sei, von dem solle ich mir am besten eine Scheibe abschneiden. Tja wie Recht sie doch hatten. Zum ersten Mal seit langem, konnte ich ihnen wieder absolut und uneingeschränkt zustimmen. Kai entsprach wirklich ihrem Bild. Ich starrte die ganze Zeit auf die Uhr und sah den Sekundenzeiger nach vorne eilen. Eine Minute. Meine Eltern standen da immer noch vor mir und erzählten und freuten sich über meinen Lehrer. Zwei Minuten vergangen. Sie verließen mein Zimmer. In mir stieg in diesem Moment ein Spannung auf und alles in mir begann zu kribbeln. 3 Minuten. Ich zog mir schon einmal vorsichtshalber meine Schuhe an, um nicht vor der Haustür wichtige Zeit zu verschwenden. 4 Minuten. Ich blickte aus der Zimmertür. Niemand war zu sehen, nur ein flackernder Fernsehbildschirm, war durch die Glastür im Wohnzimmer zu erkennen. Alle anderen Räume wirkten verlassen. 5 Minuten. Scheiße die Wohnzimmertür ging auf und meine Mutter kam den Flur entlang geschlurft. So schnell wie möglich, war meine Tür wieder im Schluss, aber dies auch so leise wie möglich. Meine Mutter ging, so wie ich hörte, in die Küche und holte sich anscheinend bloß ein Glas Wasser. Der Wasserhahn lief nämlich. Kurze Zeit später waren wieder diese schlurfenden Schritte auf dem Flur zu vernehmen und die Wohnzimmertür fiel ins Schloss. Ich wartete erst noch ein paar Momente, bevor ich wieder die Tür öffnete und durch den Spalt sah, ob irgendwer in der Nähe wäre. Aber nichts zu sehen. Bad war leer, Küche war leer und das Schlafzimmer meiner Eltern auch. Nur wieder das flackernde Fernsehbild war zu sehen. Vorsichtig und auf Zehenspitzen ging ich so schnell und leise wie möglich den Flur entlang bis zur Wohnungstür. Ich hielt in dieser Zeit wohl komplett den Atem an, um ja auch keine Geräusche zu machen. Schritt für Schritt kam ich der Haustür näher. Noch 2 Meter. Noch einen Meter und dann nur noch die Klinke hinunter drücken. Es gab ein kleines Klicken, als sich das Schloss öffnete, ich hatte schon Angst, einer von beiden hätte etwas hören können, aber nichts regte sich. Zum Glück. So leise wie möglich schlich ich auf den Hausflur und zog die Wohnungstür so leise wie möglich hinter mir ins Schloss. Ein kleines Knacken und wieder war die Angst da, irgendwer von beiden hätte dieses hören können. Deswegen lief ich so schnell wie möglich. Ich lief eigentlich gar nicht, ich sprang förmlich die Treppen hinunter und als ich endlich im Freien war, ging alles ganz schnell, ab in den kleinen Lupo und Kai gab Gas. Im Auto erzählte er mir dann wie es weitergehen werde. Während er unten im Auto warten musste, hatte er schnell noch wichtige Sachen in Bezug auf mich geklärt. So erzählte er, dass er jemanden beim Jugendamt angerufen hätte, der die rechtlichen Angelegenheiten für mich klären solle und vor allem hatte er ihn gebeten zwei Plätze in einer betreuten WG in Köln anzumelden und dieses so schnell wie möglich. Es dürfe keine Wartezeit dafür geben, es sollte alles so schnell wie möglich geschehen und anscheinend tat der dies auch ohne Widerrede. ‚Du wirst heute noch nach Köln fahren, so schnell wie möglich, damit du keine Angst mehr vor deinen Eltern und vor deinem Bruder haben musst', waren seine Worte. Aber vorher sollte ich erst noch zur Sparkasse und mein Konto und mein Sparbuch auflösen, damit meine Eltern keinen Einfluss auf meine Situation mehr haben werden. Da kramte ich dann erst mal meine ganzen Unterlagen dafür aus meiner Jackentasche hervor. Ich schlug mein Sparbuch auf und konnte kaum glauben, was da drinnen stand. Satte 25 000 DM hatten sich dort in den letzten Jahren angesammelt. War ja auch kein Wunder, jeden Pfennig, den ich verdiente, wurde von meinen Eltern aufs Sparbuch oder Konto gebracht. Ich sah nie etwas davon. Irgendwie war ich in diesem Moment auch glücklich darüber, so hatte ich wenigstens ein gutes Startgeld, um alleine zurecht zu kommen. Und dann natürlich noch die EC-Karte. Als ich dann meinen Kontoauszug davon aus dem Gerät nahm, wäre ich fast erneut auf den Rücken gefallen. Noch einmal fast 10 000 DM die sich dort angesammelt hatten. Doch es blieb eine Frage, wohin mit dem ganzen Geld? Alles auf einmal abheben ging nicht und wäre zu gefährlich. Ein neues Konto zu eröffnen, wäre auch zu langwierig gewesen. Blieb nur eine Möglichkeit offen, ich überwies mein gesamtes Geld auf das Konto von Kai und in ein paar Tagen, wenn ich endlich mein eigenes Konto in Köln haben werde, wird dieses Geld dorthin transferiert. Auf meinem Sparbuch und meinem Konto sind in diesem Moment noch genau 0,00 DM und das ist auch gut so. Natürlich, als mir Kai sagte, ich solle das gesamte Geld auf sein Konto überweisen, zuckte ich erst noch einen Moment zusammen, aber auch nur kurz. Dass er nur an mein Geld wolle, wäre wohl blöd gewesen. Er wusste bis zu diesem Moment ja gar nicht, wie viel ich überhaupt besaß und vor allem hatte er heute schon so viel für mich getan, dass ich ihm einfach vertraute und immer noch vertraue. Tja und nach der Bank wollten wir dann zu dir fahren und auf dem Weg haben wir dich dann noch aufgelesen. Man kann da auf alle Fälle zum Glück sagen. So und das war es. Das ist in der Zwischenzeit geschehen.« Aha sagt es da erst mal in mir selbst. Anscheinend bin ich noch nicht wirklich aufnahmefähig. Irgendwie habe ich etwas von Sachen packen, Köln und Flucht gehört, bloß bis ich dieses dann auch auf der Reihe hatte, dauerte es schon so einige Zeit. Maiks Finger streichen mir immer noch durchs Haar und ich liege immer noch vor ihm mit dem Kopf in seinem Schoß. »Und was wird dann aus uns?«, ist die erste Frage, die ich mir eigentlich innerlich stellen wollte, die dann aber anscheinend auch gleich über meine Lippen gekommen ist. »Ich würde mir wünschen, du kommst mit. Wenn du willst ist auch alles schon organisiert, so wie Kai sagt.« –»Und was ist, wenn ich nicht mitkommen kann?« – »Weswegen denn nicht?« – »Wegen dem Abi, so kurz vorm Schulende zu wechseln, wäre in diese Richtung ziemlich blöd.« – »Und wie willst du dann deine Leistungen bringen?« – »Wie meinst du das?« – »Na ganz einfach. Wie willst du hier noch frei leben können, wenn Mirko und seines «Freunde» dir immer wieder versuchen aufzulauern und immer wieder hinter dir herschleichen. Kai hat selber gesagt, dass es wohl auch das Beste für dich wäre, den Ort vorerst zu verlassen, diese Typen werden wohl erst mal keine Ruhe geben und schau dich jetzt an, was wird wohl noch alles passieren? Du bist jetzt schon fast von oben bis unten einbandagiert.«, versucht er mich anscheinend irgendwie zu überreden mitzukommen. »Ich höre hier aber immer nur Kai, Kai und nochmals Kai. Was soll das? Um wen geht es hierbei, um dich und mich oder um Kai?« – »Natürlich um dich und mich. Ich weiß auch nich.t«, wird er jetzt etwas leise und eine Träne rollt über sein Gesicht »Ich habe in den letzten Tagen meine ganze leibliche Familie verloren, was soll mich hier noch halten, nichts. Aber eins will ich nicht verlieren. Dich, du bist mir wichtiger, als irgendein Maik auf der Welt, als alles andere. Aber ich kann hier nicht bleiben. Dann habe ich weder dich noch mein Leben. Ich muss hier weg, aber ich möchte, dass du mitkommst. Ich liebe dich!« Vorsichtig richte ich mich wieder auf und ziehe Maik einfach ganz dicht an mich heran, so dicht, dass sich unsere Lippen finden und sich zu einem langen, erlösenden Kuss finden. »Das wollte ich bloß hören. Ich möchte, dass du willst, dass ich mitkomme, niemand anderes, du sollst es wollen, dann komm ich auch mit.« – »Klar will ich, du Idiot. Ich liebe dich doch!«, gibt er mir als Antwort mit einem kleinen Lächeln und sofort finden sich unsere Lippen wieder zu einem weiteren Kuss.

»Komm, lass uns herunter gehen. Die warten sicherlich schon auf uns?« Langsam und immer noch irgendwie auf schwachen Beinen torkeln wir runter zu meinen Eltern und Kai ins Wohnzimmer, die sich dort auch angestrengt unterhalten. »Hallo, da sind wir wieder!«, versuche ich doch irgendwie fröhlich zu wirken, aber es will nicht wirklich gelingen. »Hat dir Maik schon erzählt, was mit ihm jetzt geschieht?« – »Ja« – »Und was sagst du dazu?« Erst mal wandert mein Blick durch den Raum, er sucht meine Eltern, wie sie auf die Neuigkeiten reagieren. Meine Ma und mein Pa sitzen auf der Couch und schauen mich fragend an. In ihren Blicken ist nichts zu lesen, außer Spannung, aber nicht, welche Antwort sie von mir bevorzugen würden. »Was denkt ihr denn dazu?«, richte ich jetzt dann doch erst mal meine Frage ein meine Eltern. »Wir haben davon nichts zu halten. Es ist deine Entscheidung, nicht unsere. Du bist jetzt 18 und egal was du machst, wir stehen hinter dir.«, antwortet mein Pa als erster. »Wobei ich doch für einen Umzug wäre. Es ist hier einfach für dich zu gefährlich geworden. Du kannst ja nicht mal kurz aus der Haustür gucken, ohne Angst haben zu müssen, gleich einen Kopfschuss zu bekommen. Es fällt mir zwar schwer, sehr schwer sogar dich herzugeben. Aber ... es geht glaube ich nicht anders«, fährt meine Ma für meinen Pa fort. Während dieser Worte kullern ihr kleine Tränen über die Wange. Ihr fällt es schwer, mich loszulassen, aber sie weiß, dass es hier einfach keine Zukunft für mich gibt, egal ob mit oder ohne Maik. Ich muss hier einfach weg. »Hey Ma, komm schon, nicht weinen, ich bin ja nicht aus der Welt ... Hey nicht weinen!« So schnell wie möglich eile ich zu ihr und nehme sie erst mal in den Arm. Auch für sie ist die Situation einfach bloß beschissen. Keiner will den anderen verlieren, aber es ist unumgänglich. »Ich weiß, es ist einfach alles zu viel im Moment und ich weiß einfach nicht, wie es hier weitergehen soll ohne dich!« – »Hey, ich habe mich noch gar nicht entschieden!« – »Doch das hast du. In deinen Augen steht die Antwort, vielleicht nicht für jeden lesbar, aber für mich schon. Du willst mit ihm mit, mit nach Köln und von vorne anfangen.« Woher haben Mütter bloß diesen Instinkt, ich bin bloß ein Glashaus für sie, deren Kern sie immer ohne Problem erkennen kann, egal welche Stimmung ist. »Ich liebe dich Ma!« – »Ich dich auch ...« – »Entschuldigung, wenn ich jetzt unterbrechen muss, aber wir haben nicht wirklich viel Zeit«, meldet sich Kai wieder ins Geschehen zurück. So ungern ich es auch mache, aber ich muss mich jetzt erst mal von meiner Mutter wieder lösen und schaue dann erst mal fragend Kai an. »Ja du hast schon richtig gehört. In zwei Stunden geht euer Zug nach Köln und den müssen wir erreichen, damit ihr hier so schnell wie möglich rauskommt und es keine Probleme mehr mit Maiks Eltern gibt.« – »Schon in zwei Stunden?«, frage ich dann doch etwas perplex. So schnell hatte ich eigentlich nicht geplant. »Ja es geht leider nicht anders, es muss so schnell gehen wie möglich.« – »Ich muss doch aber noch so viel vorbeireiten. Papiere zusammensuchen, Sachen packen etc.« – »Keine Angst, deine Papiere hat schon deine Ma alle zusammengesucht und pack nur die nötigsten Sachen zusammen, es kann sowieso nicht alles auf einmal mit, der Rest wird nachgeschickt.« – »Aber ... Aber …« – »Nichts mit aber, mach dich an die Arbeit, du hast jetzt noch genau eine Stunde bevor wir zum Bahnhof losmüssen.« Erst einmal etwas erstaunt, stehe ich da wie eine Salzsäule. »Nu mach hin …«, kommt noch einmal der Nachdruck von meinem Pa. Erst als Maik mich bei der Hand nimmt und nach oben führt, kommt wieder Leben in meine Glieder, die wie eingerostet sind. Ich weiß im ersten Moment gar nicht wirklich wo ich anfangen soll. Klamotten, Schuhe, Büche ... Ach ja er hat gesagt nur das nötigste und das wären dann ja nur Klamotten. Den Rest können wir glaube ich auch nicht wirklich alleine alles Tragen. Ich wühle also alle meine Klamotten und Schuhe aus den Schränken und staple sie in kleinen Türmen auf dem Bett. Dann wird alles nach und nach in 3 großen Reisetaschen verstaut und pünktlich auf die Minute bin ich dann auch mit dem Packen fertig. Zum Glück geht mir Maik immer wieder zur Hand, ich glaube kaum, dass ich dies noch ohne seine Hilfe geschafft habe. Irgendwie will ich nicht mehr zu mir finden, einfach alles zu viel, ich kann nicht mehr, ich muss aber, es gibt kein wollen, ich muss. »So alles fertig?«, streckt dann meine Ma ihren Kopf in die Zimmertür. »Ja, soweit ich weiß, können wir los.« – »Nicht ganz. Hier sind noch deine Papiere, alle geordnet. Hier ist dann noch etwas Geld für die Fahrt und die ersten Tage unten, damit ihr über die Runden kommt.«, sagt mir meine Ma und gibt mir einen Ordner mit Geburtsurkunde, Krankenkassenunterlagen, Ausweis und allem und zusätzlich drückt sie mir noch 500 DM in die Hand. »Aber Ma …« – »Kein Aber, nimm es. Es ist eine gute Investition in euch beide.« – »Danke du bist die beste.« – »Und du bist der beste Sohn den man sich wünschen kann.« Und erst mal beginnt wieder eine Umarmungsorgie. Ich bin so dankbar, solche Eltern zu haben. Was Maik zu wenig hat, habe ich zu viel. »Danke für alles!« Und dann bleibt auch keine Zeit mehr, denn von unten kommen schon die ersten nervösen Rufe, dass wir los müssten, um unseren Zug zu erwischen. Schnell ziehen Maik und ich uns an und tragen erst mal unsere Taschen zum Auto, alle anderen kommen uns hinterher. »So ich glaube hier trennen sich nun unsere Wege.«, fängt plötzlich Kai an. »Wieso?« – »Weil ich nicht mehr mit zum Bahnhof kann. Ich habe noch so einiges zu klären, bevor ihr unten in Köln ankommt.« Ein betretendes Schweigen setzt ein, bevor Kai wieder weitererzählt. »Hier sind eure Tickets für den Zug und euer Fahrplan. Ihr werdet gegen etwa 0:00 in Köln ankommen. Dort wird dann ein Mann am Ausgang auf euch warten. Ich hab ihm deine Handynummer gegeben. Er wird sich dann mit euch in Kontakt setzten. Er heißt Daniel und ist vom Jugendamt. Er wird euch dann letztendlich in die WG bringen, in der ihr die nächste Zeit wohnen werdet und er wird euch auch dort betreuen, mit allem was ihr so wissen müsst. So jetzt müsst ihr aber los. Also viel Glück euch beiden!« – »Ich hätte da noch eine oder auch zwei Fragen: Wieso machen sie dies alles für uns und vor allem haben sie nicht Maiks Eltern versprochen ihn heil nach Hause zu bringen?« – »Warum? Weiß ich auch nicht. Ich bin damals Lehrer geworden, um Jugendlichen zu helfen. Ihnen für ihr späteres Leben weiterzuhelfen und das ist es eigentlich auch, was ich mit euch mache. Lehrer heißt oftmals nicht nur, trocken Wissen zu vermitteln, sondern auch Ansprechpartner für Schüler zu sein, die Probleme daheim haben und da helfe ich dann natürlich. Und löse ich mein Versprechen nicht ein? Ich habe gesagt, ich werde ihn nach Hause bringen. Zu Hause ist dort, wo seine Freunde sind, denn sie sind nur noch seine Familie und die leben in Köln. Der Rest interessiert nicht mehr, sie haben gezeigt, dass sie es nicht wert sind, auch nur die Bezeichnung Familie zu tragen. So jetzt beeilt euch aber, ihr habt nur noch 45 Minuten bis der Zug fährt.« – »Ja danke für alles, wir sind dir ewig zu Dank verpflichtet.« – »Nichts zu danken, bleibt einfach so wie ihr im Moment seid und helft anderen genauso wie ich auch, wenn ihr irgendwo auf jemanden trefft, der Hilfe braucht. Dann habt ihr mir schon genug getan, dann war die Arbeit nicht umsonst.«, antwortet er uns und lächelt uns noch einmal aufmunternd zu. »Danke.«, kommt es nun fast gleichzeitig über Maiks und meine Lippen. »So jetzt aber los.«, und wie immer in seiner Art schiebt er uns ins Auto. Mein Vater fährt an und Kai winkt uns hinterher. Danke für alles.

Etwa 35 Minuten später stehen wir auf dem Bahnhof, vor unserem Zug, der schon auf die Abfahrt wartet. »Macht es gut ihr beiden, wir werden euch vermissen und vor allem meldet euch, wenn ihr da seid, egal wie spät es ist.« – »Ja machen wir, ich hab euch lieb.« – »Wir euch auch.« Als Maik das euch hört, kommt ein großes Lächeln auf sein Gesicht, ein Lächeln, was ich noch nie zuvor gesehen habe. Es scheint, als wenn er das erste Mal seit langem so etwas wie familiäre Liebe spürt und die auch dankend annimmt. Wortlos nehmen wir unsere Reisetaschen und steigen in unsere Bahn. Die schmalen Gänge entlang, bis wir zu einem freien Abteil gelangen. Meine Eltern folgen uns währenddessen immer entlang der Fenster. Unsere Reisetaschen in der Gepäckablage und auf dem gegenüberliegenden Sitz verstaut, lassen wir uns auf unsere Sitze fallen. Meine Ma und mein Dad schauen uns die ganze Zeit durch die Fester an. Mein Dad hält sie die ganze Zeit fest im Arm. Sie steht auf ziemlich wackligen Beinen und auch über ihre Wange kullert eine Träne. »Achtung an den Türen, sie schließen selbstständig. Der Zug fährt ab.« Mit einem kleinen Ruck setzt sich der Zug langsam und gemächlich in Bewegung. Meine Ma beginnt jetzt noch einmal uns zu winken, solange wir noch in ihrer Sichtweite sind und über ihre Wangen kullern jetzt noch mehr Tränen. Vorsichtig hält mein Dad sie im Arm und versucht sie zu beruhigen. Ein ganz dicker Klos setzt sich mir in den Hals und fast hätte ich wieder angefangen zu weinen.

Draußen ist es jetzt schon fast Dunkel. Die ersten Dicken Tropfen platschen gegen die Scheiben, als wir den Bahnhof verlassen und fließen in kleinen dünnen Rinnsalen die Scheibe entlang. Der Himmel ist grau, trüb, wolkenverhangen. Nirgends ist eine Lücke zwischen den Wolken zu sehen. Kein einziger Sonnenstrahl mehr, der Sommer und unsere Kindheit sind vorbei. In der Umgehung gehen jetzt die ersten Straßenlaternen an, um in diesem Grau wenigstens noch etwas Licht zu spenden. Das Heulen des Windes dringt trotz der Fahrtgeräusche des Zuges bis zu uns durch. Die monotonen Geräusche des Zuges und die vorbeihuschende Dunkelheit vermitteln ein komische Atmosphäre. Maik sitzt neben mir und hat sich nahezu in mich eingegraben. Mein Arm liegt um seine Hüfte und er hat seinen Kopf auf meine Schulter gelegt. Er hält die Augen geschlossen und genießt einfach nur die Wärme und Geborgenheit. Erst jetzt wird mir die Tragweite des ganzen klar. Ich bin jetzt weg von zu Hause, weg für immer und es gibt keine Umkehr mehr. Meine Kindheit ist vorbei, jetzt beginnt erst der Ernst, jetzt muss ich für mich selber und vor allem für Maik sorgen. Nicht mehr sagen, ach mach ich morgen. Jetzt bin ich dafür verantwortlich und kann die Verantwortung einfach auf andere abwälzen. Plötzlich geht die Abteiltür auf und eine Schaffnerin schaut herein. »Fahrkarten bitte.........

......... Es ist jetzt kurz vor 0:00. Der ICE von Hamburg nach Bonn fährt gleich in Köln ein. Maik sitzt neben mir und hat seinen Kopf auf meine Schulter gelegt und atmet gleichmäßig und sanft, er schläft. »Hey Kleiner. Aufwachen! Wir sind gleich da.« Langsam und nur wiederwillig öffnet er die Augen und schaut mich verschlafen an. »Was schon da?« – »Jep, gleich müssen wir raus.« Langsam rollt der Zug über die Hohenzollern-Brücke und hält kurz dahinter im Hauptbahnhof. Draußen ist es jetzt dunkel und kalt. Wir schnappen uns unsere Reisetaschen und steigen erst mal aus dem Zug aus. Die Bahnhofshalle ist stark erhellt und überall huschen noch ein paar Menschen umher, um ihre Züge zu erwischen. Ein paar Momente später klingelt mein Handy. »Hallo?« – »Hallo Gregor? Seid ihr schon angekommen?« – »Ja, mit wem spreche ich denn hier?« – »Hier ist Daniel, euer zukünftiger Betreuer.« – »Ah hallo, ja wir stehen jetzt noch am Gleis.« – »Ok dann kommt einfach zum Reisezentrum der Bahn, da treffen wir uns dann, alles weitere später«, und schon hatte er aufgelegt. Keine zwei Minuten später erreichen Maik und ich dann schließlich vollbepackt das Reisezentrum. Davor stehen nur zwei Männer um die 21 und schauen uns neugierig an.

Einer von beiden kommt dann schließlich auf uns zu und streckt uns die Hand entgegen.

»Hallo. Ihr seid dann wohl Maik und Gregor.« – »Richtig. Hallo. Also dass hier ist Maik und ich bin dann wohl nur noch Gregor.« – »Tja, ich bin Daniel und das hier ist mein Freund Tom. Gebt uns mal ein paar Reisetaschen ab, ihr könnt ja fast kaum noch gehen.« Und ein paar Momente später halten Tom und Daniel auch schon jeweils zwei Reisetaschen in der Hans. »So wir müssen jetzt zum Auto einfach mir nach.« .........

...... »So und das ist jetzt euer Reich.«, öffnet Daniel jetzt eine Tür und stellt erst mal unsere Reisetaschen darin ab. »Und wer wohnt hier sonst noch?«, kommt die Frage erst mal von mir.

»Nur noch Daniel und ich, wir schlafen in dem Zimmer gegenüber.« – »Ich dachte das wäre eine betreute WG? Aber nur wir beide und der Betreuer?«, frage ich dann erst mal nach. »Tja nicht nur du, auch Tom. Jeder von uns hat so seine Erlebnisse. Ich selber bin auch vor Jahren hier einmal hergekommen, weil ich Probleme hatte. Heute bin ich der Betreuer, na ja und wenn immer so süße Kerlchen wie Tom hier ankommen, wie soll man sich da noch zurückhalten. Es war auf jeden Fall so, dass Tom auch vor etwa einem Jahr hier angekommen ist und wir uns dann halt ineinander verliebt haben. Letzte Woche sind hier die letzten ausgezogen, um ein eigenes Leben führen zu wollen und jetzt seid ihr da und müsst mit uns beiden vorlieb nehmen.« – »Entschuldigung, das war nicht böse gemeint, aber ...« – »Keine Angst, hab ich auch nicht so aufgenommen, Kai hat mir schon so einiges von euch erzählt, ihr müsst hier jetzt keinen Seelenstrip hinlegen. Zumindest nicht jetzt. Morgen früh vielleicht. Ich glaube euer Tag war mehr als anstrengend, ein Wunder, dass ihr euch überhaupt noch auf den Beinen halten könnt. Schlaft euch erst mal aus und dann sehen wir weiter.«, unterbricht mich Daniel mit einem aufmunternden Lächeln. Als ich in einen Spiegel blicke, sehe ich zum ersten Mal wie mitgenommen ich doch wirke und auch in meine Glieder fährt jetzt die Müdigkeit und allmählich wird mir wirklich klar, wenn jetzt keine Pause kommt, dann klapp ich noch zusammen. Maik sieht nicht viel besser aus, er sitzt auf der Bettkante und starrt in den Raum.

»So dann schlaft mal schön ihr beiden. Gute Nacht!« – »Danke euch beiden auch, schlaft schön.«, schaffe ich noch zu antworten, bevor die Tür hinter den beiden ins Schloss fällt. Schnell entledigen wir uns beiden der Klamotten und fallen bloß noch todmüde ins Bett, ganz eng aneinander gekuschelt dauert es auch nicht lange bis wir eingeschlafen sind .....

Der Himmel ist grau und wolkenverhangen. Kleine Wassertropfen prasseln gegen die Fensterscheiben. In meinem Arm liegt etwas warmes, etwas zerbrechliches, etwas wunderschönes. Es ist Maik. Er schläft und hat sich wie ein kleines Kind ganz nah an mich heran gekuschelt. Der Raum ist nur mäßig eingerichtet. In der Mitte steht ein großes Bett, in dem wir beide liegen. Rechts an der Wand ist ein großer Kleiderschrank, unter dem Fenster steht eine kleine Musikanlage, an der Wand sind ein paar Regale, in denen nur ein paar CDs und Bücher stehen, der Boden ist mit einer grauen Auslegeware bedeckt und in einer Ecke steht ein kleiner Tisch mit zwei Stühlen. An einer Wand ist ein Fenster, durch das der graue Himmel nur mäßig Licht spendet und gegen das auch die Regentropfen fallen. Zwei Türen führen aus dem Raum hinaus, eine davon führt in ein Bad und die andere auf einen Flur. Ich stehe vorsichtig auf, um Maik nicht zu wecken und tapse zum Fenster hinüber. Als ich hinausblicke sehe ich eine große Stadt vor mir. Unter uns fahren über einige breite Straßen Massen von Autos entlang. Aber es ist kein Lärm zu hören, er dringt nicht bis zu uns in dieses Zimmer. Plötzlich schlingen sich zwei Arme von hinten um mich und ziehen mich ganz eng an. Es ist Maik der sich von hinten herangeschlichen hat und mich einfach nur festhält. Für mich ist es einfach immer noch etwas viel zu verstehen, dass ich jetzt wirklich in Köln bin und nicht mehr träume. »Da sind wir!«, kommt es nur von Maik. Er dreht mich zu sich um und gibt mir einen langen, erlösenden Kuss. »Das schaffen wir schon, keine Angst, wir halten zusammen.«, und wieder verwöhnen sich unsere Lippen gegenseitig. Köln hier sind wir.

Ende

Nachwort

So. Wie Peter schon einmal gesagt hat. Jede Story muss irgendwann einmal enden. Und so ist es jetzt auch mit dieser. Maik und Gregor sind in Köln und versuchen ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen. Wie? Strengt mal euren Kopf an, man muss nicht immer alles erzählen, man kann auch mal selber phantasieren. Wer mir schreiben möchte kann dies gerne tun und so seine Kritik. Es wird auf jeden Fall weiterhin neue Geschichten geben, also freut euch drauf. Bis dann und noch viel Spaß an dieser Seite.

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