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Der Dieb
Teil 3
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Inhaltsverzeichnis
*Adrian*
Die Typen hatten uns fast erreicht und wollten uns eben ansprechen, als sie von einer lauten Frauenstimme unterbrochen wurden.
„Hach Schatz, da bist du ja endlich! Ich fürchtete schon, du würdest dein Versprechen nicht einlösen.“
Zu meinem Bedauern nahm Micha sofort seine Hand weg und ich blickte mit offenem Mund die zierliche Person an, die zwischen den Männern auftauchte. In diesem enganliegenden, schwarzen Kleid – hochgesteckte Haare und elegante Pumps – das war wirklich Cat! Mit einem vor Freude strahlenden Gesicht trat sie auf mich zu, hauchte mir einen Kuss knapp neben meinen Mund und hakte sich dann bei mir ein.
„Kann ich den Herren irgendwie weiterhelfen?“, fragte sie schnippisch die Security, als sie „bemerkte“, dass diese um uns herumstanden.
„Gehört dieser Gentleman zu Ihnen, Madam?“, hüstelte sich daraufhin einer ab.
„Nach was sieht es denn aus?“, antwortete die Kleine arrogant und blickte hochnäsig auf ihn hinab.
„Dann entschuldigen Sie das Missverständnis.“
„Na das ist ja wohl das Mindeste!“ Boa, ich wusste ja gar nicht, wie scheiße Cat drauf sein konnte. Als würden die Typen nicht existieren, lächelte sie mich aufreizend an. „Darling, ich weiß ja, dass deine Sicherheit sehr wichtig ist, aber kann dein Bodyguard dieses Mal nicht etwas mehr Abstand zwischen uns beiden lassen, hm?“
Gott, die Frau blickte mich an, als wolle sie mich gleich vernaschen. Aber es funktionierte. Die Typen verkrümelten sich ziemlich schnell, worauf Cat nur noch mehr lächelte. Gut, dann wollen wir doch mal das Spiel mitspielen. Mein fiesestes Grinsen aufsetzend hob ich lässig meinen Arm und schnippe mit den Fingern. Ich wusste genau, dass Micha Cats Bitte gehört hatte und hätte nur zu gerne sein angepisstes Gesicht gesehen.
„Tanzen?“, fragte mich dann die Kleine, wartete allerdings keine Antwort ab und zog mich gleich Richtung Musik.
Auf dem Parkett nahmen wir Aufstellung und begannen dann, uns elegant zu den klassischen Tönen zu bewegen. Anfangs fiel es mir noch schwer, den Schritten zu folgen, da ich echt eingerostet war. Doch nach und nach kam mir wieder jede Abfolge ins Gedächtnis, worauf ich dann die Führung übernahm und mich endlich etwas entspannte.
„Danke. Das war vorhin wirklich knapp“, begann ich ein Gespräch.
„Kein Problem. Aber sag mal, warum seid ihr beide hier? Es war doch vollkommen klar, dass das ´ne Falle ist. Die klappern jeden ab, der nicht zur üblichen High Society gehört. Michael hätte das wissen müssen!“
„Er dachte wohl, dass ich ´ne super Tarnung wäre“, machte ich meinen Ärger Luft, lächelte aber nach außen hin weiter. Jeder, der uns beobachtete, musste uns wohl für ein verliebtes Paar halten, was gelassen miteinander plauderte. Auf meine Aussage hin gluckste Cat belustigt auf.
„Du als Tarnung? Na ob er sich das gut überlegt hat.“
Hääää???
„Wie meinst du das?“
„Ich bin auf Michas Akte gestoßen. Und dabei seltsamerweise gleich auf deine mit.“
Sacht tanzten wir zu den langsamen Klängen und nur ab und an trennten sich unsere Körper ein Stück, als ich die Frau im Arm etwas drehte, um sie dann wieder zurück zu mir zu holen. Auf meinen erschrockenen Blick hin, musterte mich Cat intensiv.
„Sag mir jetzt mal ganz ehrlich, was du vorhast. Was empfindest du für ihn?“
Tief atmete ich durch und versuchte zu lächeln.
„Verwirrung. Ich glaube, das passt am ehesten als Antwort auf die letzte Frage. Und zwecks ersterem: Ich werde ihn auf keinen Fall verraten oder ausliefern! Er ist der Erste, der wirklich an mich glaubt. Denk ich zumindest.“ Schief grinste ich die Kleine an, die es lieblich erwiderte. „Zum ersten Mal habe ich das Gefühl, dass das, was ich mache, richtig ist. Dass ich wo hingehöre, verstehst du?“
„Bist du dann nicht auch der Meinung, dass er die Wahrheit verdient? Du musst ihn über alles aufklären!“
„Bist du verrückt? Er würde mich kaltblütig umbringen, wenn er Bescheid wüsste.“
Leicht schüttelte Cat ihren Kopf zwecks der Übertreibung.
„Irgendwann wird er so oder so alles erfahren. Und ich persönlich fände es besser, wenn dies durch dich passiert und keinen Außenstehenden.“
Oh Mann, ich wusste ja, dass sie recht hatte, weswegen das Ganze mir trotzdem nicht gleich gefallen musste. Aber Moment. Ein interessanter Punkt kam mir gerade noch in den Sinn.
„Sag mal, Liebes. Wie bist du an die Akten rangekommen?“, fragte ich sie zuckersüß. Sie schaute mich einfach nur an.
„Also ich bin ins Büro rein, hab mir die Akte geschnappt und fertig. Klar, eigentlich hab ich da nicht viel zu suchen, aber so sehr fällt das bei mir auch nicht auf.“
Bitte??? Diese Dokumente unterlagen der höchsten Geheimhaltungsstufe. Wenn das nicht weiter auffiel … dann … Oh Shit!!!
„Scheiße, du bist adlig!“, bemerkte ich nicht gerade leise.
„Schschsch! Am besten du besorgst dir noch ´nen Megaphon!“
„Warum schleichst du dann als mickrige Söldnerin durch die Gegend?“
„Na ja. Ich hab mir den Privatjet meiner Tante ‚ausgeborgt‘.“
„Den Jet deiner Tante. Die einzige, die einen privaten Jet besitzt, ist die … Scheiße! Die Königin ist deine Tante??? Oh Mann, das wird ja immer besser!“
Ich tanzte hier echt mit einer waschechten Prinzessin. Nicht mit irgendeiner – nein! Ich bevorzugte gleich das höchste Adelsgeschlecht der Organisation überhaupt. Mal abgesehen davon, dass mir jetzt so einiges klar wurde, wurde mir spontan schlecht.
„Jetzt krieg dich mal wieder ein! Ich hab um den Status nicht gebeten, klar! Außerdem riskier ich hier gerade Kopf und Kragen, um euch aus der Patsche zu helfen! Eigentlich habe ich überhaupt keinen Zugriff auf eure Akten. Die werden schlimmer bewahrt als die Unschuld der heiligen Maria. Wenn irgendjemand mitbekommt, dass ich geschnüffelt habe, bin ich echt am Arsch und das richtig. Also still jetzt!“
„Scheiße. Wenn das Micha erfährt …“ Ich war immer noch wie benebelt.
„Hallo, hast du mir gerade überhaupt zugehört? Du wirst schön den Mund halten. Michael macht aus mir Hackfleisch, wenn er mitkriegt, welchen Status ich wirklich innehabe. Es war so schon schwierig genug, einen Hauch seines kostbaren Vertrauens zu gewinnen. Ich weiß, dass klingt jetzt total dämlich, aber ich mag euch beide und will euch nur ungern als Freunde verlieren.“
Jupp, das hörte sich wirklich voll bescheuert an, weswegen ich schief grinste.
„Du magst mich also“, stellte ich belustigt fest.
„Vielleicht … etwas … manchmal.“
Beide sahen wir uns an und seltsamerweise schien mir alles klar zu sein.
„Jeder hat also sein kleines, schmutziges Geheimnis. Ich werd nicht plaudern“, meinte ich dann, worauf ich bei Cat sogar so etwas wie Erleichterung entdecken konnte.
„Das beruht auf Gegenseitigkeit. Allerdings umfasst das bei mir um einiges mehr. Ich werde meine Leute nicht hintergehen. Das ich euch heute geholfen habe, war eine Ausnahme.“
Okay, jeder hatte halt so seine Prinzipien und ihre konnte ich gut verstehen, warum ich auch nicht böse war.
„Komm, lass uns zur Seite gehen, sonst bringen mich diese Schuhe noch um.“
Breit grinsend verließ ich mit ihr die Tanzfläche Richtung Serviceausgang, wo es etwas ruhiger war und lichter wurde. Warum mussten Frauen auch unbedingt High Heels tragen? Die Dinger sind nicht nur ungesund und unbequem, sondern auch komplett unpraktisch.
„Der Anzug steht dir übrigens fantastisch.“
Was? Ein Kompliment? Von ihr? Verlegen kratzte ich mich am Kopf, worüber sie sich köstlich amüsierte.
„Und ich scheine nicht die einzige zu sein, die das so sieht“, sagte sie weiter und blickte wie durch Zufall in Michas Richtung.
„Pha, der hat mich doch kaum angeschaut.“ Von einer Sekunde auf die nächste schlug meine Stimmung ins volle Negative um.
„Ach, jetzt hör aber auf. So wie er dir die ganze Zeit hinterhersabbert.“ Zweifelnd sah Cat mich an. Ich zuckte nur mit den Schultern und ließ meinen Blick schweifen. „Hey, Kopf hoch. Mit etwas mehr Geduld packst du das schon.“ Liebevoll strich sie mir über den Arm und gab mir etwas Mut in der Sache.
„Hab ich eigentlich schon erwähnt, dass du heute Abend hinreißend ausschaust?“, versuchte ich das Thema zu wechseln und setzte mein unwiderstehlichstes Lächeln auf. Und es funktionierte. Cats blasse Wangen gewannen etwas an Röte und sie strich sich verlegen über ihre hochgesteckten Haare. Doch dann verharrte sie und versuchte irgendwas aus ihrem Haar zu fischen.
„Warte, ich helf dir“, bot ich der Söldnerin an, worauf sie ihre Hände wegnahm und mich machen ließ. Ich angelte ein kleines, rechteckiges Metallblättchen von ihrem Kopf und zeigte der Kleinen, was ich gefunden hatte.
„Du hast das wohl etwas falsch verstanden, als dir einer mal sagte, du sollst mehr Eisen zu dir nehmen“, kicherte ich, wurde jedoch gleich wieder still. Cats Blick sprühte vor Wut. Sie schmiss das Blättchen zu Boden und trat mit ihren spitzen Hacken ein paar Mal drauf rum.
„Die haben mich echt verwanzt!“, zischte sie ungläubig und aufgebracht zugleich. Dann wandte sie sich an mich. „Los! Geht!“
Dabei nickte die Söldnerin in die Richtung, wo ich den Botenausgang vermutete. Ohne Zeit zu verlieren drehte sie sich um und mischte sich wieder unter die anderen Menschen, nicht ohne Michael noch ein knappes Zeichen zu geben.
„Was ist passiert?“, fragte mein Lehrer gleich, als er zu mir aufgeschlossen hatte, um mir zum Ausgang zu folgen.
„Cat hatte in ihren Haaren eine Wanze. Gut möglich, dass die unser gesamtes Gespräch abgehört haben. Und das war verdammt noch mal ziemlich persönlich.“
Ich war richtig sauer darüber. Auch wenn ich mich für meinen Weg schon klar entschieden hatte, ging denen meine Gefühle noch lange nichts an. Außerdem würde Cat bestimmt jetzt üblen Ärger bekommen.
„Das war doch vorauszusehen, dass sie unter Beobachtung steht. Du solltest wirklich mehr deinen Kopf benutzen. Und wenn wir gerade dabei sind. Weißt du eigentlich, wo wir überhaupt hinlaufen?“
Oh Mann, Micha tat natürlich voll auf altklug. Er wusste ja auch immer alles ganz genau.
„Dort hinten, links, in dem Raum gibt es ´ne Tür, die der Cateringservice benutzt, weil’s ´ne Abkürzung zur Küche ist, die wiederum einen Hinterausgang hat“, antwortete ich genervt und versuchte meinen Ärger hinunter zu schlucken. Später hatte ich schließlich noch genug Zeit ihm vorzuhalten, dass ich meine Hausaufgaben gemacht hatte. Mein Ärger schlug allerdings in Unglauben um, als ich in den besagten Raum eintrat und keine Tür vorfand.
„Abkürzung… so, so“, schnaubte Micha hinter mir, drehte sich um und wollte das Zimmer wieder verlassen. Doch ich blieb wie angewurzelt stehen.
„Nein. Hier ist eine Tür, dass weiß ich ganz genau. Auf dem Plan war hier eine Tür und die Cateringfutzies kamen immer aus dieser Richtung!“
Dann begann ich hin und her zu laufen und tastete mit den Händen die Wände ab. Der Raum war etwas verwinkelt und tapeziert mit einer farbenfrohen Tapete mit wildem Muster. Vielleicht lag die Tür nur etwas versteckt. Mein Mentor glaubte mir allerdings kein Wort, sondern verlor die Beherrschung. Er packte mich am Arm und zerrte mich von der Wand weg.
„Für so einen Unsinn haben wir absolut keine Zeit. Finde dich damit ab, dass du falsch gelegen hast und lerne endlich deinen mickrigen Verstand einzusetzen!“
Das hatte gesessen. Ich meine, ich durfte mir ja schon viel von ihm anhören, aber so verärgert wie jetzt, hatte ich ihn noch nicht erlebt. Mir schien es außerdem so, als ob in dem schroffen Ton eine gute Portion Enttäuschung mitschwang, was mir einen kräftigen Stich ins Herz verpasste. Letzteres veranlasste mich auch dazu, mich ihm in den Weg zu stellen, als er wieder den Ausgang ansteuerte.
„Michael, bitte! Glaub mir einfach – nur dieses eine Mal“, wagte ich einen letzten Versuch, ihn zu überzeugen, doch seine Geduld war am Ende.
Noch viel wütender als vorher packte er mich an den Schultern und wollte irgendwas sagen, wurde aber von sich nähernden Personen unterbrochen. Mit einem Ruck hatte er uns in die hinterste, verwinkelte Ecke des Raumes manövriert, mir seine Hand auf den Mund gepresst und seinen Körper dicht an meinen gedrängt.
„Ich finde solche Galas im Allgemeinen tot langweilig. Die Leute hier sind mir viel zu arrogant. Letztens wurde ich auf ´ne Geburtstagsfete von einer Firma geschickt. Da ging’s richtig ab, mit cooler Musik und sogar ´ne Wii …“
Zwei junge Männer kamen in den Raum, balancierten jeweils ein Tablett vor sich her und unterhielten sich angeregt. Zum Glück. Denn hätten sie nur einmal aufmerksamer nach hinten geschaut, hätten sie uns hinter dem schmalen Wandvorsprung entdeckt. Was jedoch das Interessantere war, dass einer von denen eine Hand auf die Wand legte, leicht dagegen drückte und diese sich dann einen Spalt breit öffnete.
Ich hatte also doch recht! Die Tür war genau da, wo ich sie erwartet hatte, halt nur etwas versteckt. Als die beiden Männer weg waren und Micha seinen Griff etwas löste, stieß ich ihn mit voller Kraft von mir weg, so dass er ein paar Schritte zurücktaumelte. Eigentlich hätte ich es ja genießen müssen, seinen starken Körper so dicht bei mir zu haben, sein Herz an meiner Brust zu spüren, welches ungewöhnlich schnell schlug. Doch ich war viel zu enttäuscht.
„Und du solltest endlich lernen, mir zu vertrauen.“ Meine Worte waren ruhig. Nur mein Blick und die zu Fäusten geballten Hände verdeutlichten, wie wütend ich eigentlich auf ihn war. Dann ließ ich ihn einfach stehen und ging durch „meine“ Tür.
Ein schmaler, dunkler Gang führte wirklich direkt in die Küche. Wir hatten Glück, dass wir kurz davor zwei Wäschesäcke fanden, aus denen wir schmutzige Kochschürzen fischten und uns überwarfen. Danach hievten wir uns die Säcke auf die Schulter, womit unsere Gesichter zum Teil verdeckt waren und wir unbehelligt durch die Großraumküche nach draußen verschwanden. Zu unserer coolen Limousine konnten wir nicht mehr zurück, da es dort von Gorillas nur so wimmelte. Also blieb uns nur übrig, zu Fuß zum Parkplatz am Stadtrand zu laufen.
Den ganzen Weg über wechselten wir nicht ein Wort miteinander. Mein Mentor ging mit einem forschen Schritt voraus, bei dem ich Mühe hatte, mitzuhalten ohne zu joggen. Ich erwartete einfach nur eine Entschuldigung, mehr nicht. Ein klitzekleines Zugeständnis seinerseits hätte mir vollkommen gereicht. Aber nein, er tat lieber voll das Gegenteil.
Als wir im Auto saßen, öffnete er das Handschuhfach und warf mir die Augenbinde auf den Schoß. Mein Ärger, der bei dem Fußmarsch nach und nach verraucht war, keimte wieder vollends auf. Wütend blickte ich ihn mit fest aufeinandergepressten Lippen an, doch er fummelte nur am Radio rum und versuchte einen Nachrichtensender zu finden. So viel zum Thema Vertrauen. Ein paar Mal atmete ich tief ein und aus, um wieder etwas runterzukommen, und verband mir dann die Augen. Micha überprüfte alles knapp und fuhr danach los, Richtung Heimat.
*Michael*
Prima, da hatte ich wieder etwas angerichtet. Und alles nur, weil ich einfach aus meiner Haut nicht herauskam. Nachdem wir an dem Abend nach Hause gekommen waren, hatte Adrian den teuren Anzug sofort in die Ecke geworfen und war auf seiner Matratze verschwunden. Dieses Mal ließ ich ihn zufrieden, schnappte mir mein Sportzeug und trainierte bis früh in die Morgenstunden.
Ich hatte im Affekt reagiert und mich einfach von meinen Gefühlen übermannen lassen, was mich wohl am meisten ärgerte als die Tatsache, dass ich unrecht hatte. Am Tag darauf herrschte fast wieder Normalität. Zwar war mein Schüler noch immer etwas verhalten, aber wenigstens schaute er mich nicht mehr so vorwurfsvoll an.
Mein Gemüt hatte sich auch soweit wieder beruhigt, dass ich einen neuen Versuch wagte. Ein paar Tage später holte ich Adrian erneut zu mir ins Arbeitszimmer und zeigte ihm ein paar Grundrisse eines Museums. Dieses Mal allerdings ließ ich ihn mit den Plänen nicht allein.
„Heute gegen 15 Uhr werden wir dem Museum einen Besuch abstatten“, begann ich zu erklären.
„Offiziell oder eher inoffiziell?“ War der Kleine anfangs zurückhaltend, wurde er immer neugieriger, was mich leicht grinsen ließ.
„Vorerst offiziell. Momentan läuft dort eine Ausstellung über ‚Moderne Kunst und Schmuckstücke‘. Unter anderem ist eines der Exponate ein faustdicker Diamant mit einem besonderen Schliff. Man munkelt, dass dieser Stein schon sehr alt sei und aus der Zeit stammt, als Deutschland noch ein Kaiserreich war.
Laut Aussagen von Experten war dieser im Besitz von Königen, wurde immer an die nächste Generation weitervererbt und ging später an die politischen Herrscher. Kurz nach dem zweiten Weltkrieg verschwand er spurlos, tauchte hier und da mal angeblich in anderen Ländern wieder auf, was aber nie nachgewiesen werden konnte.
Jetzt ist er im Besitz eines reichen Typen, der ihn legal aus dem Ausland erworben hat. Laut der Papiere ist der Diamant nicht derselbe wie der aus den Geschichten. Aber ein paar Leute meinen, dass diese gefälscht seien. Deswegen habe ich wohl auch diesen Auftrag bekommen.“
Während ich Adrian alles erklärte, reichte ich ihm Fotos des Objektes und einige Ausdrucke aus dem Internet. Der Kleine sah sich alles genau an, saugte die Infos regelrecht auf. Nicht nur deswegen betonte ich das erste Wort des nächsten Satzes besonders.
„Unser Ziel ist es, diesen Diamanten durch ein Duplikat zu ersetzen. Deswegen werden wir uns heute vor Ort ein wenig umschauen und zwar so unauffällig wie möglich. Ganz in Ruhe widmen wir uns jedem Ausstellungsstück und betrachten es genau.“
„So fällt dann auch nicht auf, wenn wir länger vor dem Diamanten stehen.“
„Genau. Die Vitrine wird garantiert extra gesichert sein. Wenn wir Glück haben, war der Hersteller eitel und hat die Typenbezeichnung irgendwo draußen mit vermerkt. An den Aufbau kommt man übers Netz dann ganz einfach ran.“
„Eine Kamera wäre nicht schlecht. Da Fotografieren bestimmt verboten ist, müssen wir sie gut verstecken. Dann können wir zur Sicherheit Bilder von der Vitrine oder von den Ausgängen, Fenstern etc. machen.“
„Das ist der Grund, warum du ab heute Nachmittag Brillenträger bist.“
Ich reichte meinem Schüler auf dessen verwunderten Blick hin eine altmodische Brille, in deren Mitte eine winzige Kamera eingebaut war. Weiter nahm ich seine linke Hand und streifte über seinen Finger einen goldenen Ring. Seine leicht rötlich angelaufenen Wangen waren für mich kaum zu übersehen und auch ich musste mich zusammenreißen, professionell weiter zu arbeiten.
„Wenn du auf den kleinen Stein hier drückst, löst die Kamera aus. Entfernung und Lichtverhältnisse regelt sie selbst. Die Bilder werden per Funk auf diesen USB-Stick übertragen, also steck ihn nachher in deine Tasche. Das Ganze dauert ein paar Sekunden. Wenn du ganz in Ruhe bis drei zählst, dürfte alles passen.“
„Dann bin ich also der kleine, wissbegierige Student und du der geduldige Professor.“
Die Rollenverteilung gefiel mir, weswegen ich zustimmend lächelte. Ich konnte spüren, wie Adrian begierig darauf war, loszulegen. Er sprühte regelrecht vor Energie.
„Ein paar passende Sachen müsste ich sogar noch auf Vorrat haben.“
*Adrian*
Mal abgesehen von der schrägen Ringnummer, die mich ein wenig aus der Bahn geworfen hatte, war ich tierisch aufgeregt. Micha nahm mich wirklich auf eine Erkundungstour mit. Im Arbeitszimmer vorhin kam es mir fast wie ein Brainstorming vor. Als könnte ich mitbestimmen, würde zum Team gehören. Das einzige, was meine Hochstimmung ein Stück trübte, war die Augenbinde, die mein Mentor mir im Auto umlegte. Vertrauen schien für ihn noch immer ein Fremdwort zu sein.
Wie beim letzten Mal parkten wir am Rande der Stadt und liefen gemütlich durch die belebten Straßen. Es war absolut geniales Wetter, nicht zu warm oder zu kalt und schön sonnig. Unser Weg führte uns sogar durch einen Park, in dem ein glitzernder See lag. Ich musste einfach kurz stehen bleiben und diesen Anblick bewundern. Um Michas Haus war zwar auch viel Natur, von der ich bisher allerdings nicht viel gehabt hatte, außer Dreck im Gesicht vermischt mit Schweiß.
Worüber ich noch mehr staunte, war die Kugel Schoki-Eis, die mein Mentor mir auf einmal unter die Nase hielt. Er sagte nichts, schaute einfach nur auf das Wasser und schien genau wie ich die Aussicht zu genießen. Später im Museum verlief alles wie vorher abgesprochen. Wir blieben wirklich vor jedem Exponat stehen und Micha wusste immer auf die noch so dümmste Frage von mir eine Antwort – wenn es einige Male auch nur „Das müssten Sie aber langsam wissen“-Spruch gepaart mit einem mild mahnenden Blick war.
Die Vitrine, in der der Diamant lag, zeigte meiner Meinung nach nichts her. Schlichtes, schwarzes Untergestell ohne irgendeinen Aufdruck, dichtes Glas oben und ein schwarz funkelnder Stoff, der das Glitzern des Diamanten noch verstärkte. Der Stein sah wirklich atemberaubend aus und hatte genau diesen seltsamen Schliff, von dem mein Mentor erzählte. Besonders die vereinzelten Sonnenstrahlen, die sich durch das gläserne Dach stahlen, ließen ihn noch mehr leuchten.
‚Moment mal. Sonne? Glasdach?‘
Ein einziger, kurzer Blick nach oben und mir war vollkommen klar, auf was es hinauslaufen würde. Wieder zu Hause angekommen, werteten wir jedes Foto zusammen am Computer aus und berieten uns über die Vorgehensweise. Also eigentlich war es eher so, dass Micha ständig am Erzählen und Erläutern war und ich zwischen dem ganzen braven Zugehöre nur ab und an kleine Laute einwarf.
Danach verschwand er für eine ganze Weile, um weitere Infos und Ausrüstung zu besorgen. Mich ließ er mit den Worten: „Mach ein bisschen was für Körper und Seele“ einfach so sitzen. Mal davon abgesehen, dass ich so plötzlich freie Trainingswahl hatte, irritierte mich, dass er weiterhin sein Arbeitszimmer verschlossen hielt. Ich kannte doch eh jeden Schnipsel, der dort gerade auf dem Tisch verteilt lag. Vertrauen …
Micha kam erst mitten in der Nacht wieder und scheuchte mich regelrecht aus den Federn. Er warf mir ein paar schwarze Klamotten samt einer Uhr zu und teilte mir erst im Auto mit, was eigentlich los war. Das Ende der Ausstellung hatte sich um ein paar Tage verschoben, weswegen viel weniger Nächte in Frage kämen, die wir nutzen konnten.
Mein Mentor erklärte mir haarklein, was ich zu tun hatte, samt eines detaillierten Zeitplans, von dem ich überhaupt nicht begeistert war. Ich war doch nicht nur sein kleiner, dummer Handlanger! Er meinte lediglich, dass der erste Trip immer ´ne einmalige Sache war und ich mich lieber konzentrieren sollte. Toll, bei was denn? Beim Zugucken, oder was? Außerdem sagte er, dass dieser Coup einen Großteil seiner Rente sicherte. Na ja, wenn man so sein Alter betrachtete, war er ja nicht mehr weit davon entfernt, dachte ich böse und ergab mich meinem Schicksal.
Später standen wir auf dem Dach des großen Hochhauses. Ein paar Meter weiter vor uns befand sich die flache Glaskuppel, unter welcher wiederum der Diamant lag. Wenn der Mond seinen Schein auf den wertvollen Stein warf, sollte er angeblich unnatürlich schön leuchten. Für mich sah es eher aus wie eine Einladung für jeden Dieb.
Klar war das Glas extra gehärtet und behandelt worden, aber noch lange kein Hindernis. Nicht für den Typen, den ich zurzeit meinen Lehrmeister schimpfte. Jener war vor zur Kuppel geschlichen, um ein letztes Mal die Örtlichkeiten auszukundschaften und kam gerade wieder zurück. Seine Schritte entlockten dem schweren Kieseln unter seinen Füßen kaum einen Laut, im Gegensatz zu meinen, die ein lautes Knirschen verursachten.
„Okay, die Wächter bringen sich gerade in Position und beginnen ihre Runden. Du weißt, was du zu tun hast?“, fragte der Ältere mich ruhig. Ich verzog nur genervt das Gesicht.
„Warten, bis du mir das Zeichen gibst, den Strom abzustellen, dich nach dem Tausch wieder hochkurbeln und dann über die Dächer mit dir abhauen. Michael lass mich das machen. Ich bin viel leichter als du und gut von dir ausgebildet. Ich bin bereit. Ich …“
„Nein.“
„Aber …“
„Das ist mein letztes Wort. Ich allein bestimme, wann du zu was bereit bist.“
Wieder blieb er so widerlich ruhig und zeigte absolut kein Gefühl. Ich dagegen war total am ausflippen, wobei gerade zuletzt Gesagtes voll dazu beitrug.
„Du vertraust mir nicht. Du vertraust niemandem. Du bist einfach nur ein arrogantes, egoistisches Arschloch mit null Wertvorstellung, dem nichts und niemand wichtig ist.“
Nur leise hatte ich gesprochen und krampfhaft versucht, meine Stimme ruhig zu halten. Doch die Verbitterung in mir ließ sie ungewollt erzittern. Wieder passierte gar nichts. Weder tat mein Gegenüber irgendwas, noch erkannte ich irgendeine Emotion. Kühl und beherrscht stand Michael vor mir, wie aus Stein gemeißelt.
„Nicht einmal ich.“
Flüsternd wollte ich mich abwenden, damit mein Lehrmeister die aufkommenden Tränen in meinen Augen nicht entdeckte. Doch dieser schubste mich so stark, dass ich dank der unerwarteten Attacke seitlich auf den Boden knallte. Sekunden später thronte er über mir und drückte meine Schultern hart auf die Kiesel.
„Du wärst nicht hier, wenn ich dir nicht vertrauen würde“, zischte Michael wütend, dann presste er seine Lippen auf meine.
Ich war so dermaßen überrumpelt, dass ich überhaupt nicht reagieren konnte. Wie oft hatte ich mir das gewünscht, mich regelrecht danach gesehnt und nun passierte es. Er küsste mich – freiwillig, ohne eine blöde Wette oder Bedingung. Als er dann noch begann, meinen dünnen Pullover hoch zu schieben und seine warmen Hände meine nackte Haut berührten, bekam ich Panik. Erschrocken hielt ich seinen Arm zurück und löste mich soweit möglich etwas von ihm.
„Was soll das? Wieso machst du das?“, fragte ich aus Angst, es könnte wieder nur eine seiner Lektionen sein.
„Um dir zu zeigen, wie wichtig du mir bist“, antwortete Michael so sanft, wie ich ihn noch nie erlebt hatte.
Total überwältigt starrte ich ihn mit offenem Mund an. So ehrlich wie mich seine silbergrauen Augen anglitzerten musste ich ihm glauben. Aber wieso sagte er so was erst jetzt? Wieso hier? Vorerst kam ich nicht dazu, mir weiter meinen Kopf darüber zu zerbrechen.
Denn mit einem Ruck hatte er mir den Pullover ausgezogen und presste wieder seine Lippen sanft aber fordernd auf meine. Ich bekam nur am Rande mit, dass die groben Kiesel unter meinem nackten Rücken viel zu hart und kalt waren. Nur noch den warmen Körper des anderen nahm ich wahr, dessen heißer Atem auf meiner Haut, der mich in einen tranceartigen Zustand versetzte.
Wieder und wieder küsste er mich, biss zärtlich in meine Brustwarzen und saugte daran. Wenig später hatten seine geschickten Finger meine Hose geöffnet und mich von dieser befreit. Vollkommen entblößt lag ich nun vor ihm, nur beschienen von vielen, kleinen Sternen am Himmel und dem abnehmenden Mond. Michaels feuchte Zunge und seine süßen Lippen begannen mein bestes Stück zu verwöhnen, was mir einen wohliger Schauer durch den gesamten Körper jagte und mich laut aufstöhnen ließ.
Erschrocken hielt ich mir die Hand vorm Mund und warf meinen Kopf nach hinten. Ich war zwar schon reichlich benebelt, aber noch soweit bei Verstand, dass ich uns nicht verraten wollte. Schließlich wanderten ein paar Meter weiter unter uns nicht wenige Wachmänner umher und ich wollte die bestimmt nicht auf uns aufmerksam machen. Mein Lehrmeister beugte sich über mich und sah mir besorgt in die Augen. Dass er mir seine Gefühle nun so offen zeigte, irritierte mich total. Ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte.
Seine Hand glitt geschmeidig hinter meinen Nacken, wo er dann einen leichten Druck ausübte. Er zog mich in eine aufrechtsitzende Position, griff nach meinem Pullover und legte ihn so zusammen beziehungsweise zurecht, dass dieser ein kleines Kissen ergab. Meine Hose legte er mir unter den Rücken. Das gleiche machte er mit seinen Sachen. Langsam zog er sich aus und machte es mir mit seiner Kleidung so bequem wie nur möglich.
Ich war einfach nur sprachlos. Mit immer größer werdenden Augen betrachtete ich den athletischen Körper meines Gegenübers, das Spiel der Muskeln auf den Oberarmen, Brust, Bauch und Schenkeln. Michael glich eher einem jungen Gott als einem 35-jährigen Mann. Ich hatte ja schon öfters einen Blick auf ein Stück nackte Haut von ihm werfen können, aber das er SO aussah … Sanft zog er mir die Hand vom Mund weg und liebkoste diesen.
„Du brauchst dich nicht zu beherrschen. Die Decke ist so dicht, dass die Leute unten selbst bei einem starken Gewitter genau über ihnen den Donner nur sehr, sehr gedämpft hören würden“, eröffnete er mir mit einem wilden Funkeln in den Augen, bei dem ich nicht wusste, ob ich mich darüber freuen oder Angst haben sollte.
Wieder küsste er mich und drückte mich nach und nach zurück auf den Boden. Zärtlich begann er mich zu massieren und dieses Mal dämpfte ich nicht einen einzigen meiner Laute. Michael fiel wie im Wahn über mich her. Seine warmen Hände, die lustbringende Zunge, waren überall und gaben mir nicht den Hauch einer Chance, mich zu revanchieren.
Keine Ahnung, woher mein Lehrmeister die Gleitcreme auf einmal herzauberte, aber als er mich an exquisiterer Stelle damit einrieb, glaubte ich mein Herz aus meiner Brust brechen zu sehen, so sehr klopfte es. Meine Finger krallten sich tief in die Arme meines Gegenübers, als würde ich abstürzen, sobald ich diese losließ.
„Keine Angst. Ich werde ein Gentleman sein“, sagte Michael liebevoll und streichelte mit seiner Wange beruhigend über meine, während er mich weiter mit seinen Händen verwöhnte.
„Wenn nicht, werde ich dich eh hinterher töten“, begehrte ich schwach auf und erwartete fast fiebrig sein Eindringen.
„Okay“, antwortete er nur.
‚Was??? Okay??? Ein einfaches Okay? Kein sarkastischer Spruch, kein blöder Kommentar auf meinen? Ein simples, nachgebendes Okay?‘ Wieder hatte er mich total aus der Fassung gebracht. Dann vereinten wir uns endlich. Gott, wie lange hatte ich mich danach gesehnt, wie oft davon geträumt?
Vielleicht nicht unbedingt zu so einem Zeitpunkt und an so einem Ort, aber die Bewegungen meines Lehrmeisters, seine fordernden Küsse und kraftvollen Hände ließen alles um mich herum in Vergessenheit geraten. Immer näher taumelte ich meinem Höhepunkt entgegen, getrieben von einer ungebändigten Lust, die den verkümmerten Rest meines Verstandes verschlang.
Doch abrupt hörte Michael auf. Verwirrt schlug ich meine Augen auf und blickte in sein mit Schweiß bedecktes Gesicht. Noch immer in mir ruhend, beugte er sich leicht zu mir hinunter und stützte sich mit der linken Hand ab. Seine Rechte verweilte weiter auf mein Becken und fixierte mich mit nur einem Griff, damit ich mich nicht bewegen konnte.
Nicht zum ersten Mal ließ er mich seine Überlegenheit spüren. Doch dieses Mal war es anders. Seine Augen waren forschender und seine Mimik nicht ganz so kontrolliert. Fast könnte man glauben, dass er sich gerade von seinen Gefühlen leiten ließ.
„Liebst du mich?“, fragte er leise.
„Was???“ Irritiert starrte ich zu ihm hoch.
„Liebst du mich?“, wiederholte er.
Wie konnte dieser Idiot zu so einem Zeitpunkt nur so etwas fragen? Es wirkte fast wie eine kalte Dusche. Doch seine Augen … Er meinte die Frage wirklich ernst. Liebte ich ihn? Diesen verknauserten, über zehn Jahre älteren Sack, der mich bisher nur Spießruten laufen ließ? Diesen Arsch von Meister, der mir ständig total bescheuerte Aufgaben aufdrückte, die eigentlich überhaupt nichts mit meiner Ausbildung zu tun hatten, sondern eher zu seinem häuslichen oder leiblichen Wohl beitrugen, so dass ich mir andauernd vorkam wie der Junge aus Karate Kid mit Mister Miyagi – auftragen und polieren – ihr versteht?
Diesen Idioten, bei dem ich nackt vor seiner Nase rumtanzen konnte, ohne dass er mir die geringste Aufmerksamkeit schenkte? Diesen Typen, der mir bisher nur Halbwahrheiten erzählte, über den ich rein gar nichts wusste, obwohl ich nun schon so lange bei ihm lebte? In weniger als einer Sekunde rasten diese Fragen mit Bruchstücken aus meiner Erinnerung mir durch den Kopf und alle konnte ich seltsamerweise klar und fest mit einem Wort beantworten.
„Ja“, gestand ich Michael aufrichtig.
Tränen schossen mir in die Augen und kullerten unablässig an der Seite hinab. Dieses Mal versuchte ich nichts von mir zu verstecken. Er sollte mich so sehen, wie ich war, ganz frei, ohne Einflüsse von anderen. Scheiße, ich liebte ihn wirklich und das so sehr, dass mein ganzer Körper zu zittern begann. Ein leichtes Lächeln umspielte nun die süßen Lippen meines Lehrmeisters. Er atmete erleichtert aus und wirkte so dermaßen glücklich, dass ich nur noch mehr heulte. Aus Freude.
„Ich dich auch“, sagte Michael immer breiter lächelnd, beugte sich noch mehr zu mir hinunter und beruhigte mich mit nur wenigen, liebevollen Küssen.
Dann begann er sich wieder zu bewegen. Ich wusste nicht mehr wie mir geschieht. Eben noch in einer glücklich verliebten Heulphase wurde ich heraufkatapultiert in eine Sphäre, in der absolute Geilheit und Ekstase herrschte. Mir wurde heiß und kalt zugleich und mein gesamter Körper begann wie unter Strom gesetzt zu vibrieren. Ich nahm nur noch die Anwesenheit meines Lehrmeisters wahr, seinen dominanten Körper, das lustvolle Stöhnen, was sich mit meinem vereinte, bis wir nur wenig versetzt hintereinander kamen.
Langsam beruhigte sich mein Atem und drang das zu mir durch, was gerade passiert war. Wie zu dessen Bestätigung begann der verschwitzte Leib sich über mir zu regen. Zärtliche, weiche Lippen wanderten von meinem Hals hinauf zum Kinn, bis zu den Lippen.
„Du schmeckst gut“, schnurrte Michael und lächelte mich verträumt an.
Meine Wangen brannten heiß auf und mein Herzschlag entschied spontan noch mal an Tempo zuzulegen. Wie konnte der Typ nur auf einmal mit so viel Liebe um sich werfen? Merkte er denn nicht, dass mich das komplett aus der Bahn warf? Oder beabsichtigte er genau das?
Mein Lehrmeister zog sich aus mir zurück, streifte sich das Kondom ab – wann verdammt noch mal hatte der sich das drübergezogen??? – und verstaute es in eine mitgebrachte Plastiktüte mit Zippverschluss. Nach dem er diese wiederum in seinem Rucksack verpackt hatte, holte er ein kleines Handtuch hervor und beseitigte unter etlichen Küssen meine Spuren.
Zwar ging er zärtlich, aber doch gründlich voran. Nachdem er auch das kleine Handtuch weggetan hatte, legte er sich neben mich auf die Seite und stützte seinen Kopf auf der linken Hand ab. Ich kuschelte mich so dicht wie nur möglich an die rasierte Brust von Michael und streichelte sachte über diese.
„Du siehst richtig süß aus, wenn du so nach deinen Streicheleinheiten verlangst“, lachte er leise.
„Ich verlange nicht danach“, meinte ich trotzig. „Die stehen mir zu.“
„So, so.“
Das er mir nicht mehr prinzipiell widersprach, daran musste ich mich erst mal gewöhnen. Eine leichte, kühle Brise kam auf und fegte sanft über unsere nackten Körper.
„Komm, lass uns rasch wieder anziehen, schließlich sind wir eigentlich aus einem anderen Grund hier“, meinte mein Lehrmeister und beide standen wir auf.
Das Nachspiel würde ich einfach später einfordern. Davonkommen konnte er mir jetzt eh nicht mehr. Ich zog mir gerade meine Hose über, als das Schlagen der nahen Kirchenuhr die volle Stunde ankündigte. Wie hypnotisiert starrte ich auf den Rücken von Michael, glitten meine Augen hinunter zu diesem festen Po, der in der engen Hose noch viel knackiger wirkte. Allein das Wissen, dass er auf seinen Touren keine Unterwäsche trug, um leichter und geschmeidiger zu sein, verursachte ein wohliges Kribbeln in meinen Lenden.
Doch auf einmal horchte ich auf. Wie viele Male hatte die Uhr geschlagen? Drei mal? Durch unsere „Zusammenkunft“ waren wir doch in Verzug. Mindestens eine halbe Stunde. Eigentlich müsste es doch maximal vier Uhr morgens sein, was auch meine Armbanduhr mir bestätigte. Hatte ich mich verzählt? Nein, bestimmt nicht. Ich war mir ganz sicher, die Uhr dreimal schlagen gehört zu haben.
Oder ging meine Uhr nicht richtig? Nein, das war sehr unwahrscheinlich. Sie funktionierte auf der Basis von Kinetik, brauchte also nicht aufgezogen zu werden oder eine Batterie. Es konnte sie nur jemand verstellt haben. Moment mal. Er hatte doch nicht … Mein Atem ging immer schneller. Alle Puzzleteile setzten sich zu einem Bild zusammen. Die Gleitcreme, das Kondom, das Tuch, die Tüte, die Ankündigung, dass es ein einmaliger Trip wird.
Der eigentliche Plan bestand ja darin, gegen drei Uhr den Diamanten zu stehlen. Hatte er etwa extra mehr Zeit eingeplant, weil er das mit mir hier vorhatte – schon von Anfang an? Es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden. Mit zwei kurzen Schritten stand ich neben Michael, griff nach seiner Hand und drehte sie so, dass ich einen Blick auf seine Armbanduhr werfen konnte.
Sie zeigte eine Minute nach drei Uhr. Ungläubig schaute ich langsam zu ihm auf. Er schien zu begreifen, dass ich es bemerkt hatte und setzte zu etwas an. Aber meine flache Hand landete schon mit voller Wucht auf seiner linken Wange, dass es laut knallte.
„Sag mal, für wie naiv und blind hältst du mich eigentlich?“, fragte ich vorwurfsvoll.
„Lass mich bitte erklären“, meinte Michael ruhig, mit seiner beherrschten Miene, die mich nur noch mehr ankotzte.
Schnaubend wandte ich mich ab und bückte mich nach meinem Pullover. Ich wollte einfach nur noch von diesem Dach runter, weit weg von ihm. Aber er packte meinen Arm und hielt mich auf, was mich noch viel wütender werden ließ. Ich drehte mich um und wollte ihm noch eine feuern, als er meine Hand kurz vor seinem Gesicht abfing, mich zu sich heranzog und meine Arme auf meinem Rücken fixierte.
Noch nicht mal treten konnte ich ihn, da wir viel zu dicht beieinander standen. Wild zappelnd versuchte ich mich von ihm zu lösen, doch wurden meine Bemühungen von einem einzigen, intensiven Kuss unterbrochen. Meine gesamte Wut schwand auf die Hälfte und ich ärgerte mich nur über mich selbst, welche Macht Michael über mich hatte.
„Du darfst nicht denken, dass ich alles exakt so plante. Ich wollte dich nach getaner Arbeit an einen Ort im Park entführen. Am See gibt es eine relativ unberührte Stelle, wo ich vorhatte, dir meine Gefühle zu gestehen, um danach über dich herzufallen. Deswegen die Kondome und der Rest“, erklärte er mir und ich horchte überrascht auf, als er bei den Verhüterlies von der Mehrzahl sprach.
„Und wieso hast du meine Uhr vorgestellt? Konntest es wohl nicht mehr erwarten?“, fragte ich ihn spöttisch, worauf nur seine Mundwinkel zuckten.
„Vielleicht.“ Wieder küsste er mich, ließ dabei meine Arme los und streichelte über meine nackte Schulter, Hals und Wange. Ich schmolz dahin und ließ alles über mich ergehen. Meine Hände gingen auf Wanderschaft, strichen über seine muskulösen Oberarme hinunter bis zu seinem absolut geilen Po. Unsere Zungen waren gerade in einem wilden Gefecht vertieft, als sich Michael sacht von mir löste.
„Komm, lass uns gehen“, hauchte er mir zu und ließ mich mit seinem fast schon gierigen Blick wissen, auf was er jetzt viel lieber Bock hatte.
Zuerst rührte er mich nicht mal mit dem kleinen Finger an und nun bekam ich ihn gar nicht mehr los. Meine Beine wurden weich wie Pudding, weswegen ich mich kaum aufrecht halten konnte.
„Aber … der Diamant. Du sagtest doch, mit dem hättest du den dreiviertelsten Weg zum Ruhestand hinter dir“, stotterte ich. Er würde sich doch sonst nie so einen klasse bezahlten Job entgehen lassen.
„Nichts könnte mir momentan unwichtiger sein als das“, sagte mein Lehrmeister verführerisch und strich mir liebevoll über die Wange. „In meinem Kopf spuken ganz andere Sachen herum und ohne freie Gedanken arbeite ich nicht.“
„Dann tu ich’s“, plapperte ich, worauf Michael nur lachte.
„Du, der sich kaum auf den eigenen Beinen halten kann, hast deinen hübschen Kopf vollkommen frei, um souverän solch eine Arbeit machen zu können.“ Kichernd ließ er mich stehen, ging zu unserer Ausrüstung und schwang sich seinen Rucksack auf die Schulter.
„Das ist doch keine große Sache. Gib mir ´nen Energy-Drink und ich bin wieder voll fit.“
„Nein. Wir brechen die Aktion für heute ab.“
„Komm schon. Du weißt, dass ich für meinen ersten Coup bereit bin.“
„Nicht, nachdem ich mit dir geschlafen habe.“
„Heißt das, hätten wir jetzt nicht miteinander gepoppt, hättest du mich das machen lassen?“
Seufzend sah mich mein Lehrmeister an.
„Das war der eigentliche Grund, warum ich eher los wollte“, gestand er mir. „Vor einem Job, sei es auf Übung oder ernst, machst du dir viel zu viele Gedanken, anstatt dich mental darauf vorzubereiten. Deswegen wollte ich es dir erst hier sagen. Diese Aktion erfordert Schnelligkeit und geschickte Hände. Beides besitzt du, weswegen ich nicht an deinem Erfolg zweifle.“
„Dann lass uns endlich loslegen“, beharrte ich euphorisch.
„Nein. Es ist eine ganz andere Ausgangssituation wie geplant.“
„Scheiß auf die Planung. Der Wärter patrouilliert in 10-Minuten-Abständen, also müssen wir ihn nur abwarten und sobald er weg ist, können wir anfangen. In nicht mal fünf Minuten wäre die ganze Sache gegessen.“
„Nein.“
„Bitte, vertrau mir.“ Fast flehentlich blickte ich ihn aus großen Augen an und berührte dabei seinen Arm.
Mein Lehrmeister schüttelte nur weiter seinen Kopf und wich mir aus. Doch gerade als ich enttäuscht aufgeben wollte zu betteln, erhob er seine Stimme.
„Wenn du in vier Minuten nicht wieder oben bist, bedeutet dass zwei extra Runden beim Laufen.“
Zuerst schaute ich zwar ein wenig ungläubig, aber dann sprang ich ihm freudestrahlend um den Hals.
„Hey, hör auf. Das kannst du machen, wenn die Arbeit erfolgreich erledigt ist. Falls du übrigens den Alarm auslösen solltest, lass ich dich hängen“, brummte Michael und holte die Ausrüstung aus dem Rucksack.
„Mit beiden Risiken kann ich leben“, meinte ich freimütig und zog mir endlich meinen Pullover an.
Mein Lehrmeister warf mir eine dünne, enge Jacke zu, in deren Tasche verschiedenes Werkzeug steckte, für alle Eventualitäten. Wir stülpten uns Handschuhe über, dann reichte mir Michael aus einem kleinen Stoffbeutel das Duplikat des Diamanten, welches ich sicher in der Innentasche der Jacke verstaute. Danach befestigten wir Gurte an meiner Hüfte, in denen Ösen für die Seile eingenäht waren.
Die gesamte Ausrüstung war exakt auf meinen Körper abgestimmt, weswegen ich einmal mehr meinen Lehrmeister glauben musste, denn für sich hatte er außer den Handschuhen nichts mit dabei. Ein letztes Mal überprüfte Michael die Gurte und klickte die Seile direkt an den Seiten meiner Hüfte in die Ösen ein.
„Bereit?“, fragte er mich ernst und unerwartet besorgt. Ich nickte.
„Bereit.“
Gemeinsam schlichen wir zur Kuppel und warteten auf die Wache. Beide hielten wir unsere Uhren bereit und lösten den Countdown aus, als der Nachtwächter verschwand. Schnell war das raffinierte Gerät, bestehend aus einem überdimensionalen Saugpfropfen und einem Speziallaser, an einer Scheibe der Kuppel angebracht. Auf Knopfdruck legte das Wunder der Technik los und schnitt ein Loch in dieses dicke Glas, so dass bequem mein kompletter Oberkörper durchpasste. Zusammen hoben wir den schweren Ausschnitt beiseite und ich machte mich zum Abgang fertig.
Michael hatte die kleine Konstruktion, an den das andere Ende der Seile befestigt war und mit der er mich wieder hochkurbeln konnte, schon längst aufgestellt und fixiert. Klar würde man die Löcher später am Boden entdecken, aber bis dahin wären wir schon längst über alle Berge.
„Okay, du hast noch genau acht Minuten und fünfundzwanzig Sekunden, bis der Wärter wiederkommt. Denk dran, dass wir das Glas noch einsetzen müssen und …“
Weiter kam er nicht mit seiner Predigt. Hallo? Ich machte das nicht zum ersten Mal. Gut, das andere waren bisher nur Übungen gewesen. Aber dort zu versagen empfand ich als weitaus schlimmer als hier. Ich drückte ihm auf jeden Fall meine Lippen auf seine und brachte ihn somit zum Verstummen.
„Ich weiß“, hauchte ich und ließ mich rücklings in das Loch fallen.
Ich hörte noch genau wie mein Lehrmeister erschrocken Luft holte und sah sein ängstliches Gesicht, welches oben an der Öffnung erschien. Dann drehte ich mich um 180 Grad, damit ich auf die Vitrine blicken konnte. Kurz davor fasste die Konstruktion, die Seile hielten straff und bremsten sanft meinen Fall nur wenige Zentimeter vor meinem Ziel.
‚Ha, Tom Cruise ist nichts gegen mich. Hoffentlich hat der alte Herr dort oben nun ein paar graue Haare mehr‘, dachte ich boshaft und freute mich diebisch, dass ich diesem Eisklotz einen kleinen Herzinfarkt einjagen konnte.
Ich holte das Duplikat des Diamanten aus meiner Tasche und gab ihm unser ausgemachtes Zeichen, damit er dank Fernsteuerung den Strom unterbrach. Mir blieben nur wenige Sekunden um das Glas der Vitrine anzuheben, den echten Schmuckstein durch die Kopie zu ersetzen und das Glas wieder korrekt draufzusetzen.
Abgeschlossen würde sie nicht sein, da das kleine Podest auf dem der Diamant ruhte, auf Gewichtsveränderung reagierte. Die Aussteller fühlten sich dermaßen sicher, dass die Alarmanlage sofort losgehen würde, sobald sich auch nur ein Milligramm änderte. Deswegen war auch ein exaktes Duplikat sehr wichtig gewesen.
Ich merkte, wie das schwache Licht im Raum kurz flackerte und dann erlosch, genauso wie das leise Summen der Alarmanlagen verschwand. Schnell hatte ich die Diamanten ausgetauscht und gab das Zeichen zum Hochziehen, noch ehe das Notfallaggregat des Gebäudes ansprang und dies wieder mit Strom versorgte. Behände kletterte ich aus dem Loch und half dabei, das Glas einzusetzen und es so lange festzuhalten, bis der Laser es wieder grob mit dem Rest verschmolzen hatte.
Erst dann drückte Michael auf seine Stoppuhr, die er auch immer bei meinen Übungen benutzte. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass er sie dabei hatte. Erwartungsvoll sah ich ihn an. Er schnaubte nur, warf mir die Uhr zu und machte sich dann daran, die Konstruktion vom Boden zu lösen. 3 Minuten 57 Sekunden. Hm, das war ganz schön knapp, aber ich hatte die Anforderung meines Lehrmeisters erfüllt.
Vollgepumpt mit Adrenalin und Glücksgefühlen half ich überschwänglich beim Abbau und Verstauen der Rüstung. Wenige Minuten später waren wir komplett fertig und machten uns auf den Rückweg. Erst als wir bei unserem Wagen ankamen, ging das Licht in dem Viertel der Stadt wieder an. Hätten wir nur den Strom des Museums abgeschaltet, wäre das zu auffällig gewesen. So würde man den Raub erst bemerken, wenn sich einer den Diamanten genauer anschaute.
Fast schon gemütlich fuhren wir aus der Stadt und waren zirka eine halbe Stunde unterwegs, als ich beunruhigt aufschaute. Wälder säumten schon die Landstraße, auf der wir unterwegs waren und noch immer hatte er mich nicht aufgefordert, mir die Augen zu verbinden. Mir bereitete das dermaßen Unbehagen, das ich diesmal von allein nervös ins Handschuhfach langte und das Tuch hervorholte.
„Du kannst es weglegen“, sagte Michael auf einmal. Mit großen Augen starrte ich ihn an. „Ich glaube nicht, dass das jetzt noch nötig ist“, meinte er sanft, wobei sich seine Hand vom Schalthebel auf meinen Schenkel legte.
Wieder begann es in meinem gesamten Körper zu kribbeln, ausgehend von meinem linken Bein. Würde ich nicht schon sitzen, hätten meine Beine spätestens jetzt nachgegeben. Verwirrt sah ich zwischen dem Tuch in meiner Hand und meinem Lehrmeister hin und her. Dann fasste ich einen Entschluss. Wie viele Male zuvor faltete ich das Tuch, nur diesmal freiwillig, zusammen und hob es zum Gesicht. Doch ich wurde von meinem Sitznachbarn abgehalten.
„Hey, du musst dir nicht mehr die Augen verbinden. Das meinte ich ernst.“
„Das mein ich auch.“
Diesmal sah mich Michael durcheinander an.
„So kann mich wenigstens nie jemand erpressen“, sagte ich und grinste ihn an.
Er schüttelte nur ungläubig seinen Kopf, strahlte aber von einem Ohr zum anderen. Ich verband mir also meine Augen und genoss die warme Hand, die zärtlich mein Bein streichelte. Der Typ hatte wirklich recht behalten. Dieser Trip war absolut einmalig.
Der nächste Morgen war einfach nur schön. Als wir am Abend nach Hause gekommen waren, wollte ich mich doch echt wieder auf meine Matratze verdrücken. Doch Micha hatte mich nur lüstern grinsend hinter sich her in sein Schlafzimmer gezogen. Von Schlaf war dort allerdings nicht die Rede.
Und dann bei den leuchtenden Sonnenstrahlen gemütlich aufzuwachen, zu merken, wie sich jemand schnurrend an den Rücken kuschelt und sanfte Küsse in den Nacken haucht, ihn neben mir zu spüren, seine Wärme, Dominanz, Sicherheit … das war einfach nur wow. Ich hatte mich definitiv für den richtigen Weg entschieden.
Die nächsten Tage verliefen relativ ruhig. Mein Schatz sorgte für den Transfer des Steins und die Bezahlung und ich trainierte einfach weiter. Allerdings hieß das jetzt nicht, dass ich von den alltäglichen Quälereien verschont wurde. Ich hatte eher das Gefühl, dass mich Micha noch härter anpackte wie vorher. Nur sein Blick hatte sich verändert.
War dieser am Anfang unserer Bekanntschaft herablassend und überheblich, war er jetzt nur noch fordernd und hart. So, als würde er genau wissen, dass mehr in mir steckte und ich nur zu faul wäre, es hervorzuholen. Aber das war mir egal. Ich wollte mich beweisen – unbedingt!
Ja gut, vielleicht zog Micha weiterhin ein paar Sachen alleine durch, was wiederum verständlich war. Seine Kontakte dem frischen Betthasen zu präsentieren wäre nicht besonders professionell. Ich hatte gelernt, dass auch die kleinsten Sachen auf Vertrauen basierten, dieses zwar schwer zu erlangen, dafür umso schneller zu verlieren ist. Man kann das nicht so einfach übern Versandhandel bestellen oder von jemandem verlangen. Man musste es sich verdienen, Stück für Stück. Und genau das hatte ich auch vor.
Als ob Micha mein Vorhaben spürte, lud er mich immer öfter in sein Arbeitszimmer ein und besprach mit mir so einige Sachen. Auf immer mehr Coups nahm er mich mit und obwohl ich überwiegend nur Zuschauer war, sprühte ich trotzdem ein jedes Mal vor Stolz. Bei diesen Einsätzen lernte ich eine Menge, mal davon abgesehen, dass der Sex hinterher absolut geil war. Irgendwo musste ja mein Mentor sein überschüssiges Adrenalin abbauen.
Es war an einem frühen Morgen, als wir durch die Hallen eines alten Schlosses huschten, ein paar von diesen bescheuerten Söldnern dicht hinter uns auf den Versen. Langsam ging mir die Organisation wirklich auf den Sack. Bei den letzten beiden Einsätzen hatten die uns auch fast geschnappt, aber jedes Mal waren wir ihnen knapp entwischt. Nur sah es diesmal viel bescheidener aus.
Gehetzt bogen wir um die Ecke, wo uns ein Söldner mit gezückter Waffe schon erwartete. Doch anstatt uns harsch anzugehen wie die anderen, ließ der Typ auf einmal seine Waffe fallen und krümmte sich vor Schmerzen zusammen. Als er mit einem „Uff“ zu Boden sank, deutete er in eine Richtung, der wir ohne zu zögern folgten.
Also wenn das nicht gerade Cat gewesen ist, fresse ich einen Besen. Es sah wirklich so aus, als würden wir wieder einmal ganz knapp entkommen. Aber wie sagte Fabian so schön? Hochmut kam vor dem Fall und ich legte mich echt volle Kanne auf die Nase. Über irgendwas war ich übel gestolpert und als ich mich hastig mit Michas Hilfe aufrichtete und umsah, an was es gelegen hatte, wurde ich kreidebleich. Stolperdraht. Eine Falle!
Schon hörte ich das metallische Klicken von mehreren Waffen und sah uns Millisekunden später umringt von gut zehn Menschen in schwarzer Uniform und Stoffmasken. Ängstlich blickte ich mich um. Wieso passierte das ausgerechnet jetzt? Wir waren doch so nah vor dem Ziel gewesen. Panik stieg in mir auf, da ich begriff, dass nun alles vorbei war. Ich hatte Michael so gut wie verloren. Denn wenn er erfuhr, wer ich wirklich war, könnte er mir nie verzeihen. Dessen war ich mir sicher.
„Micha, bitte hör mir zu. Ich wollte dir das schon viel eher sagen, aber ich hatte solche Angst, dass du mich dann nicht mehr liebst“, begann ich hastig zu erklären.
„Hey, schon gut. Wir packen das hier schon – zusammen“, versuchte mein Lehrmeister mich zu beruhigen, aber ich schüttelte nur energisch mit meinem Kopf.
„Du verstehst nicht. Unser erstes Mal, als wir uns trafen, das war nicht nur Zufall. Der Großteil war gestellt, um an dich ranzukommen. Aber alles andere war nicht gelogen. Ich habe dir niemals Lügen erzählt. Bitte, dass musst du mir glauben.“
„Kleiner, was erzählst du da nur?“
„Ich glaube, Adrian versucht Ihnen gerade mitzuteilen, dass er einer unserer Spitzel ist, geschickt um sie aus ihrem Versteck zu locken“, ertönte eine spöttische Stimme und zwischen den schwer bewaffneten Leuten trat ein mir leider bekannter Anzugtyp hervor.
Die Augenbrauen meines Schatzes zogen sich etwas zusammen, ansonsten regte er sich überhaupt nicht.
„Michael, Sie sind verhaftet wegen Diebstahl in mehreren Fällen, Entführung eines Agenten und versuchten Mordes.“
„Was? Moment mal. Wieso versuchten Mordes? Micha würde so etwas nie tun“, rief ich aufgebracht und funkelte Greg wütend an.
„Du sagtest doch selbst, dass er dich umbringen würde, wüsste er von deinem Deal mit der Organisation. Hatte er dich nicht etwa deswegen angeschossen?“
Meine Hand wanderte automatisch zu meinem Arm.
„Das war einer von euch!“, sagte ich fassungslos.
„Wir werden sehen, was die Entscheidungsfinder dazu sagen. Führt ihn ab.“
„Nein, wartet! Ich muss zuerst noch mit ihm reden!“
Die Leute in schwarz hatten meinen Schatz grob gepackt, Handschellen angelegt und stießen ihn Richtung Ausgang. Ich wollte denen unbedingt folgen, doch auf einen Wink von Greg hielt man mich auf.
„Hey, lasst mich los! Michael! Michael!!!“
Weder die Söldner noch mein Freund reagierten auf mein Rufen. Nur die traurigen und mehr als nur enttäuschten Augen brannten sich sehr tief in mein Innerstes.
„Du brauchst keine Show mehr abzuziehen, Adrian. Es ist eh vorbei. Du wirst dieses Subjekt nie wieder sehen.“
Was laberte dieser Wichser für einen Scheiß? Und woher wusste er von meiner Unterhaltung mit Cat? Der hatte auf Garantie seine dreckigen Finger bei dieser Aktion im Spiel. Mit einem Ruck riss ich mich von den Leuten hinter mir los und zimmerte meine Faust direkt in das Gesicht dieses Arsches. Hätten die Söldner mich nicht zurückgehalten, bräuchte der Typ jetzt ein neues Gebiss.
Nur unter starkem Protest wurde ich in einen mattschwarzen Van geschliffen, in dem man mich zur Residenz fuhr. Ohne weiter zu fragen, sperrte man mich in ein Bürozimmer und verschloss die Tür ordentlich hinter mir. Kaum dass ich endlich allein war, schossen mir die Tränen in die Augen.
Ich kauerte mich neben der Tür hin, zog meine Beine zur Brust und heulte wie noch nie zuvor. Immer wieder sah ich seine traurigen Augen, traf mich sein enttäuschter Blick. Unter etlichen Schluchzen gestand ich mir schmerzhaft ein, dass ich denjenigen verloren hatte, der mich als einziger aufrecht und ehrlich liebte.
*Michael*
Moment Mal, was gab dieser arrogante Anzugfutzie von sich? Ich sei angeklagt wegen Entführung und … Mordes??? Mein Kleiner versuchte das sofort klarzustellen, doch was der Typ darauf sagte, ließ mein Herz fast zerbrechen. Mann, dass Adrian zur Organisation gehörte, wusste ich doch von Anfang an.
Oder seit wann ließen die Söldner Verdächtige mit nur ´ner kurzen Durchleuchtungsaktion laufen? Die waren doch überhaupt nicht befugt zu so was, wie ich dank Cat wusste. Aber dass mein Schatz mir nicht vertraute, sich sogar vor mir ängstigte, machte mich fertig.
Sprachlos stand ich da und ließ mich dann ohne Widerstand abführen. Mein Liebster rief meinen Namen, wollte zu mir, aber der Anzugheini hielt ihn davon ab. Fürs Erste war mir das beängstigenderweise auch ganz Recht. Ich musste erst mal selber im Kopf wieder klar werden. Man verfrachtete mich in einen gepanzerten Van, aus dem man mich nach einer halben Stunde Fahrt wieder rausholte.
Meiner Schätzung nach befand ich mich in einer Tiefgarage und wurde von den vier Söldnern in einen geräumigen Fahrstuhl geführt, der uns weit nach oben trug. Ein dezentes ‚Pling‘ ertönte, worauf wir ausstiegen, und nach einem kurzen Marsch durch so was wie ein Großraumbüro wurde ich in einen typischen Verhörraum gesteckt. Dort drin saß ich über zwei Stunden, bis sich endlich jemand zu mir bequemte.
Leider war vorher genug Zeit für sinnlose Gedanken. Ich liebte meinen kleinen Draufgänger noch immer, dessen war ich mir hundertprozentig sicher. Er hatte versucht, von der Organisation loszukommen. Verbrannte alles, was er von ihr erhalten hatte. Vielleicht versuchte Adrian am Anfang noch Informationen zu sammeln, aber spätestens nach vier Wochen stellte er das ein. Nach 28 Tagen, als der Kleine merkte, was er für mich empfand.
Und ich? Ich war ihm verfallen, seit ich ihm das erste Mal diese wohligen Töne entlockte, an dem Tag, als wir uns das erste Mal trafen. Mehrmals hatte mir Adrian seine Loyalität bewiesen. War das wirklich nur aus Angst? Tat er all diese verrückten und auch schönen Sachen nur aus der Furcht heraus, ich könnte ihm was antun? Nicht aus Liebe? Hatte ich mich so getäuscht?
Die Tür des Verhörzimmers sprang auf und eine junge Frau, vielleicht Ende zwanzig, mit schwarzen, langen Haaren und stechend grünen Augen kam durch den schmalen Flur und setzte sich mir gegenüber. Ein dunkelgrüner Streifen zog sich über ihre gesamte Augenpartie und verlor sich im Haaransatz. Warte mal. Was hatte Cat mir erzählt? So was durfte doch nur der Adel tragen. Also saß ich hier vor einem richtig hohen Tier.
„Hallo. Tut mir leid, dass Sie so lange warten mussten, aber es war einiges zu klären. Ihre Festnahme war eine nicht genehmigte Aktion und die Vorwürfe von wegen Entführung und versuchter Mord mussten hinterfragt werden“, begrüßte sie mich freundlich.
„Hm, dann kann ich also wieder gehen?“ Ein Versuch war es wert.
„Das glaube ich weniger“, lachte die Frau.
„Gut, dann möchte ich einen Anwalt.“
„Den werden Sie nicht bekommen.“ Langsam wurde sie ernst.
„Der steht mir aber zu“, sagte ich ruhig.
„Wenn Sie hier bei der normalen Polizei sitzen würden, vielleicht schon. Okay, dann will ich mal meine Karten offen auf den Tisch legen. Sie sind ein kleiner Meisterdieb und da die anderen Einrichtungen mit Ihnen überfordert waren, engagierte man uns, Sie zu fangen. Allerdings sind Sie NUR ein Dieb, haben Eigentum nur bedingt beschädigt, nie jemanden belästigt oder bedroht. Manche sprechen sogar von einem Gentleman.
Sprich, Sie sind für unsere Haftanstalt viel zu nett. Außerdem fehlt noch ihr Prozess. Wir könnten Sie jetzt der hiesigen Polizei überlassen, wo dann das ganze Prozedere auf Sie einstürmt: Sammelzelle, Gericht, Knast mit vielen netten Leuten, die weit unter ihrem Niveau liegen. Oder aber Sie schließen bei uns einen Vertrag ab.“
„Das nennt man Erpressung“, tadelte ich schmunzelnd. Man würde mir eh nur den letzten Coup nachweisen können, weswegen ich die ganze Sache recht locker nahm. Austicken oder total nervös werden wäre nicht förderlich.
„Das nennt man ein lukratives Angebot.“
„Das mir von wem genau unterbreitet wird?“
„Oh, habe ich wirklich vergessen, mich vorzustellen? Ich bin Vicktoria Redewig, Prinzessin ersten Grades und zweites Oberhaupt der Organisation.“ Wieder lächelte sie freundlich.
„Gut Vicktoria. Dann seien Sie so gut und geben der Polizei Bescheid, dass die mich abholen sollen.“
Jetzt schaute sie mich verwundert an. Eine kleine Weile musterte die Prinzessin mich, als würde sie noch auf etwas warten, aber dann nickte sie.
„Wie Sie wünschen. Ich biete nur einmal etwas Derartiges an. Möchten Sie was trinken oder essen, während Sie auf die Polizei warten?“ Ihr freundliches Pokerface war nahezu perfekt. Doch ich sah ihr genau an, dass sie hoffte, ich würde meine Entscheidung noch mal überdenken.
„Danke, aber nein“, lehnte ich höflich ab, worauf Vicktoria aufstand und Richtung Tür ging. Kurz vor dem schmalen Flur hielt sie inne und drehte sich noch mal zu mir um.
„Verraten sie mir, wieso? Sie kennen weder die Inhalte des Vertrages, noch unsere Organisation. Was macht Sie so sicher?“ Die Frau ließ wohl doch nicht so schnell locker wie ich dachte.
„Ihre Organisation zerstört Menschen“, antwortete ich kälter als ich wollte. Vicktoria runzelte ihre Stirn.
„Die Organisation hat Adrian und sie zusammengebracht.“
„Sie haben ihn bestimmt erpresst, genauso wie Sie es jetzt mit mir versuchen. Er hat sich geschämt, für Sie arbeiten zu müssen. Und das so sehr, dass er regelrecht Angst bekam, sich mir anzuvertrauen.“ Mist, jetzt wurde ich doch ein wenig sauer. Wieso musste die auch unbedingt meinen Schatz mit ansprechen?
„Natürlich hatte er Angst. Der Kleine liebt sie abgöttisch. Zwar habe ich den Fall erst jetzt übernommen, aber die Aufzeichnungen sprechen Bände. Nach knapp einem Monat hatte uns Adrian jeglichen Kontakt verwehrt. Er war sogar so clever, alles zu vernichten, was wir ihm am Anfang mitgegeben hatten.
Adrian wollte sie mit allen Mitteln schützen. Er wusste aber auch, wie Sie zu Verrat standen und der Kleine fühlte sich als Verräter.“ Schwer seufzend lehnte sich die Prinzessin an die Wand neben dem Flur. „Soweit hätte es nie kommen dürfen.“
„Sie hätten ihn sofort von mir abziehen müssen!“, sagte ich bitter.
„Denken Sie wirklich, das hätte was gebracht?“, schnaubte Vicktoria belustigt. „Meiner Meinung nach hätten wir ihn aufgeben müssen. Es gibt viele andere Möglichkeiten, um an jemanden ranzukommen. Diese Art aber war unehrenhaft und unmenschlich. Das war der letzte Einsatz, den Greg geleitet hat. Dafür werde ich sorgen.“
„Sie hätten ihn einfach so gehen lassen?“, fragte ich ungläubig. Was für eine seltsame Organisation war das hier eigentlich?
„Natürlich. Gegen Sie würde er eh nicht mehr aussagen und ein Verbrecher war er auch nicht. Adrian kommt aus gutem Hause. Einer seiner Verwandten verschaffte ihm einen Job bei uns. Aber egal was für Aufgaben wir ihm auch gaben, was für Prüfungen wir ihm auferlegten, er versagte jedes Mal auf der ganzen Linie. Dabei hatte er Talent. Wir hätten ihn bloß in die richtige Abteilung stecken müssen.
Dummerweise wurde ihm Greg als Mentor zugeteilt und der schlug ihm den Handel mit Ihnen vor. Adrian wollte seine Familie nicht enttäuschen und ging darauf ein. Dabei war die ganze Aktion von vornherein zum Scheitern verurteilt.“ Vicktoria fuhr sich mit der Hand durch ihr volles Haar. Sie schien zwischen Verbitterung und Heiterkeit zu schwanken.
„Was genau wollen Sie mir sagen, Prinzessin? Wieso erzählen Sie mir das alles?“ Von Minute zu Minute wurde ich unruhiger. Wieder seufzte die Frau schwer.
„Die Organisation zerstört keine Menschen. Sie rettet sie. Ich gebe zu, dass intern Fehler unterlaufen sind und für diese stehe ich ein. Als ich mir die Berichte über Sie durchlas, wurde mir eines klar. Sie wussten von Anfang an, dass Adrian von uns geschickt worden war. Söldner, die einem noch einen schönen Abend wünschen …
Pah, so ein Humbug. Sie kannten unsere Leute, waren ja schließlich schon oft genug mit ihnen aneinander geraten. Nun stellt sich mir die Frage, warum sie Adrian trotz dieses Wissens zu sich aufgenommen haben. Ich kenne nur eine Antwort. Sie hatten sich auf den ersten Blick verliebt.“
„Das ist jetzt nicht mehr von Belang“, meinte ich traurig. Das ganze Gerede zerrte ganz schön an meinen Nerven.
„Habe ich Recht?“, fragte die Prinzessin leise.
„Das geht Sie nichts an“, antwortete ich noch relativ ruhig.
„Habe ich Recht?“, kam es wieder von ihr, nur nachdrücklicher. Ich konnte nichts sagen, schüttelte nur mit meinen Kopf.
„HABE ICH RECHT?“, wurde ich regelrecht angeschrien.
„Ja verdammt. Seit ich ihn das erste Mal küsste, liebe ich ihn. Und ihr Idioten könnt rein gar nichts dagegen unternehmen!“, schrie ich zurück.
Keine Ahnung, was die Frau von mir wollte, aber Sie hatte mich tatsächlich auf die Palme gebracht. Schwer atmend funkelte ich sie wütend an, doch sie lächelte mir nur freundlich zu, wandte dann ihren Kopf zum Spiegel und grinste noch breiter. Moment Mal. Die plante doch was. Und ich war völlig blind in die Falle getappt.
„Überlegen Sie sich noch mal den Deal, okay?“, schlug sie nett vor und wollte gerade durch den Flur verschwinden, als die Tür aufging und Cat ins Zimmer gestürmt kam. Die Kleine hatte die gleichen Sachen an wie die Prinzessin und um ihre Augenpartie glänzte derselbe, bei ihr nur matt-grün farbige Streifen. Dann war sie also gar kein einfacher Mitarbeiter oder Lehrling, sondern eine Adlige? Wieder mal war ich platt.
„Du sagtest, dass ich nach zehn Minuten mit ihm sprechen könnte, allein!“, blaffte Cat ihre Vorgesetzte an. Als hätte Vicktoria diesen streitlustigen Tonfall nicht bemerkt, schwang sie den Arm um ihre Schulter und deutete auf den Spiegel.
„Ich denke, es wurde alles soweit gesagt.“
Die Kleine bekam große Augen und starrte abwechselnd zwischen der Prinzessin, mir und dem Spiegel hin und her.
„Aber gut, dass du gerade hier bist. Da kannst du mir gleich helfen. Du weißt nicht rein zufällig den Informanten, den Michael aus unseren Reihen hatte?“
„Ähm …“
„Nicht? So ein Pech aber auch. Falls du ihn doch irgendwie auf die Schliche kommen solltest, sag ihm bitte, dass er nur Straffreiheit genießt, da der Fall abgeschlossen ist.“
„Ähm … mach ich“, stotterte Cat und versuchte krampfhaft ruhig zu bleiben.
„Gut, dann gehört er dir.“ Die Prinzessin warf der jungen Frau ein paar Schlüssel zu, verabschiedete sich von mir und verschwand aus dem Zimmer.
„Dir ist schon bewusst, dass sie den Informanten längst kennt“, sagte ich vorsichtig zu meiner Freundin.
Die stöhnte nur und ließ sich schwer auf den Stuhl mir gegenüber fallen.
„Natürlich kennt sie ihn. Vicktoria ist meine Mutter. Ich bin die Letzte, die etwas vor ihr verheimlichen könnte, auch wenn ich ihr nichts sage.“
„Du bist was???“ Fast glaubte ich mich verhört zu haben. Doch ihr Gesicht sprach Bände. Da hatte ich mich schon damit abgefunden, dass die Kleine kein einfacher Fußsoldat war, erfuhr ich nun durch Zufall, dass sie zur obersten Königsfamilie gehörte. Bedröppelt sah sie zu mir rüber.
„Ich … ich bin Cathrina Redewig. Lady ersten Grades der Organisation. Michael, ich hab mir einfach nicht getraut, dir das zu sagen. Du warst noch nie gut auf die Organisation zu sprechen, flipptest jedes Mal aus, wenn man sie nur ansprach. Dich als Freund zu verlieren, wollte ich nicht. Deswegen hab ich alles so weit es ging im Dunkeln gelassen, was meine Arbeit betraf. Tut mir leid.“
Wieso kam es mir so vor, dass ich dies nicht zum ersten Mal heute hörte? Und wieso hatten alle solche Angst, mir zu erzählen, dass sie für die Organisation arbeiteten? Reagierte ich wirklich so heftig, wenn es um diese ging? Aber das lag doch nicht an der Einrichtung.
„Cat, ich hasse die Organisation nicht. Ich hasse nur den Verräter, der mich ständig bei ihr anschwärzt. Und ich hasse mich, dass ich zu dumm bin, denjenigen zu finden. Adrian und du sind da komplett ausgeschlossen.“
„Aber … aber es existiert doch gar kein Verräter.“
„Woher wussten sonst deine Leute, wo ich als nächstes zuschlug? Ständig tauchten die an meinem Arbeitsplatz auf, hielt ich alles auch noch so geheim. Als wüssten die ganz genau, was ich vorhatte.“
„Das wussten sie auch und zwar noch früher als du selbst.“ Der Blick der Lady wurde ernst und richtete sich starr auf ihre Hände, die auf den Tisch lagen.
„Wie meinst du das?“, langsam wurde mir alles zu suspekt.
„So, wie ich es sagte. Wir wussten weit vorher dein Ziel, weil wir es für dich raussuchten. Wir sind deine Auftraggeber.“
„Komm schon Cat, hör auf, mich zu veralbern“, lachte ich nervös, spürte aber die Wahrheit in ihren Worten.
„Du weißt, dass ich das nicht tue. Es ist so, dass die Dinge, die du stiehlst, schon in einem anderen Land entwendet wurden und durch Geldwäscherei nach Deutschland transportiert worden waren. Wir hatten kaum Beweise, so dass wir auf normalem Wege nie wieder an die Sachen rankommen könnten.
Da die Nachbarländer immer mehr Druck ausübten, entschied sich die Königin für eine etwas unkonventionellere Art. Sie engagierte dich. Allerdings wurde dein Honorar mit der Zeit zu teuer für die Organisation, weswegen sie entschied, dich zu verhaften und durch einen Deal unter Vertrag zu nehmen. Sprich, wir stellen die Ausrüstung mit Budget samt einer Prämie gemessen am Schwierigkeitsgrad des Coups und du gehst dafür für uns auf Diebestour und nicht in den Knast.“
Sprachlos lehnte ich mich zurück. Ich war echt geplättet. Ihrer Aussage zufolge waren die letzten Jahre meiner Arbeit Produkt der Organisation. Irgendwie konnte ich das einfach nicht fassen.
„Ich kann verstehen, wenn du jetzt sauer bist, aber bitte denk noch mal über den Deal nach. So könnten wir wenigstens offiziell zusammenarbeiten“, schüchtern schmunzelte Cat mich an und entlockte mir ein leichtes Grinsen.
Stimmt, die Kleine hatte mir schon oft geholfen und viel über die Organisation erzählt. Aber warum? Wollte sie mich etwa langsam auf den Deal vorbereiten, damit mir dann meine Entscheidung leichter fiel?
„Wieso?“, fragte ich. „Wieso hast du mir bisher geholfen? Und wieso hast du mir all die Sachen über deinen Arbeitgeber verraten? Wieso diese ganzen Spielchen?“
„Das waren keine Spielchen“, antwortete die Lady bedrückt.
„Ich erfuhr erst Näheres, was es mit dir und der Organisation auf sich hatte, nachdem ich von dir wiederkam. Deine Akte war streng geheim, aber Greg zu blöd, sie zu verschließen. Als ich las, dass die Aufträge an dich von uns kamen, war ich fassungslos, dann sauer.
Doch selbst nachdem ich das Büro meiner Tante, also der Königin, zusammengebrüllt hatte, ließ sich nichts ändern. Außer, dass ich ne Strafarbeit wegen unrechtmäßiger Einsichtnahme von Akten mit höchster Geheimhaltungsstufe aufgebrummt bekam und zum Innendienst verdonnert wurde, bewegte sich gar nichts.
Greg bekam sogar die Erlaubnis, mich beschatten zu dürfen. Es tut mir leid. Ich konnte dir das alles nicht sagen. Auf einmal stand ich zwischen zwei Stühlen und ich wusste mich wirklich nicht zu entscheiden. Darum ließ ich es bleiben. Weder half ich dir groß weiter, noch der Organisation. Das brauchte ich auch nicht.
Die Organisation wusste eh, wo du auftauchen würdest und du entwischtest denen immer wieder, obwohl du ständig im Nachteil warst. Selbst bei meinen Leuten bist du eine Legende, weil du immer den gestellten Fallen entkamst, egal wie knifflig sie waren.
Michael, wir versuchten dich zu fangen, weit bevor du auf Adrian trafst. Dein Können und Talent ist so überragend, dass die Organisation deine Weste komplett weiß waschen würde, wenn du für sie arbeitest. Und das noch gut bezahlt.“
Zum Schluss wurde Cat immer euphorischer, als könnte sie das alles selbst kaum glauben. Ich konnte meine Freundin gut verstehen. Ein Gewissenskonflikt zwischen Arbeit, Freunde und dem eigenen Empfinden war wirklich nicht einfach. Wer konnte das besser nachvollziehen als ich?
Von der Kleinen war ich eher beeindruckt, weil sie so einem hohen Druck so lange standgehalten hatte. Einmal mehr ein Grund, ihr zu vertrauen. Aber meine Entscheidung stand fest. Die Organisation hatte nicht nur mich benutzt und ich wollte dies nicht fortsetzen.
„Was passiert jetzt mit Adrian? Er hat euch vorsätzlich Informationen vorenthalten.“ Ich machte mir viel weniger Gedanken um mich als um meinen Liebsten.
„Da er noch ein Schüler beziehungsweise Knappe und noch nicht fertig ausgebildet ist, wird er nur eine Strafarbeit bekommen. Vielleicht auch mehrere. Mit deiner Ausbildung hast du seinen Horizont erweitert. Er hat nun viel mehr Möglichkeiten, bei uns tätig zu werden.
Adrian war immer sehr nervös und sich seiner nie sicher. Deswegen vermasselte er auch alles bei uns. Aber durch dich gewann er an Selbstbewusstsein. Adrian begann sich selbst zu vertrauen und an sich zu glauben. Du bist das Beste, was ihm je passierte.“
Cat sah mich sanft lächelnd an. Ich wusste, was sie mir im Stillen damit sagen wollte, was sie sich erhoffte, das ich tat. Doch ich konnte es nicht. Die Gewissheit, dass mein Schatz seine Arbeit nicht verlieren würde, sondern ihm alles nur förderlich gewesen war, beruhigte mich.
Den Deal mit der Organisation konnte ich unmöglich eingehen. Das würde einfach gegen meine Natur sprechen, mich so zu binden. Obwohl ich mit Adrian dieses Risiko eingegangen war. Aber das war ja auch was vollkommen anderes … oder?
Fakt war, dass ich ins Gefängnis ging und dass für eine nicht gerade kurze Zeit. Ich mochte meinen Schatz nicht noch mal sehen. Es war eh aus. Kein Mensch könnte Jahre auf einen anderen warten. Ich wollte uns einfach den Schmerz des Abschiedes ersparen, der meist von qualvollen Worten und leeren Versprechungen begleitet wurde. Lieber sollte Adrian mich gleich vergessen und sich einen Freund in seinem Alter suchen. Genau, das wäre das Beste für ihn.
„Kannst du mich bitte gleich zur Polizei bringen? Das Warten ist wirklich sehr lästig und eure Stühle unbequem.“ Es war schon seltsam, mich diese Worte so kalt, ruhig und beherrscht sagen zu hören, als würde sie jemand anderes für mich aussprechen.
Die Kleine starrte mich nur bittend an, als ich aber nicht weiter reagierte, nickte sie nur knapp und stand auf. Deutlich sah ich die Tränen in ihren Augen glitzern, die sie versuchte, zu unterdrücken. Aber Cat forderte viel zu viel von mir. Ich konnte doch nicht von Adrian verlangen, dass er die besten Jahre seines Lebens damit verschwendete, auf mich zu warten.
Auch wenn es mein Herz fast zerriss, ich musste Adrian loslassen, genau wie er mich. Meine Freundin war hinter mich getreten und hatte die Handschellen von meinen Gelenken gelöst.
„Ich muss dafür nur ein paar Papiere in meinem Büro ausfüllen. Und du willst wirklich nicht zu ihm?“, fragte sie direkt.
Antworten konnte ich nicht. Mein Blick starr auf den Boden gerichtet, wartete ich bis Cat um den Tisch herum lief und mir bedeutete ihr zu folgen. Wir verließen den Raum und blieben gleich vor der Tür am Nebenzimmer stehen.
„Weißt du Michael“, sagte die Lady, während sie aufschloss und dann zu mir aufschaute. „Du bist echt ein arrogantes, egoistisches Arschloch.“
Ohne die kleinste Regung trafen ihre großen Kulleraugen und die emotionslosen Worte tief in mein Herz. Nun war ich mir sicher, nicht nur meinen Liebsten verloren zu haben, sondern auch eine sehr gute Freundin. Sie hielt die Tür auf und bedeutete mir mit einer Kopfbewegung ins Zimmer zu gehen. Ich biss meine Zähne fest aufeinander, um nicht doch noch die Beherrschung zu verlieren und heulend auf die Knie zu fallen und betrat den Raum.
Doch kaum hatte ich zwei Schritte hinein getan, knallte die Tür hinter mir lautstark zu und deutlich hörte ich, wie diese verschlossen wurde. Erschrocken fuhr ich herum und rüttelte sogar ein paar Mal an der Türklinke, aber logischerweise gab diese nicht nach. Wütend drehte ich mich um und ließ meinen Blick durch den Raum schweifen.
Rechts war ein breiter Bilderrahmen in der Wand eingelassen, doch als ich weiter ins Zimmer ging, erkannte ich, dass es ein Fenster zum angrenzenden Raum war. Cat war nebenan und holte die Handschellen, die sie mir abgenommen hatte. Plötzlich sah sie auf und schaute mich direkt an, als würde sie nicht den Spiegel auf der anderen Seite, sondern direkt mich sehen.
„Ihr habt genau zwei Stunden, bis die Polizisten hier sind“, hörte ich sie gedämpft durch den Lautsprecher sagen. Dann verschwand sie.
‚Was heißt hier IHR? Die werden doch wohl nicht …?‘ Ich drehte mich um und durchsuchte hektisch mit den Augen das Zimmer. So groß war es doch nicht, dass er sich hier verstecken konnte. Aber es war dunkel, dass sich meine Augen durch den grell beleuchteten Verhörraum erst mal dran gewöhnen mussten. Dann fand ich ihn, zusammengekauert in der linken Ecke des Raumes hinter dem Schreibtisch auf dem Boden sitzend. Seine Beine hatte er zur Brust hochgezogen und seine Arme darumgeschlungen.
„Adrian.“ Ich wollte auf ihn zugehen, doch er hielt mich davon ab.
„Bleib … bleib stehen und komm mir nicht näher“, forderte er mich stockend auf.
Ohne mit der Wimper zu zucken starrte er nur weiter vor sich hin. Ich kniete mich hin, damit wir auf einer Augenhöhe waren. Seine Augen waren so leer, ganz matt, ohne Glanz. Was hatte ich da nur angerichtet? Ich wollte ein Stück näher rücken, aber mit einmal sah er auf, mir direkt ins Gesicht.
Wie vom Blitz getroffen hielt ich inne. Diese Traurigkeit, Schmerz und Hilflosigkeit, die mir wie eine Sintflut entgegenschwappte, war überwältigend. Keine Ahnung, wie lange das her war, aber auf einmal lief salziges Nass über meine Wangen.
„Dafür ist es nun zu spät“, flüsterte Adrian fast und stand auf.
Erst nach gut zwei Minuten tat ich es ihm nach. Seine Worte verwirrten mich total, genau wie ich mich selbst. Auf einmal wollte ich ihn nur noch in den Arm nehmen und nie wieder loslassen. Noch vor wenigen Augenblicken wollte ich ihn mir aus dem Kopf schlagen, mir aus meinem Herzen streichen.
Aber nun, nachdem ich ihn so gesehen hatte, was fühlte ich, dass ich es nicht konnte. Gott, ich liebte ihn noch viel mehr als ich glaubte. Jetzt wusste ich, warum ich ihn nicht sehen wollte. Mir war unbewusst klar, wie viel ich für ihn empfand. Meine Entscheidung hätte ich nie aufrechterhalten können. Nun war es zu spät.
„Du wusstest alles und hast mich weiter im Unklaren gelassen. Weißt du, wie viel schlaflose Nächte ich wegen meines schlechten Gewissens hatte?“, fragte Adrian auf einmal. Unruhig wanderte er im Zimmer umher.
„Du hättest es mir sagen können“, antwortete ich leise.
„Das ging nicht so einfach. Die Gründe hat dir Cat schon erzählt. Ich wollte dich nicht verlieren. Ich habe dich doch so sehr geliebt.“
Dass er die Vergangenheitsform wählte, versetzte mir einen tiefen Stich ins Herz.
„Und jetzt?“ Meine Stimme hatte ich längst nicht mehr unter Kontrolle. Sie zitterte schlimmer als Espenlaub.
„Was interessiert dich das noch? Du hast dich entschieden. Als du sagtest, du wärst nicht für eine feste Bindung geschaffen, hattest du wohl recht.“
„Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Lass es mich herausfinden. Mit dir.“
Ungläubig starrte mich Adrian an. Dann wurde er wütend.
„Und was ist es diesmal für eine bescheuerte Lektion? Wie schüttelt man am besten lästige Lehrlinge ab und redet denen ein schlechtes Gewissen ein, damit die sich auch ja am Ende total beschissen fühlen?“
„So darfst du nicht denken“, versuchte ich ihn sanft zu beruhigen. Mit seinen eigenen Worten schaukelte er sich selbst mehr und mehr hoch.
„War ja klar, dass du mir wieder vorschreibst, wie ich zu denken und was ich zu fühlen habe. Weißt du, wie beschissen es mir wegen dieser ganzen Kacke ging? Du hättest alles klären, mich erlösen können. Aber darauf hattest du keinen Bock, was? Dir gefiel es schon immer, mich zu quälen.“
WAS??? Was für eine gequirlte Scheiße gab der Kleine hier von sich? Vor Hysterie schien Adrian überhaupt nicht mehr klar denken zu können, oder wieso verstand er nicht meine Worte? Irgendwie musste ich ihn wieder beruhigen. Ich stand vor dem Schreibtisch, er keinen Meter vor mir.
Also griff ich nach der kleinen, breiten Blumenvase, die darauf stand, warf die Blumen beiseite und spritzte meinen Schatz das gesamte Wasser ins Gesicht. Erschrocken machte er zwei Schritte rückwärts und blickte mich mit offenem Mund an, wie ich gelassen die Vase wieder zurückstellte.
„Geht’s wieder?“, fragte ich ruhig, worauf ich nur ein Schnauben zur Antwort bekam.
„Cat hatte recht. Du bist wirklich nur ein arrogantes, egoistisches Arschloch.“
Kalt versuchte er mich zu verletzen, doch ich hatte seine Angst gespürt. Ich wusste, warum mein Liebster auf mich sauer war. Vielleicht hätte ich ihn von meinem Wissen unterrichten sollen, hätte mich sofort auf den Deal mit der Organisation und somit für Adrian entscheiden sollen. Aber das bedeutete auch mein ganzes bisheriges Leben aufzugeben. Das war nicht einfach – nicht von heute auf morgen.
Adrian hatte auch mir etwas beigebracht. Endlich konnte ich wieder zu jemandem Vertrauen fassen. Er gab mir Liebe, das höchste Gut, was ein Mensch besaß und verscheuchte damit die Kälte aus meinem Herzen. Und ich hatte nicht vor, diese wieder einkehren zu lassen. Das wurde mir jetzt endlich klar.
„Du hast recht“, antwortete ich deshalb. „Ich bin egoistisch. Weil ich dich ganz für mich allein haben will. An niemanden sollst du neben mir denken, nicht an deine Familie, nicht an Cat und besonders nicht an die Organisation.“ Wort um Wort ging ich auf ihn zu und er wich mir nach hinten aus, bis er mit dem Rücken an die Wand stieß. Ich kam ihm bis auf einen Zentimeter nahe, so dass ich seinen schnellen Atem auf meiner Haut spüren konnte.
„Jede Minute in unserem Wald, in unserem Haus, habe ich mit dir genossen, weil du nur für mich da warst, nur auf mich fixiert. Ich wollte dich gehen, dich ziehen lassen, aber ich schaffte es nicht. Ich will dich bei mir wissen, jede Sekunde, jede Stunde, jeden beschissenen Tag. Ich kann dich nicht von mir lossagen. Tut mir leid.“
Gott, wie er mich ansah, mit seinem leicht geöffneten Mund und ungläubigen Augen. Wie Tropfen des Blumenwassers von seinen Haaren fiel, wie diese sein Gesicht hinabflossen. Ich konnte mich einfach nicht mehr beherrschen und küsste ihn. Genauso leidenschaftlich wie meine Worte drang nun meine Zunge in ihn ein und ein wildes Gefecht mit der seinen begann. Es bedurfte keiner weiteren großen Reden mehr.
Die Arme meines Schatzes umschlangen mich und er presste seinen schmalen Körper so dicht an meinen, dass ich kaum mehr Luft bekam. Vergessen war, wo wir uns gerade befanden, was groß geschehen war. Nur noch wir beide existierten. Gierig küssend zog ich meinen Liebsten zu der Sitzgruppe mit der kleinen Couch und setzte mich.
Adrian war sofort auf meinem Schoß und zog mir den dünnen Pullover über den Kopf, genau wie ich ihm. Wieder trafen sich unsere Lippen, bis mein Schatz an meinem Hals hinabglitt, an meinen Brustwarzen hängen blieb und sie zärtlich mit Zunge und Zähne verwöhnte.
Während dessen knöpfte ich seine Hose auf und fühlte seine Männlichkeit unter meinen Fingern mehr und mehr wachsen. Gott, wie ich diesen Jungen wollte. Jungen? Nein. Das war er wirklich schon lange nicht mehr. Er war mir ebenbürtig, in manchen Dingen sogar überlegen. Ich genoss zwar seine Verspieltheit, aber ich gestand mir ehrlich ein, dass Adrian nicht mehr der kleine Schüler von damals war, sondern ein richtiger Mann.
Von dem Ganzen nur noch mehr aufgekratzt, riss ich ihm seine Hose vom Leib und zog auch mich aus, bis ich vollkommen entkleiden auf dem schwarzen Ledersofa saß, mein Schatz auf mir drauf. Wir berührten uns, küssten uns, verwöhnten uns, als wenn es keinen Morgen gebe. Adrian hatte, woher auch immer, ein Kondom rausgekramt und hielt es mir mit einem fiebrigen Blick entgegen. Es war einfach der Wahnsinn, wie er mich so anschaute, wie er mit seinen verschwitzten, heißen Körper auf mir drauf saß und sich an mir rieb.
Ohne zu zögern riss ich die Packung auf und stülpte mir den Gummi über. Dann drang ich auch schon in ihn ein. Laut begann mein Liebster zu stöhnen und mich durchfuhr eine Schockwelle der Liebe, Zuneigung und absoluter Geilheit. Genießerisch stimmte ich in die wohligen Töne meines Schatzes ein.
Er verschränkte nur noch mehr seine Beine um meine Hüfte, umschloss mit den Händen meine Handgelenke, drückte sie mit einmal auf das Sofa und hörte mit den rhythmischen Bewegungen auf. Irritiert öffnete ich meine Augen und schaute in sein leicht gerötetes Gesicht.
„Liebst du mich?“, fragte er. Shit, der Kleine hatte wohl mehr von mir gelernt, als mir lieb war. Meine Antwort trübte das allerdings nicht.
„Ja“, gestand ich ihm mit einem total verblödeten Grinsen auf den Lippen. „Mehr als alles andere“, setzte ich nach.
„Dann bleib bei mir. Geh den Deal mit der Organisation ein und nimm mich als deinen Knappen, als deinen Schüler ganz offiziell an!“
Ich musste meinem Schatz ganz schön Respekt aussprechen, dass er in so einer Situation noch einigermaßen klar denken konnte. Trotzdem schüttelte ich meinen Kopf.
„Das geht nicht“, antwortete ich ihm leise.
Adrian sah mich traurig an. Tränen füllten seine so schönen braun-grünen Augen und er versuchte aufzustehen, sich von mir zu lösen. Schnell hatte ich mich jedoch aus seinem Griff befreit und zog ihn auf meinen Schoß zurück. Ein gedämpftes Stöhnen entwich seinen süßen Lippen und sein Körper bebte kurz unter meinen Händen.
Der Kopf meines Schatzes lehnte an meiner Stirn und ich spürte salziges Nass auf meinen Bauch tropfen. Sanft umfasste ich mit einer Hand sein Kinn und zwang ihn mich anzuschauen. Liebevoll küsste ich ihm jede einzelne Träne von den Wangen, bis er sich wieder etwas beruhigt hatte.
„Wieso? Wieso geht das nicht?“, schluchzte Adrian.
„Darum“, flüsterte ich. „Ich kann dich nicht mehr als meinen Schüler betrachten. Dafür bist du viel zu gut. Den Deal mit der Organisation gehe ich nur unter einer Bedingung ein. Nämlich, dass du nicht mein Knappe wirst, sondern mein Partner. Ganz offiziell.“
Sprachlos sah mich mein Kleiner an, als hätte er einen Geist gesehen.
„Meinst … meinst du das jetzt wirklich ernst?“, fragte er mich stockend.
„Sonst hätte ich es nicht gesagt. Nicht unter diesen Umständen“, meinte ich und bewegte ein wenig mein Becken, worauf mein Liebster genießerisch die Augen kurz schloss und stöhnte. „Das heißt, wenn du auch willst.“
„Den Atem für diese Frage hättest du dir sparen können.“
Das hätte ich, wie wahr. Liebevoll schaute ich Adrian an, wie er schwer atmend auf mich hinabblickte. Seine Augen hatten wieder angefangen zu leuchten. Diesmal glänzten sie nur heller als jeder Stern, viel intensiver als die Sonne selbst. Das war es, was ich nie wieder missen wollte. Dieses Strahlen in seinen Augen, sein Lachen, seine Wärme und ganz besonders nie, nie wieder ihn selbst.
Ende
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