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Liebe und andere Nachrichten
Teil 3
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Informationen
- Story: Liebe und andere Nachrichten
- Autor: Dirk
- Die Story gehört zu folgenden Genre: Diverses
Fabian:
»Wärmer als die Sonne, mein Lieber«, ergänzte Jutta den Satz. »Würden die Herren jetzt die Güte besitzen und ihre knackigen Hintern hereinbewegen, falls ihr es nicht gemerkt habt, es ist kalt.«
»Es sind 7 Grad, Jutta, du tust ja mal wieder so, als wäre das hier ein Kühlhaus.«, erwiderte ich.
»Meine herzallerliebste, beste Freundin... HIER sind normalerweise um diese Zeit 20 Grad und mehr. Wenn ich dir sage, es ist kalt, dann IST es kalt.«
Juttas Standpunkt war also klar und man kam gegen sie sowieso nicht an. Wir schoben uns also in den Flur, Jutta schmiss schwungvoll die Tür ins Schloss, so dass die Wand wackelte und der Hund einen weiteren Anfall von ‚ich kläffe mir die Seele aus dem Leib' bekam.
»MAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAX« Jutta rief ganz leise nach ihrem Sohn. »HERKOMMEN, LOS LOS!«
Und tatsächlich, Max, der 13 jährige Sohn meiner besten Freundin, kam etwas von Playstation und Rekord versaut murmelnd um die Ecke. Den Blick auf den Boden gerichtet sagte er etwas mit seiner mittlerweile verkieksten, sich wegen seines Stimmbruchs überschlagenden, Stimme:
»Was is denn los, warum muss ich schon wieder hier antreten? Was hab ich diesmal verbrochen?«
Er richtete seinen Blick nach oben und in dem Moment wurde ihm schlagartig klar, dass er nicht alleine mit seiner Mom im Flur stand. Einige Sekunden darauf erkannte er mich, rannte auf mich zu und umarmte mich sofort.
»DU HIER! WIESO RUFST DU NICHT AN? AUSSERDEM, VERDAMMT, ICH HAB DIE HAARE NICHT GEMACHT ...«
»Ähm, Max, würde es dir was ausmachen, etwas leiser zu sprechen, deine Stimme könnte momentan echt als Alarmsirene durchgehen, mein Großer.« Ich grinste... was ich nicht hätte tun sollen, was mir meine schmerzenden Rippen gerade mitteilten. Max hatte mir nämlich in selbige geknufft.
»Arsch.«, grinste er mich an.
»Jap, den hab ich.«, erwiderte ich.
»Maxi«, ein Funkeln trat in seine Augen. Er hasste es, wenn Jutta ihn so nannte. »Wärst du so lieb und hängst unsere Gäste mal auf... also ihre Jacken natürlich. Dann darfst du auch wieder an deine Playstation und den Rekord aufstellen, den ich dir dann heute Abend wieder brechen werde.«
»Glaubst du doch wohl selber nicht.«, kam als Antwort zurück.
Max nahm unsere Jacken, verstaute sie an der Garderobe und verschwand wieder in seinem Zimmer.
»Cappu?«, Jutta ließ die gute Hausherrin ans Tageslicht treten.
»Gerne doch, Vanille wenn du da hast... ach, was frag ich, klar hast du da. Ich denke mal, wenn George wieder einkaufen war, eine Palette, oder zwei?«
George war ein richtiger Shopping-Freak. Es kam durchaus vor, dass er sonntagmorgens zum Brötchenholen das Haus verlässt und 3 Stunden später mit einem Van voller Sonderangebote (oder wie nennt man einen Fernseher, den man gratis zum 1$-Vertrags-Handy bekommt, sonst?) zurückkommt.
»Aber sicher doch. Und die beiden Herren, auch was?«, fragte Jutta.
»Cappuccino ist in Ordnung.«, kam es von Alex.
Nur Florian brachte immer noch keinen Ton heraus und guckte leicht komisch.
»Ich denke mal, Cappu ist da auch nicht verkehrt.«, sprang ich ein.
»Ist schon so gut wie fertig. Das Wohnzimmer findest du noch, Fab? Dann bring ma die Leute dahin, ich komm gleich nach.«
Ich brachte Alex und Florian ins Wohnzimmer und ließ mich in »meinen« Sessel fallen. Die beiden anderen teilten sich das große Sofa.
In der Küche hörte man Jutta werkeln.
Florian guckte immer noch, na ja, nennen wir es »wie eine Kuh wenn's blitzt«.
»Ähm, Flo, bist du geschockt? Hast du was gegen Schwule?«, Alex direkt wie fast immer.
Als Flo zu einer Antwort ansetzen wollte, kam Jutta ins Wohnzimmer, ein Tablett mit Cappuccino und Donuts stellte sie galant auf den Tisch, wobei sie nur die Hälfte verschüttete.
»Greift zu Jungs und du natürlich auch, Fab« sie zwinkerte.
Florian griff direkt zu einem Donut, wohl dankbar darüber, dass er mit vollem Mund nicht antworten musste. Jutta wandte sich an mich.
»So und jetzt mal zu dir, Herr Westhof. Was bildest du dir eigentlich ein? Hier einfach so aufzutauchen, ohne vorher was zu sagen, dass du im Lande bist.«
»Also das hat einen Grund, meine Liebe,« ich nahm einen Schluck aus meiner Tasse »nämlich den, dass ich es bis vorgestern selbst nicht wusste. Es war eine Hau Ruck Aktion, nachdem ich Nachrichtensprecher wurde...«
»DU BIST WASSSS?«, Juttas ruhige und angenehme Stimme unterbrach mich.
»Oh, das wusstest du ja auch noch nicht,« ich grinste, »hab mich hochgebumst... oder halt ne, der andere Sprecher hat gebumst, nämlich mit dem Auto gegen ne Leitplanke. Dadurch fällt der jetzt eine Zeit lang aus. Ich war halt grade da und hatte nichts zu tun. Das veranlasste meinen Chef dazu, mir den Job aufs Auge zu drücken.«
»Und du hast versagt und sie wollten dich loswerden?«, Max war ins Wohnzimmer gekommen und mischte sich ins Gespräch ein.
»Ach, der kleine Herr Roland möchte auch mitreden?« Ich drehte mich zu ihm um.
»Hey, falls es dir nicht aufgefallen ist, du bist nicht viel größer als ich,« protestierte Max.
Er hatte Recht. Für sein Alter war er schon ziemlich groß, ich schätzte so 1,78 dürfte er schon haben.
»Das tut nichts zur Sache, junger Mann, wenn die Kuchen sprechen, haben die Krümel Sendepause.«, schaltete sich Jutta ein.
»Um deine Frage zu beantworten, Kleiner, die wollten mich nicht loswerden und ich hab auch nicht versagt. Ich bin hier, um zu arbeiten. Ich soll vom Biggs drüben aus eine Sendung moderieren.«
»Darf ich mit? Ich wollt schon immer mal sehen, wie du dich vor der Kamera lächerlich machst... na ja, eigentlich wollt ich das erst, seit ich weiß, dass du vor der Kamera stehst...aber darf ich mit?«, er setzte seinen Dackelblick auf.
Ich schaute zu Jutta, die etwas ungläubig zu ihrem Sohn und zu mir schaute.
»Damit wäre eindeutig klar, dass er deine Schnauze geerbt hat, Jutta.« Ich wandte mich an Max. »Was dich angeht, wenn deine Mum nichts dagegen hat, kannst du mit, eine ID haste ja eh und dann gehen wir hinterher noch was essen.« Ich schaute zu Jutta und erwartete eine Antwort von ihr.
»Die hat nicht nur nichts dagegen, die geht mit. Und außerdem zahlst du ja das Essen, spart mir das Kochen, da bin ich gleich zweimal mit dabei.«, lachte sie.
»OK, dann solltet ihr morgen um«, ich rechnete kurz die Zeit um, »spätestens halb 10 im Fort Bliss sein, oder noch besser am Biggs direkt. Wir senden ab 10 Uhr dort. Und ich denke mal, wir sind so ab halb 9 dort. Hoffentlich find ich vom Hotel aus da hin.«
»Wieso Hotel? Ihr pennt selbstverständlich hier. Wir gehen heut Abend zum Chinesen und fahren dann morgen zusammen hoch on Post.«
Jutta hatte ihre Pläne geschmiedet und man sollte ihr besser nicht widersprechen.
»Aber Frau Roland...«, Alex setzte an und machte einen kapitalen Fehler.
Juttas Augen verdrehten sich und man konnte kurzzeitig meinen, sie würden glühen. Ihre Stimme klang ebenfalls sehr bedrohlich.
»Nenn mich nie wieder so!«
Ich saß in meinem Sessel und musste ein Kichern unterdrücken. Jutta hasste nichts mehr, als wenn man sie »Frau Roland« nannte... sie war der Meinung, dass es sie unnötig alt machte. Schließlich war sie eine Frau, die erst zum 8. mal 29 wurde.
Sichtlich eingeschüchtert sah Alex meine beste Freundin an.
»Haaaaa, ich kann es noch«, gackerte sie. »Keine Panik, ich werd nur nicht gern Frau Roland genannt... da fühle ich mich immer so...alt.
»Kommt nie wieder vor, Jutta«, sagte Alex. »Was ich eigentlich sagen wollte: wir können doch nicht einfach alle hier schlafen.«
»Wie kommst du da drauf?«, Jutta grinste. »Einschlafprobleme? Oder hat Fab euch Schauermärchen über meine hauseigene Kreissäge erzählt? George ist aber nur Gelegenheitsschnarcher...«
»...er schnarcht bei jeder Gelegenheit.«, ergänzte ich kichernd. »Widersprich ihr nicht, Alex, wenn Madame etwas beschlossen hat, bekommst du sie davon nicht wieder los. Bleibt nur die Frage: Wer wo mit wem?« Ich wusste, dass im Gästezimmer ein Doppelbett stand. Ein weiteres Gästebett verbarg sich unter der Couch im Zimmer von Max. Ich bezweifelte, dass Florian mit mir das Doppelbett teilen mochte.
»Max pennt heut Abend bei einem Kumpel, also hat einer von euch da ein Zimmer für sich, falls wer auf totaler Ruhe besteht.«, Jutta schlürfte an ihrem Cappuccino.
»Also, da ich gerade etwas verschnupft bin und mit Sicherheit schnarchen werde, nehme ich Rücksicht auf alle und schlafe im Zimmer von Max.«, erklärte Alex leicht schniefend, um seine Aussage zu unterstreichen.
»Na, dann wäre ja alles geklärt. Ich geh die Bettwäsche mal rauslegen... Beziehen könnt ihr ja selbst, seid ja große Jungs.« Jutta rauschte davon.
Betretenes Schweigen.
»Also, ähm, Flo... wenn du nicht mit mir in ein Zimmer willst, versteh ich das... aber du musst es dann schon sagen.«, brach ich nach ungefähr 2 Minuten das mittlerweile peinliche Schweigen.
»Hmm? Was? Ach, nee, ist schon ok.« Mehr kam nicht von ihm.
Na wenigstens rennt er nicht schreiend nach Deutschland zurück... ok, würde unterwegs auch etwas feucht werden, so übern großen Teich... außer, er kann übers Wasser gehen... aber ich glaube, dann würde eine große, weltumspannende, Organisation mit Hang zu altmodischem Denken garantiert Interesse angemeldet haben.
»Du also, äh Florian, ich...«
»SOOOOO, Bettwäsche liegt bereit, Max wurde auch instruiert, dass sein Zimmer zum Gästezimmer wird... der packt grade alles, was peinlich werden könnte, weg... ähm, was sitzt ihr denn hier rum wie die Trauergemeinschaft, die gerade die Gute Stimmung beerdigt hat...Jetzt wird gefeiert, ich hol den Sekt.« Jutta raste während dieses, in ca. 3 Sekunden geplapperten, Satzes quer durchs Zimmer, stieß sich mal wieder beinahe den großen Zeh an der Couch und kam dann gerade noch so vor der Vitrine zum Stoppen, um die Sektgläser rauszuholen.
Den Rest das Tages verbrachten wir mit einigen Flaschen Sekt, Stories, wie Jutta und ich uns kennen gelernt haben... das Übliche eben, wenn man sich so trifft.
Gegen 17 Uhr schlug George auf, der uns, nachdem er sich umgezogen hatte, dann auch im großen Van direkt Richtung Chinesen verfrachtete.
Unter unserem, nennen wir es »leicht angeheiterten«, Zustand mussten erst die Bedienung, dann das Buffet leiden und ca. anderthalb Stunden später befanden wir uns vollgefressen auf dem Rückweg zum Haus der Rolands.
Dort angekommen, schauten wir alle zusammen noch etwas fern und verzogen uns so gegen 22 Uhr in die Betten.
Max war auf dem Rückweg vom Chinesen bei seinem Kumpel rausgesprungen und übernachtete dort.
Alex bezog Quartier in seinem Zimmer, während Florian und ich uns ins Gästezimmer verzogen.
»Links oder rechts?« Florians erste Worte, seit dem Versuch eines Gesprächs heute Mittag, wie mir gerade auffiel.
»Was?« ich kapierte nicht sofort, was er wollte.
»Links oder rechts... das Bett.«, er zeigte auf de Doppelbett, »willst du links oder rechts pennen?«
Ich schaltete.
»Das ist mir egal, ich hab keine bevorzugte Seite.« Mir fiel zum ersten Mal auf, dass in dem Doppelbett doch recht wenig Platz für zwei war.
»OK, dann lieg ich links« sagte Flo.
Nahe der Tür, wie mir auffiel... immer ein Fluchtweg offen.
»OK. Kann ich mit leben.« Ich versuchte, normal zu klingen und begann mich auszuziehen. Also... bis auf die Shorts, um endlich ins Bett zu gehen.
Florian tat es mir gleich und verschwand sofort unter der Decke.
Ich knipste das Licht aus und legte mich ebenfalls hin. Kaum hatte ich mich richtig im Bett positioniert, fühlte ich mich auch schon unwohl... nicht wegen Florian neben mir... sondern eher wegen mir neben ihm.
»Du Florian... ich kann auch ins Wohnzimmer auf die Couch gehen, wenn du dich unwohl fühlst, mit nem Schwulen in einem Bett zu liegen.« Ok, eindeutig nicht die übliche »gute Nacht John-Boy« Unterhaltung, die man sonst so beim zu Bett gehen gerne mal führt.
»Wozu? Das tu ich doch jede Nacht.«, kam es leise von Florian zurück.
»Wie Bitte?« Ich raffte mal wieder gar nichts. Jaja, Nachrichtensprecher eben... immer ne lange Leitung... meine ging ungefähr bis Deutschland.
»Ich sagte, ich schlafe jeden Abend mit einem Schwulen in einem Bett... ich bin auch schwul. Wieso hast du nichts gesagt?«, fragte Florian
»Wieso sollte ich? Muss ich mit nem Schild ‚Tucke Inside' rumlaufen?«, ich registrierte mittlerweile wieder, was passierte.
»Nein... aber... ach... ich weiß ja nicht.«
Florian:
Bumm, das hat gesessen. Fabian schwul? Die wollen mich doch verarschen. Die haben irgendwas gemerkt und wollen mich jetzt fertig machen. Die haben diese schrille Frau sicher angerufen, während ich vorhin am Flughafen auf dem Klo war.
Ich stand relativ regungslos vor der Tür in der Kälte.
»Würden die Herren jetzt die Güte besitzen und ihre knackigen Hintern hereinbewegen, falls ihr es nicht gemerkt habt, es ist kalt.«
Diese extrem aufgedrehte Person ging zur Seite und ich schob mich in den Flur... ohne wirklich etwas mitzubekommen, dass ich selbiges tat.
Im Hintergrund drehte der Hund grade völlig ab... er muss sein nervenaufreibendes Verhalten und die Angewohnheit, ständig die Klappe aufzureißen, von seinem Frauchen übernommen haben.
»MAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAX!« Mir klingelten die Ohren... und vor allem, wer ist Max? »HERKOMMEN, LOS LOS!«
Max war anscheinend der Sohn des Hauses, zumindest kam grade ein schätzungsweise 12-13 jähriger Junge auf den Flur geschlurft. Extreme Stimmen schienen in dieser Familie wohl genetisch bedingt zu sein... bei diesem Max könnte es auch der Stimmbruch sein.
Ziemlich hüpfend (also von der Stimme her, nicht er selbst) brummelte der Stöpsel, dass ihm diese Aktion gerade seinen Playstation Rekord versaut hat.
»Was is denn los, warum muss ich schon wieder hier antreten? Was hab ich diesmal verbrochen?«
Lautstärke noch normal. Als er dann allerdings bemerkte, dass er nicht alleine war, und als er dann auch anscheinend entdeckte, wer da stand... konnte ich mir ein neues Trommelfell kaufen.
»DU HIER! WIESO RUFST DU NICHT AN? AUSSERDEM, VERDAMMT, ICH HAB DIE HAARE NICHT GEMACHT...«
Er rannte auf Fabian zu und dieser sprach aus, was mein Trommelfell gerade noch hautnah bemerkte.
»Ähm, Max, würde es dir was ausmachen, etwas leiser zu sprechen, deine Stimme könnte momentan echt als Alarmsirene durchgehen, mein Großer.«
Fabian krümmte sich plötzlich dezent, ich schätze vor Schmerzen, denn er erhielt von diesem Max einen Knuff in die Rippen. Geschieht ihm recht.
Was denk ich da eigentlich.? Ach Mensch... die verarschen mich und ich hab Mitleid mit diesem süßen Typen.
Nachdem der Junge unsere Jacken, nach Aufforderung durch Jutta, an die Garderobe gehängt hatte, verzog er sich auch wieder.
»Cappu?« Ich war mal wieder in Gedanken, ob mich hier denn alle verarschten und bekam daher die Frage nicht als solche mit.
Ich glaube, Fabian hat für mich geantwortet... wie peinlich ist das denn...
Jutta war auch wieder verschwunden und Fabian lotste uns ins Wohnzimmer, wo er sich direkt auf den Sessel plumpsen ließ.
Ich setzte mich neben Alex auf die Couch und... schwieg.
»Ähm. Flo, bist du geschockt? Hast du was gegen Schwule?« Alex sprach mich an. Ich hatte mich etwas gefangen und wollte gerade antworten, als Jutta scheppernd und klappernd mit einem großen Tablett Tassen voller Cappuccino und einer Schale Donuts ins Wohnzimmer kam. Nachdem sie einiges verschüttet hatte, platzierte sie alles auf dem Couchtisch.
»Greift zu Jungs und du natürlich auch, Fab.«, untermalte sie ihre Tätigkeit.
Ich nahm innerlich dankbar sofort einen Donut und biss hinein... gerettet... mit vollem Mund muss ich nicht sprechen, und Jutta wird sowieso gleich wieder anfangen zu plappern. Ich sollte Recht behalten.
Sie begann sofort Florian auszufragen, wieso er sich nicht gemeldet hatte, dass er in die USA kam.
Florian erzählte die ganze Story, inklusive der, wieso er Nachrichtensprecher wurde.
Mitten in der Erzählung kam dann Max herein und mischte sich ein. Das Ende vom Lied war, dass wir alle bei Jutta pennen sollten und sie und Max uns Morgen zum Dreh begleiten.
Toll, in einem fremden Haus pennen und dann auch noch mit Typen, die versuchen mich zu verarschen.
Um genauer zu sein: mit dem Typen, der mich verarscht, in einem Zimmer und einem Bett zu pennen. Alex hatte sich gerade für das Zimmer von Max entschieden, das wohl frei war, weil der heute auswärts schlafen sollte.
Das Nächste, was ich mitbekam, war, dass Jutta etwas von Bettwäsche brabbelte und verschwunden war.
»Also, ähm, Flo... wenn du nicht mit mir in ein Zimmer willst, versteh ich das... aber du musst es dann schon sagen.« Fabian durchbrach die Stille, die wohl geherrscht haben musste. Ich hab davon nichts mitbekommen.
»Hmm? Was? Ach, nee, ist schon ok.« Ich wusste nicht genau, wieso ich es sagte, aber ich sagte es.
»Du also, äh Florian, ich...«
»SOOOOO, Bettwäsche liegt bereit, Max wurde auch instruiert, dass sein Zimmer zum Gästezimmer wird... der packt grade alles, was peinlich werden könnte, weg... ähm, was sitzt ihr denn hier rum wie die Trauergemeinschaft, die gerade die Gute Stimmung beerdigt hat...Jetzt wird gefeiert, ich hol den Sekt.« Jutta war wieder zurück und legte direkt wieder los, wie ein Maschinengewehr zu sprechen.
Eh ich mich versah, hatte ich auch schon ein Glas Sekt in der Hand und nahm die Möglichkeit, mich zu betrinken, gerne an.
Einige Zeit später, so gegen 17 Uhr, kam dann auch George und verfrachtete uns Richtung Great China Buffet.
Es war ein Erlebnis. Die armen Bedienungen mussten unter unserer Alkohollaune doch leiden und alles in Allem wurde es dann doch noch ein schöner Abend, der dann vor dem Fernseher endete.
Und dann im Bett.
»Links oder rechts?« Zugegeben, recht knapp formuliert, aber zu mehr war ich nicht fähig.
»Was?«
»Links oder rechts... das Bett... willst du links oder rechts pennen?« Ich fuchtelte mit dem linken Arm in Richtung des Doppelbetts, während mich Fabian doch recht verständnislos anstarrte. Allerdings schien er so langsam zu kapieren, was ich wollte.
»Das ist mir egal, ich hab keine bevorzugte Seite.«
»OK, dann lieg ich links.« Persönliche Vorliebe. Nahe der Tür, sehr hilfreich nach einem Tag mit etwas mehr Alkohol, als man gewöhnt ist.
»OK, kann ich mit leben.« Fabian klang gekünstelt normal und begann sich auszuziehen.
Ich konnte meinen Blick kaum abwenden, zwang mich dann aber schnell dazu, zog mich ebenfalls aus und verschwand sofort unter der Bettdecke, damit Fabian nicht bemerkte, was in meiner Unterhose gerade los war.
Fabian knipste das Licht aus und legte sich neben mich.
»Du Florian... ich kann auch ins Wohnzimmer auf die Couch gehen, wenn du dich unwohl fühlst, mit nem Schwulen in einem Bett zu liegen.«
Hm, so langsam kam ich doch zu der Überzeugung, dass er es ernst meinte. Nur wegen eines schlechten Gags würde er nicht auf die Couch gehen.
Ich fasste all meinen Mut zusammen.
»Wozu? Tu ich doch auch jede Nacht.«, sagte ich leise.
»Wie Bitte?« Fabian schien nicht begriffen zu haben, was ich gerade gesagt hatte.
»Ich sagte, ich schlafe jeden Abend mit einem Schwulen im Bett... ich bin auch schwul. Wieso hast du nichts gesagt?«
»Wieso sollte ich? Muss ich mit einem Schild ‚Tucke Inside' rumlaufen?«, kam von Fabian zurück.
»Nein... aber... ach ich weiß ja nicht.«
Fabian:
Ich lag etwas verwirrt im Bett neben Florian.
»Also, ich gehe damit nicht hausieren. Wer mich fragt, bekommt eine klare Antwort, aber ich stelle mich nicht mit ‚Guten Tag, mein Name ist Fabian Westhof, ich bin ne Tunte' vor. Außerdem könnte ich dich ebenso fragen, wieso du nichts gesagt hast.«
»Ich hatte Angst. Dachte, ihr würdet mich wegschicken, oder so was.«
»Wieso sollten wir... sollte ICH... das tun?«
»Ich wusste ja nicht, dass du schwul bist. Ach verdammt. Ich hab keine Ahnung.« Ich spürte, wie er sich wegdrehte. »Fabian, ich hab mich verliebt,« er seufzte kurz. »In dich.«
Ich hatte mich eben glaube ich verhört.
»Du... hast was?«, ich klang wohl etwas grober, als geplant.
»Ich wusste es, es war keine gute Idee, das zu sagen.« Flo sprang auf und wollte gerade raus rennen, als ich ihn am Handgelenk zu fassen bekam.
»Es war keine gute Idee, stimmt... es war eine sehr gute Idee.«, sagte ich und gab Florian einen Kuss.
»Ich hab mich auch in dich verguckt.« Mehr sagte ich nicht, sondern zog ihn zurück ins Bett. Wir kuschelten uns aneinander und begannen dann mit dem Standardprogramm: Knutschen bis zum Umfallen. Gott sei Dank lagen wir schon.
Am nächsten Morgen sahen wir beide etwas zerzaust aus, und auch unsere Lippen waren äußerst strapaziert.
»Sagt mal, ihr zwei... an was habt ihr denn gelutscht, dass ihr beide SOOO ne allergische Reaktion rund um den Mund habt?« Jutta servierte Frühstück.
»Gelutscht... ähm, meine Liebe, man muss nicht immer gleich lutschen.« Ich gab Florian einen Kuss. »Und es ist definitiv keine allergische Reaktion« grinste ich ihr entgegen.
Alex, der gerade in der Tür erschienen war, konnte sich ein Lachen nicht verkneifen.
»Ich hab doch gesagt, du hast dich verknallt.« Mehr sagte er nicht und setzte sich an den Tisch.
Jutta stand noch immer etwas ratlos in der Gegend und registrierte wohl gerade, was passierte.
»YEAAAAAAAAAH, meine beste Freundin hat nen MAAAAAAAAAANN!« Ohne Rücksicht auf die sich in ihren Händen befindlichen Gegenstände (diese ließ sie schlicht und ergreifend fallen) stürzte sie sich auf mich und drückte mich an ihre Brust. Dann wandte sie sich Florian zu.
»Wehe, ich hör Beschwerden, dann komm ich nach Deutschland und hau dich!« Sie grinste und drückte dann auch Florian an sich.
Nach dem Frühstück fuhren wir Max abholen und dann alle zum Biggs Air Field. Ich bereitete mich mit Alex auf die Moderation vor, während Florian sich mit den anderen des Teams um die Vorbereitung der Sendung kümmerte.
Direkt nach der Moderation, ich brachte sie fehlerfrei über die Bühne und wurde auch nur einmal von einem startenden Jet übertönt, machten wir uns auf den Weg zum Essen.
Max hatte sich alles interessiert angeschaut, kam dann auf der Fahrt aber zu der Überzeugung, er hätte es auch geschafft und ich solle ihm doch bitte einen Job beim Sender besorgen.
Wie Jutta angedroht hatte, würde sie nicht kochen und schleppte uns in eines der teuersten Restaurants in El Paso. Zum Glück erledigte sie auch die Rechnung, denn dieses Essen hätte ich mir nicht leisten können.
»Ich kann doch einen frisch Verliebten nicht das Essen zahlen lassen... dein Schatz wird dich noch einiges an Kohle kosten.« Sie grinste mal wieder und wir fuhren zu ihr, um unsere Sachen zu packen. Leider sollte unser Flieger schon um 15 Uhr und ein paar zerquetschten starten.
Am Flughafen gab's eine tränenreiche Verabschiedung, Jutta versprach, oder eher drohte, demnächst nach Deutschland zu kommen und wir gingen an Bord.
Diesmal kompensierte Florian seine Flugangst, indem er sich an mich kuschelte, was uns einen vielsagenden Blick der Stewardess im Körper eines Stewards (es war die, äh derselbe, wie auf dem Hinflug) einbrachte.
Die Flüge verliefen problemlos und etliche Stunden später kamen wir, total übermüdet, in Deutschland an.
Hand in Hand liefen wir durch die Zollkontrolle, verließen den Ankunftsbereich durch die Schiebetüren und standen vor einer Menge wartender Angehöriger, die ihre Lieben vom Flug abholen wollten.
Wir kämpften uns mit unserem Gepäck durch die Wartenden und trippelten dann, mehrfach gähnend, zu Alex Wagen.
»Und du bist sicher, du kannst in dem Zustand noch fahren?«, fragte ich Alex.
»Keine Angst, ich kenn die Strecke im Schlaf, weck mich bitte nur, wenn wir daheim sind, ok?« Alex grinste.
Die Fahrt verlief glimpflich und es gab nur 3 Schreikrämpfe meinerseits.
Alex fuhr direkt zu uns nachhause, Florian hatte sich entscheiden, erst am nächsten Tag zu sich zu gehen.
Wir legten uns sofort ins Bett...wegen dem Jetlag natürlich.
In der Nacht waren wir dann beide wieder hellwach und nutzten die Zeit, uns näher kennen zu lernen.
Am nächsten Morgen dann fuhr ich Florian heim, und nachdem er sich umgezogen hatte, fuhren wir beide zum Sender, um uns offiziell zurückzumelden.
All diese Ereignisse fanden vor etwas mehr als 2 Jahren statt.
Und in dieser Zeit passierte noch so einiges.
Alex schaffte es, Cora aus der EDV zu einem Date zu überreden. Sie heiraten in 3 Wochen.
Florian traute sich vor anderthalb Jahren endlich, sich bei seiner Mutter zu outen und wohnt seitdem bei mir... nicht weil sie ihn rausgeworfen hat, sondern weil wir immer noch zusammen sind.
Er hat mittlerweile auch einen festen Job beim Sender bekommen.
Auch bei mir hat sich noch einiges getan.
Peter Trost kehrte nach seiner Genesung zwar wieder in den Sender zurück, aber nur um zu kündigen. Er hatte ein attraktiveres Angebot eines anderen Senders erhalten.
Ich bekam dadurch dauerhaft den Job als Anchor.
Auch das Format der Nachrichten hat sich etwas geändert. Mittlerweile ist die zweite Person im Studio nicht mehr aus der Sportredaktion, sondern ein Co-Anchor.
Aber jetzt muss ich so langsam wieder arbeiten.
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»Es ist Montag, der 28. Februar 2005. 18:00 Uhr, hier sind die News. Mein Name ist Fabian Westhof, mit mir im Studio ist Florian Wild. Und das sind die Themen des Tages.«
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