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Das Weihnachtsgeschenk
Weihnachtschallenge 2008
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Informationen
- Story: Das Weihnachtsgeschenk
- Autor: Conary Mor
- Die Story gehört zu folgenden Genre: Weihnachten, Challenge
Mir wurde schon wieder richtig heiß und das blaue, kühle Meer lockte. Begeistert lief ich die paar Schritte durch den Sand und spürte alsbald, wie das Wasser an meinen Beinen hochstieg. Mit einem Aufjuchzen warf ich mich hinein und schwamm mit kräftigen Zügen hinaus. Es tat so gut, diese Kühle war einmalig. Immer wieder tauchte ich ein und kraulte ein bisschen, dann wieder ließ ich mich auf dem Rücken treiben, um mich gleich darauf wieder herumzuwerfen und einzutauchen in die Wellen.
Als ich wieder einmal mit dem Kopf hochkam, schien es mir, als hätte jemand meinen Namen gerufen. Ich blickte mich um und sah fern am Strand meinen Onkel und die Tante heftig winken, während mein Schatz hüfthoch im Wasser stand, beide Arme nach mir reckte und meinen Namen rief. Erstaunlich, dass ich das trotz dieser Entfernung hören konnte. Entfernung? Erschrocken blickte ich mich um…Himmel, ich war wirklich sehr weit vom Ufer abgekommen. Es war wohl besser, zurück zu kehren. Entschlossen drehte ich mich um und schwamm dem Ufer entgegen. Es ging so mühselig. Trotz kräftiger Züge hatte ich das Gefühl, nicht wirklich vorwärts zu kommen, und wenn ich mal kurz innehielt, sog das Meer gleich an mir und trieb mich wieder hinaus. So langsam wurde mir doch mulmig zu mute, und ich verdoppelte meine Anstrengung. Leider war das leichter gesagt, als getan, denn allmählich ließen meine Kräfte spürbar nach.
"Nicht aufgeben, Kleiner, nicht aufgeben! Komm zu mir zurück, hörst du? Du musst zu mir zurückkommen, du musst es wollen! Schau mich an, bitte, schau mich doch an! "
Ich hörte seine Worte genau, obwohl mir das Blut in den Ohren rauschte und ich das Gefühl hatte, mein Kopf müsse platzen. Warum kam er nicht her, um mir zu helfen? Blödsinn, dann würde er auch nur rausgetrieben, der perfekte Schwimmer war er nicht.
Ich strengte mich ja an, aber das Meer schien stärker zu sein, und wenn ich meinem erschöpften Körper einen Moment Ruhe gönnte, mich das Meer wieder hinauszog, so überkam mich auch eine erfüllte Ruhe….es war so schön, sich in dieser Kühle einfach treiben zu lassen…egal, wohin, egal, was würde…ich war so erschöpft und so unendlich müde….
Es hatte alles so schön begonnen.
Mit dem Leihwagen war ich in die Straße eingebogen, in der Onkel und Tante nun ihr neues Haus hatten. Donnerwetter, war das ein Haus! Erstaunt blickte ich mich um, stieg zögernd aus und ging langsam zur Haustür. War ich hier richtig? Doch ja, da stand ja der Name "Heinz und Agathe Bauer"
Nun, ich wusste ja, dass sie kräftig gespart hatten, um sich im Alter im Süden ein eigenes hübsches Häuschen zu kaufen, aber das hier war schon eher eine Villa. Ich klingelte und schon wurde die Haustür aufgerissen, Tante Agathe stand nur kurz vor mir, dann hing sie mir am Hals.
"Ach mein Jungchen, wie schön, dass du da bist! Nun werden wir uns um dich kümmern, es wird schon alles gut werden." Ein paar Tränen liefen ihr die Wange runter und bevor ich fragen konnte, was denn gut werden sollte, hörte ich die sonore Stimme meines Onkels:" Agathe, nun lass mal gut sein, du verwirrst den Jungen ja völlig. Herzlich willkommen, mein Junge, wir freuen uns, dass du hier bist. Das wird ein schönes Weihnachtsfest werden, sind wir doch alle mal wieder zusammen. Ist lange her."
Damit hatte er wohl recht. Ich war nach dem Tod meiner Eltern bei ihnen aufgewachsen, sie hatten mir ein liebevolles Zuhause geboten. Und als ich ihnen sehr viel später eröffnete, dass ich schwul sei, schauten sie zwar erst, als käme ich von einem anderen Stern, aber dann schluckten sie einmal kräftig und sorgten 2 Jahre später dafür, dass ich zu Beginn des Studiums gleich mit meinem Schatz zusammen ziehen konnte.
Natürlich besuchte ich sie häufig, aber man weiß ja, wie es ist. Und nun waren sie hier in den Süden gezogen und ich wollte mit ihnen Weihnachten feiern. Mein Schatz war zu seinen Eltern gefahren, Silvester wollte er nachkommen.
Diese Hitze! Mir lief der Schweiß in Bächen runter, und ich trank das Glas Wasser, das Tante Agathe mir hinhielt, in wenigen Zügen gleich aus.
"Komm, ich zeige dir dein Zimmer." Onkel Heinz ging vor mir die Treppe rauf und brachte mich in ein Gästezimmer. Wow! Das sah ja toll aus. Staunend drehte ich mich um mich selbst und musste mich gleich mal am Bett festhalten, mir wurde doch glatt schwindelig. Es würde wohl noch eine Weile dauern, bis ich mich akklimatisiert hatte.
Nachdem die beiden mir das ganze Haus gezeigt hatten samt Garten und Swimming Pool schickten sie mich hoch, damit ich mich ein wenig hinlegen und ausruhen konnte. Zuerst wollte ich über diesen besorgten Rat leicht schmunzelnd hinweggehen, aber bei näherem Nachdenken hatte die Idee durchaus was. Diese Hitze war doch sehr gewöhnungsbedürftig. Ich machte mich auf dem Bett lang und muss sofort eingeschlafen sein. Als ich erwachte, war es schon dunkel. Noch leicht benommen, wankte ich ins Bad und genehmigte mir eine kühle Dusche. Das tat gut.
Mit frischen Klamotten und leicht abgekühlt ging ich nach unten, wo mich ein herrlicher Duft erwartete
" Mensch, Tantchen, das ist ja Sauerbraten! Und die Klöße auch dazu, Mensch, wie hast du das denn hier aufgetrieben!" Begeistert schloss ich sie in die Arme und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn.
"Sag nicht immer 'Mensch', lass mich los und deck den Tisch." Energisch aber mit breitem Grinsen zeigte sie mir in der Küche, wo ich alles finden konnte. Mein Magen knurrte schon laut und unverschämt. Wann hatte ich das letzte Mal was gegessen? Fiel mir grad nicht ein, war auch egal, jetzt gab es ja die ganzen Köstlichkeiten.
Als wir am Tisch saßen und Tante Agathe den herrlich duftenden Sauerbraten samt Soße und Klößen auf meinen Teller gehievt hatte, saß ich davor und stocherte nur drin rum, kaute mit langen Zähnen auf einem Stückchen Fleisch herum, versuchte mühsam, ein Stückchen Kloß in meinen Magen zu befördern…mit einem Wort: mir war eigentlich nur noch schlecht.
"Jungchen, was ist denn los?"
Besorgt schaute Tantchen mich an. Leider konnte ich es ihr auch nicht erklären, hatte ich doch eben noch voller Heißhunger mich auf das Essen gefreut.
"Pass auf, Junge, leg Dich einfach wieder hin. Die lange Reise und diese Wärme hier…die machen einem zunächst ganz schön zu schaffen, immerhin kommst du grad aus dem Winter."
Mit diesen Worten zog mein Onkel meinen Stuhl zurück, schnappte mich am Arm und brachte mich wieder nach oben. Dankbar ließ ich mich auf das Bett sinken. Die Bettwäsche fühlte sich so schön kühl an. Onkel zog mich noch mal hoch und half mir, einen kurzen Schlafanzug anzuziehen, dann deckte er mich leicht zu und verschwand.
Richtig albern kam ich mir vor. Was war denn nur los mit mir? Hatte mich die Reise samt Hitze wirklich dermaßen aus der Bahn werfen können? Nun ja, musste ja, eine andere Erklärung hatte ich auch nicht.
Dabei hatte ich mich so auf diese Reise gefreut. Hatte ich? Irgendwie konnte ich mich nicht so erinnern. Wie lange war ich eigentlich unterwegs gewesen? Ich erinnerte mich noch, wie ich, natürlich in letzter Minute, die Geschenke für Onkel und Tante gekauft hatte. Wo hatte ich die jetzt hingepackt? Ich hatte doch meine Koffer ausgepackt oder nicht? Doch, hatte ich, aber wo waren die Geschenke? Himmel, morgen war Heilig Abend, die hatte ich doch wohl nicht vergessen?
Über diesen trüben Gedanken schlief ich ein. Ein paar Mal wachte ich auf, mir war es viel zu warm, diese Hitze war mörderisch.
Als ich wieder einmal aufwachte, fühlte ich mich erfrischend kühl an. Kühles klares Wasser auf meinem Körper, ich grunzte wohlig, bevor ich endgültig die Augen aufschlug. Hallo? Meine Tante saß mit sorgenvoller Miene an meinem Bett und wusch mich sanft mit kaltem Wasser ab!
"Tantchen, entschuldige, aber das geht zu weit!" Empört setzte ich mich im Bett auf, um mich sofort wieder zurück sinken zu lassen, mir war voll schwindelig! Verdammt, irgendwas musste mich aber ganz unangenehm erwischt haben, irgendein Virus oder ähnliches, das musste doch jetzt nicht sein.
"Morgen wird es dir besser gehen, Jungchen, ganz bestimmt, schlaf jetzt einfach weiter."
Sie hatte noch nicht ganz zu Ende gesprochen, da war ich auch schon wieder weg.
Aber sie hatte recht, am nächsten Morgen fühlte ich mich echt schon besser, sogar das Frühstück schmeckte mir.
"Was haben wir denn heute vor?" Gespannt blickte ich die beiden an.
"Nun, es gibt heute Abend eine tolle Überraschung für dich," schmunzelte mein Onkel und blickte geheimnisvoll zum Tantchen hinüber. " Dreh eine Runde im Pool, pack dich in den Garten, ruh dich aus, wir sagen dir Bescheid, wenn es losgeht."
Ungeduldig wie ein kleines Kind zu Weihnachten versuchte ich, vom Liegestuhl aus die Aktivitäten zu verfolgen, aber ich konnte nichts Genaues erkennen außer dem ständigen Hin- und Herlaufen der beiden.
Immer wieder drehte ich eine Runde im Pool, so ein Ding ist ja ein Segen für die Menschheit, jedenfalls bei solchen Temperaturen. Mir war einfach nur heiß! Weihnachtsstimmung kam nun überhaupt nicht auf.
Apropos Weihnachtsstimmung... Wo waren denn nun die Geschenke für die beiden? Ich lief ins Haus und ging oben in mein Zimmer. Merkwürdig…ratlos drehte ich mich um mich selbst, das Zimmer sah so unbewohnt aus. Wo waren meine Sachen?
"Tante Agathe, hast du mich in eine anderes Zimmer verfrachtet?....Tante Agathe?"
Nervös lief ich die Treppe runter, hatte ich die beiden doch eben noch gehört. Aber niemand war da. "Onkel? Wo seid Ihr?"
Ich lief in den Garten, von dort aus zur Einfahrt vorne, Panik kam in mir hoch, was war hier los?
In dem Moment öffnete sich die Haustür und der Onkel fragte mich:" Junge, was brüllst du hier eigentlich so rum?"
Erleichtert schaute ich ihn an: "Ich hatte euch gesucht, ihr wart nicht da, wo wart ihr denn?"
"Junge, wir waren die ganze Zeit hier, was ist denn los?"
"Meine Sachen sind verschwunden, habt ihr mich in ein anderes Zimmer gesteckt? Und warum?"
"Bitte?" Verwundert schaute der Onkel mich an und drehte sich in Richtung Treppe. Schnell lief ich ihm nach bis in mein Zimmer. Verdammt, was war das? Es sah aus wie sonst auch, mein Bett war noch zerwühlt, mein Schlafanzug lag davor auf dem Boden…..ich war fassungslos. "Träumst du jetzt schon am helllichten Tag, Junge?" Mit einem leicht besorgten Blick musterte mich der Onkel. Ich fuhr mir mit der Hand über die Stirn und bemühte mich um ein Lächeln.
"Entschuldige, habe wohl echt geträumt."
Verwirrt ging ich wieder nach unten und verzog mich in den Liegestuhl. Himmel, was war nur mit mir los, das konnte doch alles nicht mehr am Jetlag liegen.
Endlich riefen Onkel und Tante mich zu sich. "So, es geht los. Auf zum Strand."
"Zum Strand? Jetzt? Ich denke, wir feiern hier zu Hause Weihnachten."
"Nö, Junge, das werden wir nicht tun, hier ist alles ein bisschen anders," lachte mein Onkel und stapfte schon voraus. Mit geheimnisvoller Miene guckte Tantchen mich an und gab mir einen Schubs:" Nun mal los, wir kommen sonst zu spät."
Brav marschierte ich also mit den beiden mit. Es war nicht weit bis zum Strand, den ich mir mit Staunen ansah: viele Menschen saßen dort oder spielten Ball, ein großer Grill war an, es roch verführerisch und nee, ich traute meinen Augen nicht: da hatten sie doch tatsächlich einen Tannenbaum in den Sand gerammt und den total bunt geschmückt. Ich konnte mich nur noch ausschütten vor Lachen, es sah einfach albern aus: bei 30 Grad Hitze ein Weihnachtsbaum im Sand, es war zu schön. Bunte Kugeln glitzerten im Sonnenschein, der ganze Baum war überladen bunt, aber irgendwie hatte es ja was.
"Alles unsere neuen Nachbarn, sie haben mit uns diese Strandparty geplant, obwohl ja erst morgen hier richtig Weihnachten beginnt. Ist das nicht toll? Sie wollten uns das Einleben hier erleichtern und richtig feiern."
"Donnerwetter, ja, die Überraschung ist euch gelungen." Ich konnte endlich aufhören zu lachen, und freute mich einfach mit den beiden, die so nette Menschen hier kennengelernt hatten.
"Aber nein, das ist doch noch gar nicht die Überraschung," dröhnte die Stimme meines Onkels ,"die kommt doch erst noch!"
Nun gut, dann blieb mir nichts anderes übrig, als zu warten. Ich setzte mich auf unsere Decke, holte mir auch mal was vom Grill, aber ich bekam fast nichts runter, mein Hunger war gegen Null geschrumpft.
Plötzlich hörte ich ein mächtiges Gehupe. Wie alle anderen stand ich auf und schaute den Strand entlang. Ein pinkfarbenes Cabrio fuhr langsam auf uns zu: da saß doch tatsächlich ein "Weihnachtsmann" drin und winkte allen zu. Himmel, wo war ich hier gelandet, aber bevor ich eine überflüssige Bemerkung machen konnte, fiel mein Blick auf Tantchen und Onkel, die ganz gerührt Hand in Hand dem Weihnachtsmann entgegen blickten, der nun ausstieg und einen großen Sack aus dem Auto hievte. Geschenke, du meine Güte, musste ich jetzt auch noch ein Gedicht aufsagen? In mir kam schon wieder das Lachen hoch, welches mir aber prompt im Halse stecken blieb, als der Weihnachtsmann aus dem Jutesack eine Gitarre holte, sie anschlug und ein Lied anstimmte.
"Meine Augen suchen Wasser in der Wüste
Meine Füße tragen lange schon den Durst
Ich bin gefallen und blieb liegen,
Stand auf und wollte siegen,
Denn ich schmeck, das Meer ist nicht mehr weit."
Hallo? Diese Stimme kannte ich doch? Und das Lied, dieses Lied….das war doch UNSER Lied…
"Es ist schwer, die Spur im Sand zu finden,
Denn Staub und Sturm stehlen mir die Sicht,
Doch wie ein warmer Sommerregen regnest du auf mein Leben,
Wie ein Heer aus Tropfen auf den heissen Stein,
Und wir war'n Unendlich
Und das Wasser legte sich auf unsere Haut
Um uns alles vergänglich
Das behalten wir für uns
Und den Tag tragen wir bis ins Grab!"
(Silbermond – Unendlich * )
Sollte es etwa…das gab es doch nicht…
"Nun guck nicht so geisteskrank, lauf schon zu ihm," giggelte mein Onkel und das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Mit einem Indianergeheule rannte ich auf meinen Schatz zu, der die Gitarre fallen ließ und mich auffing. Unter dem Gejohle der anderen gaben wir uns einen dicken Kuss! Ich konnte es immer noch nicht fassen, mein Schatz zu Weihnachten doch hier bei mir!
"Liebling, deswegen musst du aber nicht gleich heulen." Energisch wischte ich meinem Schatz die Tränen aus den Augen, obwohl ich selber auch total gerührt war, mein Gesicht war auch nass….aber nein, das waren keine Tränen, mir lief mal wieder der Schweiß nur so in Strömen aus den Haaren.
Mir wurde schon wieder richtig heiß und das blaue, kühle Meer lockte…………….
"Neeeeiiiiinnnn…!" Der verzweifelte Schrei meines Liebsten riss mich aus meiner Lethargie. Nein, nein, ich durfte nicht aufgeben, ich durfte einfach nicht!
Mühevoll fixierte ich mit den Augen genau seine Gestalt und konzentrierte mich nur darauf….mit den Armen das Wasser teilen, mit den Beinen kräftig abstoßen, dann wieder kurz kraulen, erneut mit dem Blick seine Gestalt fixieren, weiter schwimmen, nicht nachlassen, tief Luft holen und noch einen kräftigen Zug…immer näher kam ich ihm, mein Blick verschwamm, ich war am Ende meiner Kraft. Aber der Sog des Meeres hatte spürbar nachgelassen, ich war dem Strand nahe…da spürte ich seine Arme. Er stand jetzt bis zum Oberkörper im Wasser, hielt mich fest und gemeinsam kämpften wir uns die letzten paar Meter bis zum Sand, in den wir uns fallen ließen.
"Ich habe dich wieder….", das waren die letzten Worte, die ich noch hörte, darauf wurde ich ohnmächtig.
Als ich wieder zu mir kam, lag ich im Bett, mein Schatz saß am Bettrand und lächelte auf mich hinunter, Tante Agathe kam aufgeregt auf mich zu:
"Kind, Kind, da bist du ja wieder!" Sie setzte sich ebenfalls auf die Bettkante und die Tränen rollten ihr nur so über die Wange. In der Nähe saß auf einem Stuhl mein Onkel, der mit dem scheuen Versuch eines Lächelns zu mir rüber nickte:" Gut, sehr gut, es scheint dir besser zu gehen, wie fühlst du dich?"
Meine Stimme schien mir nicht so richtig zu gehorchen, es kam nur ein Krächzen raus…ich räusperte mich und fragte leise:" Ich weiß nicht so genau….was ist denn passiert?"
"Du warst sehr weit weg, mein Liebling, und ich hatte fürchterliche Angst um dich, aber nun wird alles gut, nicht nachdenken, schlaf noch ein wenig."
Ja, der Gedanke war gut, ich fühlte mich immer noch total groggy. Gähnend blickte ich mich um: mein Schatz und Tante Agathe an meinem Bett, der Onkel auf dem Stuhl, meine alte Tapete an der Wand…Hallo? Meine alte Tapete? Moment mal, ein Ruck ging durch meinen Körper…wo war ich denn?
"Schschsch…ganz ruhig, nicht überlegen, es ist alles gut, einfach nur schlafen." Die Worte meiner Tante kamen schon von weit her, dann war ich wieder eingeschlafen.
Als ich das nächste Mal aufwachte, fühlte ich mich noch benommen, aber insgesamt besser. Draußen war es wohl inzwischen dunkel, meine Nachttischlampe brannte, Onkel und Tante waren nicht da, mein Schatz saß im Schaukelstuhl und war eingenickt. Lächelnd betrachtete ich ihn und schaute mich dann in meinem Zimmer um, jawohl, in meinem Zimmer. Ich lag in meinem alten Zimmer, im alten Haus von Onkel und Tante, in meinem alten Bett, mein alter Schrank dort an der Wand, meine Poster, der wackelige Teetisch neben meinem Bett mit einer Schüssel voller Wasser, einem Waschlappen, viele Handtücher und noch mehr Medizinfläschchen.
Ich räusperte mich leicht, sofort schlug mein Schatz die Augen auf, kam an mein Bett und griff nach meiner Hand.
"Wie geht es dir?" Er fühlte meine Stirn und setzte mir dann einen Becher an die Lippen.
"Komm, trink, du brauchst die Flüssigkeit."
Nach einem Schluck überkam mich ein Hustenreiz, der mich schüttelte.
Als ich wieder Luft bekam, fragte ich: "Himmel, was ist denn los? Habe ich soviel Wasser geschluckt?"
"Wasser?" Tante Agathe kam mit einem Teller in der Hand ins Zimmer. "Hast du dich eben am Tee verschluckt?"
Sie setzte sich auf die andere Seite des Bettes und wollte mich..FÜTTERN!
"Tante Agathe, könntest du das bitte lassen? Ich bin doch kein kleines Kind mehr und überhaupt…"
"Oh doch, mein Kleiner, du hast dich benommen wie ein kleines Kind, der Phil hat mir erzählt, dass du ohne Schal und nur in der dünnen Jacke immer zur Uni gegangen bist und als der Husten anfing, hast du gebockt wie ein kleines Kind, als er dich bat, zum Arzt zu gehen, aber nein, der Herr meinte ja immer, er hätte keine Zeit und…"
"Agathe, nun lass mal gut sein, Vorwürfe bringen jetzt auch nichts mehr."
Energisch zog mein Onkel, der gerade ins Zimmer gekommen war, meine Tante vom Bett hoch und schloss sie in die Arme.
Fragend sah ich meinen Schatz an.
"Liebling, als wir herkamen, um hier Weihnachten zu feiern, hattest du einen bösen Husten, der sich ganz schnell in eine schlimme Lungenentzündung verwandelte und dann hat dich das irre hohe Fieber beinahe umgebracht. Um ein Haar hätte ich dich verloren, es war so grausam! Immer wieder habe ich dich gerufen, es schien, als wolltest du mir entgleiten, aber du hast gekämpft und jetzt bist du wieder bei mir!"
Fest schloss er seine Hand um meine.
"Hast du noch irgendeine Erinnerung an die letzten Tage? Du warst irgendwie in einer anderen Welt, gar nicht ansprechbar, aber manchmal hatte ich das Gefühl, du kämpfst dich aus deinem Fieberwahn ab und zu an die Oberfläche."
"Nein, ich habe keine Erinnerung, höchstens verschwommen, ja, ich habe dich und Onkel und Tante gesehen, aber das war ganz woanders, ich war so weit weg.
Ist Weihnachten eigentlich schon vorbei?"
"Nein, für uns hat es gerade erst begonnen. Mach mal jetzt ganz fest die Augen zu." Mit diesen Worten ging Onkel Heinz aus dem Zimmer. Ich hörte ihn rumkramen, auch mein Schatz und die Tante wirkten plötzlich geschäftig.
Tapfer hielt ich fest die Augen geschlossen, obwohl ich vor Neugierde platzte, dann hörte ich ein Weihnachtslied. Onkel, Tante und mein Schatz standen an meinem Bett, sangen, hielten Geschenke in der Hand…und auf dem kleinen Tisch bei dem verschlissenen Sofa stand ein kleiner Weihnachtsbaum, wunderhübsch geschmückt mit Kugeln und Kerzen und den alten Holzfiguren.
Jetzt wusste ich auch wieder, wo ich die Weihnachtsgeschenke für die 3 versteckt hatte: in dem alten Schrank.
Vorsichtig umarmten sie mich und nun konnten wir endlich unser Weihnachten feiern.
*
Silbermond – Unendlich
Komponist und Textdichter: Stefanie Kloss, Andreas Jan Nowak, Johannes Stolle, Thomas Stolle
Originalverleger: EMI Songs Musik Verlag GmbH Co KG
Originalverleger: Silbermond-Musik Verlag GmbH
Originalverleger: Valicon Songs OHG
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