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Wolfi

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Die Sonne scheint durch zwei cremefarbige Vorhänge und verbreitet ein angenehmes gedämpftes Licht. Die Luft ist warm, aber nicht schwül. Ich habe die Fenster weit aufgemacht. Von unten dringt das Geräusch spielender Kinder ins Zimmer und das leise Summen von Insekten. Das macht mich ein wenig schläfrig. Ich liege auf dem Bett - allein - und meine Gedanken kreisen um die Vorgänge in den letzten Tagen.

Ein Seufzer entringt sich meiner Brust und langsam blicke ich die weiße Wand vor mir entlang. Ich bemerke die Unregelmäßigkeiten, die der Maler wohl damals hinterließ, als er schlampig, den Raum mit Farbe bepinselte. Eine Fliege krabbelt nervös und ruckartig in Richtung Fenster, bleibt stehen und streckt ihre Hinterbeine vor zum Kopf um sich zu putzen. In der Ecke schräg gegenüber bemerke ich Spinnweben. Sie wiegen sich langsam und sacht im Wind. Gleichgültig notiere ich mir, dass ich wieder einmal sauber machen muss.

Abermals seufze ich und verstehe das alles nicht. Quälend kommen immer wieder Erinnerungsfetzen hoch, dich ich rasch verdränge. Ich konzentriere mich auf das gleichmäßige Ticken des Weckers, der am Fernseher neben dem Bett steht.

Warum musste das alles so kommen? Wolfi, bei dem Gedanken zieht sich mein Herz schmerzhaft zusammen und ein Schauer kriecht meine Wirbelsäule entlang. Ein Windstoss bringt die Vorhänge zum Wogen. Langsam drehe ich mich auf die andere Seite.

Nichts.

Ich will nicht denken. Will nicht mehr nach dem Warum fragen.

Nichts.

Wenn ich meine Augen schließe, sehe ich ihn vor mir. Nicht besonders groß, braune Haare, schmale Lippen und diese wunderbaren tiefblauen Augen, deren Farbe einen leichten Stich ins Violett haben und die fast unmerklich schräg stehen. Diese Augen, die jedermann in ihren Bann ziehen. Diese Augen, die mich an einen klaren Gebirgsee erinnern. Diese Augen!

Nichts.

Ich will nicht denken. Ich drehe den Kopf wieder Richtung Fenster und blicke auf den Wecker. Der Sekundenzeiger wandert ruckartig weiter und zittert leicht nach jeder Bewegung. Fünf Minuten. Fünf quälende endlos lange Minuten.

Ich blicke zur Decke, starre geradeaus. Ich rieche ihn noch immer. Ganz leise und sacht schwebt sein Geruch im Zimmer, haftet am Polster. Ein Hauch Zitrone und Bergamott, doch würzig. Tief ziehe ich die Luft in meine Nase.

Bin ich falsch, nicht richtig? Was bin ich überhaupt? Ungenügend? Zu hässlich? Zu alt? Zu dumm? Was ist falsch an mir?

Ich will nicht denken. Das ticken der Uhr wird zu einem Hämmern in meinem Kopf. Die Fliege dreht Kreise über mir. Immer wieder. Findet sie den Weg durchs Fenster nicht? Oder will sie nicht fort? Ich höre sie summen. Kreis um Kreis.

Ich spüre noch immer seine Nähe. Fühle seine Finger auf meinem Rücken. Ganz leicht mit den Fingernägeln zeichnen sie Kreise auf meinen Schultern. Es ist alles so vertraut, so einfach und gerade deshalb schön. Ich fühle eine Gänsehaut emporsteigen und diese wunderbaren Schauer auf meinem Rücken. Mein Kopf ruht auf seiner Brust. Ich höre sein Herz schlagen. Gleichmäßig und ruhig. Alle meine Sinne nehmen ihn auf, halten ihn fest. Seine Hand auf meinem Rücken. So zärtlich. So warm. So weich.

Ich schlucke. Der Geschmack auf meiner Zunge ist bitter und trocken. Wird es mir gelingen, die schönen Momente zu bewahren? Oder wird Bitterkeit überbleiben? Und Hass! Brauche ich den Hass? Schützt er mich? Hilft er mir? Hilft er mir zu vergessen?

Ich sitze mit ihm am Tisch. Das Essen war einfach. Seine Augen sind im Kerzenlicht noch dunkler. Die Flammen reflektieren sich in kleinen weißen Punkten. Er sieht mich lange an. Mein Herz wird schwer und ich unterdrücke den Impuls, ihn an mich zu ziehen. Ich nippe an meinem Glas und schmecke den Wein, kalt, köstlich. Köstlich, wie der Moment, in dem wir uns verlieren. Ich sehe, wie sehr ihm das Essen schmeckt. Wie sehr er den Moment genießt. Wärme strömt durch meinen Körper. Und Glück.

Nichts. Ich will nicht denken. Ich DARF nicht denken. Nichts.

Ich stehe auf und gehe ans Fenster. Ich blicke nach unten. Tief unter mir spielen die Kinder. Sie laufen ihrem Ball nach. Kreischen vergnügt. Das Zwitschern der Vögel mischt sich mit dem Summen der Insekten. Es ist alles so ruhig. Harmonie.

Ich blicke wieder hinunter. Ob da unten nichts ist? Ein, zwei drei Sekunden und dann nichts.....

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