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Der Mistkerl
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Informationen
- Story: Der Mistkerl
- Autor: Gaius
- Die Story gehört zu folgenden Genre: Lovestory
Ich sah auf die Uhr, mittlerweile war es schon 23 Uhr durch. Langweilige Party.
Naja, was will man auch erwarten auf diesen Erstsemesterevents. Kids, frisch vom Abi saufen halt.
In den letzten Semestern ging ich jedoch regelmäßig her, sonst fand sich da immer was für die Nacht.
Mehr wollte ich doch gar nicht, nachdem mich mein Ex so verarscht hatte. 5 Jahre Beziehung, eine Lebenspartnerschaft in der Hoffnung noch was zu retten. War seine Idee.
Hätte ich nur den wahren Grund gewusst. Sein Antrag erwischte mich an meinem Geburtstag. Leider stand da schon fest, dass mein Job nicht mehr ewig weiter lief. Warum?
Ich arbeitete in einer externen Firma an einem großen Projekt für eine Airline. Weltweit koordinierten wir alles im Bereich Hardware, Software und Netzwerke. Die Bezahlung war überdurchschnittlich, aber jedes Projekt hat mal ein Ende. Nun gut, fast 2 Jahre waren ja noch zu arbeiten.
Wie gesagt, er machte mir einen Antrag nach dreieinhalb Jahren Beziehung. Wir hatten in der letzten Zeit nur Streit, er soff wie ein Loch. Betrunken machte er sich dann immer an mich ran – ekelhaft. Ein halbes Jahr später gingen wir zum Standesamt, auf den Tag genau 4 Jahre nach unserem Kennenlernen.
Gegen Ende des Jahres war dann klar: wir hatten das Projekt, die Ausschreibung für den Nachfolger, verloren. Mann, ich war am Ende. Er tröstete mich. Er trank, und er tröstete mich.
Am ersten Juli 2004 war ich dann bereits einen Tag arbeitslos. Sozialplan, 130 Leute ohne Arbeit. Ich hoffte auf den Trost meines Mannes. Und bekam ihn. Zumindest bis zum 3. Juli, als er mir betrunken und grinsend die Beziehung kündigte. Super: Job weg, Beziehung weg – innerhalb von 2 Tagen.
Ich muss niemandem sagen, dass meine Welt zerbrach. Es war kurz und schmerzhaft. 2 Wochen später wurde die Scheidung über den Notar eingereicht.
Ich war halt der dumme Goldesel. Den „Heiratsantrag“ gab's nur, weil er bereits auf seinen Anteil an der Abfindung spekuliert hatte. Zugewinn, so nennt man das wohl. Aber da hatte er die Rechnung ohne den Wirt gemacht – in Form meines Anwalts. Letzten Endes ging er leer aus. Ich auch – innerlich leer. Ich verließ das nördliche Hessen und zog in die Nähe von Mannheim, näher zu meinen Eltern.
Aber Hass ist etwas Wundervolles. Der Schmerz über die Trennung dauerte nicht lang.
Der Schmerz ging, aber die Mauer um mein Herz war schnell errichtet. Nie wieder würde mir irgend so ein Arsch wehtun. Nie mehr.
Aber zurück zur Party.
Ich war mittlerweile im vierten Semester. Erstsemester waren immer leicht zu bekommen. Aber heute? 23:30 und noch nichts Ansprechendes gefunden. Ich war drauf und dran, es noch im Connex, einer Mannheimer Gaydisse, zu versuchen. Meine Augen suchten nach meinen Kollegen, verabschieden musste ja sein. Doch dann sah ich etwas:
1,80 groß, kurze schwarze Haare und hellblaue Augen, die mich musterten. Zumindest bis ich rüber sah. „Hübsches Bürschchen“, dachte ich. Vielleicht noch etwas jung, aber sonst.
Ein enges, schwarzes Hemd verriet viel über seine schlanke Figur, Brust und Schultern etwas muskulöser. Bestimmt ein Schwimmer.
„Na dann los, Michael. Attacke!“ sagte ich zu mir.
Ich drehte mich kurz zum provisorischen Tresen und rief „2 Bier für mich! Mach hin Matze, es eilt!"
Matthias drehte sich um und grinste: „Aha. Haste ein neues Herz zum Brechen gefunden?“
„Hör auf mit dem Scheiß. Wenn er drauf anspringt, hat er selber Schuld.“
„Mensch Micha, irgendwann reißt Du noch wen ins Unglück.“
Ich brummte nur, nahm die 2 Bier aus Matzes Händen, der mich mit einem Kopfschütteln bedachte, schmiss 4 Euro auf die Theke und ging.
Dann sah ich ihn, legte mein charmantestes Lächeln auf und lief los.
„Hi, haste Durst? Ich hab grad ein Bier zuviel, mein Kumpel ist nicht mehr zu sehen“, sagte ich.
„Gern Danke“, kam es von ihm. Nette Stimme, sehr sanft. Schüchtern lächelte er mich an.
„Ich bin Michael, kannst aber auch Micha sagen“, sagte ich und hielt ihm die Hand hin.
„Daniel. Aber die meisten sagen Danny.“
„Okay Danny. Und, wie ist es so im Ersten Semester?“
„Äh, ich studier hier nicht, aber ein Kumpel hat mich hergeschleppt.“
„Und was machste sonst?“
„Gymnasium“, kam es kurz und bündig zurück.
Oh Jesus, vom Alter her dürfte der grenzwertig sein.
„Und was machst Du?“ kam es zurück.
„Drittes Semester, grobe Richtung BWL.“ Shit, normalerweise frag ich immer nur und werde nicht gefragt. Gesprächskontrolle war bisher mein Erfolgsrezept.
Okay, unterbrechen wir die Fragerunde mal, Zeit für etwas Augenkontakt.
„Cheers Danny“, hielt ich ihm mein Glas hin.
„Cheers Micha“, antwortete er und stieß mit mir an. Dabei schaute ich ihm tief in die Augen.
Seine Reaktion war viel versprechend. Ein scheuer Blick zurück, ein zaghaftes Lächeln und, wie süß, die Wangen färbten sich rot. Dann wurde es wieder Zeit für etwas Smalltalk.
„Wie lange musst Du noch?“
Er schaute mich fragend an.
„Schule“, grinste ich.
„Achso. Bin noch in der 12. Aber in 2 Monaten sind dann Ferien und kommt der Endspurt.“
SHIT! 12. Klasse. Also durfte er 17 oder 18 sein, was wusste ich.
Aber das kann man ja leicht rauskriegen, zumal sein Bier leer war.
„Magste noch was trinken, was Stärkeres? Oder mach ich mich dann strafbar?“
„Wieso strafbar?“ kam es verwirrt zurück.
„Jugendschutz!“ erwiderte ich lächelnd.
Er grinste zurück: „Keine Angst, ich bin seit ein paar Wochen schon 18.“
Na dann. „Whisky Cola?“
Er nickte. „Lauf nicht weg“, sagte ich und ging zur Theke.
„Matze, zwei Jacky-Coke bitte.“ Er schaute mich grimmig an.
„Micha, lass den Kleinen. Ich kenn ihn. Der ist zu Schade für Deine Spielchen.“
„Woher kennste den?“
„Der ist im selben Schwimmverein wie Andreas. Wir haben uns nach dem Training mal kurz bei ner Cola unterhalten. Netter und cleverer Bursche.“
„Naja, wenn er mitspielt ist es nicht mein Problem. Also, her mit dem Zeug.“
„Micha, manchmal hasse ich Dich.“
Ich hob die Schultern und bekam die Getränke. Wieder sieben Euro weniger in der Tasche.
Mir flog mir ein gezischeltes „Arschloch“ hinterher.
„Hier Danny, lass es Dir schmecken. Cheers!“
„Cheers!“ kam es zurück und wir leerten die Gläser auf Ex.
„Ich geh mal eben raus, eine rauchen“, sagte ich zu Danny.
„Warte, ich komm mit“, kams von ihm.
„Du rauchst auch?“
„Nee, aber die Luft hier ist etwas stickig. Ein paar Minuten vor der Tür können nicht schaden.“
Auf dem Weg nach draußen blickte ich kurz zu Matze, und er schaute grimmig zurück.
Draußen liefen wir langsam zu einer Bank nahe den Fahrradstellplätzen.
Auf der Bank griff ich in meine Hemdtasche und fischte nach der Schachtel.
„Magst Du wirklich keine?“ fragte ich ihn.
Er überlegte einen Moment und nickte. Ich hielt ihm die Schachtel hin und er nahm eine. Ich tat das Gleiche und gab uns Feuer.
„Blöde Frage, wie alt bist Du eigentlich?“ Er blickte mich an.
„Was denkste denn?“ gab ich zurück.
„Puh, keine Ahnung. Anfang zwanzig vielleicht?“
Wie schmeichelhaft, ich grinste. „Nicht so ganz. Leg bei Dir noch 10 Lenze drauf und dann stimmt’s.“
„Puh“, meinte er, „hätte ich echt nicht gedacht.“ Sprachs, zog ein wenig hastig an der Zigarette und hustete prompt.
Ich lachte: „Sag mal, Du rauchst nicht wirklich, oder?“
Er schaute mich etwas verlegen an: „Nein, nicht wirklich.“
Dann stimmte er in mein Lachen ein.
Mittlerweile war es schon Mitternacht durch, und obwohl es ein warmer Apriltag war, jetzt wurde es doch merklich kälter. Danny schien etwas zu frieren.
Also Zeit, um das offensichtlich zu bemerken. „Ist Dir kalt?“'
Er nickte leicht. So weit, so gut. Es wurde Zeit für den nächsten Schritt.
„Wenn Du willst kannst Du ruhig näher kommen.“ Er wurde wieder leicht rot im Gesicht.
Irgendwie niedlich. Innerlich schalt ich mich. Da ist nichts Niedliches. Der ist fällig, und dann kann er hingehen wo der Pfeffer wächst.
Vorsichtig legte ich meinen Arm um seine Schultern. Er zuckte kurz zusammen, tat aber nichts dagegen. Nein, er rutschte näher an mich ran. Sein Arm griff um mich herum und ruhte auf meiner Hüfte. Langsam zog er sich dichter zu mir heran.
„Besser?“
Er nickte schüchtern.
Okay, das lief ja wie am Schnürchen. Zeit für die letzte Phase.
„Danny?“
„Ja?“
„Ich hab vorhin bemerkt, dass Du mich beobachtet hast.“
Er schluckte, „Sorry, wollte ich nicht.“ Er wollte wieder etwas abrücken, aber ich hielt in sachte fest.
„Keine Angst, ist schon okay. Hat mir gefallen. Du gefällst mir. Ehrlich gesagt hast Du mir den Abend gerettet. Ich wollte schon nach Hause, bis ich Dich gesehen hab.“
Er schaute mich schief von der Seite an „Meinst Du das ernst? Du bist ... auch schwul?“
„Warum sollte ich das nicht ernst meinen? Ich würde Dich gern näher kennen lernen. Und ja, ich bin auch schwul.“
Und das war nicht mal gelogen, je nach dem wie man „näher“ definiert.
Er lächelte mich an. Und plötzlich fühlte ich mich mies. Zumindest für einen Augenblick.
Ich schüttelte den Gedanken wieder ab. Egal was war, ich wollte meinen Spaß.
„Du frierst auch, oder?“ er sah mich mit besorgten Augen an. Schöne Augen. So sanft und tief.
„Etwas.“
„Willst Du wieder rein?“
Angriff!
„Tut mir Leid, Danny, aber ich mag nicht mehr rein. Die Luft da drin ist zum Kotzen. Ich glaub ich fahr nach Hause.“
„Okay...“ Er wirkte traurig.
Gewonnen!
„Was ist los?“
Danny schluckte. „Keine Ahnung, ich würde gern noch weiter bei Dir sitzen.“
„Also Danny, das ist eigentlich nicht meine Art, aber wenn Du willst, also wenn Du wirklich willst, dann kannst Du mit mir mitkommen.“
Hinter seiner Stirn fing es an zu arbeiten. „Aber was ist mit meinem Kumpel?“
„Sag ihm doch Bescheid.“
„Also.... okay. Ich geh eben rein und sag es ihm. Wartest Du hier?“
Ich grinste „Nö.“
Er schaute mich ungläubig an: „Wieso denn nicht?“
„Weil meine Jacke drinnen im Gaderobenraum liegt, und in ihr mein Autoschlüssel“, lachte ich.
„Idiot“, grinste er zurück.
„Danke fürs Kompliment“, antwortete ich und knuffte ihn in die Hüfte.
Nun gut, lief ja wie geschmiert. Was mich wurmte war, dass auf meinem Weg zur Jacke noch Matze war.
Als er mich ohne Danny sah, da schien er kurz erleichtert aufzuatmen. Doch ich grinste ihn böse an, hob den Daumen und imitierte kurz eine Lenkbewegung.
Matze funkelte wütend und seine Lippen formten ein stummes „Fuck you“.
Sollte er doch machen was er wollte.
Der Rest ging schnell. Die Jacke hatte ich schnell und auf dem Weg zum Ausgang wurde ich von Matze ignoriert.
Danny wartete schon vor der Tür.
„Okay, dann mal los. Ich parke draußen am großen Parkplatz.“
Ich wollte loslaufen, doch dann griff eine Hand zaghaft nach meiner.
Danny strahlte mich an: „Gut, jetzt können wir.“
Verdammt, dieses mulmige Gefühl in der Magengegend konnte ich jetzt echt nicht brauchen, er war so herrlich naiv und jetzt auch noch romantisch – Händchen halten.
Schnell waren wir im Auto und fuhren durch das nächtliche Mannheim. Aus den Boxen klang sanfter Kuschelblues, frisch von der mp3-CD.
„Ich bin echt froh, dass ich Dich getroffen hab.“ Danny flüsterte es schon fast.
„Danke, geht mir auch so.“
Er strahlte mich wieder an.
„Seit wann weißt Du, dass Du schwul bist?“ fragte ich ihn.
Er schluckte nervös. „Ich... äh, also keine Ahnung. Ich glaub schon ewig. Aber so richtig... ich glaub noch kein Jahr. Und Du?“
„Ungefähr sieben Jahre, also da hab ich es mir eingestanden. Ansonsten wohl auch schon ewig“, antwortete ich ehrlich. „Hast Du schon nen Freund gehabt, Danny?“
„Neee, da war mal jemand, aber der wollte mich aber nur verarschen. Ein Freund hat mich rechtzeitig vor dem gewarnt. Und als ich nein sagte, hat er sich gleich an jemand anders rangehängt. Ich mochte ihn, und es tat weh.“
Shit. Keine Ahnung warum, aber für einen kurzen Moment fühlte ich mich schuldig. Der Kleine war so vertrauensselig. „Pech“, unterbrach ich mich unwirsch. Keine Gefühle. Nie mehr.
„Und was ist mit Dir?“ fragte er zurück.
Ich schluckte hart. „Schon, aber da war ne fiese Geschichte dabei. Sorry, aber ich will nicht drüber reden. - Noch nicht.“ Noch nicht? Schwachsinn, niemals wird er das hören.
„Okay“, kam es leise zurück. Seine Hand legte sich tröstend auf mein rechtes Bein. Verdammt, das fühlte sich gut an.
„Hast Du schon irgendwelche Erfahrungen gemacht?“ unterbrach ich meine Gedanken.
Verlegen blickte er zur Seite. „Nein, gar nichts. Damit will ich auf den Richtigen warten.“ Er schaute mich an.
Na prima. Eine kleine, süße Jungfrau hat sich in mich verguckt, und ich hab nix besseres vor, als ihm das Herz zu brechen. Aber mussten wir nicht alle durch eine harte Schule? Matzes Gesicht tauchte vor mir auf. „Verpiss Dich“, dachte ich. Danny schaute verstört auf.
Scheisse, hab ich das laut gedacht? „Sorry Kleiner, ich glaub ich hab wohl laut gedacht. Es ging nicht um Dich, sondern nur um einen Schatten der Vergangenheit.“ „LÜGE!“ schrie ich mich innerlich an.
Er nickte erleichtert, und seine Hand drückte mich etwas fester.
Der kurze Rest der Fahrt verlief ruhig. Wir schwiegen beide. Es war kurz nach 1 Uhr, als ich den Wagen auf meinem Parkplatz abstellte. Danny hatte die Augen geschlossen.
„Hallo Dornröschen, wir sind da.“ Langsam öffnete er die Augen.
„Ich glaub es war keine gute Idee, Dich mit zu nehmen. Du hättest besser nach Hause ins Bett gehen sollen.“
„Ist schon okay, ich schlaf im Auto fast immer ein.“
„Magste nen Kaffee?“
„Wenn es Dir keine Umstände macht?“
„Quatsch, hab ne Senseo. Der macht sich von selbst.“
„Danke, dann nehm’ ich einen.“
„Da gibt es nur ein Problem, mein lieber Danny.“
„Welches denn?“
Ich lachte. „Na, raus aus dem Auto und ab in die Wohnung!“ Er lachte mit.
Gesagt getan, wir sind schnell noch die letzten 30 Meter zur Tür und die kurze Treppe hinauf. Hochparterre hat seine Vorteile. Im Flur machte ich dann Licht und Danny schaute sich neugierig um. „Schön ist es hier. So farbenfroh.“
„Das war mir wichtig. Ich mag keine weißen Wände. Nur im Flur und in der Küche ist die Decke weiß, ansonsten überall ein Hauch von Farbe.“
„Du hast echt Geschmack.“
„Danke, Danny. Ich hab das alles zusammen mit meinem Vater zusammen gemacht. Darauf bin ich besonders stolz.“
Shit (hat jemand mitgezählt, kam jetzt nicht zum ersten Mal^^). So privat werde ich doch sonst nicht.
Ich schickte Danny schon mal ins Wohnzimmer auf die Couch und machte den Kaffee, packte noch Milch und Zucker auf ein kleines Tablett und ging damit ins Wohnzimmer.
„Trinkst Du schwarz?“
„Lieber mit ’nem Schuss Milch und einem Löffel Zucker.“ Bingo, genau wie ich. Sogar exakt so wie ich.
„Auf einen schönen Abend“, toastete ich ihm zu.
„Einen sehr schönen Abend“, entgegnete er. Oh Danny, das wirst Du bald nicht mehr behaupten. Aber warum fühlte ich mich so schlecht dabei? Egal, die Mauer bleibt.
Wir unterhielten uns noch eine Weile. Er erzählte mir von seiner Schule, er war einer der Klassenbesten; von seiner erfolgreichen Schwimmerei, er besaß schon einige Pokale aus verschieden Kreisligen; und von seinem Hobby, der Singerei. Eine Kostprobe wollte er mir jetzt aber noch nicht geben. „Now or never“, ging es mir durch den Kopf.
Im Laufe der Unterhaltung kamen wir uns immer näher, und gegen halb 4 war es dann soweit, er verlor sich in meinem Kuss, im Tanz unserer Zungen.
Beiläufig wanderte meine Hand unter sein Hemd, strich sanft über seinen flachen Bauch, wanderte höher zu seiner Brust. Seine Brustwarzen waren hart, sanft strich ich darüber.
Ein gestöhnter Seufzer entfuhr seiner Kehle. In seiner Hose war der Teufel los.
Ich unterbrach das Spiel. Wenn ich nicht aufpasste würde er vielleicht Angst vor der eigenen Courage bekommen.
„Danny, ich will dich nicht überfordern. Wenn es zu schnell geht, dann sag was.“
Danny sah mich an. Sein Gesicht war von Zweifeln und Geilheit verzerrt. Es wirkte immer, die Illusion eine Wahl zu haben, die er schon gar nicht mehr hatte.
Er keuchte „Micha, es fühlt sich so gut an, ich will Dich.“ Ich hob ihn hoch und trug ihn ins Schlafzimmer, legte ihn sanft ins Bett, mich neben ihn. Er lag flach auf dem Rücken, und ich beugte mich über ihn. Dann versanken wir wieder in einem leidenschaftlichen Kuss, und unsere Zungen tanzten einen wilden Tanz. Meine Hand machte sich an seinen Hemdknöpfen zu schaffen. Stück für Stück legte ich seinen Oberkörper frei. Gott, sah der gut aus. Zart und schlank, aber die feinen Muskeln waren fest und zart definiert. Er hatte einen sanft gebräunten Teint, und ein frischer Duft ging von ihm aus. Ich löste meine Lippen von seinen und schickte sie auf Wanderschaft. Sie hinterließen eine leicht feuchte Spur an seinem Hals, bevor sie sich ausgiebig um seine harten Nippel kümmerten. Danny atmete schwer und presste mir seinen Körper entgegen.
Mit vielen Küssen zog es mich Richtung Bauchnabel. Es war ein niedlicher Nabel. Klein und nicht zu tief. Seine Hände lagen auf meinem Kopf und glitten fahrig durch mein Haar. Wenn ihm das schon so gefiel...
Mit meiner rechten Hand glitt ich über die Beule in seinen dunklen Jeans. Zischend atmete er ein. Ich presste meinen Lippen auf sein „Zelt“ und blies meinen Atem durch den Stoff. Ein Wimmern kam von ihm.
„Micha, stopp! Bitte! Ich, ich platze gleich! Man hör’ auf oder ich komme!'
„Willst Du denn nicht?“ raunte ich ihm zu.
„Noch nicht, bitte, es soll nicht aufhören.“
„Dann bist Du an der Reihe, ich lass Deinen Kleinen mal in Ruhe.“
Ich zog mein Shirt über den Kopf und warf es in die Ecke. Danny lies sein Hemd von den Schultern zu Boden gleiten. Schnell zog er dann noch seine Jeans und die Socken aus.
Niedliche Shorts, dachte ich. Und ganz schön unter Spannung.
Dann nestelte er an den Knöpfen meiner Jeans herum. Ich half ihm und zog sie aus. Er bekam große Augen. Im Gegensatz zu ihm hatte ich nichts drunter an.
„Wow“, entfuhr es ihm, „Das Teil ist ja...“
Ich grinste. „Keine Angst, sieht schlimmer aus als es ist. Aber Deiner“, mein Finger zeigte auf das Boxerzelt, „scheint ja auch nicht gerade ein Zwerg zu sein.“
„Blödmann“, kicherte er.
Mit leichtem Druck zwangen seine Hände mich zurück auf die Matratze, und er wiederholte, was ich zuvor an ihm gemacht hatte. Junge, der hat Talent. Nun, nicht nur Talent. Er machte mich schier wahnsinnig. Seine Zunge spielte mit mir. Ich schloss die Augen und genoss es einfach nur. Plötzlich zuckte ich zusammen. Er hat doch nicht? Doch, er hatte. Fast schon gierig stülpte er seinen Mund über meinen ...“Oh Gott“, stöhnte ich, „Und Du sagst, Du hättest das noch nie gemacht?“ Er zwinkerte mich frech an, ohne meinen Schwanz auch nur einmal frei zu geben. Ich zog seinen Kopf hoch. „Stopp! Sofort, bitte!“ Diesmal war ich es.
Er lächelte. „Ich mach’ das wirklich zum ersten Mal. Aber... so hab ich mir das immer vorgestellt.“
„Du bist einfach ein Naturtalent. Gefährlich gut.“ Er küsste mich. „Danke, Micha.“
Wieder kam dieses Gefühl, wie eine Hand die mir den Magen zerquetschen will. Aufhören! Es ist nur Sex!
Ich legte mich auf den Rücken, ein Kissen im Nacken.
„Danny, zieh die Shorts aus und“, ich deutete auf meine Brust, „und beweg mal deinen süßen Arsch her.“
Fast schon wie in Trance entfernte er seine letzte Hülle und breitbeinig schwebte er über meiner Brust. Mit meinen Händen zog ich ihn näher ran und...
An dieser Stelle möchte ich nur noch sagen, dass der Sex wirklich fantastisch war. Aber da der Höhepunkt ein sehr privater Moment ist...
Danny lag erschöpft auf mir, sein Gesicht strahlte. Ein letzter Kuss, ein salziger Kuss. Er kuschelte sich an mich. „Ich will nie wieder aufstehen“, seufzte er.
Das will ich auch nicht, schrie es in meinem Kopf. Irgendwas klickte in mir. Gerade wollte ich ihn noch halten, aber jetzt war ich wieder der Alte.
„Danny?“
„Ja, Micha?“ er lächelte glücklich.
„Danny, pack Deine Klamotten und verpiss dich! Und bleib mir vom Hals!“
Seine Augen wurden groß. „Mann, das ist nicht komisch!“ seine Stimme zitterte.
„Stimmt. War ja auch kein Witz! Pack Deine Klamotten und hau endlich ab! War schön mit Dir, Du hast Talent. Gute Nacht noch.“
Seine Augen wurden feucht. Tränen liefen über sein Gesicht. „Sag bitte, dass das nicht wahr ist. Micha, bitte... ich, ich hab mich verliebt, in Dich!“
„Du bist ein dummer und naiver Junge. Die Welt ist schlecht und jetzt“, meine Stimme schwoll zu einem Brüllen an‚ „VERPISS DICH ENDLICH!“
Er fing bitterlich an zu heulen. Und es tat mir weh. Aber es musste sein. Ich musste mich schützen. Das war nur ein kleiner Fick. Er war gut, aber das war’s.
Ich glaubte mir selber nicht.
„Du mieses Schwein“, kam es jämmerlich von ihm. Er stolperte aus dem Bett, raffte seine Klamotten zusammen und zog sich heulend an. Ich steckte mir ne Kippe an und tat, als ob ich seinen flehenden Blick nicht sehen würde. Verdammt, ein Wort von mir und er läge sofort wieder in meinen Armen. Konnte ich ihn wirklich gehen lassen? Ich schaute ihn an – kalt und ausdruckslos. Er schwankte kurz, seine Knie schienen nachzugeben. Ich zuckte und wollte aufspringen, ihn stützen, doch er fing sich wieder.
Er rieb sich die Augen und drehte sich um. Mit dem Rücken zu mir sagte er: „Ich war so dumm. Ich wollte Dich, und ich dachte, Du wolltest mich auch. Mit Dir zu schlafen war mein größtes Geschenk. Doch du hast es, mich, benutzt und weggeworfen. Ich hasse Dich, aber das ist Dir ja egal! Du bist das mieseste und kälteste Arschloch dem ich je begegnet bin! Verrotte doch als einsamer Mensch! Du bist arm.“
Dann verließ er meine Wohnung. Sein Schluchzen konnte ich immer noch hören.
Sein Schluchzen? Nein. Es war nicht seins. Ich hörte mich selber. Ich weinte.
Was hatte ich nur getan? Er hatte mir gut getan. Ich hatte mich beim Kaffee im Wohnzimmer geöffnet, ihm Vieles erzählt. Gott, ich hasste mich. Hasste meinen Ex. Er hatte mich nachhaltig kaputt gemacht, mich zu einem Monster werden lassen.
Danny, komm zurück, verdammt, komm zurück. Ich konnte ihm nicht nachlaufen. Jetzt war ich zu feige – egal. Ich kannte nicht seinen Nachnamen, wusste nicht wo er wohnte, und seine Nummer hatte ich auch nicht. Verdammt – verdammt! Hoffentlich wusste, er wie er heimkommt, hoffentlich passierte ihm nichts. Er würde sich doch nichts antun?
Ich lag die ganze Nacht wach. In Gedanken tauchte Matze vor mir auf. „Ich hab Dich gewarnt, Micha, irgendwann bekommst Du die Quittung.“ Ich hatte sie verdient.
Neue SMS
Ich lag bis 10 im Bett, ohne eine Sekunde geschlafen zu haben. Ein wundervoller Samstag erwartete mich. Meine Augen brannten, mein Kopfkissen war durchweicht.
Bisher war zwar niemand besonders glücklich, wenn ich ihn nachts vor die Tür gesetzt hatte, aber es hatte mich immer kalt gelassen. Und außer einem „Wichser“, oder ähnlichem, kam da eigentlich nie viel. Aber Danny... er hatte mich berührt. Innerlich. Der Junge war was Besonderes. „Arschloch, Mistkerl“, ich konnte keine besseren Namen für mich finden.
Es wurde 11. Plötzlich klingelte was. Ein kurzes Piepen. SMS? Aber mein Handy klingt doch anders?
Ich schaute auf den Boden. Da lag doch was? Ein Handy. SEIN Handy. Und, oh Gott, sein Schlüssel. Es muss wohl aus der Tasche gefallen sein. Ich hob das Handy auf. Tatsächlich. Eine SMS. Von Andreas? Doch nicht mein Kumpel Andreas, der aus dem Schwimmverein von Danny. Matze hatte ihn ja gestern noch erwähnt.
Ich konnte nicht anders und drückte auf „Lesen“
-----15.04.2006, Andreas----
DU ELENDER PENNER! ICH MACH DICH FERTIG.
DANNY HAT DAS NICHT VERDIENT, DU
SELBSTSÜCHTIGES MIESES ARSCHLOCH. DAS WARS
FÜR UNS, UND SOWAS HAB ICH FREUND GENANNT!
SIEH ZU DAS DU SEIN HANDY UND SCHLÜSSEL
HERSCHAFFST DU RATTE.
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Wunderbar. Das hat gesessen. Hatte ich ja auch verdient.
Ein verdächtiges Brummen erklang neben meinem Ohr. Getrieben durch den Vibrationsalarm tanzte mein Handy auf dem Nachttisch.
Matthias ruft an. Shit, jetzt bitte nicht auch noch Matze. Mutlos drückte ich ihn weg.
Aber er gab nicht auf, er rief sofort wieder an. Hat ja eh keinen Zweck. Also ging ich dran.
„Matze?“ meine Stimme war matt und brüchig. Seine nicht.
„DU VERDAMMTES ARSCHLOCH!“ brüllte es mir entgegen.
„Matze bitte hö...“
„Ich bin fertig mit Dir“, fiel er mir ins Wort.
„Wohe...“
„Woher ich es weiß? Andi hat mich gerade angerufen. Er war auf dem Weg zum Training, Du Wichser! Danny saß heulend vor der Schwimmhalle, total durchgefroren. Er konnte nicht nach Hause, seine Eltern sind im Urlaub und sein Schlüssel liegt wohl bei irgendeinem GOTTVERDAMMTEN MIESEN ... es gibt kein Wort für Dich das meine Wut nur annähernd beschreibt. Und anrufen konnte er ja auch keinen. Ich nehme an, sein Handy ist auch bei Dir?“
Er schien auf eine Antwort zu warten.
Ja, wollte ich sagen, aber außer einem jammervollen Schluchzen kam nichts mehr heraus.
„Micha?“ Matthias war plötzlich leise.
Es war vorbei, ich heulte hemmungslos ins Telefon.
„Micha, verdammt, was ist los? Das kenne ich von dir nicht.“
„Ma ... Matze, Scheiße, ich ... oh Gott, ich bin ein Arsch. Versaut, alles versaut.“
Und flennte weiter.
„Shit, Micha, ich komm vorbei. Am Liebsten würde ich Dich tot prügeln, aber das will ich sehen. Die eigene Medizin tut weh, was?“
„Matze, es tut mir leid.“
„15 Minuten, Micha. Und dann will ich nen Kaffee!“
Und dann hatte er aufgelegt.
Mechanisch nahm ich Shorts und ein frisches Shirt aus meinem Schrank und schwankte in die Küche. Diesmal kochte ich eine Kanne, mit einer normalen Maschine.
Kaum war der Kaffee fertig, da zerriss das Geräusch meiner Klingel die Stille meiner Wohnung.
Ich drückte auf den Öffner und schnelle Schritte trabten in Richtung Tür. Kaum hatte ich die Klinke gedrückt, flog mir die Tür auch schon entgegen.
Matthias sah mir in die Augen, und seine wütende Miene wechselte zu einer sehr Verwunderten.
„Warum zur Hölle heulst Du? Da hattest, was Du wolltest, hast dem Kleinen das Herz rausgerissen. Hast mit ihm gespielt und“, Matze wurde etwas ruhiger‚ „hast ihm das genommen, was er seiner ersten Liebe schenken wollte. Was er Dir geschenkt hat.“
Nun wurden seine Augen auch feucht. „Micha verdammt, sag was. Was ist hier los?“
„Matze...“, meine Stimme war schwach und zittrig, „Ich hab Angst. Angst mich zu verlieben. Du kennst die Story.“
„Verdammt ja, ich kenn die Story. Aber Du hast nicht das Recht, Dir alles und jeden nehmen zu können, und sie für Deinen Ex zahlen zu lassen.“
„Verzeih mir bitt...“
„Du dummes Arschloch, Du feiges Miststück! ICH muss Dir gar nichts verzeihen. Danny ist Dein Opfer. Du hast den Kleinen kaputt gemacht. Und er ist jung. Dein Ex hat Dir übel mitgespielt, aber Du konntest damit doch ganz anders umgehen. Vielleicht hast Du aus Danny genau so ein gefühlloses Monstrum gemacht.“
Ich war sprachlos. Matze hatte ja Recht, das wurde mir heute Nacht selber klar. Ich war Dannys Erster, er hatte mir vertraut. Und es war einfach nicht nur Sex. Ich fühlte mich so verdammt gut in seiner Nähe.
„Ich hab mich in ihn verliebt.“
„Scheiße Micha, Du liebst doch nur Dich selber.“
„Nein. Ich hab mich in Danny verliebt. Das wurde mir gestern klar, bevor wir im Bett lagen. Ich fühlte mich wohl und geborgen. Und dann, scheiße, ich hab Panik bekommen.“
Matze starrte mich an, fassungslos an. „Kneif mich einer, ich glaub das jetzt nicht.“
„Alles versaut. Er wird mich hassen, er muss mich hassen. Und er hat ja Recht. Du hättest ihn sehn müssen, wie er hier vor meinem Bett stand, dieser flehende Blick, wie er hoffte, ich würde einen miesen Scherz mit ihm machen. Seine Worte, als er ging; ich werde sie im Leben nicht vergessen. Kein Wort davon.“
„Und ... und was hat er gesagt?“
„Seine Worte waren Ich war so dumm. Ich wollte Dich, und ich dachte, Du wolltest mich auch. Mit Dir zu schlafen war mein größtes Geschenk. Doch du hast es, mich, benutzt und weggeworfen. Ich hasse Dich, aber das ist Dir ja egal! Du bist das mieseste und kälteste Arschloch dem ich je begegnet bin! Verrotte doch als einsamer Mensch! Du bist arm.>“
Matze schluckte bitter auf: „Sorry Micha, aber das hast Du verdient.“
Ich zeigte ihm die SMS von Andreas. Matze sank nachdenklich auf einen Küchenstuhl.
„Okay... Danny braucht schnellstens seine Sachen wieder. Wenn Du willst, dann gib sie mir und ich bringe sie zu ihm zurück. Das dürfte am Besten für alle sein.“
Ich schüttelte den Kopf. „Nein Matze, das muss ich tun. Ich schulde es ihm. Vielleicht...“
„Vielleicht was?“
„Vielleicht ist da noch was zu retten.“
„Micha... das glaubst Du doch nicht wirklich?“
„Ich muss es versuchen.“
„Andreas macht Dich kalt.“
„Wahrscheinlich. Aber muss er dabei sein?“
„Glaubst Du im Ernst, dass Andi Dich allein auf Danny los lässt?“
„Kannst Du mit ihm reden, vielleicht klappt es ja, wenn Du statt ihm mitkommst.“
„Du verlangst zuviel. Micha, echt. Das ist zuviel. Ich brüll vielleicht nicht mehr rum, aber ich hab ne Mordswut!“
„Bitte. Ich mein es ernst. Ich will alles tun, um das wieder gut zu machen.“
„Micha ...“
„Bitte...“ Es war zwecklos, die Tränen kamen zurück. „Bitte Matze...“
„Verdammt, ich hasse Dich! Ich geh mal ins Wohnzimmer und sprech mit Andi. Und dann brauch ich ’nen Kaffee, schwarz.“
Wortlos ging er in die Wohnstube.
Der Anruf
„Servus Matze, was gibt’s?“
„Andi, ich muss mit Dir reden. Ist Danny noch bei Dir?“
„Wo soll er denn sonst hin? Aber das wird mir das Arschloch büßen.“
„Er büßt schon!“
„Was ist los, wo bist Du?“
„*seufz* Beim Arschloch. Er hat am Telefon geheult wie ein Schlosshun...“
„WAS DENKST DU DIR? Er hat geheult, toll. Hast Du vergessen wer hier das Opfer ist?“
„Andi, hör zu! Es ist anders als wir denken. Ich hab Micha ins Gebet genommen. Er sitzt hier wie ein Haufen Scheiße, flennt die ganze Zeit und sagt, dass er sich verliebt hat.“
„Wen soll er denn lieben, außer sich selbst.“
„Danny!“
„Du glaubst ihm doch wohl nicht? Man der verarscht Dich und will seinen Kopf aus der Schlinge ziehen!“
„Glaub ich nicht. Der flennt mir hier die Ohren voll, das ist nicht gespielt. Ich hab ihm angeboten, das Handy und den Schlüssel mit zu nehmen und sie Danny zu geben.“
„Willste es ihm auch noch leicht machen, was?“
„Nein. Aber es ist egal. Er will das nicht. Er will da selber für einstehen. Allerdings...“
Matze machte eine Pause.
„Allerdings was?“
„Also gut. Er möchte, dass Danny sich mit ihm und mir trifft.“
„JA, er soll kommen. Dann mach ich ihn platt.“
„Andi, ich möchte, dass Du Danny ins Climax bringst, in einer Stunde. Und dann möchte ich, dass Du gehst.“
„Bist Du wahnsinnig? Ich lass den Wichser nicht allein auf Danny los.“
„Ich bin dabei. Micha will sich entschuldigen. Er beschimpft sich selbst schlimmer als ich ihn. Glaub mir, es hat ihn erwischt. Richtig. Und irgendwie... ich hoffe, dass es noch ne Chance für die beiden gibt. Und sag nicht, dass es sich für Danny erledigt hat. Er liebt ihn immer noch.“
„Das gefällt mir nicht. Ü-b-e-r-haupt nicht.“
„Mir ist auch nicht ganz wohl.“
„Warte. Ich red mal mit Danny. Er muss es entscheiden. Aber ich sag ihm, was ich davon halte.“
„Okay. Mach.“
Zwei Minuten später.
„Matze, in einer Stunde im Climax. Ich werde nicht da sein. Aber wenn irgendetwas schief läuft, dann ruft mich Lucio an und ich steh zwei Minuten später auf der Matte.“
*** Anmerkung: Lucio ist Besitzer und Wirt des Climax ***
Matze ging zurück in die Küche, wo bereits ein Kaffee auf ihn wartete. Micha sah ihn erwartungsvoll an.
„Geh ins Bad, mach Dich frisch und zieh Dir was an. In 60 Minuten werden wir im Climax erwartet. Tempo, die Zeit läuft.“
„Danke! Ich danke Dir.“
„Ich tu das nicht für DICH. Ich tu das für Danny, und für mich. Ich hätte den Kleinen warnen sollen, hätte aber nicht gedacht, dass er wirklich auf Dich reinfällt. Du bist einfach zu gut damit.“
„Trotzdem: Danke!“
„Schon gut, mach, dass Du fertig wirst.“
***
Matze hatte es geschafft. Fast schon beschwingt stürmte ich ins Bad und gönnte mir eine schnelle Dusche, fummelte noch etwas an den Haaren und zog mir was Frisches an. Jeans und T-Shirt sollten genügen. Und nach nicht mal 20 Minuten waren wir an meinem Auto.
„Micha, vergiss es. Ich lasse Dich nicht ans Steuer. Ich fahr Dein Auto.“
Sollte mir recht sein, meine Beine zitterten sowieso, keine gute Voraussetzung.
Am Ortsausgang fiel mir gerade noch der Blumenladen ein.
„Matze, fahr bitte schnell rechts ran!“
Er tat es. „Warte eben, ich bin sofort wieder da!“
Ich sprang aus dem Wagen und rannte in den Blumentempel. Rosen, wo sind die verdammten Rosen? Dann fand ich sie, griff mir gleich ein Dutzend und stürmte zur Kasse.
„Hi Micha“, begrüßte mich Gabriele, „Ist schon wieder Muttertag?“ Sie grinste.
„Ne, die sind nicht für meine Mom. Mach bitte schnell, es ist eilig.“
45 Sekunden später war ich bereits wieder im Auto.
„Rosen... Ich glaub’s nicht! Macho Micha kauft Rosen!“ Matze war fassungslos.
„Ich wusste nicht, was ich sonst mitbringen soll.“
„Handy und Schlüssel?“
Verdammt, die hatte ich völlig vergessen. „Matze, schnell wir müssen zurück zu mir, ich hab's vergessen!“
„Keine Sorge, ich hab sie mitgenommen. Dachte mir, dass Du sie vergisst.“
„Du bist echt ein Freund. Danke.“
„Micha, du hast eigentlich keinen Freund verdient.“
Schweigend fuhren wir los. Am Ziel hatten wir noch 5 Minuten, und kein Parkplatz in Sicht. Nervös trommelte ich mit den Fingern auf meinem Bein herum.
„Micha, halt die Finger still. Das Geklopfe geht mir auf den Zeiger.“
Ich tat wie befohlen, und Matze fand eine passende Lücke.
Eine Minute noch. Ich nahm die Blumen und Matze gab mir den Rest. Schnell zum Climax.
Pünktlich nach Ende der 60 Minuten betraten wir den Laden. Die Blumen hielt ich hinter meinem Rücken versteckt. Keine Spur von Danny. Lucio sah uns und bedachte mich mit einem finsteren Blick. Sein Kopf deutete in die hintere linke Ecke.
Mein Herz klopfte, Danny saß dort, mit dem Rücken zu mir. Andi hatte Wort gehalten und war bereits fort.
Langsam ging ich voran, Matze dicht hinter mir. Danny bemerkte uns nicht. Sein Blick war auf die Tischplatte gerichtet. Vorsichtig setzte ich mich ihm gegenüber und legte die Blumen erstmal hinter mir auf den Boden. Matze blieb zwischen uns stehen und räusperte sich laut, und Danny schrak hoch.
Seine Augen waren noch immer rot und verheult, sein Gesicht wirkte blass und eingefallen.
Als er mich sah, liefen bereits neue Tränen über sein Gesicht. Ich tat es ihm gleich.
„Danny..., Du musst mir glauben. Scheiße, Du musst mir gar nichts glauben! Dafür hab ich zu viel versaut. Aber ich möchte, dass Du mir glaubst, dass es mir wirklich ...“, meine Stimme verwandelte sich in ein weinerliches Schluchzen, „wirklich Leid tut. Von ganzem Herzen.“
Danny presste nur ein „Warum“ über seine Lippen. „Wie konntest Du mir das antun? Ich hab Dich angefleht, und Du hast mich ausgelacht. Es tat weh. Verdammt weh. Es tut weh. Immer wieder seh’ ich Dich da liegen, und Du tust mir weh. Dann jagst Du mich in diese Nacht raus, ich hab keinen Schimmer, wo ich bin, stolpere irgendwann über ein Taxi und das fährt mich zum Bahnhof. Die nächste Bahn fuhr 2 Stunden später, ich hatte nichts. Konnte nicht anrufen, konnte nicht in meine Wohnung. Und ich hab mich dreckig gefühlt. Dreckig und benutzt. Und ich spürte, wie Du mich auslachst, die ganze verdammte Zeit. Womit hab ich das verdient? Was hab ich getan? WARUM verdammt?“ Er brüllte das „warum“ und Tränen strömten aus seinen Augen. Lucio sprang in unsere Richtung, doch Matze nickte kurz, alles wäre okay.
„Danny, als Du weg warst... ich hab nicht gelacht. Ich hab mich gehasst. Ich hatte solche Angst.“
„Vor was hattest Du Angst, vor mir?“
„Vor meinen Gefühlen. Ich hab mich mit Dir so wohl gefühlt. Aber ich will ... nein, ich wollte mich nie mehr verlieben. Du hast mich im Auto mal nach einer Beziehung gefragt. Doch ich wollte Dir nichts sagen. Das hat alles damit zu tun. Mir wurde damals auch das Herz gebrochen und ich wollte es allen heimzahlen. Aber bei Dir, es tut mir leid. Das tat es von Anfang an. Aber ich kam nicht von mir weg. Ich hoffe Du kannst es irgendwann verstehen.“
Lucio kam an den Tisch, und schaute grimmig zu mir runter. „Michael, was wollt Ihr?“
„Drei Kaffee. Einen schwarz und die anderen mit einem Löffel Zucker und einem Schuss Milch.“
Lucio nickte kurz und verschwand.
Für einen kurzen Moment sah ich einen von Dannys Mundwinkeln nach oben zucken. „Zumindest hast Du das nicht vergessen.“
„Ich hab gar nichts vergessen, nichts von allem. Und wenn ich an Deine letzten Worte denke, dann krampft sich mein Herz zusammen.“
Danny sagte nichts.
„Ich hab mich wie ein gefühlloses Schwein verhalten und Dich verletzt. Und es tut mir leid. Du bist mir nicht egal.“
„Danny“, schaltete Matze sich ein‚ „und er hat Angst, dass Andi ihn fürchterlich vermöbelt.“
Danny lachte. „Ich glaub nicht, dass Andi das schafft. Micha hat da einige Vorteile auf seiner Seite.“
Vorteile? Nun ja, ich bin nicht gerade klein. 1,92 ist nicht klein. Ich mache auch Kampfsport und viele andere Sachen, also nicht schwach. Aber trotzdem, ich musste einfach was klarstellen.
„Danny, mag sein. Aber ich hätte Andi machen lassen. Ich hab's verdient.“
„Ich hätte ihn nicht einfach ‚machen lassen’. Es geht ihn im Grunde nichts an.“ Danny klang etwas energischer.
Matze tippte mir auf die Schulter und raunte mir zu, dass ich was vergessen würde.
„Warte mal eben.“ Ich kramte in meiner Tasche und zog Handy und Schlüssel raus, legte es zu Danny auf den Tisch.
„Danke.“
Lucio brachte den Kaffee. Wir genehmigten uns einen Schluck.
„Danny, ich hab da noch was...“
Und wieder funkte Matze dazwischen. „Sorry, Mädels, kann ich Euch mal eben allein lassen? Ihr seht nicht so aus, als ob hier in den nächsten Minuten die Hölle losbricht.“
Danny und ich nickten.
„Okay, bis gleich.“ Und schon war er verschwunden.
„Du hast noch was für mich?“
„Ja...“, ich atmete tief durch und griff hinter mich.
Danny starrte auf das Bündel Rosen. Etwas zögerlich nahm er sie entgegen.
„Danny, ich hab mich in Dich verliebt und es gründlich versaut.“
„Hmmm-hmmm. Das hast Du. Und... ich brauch etwas Zeit. Ich empfinde noch was für Dich. Aber die letzte Nacht... ich kann sie nicht einfach vergessen. Es tut weh. Bitte lass mich eine Weile in Ruhe und nachdenken. Ich werde mich bei Dir melden. Okay?“
„Okay. Lass Dir Zeit.“
Danny nahm seine Sachen und stand auf. „Bis bald Micha.“
„Bis bald, Kleiner.“
Er kam noch kurz zu mir, legte etwas zögerlich die Hand auf meine Schulter und ging. Dann war er weg. Mir fiel nichts Besseres ein, als noch ein wenig in meinen Kaffee zu heulen, bis Matze wieder hereinkam. „Und?“ fragte er.
„Er meldet sich, wenn er nachgedacht hat.“
Matze nickte. „Andi hat übrigens vor dem Laden gewartet und er bringt Danny heim. Ich hab noch etwas mit ihm geplaudert. Der tut Dir nix mehr. Hast ihm sogar etwas leid getan. Unsere Macho-Schwuchtel sieht man ja nicht jeden Tag rumheulen.“
„Na danke für die Blumen.“
„Beschwer Dich ruhig. Wenn Dir ‚Gewissenloser Wichser’ lieber ist als ‚Macho-Schwuchtel’, dann kannst Du das gerne haben.“
„Touché, Du hast gewonnen. Du herzensgute Hete.“
„Versau es nicht noch mal, falls Du die Chance bekommen solltest.“
„Ja. falls ich sie bekomme.“
„Du wirst sie bekommen. Der Kleine ist Dir hoffnungslos verfallen. Spricht nicht gerade für seinen Geschmack, aber sonst ist er okay.“
Samstag, 15 Uhr in Mannheim. Für mich ist das Wochenende gelaufen.
Matze fuhr mich noch nach Hause und machte sich dann selber auf den Heimweg.
Ich fiel ins Bett und drückte mein Gesicht auf das Kissen, auf dem Danny heute Nacht gelegen hatte. Es roch nach ihm. Ich weinte mich in einen tiefen Schlaf.
Am Sonntag wachte ich auf, es war schon 19 Uhr. Ich rappelte mich noch kurz auf und machte mir ne Kleinigkeit zu essen, trank ne Flasche Wasser gegen den trockenen Hals und marschierte ins Bad. Zähneputzen, Toilette und dann fiel ich auch wieder ins Bett. Ich träumte von Danny. Als er mich küssen wollte, wurde ich unsanft geweckt durch das schrille Fiepen meines Weckers.
Unitag: Ich schleppte mich ins Bad, duschte kurz und machte mich notdürftig zurecht. Nach ’ner schnellen Tasse Kaffee ging’s dann zur Uni. Die hätte ich mir aber auch sparen können, mitbekommen hab ich nichts. Meine Kommilitonen starrten mich seltsam an. Kein Wunder, so mitgenommen hatte mich hier noch keiner gesehen. Unrasiert, die Haare völlig wirr und der apathisch leere Ausdruck meiner Augen. Im Spiegel hab ich mich selber nicht erkannt. Worte drangen wie durch Watte an meine Ohren und verhallten ungehört. Roboter, ja, ich war wie ein Roboter auf Autopilot.
Dann sah ich, wie jemand auf mich zeigte, und jemand etwas sagte wie: „Ja, das ist Michael.“
Plötzlich kam so ein Knäblein auf mich zugeschossen, und auf einmal hatte ich mit einem Knall seine Faust im Gesicht.
„Für Danny, Du Penner!“
Der Schlag tat körperlich nicht so sehr weh, aber innerlich schmerzte er wahnsinnig.
„Du bist wohl der Kumpel, mit dem er am Freitag hier war?“ fragte ich matt.
Grimmig funkelnd nickte er.
„Wenn Du magst, hau ruhig noch mal zu. Es trifft nicht den Falschen.“ Fassungslos starrte er mich an.
„Du tickst ja echt nicht ganz sauber“, meinte er und entfernte sich kopfschüttelnd.
Alle blickten zu mir rüber, völlig verwundert.
„Was glotzt ihr so? Man, haut mir doch alle eine rein!“ brüllte ich erst, wurde aber mit jedem Wort leiser.
Aber es hatte gewirkt, die Anderen entfernten sich, keiner sprach mich noch an.
Die ganze Woche lief nach dem gleichen Schema ab. Mittwochs beim Karate-Training musste ich dann ziemlich einstecken.
„Mann, Micha, pass auf, sonst verletze ich Dich noch“, sagte Gabriel, mein Trainingspartner, nachdem seine Hand mir etwas unsanft auf den Brustkorb schlug und ich leicht schwankte.
„Sorry, ich war gerade abgelenkt.“
„Das war aber nicht der erste Treffer. Mann, ne, heute macht’s keinen Sinn mit Dir!“
Und schon rief mich unser Trainer in sein Büro.
„Michael, was ist los? Hast Du gerade Sehnsucht nach Schmerzen? Mann, es sieht ja fast so aus, als ob Du Dich mit Absicht verprügeln lässt.“
„Klaus, es tut mir leid, ich bin heute nicht bei der Sache.“
„Nicht bei der Sache? Eine sehr charmante Untertreibung. Pack Deine Klamotten und geh heim. Ich hab keine Lust, noch den Notarzt rufen zu müssen. Und wenn Du reden willst, Du weißt wo ich bin.“
„Das ist nicht nötig, ich reiß mich zusammen.“
„Umziehen und raus, keine Widerrede, das ist mein letztes Wort!“
Ich gab auf und tat was er sagte. „Dann bis nächste Woche, Sensei.“
Klaus hatte ja Recht, meine Brust schmerzte schon von Gabriels Schlägen, denen ich nicht ausweichen konnte, oder wollte.
Es war eine gerechte Strafe. Und noch immer kein Zeichen von Danny. Innerlich schloss ich schon fast mit ihm ab. Ich würde ja auch nicht zu mir zurückkommen.
Mit einer Zigarette im Mund lief ich durch den Regen zum Auto.
Daheim ließ ich mir ein Bad ein und mein Handy klingelte. „Anrufer unbekannt“ blinkte auf dem Display.
Ich drückte auf den grünen Hörer. „Sprengel?“
Keine Antwort. „Hallo, wer ist denn dran?“
Es knackte kurz und mein Telefon zeigte ein „Anruf beendet“ an.
Na toll. Und dann klingelte es wieder. Diesmal war es Matze.
„Matze...“
„Was ist los mit Dir? Gabriel hat vor ein paar Minuten angerufen, ob ich wüsste was mit Dir nicht stimmt. Ich hab nichts gesagt, dabei stimmt mit Dir ja so Einiges nicht.“
„Danke auch. Ja, ich bin ein völlig gestörtes Wesen, zurzeit am Liebsten deprimiert und trauere einem Kerl hinterher. Sonst noch was?“ kam es bissiger, als ich eigentlich wollte.
„Das wird sich dann auch vorerst nicht ändern. Danny ist sich immer noch nicht sicher, was er machen soll.“
„Er ist noch sauer?“
„Dumme Frage. Aber eigentlich nicht. Er hat Angst, dass Du es Dir wieder anders überlegst. Auch wenn er Dir vielleicht sogar verziehen hat, vergessen ist noch nichts.“
„Matze, ich halt es nicht aus, er fehlt mir.“
„Sag mal, tickst Du noch richtig? Wen interessiert, wie DU Dich fühlst! Ne, mein Lieber, dafür trägst Du ganz allein die Verantwortung.“
Ich konnte nichts mehr sagen, die Tränen kamen zurück und ich heulte mal wieder ins Telefon.
„Mann, Micha, sorry. Das war jetzt ein wenig hart von mir, tut mir leid.“
„Du hast ja Recht. Ich bereue wirklich, was ich da getan hab, und ich könnte mir ständig eine reinhauen. Dannys Kumpel hat’s am Montag auch schon getan. Ich wünschte er hätte weitergemacht.“
„Deshalb hast Du Dich von Gabriel schlagen lassen? Du bist ja verrückt.“
„Schuldig.“
Ich konnte ein leichtes Grinsen von Matze „hören“: „Idiot. Ich red mal mit Andi, der ist fast jeden Tag bei Daniel.“
„Danke Matze. Ich hoffe, ihr könnt mir das irgendwann auch verzeihen.“
„Um ehrlich zu sein: Ich bin Dir nicht mehr böse. Ja klar, ich hab Dich am Freitag gehasst. Aber irgendwie war es vielleicht auch gut so, wie es passiert ist.“
„Gut?“ lachte ich bitter auf‚ „Was soll daran gut sein?“
„Weil scheinbar der Mensch Michael wieder zum Vorschein gekommen ist, und nicht nur die ‚Fickmaschine’. Hast Du eigentlich ne Ahnung, wie mies Dein Ruf geworden ist?“
„Kann’s mir denken. Matze, sorry, aber ich muss in die Wanne. Gabriel hat echt ein paar hübsche Treffer gelandet. Und nochmals danke. Freunde?“
„Freunde... unter einer Bedingung!“
„Welche?“
„Bleib der Mensch Michael. Zeig mehr Gefühl und vergiss Deinen Ex. Er ist Geschichte. Lass niemanden mehr für seine Fehler bezahlen. Okay?“
„Ich verspreche es Dir“, sagte ich matt.
„Gut. Freunde!“ Seine Stimme klang viel ruhiger und entspannter.
„Danke, ich hab Euch nicht verdient.“
„Da hast Du Recht. Aber Du bist auf dem besten Weg dazu.“
„Na dann. Okay Du, ich geh in die Wanne. Wir hören uns dann. Tschüß Matze!“
„Jupp, tun wir. Machs gut und: Kopf hoch, Großer.“ Wir legten auf und kurze Zeit später entspannte ich mich in der heißen Badewanne.
Trotzdem, spätestens Freitag hätte mich nicht mal mehr meine Mutter erkannt. Weiterhin unrasiert und müde. Ich ging auf dem Zahnfleisch. Seit Mittwoch hatte ich weder von Matze, Andi und erst Recht nicht von Danny gehört. Keiner nahm meine Anrufe an.
Ich fing sogar das Beten an.
Doch auch hier kam keine Antwort.
Von den Vorlesungen der Woche blieb nichts hängen. Alles zwecklos.
Ich ging einfach wieder ins Bett. 17 Uhr ist spät genug, da kann man ja ruhig schlafen gehen.
Irgendwann läutete mein Handy. Ein Blick auf den Wecker verriet mir, dass es fast 21 Uhr war. Ein Blick auf das Display... Andi?
„Ja?“ brummelte ich kraftlos.
„Micha, Du hörst Dich beschissen an.“
„Gut, dann klinge ich besser als ich mich fühle.“
„Wenn mir das letzte Woche einer erzählt hätte, dass Du wegen ’nem Typen dermaßen die Depri bekommst, ich hätte ihn ausgelacht.“
„Depri? Hätte ich gern. Das wäre besser als jetzt.“
„Jetzt mach mal die Ohren spitz, Du Mädchen, und flenn mir nicht die Ohren voll. Ich komme in einer dreiviertel Stunde bei Dir vorbei. Nutz die Zeit und richte Dich wieder wie ein Mensch her. Also duschen, rasieren und mach mal was mit Deinen Haaren. Wischmob steht Dir nicht.“
„Hä?“
„Rausputzen! Das ist ein Befehl. 45 Minuten. Und wenn Du nicht fertig bist, dann prügele ich Dir den Verstand zurecht, verstanden?“
„Okay.“
„Okay? Mensch, sonst lässt Dir so was doch nicht gefallen. Micha, bitte. Mach es einfach.“
Nanu? Er hatte bitte gesagt.
„45 Minuten, alles klar. Schaff ich schon, irgendwie.“
„Bis dann.“
„Bis später!“
Ich war dann tatsächlich pünktlich fertig, sah mir sogar fast schon wieder ähnlich. Etwas blass um die Nase, aber sonst ganz okay.
Rausputzen meinte er. Ich griff nach meinen weißen Jeans und dem engen blauen Seidenhemd. Dazu passten auch die weißen Slippers und die Jeansjacke in derselben Farbe.
Ein schneller Blick in den Spiegel. Fast. Ich fixierte noch schnell ein paar meiner blonden Strähnen mit etwas Gel. Es klingelte. Perfekt.
Mit wenigen Handgriffen hatte ich dann auch den Rest beisammen. Schlüssel, Handy und Kippen.
Andi wartete schon ungeduldig und ich kletterte auf den Beifahrersitz. Er musterte mich von oben bis unten. „Wenn ich jetzt nicht hetero wäre, dann könnte ich fast verstehen, was Danny an Dir findet“, grinste er.
„Danke für die Blumen. Aber ob er noch was an mir findet, ist noch nicht raus. Ich würde ihn ja verstehen. Die Woche war bisher jedenfalls die Hölle.“ Irgendwie fiel mir diese seltsame Anspielung nicht auf.
„Die Woche hast Du Dir redlich verdient. Aber mach Dir keinen Kopf und warte mal den Abend ab.“
Dann ging es los. Bald war mir das Ziel klar, es ging wieder ins Climax.
Als Lucio uns sah grüßte er freundlich, sogar mich. Irgendwas war hier im Gange, und ich lächelte. Eine leise Vermutung schlich sich ein.
Andi führte mich zu einem Zweier-Tisch, liebevoll dekoriert. Ein Gesteck aus roten Rosen schmückte die Mitte. Andi deutete auf einen Stuhl, zog ihn ein wenig zurück und ließ mich Platz nehmen. Was sollte das denn jetzt werden? Ein Date mit Andi? Ne, oder? Doch der grinste nur, wünschte mir einen schönen Abend und verschwand. Toll.
Lucio kam auf mich zu, in seiner Hand ein Tablett mit 2 Gläsern, vermutlich Prosecco. Irgend jemand war noch hinter ihm.
Danny!
Er setzte sich auf den anderen Stuhl und betrachtete mich. Und er lächelte, während Lucio die Prickelbrause servierte.
„Danny, ich…“
Er legte einen Finger auf meinen Mund. „Sag nichts. Ich habe lange über Dich nachgedacht. Andi hat mir erzählt, wie Du Dich hast hängen lassen. Erst war es mir egal. Aber ... er hat sich sehr für Dich eingesetzt. Du würdest es wirklich ernst meinen.“
Andi hatte das getan? Wow.
„Micha, es tut mir leid, aber ich kann nicht anders...“
Mein Herz rutschte in die Hose, und der klägliche Rest an Farbe verließ schlagartig mein Gesicht. Okay, das hatte ich verdient. Er, Moment, aber warum sagte er das von Andi? Oder war das nun die Rache. Erst Hoffnung schenken und dann das Herz mit dem Messer durchstoßen?
Mir wurde übel, die Tränen sammelten sich in meinen Augen.
„Ist Dir nicht gut?“
Ja, verhöhne mich ruhig. Du hast schnell gelernt Kleiner. Du hast begriffen, wie meine Waffen funktionieren.
„Micha, hör mir bitte noch zu.“
JA verdammt, reiß mir das Herz raus!
„Bitte, mach’s kurz“, krächzt es heiser aus mir raus.
„Nein. Ich will es nicht kurz machen. Es soll für immer sein.“
Ich will hier raus. Aber mein Körper versagt. Ich kann mich nicht rühren.
„Brich mir jetzt bitte nicht zusammen.“ Er schaut mich besorgt an.
„Also, ich kann einfach nicht anders. Ich muss Dir einfach eine Chance geben. Oder ich geh drauf.“
Laufpass geben? Nein, das war es nicht. Hat er „Chance“ gesagt?
„Micha? Sag was! Gott, fall nicht in Ohnmacht!“
Wo ist er hin, er ist nicht mehr auf dem Stuhl. Irgendwas umklammert meine Hand. Seine Hand! Er kniet neben mir?
„Micha? Verdammt rede! Ich verzeihe Dir. Ich will mit dir zusammen sein!“
Mein Herz rast. Ich kann nicht denken. Ich will etwas sagen, aber etwas lastet auf meinen Lippen. Vor meinen Augen tanzen schwarze Striche. Haare. Schwarze Haare? Die Last auf den Lippen ist eine weiche Last. Seine Lippen.
„Danny?“
„Ja, ich bin es. Hast Du mir zugehört?“
„Weck mich bitte.“
„Du bist wach, Du Blödmann.“
Der Weichzeichner vor meinen Augen verschwindet, die Watte ist nicht mehr im Ohr. Meine Sinne kehrten zurück.
„Danny?“
Er wirkte langsam etwas ängstlich.
„Micha, geht es Dir nicht gut? Dreh bitte nicht durch. Ich liebe Dich!“
Ich lächelte: „Ich liebe Dich auch!“
Danny fiel mir um den Hals und küsste mich wieder. Die Leute klatschen und...
Lucio ruinierte den Augenblick, als er grinsend die Fanfaren von „Eye of the tiger“ erklingen ließ.
Das Leben ist hart aber ungerecht. ^^
Als Entschädigung servierte der fiese Italiener die „Honeymoon-Platte“. Keine Ahnung, was alles drauf war, aber es schmeckte. Wir fütterten uns gegenseitig, oder küssten, oder fütterten und so weiter und so fort.
Irgendwann schlug die Uhr 2. Und Andi stand vor uns und verneigte sich.
„Meine Herren, dieses Lokal würde gerne schließen und hat deshalb den Honeymoon-Express geordert. Wenn die Herren dann freundlicherweise den Weg zum Ausgang antreten würden?“
„Sehr wohl, Gustave“, kicherte Danny.
Diesmal „mussten“ wir beide nach hinten. Danny hing sofort halb auf mir und küsste mich leidenschaftlich. Seine Zunge machte mich fast wahnsinnig.
Andi zischte plötzlich: „Es gibt hier ein paar Regeln: nicht ausziehen, keine Flecken auf dem Sitz und warten, bis ihr daheim seid, okay?“
„Yes Sir!“ Danny mal wieder.
„Gut, wir verstehen uns.“
Die Fahrt endete bald und wir konnten uns endlich der lang erwarteten Versöhnung hingeben.
Ob ich ihn nach dieser Nacht wieder vor die Tür setzte? Mit Verlaub, ich bin vielleicht ein Mistkerl, aber kein Idiot.
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