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Along the Way

Teil 8

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Teil 8

Nikki nahm Gwen morgens mit zur Arbeit und um Neun klingelte Tobey. Er strahlte mich an und war sichtlich aufgeregt, endlich wieder ins Studio gehen zu können um was zu tun. Er fuhr immer noch seinen alten VW–Bus, der uns schon zu so manchem Gig gebracht hatte.

"Die O–Scars werden auch dort sein.", meinte er unvermittelt.

"Oh …"

"Ist irgendwas mit dir und Xander?"

"Ach, ich weiß nicht. Ich glaub, es war einfach alles etwas viel für ihn …"

"Das wird schon wieder, jetzt wo du zu Hause bist. Wer ist denn bei Gwen?"

"Nikki. Sie war auch über's Wochenende bei uns …"

"Fängst du wieder was mit ihr an?"

"Ach Schwachsinn, wie kommst du denn auf so was?"

"Andy hat erwähnt, dass Xander das befürchtet …"

"Ich wusste nicht, dass du mit Andy über so was redest.", grinste ich.

"Naja, ich hab ein paar Songs mit den O–Scars aufgenommen. Da sind wir eben ins Reden gekommen."

"Soso."

"Du brauchst gar nicht zu grinsen. Sie ist viel zu jung für mich."

"Wenn du das sagst …"

"Erzähl mir lieber, was mit Brian los ist."

"Keine Ahnung, was soll mit ihm sein?"

"Er ist irgendwie säuerlich. Ist was mit ihm und Sean?"

Ich muss wohl ziemlich blöd geschaut haben.

"Ach komm, dachtest du echt, dass ich das nicht gecheckt habe?"

"Ähm … ich weiß nichts. Frag ihn selbst."

"Na schön, vielleicht mach ich das.", grinste er aufgedreht.

Ich sah Xander's Auto vor dem Haus parken und wurde tatsächlich nervös.

Brian, Mickey und Tom warteten schon und spielten dem Toningenieur ein paar Tapes vor. Sie wollten natürlich sofort loslegen, aber ich wollte noch zu den O–Scars rüber schauen.

Die nahmen gerade eine Drum–Spur auf. Ein Typ im Anzug, Andy, Rico und Xander saßen rum und aßen Sandwiches .Sie hatten mich noch nicht bemerkt.

"Hey …"

Xander schaute mich an, als sei ich ein Gespenst und sprang auf.

"Wie kommst du denn hier her?"

In seiner Stimme erkannte ich nicht die kleinste Spur von Freude.

"Wir legen endlich los. Drüben. Du weißt also, wo du mich finden kannst …"

Mehr gab es wohl nicht zu sagen. Im Gang holte er mich ein.

"Warte, Jordan."

"Was?"

"Tut mir leid … ich war nur überrascht … Du gehst jetzt auf Krücken?"

"Schon seit ein paar Wochen …"

"Ich hätte mich melden sollen. … Wie klappt es mit Gwen?"

"Es wird wohl noch eine Weile dauern, bis ich mich wieder ganz alleine um sie kümmern kann. Sie ist gerade bei Nikki."

"Oh … okay. Können wir vielleicht noch irgendwo in Ruhe reden, wenn wir hier fertig sind?"

Ich wusste, dass das nichts Gutes bedeutete.

"Okay …"

"Ich muss wieder zurück. … Bis nachher."

Er gab mir keinen Kuss, sondern ging einfach so weg.

Es fiel mir schwer, mich zu konzentrieren und während der Instrumentalaufnahmen ging ich öfter mal frische Luft schnappen. Bei der Tankstelle an der Ecke kaufte ich mir Kippen und setzte mich auf die Stufen vor dem Haus, in dem das Tonstudio war. Nach einer Weile kam Brian raus.

"Solltest du echt rauchen?"

"Vermutlich nicht."

"Was ist los? War es doch noch zu früh? Ich hätte dich nicht drängen sollen …"

"Nein, das ist es nicht."

"Was ist dann los?"

"Ich glaube, Xander macht mit mir Schluss."

"Was?! Nein, das glaub ich nicht …"

Er sah ehrlich schockiert aus, konnte es nicht glauben.

"Er war die letzten drei Wochen wie vom Erdboden verschluckt und heute hat er sich offensichtlich nicht wirklich gefreut, mich zu sehen …"

"Das liegt bestimmt am Stress …"

"Er hat gesagt, wir müssen nachher reden …"

"Oh … okay … jetzt mach dich nicht verrückt. Du bist bestimmt bloß paranoid."

"Ich hoffe es, aber ich hab ein ganz seltsames Gefühl."

"Dann red jetzt gleich mit ihm. Das ist wichtiger als die Aufnahmen. Wir haben so lange gewartet, jetzt kommt es auf einen Tag mehr oder weniger auch nicht mehr an."

"Ich will ihn nicht stören. Das Tonstudio ist teuer genug …"

"Das zahlt doch eh ihr neues Label. Die O–Scars haben bestimmt keine finanziellen Sorgen mehr."

"Aber, Xander hat doch gesagt …"

Ich ließ im Geiste das Gespräch über die Pillen in seiner Tasche noch mal Revue passieren. Brian schaute mich fragend an.

"Irgendwie hab ich langsam das Gefühl, dass ich doch nicht paranoid bin."

"Geh und red mit ihm."

Andy sang gerade was ein, Xander schien nicht großartig beschäftigt.

"Hey, kann ich dich kurz sprechen?"

Xander warf einen fragenden Blick zu dem Typen im Anzug, der kaum merklich nickte, erst dann stand er auf und ging mit mir nach draußen.

"Wer ist der Kerl?"

"Neues Management."

"Warum musst du ihn um Erlaubnis fragen, wenn du mit mir reden willst?"

"Muss ich doch gar nicht. Also, was ist los?"

"Das fragst du mich? Du meintest doch, wir müssten reden."

"Ja, aber nicht zwischen Tür und Angel …"

"Dann setzen wir uns eben hin. Da vorne ist ein kleiner Park …"

"Ich kann nicht so lange weg bleiben."

"Und ich kann nicht so lange warten. Sag, was du zu sagen hast."

Mein Ton war zu schroff, aber ich hatte nun mal Angst. Wir standen immer noch vor dem Haus.

"Jordan, ich glaube, wir sollten eine Pause machen …"

"Du machst mit mir Schluss? Nach allem was passiert ist?"

"Es ist zu früh. Ich kann das noch nicht. Mit allem, was in der Band gerade passiert, da kann ich mich nicht auch noch um dich und zwei Kinder kümmern. Ich muss erst mal sehen, dass ich mit allem klar komme."

"Du machst einfach so Schluss, aus heiterem Himmel?"

"Du hast dich auch drei Wochen nicht gemeldet …"

"Komm mir nicht so. Du bist auf Abstand gegangen und ich wollte dich nicht drängen. Ich hab dir immer gesagt, dass du die Kinder betreffend zu nichts verpflichtet bist."

"Die Dinge haben sich offensichtlich geändert. Du schaffst das nicht mehr alleine."

"Deshalb ist ja auch Nikki da. Du brauchst dich nicht mehr um die Kinder kümmern. Und ich komme auch wieder ganz gut ohne Hilfe klar. Gib uns doch noch eine Chance."

"Ich hab lange drüber nachgedacht und mein Entschluss steht fest."

"Aber warum? Das gibt doch keinen Sinn! Du hast gesagt, du würdest nie weggehen. Ich dachte, wir würden für immer zusammen bleiben …"

"Es tut mir leid, aber ich kann das jetzt nicht. Ich hole so bald wie möglich meine restlichen Sachen aus der Wohnung."

"Aber was ist mit den Kindern?"

"Gwen ist noch zu klein, um davon was mitzubekommen und Josh wird es so eh lieber sein."

"Und was ist mit mir? Du kannst mich doch nicht einfach so verlassen. Ich brauche dich. Ich liebe dich."

"Bitte hör auf damit. Mach es mir nicht noch schwerer."

"Das ist ein Albtraum, oder? Das kann doch nicht wirklich passieren!"

"Ich gehe jetzt rein. Ich verstehe, wenn du mich jetzt hasst, aber ich hab keine Wahl. …Mach's gut, Jordan."

Er ging an mir vorbei, die Treppe hoch, zurück nach drinnen. Ich setzte mich hin und zündete mir mit zitternden Händen erst mal eine Zigarette an. Irgendwie war das alles so unwirklich. Vielleicht hatte mir ja wieder jemand Pillen untergeschoben und das war ein Horrortrip? Aber langsam wurde mir klar, dass das gerade wirklich passiert war. Xander hatte gerade mit mir Schluss gemacht. Ich sah nur noch verschwommen, zog automatisch an meiner Zigarette.

Jemand kam raus.

"Hey, Mann, wir wären jetzt so weit."

Brian.

"Ich komm gleich. Gib mir noch ein paar Minuten."

Er setzte sich neben mich.

"Alles okay?"

"Er will sich nicht mehr um uns kümmern müssen."

"Hat er wirklich Schluss gemacht?"

Ich konnte nur nicken.

"Das kann doch nicht sein. … Kann ich was tun?"

"Gib mir fünf Minuten allein, okay?", hörte ich mich mit zitternder Stimme sagen.

"Klar. Ich warte drinnen …"

Ich hatte schon einige Trennungen hinter mir. Die meisten waren schrecklich gewesen. Aber diesmal kam es zudem aus heiterem Himmel und zu einem so schlechten Zeitpunkt. Ich hatte wirklich mit Xander gerechnet und plötzlich war ich alleine. Es war so Angst einflößend und tat so weh. In diesem Moment schwor ich mir, dass ich wieder werden würde, wie früher. Niemand sollte mehr in die Position kommen, mich so zu verletzen.

Ich rief Nikki an und bat sie, heute mit Gwen bei sich zu bleiben, ich wollte alleine sein. Ich stand auf und humpelte auf die nächste größere Straße zu. An ihr ging ich entlang, bis ich zu einer Bushaltestelle kam. Die Sonne prallte auf mich herunter, mein Kreislauf war am Boden als ich mich auf eine bekritzelte Wartebank setzte. Als ein paar Minuten später ein Bus kam, ging es wieder einigermaßen. Ich studierte den Plan und fand heraus, dass ich zwei Mal umsteigen musste, um nach Hause zu kommen. Aber wollte ich nach Hause? Mein Handy klingelte. Brian.

"Wo bist du?"

"Auf dem Weg nach Hause. Tut mir leid, ich muss jetzt wirklich alleine sein."

"Ich hätte dich doch gefahren …"

"So ist es mir lieber. Bye."

"Warte! … Ruf an, wenn du was brauchst, ja?"

"Ja."

Ich rief Xander's Handy an.

"Wo bist du?", fragte er, statt einer Begrüßung.

"Im Bus."

"Alles okay?"

"Klar, Bestens."

"Tut mir leid."

"Ist es dein Ernst? Bist du dir sicher, dass wir absolut keine Chance mehr haben?"

"Ja."

Ich wollte ihn so vieles fragen, aber etwas in seiner Stimme hinderte mich daran. Ich legte auf. Wo sollte ich jetzt hin? Sollte ich mich zu Hause verkriechen? Darauf hatte ich wirklich keinen Bock. Sollte ich zu Scott fahren? Und dann? Ich wollte nicht das Gleiche wie er. Was wollte ich überhaupt? Spaß. Zerstreuung. Alkohol. Bei der nächsten Haltestelle stieg ich aus und humpelte zurück zu einer Bar, an der der Bus vorbeigefahren war. Natürlich war sie noch geschlossen, also suchte ich eine Tankstelle. Zum Trinken ging ich in einen Park.

Was konnte ihn dazu bewogen haben? Der Kerl im Anzug? War das eine Art Deal mit dem neuen Label? Oder hatten seine Eltern auf ihn eingeredet? Marie hatte schon immer ein Problem damit gehabt, dass er sich um die Kinder kümmerte. Was hatte ich wohl in all den Monaten im Krankenhaus alles verpasst?

Als die Flasche Wodka nur noch halb voll war, sprach mich eine Tussi an.

"Na, schlechten Tag?"

"Kann man sagen."

"Hast du Kohle?"

"Warum?"

"Ich könnte dir den Tag versüßen."

"So? Wie denn?"

"Für 20 Mäuse bekommst du den Blowjob deines Lebens."

"Seh ich aus, als müsste ich dafür bezahlen?"

"Naja, ansonsten ist gerade niemand hier."

"Nein danke."

"Wie wäre es mit was zu rauchen?"

"Ich bleib bei Wodka."

"Sicher? Ich dachte gar nicht, dass du so ein Langweiler bist."

"Wer weiß, vielleicht würde ich ja auf dein Angebot eingehen, wenn der Kerl da hinten uns nicht beobachten würde. Vermutlich dein Partner, der mir Handschellen anlegt, sobald ich dir einen Schein in die Hand drücke. … Also, du kannst mir gern einen blasen, aber bezahlen werd ich dafür nicht. Und natürlich gehen wir in ein Motel, nicht an einen öffentlichen Ort, wo ich dann am Ende wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses dran bin. Na, was meinst du?"

"Vergiss es."

"Das dachte ich mir."

Sie zog ab. Der Typ folgte ihr in sicherer Entfernung.

Keine Ahnung, wie lang ich in dem Park saß. Die Flasche war jedenfalls irgendwann leer und es dämmerte. Ich versuchte aufzustehen, ließ es aber gleich wieder sein. Langsam kamen in der Dämmerung immer mehr seltsame Gestalten vorbei und boten mir gegen Geld so ziemlich alles an. Mein Handy klingelte. Es war Sean.

"Wo bist du?"

"Das weiß ich gar nicht so genau."

"Bist du betrunken?"

"Vielleicht. Was dagegen?"

"Ich hol dich ab. Find raus wo du bist."

"Da steht was von Esperanzastreet. Hier ist ein Park …"

"Tolle Gegend. Ich bin in 20 Minuten da."

Die Zeit überbrückte ich damit zu verhindern, dass ich kotze. Dann rief Sean noch mal an und ich musste ihm beschreiben, was ich sah, kurz darauf stand er vor mir. Er musterte die Papiertüte unter der Bank.

"War die mal voll?"

"Klar. Wer kauft denn eine angebrochene Flasche Wodka? Komm schon, setz dich."

"Wir sollten zusehen, dass wir hier wegkommen."

"Ach Quatsch. Die Leute hier sind total nett und freundlich."

"Du hast doch keine Drogen genommen, oder?"

"Meine Droge ist die Musik.", lallte ich.

"Ich bring dich jetzt nach Hause. Komm schon, kannst du aufstehen?"

Ich schüttelte den Kopf. Er legte sich meinen Arm um die Schulter und zog mich hoch. Er roch so gut. Ich steckte meine Nase in seine Haare.

"Was machst du denn?"

"Du riechst fantastisch."

"Kann man von dir nicht gerade behaupten. Komm schon. Mein Auto steht nicht weit von hier."

Er sammelte noch meine Krücken ein und mit Ach und Krach schafften wir es bis zum Auto. Kaum waren wir ein paar Meter gefahren, musste Sean schon anhalten und ich kotzte in einen Gully. Wir warteten noch ein paar Minuten und stiegen wieder ein. Diesmal schafften wir es bis zu meiner Wohnung.

"Jetzt noch die Treppen."

"Ich schaff das nicht …"

"Komm schon, so viele Stufen sind es gar nicht."

"Das meine ich nicht. Ich schaff es nicht ohne Xander weiterzumachen. Es geht einfach nicht."

"Du hast schon ganz andere Sachen überstanden."

"Sean, ich meine es ernst. Ich schaff es nicht. Ich will es auch gar nicht schaffen."

"Du musst dir Zeit lassen. Du hast Freunde, die für dich da sind."

"Ich will keine Freunde. Ich will doch nur einen Menschen, den ich liebe und ich will es schaffen, dass der mich nicht verlässt. Warum werde ich immer verlassen? Was stimmt denn nicht mit mir?"

"Mit dir stimmt alles, Jordan. Es liegt nicht an dir, es sind die Umstände."

"Niemand will bei mir bleiben. Nicht mal Josh. Er will zu seiner Mutter ziehen!"

"Das ist doch noch nicht entschieden. Jetzt lass uns rauf gehen und dann schläfst du erst mal deinen Rausch aus …"

Wir mussten alle paar Stufen eine Pause einlegen, mir kam es vor wie eine Ewigkeit, bis wir endlich oben waren. Ich ließ mich auf die Couch fallen.

"Bleibst du wenigstens bei mir?"

"Für eine Weile, ja."

Er setzte sich auf den Sessel. Bald darauf war ich eingeschlafen.

Die Sonne blendete mich. Mein Kopf stach. Mein Mund war total ausgetrocknet. Jemand hielt mir ein Glas Wasser hin.

"Guten Morgen. Oder besser gesagt: Guten Mittag."

"Mmmhm."

"Brauchst du was gegen Kopfschmerzen?"

"Mhm."

Sean gab mir eine Tablette und ich spülte sie mit dem kühlen Wasser runter.

"Ich will duschen."

"Die Dusche ist doch nicht Jordan–gerecht. Aber du könntest baden."

"Mir auch recht."

Er ging und ließ Wasser einlaufen. Dann kam er wieder zu mir. Ich grinste.

"Weißt du noch?"

"Wie könnte ich das vergessen?"

Dieser Tag im August war noch kein Jahr her.

"Warum hast du mit mir Schluss gemacht?"

"Jordan … das weißt du doch."

"Ich bin echt ein ziemlicher Verlierer, hm?"

"Ach Schwachsinn. Du hast nur Pech mit den Männern."

"Ich hab genug von Männern. Die sind genau so unzuverlässig wie Frauen. Ich glaub, ich zieh in eine einsame Blockhütte in den Bergen."

"Na klar, das kann ich mir richtig gut vorstellen. Du als Eremit. Und wovon willst du dich ernähren? Jagen fällt ja wohl aus."

"Das seh ich schon. Vielleicht werde ich Asket. Dann muss ich mir um das Essen auch keine Sorgen mehr machen."

"Nimm erst mal ein Bad."

"Na gut …"

Ich fing an, mich auszuziehen. Als ich zur Unterwäsche kam, wendete Sean den Blick ab. Ich humpelte ins Bad. Er kam nach und gab mir Anweisungen. Meinte der, ich hätte seit dem Krankenhaus nicht mehr gebadet?

"Setz dich auf den Rand, dann deine Füße rüber, und dann lässt du dich vorsichtig runter."

"Badest du mit?"

"Jordan, das geht nicht …"

"Ich verspreche dir, ich fass dich nicht an."

"Ich weiß nicht …"

"Komm schon. Sonst komm ich mir seltsam vor, wenn du mir angezogen dabei zusiehst."

"Ich kann auch draußen warten …"

"Ich will aber nicht alleine sein. Bitte."

"Na schön."

Er zog sich aus, während ich schon in die Wanne stieg. Ich musterte ihn.

"Jordan!"

"Was denn? Schauen wird ja wohl noch erlaubt sein."

"Du hast es versprochen."

"Ja ja, schon gut."

Er ließ sich mit einem Seufzer in die Wanne gleiten.

"Das ist gut. Ich weiß gar nicht, wann ich das letzte Mal gebadet habe …"

"Doch nicht etwa mit mir, vor einem Jahr?"

"Seitdem ist viel passiert, hm?"

"Ich komm gar nicht mehr hinterher."

"Das wird schon wieder. Immerhin hast du die Band."

"Ja, das schon. Die Jungs sind ja auch toll und so. Aber wenn ich heim komme, werde ich doch wieder allein sein."

"Du hast deine Kinder."

"Ja? Josh will zu Nikki ziehen … und für Gwen wäre das auch das Beste. Ich kann mich nicht richtig um sie kümmern. Und schon gar nicht, wenn Summerskin wieder durchstartet …"

"Jetzt sieh doch nicht alles so schwarz."

"Mein Freund hat gestern mit mir Schluss gemacht. Da ist Schwarzsehen ja wohl erlaubt, verdammt!"

Ich schlug mit der Faust gegen irgendwas, aber es war nicht der Schmerz, der mir die Tränen in die Augen trieb.

"Okay. Ganz ruhig. Komm her. Willst du dir wieder die Hand brechen?"

Er beugte sich zu mir und nahm mich in den Arm. Ich merkte, dass die Fürsorge alles nur noch schlimmer machte und schob ihn zurück.

"Ich werde nicht heulen wie ein Mädchen. Xander weint mir vermutlich auch keine Träne nach. Ich hab schon Schlimmeres überstanden. Ich scheiß auf euch alle."

"Okay … sag mir einfach nur, was ich tun soll."

"Fick mich."

"Jordan …"

"Ich mein es ernst. Wenn du mir helfen willst, dann fick mich."

"Ich bin mit Brian zusammen."

"Es ist nur Sex."

"Das glaub ich nicht …"

"Ich empfinde nichts mehr für dich. Ich will jetzt einfach nur Sex haben und du bist gerade da."

"Sehr schmeichelhaft. Ich glaub ich passe."

"Tut mir leid, das kam jetzt irgendwie falsch rüber …"

"Weißt du, ich versuche wirklich, dein Freund zu sein …"

"Ich weiß …"

"Aber du machst es einem nicht leicht. … Ich mach dir einen Vorschlag. Du badest, ich geh und mach uns was Leckeres zu essen."

"Okay …"

Allein mit meinen Gedanken, das erste Mal ohne Alkohol im Blut. Mein Puls erhöhte sich, mir wurde heiß und kalt und übel. Ich tauchte unter und blieb so lange unter Wasser, bis mein Kopf meinen Körper nicht mehr davon abhalten konnte, nach Luft zu schnappen.

Irgendwann lockte mich der Duft aus der Wanne in die Küche.

"Das riecht aber gut."

"Ich hab bei Janet ein paar Zutaten geholt. Hier war kaum noch was Essbares. Wir sollten also später einkaufen gehen …"

Ich setzte mich und er stellte eine Schüssel Salat, Pasta und eine Gemüsesoße auf den Tisch. Es schmeckte, wie immer bei Sean, ganz anders und unglaublich lecker.

Nach dem Essen räumte er ab, ich konnte dabei nur zusehen.

"Wie soll ich das machen, wenn ich alleine wohne?"

"Du brauchst bald bestimmt nur noch eine Krücke. Was ist eigentlich mit Physiotherapie?"

"Heute um halb Fünf."

"Okay. Da bring ich dich hin und gehe währenddessen einkaufen."

"Musst du nicht irgendwann nach Hause?"

"Nicht solange du mich noch brauchst."

"Danke. … Was ich vorher gesagt habe, tut mir wirklich leid …"

"Schon okay …"

"Nein, das war nicht okay. Natürlich werde ich immer was für dich empfinden, aber gerade hab ich das Gefühl, nie wieder etwas Positives fühlen zu können … so war das gemeint."

"Du musst mir das nicht erklären. Ich kenne dich, ich weiß, wann du was ernst meinst und wann nicht."

"Okay … danke …"

Er blieb bis spät Abends, dann schickte ich ihn heim. Ich spielte die halbe Nacht auf meiner Gitarre . Natürlich entstand ein schrecklich trauriger Song über die Trennung. Irgendwas musste passieren. Ich brauchte Ablenkung, eine Aufgabe, etwas gegen diese drohende Einsamkeit, mit der ich nie wieder gerechnet hatte.

Am nächsten Morgen rief ich Brian an, denn ich wollte wieder ins Studio, aber nicht dahin, wo Xander war. Mir war Martin wieder eingefallen. Brian und die Jungs erklärten sich bereit, den Tontechniker ihres Vertrauens einzupacken und in ein anderes Studio zu gehen. Ich rief an und wir konnten mittags hinkommen. Martin begrüßte mich freudig.

"Schön, dass du mein Angebot wahrnimmst. Und das sind also deine Jungs?"

Ich stellte sie reihum vor. Martin zeigte uns die Technik und stellte uns seine Nichte Brooke vor, die wohl so Anfang 30 war. Es gab mehrere Räume, die Technik war wirklich annehmbar, wir konnten ganz für uns arbeiten. Echt ideal. Die Jungs waren auch begeistert. Um neun Uhr Abends schmiss uns immer noch keiner raus, wir machten von selbst Schluss. Brooke saß an einem PC und hob kaum den Kopf als wir uns verabschiedeten. Sie meinte nur:

"Bis morgen dann."

Ich rief Nikki an und bat sie, am nächsten Abend mit Gwen wieder zurückzukommen. Ich würde ihr erklären müssen, was überhaupt los war.

In der Nacht hatte ich einen Albtraum über meinen Großvater. Im Halbschlaf tastete ich nach Xander, bis es mir wieder einfiel. Ich war allein, ganz allein. Niemand hörte mich in dieser Nacht weinen.

Im Studio dachte ich an nichts anderes als die Musik. Zu Hause warteten schon Gwen und Nikki auf mich. Wir aßen zusammen, ich wickelte Gwen, die bald schläfrig wurde. Nikki verbrachte noch etwas Zeit an ihrem PC, während ich das Zeug zusammensuchte, das wir in den nächsten Tagen im Studio brauchen würden.

Am Freitag schnitt Brian das Thema Management an. Scott hatte sich nun endgültig zurückgezogen und uns ein paar Leute, oder besser gesagt Firmen, empfohlen, die wir baldmöglichst treffen sollten.

"Josh kommt morgen nach Hause. Können wir bis Montag Pause machen?"

Die Jungs waren zwar heiß drauf, weiterzumachen, aber zeigten Verständnis.

Samstagvormittag, wir saßen gerade über dem Frühstück und Nikki hatte mir gerade eröffnet, dass sie nachher für ein paar Stunden weg sein würde, um ihren Freund zu treffen bevor wir Josh abholten, klingelte mein Handy. Xander's Nummer wurde angezeigt. Mein Puls erhöhte sich schlagartig. Bevor ich abnahm, humpelte ich erst mal in Joshs Zimmer.

"Ja?"

"Hey, ich bin's."

"Ja, ich seh deine Nummer …"

"Ich wollte fragen, wann ich am besten meine Sachen holen soll."

"Ich pack sie nachher zusammen, dann kannst du sie jederzeit abholen. Ruf nur vorher an, damit ich nicht hier bin."

"Es macht mir nichts, wenn du da bist."

"Aber mir. Lass den Schlüssel einfach auf dem Couchtisch liegen."

"Wie geht's dir, Jordan? Kommst du klar? Kann ich was tun?"

"Ich dachte, der Punkt an der ganzen Sache sei, dass du dich nicht mehr kümmern musst. Also lass uns einfach in Ruhe."

Ich legte auf. Wut war deutlich angenehmer als Verzweiflung.

Nach dem Frühstück nahm ich die Herausforderung Wendeltreppe an. Oben packte ich Xander's Zeug in einen Karton, den ich die Treppe runterrutschen ließ, dann packte ich noch das Zeug aus dem Bad dazu, aber das Aufwändigste und auch Emotionalste waren seine CDs, die mit meinen vermischt waren. Gwen beschäftigte sich zum Glück die ganze Zeit über im Wohnzimmer. Es klingelte. Perfekt. Ich humpelte ins Bad, um mir das Gesicht zu waschen und dann zur Tür. Wer konnte das bloß sein? Als ich die Tür aufmachte, blieb mein Herz für einen Moment stehen.

"Xander, verdammt!"

"Tut mir leid, aber ich konnte es nicht so enden lassen, ich wollte dich noch mal sehen."

"Verdammt, ich will dich aber nicht mehr sehen! Hol dein Zeug und geh."

"Okay …"

"Die Kiste da. Und im Büro steht noch eine. Mit den CDs bin ich noch nicht durch. Die schick ich dann."

"Jordan, bitte sei nicht so zu mir, das bricht mir das Herz."

"Dann sind wir wohl quitt."

"Es tut mir wirklich schrecklich leid."

"Glaubst du, du kannst mit mir Schluss machen und dann auch noch als netter Kerl dastehen? Vergiss es!"

"Kann ich die CDs durchschauen?"

"Wie du willst."

Er ging ins Büro während ich der etwas ängstlich dreinschauenden Gwen Kekse gab und sie beruhigte. Als er nach zehn Minuten immer noch nicht wieder da war, humpelte ich ins Büro.

"Was treibst du denn so lange?"

Er saß am Boden, hatte ein paar CDs in der Hand und weinte. Ich wusste nicht, wie ich darauf reagieren sollte. Mein erster Impuls war natürlich, ihn in den Arm zu nehmen, aber den unterdrückte ich. Er fuhr sich mit der Hand über's Gesicht und schaute mich aus seinen großen Augen an.

"Tut mir leid. Hieran hängen einfach zu viele Erinnerungen. Die CD hab ich bei einem unserer ersten Dates gekauft. Und die als wir zusammen im Einkaufszentrum waren …"

Er stand auf und kam auf mich zu. Dann legte er seine Hand auf meine, die den Griff einer Krücke festhielt.

"Es tut mir leid. Ich hoffe, dass du mir irgendwann verzeihst. Ich verabschiede mich noch von Gwen und dann bin ich weg."

Ich blieb wie gelähmt stehen, bis ich nach einer Weile die Haustüre zufallen hörte. Ich verstand es nicht. Wenn es ihm dabei so schlecht ging, warum hatte er dann mit mir Schluss gemacht? Was hatte das alles zu bedeuten? Im Wohnzimmer lag Xander's Schlüssel auf dem Tisch. Gwen saß auf ihrer Decke und spielte mit Bauklötzen. Ganz automatisch nahm ich meine Gitarre und begann zu spielen bis Nikki heimkam.

"Hey."

"Hey."

"Wir sollten los, hat Gwen noch was gegessen?"

"Nur Kekse."

"Ach Jordan …"

"Tut mir leid, ich hab die Zeit vergessen."

"Ich zieh mich um und du gibst ihr noch eine Banane."

"Okay …"

"Alles klar?"

"Jaja."

Ein paar Minuten später saßen wir im Auto auf dem Weg zum Busbahnhof.

"Warum starrst du Löcher in die Luft?"

"Nur ein Song über dem ich brüte. … Wie war dein Date?"

"Über die Date–Phase sind wir schon hinaus. Aber es war ein nettes Treffen."

"Wann stellst du ihn uns vor?"

"Gar nicht, solange es sich vermeiden lässt."

"Ach komm schon, ich benehme mich auch, versprochen."

"Davon geh ich mal aus. Mir geht's dabei eher um Josh. … Er denkt wohl immer noch, dass wir Beide wieder zusammenkommen."

"Naja, je eher er die Wahrheit erfährt, desto besser, oder?"

"Mal sehen ..."

"Ist er ein guter Kerl?"

"Auf jeden Fall."

"Was macht er?"

"Er arbeitet bei meinem Magazin, Chefredakteur."

"Wie lange seid ihr schon zusammen?"

"Seit Mai."

"Und dir ist es ernst mit ihm?"

"Oh ja."

"Sieht er gut aus?"

"Auf jeden Fall."

"Hat er einen Bruder? Oder eine Schwester, ich bin nicht wählerisch …"

"Was ist mit Xander?"

"Er hat am Montag Schluss gemacht."

"Also das war los."

"Ja."

"Warum hast du nichts gesagt?"

"Was denn? Mitleid bringt doch nichts."

"Wie kommst du klar?"

"Ich glaub, ich bin noch in der Schock–Phase …"

"Ich bin für dich da, wenn du was brauchst."

"Okay …"

"Wunderbar, jetzt bin ich alleine die Böse."

"Was meinst du?"

"Bei Josh. Jetzt wird er es mir vorwerfen, dass wir nicht mehr zusammenkommen …"

"Tja, willkommen in meiner Welt."

Am Busbahnhof trafen wir einige andere Eltern, von denen ich mich bisher zu solchen Anlässen immer ferngehalten hatte. Nikki war sich offensichtlich nicht zu schade für langweiligen Smalltalk. Ich setzte mich solange auf eine Bank und Gwen schenkte mir Blumen, die sie von einem Strauch abpflückte.

"Mr. Bonanno."

"Mrs. Mendic, hallo."

"Also durften sie die Klinik verlassen?"

"Vor einer Woche, ja."

"Da wird sich Josh aber freuen."

"Nehm ich an, ja …"

"Ich merke schon, sie sind nicht so der Smalltalk–Fan."

"Tut mir leid. Mir geht nur momentan so viel durch den Kopf …"

"Alles in Ordnung?"

"Wollen sie darauf eine ehrliche Antwort?"

"Natürlich."

"Nein, überhaupt nicht. Xander hat Schluss gemacht."

"Tut mir leid. Dann verstehe ich, dass ihnen viel durch den Kopf geht. Ah, da kommt der Bus. Hören sie, wir sollten uns mal auf einen Kaffee treffen. Die Jungs werden in den restlichen Ferien bestimmt viel Zeit zusammen verbringen."

"Ja, gerne."

"Sie werden wieder jemanden finden, auch wenn sie das jetzt gar nicht glauben können. Bei meiner Scheidung war ich ungefähr in ihrem Alter. Erst danach hab ich Henry's Vater kennengelernt."

Die Bustüren gingen auf. Josh stand ganz vorne und entdeckte als erstes seine Mutter, die er freudig umarmte und sich von ihr abknutschen ließ. Dann zeigte sie zu mir rüber und schon fetzte er auf mich zu.

"Dad!"

"Hey Kleiner."

Ich umarmte ihn, so gut es mit den Krücken ging. Als ich ihm, wie eigentlich immer, ein Küsschen auf die Wange geben wollte, wich er zurück.

"Nicht hier."

"Okay, Tschuldigung. Ganz was neues."

"Du warst eben lange weg."

"Das stimmt. Wollen wir nach Hause fahren?"

"Klar."

"Kannst du deine Schwester nehmen?"

"Klar."

Zu Hause machte ich Josh erst mal ein Sandwich, während Nikki Gwen wickelte.

"Es ist seltsam, dass du plötzlich wieder hier bist."

"Aber auf eine gute Art seltsam, oder?"

"Ja, klar. Also, wo ist Xander? Im Studio?"

"Nein … er wohnt nicht mehr hier."

"Was? Warum nicht?"

"Weil wir nicht mehr zusammen sind. Aber um das gleich klarzustellen: Das bedeutet nicht, dass deine Mutter und ich wieder zusammen kommen. Da führt kein Weg hin."

"Okay, was auch immer …"

"Mehr hast du dazu nicht zu sagen?"

"Nein, eigentlich nicht."

"Tut es dir nicht mal ein klein wenig leid, dass er weg ist?"

"Keine Ahnung …"

"Mach dir dein Sandwich doch alleine."

"Mein Gott, jetzt zick doch nicht rum wie ein Mädchen!"

"Wie bitte? Wie redest du eigentlich mit mir? Was ist bloß los mit dir? Was ist in den letzten vier Monaten mit dir passiert?"

"Nichts, außer dass mein Dad angeschossen wurde und alle meine Freunde herausgefunden haben, dass er ne Schwuchtel ist."

Beinahe hätte ich ihm eine Ohrfeige verpasst.

"Geh in dein Zimmer."

Er zog ab. Ich ließ mich auf die Couch fallen. Nikki kam die Treppe herunter.

"Was brüllt ihr denn so? Wo ist Josh?"

"In seinem Zimmer."

"Was war denn los?"

"Er hat mich Schwuchtel genannt."

"Was?! Ich red mit ihm."

"Nein. Ich mach das."

"Aber Jordan …"

"Ich mach das!"

"Okay …"

Josh lag mit einer Sportzeitschrift auf seinem Bett.

"Klopfst du nicht an?"

"Willst du mit dem Pubertieren nicht warten bis du wenigstens 13 bist?"

"Was willst du?"

"Ich warte darauf, dass du dich entschuldigst."

"Wofür? Ich hab nur die Wahrheit gesagt."

"Du weißt, dass das ein abwertender Ausdruck ist."

"Weil die Sache an sich abwertend ist."

"Seit wann denkst du so? Und überhaupt, was weißt du eigentlich davon? Du bist grad mal Elf."

"Fast Elfeinhalb. Und ich weiß so einiges, ich bin kein kleines Kind mehr."

"So? Erzähl mal."

Er schaute beschämt nach unten.

"Darüber werd ich nicht reden."

"Wir haben hier ein echtes Problem, Josh. Wenn du so was sagst, dann verletzt mich das. Du weißt, was Xander alles für mich getan hat und auch für dich. Er ist ein guter Kerl und ich vermisse ihn."

"Ich will das nicht hören."

"Josh, bitte. Warum bist du plötzlich so … aggressiv?"

"Was glaubst du, durfte ich mir alles anhören, seit das rauskam? Ich musste härter werden, um denen zu beweisen, dass ich nicht so bin wie du."

"Du brichst mir wirklich das Herz. Ich war immer so stolz auf dich und jetzt? … Ich kann nicht ändern, wer ich bin und ich will es auch gar nicht. Ich hoffe, du kommst bald wieder zur Vernunft …"

"Ich glaub, du bist der, der zur Vernunft kommen muss. Wie kannst du nur so was machen?"

"Wir sollten noch mal einen Termin bei der Schulpsychologin ausmachen."

"Da geh ich nicht hin."

"Das werden wir schon sehen. Und iss was."

"Jaja …"

"Ich geh an die frische Luft."

Kaum war ich draußen, klingelte mein Handy. Es war Sean.

"Hey …"

"Hey, hast du grad Zeit?"

"Ja was gibt's?"

"Ich hab's getan."

"Was denn?"

"Ich hab Patricia von Brian erzählt."

"Was?! Und, wie hat sie reagiert?"

"Nicht besonders überrascht. Sie hat mir von ihrem Hanson erzählt. Es war ein total seltsames Gespräch … keine Ahnung wie es jetzt weitergeht …"

"Wo bist du jetzt?"

"Auf dem Weg zu Brian. Ich kann es kaum erwarten, ihm davon zu erzählen. Ich hatte es überhaupt nicht geplant. Eigentlich wollte ich es gar nicht. Brian war deshalb sauer auf mich. Mann, der wird überrascht sein!"

"Ich freu mich für dich."

"Danke. Und was ist bei dir so los?"

"Ach, gar nichts. Grüß Brian von mir, ja?"

"Klar, wird gemacht."

Das könnte ich sein, schoss es mir durch den Kopf. Wenn ich damals nicht Xander kennengelernt hätte, dann wäre Sean jetzt auf dem Weg zu mir.

Josh blieb den restlichen Tag in seinem Zimmer und am Sonntagvormittag dampfte er zu den Mendics ab. Ich probierte ein paar Songideen aus, kümmerte mich um Gwen, ging mit ihr und Nikki raus.

"Wie soll es weitergehen, Jordan? Du kannst nicht ewig auf der Couch schlafen."

"Nein … aber ich kann mit den Beiden noch nicht alleine sein …"

"Was machen wir also?"

"Muss ich das jetzt entscheiden?"

"Nein, natürlich nicht sofort, aber du solltest anfangen, drüber nachzudenken, was das Beste für die Kinder ist."

"Was schlägst du vor?"

"Ich schlage vor, dass ich mir bald eine größere Wohnung suche und die Beiden zu mir ziehen."

"Das finde ich nicht wirklich gut."

"Das kann ich mir vorstellen, aber es ist das Beste für die Beiden."

"Das hier ist doch kein Dauerzustand. In ein paar Wochen kann ich mich wieder alleine um die Beiden kümmern."

"Bist du dir da sicher? Was ist mit der Band? Willst du Gwen mit ins Studio nehmen?"

"Bevor du wieder aufgetaucht bist, hat das alles auch geklappt."

"Aber jetzt ist Xander weg und du bist wieder in der Band. Sei doch mal realistisch. Alleine schaffst du's nicht."

"Du etwa?"

"Ja. Und ich hab auch noch Oliver."

"Können wir das jetzt bitte lassen?"

"Okay, vorerst …"

"Ich hab was vergessen, ich muss noch mal los …"

"Soll ich dich irgendwo hinfahren?"

"Ich bin durchaus dazu fähig, Dinge alleine zu erledigen."

"Okay, Tschuldigung."

Ihr war es ernst mit den Kindern und ich hatte keine Ahnung, wie ich verhindern sollte, dass sie das durchzog. Oder ob ich es überhaupt verhindern sollte. Ich musste mir erst mal Klarheit über ein paar Dinge verschaffen. Und dazu musste ich zu Scott. Das dauerte mit dem Bus fast eine Stunde, aber das war immer noch besser, als von Nikki abhängig zu sein und ihr damit zu zeigen, dass sie recht hat. Gegen Drei klingelte ich bei Scott. Niemand machte auf. Sein Handy war aus. Wunderbar. Ich beschloss, eine Weile vor dem Haus zu warten. Dazu brauchte ich aber Kippen. Ich humpelte zu dem Laden an der Ecke. Ohne groß nachzudenken, ließ ich mir auch noch ein Sixpack einpacken. Ich hatte ja keine Ahnung, wie lange ich warten musste. Ich klingelte noch mal, nur um sicherzugehen, dass wir uns nicht verpasst hatten.

Dann setzte ich mich wieder hin und öffnete die erste Dose. Ich fing an, drüber nachzudenken, was Nikki gesagt hatte. 'Allein schaffst du's nicht.'

Bei der zweiten Dose bekam ich Angst, dass sie recht haben könnte,

bei der dritten Dose wusste ich, dass sie recht hatte.

Und bei der vierten Dose wurde mir bewusst, was das bedeutete. Die Kinder würden bei ihr leben. Ich würde ganz alleine sein. Ohne Xander, ohne die Kinder.

Die fünfte Dose näherte sich dem Ende. Bei der Hitze spürte ich den Alkohol deutlich und neben mir lagen schon ein halbes Dutzend Kippen am Boden. Es war fast Fünf. Wo war Scott bloß?

Ich beschloss, die sechste Dose auch noch zu leeren und dabei nicht an die Kinder zu denken. Und auch nicht an Xander.

Die Band. Da lief alles gut, oder? Aber wie würde das mit den Live–Auftritten sein? Und das neue Management. Das war auch kein gutes Thema. Ich lehnte mich an die Wand neben mir und nickte wohl ein, bis ich Stimmen hörte. Eine Frau kicherte und sagte etwas davon, dass sie gerne noch Kaffee hätte. Und dann hörte ich Scott.

"Ich hab mir letzte Woche die neue … Jordan?"

"Hm? Oh, hey …"

"Was machst du denn hier?"

"Ich brauch einen geschäftlichen Rat."

Ich merkte, dass ich lallte, aber so sehr ich mich auch anstrengte, das ließ sich nicht vermeiden. Die Tussi schaute verächtlich auf mich runter. Oder genauer, auf die leeren Bierdosen neben mir.

"Komm erst mal rein."

Okay, aufstehen … das war eine Herausforderung. Ich versuchte es mal, setzte mich aber unsanft wieder auf meinen Hintern. Die Tussi verdrehte die Augen.

"Wir sollten ihn in ein Taxi nach Hause setzen."

"Jordan, soll ich Xander anrufen?"

"Oh ja, ruf ihn an. Mach schon! Sag ihm … sag ihm, dass … ach was weiß ich. Du wirst schon sehen, was er sagt!"

Scott machte sein Handy an und wählte Xander's Nummer.

"Hey, ehm … Jordan ist hier bei mir aufgetaucht, ihm geht es nicht besonders gut, ich befürchte, er hat zu viel getrunken. … Na, weil … oh … oh, das wusste ich nicht, tut mir leid. … Nein, schon gut. Nein, ich kümmere mich um ihn. Bye."

Er räumte ein paar Dosen zur Seite und setzte sich neben mich.

"Tut mir leid, Jordan."

"Mitleid bekomm ich schon genug. Ich brauch endlich mal einen Überblick über meine Lage. Ich hab keine Ahnung, wie es weitergeht …"

"Okay, dann bist du hier richtig. Aber du musst trotzdem erst mal aufstehen …"

Ich deutete auf meine Krücken, die seit geraumer Zeit außerhalb meiner Reichweite am Boden lagen. Scott gab sie mir und schon stand ich halbwegs sicher und schaute auf die Tussi runter, die vielleicht einen Meter sechzig war.

"Tut mir leid, Louise, aber ich befürchte, wir müssen unseren Kaffee verschieben …"

"Wenn das hier nicht zu lange dauert, dann kann ich auch warten."

"Nein, ich glaub das ist keine gute Idee. Ich ruf dich an, ja?"

"Na schön, dann bis bald."

Sie gab Scott ein Küsschen auf die Wange und zog ab.

"Wo hast du die denn aufgegabelt?"

"Vorsicht, ja? Ich finde sie sehr nett."

"Was auch immer …"

"Lass uns den Lift nehmen."

"Oh, der Lift, weißt du noch …?"

"Jordan, bist du wirklich geschäftlich hier?"

"Natürlich, warum sonst?"

"Gut."

Von da an setzte er wieder sein Anwaltsgesicht auf. Oben gab er mir erst mal jede Menge Wasser zu trinken und Kaffee aus einer riesigen Maschine, die aussah, als würde sie mehr kosten als ein Kleinwagen. Aber zugegeben, der Kaffee war wirklich gut. Dann packte er ein paar Ordner auf den Tisch. Im Endeffekt erklärte er mir umständlich, dass ich reich war. Geld von der Versicherung wegen Verdienstausfällen, Geld von den Rechten an ein paar Songs, aber vor allem wegen Red Snow.

"Okay, Geld ist also kein Problem. Aber was ist mit den Kindern? Nikki hat doch diese Dokumente unterschrieben …"

"Die werden vor Gericht nicht standhalten. Damals war sie in einer Klinik, unter Medikamenteneinfluss. Darf ich ehrlich zu dir sein, Jordan?"

Ich nickte.

"Ich denke, die Idee, dass die Beiden hauptsächlich bei ihr wohnen und sie dich am Wochenende besuchen kommen, ist gar nicht so schlecht. Nikki hat einen festen Job mit Kinderbetreuung … und Josh ist gerade in einer seltsamen Phase. Du solltest dir das wirklich überlegen."

"Aber ich will nicht alleine leben …"

"Ich weiß, aber du musst dabei zuerst an die Kinder denken."

"Alles war so perfekt, Scott. Ich hatte die Kinder, ich hatte Xander und die Band. Und dann hat dieser dämliche Idiot alles versaut. Wann wird er endlich verurteilt?"

"Es gab da ein paar seltsame Verwicklungen, deshalb dauert das alles etwas länger als geplant. Aber er bekommt seine Strafe schon noch, keine Sorge. Er hat zweimal geschossen, das war auf jeden Fall versuchter Mord, nicht Totschlag."

"Was bekommt er dafür, was meinst du?"

"Er wird natürlich erst mal in Berufung gehen. Das endgültige Urteil wird noch eine Weile auf sich warten lassen. Aber er wird den Rest seines Lebens im Gefängnis verbringen."

"Gut."

"Dein Dad kann sich auch auf ein paar Jahre gefasst machen."

"Mir egal."

"Dein Bruder wird wohl mit einem blauen Auge davon kommen. Bei deinem Onkel bin ich mir da nicht so sicher."

"Ich will mich damit so wenig wie möglich beschäftigen."

"Kann ich verstehen. Also, willst du sonst noch irgendwas wissen?"

"Wie geht es mit Summerskin weiter?"

"Ihr seid ja schon im Studio, wie man hört. Ich hab Brian die Nummern von ein paar wirklich guten Leuten gegeben, Booking, Management, PR, … die werdet ihr treffen und euch für jemanden entscheiden. Im Spätherbst bringt ihr euer Album raus. Je nachdem wie es dir gesundheitlich geht, werdet ihr Konferenzen geben, im Radio auftreten, etwas Fernsehen und vielleicht ein paar Shows. Und wenn du wieder 100% fit bist, im Frühjahr oder so, gibt's die Europa– und Asien–Tour."

"Ich könnte Gwen da mitnehmen."

"Stimmt, aber wie würdest du es finden, wenn Nikki sie einfach so ein paar Monate lang mitnehmen würde und du wegen einem Job nicht mit könntest?"

"Aber es heißt doch sie oder ich. Ansonsten sehe ich Gwen ein paar Monate nicht."

"Vielleicht könnt ihr ja einen Kompromiss finden. Aber da ist ja noch eine Weile hin. Wichtig ist jetzt, dass Summerskin ein gutes Management findet und dass du bald nicht mehr auf diese Teile angewiesen bist."

"Willst du mit mir üben?"

"Klar, was muss ich tun?"

"Eigentlich musst du nur rückwärts vor mir hergehen und mich halten, falls ich nicht mehr kann."

"Okay …"

Ich stand auf und ließ meine Krücken zurück auf die Couch fallen. Dann ging ich langsam auf Scott zu. Bald hatte ich ihn fast erreicht und er fing an, rückwärts zu gehen, bis wir das Zimmer durchquert hatten und er mit dem Rücken an der Wand stand.

"Ich glaub du musst mich festhalten."

Er legte seine Arme um mich.

"Okay, ich hab dich."

"Ich brauche dich."

"Ich weiß. Ich bin für dich da."

"Ich will nicht alleine sein."

"Bist du nicht."

"Aber wie soll das funktionieren?"

"Lass uns jetzt nicht darüber nachdenken. Ich will jetzt einfach nur mit dir zusammen sein."

Er küsste mich und zog mich langsam in die Richtung seiner Schlafzimmertür. Als wir am Bett angekommen waren, war ich schon völlig fertig. Er grinste.

"Das heißt wohl, wir müssen noch viel trainieren, hm?"

Ich setzte mich erst mal hin.

"Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass ich irgendwann wieder normal gehen können soll, geschweige denn eine Show machen."

Er setzte sich neben mich.

"Vor zwei Monaten konntest du noch kaum selbst sitzen. Das kommt schon alles wieder. Mach dir keine Sorgen. Willst du dich ein bisschen hinlegen?"

"Ich sollte nach Hause …"

"Okay, dann fahr ich dich …"

Zwanzig Minuten später parkten wir vor dem Laden.

"Ich glaube, ich werde Nikki so lange wie möglich hinhalten, dann hab ich wohl keine Wahl mehr …"

"Unter der Woche wirst du eh wenig Zeit haben. Das Studio, die Therapie … und falls du dich alleine fühlst, rufst du mich an."

"Warum kommst du nicht wieder zurück und managst uns weiter?"

"Dabei geht es nicht nur um das zwischen uns. Ihr seid mir tatsächlich über den Kopf gewachsen. Aber ich bin ja nicht aus der Welt. Wenn irgendwas ist, braucht ihr euch ja bloß zu melden."

"Aber was ist mit all den Songs, die du für mich verkauft hast?"

"Darum kümmere ich mich weiter. Das sind Verträge zwischen dir und mir, das hat nichts mit Summerskin zu tun."

"Gut …"

"Was ist mit dem ganzen Versicherungszeug?"

"Kannst du dich darum auch weiter kümmern? Ich hab davon keine Ahnung."

"Klar, kein Problem."

"Ich muss dir dafür übrigens danken. Wenn du mich damals nicht dazu gezwungen hättest, das ganze Zeug abzuschließen, dann säße ich jetzt ganz schön in der Scheiße."

"Naja, zumindest wäre einiges von dem Red–Snow–Geld dafür draufgegangen …"

"So kann ich Nikki und den Kindern eine Wohnung bezahlen …"

"Ja, das ist vermutlich eine gute Idee."

"Vielleicht sollten die Drei in der Wohnung bleiben und ich such mir was Neues. Was soll ich denn alleine mit einer so großen Wohnung?"

"Du hast ja noch Zeit, dir das alles zu überlegen. Was ist eigentlich mit Autofahren?"

"Ich hab es noch nicht versucht, aber wenn dann nur Automatik. Ich muss meine alte Schleuder wohl verkaufen …"

"Mir war eh nie wohl dabei, wenn du Gwen darin rumgefahren hast … Ich kenn jemanden, der dir günstig einen Chrysler beschaffen kann."

"Mal schaun. Vorerst nehm ich den Bus."

"Na gut, ich muss dann langsam los. Ich schau mir noch eine Band an."

"Am Sonntagabend?"

"Es sind Ferien."

"Ach stimmt ja … na gut. Dann danke für Alles."

"Gern geschehen."

"Ich ruf dich morgen Abend an, wenn ich aus dem Studio komme."

"Okay …"

Ich gab ihm einen Kuss auf die Wange und stieg umständlich aus.

Nikki wollte natürlich wissen, wo ich gewesen sei. Sie roch vermutlich auch das Bier.

"Was Geschäftliches. Es stehen ein paar Entscheidungen an."

"Jordan, langsam macht Oliver mir Stress, weil ich so oft hier bin."

"Das ist echt nicht mein Problem."

"Er hat mich gefragt, ob ich zu ihm ziehen will. Mit den Kindern."

"Also das geht wirklich zu weit! Dass du mit den Kindern in eine eigene Wohnung ziehen willst, kann ich ja noch verstehen, aber ich werde nicht zulassen, dass ich so einfach ersetzt werde. Außerdem hast du Josh noch nicht mal von ihm erzählt."

"Doch, als du weg warst, um dich zu besaufen. Morgen Nachmittag wird er ihn kennenlernen."

"Du hast wirklich vor, mich zu ersetzen, oder? Bevor die Kinder ihn kennenlernen, will ich mir erst mal ein Bild von ihm machen."

"Das hat absolut nichts mit dir zu tun, Jordan."

"Meine Kinder sollen mit dem Kerl zusammenwohnen, da ist es ja wohl nicht zu viel verlangt, dass ich ihn kennenlernen will, oder?"

"Okay, morgen Abend um Fünf."

"Du weißt, dass ich da Therapie habe."

"Und davor bist du im Studio. Also, da kann man wohl nichts machen."

"Er ist bei dir im Büro, oder?"

"Klar."

"Dann komm ich morgen früh mit. Tobey soll mich einfach von da abholen."

"Aber …"

"Na, machst du einen Rückzieher?"

"Nein. Wie du willst."

"Schön."

"Schön."

Josh schaute nochmal kurz aus seinem Zimmer, um sich was zu essen zu holen, ignorierte mich aber. Gwen schlief schon. Ich zog mich also ins Büro zurück und schrieb. Ich hatte ja viel aufzuschreiben …

Am nächsten Morgen kamen Gwen, Nikki und ich kurz vor Acht in ihr Büro. Irgendwie kam mir das alles sehr bekannt vor. Ich war mit Vince schon mal hier gewesen. Dieses Lifestyle–Magazin hatte mal etwas über ihn geschrieben und wir hatten damals vorbeigeschaut, um mit einer Redakteurin Bilder auszusuchen.

"Morgen Nikki."

"Morgen Tiffany. Darf ich dir Gwens Dad vorstellen, das ist …"

"Jordan Bonanno! Ernsthaft? Jordan Bonanno ist Gwens Dad? Kein Wunder dass sie so niedlich ist."

Diese Tiffany sah genau so aus, wie man sich eine Mitarbeiterin bei einem Lifestyle–Magazin vorstellte. Flippige Frisur, grelle Klamotten, schrille Stimme. Ich bekam schon Kopfschmerzen, wenn ich sie nur ansah.

"Ist Oliver in seine Büro?"

"Ja, aber er braucht noch ein paar Minuten."

"Gut, dann bring ich Gwen solange in die Betreuung."

"Jordan, ich habe eine Bekannte, die behauptet, mit dir auf dem College gewesen zu sein."

"Tatsächlich? Wie heißt sie denn?"

"Carla Benez."

"Carla, klar. Kunstgeschichte, ich erinnere mich."

"Willst du ihre Nummer?"

"Klar, gerne. Wir haben uns irgendwie aus den Augen verloren. Was macht sie?"

"Sie schreibt Kunstkritiken für verschiedene Zeitschriften."

"Malt sie nicht mehr selbst? Sie war doch echt gut."

"Natürlich, aber davon wird man nicht reich. Ich schreib dir mal ihre Nummer auf. … Und du und Nikki, ihr wart also mal …"

"Wir kennen uns noch aus Phoenix."

"Gwen ist ein süßes Kind."

"Danke."

"Ich frage mich bloß, warum Nikki nie erzählt hat, dass Gwens Papa ein Rockstar ist. Hey, das Magazin könnte etwas über dich bringen!"

"Momentan ist Summerskin im Studio, in ein oder zwei Monaten geht's an die PR. Dann gerne."

"Gut, abgemacht. Oh mein Gott, ist das nicht Tobey Sandman?"

"Ja, der will mich abholen … Tobey!"

"Oh, hey. Bist du schon soweit?"

"Nein, der wichtige Oliver hat scheinbar noch ein wichtiges Meeting."

"Naja, ich bin zu früh dran …"

"Tiffany Walters."

"Tobey Sandman."

"Ich weiß. Ich hab dich bei dieser Charity–Veranstaltung am Piano gehört. Und das hattest du wirklich selbst geschrieben?"

"Ach, das war nichts Besonderes …"

"Doch! Das war wunderschön! Ich wäre fast in Tränen ausgebrochen."

Da hatte ich wohl was verpasst …

"Ah, Oliver hat jetzt wohl Zeit."

Sie deutete auf einen Kerl mit blondierten Haaren, der allen Ernstes ein lila Hemd und eine gelbe Krawatte trug.

"Das ist Oliver?! Oh mein Gott."

Tiffany schaute mich irritiert an und konnte an seinem Outfit wohl nichts Seltsames finden. Er kam rüber, wo blieb bloß Nikki?

"Jordan!"

"Oliver!", imitierte ich seine aufgeblasen–weltmännische Art.

"Schön dich endlich mal persönlich kennenzulernen. Nikki hat ja schon so viel von dir erzählt."

"Da bist du klar im Vorteil. Ich weiß so gut wie nichts über dich."

"Ach, wir lernen uns schon noch kennen. Und ich bin schon so gespannt darauf, heute Josh kennenzulernen. Ich hab Karten für das Spiel."

"Du stehst auf Baseball?"

"Aber natürlich! Ich hab schon gehört, dass das nicht so dein Ding ist. Dann übernehme ich das eben."

"Wie alt bist du?"

"Nikki hat schon gesagt, dass du sehr direkt bist. Ich bin 42. Aber wehe du sagst das weiter. Ah, da kommt ja meine Schöne."

"Oh, ihr habt euch schon gefunden."

"Ja … also, Oliver, du willst, dass Nikki und die Kinder zu dir ziehen?"

"Jordan!!"

"Schon gut, Schatz. Er redet nicht um den heißen Brei herum, das finde ich gut. Ja, wenn mit Josh alles gut läuft, dann könnte ich mir das gut vorstellen. Ich besitze ein kleines Häuschen in den Hills."

Aufgeblasener Schnösel!

"Das bedeutet, Josh müsste die Schule wechseln, das wird ihm nicht gefallen."

"Er geht doch im Herbst sowieso auf die Middle School.", rechtfertigte Nikki ihren dämlichen Plan.

"Ich will nicht, dass meine Tochter in den Hills aufwächst und ein kleines It–Girl wird."

"Soll sie lieber in einem schäbigen Wohnblock groß werden, so wie du?"

"Das hat mir nicht geschadet, oder?"

"Soll ich darauf wirklich antworten?"

"Lasst uns friedlich bleiben, ja? Wir konnten uns jetzt mal beschnuppern. Ich möchte betonen, dass ich nicht vor habe, dich zu ersetzen, Jordan. Ich bin nun mal in die Mutter deiner Kinder verliebt und möchte für sie sorgen. Du bleibst natürlich der Vater."

Wie großzügig!

"Verdammt richtig, und solange ich noch was zu sagen habe, ziehen meine Kinder nicht neben Barbie und Ken ein und gehen auf Privatschulen, auf denen sie lernen, wie man professionell sein Dienstmädchen runterputzt. Echt nicht. Das kannst du knicken, Nikki."

"Mein Gott, es ist keine Schande, Geld zu haben, Jordan. Für die Kinder wird gut gesorgt werden. Du kannst sie besuchen, wann immer du willst, oder sie kommen über's Wochenende zu dir. Das ist das Beste für uns alle. Wir zeigen Josh heute Nachmittag das Haus. Wenn es ihm gefällt, können wir sofort einziehen. Du bist doch eh den ganzen Tag im Studio …"

"Verdammt, Nikki, du kannst mir doch nicht einfach die Kinder wegnehmen …", bat ich leiser.

"Niemand nimmt sie dir weg. Du bist jederzeit willkommen. Du bist ihr Dad. Aber gerade jetzt musst du dich erst mal um dich selbst kümmern. … Für eine Weile, dann sehen wir weiter."

Sie umarmte mich und ich ließ es zu, weil ich wusste, dass sie recht hatte.

Als ich abends nach der Therapie heim kam, erzählte mir Josh gleich total aufgeregt von Olivers Haus und dem Pool und der tollen Aussicht. Er konnte es offensichtlich nicht erwarten, umzuziehen. Ich verzog mich mit Gwen ins Büro und spielte ihr ihre Lieblingslieder auf CD vor. Sie sprang rum und klatschte fast im Takt bis ihre Wangen total rot waren, sie zu mir auf das Klappsofa kletterte und meine Finger begutachtete. Bald fing sie an zu gähnen, was total ansteckend war.

"Hey, Jordan …"

"Hm …?"

"Es ist halb Zehn. Du kannst doch noch nicht schlafen. Schau dir Gwen an. Wie kann das bloß bequem sein?"

Sie lag quer über meinen Beinen, die Arme neben dem Kopf, und sah total zufrieden aus.

"Ich bring sie hoch.", meinte Nikki.

"Okay …"

Ich humpelte auf die Couch, Nikki setzte sich nach einer Weile zu mir.

"Ich weiß, wie schwer es für dich ist, Gwen nicht um dich zu haben. Und ich schwöre dir, du kannst sie besuchen kommen, so oft du willst. Sie braucht ihren Daddy, das seh ich."

"Warum kannst du nicht mit den Kindern hier bleiben und ich such mir eine Wohnung in der Nähe? Du musst natürlich keine Miete bezahlen und ich sorg auch ansonsten für die Beiden."

"Ich will wirklich mit Oliver zusammenleben und ich glaube, das ist auch gut für Josh."

"Wenn ich ohne Krücken laufen kann, dann will ich Gwen wieder bei mir haben."

"Mal sehen wie das mit der Band läuft."

"Bei dir ist sie auch tagsüber in Betreuung."

"Und wenn du reisen musst?"

"Kann sie ja mitkommen."

"Glaubst du echt, dass das gut für sie ist?"

"Sie soll doch möglichst viele neue Eindrücke haben, um sich gut zu entwickeln."

"Naja, das müssen wir ja nicht jetzt entscheiden …"

"Nein, aber du sollst schon wissen, dass ich sie dir nicht einfach überlasse. Und Josh auch nicht, aber der muss sich erst mal wieder einkriegen."

"Okay, das nehme ich zur Kenntnis. Ich glaub, ich geh ins Bett. Die nächsten Tage werden bestimmt anstrengend. Wir müssen so viele Sachen kaufen. Zwei komplette Kinderzimmer."

"Tja, du hast es dir so ausgesucht."

"Gute Nacht, Jordan."

Als ich am nächsten Abend von der Therapie heimkam, standen zwei große Taschen auf dem Flur.

"Wir schlafen heute bei Oliver. Und morgen fahren wir in die Universal Studios."

"Wunderbar, das wird ja immer besser."

Nach dem Essen verabschiedeten sie sich. Nikki kündigte an, mich am Freitagabend abzuholen und mir Olivers Haus zu zeigen. Bis dahin würde ich die Beiden wohl nicht zu Gesicht bekommen, also machte ich gleich mal eine halbe Stunde mehr Therapie jeden Tag aus. Was sollte ich auch alleine zu Hause?

Tobey war toll, er beschwerte sich nie, weil er mich abholen musste. Jeden Morgen und jeden Abend kutschierte er mich durch die Gegend, spielte mir Tapes mit tollen Ideen und interessanten Instrumenten vor, zum Beispiel eine E–Orgel wie bei Kansas. Er bot sogar an, dass er bei der Therapie auf mich warten könnte, um danach noch einen trinken zu gehen oder so. Natürlich konnte ich das nicht annehmen. Stattdessen rief ich zu Hause Scott an und hing ewig mit ihm am Telefon, manchmal ohne überhaupt zu reden.

Am Freitag holte mich Nikki ab und wir fuhren in die Hills. Das Haus war genau so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Moderne Architektur, total durchgestylt. Kinder konnte ich mir da überhaupt nicht vorstellen. Aber bald würde ich Gwen ja wieder zu mir holen und Josh würde ich es dann auch anbieten. Momentan war er noch begeistert.

Am Samstag blieb Gwen für ein paar Stunden bei mir in der Wohnung, während die Anderen noch mehr Möbel einkauften.

Am Sonntag fuhren die Vier zu Ned und Elly, Scott hatte Jenna und ich saß alleine in meiner Wohnung. Ich wollte Sean nicht anrufen, weil ich seine Stimmung nicht trüben wollte. Brian hatte im Studio immer ein Grinsen auf den Lippen gehabt. Lustlos schrummte ich auf der Gitarre herum, aber irgendwie war alles nicht das Wahre. Als ich gerade überlegte, mir ein Bier aufzumachen (es war noch nicht mal Mittag), klingelte das Telefon. Es war Tobey.

"Hey, ich wollte fragen, ob du Lust hast, mit mir auf einen Instrumentenflohmarkt zu gehen. Wir könnten mal schauen, ob wir was Extravagantes für Summerskin finden. Oder hast du schon was vor?"

"Nein, ich hab Zeit."

"Gut, dann bin ich in zwanzig Minuten bei dir."

Die Sonne schien, Tobey kam mit seinem VW–Bus und sommerlicher Musik an und wir machten uns auf den Weg zu diesem Instrumentenflohmarkt, den er ausfindig gemacht hatte. Während der Fahrt schwärmte er mir schon von irgendwelchen Trommeln, Hörnern und Tasteninstrumenten vor.

Das Gelände war riesig. Tobeys Augen strahlten vor Freude.

"Aber wenn du eine Pause brauchst, sag es. Der Flohmarkt ist jeden Monat, ich hab nur bisher nichts davon gewusst. Wir müssen also nicht alles heute schaffen."

Er brauchte an jedem Stand ewig und wollte von allem genau wissen, wie es funktionierte. Ihm dabei zuzusehen, war wirklich unterhaltsam. Ich kannte Tobey jetzt schon seit fünf Jahren, hatte sogar zeitweise mit ihm in einer Wohnung gewohnt, bevor Nikki zurückgekommen war. Aber ich hatte keine Ahnung, wer er eigentlich war. Und ich hatte eigentlich auch noch nie wirklich drüber nachgedacht. Ich wusste, dass er in meinem Alter war, dass er angefangen hatte, irgendwas Technisches zu studieren, das aber wegen Summerskin abgebrochen hatte und dass er ein guter und zuverlässiger Musiker war. Er sah nicht schlecht aus, halblange, mittelblonde Haare, stylische Hornbrille, ein Stück kleiner als ich, recht schlank. Irgendwie hatte ich ihn mir noch nie auf die Art betrachtet. Er drehte sich in dem Moment nach mir um, als ich ihn so musterte.

"Na, was meinst du, Jordan?"

"Hm, was?"

"Hast du nicht zugehört? Worüber hast du denn nachgedacht?"

"Ach, nur über einen Song …"

"Schau dir das hier mal an."

Zwei Stunden später beschlossen wir, erst mal eine Pause einzulegen, um was zu essen. Während der ganzen Zeit kramte Tobey in seinen Tüten und zog wieder etwas heraus, um mir was zu erklären.

"So, aber jetzt reicht's erst mal mit dem Kram. Du musst mir sagen, wenn ich dich damit zu sehr vollschwafle."

"Nein, nein. Bisher find ich's noch interessant."

"Trotzdem, jetzt hör ich damit mal wieder auf. Wie geht's dir? Hältst du noch durch?"

"Klar, solange ich die Krücken hab, passt das schon."

"Und wie ist es ohne Krücken?"

"Viel langsamer und viel anstrengender, aber es wird schon."

"Wieso kennen wir uns eigentlich so schlecht?" fragte er recht unvermittelt.

"Keine Ahnung. Ich meine, wir haben schon viel zusammen erlebt …"

"Aber irgendwie hab ich mich meistens an Mickey gehalten und du dich an Brian. … Und du warst viel mit Scott unterwegs, natürlich. … Und dann Nikki und jetzt Xander …"

"Tja … jetzt bin ich Single."

"Ja, endlich mal. Also ich meine, jetzt hast du mehr Zeit außerhalb des Pflichtprogramms."

"Mehr Zeit als mir lieb ist."

"Also wir können gern öfter mal was zusammen unternehmen."

"Hast du zurzeit keine Freundin?"

"Nö. Aber dadurch erspart man sich auch einigen Stress …"

"Ich hasse es, abends alleine in der Wohnung zu hocken. Früher war ich am liebsten allein. So als Teeny. Und jetzt kann ich's überhaupt nicht mehr ausstehen."

"Genau deshalb wohn ich immer noch mit Mickey zusammen. Wenn der mal mit seiner Freundin zusammenzieht, hab ich echt ein Problem. … Wobei, er ist eh mehr dort als zu Hause."

"Ich hab noch nie eine Freundin von dir gesehen, oder?"

"Ach, es gab die ein oder andere, aber ich hab sie euch nie offiziell vorgestellt ... Soll ich dir noch was zum Trinken mitbringen?"

"Danke, das wäre klasse."

Wir saßen da bestimmt noch eine halbe Stunde und quatschten über alles Mögliche, bis Tobey wieder vom Flohmarkt–Fieber gepackt wurde.

Gegen Sechs setzte er mich zu Hause ab.

"Also, ich fand's echt cool, dass du mitgekommen bist und dass du so lange durchgehalten hast."

"Ich hab echt viel gelernt. Und die Zeit ist voll verflogen …"

"Na gut, dann hol ich dich morgen gegen halb Neun ab, wie immer."

"Okay, bis morgen dann."

Schon brauste er in seinem VW–Bus davon. Ich konnte mir schon vorstellen, wie er seinen restlichen Abend verbringen würde. Mit all dem Zeug, dass er gekauft hatte, das meiste waren irgendwelche Ersatzteile. Ich musste grinsen.

In dieser Nacht hatte ich einen total verstörenden Traum, von mir und Tobey. So was war mir noch nie passiert. Aber jetzt war der Gedanke in meinem Kopf.

Als er am nächsten Morgen um halb Neun klingelte, versuchte ich mit allen Mitteln, wieder den alten Tobey zu sehen. Aber das gelang mir nicht.

"Warum bist du heute so still? Hast du Schmerzen?"

"Kopfschmerzen, aber nicht so schlimm."

"Dann lassen wir es heute langsam angehen. Hast du gefrühstückt?"

Ich schüttelte den Kopf.

"Hab ich mir gedacht. Dann halten wir noch wo an."

Sogar im Studio ertappte ich mich dabei, wie ich Tobey beobachtete. Ich merkte selbst, dass ich mich da in was hineinsteigerte. Abends fuhr er mich nach Hause und erzählte noch eine lustige Geschichte aus seiner Schulzeit. Auch am nächsten Morgen hatten wir jede Menge Spaß während der Fahrt. Ich freute mich richtig auf die zwanzig Minuten alleine mit ihm, aber tat mein Möglichstes, mir das nicht anmerken zu lassen.

Am Dienstagabend rief Nikki an und eröffnete mir, dass sie mit den Kindern über's Wochenende zu Olivers Eltern fahren würden. Das pisste mich echt an.

"Guten Morgen!"

"Morgen."

"Hast du schlechte Laune?"

"Nikki und ihr Macker entführen die Kinder über's Wochenende …"

"Oh … blöd."

"Ja, allerdings. Bald erkennt mich meine eigene Tochter vermutlich nicht mehr …"

"Ach Quatsch. Hey, lass uns über's Wochenende irgendwas Cooles zusammen machen, ja?"

"Okay. … Was denn zum Beispiel?"

"Hm … wir könnten Touristen spielen."

"Was bitte?"

"Wir könnten so tun als kämen wir nicht von hier. Wir schnallen uns einen Fotoapparat um und machen die Vergnügungsparks unsicher. Das macht Spaß. Ich mach das öfter. Man sieht die Stadt plötzlich mit ganz anderen Augen."

"Naja, ich bin erst mit 20 hier her gezogen, da funktioniert das vermutlich nicht so gut, aber lustig ist es sicher. Müssen wir dann auch in einem billigen Motel übernachten und Continental Breakfast essen?"

"Prima Idee, das machen wir. Von Samstagvormittag bis Sonntagabend sind wir Touristen."

"Okay, cool."

Ich zählte quasi schon fast die Stunden bis Samstag um Zehn und fragte mich, was ich da eigentlich machte. Ich wusste, dass Tobey auf Mädchen stand, aber ich konnte nichts machen. Ich hatte so eine lustige Zeit mit ihm.

Am Samstag machten wir die Universal–Studios unsicher und knipsten bestimmt 100 Bilder. Tobey schob mich in einem Rollstuhl durch die Gegend, vor allem weil wir uns so die langen Schlangen sparten. Wir tranken Smoothies, fuhren halbwegs schlimme Achterbahnen, sahen uns ein paar 3D–Shows und eine Stuntshow an. Und natürlich machten wir die Kulissen–Tour mit. Danach gingen wir gleich noch ins Kino. Gegen Acht machten wir uns auf die Suche nach dem billigsten Motel, das wir finden konnten. Ein Motel Six gewann. 38 Dollar die Nacht für ein Zimmer mit zwei Kingsize–Betten.

"Also, Bier, M&Ms und Pay–TV?"

"Klar."

So viel wie an diesem Abend hatte ich seit Ewigkeiten nicht mehr gelacht. Als ich mich schlafen legte, taten mir sogar die Bauchmuskeln weh.

Um halb Neun klingelte der Wecker.

"Wach auf, wir wollen doch nicht den ganzen Tag verschlafen. Es gibt noch viel zu sehen! Das alte Hollywood! Der Walk of Fame, der Viper–Room und so viel mehr. Wach schon auf, Jordan!"

"Noch fünf Minuten …"

"Vergiss es. Auf, auf! Das Continental Breakfast wartet!"

Im Endeffekt verbrachten wir mehr Zeit in irgendwelchen Läden, als bei Sehenswürdigkeiten. Tobey erzählte von seinen Eltern und seiner ersten Freundin. Und davon, dass er schon Klavier spielte, seit er Fünf war. Fast genauso lange kannte er Mickey.

"So, ich hab Hunger. Lass uns schick essen gehen. Ich kenn da einen Laden, wo man voll tolle Antipasti bekommt."

"Okay, ich folge dir."

Die Schmetterlinge im Bauch wurden immer aufdringlicher.

Nachdem wir uns mit sonnengetrockneten Tomaten, pikanten Paprika und eingelegten Edelpilzen vollgegessen hatten, war es schon fast Sieben.

"Ich hätte echt Lust auf Rotwein, aber ich muss ja noch fahren."

"Lass uns eine Flasche kaufen und die bei mir trinken. Du hast ja eh deinen Koffer dabei und morgen früh müsstest du sowieso erst zu mir.

"Das ist echt ein Argument."

Was machte ich da bloß?

Wir machten es uns auf der Couch bequem, hörten Musik, unterhielten uns und tranken die beiden Flaschen Rotwein.

" … und dann hab ich meine Sachen gepackt, und bin ausgezogen … Leute über dreißig sollten einfach keine Kinder mehr bekommen dürfen. Deine Mum, die ist cool und so jung."

"Ja, aber wir hatten es nicht immer leicht …"

"Das ist natürlich die Schattenseite. Ich schätze, man will immer das, was man nicht haben kann …"

Wie treffend bemerkt. Ich wollte ihn!

"Möglich …"

"Naja, ich glaub, ich werd mich langsam auf's Ohr hauen."

"Oh, wann ist es denn so spät geworden?"

"Irgendwann bei der zweiten Flasche. … Danke für das tolle Wochenende, Jordan. Ich hatte echt viel Spaß."

Ich spürte, wie sich mein Puls erhöhte.

"Ich auch …"

Wir hatten ganz klar einen Moment. … Er wich meinem Blick nicht aus. Sollte ich es versuchen? Aber was, wenn er total ausflippte? Was würde dann mit der Band passieren? Ach, scheiß auf dieses Grübeln! Ich tat es einfach. Ich legte meine Hand an seine Wange und gab ihm einen kurzen Kuss. Dann wich ich ein paar Zentimeter zurück und wartete auf eine Reaktion.

"Ich bin nicht wie du, Jordan."

"Ich weiß, tut mir leid, … es ist nur ... ich hatte ein wirklich schönes Wochenende mit dir. Nimm es mir nicht übel, ja?"

"Nein, natürlich nicht. Ich hab schon so was vermutet …"

"Wirklich? Warum?"

"Die Art, wie du mich manchmal ansiehst … Weißt du, generell würde ich das schon gerne mal ausprobieren, aber erstens will ich das gute Klima in der Band nicht auf's Spiel setzen und zweitens wäre das dir gegenüber nicht fair …"

"Warum nicht?"

"Weil ich das nur aus Neugier täte und du Gefühle dabei hast … Vielleicht sollte ich besser gehen …"

"Hey, du hast ne Flasche Wein getrunken, du kannst nicht mehr fahren. … Mist, genau das wollte ich eigentlich vermeiden. … Ich will nicht, dass die Dinge zwischen uns jetzt seltsam werden …"

"Nein, keine Sorge. Ich fühl mich geschmeichelt, wirklich. Und wenn du eine Frau wärst …aber so …"

"Okay …"

"Du machst grad eine schwere Zeit durch, das weiß ich."

"Ich will nur nicht alleine sein."

"Soll ich heute bei dir oben schlafen?"

"Es wäre schön, nicht allein aufzuwachen …"

"Okay, dann lass uns ins Bett gehen. Ich bin echt fertig."

Wir gingen abwechselnd noch kurz ins Bad und trafen uns oben.

"Das ist also Gwens Zimmer?"

"Es ist total seltsam, wenn sie nicht da ist. … Alles wirkt so leer, so tot irgendwie …"

"Nächstes Wochenende ist sie wieder hier."

"Vielleicht für ein paar Stunden. … Ich hasse es, dass ich sie nicht hochnehmen kann und nicht mit ihr rumtollen kann. … So muss immer Nikki dabei sein …"

"Oder ich, stimmt's? Wenn ich da wäre, dann bräuchtest du Nikki nicht und Gwen könnte hier übernachten."

"Das könnte ich nicht von dir verlangen …"

"Du warst mit mir auf dem Flohmarkt, ich schulde dir was. Und ich hatte sowieso vor, das nächste Wochenende wieder mit dir zu verbringen."

Er ging in mein Schlafzimmer und schaute sich erst mal um.

"Das hier bist irgendwie total du. Gefällt mir."

"Danke …"

Er setzte sich aufs Bett, ich wusste wirklich nicht, was weiter passieren würde. Eigentlich hatte er mir ja klar gesagt, dass nichts laufen würde, … aber jetzt war er hier in meinem Schlafzimmer … und legte sich in mein Bett.

"Warum zögerst du denn? Komm her."

Ich setzte mich erst mal hin und verstaute meine Krücken. Tobey streckte seinen Arm aus und ich legte mich hinein. Er zog sogar die Decke über mich, als wäre ich ein kleines Kind.

"Du hast ja ganz kalte Füße."

"Ach, die werden schon warm …"

"Alles okay, Jordan?"

"Ja, es ist nur … dieses Bett … ich habe hier mit Niemandem mehr gelegen, seit Xander …"

"Du vermisst ihn ziemlich, hm?"

"Jeden Tag, ja. Ich denke ständig an ihn und frage mich, warum."

"Mit der Zeit wirst du dich das weniger fragen …"

Er gab mir einen Kuss auf die Augenbraue.

"Ich werde nicht mit dir schlafen, ich will nur bei dir sein."

"Okay …"

Er fing an, mein Gesicht zu küssen, ganz langsam und zärtlich. Es hätte fast noch als freundschaftlich durchgehen können, bis er zu meinen Lippen kam. Ich schloss meine Augen. Dann wanderte er wieder zu meiner Stirn. Die Haut um die Narbe war sehr sensibel, auf eine gute Art. Ich war total entspannt. Um nicht einzuschlafen, machte ich die Augen wieder auf. Tobey lächelte mich an. Ich hatte halb damit gerechnet, dass seine Augen zu wären. Jetzt küsste er nur noch meine Lippen. Wie zufällig spürte ich seine Zunge. Dann noch mal. Ich öffnete meinen Mund ein Stück. Ganz langsam suchten sich unsere Zungen und fanden sich schließlich. Tobey küsste fantastisch. Alles passierte so langsam und wie ferngesteuert. Mir war, als würde sich der Raum um uns drehen. Ich kam mir vor wie ein Teenager. Wir knutschen lange. Ich weiß gar nicht, wann wir aufhörten.

Irgendwann wachte ich auf, weil es hell war. Ich lag in Tobeys Arm und streckte mich erst mal. Er öffnete die Augen.

"Morgen."

"Morgen."

Er grinste:

"Ich kenne niemanden, der so gut küsst wie du."

Ich vergrub das Gesicht an seinem Hals.

"Ach Quatsch, das lag bloß an dir …"

"Am liebsten würde ich den ganzen Tag nichts anderes tun, als dich küssen …"

"Aber wir müssen wohl ins Studio …"

"Wir müssen uns zwischen Frühstücken und Küssen entscheiden."

"Küssen."

"Küssen."

Es war sein Tempo, das machte das ganze so außergewöhnlich. Nach einer (viel zu kurzen) Weile wich er ein Stück zurück.

"Wir müssen langsam aufstehen …"

"Oh Mann …"

"Ich dusche zuerst, dann kannst du noch ein paar Minuten liegen bleiben."

"Danke."

Nach ein paar Minuten rief er hoch, dass er fertig wäre. Während ich duschte, machte er Käsetoast zum Mitnehmen. Dann machten wir uns auf den Weg. Es war irgendwie seltsam. Wir redeten kaum, aber er lächelte mich zwischendurch immer mal wieder an, wie um mir zu versichern, dass alles in Ordnung sei. Wir parkten um die Ecke, aber keiner öffnete die Tür, um auszusteigen. Er sprach das Offensichtliche aus:

"Komische Situation, hm?"

"Schon irgendwie … für dich vermutlich noch mehr als für mich …"

"Ich weiß gar nicht, wie ich dich da drinnen anschauen soll, ohne mir vorzustellen, wie es ist, dich zu küssen, Jordan …"

"Mir geht's genau so."

"Das war wirklich der beste und vermutlich auch längste Kuss meines Lebens."

"War es unser letzter Kuss?"

"Von mir aus nicht … aber ich hab Angst, was das für Konsequenzen haben könnte …"

"Ich schätze, der Spruch 'Es war doch nur ein Kuss' ist hier echt unangebracht …"

Er lachte.

"Ja, das stimmt. Ich mag dich, Jordan, aber eben nicht auf die Art …"

"Ich weiß …"

"Ich will dir nicht wehtun. Vor allem nicht, nach allem, was du durchgemacht hast. Ich will dir ein guter Freund sein …"

"Gute Freunde, die sich küssen?"

"Glaubst du, das kann funktionieren?"

"Es gibt wohl nur einen Weg, das rauszufinden …"

"Aber wir müssen uns versprechen, dass die Band nicht drunter leidet. Und was ist, wenn einer von uns jemand Anderen kennenlernt?"

"Keine Besitzansprüche, keine Probleme."

"Ich will dich küssen."

"Was hält dich ab?"

"Einer von den Anderen könnte uns sehen."

"Okay, verstehe, gute Freunde, die sich heimlich küssen."

"Sie würden es wohl kaum verstehen … aber ich weiß, dass du mit so Geheimhaltungskram ein Problem hast. … Ich finde auch, man sollte zu dem stehen, was man macht. Aber vielleicht noch nicht nach dem ersten Kuss?"

"Schon okay. … Sehen wir erst mal, wie das so läuft …"

"Okay. Wow, ich will dich wirklich küssen."

"Das kann ja interessant werden …"

Wir gingen rein, wo die Anderen schon warteten. Es gab erst mal Kaffee und Tobey setzte sich neben Mickey, der scheinbar, wie eigentlich immer in letzter Zeit, die Nacht bei seiner Freundin verbracht hatte. Ich konnte mich erstaunlich gut auf die Musik konzentrieren. Die Mittagspause über unterhielt ich mich mit Martin, der erst jetzt erfahren hatte, dass Xander und ich nicht mehr zusammen waren. Danach war ich verständlicherweise etwas aufgewühlt und Brian nahm mich nochmal zur Seite, um mir etwas Zeit zu verschaffen. Wir standen um eine Hausecke und teilten uns eine Zigarette.

"Erzähl mir was Erfreuliches."

"Sean und Patricia sind nicht mehr zusammen. Sie leben natürlich noch zusammen, aber Sean schläft auf der Couch, oder meistens bei mir. Er überlegt sich sogar, zu mir zu ziehen, aber irgendwie ist das eine große organisatorische Herausforderung mit dem Kindermädchen. Und natürlich würde das sein Vater erfahren … Aber ich bin ja schon mal glückselig, dass Sean sich jetzt nur noch mit mir ein Bett teilt."

"Das glaub ich …"

"Und du siehst Gwen dieses Wochenende erst wieder?"

"Vermutlich, ja. Ich hasse das. Und Xander hatte letzten Freitag Geburtstag. 21 und ich konnte ihm nicht mal gratulieren …"

"Willst du Kontakt zu ihm?"

"Nein, ich glaube, das würde alles bloß noch schlimmer machen."

"Du tust mir echt leid …"

"Ich tu mir selbst auch echt leid …"

"Ach du Armer."

Er tätschelte meine Wange und nahm mich in den Arm. Mickey kam um die Ecke.

"Oh, sorry. Ich bin schon wieder weg. Ich wollte euch nicht stören."

"Wobei glaubst du denn, dass du uns gestört hast?"

Brian schien verärgert.

"Das geht mich wirklich nichts an."

Und schon war er wieder weg. Brian dampfte hinter ihm her. Ich hatte das untrügliche Gefühl, das würde eine Szene geben. Die Beiden standen schon wieder im Haus, als ich dazu kam und schnauzten sich gegenseitig an. Tom und Tobey kamen auch dazu.

"Was ist denn los?"

"Nichts, eigentlich. Brian regt sich auf, weil ich ihn und Jordan beim Rummachen erwischt habe."

Ich schaute sofort Tobey an, der sich umdrehte und zurück ins Studio ging.

"Warte … so war das nicht. Mickey, erzähl keinen Mist. Tobey, warte!"

Ich wollte hinter ihm her, besann mich aber.

"Mickey, verdammt nochmal, warum erzählst du denn so einen Müll?"

"Ach komm schon, es wird Zeit, dass Brian uns allen reinen Wein einschenkt."

"Das geht euch nichts an."

"Brian hat mich nur umarmt!"

"Heimlich in einer Seitengasse."

Tobey stand wieder in der Tür, pünktlich um Mickey sagen zu hören:

"Fuck, echt, bald haben wir mehr Schwuchteln in der Band als Heteros!"

Da platzte mir der Kragen.

"So nennst du mich nicht nochmal!"

"Oder was? Verprügelst du mich mit deinen Krücken?"

"Nein, aber du kannst dir ne neue Band suchen."

"Oder du kannst dir ne neue Band suchen."

"Niemand sucht sich hier ne neue Band, wegen so einem Scheiß!", zischte Brian.

"Warum machst du denn so ein Geheimnis daraus, Brian? Warum gebt ihr es nicht einfach zu, dass ihr was miteinander habt?"

"Weil wir nichts miteinander haben. Ja, ich bin schwul. Bitteschön, jetzt wisst ihrs. Aber ich habe nichts mit Jordan. Ich bin mit Sean zusammen."

"Also doch. War ja klar! Fuck, wie mich so was ankotzt!"

"Du wusstest doch schon immer, dass ich auf Kerle stehe, warum ist es bei Brian jetzt so ein Problem?"

"Weil ihr euch vermehrt wie die Karnickel."

Ich traf Tobey's Blick, er schaute sofort zu Boden.

"Ich glaub, das war's dann für heute. Tobey, fährst du mich nach Hause?"

Er blieb stumm, sein Blick wich mir aus. Brian schaltete sich ein.

"Schon gut, ich fahr dich."

"Man sollte zu dem stehen, was man tut, hm? Es ist echt immer das Gleiche!"

Tobey hatte mich verstanden. Er zuckte die Schultern.

Im Auto fragte ich Brian, was er jetzt vor hätte.

"Ich fahre zu Sean."

Das bedeutete wohl, ich würde den Nachmittag alleine verbringen. Ich holte mir ein Sixpack aus dem Kühlschrank und machte es mir auf der Couch bequem. Nach der dritten Büchse kam ich auf die glorreiche Idee, Xander anzurufen.

"Hey."

"Jordan? Ist was passiert?"

"Ich wollte dir nur gratulieren, nachträglich."

"Oh, okay … danke … also ehm …"

"Ich liebe dich so sehr, Xander, ich vermisse dich. Ich bin so alleine."

"Du hast immer noch die Kinder …"

Ich lachte verächtlich.

"Die wohnen jetzt bei Nikki und ihrem neuen Macker."

"Oh … Jordan, bist du betrunken?"

"Noch nicht genug."

"Es tut mir leid … ruf jemand Anderen an."

Er legte einfach so auf. Bier tat es daraufhin nicht mehr. Irgendwo hatte ich doch noch diese Flasche Rum. … Ja, ich fand sie in einem Küchenschrank.

Als es zwei Stunden später klingelte, versuchte ich erst gar nicht mehr aufzustehen. Als ich kurz davor versucht hatte, ins Bad zu kommen, hatte es mich ordentlich auf die Fresse gelassen.

"Offen! Glaub ich …"

Tobey kam herein.

"Du bist echt der Letzte, den ich jetzt sehen will.", zischte ich.

"Ich weiß, … aber ich wollte mal nach dir sehen. Oh mein Gott, was ist denn passiert?"

"Was denn?"

"Deine Wange ist ja total blau. Fuck, war die Flasche mal voll? Was machst du denn?"

"Ich verbringe meine Zeit sinnvoll. Und jetzt will ich echt, dass du verschwindest."

"Soll ich jemanden anrufen?"

"Ja wen denn?! Xander? Nikki? Meine Familie? Ich hab niemanden und ich scheiß eh auf euch alle. Ihr seid alle gleich. Wenn ihr mit mir alleine seid, dann habt ihr kein Problem damit, mich zu ficken, aber danach bin ich zu nichts mehr zu gebrauchen. Menschen sind einfach der Dreck des Universums. Ich wünschte, ihr würdet alle einfach verschwinden. Ich will doch einfach nur alleine sein, verdammt nochmal!"

Ich stand mittlerweile auf halbem Weg zur Haustür. Meine Krücken lagen neben der Couch. Und schon gaben meine Beine nach und ich landete unsanft auf meinem Hintern. Ich blieb einfach sitzen.

"Verschwinde!"

"Okay, ich bin schon weg."

Irgendwann, als es stockfinster war, wachte ich auf dem Boden auf. Mein Kopf zersprang fast und ich schwor, nie wieder einen Tropfen Alkohol zu mir zu nehmen.

Als es um halb Neun am Morgen klingelte, war ich wieder einigermaßen fit. Tobey.

"Guten Morgen … Brian hat angerufen und gesagt, dass wir heute auf jeden Fall ins Studio kommen sollen."

"Natürlich, das ist unser Job."

"Wie geht's dir?"

"Ich will nur meinen Job machen. Du bist in der Band und das war's. Mehr Kontakt will ich zu dir nicht. Du musst es nur sagen und ich bestell mir ab jetzt ein Taxi."

"Ich überleg es mir."

Danach herrschte eisiges Schweigen.

Brian war schon da und umarmte mich zur Begrüßung, wie aus Trotz. Mickey ignorierte Brian und mich, Tom sah ziemlich angefressen aus und Tobey zog sich zu jeder Gelegenheit in einen Nebenraum zurück, um Mundharmonika zu spielen. So machte arbeiten Spaß! Als ich dachte, es könnte eigentlich nicht mehr schlimmer werden, stand plötzlich Nikki da.

"Kann ich mit dir reden?"

"Was gibt's?"

"Unter vier Augen …"

"Ich war in der Wohnung. Jordan, hast du ein Alkoholproblem?"

"Was?! Also erstens, wie kommst du dazu, einfach so in meine Wohnung zu gehen? Und zweitens: Nein, hab ich nicht. Vielleicht kannst du dir vorstellen, dass ich grade eine scheiß Zeit durchmache."

"Ich hätte gern einen Drogentest von dir, bevor ich dir die Kinder anvertraue."

"Du willst mich verarschen, oder?"

"Mach einen, in ein paar Tagen haben wir die Ergebnisse. Da ist doch nichts dabei."

"Okay, bitte, wie du meinst. Ich gehe heute noch zum Arzt."

"Gut."

"So und jetzt hätte ich gern den Wohnungsschlüssel zurück."

"Der ist für Notfälle."

"Gut, dann will ich einen Schlüssel von Olivers Haus. Für Notfälle."

"Sei nicht kindisch, Jordan."

In den nächsten zwei Monaten machten wir das Album fertig, suchten uns ein neues Management zusammen, ich lernte wieder ohne Krücken annehmbar zurechtzukommen, sah Gwen jedes Wochenende und traf mich ab und an mit Brian und Sean, die im siebten Himmel schwebten, kaufte mir ein Automatik–Auto … Es wurde Zeit für PR. Radiointerviews, ein paar Fernsehauftritte, jede Menge andere Pressearbeit, nicht nur in L.A.. In New York besuchte ich auf einen Sprung Vince, Collin und ihren kleinen Danny, der Mitte September geboren worden war. Um San Diego machte ich einen großen Bogen. Wir probten für Live–Shows. Ich ging, neben der Physiotherapie, so oft es ging ins Fitnessstudio. Red Snow war von einer Teeny–Love–Metal–Band als Single ausgekoppelt worden und hatte es in die Top Ten geschafft. Das Geld rieselte nur so in meine Tasche. Die Stimmung bei den Jungs hatte sich wieder normalisiert, obwohl mir auffiel, dass Brian und Mickey nicht mehr miteinander zu tun hatten als nötig. Gwen sah ich immer, wenn wir in L.A. waren.

Thanksgiving flog ich zu meiner Mum. Ich dachte viel an das letzte Thanksgiving mit Xander und wie glücklich ich damals gewesen war. Jetzt war ich ehrlich gesagt ziemlich unglücklich, aber solange ich was zu tun hatte, merkte ich es nicht. Ich war viel unterwegs, verstand mich mit den Meisten aus dem Management–Team gut, nahm eben einen Tag nach dem anderen und es ging weiter. … Tobey, Mickey und Tom sah ich nur beruflich und Brian verbrachte die meiste Zeit damit, mit Sean zu telefonieren. Tammy, die sich um die Koordination der Termine kümmerte, und Melany, die unsere PR–Arbeit managte, hatten eigentlich immer Lust, noch ein bisschen aus dem Hotel rauszukommen und das Nachtleben zu genießen. Hauptsache es war immer was los, dann war alles gut.

"Hey, lasst uns mal in einen Schwulenclub gehen.", schlugen die Mädels einmal vor.

"Warum denn?"

"Dann werden wir mal ausnahmsweise nicht angemacht."

"Ja, ihr vielleicht nicht …"

"Ach komm schon, Jordan … Wir sind in San Francisco, da gehört das dazu. Und wenn dich tatsächlich einer anmacht, dann sagst du eben nein danke, so wie wir das ständig machen müssen. Oder bist du etwa nicht Manns genug dafür, hm?"

Die Beiden hatten wohl keine Ahnung, dass ich schwul bin. Vermutlich hielten sie es nur für ein Gerücht. Und dass ich das ein oder andere Mal Frauen mit ins Hotel genommen hatte, hatte wohl ihre letzten Zweifel zerstreut.

"Na schön, wie ihr meint. Aber bitte keine Lack– und Leder–Bar oder so ein Scheiß."

"Nein, wir wollen schon auch ein paar hübsche Jungs zu sehen bekommen. Ein ganz normaler, schwuler Laden, wo man zu annehmbarer Musik ein wenig tanzen kann, ohne ständig angemacht zu werden."

"Na gut …"

"Ja? Cooool. Ich schau gleich mal ins Internet."

Tammy fand einen Laden, der vom Hotel aus gut zu erreichen war und nicht allzu ausgeflippt aussah. Gegen Neun machten wir uns auf den Weg.

Der Laden sah von außen eigentlich ganz okay aus. Die Musik war zum Tanzen auch annehmbar, Charts eben …

"Ja, hier fühl ich mich wohl. Tanzen?", kreischte Tammy mir ins Ohr.

"Ich glaub, ich geh erst mal an die Bar …"

"Na gut, aber pass auf dich auf. Komm, Mel!"

"Ich brauch irgendwas Hartes."

Erst als der Barkeeper mich angrinste, wurde mir die Doppeldeutigkeit bewusst.

"Ist Scotch okay?"

"Ja, danke …"

Ich schaute mich um. Die meisten Kerle hier trugen zu enge Shirts und blonde Strähnchen. Außerdem wurde für meinen Geschmack viel zu viel gestikuliert. Die Mädels hatten auf der Tanzfläche offensichtlich ihren Spaß. Seltsamerweise wurde ich kaum angegraben. Keine Ahnung, woran das lag.

"Du fragst dich, warum dich niemand anmacht, oder?"

Der Barkeeper grinste breit.

"Woher weißt du das?"

"Du bist nicht der erste Hetero, der von seiner Freundin hier her geschleppt wurde, damit sie mal Spaß haben kann, ohne angebaggert zu werden …"

"Ehm … okay und woran liegt es nun?"

"Daran, dass es offensichtlich ist, dass es keinen Sinn hätte, dich anzubaggern, es sei denn man will sich eine Abfuhr einfangen."

Der Kerl war echt hübsch und nicht tuntig. Mir fiel auf, dass er ein Festival–Armband trug.

"Verstehe. Ich werde also nicht angebaggert, weil ich nicht für schwul gehalten werde. Na gut, damit kann ich leben. Aber du wirkst jetzt auch nicht gerade wie eine Queen."

"Ich stehe hinter der Bar, das bringt mir 50 Nummern pro Abend ein."

Er nahm wieder ein paar Bestellungen auf und mixte die Cocktails. Dann setzte er von sich aus die Unterhaltung fort.

"Also, welche davon ist deine Freundin?"

Er dachte immer noch, ich stünde auf Frauen … dabei hatte ich eigentlich versucht, mit ihm zu flirten.

"Keine. Das sind Arbeitskolleginnen."

"Achso. Naja, sie haben anscheinend ihren Spaß. Ich bin übrigens Luke."

Er streckte die Hand über den Tresen.

"Jordan."

"Noch einen Scotch?"

"Ich glaub ich lass es lieber langsam angehen. Gib mir ein Bud."

"Klar."

Die Mädels kamen rüber.

"Hey Jordan, na alles klar?"

"Ja, natürlich."

"Musstest du dich schon jemandem versagen?"

"Nein, scheint so, als wäre ich nicht so der Typ der meisten hier."

"Kommst du tanzen?"

"Hm, vielleicht später …"

Die Beiden nahmen einen Schluck von meinem Bier und waren schon wieder weg.

"Ich kann euch Drei gar nicht einschätzen. In welcher Branche seid ihr denn?"

"Musik–Management. Eventorganisation, Pressearbeit und so Zeug."

Ich hatte mir angewöhnt, nicht jedem gleich auf die Nase zu binden, was ich machte, denn ich genoss es tatsächlich, wenn jemand mich mal nicht erkannte. Mittlerweile musste ich auf der Straße schon manchmal Autogramme geben.

"Ah, ja, das passt."

"Was ist das für ein Armband?"

"Ach, ich war im Sommer in Europa und da war ich auch auf ein paar Festivals. Da geht's ganz anders zu, als hier …"

"Ich werde nächstes Jahr wohl auch für einige Zeit in Europa sein, da bin ich mal gespannt. Und was machst du, außer hier arbeiten?"

"Nicht lachen, ja?"

"Okay …?"

"Ich bin Model."

Ich verkniff mir das Lachen, was ihm auffiel.

"Ja, ich weiß … aber man verdient gut und es ist ein Sprungbrett in die Schauspielerei, wo ich eigentlich hin will."

"Lebst du dann nicht in der falschen Stadt?"

"Ach, heutzutage ist das nicht mehr wichtig. Wenn, dann flieg ich halt nach L.A. oder nach New York. Ich hab hier eine tolle Agentur gefunden, deshalb bin ich hier her gekommen."

"Woher kommst du ursprünglich?"

"Kansas. Und wehe du lachst schon wieder …"

"Naja, wie ein Hill Billy kommst du mir jetzt nicht vor."

"Ich spiele Banjo."

"Echt jetzt?"

"Ich hab damit zu Hause gut verdient und es ist echt witzig."

"Ich glaub, ich hab noch nie auf einem Banjo gespielt …"

"Spielst du Gitarre?"

Ich nickte.

"Dann hast du das bald raus. Solltest du mal versuchen. Wie lange bist du noch in der Stadt?"

"Ein paar Tage."

"Wenn du willst, kann ich es dir ein bisschen zeigen."

"Willst du mich in deine Wohnung locken?"

"Tut mir leid, ich …"

"Ich würd echt gerne mal auf deinem Banjo spielen. Wann hast du hier Schluss?"

"Äh, jeden Moment, wenn mein Kollege auftaucht."

"Ich bin dann mal auf der Tanzfläche."

"Okay …"

Mit einem Grinsen im Gesicht zog ich ab. Den Armen hatte ich jetzt wohl ziemlich verwirrt.

Tammy und Mel tanzten sofort auf mich zu. Sie wollten offensichtlich nur an mein Bier. Tammy wurde mal wieder recht anhänglich. Mel tanzte in einem halben Meter Abstand neben uns. Nach zwei Songs, als ich gerade wieder an die Bar wollte, tauchte Luke neben uns auf.

"Hey."

"Hey. Mischt du dich ein wenig unters Volk?"

"Immer doch."

Er wirkte wie ein Magnet auf die Kerle und hatte seine liebe Not, sie einigermaßen auf Abstand zu halten. Mir fiel erst jetzt auf, wie gut er wirklich aussah. Etwa meine Größe, durchtrainiert, Surfermähne und eine total positive Ausstrahlung. Er kämpfte sich wieder zu mir durch.

"Das hier kann echt stressig sein."

"Wenn du mir ein Bier ausgibst, sorge ich dafür, dass sie verschwinden."

"Okay, Deal."

Ich legte meine Arme um ihn, wir bewegten uns im Rhythmus und ich küsste ihn. Lange genug, dass den anderen Kerlen klar wurde, dass sie heute Abend keine Chancen mehr bei ihm hatten. Als ich ihn wieder losließ, hatten sich die Meisten anderweitig orientiert.

"Du bist doch schwul?"

Ich nickte.

"Wow, und ich dachte, ich hätte inzwischen den Blick dafür. Aber man sieht eben nicht viele Schwule in Metal–Band–Shirts."

"Ja, ich bin so besonders."

Dazu machte ich eine tuntige Geste. Er lachte und zog mich wieder an sich, um mich weiter zu küssen. Über seine Schulter sah ich Tammy und Mel, denen der Mund offen stand.

"Ich bin gleich wieder bei dir."

Ich ging die paar Schritte zu ihnen rüber.

"Das mit dem 'Nein danke' hat wohl nicht so gut geklappt, hm?", grinste Tammy.

"Habt ihr ihn euch mal angeschaut? Zu dem würde ja wohl niemand nein sagen."

"Pass auf dich auf, ja Jordan? Und sieh zu, dass die Presse nicht Wind davon bekommt."

"Ich bin vorsichtig, keine Sorge. Ich wünsch euch noch einen schönen Abend."

"Danke, gleichfalls …"

Luke wirkte etwas besorgt.

"Alles okay? Die Beiden sahen ziemlich überrascht aus …"

"Wir arbeiten noch nicht so lange zusammen. Sie wussten es noch nicht."

"Aber du bist keine Klemmschwester, oder? So was brauch ich nämlich echt nicht."

"Nein, wirklich nicht."

"Gut, denn ich will nicht, dass du dich mitten in der Nacht aus meiner Wohnung stiehlst, damit du mir nicht mehr in die Augen schauen musst."

"Keine Sorge, wenn du mich lässt, bleib ich zum Frühstück. Wobei, … ich hab um Neun einen Termin …"

"Dann frühstücken wir um Acht."

"Eins noch, wenn wir gerade auf der Ehrlichkeits–Schiene sind: Keine Drogen, okay?"

"Hey, ich bin Model, ich muss gut auf meinen Körper achten. Ich rauche nicht mal und esse kein Fleisch."

"Gut, dann lass uns Banjo–spielen gehen."

"Naja, vielleicht zwischendurch. Ich bin zu Fuß hier, man braucht so zwanzig Minuten."

Ich sagte zwar okay, aber ich merkte schon, dass mir das Tanzen ganz schön zugesetzt hatte. Ich biss die Zähne zusammen, aber nach einer Weile musste ich mich auf eine Bank setzen.

"Alles okay?"

"Können wir kurz Pause machen, damit ich eine rauchen kann?"

"Du bist ja total außer Atem. Bis du etwa krank?"

Ich sah ihm an, wovor er Angst hatte.

"Keine Sorge, ich bin nur etwas aus der Form. Ich hatte vor ein paar Monaten einen Unfall und seitdem muss ich manche Dinge etwas langsamer angehen."

"Achso, okay …"

"Ich lasse mich regelmäßig testen, mach dir also keine Sorgen über AIDS."

"Wir benutzen trotzdem Gummis."

"Ja natürlich! Klar, so war das nicht gemeint. Gibt es echt Leute, die es ohne Gummi machen wollen?"

"Genügend."

"Hast du viele One Night Stands?"

"Ich arbeite drei Abende die Woche in der Bar."

"Verstehe."

"Die meisten Kerle sind aber Idioten. Ich glaube, du bist echt nett."

"Danke. Ich glaube, du bist auch echt nett …"

"Danke. Geht's wieder?"

"Ich glaub schon ..."

Ich stand auf und fragte mich, ob ich wohl seine Hand nehmen könnte, oder ob das unangebracht wäre. Ich entschied mich dagegen.

"Also gehst du diese Strecke drei Mal die Woche mit irgendeinem Typen aus der Bar?"

Er nickte.

"Ist das nicht irgendwie seltsam? Ich meine, das schreit ja geradezu danach, die Typen miteinander …"

"… zu vergleichen? Ja."

"Und?"

"Ich zähle zum Beispiel, wie oft wer mir sagt, wie hübsch ich bin und vergleiche dann die Anzahl mit der Sexdauer."

"Und?"

"Ich glaube, es besteht ein Zusammenhang. Je öfter sie es sagen, desto kürzer."

"Das lässt sich ja auch ganz leicht erklären."

"Erzähl mal."

"Naja, je öfter sie es sagen, desto heißer machst du sie und desto kürzer können sie sich zurückhalten."

"Du hast es noch gar nicht gesagt."

"Das bedeutet nicht, dass ich nicht heiß auf dich bin. Aber wenn du Model bist, dann weißt du vermutlich, wie gut du aussiehst. Und ich will auch nicht, dass du denkst, ich komme nur wegen deinem Aussehen mit."

"Nein, auch wegen meinem Banjo."

"Ganz genau."

Er lachte und legte den Arm um mich.

"Und ein weiterer Zusammenhang ist mir aufgefallen. Je seltener sie es sagen, desto hübscher sind die Kerle selbst. Und noch mal: Du hast es noch gar nicht gesagt."

"Danke."

"Noch eine Querstraße, dann sind wir da."

"Gott sei Dank. Noch irgendwelche interessante Zusammenhänge?"

"Leute die von sich aus meine Hand nehmen, sind seltsamerweise eher der passive Part im Bett."

"Nimmst du manchmal ihre Hände?"

"Nicht bei One Night Stands, nein."

"Du hast den Arm um mich gelegt."

"Kein Kommentar."

Er wurde rot, wie niedlich.

Wir mussten noch in den vierten Stock hoch.

"Home Sweet Home."

"Wohnst du alleine?"

"Meine Mitbewohnerin arbeitet. Sie kommt nicht vor Fünf zurück."

"Okay. Ich glaub, ich geh erst mal kurz ins Bad."

"Die Tür da hinten."

Ich schaute in ein paar Räume, bis ich sein Schlafzimmer fand. Er lag in Shorts auf dem Bett und neben ihm sein Banjo. Mein erster Impuls war tatsächlich, mir das Banjo zu greifen, dann besann ich mich. Ich zog meine Klamotten bis auf die Unterhose und das Shirt aus und setzte mich auf ihn. Sein Körper war wirklich erschreckend perfekt. Was würde er sagen, wenn er meine Narbe sah? Ein paar Mädels hatten schon seltsam darauf reagiert. Er setzte sich auf und flüsterte mir ins Ohr.

"Test bestanden. Wenn du das Banjo genommen hättest …"

Ich küsste ihn, damit er die Drohung nicht aussprechen konnte. Er fuhr mit den Händen unter mein Shirt und wollte es ausziehen.

"Warte. … Ich hab dir doch von dem Unfall erzählt …"

"Ja?"

"Ich hab eine ziemlich krasse Narbe."

"Okay … kann ich sie sehen?"

Ich zog mein Shirt aus. Die lange Narbe war fast auf seiner Augenhöhe.

"Was ist passiert?"

"Das würde ich gerade lieber nicht erzählen, ich glaub, das würde die Stimmung vermiesen."

"Muss ich darauf aufpassen?"

"Nein, alles ist gut verheilt."

"Das macht dich einzigartig."

"Ja, so kann man es auch sehen …"

Eineinhalb Stunden später sprang er unter die Dusche und ich griff nach dem Banjo. Es war erstaunlich laut und ich vermisste die sechste Saite, aber ich konnte auf Anhieb was halbwegs Melodisches spielen.

"Gar nicht übel für den Anfang."

"Das ist echt lustig. Aber ich glaub, ich wecke die Nachbarn."

"Vielleicht können wir es nach dem Frühstück noch mal versuchen."

"Gern."

"Ich stelle den Wecker auf Acht, ja?"

"Ja, das sollte reichen."

Er rollte sich in die Decke ein und schmiegte sich an mich. So gut wie in dieser Nacht hatte ich schon lange nicht mehr geschlafen, bis der Wecker klingelte.

"Mmmmh."

Das nervige Geräusch hörte auf und ich wollte mich umdrehen um weiterzuschlafen.

"Hey, aufwachen …"

"Noch nicht …"

"Du willst doch noch Banjo spielen, oder?"

"Mhm."

"Dann musst du jetzt aufstehen …"

"Na gut …"

Ich rappelte mich auf und machte die Augen auf. Luke stand schon neben dem Bett.

"Oh mein Gott, du bist noch schöner, als ich dich in Erinnerung hatte. Normalerweise ist das doch anders rum. Und das war kein plumpes Kompliment, sondern eine nüchterne Beobachtung."

"Ich weiß, ich hör oft, dass ich morgens besser aussehe als abends …"

"Komm noch mal ins Bett."

"Denk an das Banjo."

"Lieber im Bett sein, mit dir."

"Ich hab Hunger."

"Wie? Aber Models essen doch nicht!"

"Das gilt nur für die Frauen. Komm schon, oder ich zieh dir die Decke weg."

"Dann zerr ich dich wieder ins Bett."

"Na gut, lass uns das wie Erwachsene regeln."

"Mit Schnick Schnack Schnuck?"

"Du kannst Gedanken lesen."

Ich verlor.

"Bester von dreien?"

"Na schön."

Ich verlor wieder und gab mich geschlagen. Ich suchte meine Klamotten zusammen und ging in die Küche, wo Luke schon alles hergerichtet hatte.

"Ich esse wie gesagt kein Fleisch, ich hoffe du vermisst die Wurst nicht zu sehr …"

"Überhaupt nicht. Ich esse auch kein Fleisch."

"Schon wieder hab ich dich total falsch eingeschätzt!"

"Tja, wie gesagt, ich bin so …"

"… besonders, ich weiß."

Diesmal machte er die tuntige Geste.

"Wenn du so oft fremde Kerle hier hast, hast du bestimmt Wegwerf–Zahnbürsten, oder?"

"Jep. Im Spiegelschrank im Bad."

"Gut, ich würde nämlich ungern mit ungeputzten Zähnen bei meinem Neun–Uhr–Termin aufkreuzen …"

Die Aufzeichnung für ein Interview das im Lokalfernsehen gezeigt werden würde …

"Du fährst da direkt hin? Was ist mit Klamotten?"

"Ach, das geht schon okay …"

"Ich dachte, ihr PR–Leute müsst immer mit Schlips und Kragen rumlaufen?"

Ich zuckte nur die Schultern.

Nach dem Frühstück sprang ich kurz unter die Dusche und putzte Zähne. Dann war es auch schon halb Neun.

"Ich glaub, ich muss los."

"Wo musst du denn hin?"

"Zehnte und Harrison."

"Hey, ich muss auch in die Gegend. Soll ich dich da absetzen?"

"Das wäre natürlich echt praktisch."

"Okay, ich hol nur noch schnell meine Mappe."

"Oh, die will ich sehen."

"Vergiss es!"

Er fuhr einen alten Porsche Boxster, extrem cool. Über seinen Musikgeschmack konnte man auch nicht streiten. Um viertel vor Neun parkten wir und stiegen aus.

"Also, das da ist die Harrison. Und das da ist die Zehnte."

"Und da seh ich auch schon das Senderlogo."

"Ah, alles klar, dann weißt du ja Bescheid."

"Ja, dann weiß ich Bescheid …"

STILLE.

"Jordan, kann es sein, dass du mich fragen willst, ob ich heute Abend wieder in der Bar arbeite?"

"Kommt darauf an …"

"Worauf denn?"

"Ob du willst, dass ich dich das frage …"

"Ich glaub schon."

"Okay, dann: … Äh, sag mal Luke, arbeitest du heute Abend wieder in der Bar?"

"Nein, aber ich würde dich auch gern nochmal sehen, solange du in der Stadt bist …"

"Sollen wir Terminkalender vergleichen?"

"Ja, lass uns das machen."

Ich zog mein Handy aus der Tasche.

"Na mal sehen, also, das hier dauert so bis halb Elf, aber dann hätte ich bis Zwei Zeit …"

"Ich bin auch so ein, zwei Stunden beschäftigt. Wollen wir zusammen Mittag essen? Und davor vielleicht noch ein bisschen Sightseeing? Oder bin ich zu aufdringlich?"

"Dann hätte ich gesagt, dass ich heute total ausgebucht bin. Okay, ich geb dir meine Handynummer und du mailst, wenn du fertig bist. Dann schauen wir, wo und wann wir uns treffen, ja?"

"Perfekt."

Er speicherte sich meine Nummer und gab mir einen Kuss auf die Wange. Grinsend ging ich auf das Haus mit dem Senderlogo zu. Die Anderen waren schon da. Tammy und Mel grinsten mich breit an und versuchten gleich mich auszufragen.

Ich konnte das Ende der Aufzeichnung kaum erwarten. Kurz vor Schluss vibrierte mein Handy. Als alles im Kasten war, las ich die Mail von Luke. Er wartete in einem Coffeeshop in der Nähe. Ich machte mich so schnell es ging auf den Weg.

Da saß er und an seinem Tisch ein Typ, der unverfroren mit ihm flirtete. Irgendwie wirkte der Kerl ziemlich aufdringlich. Ich ging rüber. Luke sprang auf und brachte den Klassiker.

"Schatz, da bist du ja endlich!"

Er gab mir einen Kuss und fragte, ob wir dann los konnten.

"Natürlich, mein Zuckerschnütchen."

Er warf mir einen bösen Blick zu, klammerte sich aber an meinen Arm. Draußen zog er eine Augenbraue hoch.

"Zuckerschnütchen?!"

"So wollte ich schon immer mal jemanden nennen."

"Leb diese kranken Fantasien an jemand Anderem aus, ja? So, jetzt fahren wir shoppen."

"Mann, bist du ein Klischee."

"Ich brauch neue Klamotten für die Arbeit, ja?"

"Na gut, mit dir mach ich, was du willst."

"Du bist echt der König der Zweideutigkeiten."

"Du bringst ganz neue Seiten an mir zum Vorschein."

Er fuhr zu einem Einkaufszentrum. Das erste, was ich sah, war ein großes Meerjungfrauen–Bild.

"Ich glaub ich spinne."

"Was denn?"

"Das Wandgemälde ist von meinem Ex–Freund. Wie viele Einkaufszentren hat der denn noch verziert?"

"Schick. Du hast also einen Ex–Freund, der Maler ist. Ist er alt?"

"Fünf Jahre älter als ich."

"Wie alt bist du?"

"Schätz mich."

"Ich werde mich hüten!"

"26. Und du?"

"23."

"Sag mal, wie war das mit dem Händchen halten?"

"Die Vergleiche funktionieren jetzt nicht mehr. Ich geh mit den wenigsten Kerlen am nächsten Tag shoppen."

Er nahm meine Hand.

Luke suchte sich nicht unbedingt die billigsten Läden zum Einkaufen aus. Ich schleppte ihn in einen Hot Topic, wo ich mir mal wieder ein neues Shirt gönnte und ein paar Buttons. Als ich zahlen wollte, meinte der Verkäufer, das ginge auf's Haus. Luke schaute sich zum Glück gerade die Herr der Ringe–Sammelfiguren an. In der Auslage eines Piercing–Schmuck–Ladens fielen mir Expander für die Ohrlöcher auf. Ich hatte mir schon lange Flesh–Tunnels überlegt, deshalb zerrte ich Luke da rein.

"Das ist doch nicht dein Ernst, oder?"

"Doch klar, warum nicht?"

"Weil das nie wieder zuwächst?"

"Naja, ich will ja keine Riesenlöcher. Aber schau dir mal die Holz–Claws da an, das wäre doch nett."

"Nett ist echt der falsche Ausdruck."

"Hey, kann ich euch helfen?"

"Ich überleg mir gerade diese Claws."

"Ja, die sind hübsch, hm? Aber zuerst solltest du die Löcher mit einem Titan–Stift weiten. Ich zeig dir die mal …"

Die Verkäuferin verschwand kurz unter der Theke und tauchte mit zwei konischen Titan–Stiften wieder auf.

"Okay, ich glaub ich nehm die. Und zwei von den Holz–Claws."

"Ich pierce übrigens auch, falls du wieder ein Brauen–Piercing willst."

Als ich sie fragend anschaute, deutete sie auf den Summerskin–Button an ihrem Shirt.

"Hm, ja, wäre echt nicht schlecht …"

Luke riss sich von den 20 Millimeter Flesh–Tunnels los und fragte:

"Du willst dich jetzt einfach so piercen lassen?"

"Da ist nicht viel dabei."

Die Sache war in zehn Minuten erledigt und wir gingen in den nächsten Laden, wo Luke sich Unterwäsche und einen Gürtel für fast fünfzig Dollar kaufte.

"Du verdienst wohl nicht schlecht als Model …"

"Und in der Bar bekomm ich auch jede Menge Trinkgeld. Morgen ist Oben–ohne–Abend, da fließt die meiste Kohle. Schaust du auch vorbei?"

"Ich weiß nicht, ob das so mein Ding ist. Und ich fliege übermorgen früh zurück nach L.A.."

"Ach komm schon …"

"Ich würd dir doch eh nur das Trinkgeld versauen …"

"Das ist es mir schon wert."

"Ich überleg's mir."

In einiger Entfernung fielen mir ein paar Teenies mit einem Fotoapparat auf, die herüberschauten. Ich ließ Lukes Hand los und tat so, als würde ich mein Shirt glatt streichen. Dann drehte ich mich zu einem Schaufenster um.

"Ehm, warum schaust du dir diesen Oma–Laden an?"

"Ich such noch ein Weihnachtsgeschenk."

"Für wen denn?"

"Äh, für meine …"

Ich hörte die Meute näher kommen. Es hatte wohl keinen Zweck mehr, ich drehte mich um. Da standen drei glucksende Mädchen und zwei mächtig coole Jungs, allesamt vielleicht 14 und allesamt in schwarzen Klamotten und Nietengürteln. Die Fassade bröckelte aber, denn alle waren offensichtlich total nervös. Sie standen im Halbkreis um uns, was Luke natürlich irritierte.

"Hey Jordan … wir wollten dir nur sagen, wie cool wir deine Musik finden."

"Danke Leute."

"Können wir Fotos machen?"

"Klar. Nur zu."

Luke schoss ein Foto von uns allen.

"Unterschreibst du auf meinem Arm?"

Ein Mädel hielt mir einen Edding hin.

"Klar."

Sie krempelte den Ärmel hoch, man sah deutlich vernarbte Cuts.

"Du solltest dir Narbencreme besorgen und den Scheiß lassen."

"Ja, ich weiß."

Ich unterschrieb und malte noch eine Sonne und ein Pentagramm dazu.

"Ist das dein Freund?"

Ich war zwar etwas überrascht, denn offiziell war ich ja nicht geoutet, aber es gab offensichtlich Gerüchte.

"Nein, ich hab Luke erst gestern kennengelernt. Ich glaub, ihr habt ihn grad etwas verstört."

Luke nickte.

Einer der Jungs wollte auch ein Autogramm auf den Arm.

"Ich bin auch schwul."

"Lass dir von niemandem einreden, dass das nicht okay ist."

"Werd ich nicht. Danke, Jordan. Wann spielt ihr denn wieder hier?"

"Erst nach Europa, also Mitte nächsten Jahres, vermutlich."

"Sind die Anderen auch in der Stadt?"

"Ja, wir machen PR fürs neue Album."

"Warum tretet ihr nicht auf?"

"Ehrlich gesagt glaub ich, bin ich noch nicht so weit …"

"Oh, … was im April passiert ist, war echt Scheiße. Ich hoffe der Scheißkerl bleibt im Knast, bis er abkratzt."

"Die Chancen stehen gut."

"Aber vielleicht könntet ihr ja heute Abend bei unserem Spenden–Konzert zum Ausbau des Jugendzentrums ein oder zwei Songs spielen? Das wäre für einen guten Zweck und auch nicht so anstrengend."

"Gib mir deine Handynummer, ich red mit den Jungs."

"Echt jetzt? Cool!"

"So, jetzt werde ich dem armen Luke mal reinen Wein einschenken … vielleicht sehen wir uns heute Abend …"

"Okay, danke für alles. Wäre cool, wenn ihr es einrichten könntet. Das alte Juz wird vom Schimmel zerfressen."

"Ich geb es weiter."

Sie wuselten aufgeregt davon.

"Sollen wir uns auf einen Kaffee irgendwo hinsetzen?"

"Oh ja."

"Okay, ich hab wohl was verpasst, oder?"

"Tammy und Mel machen PR und Organisation für meine Band. Ich hab also nicht direkt gelogen. Ich will nur nicht so mit der Tür ins Haus fallen …"

"Okay, wie heißt deine Band?"

"Summerskin."

"Woah. Okay, das hat man schon mal gehört und du bist da …?"

"Sänger."

"Okay und was war letzten April?"

"Ich wurde angeschossen."

"Daher die Narbe auf der Brust."

"Und hier oben."

"Am Kopf? Du wurdest am Kopf getroffen?"

"Ich lag eine Weile im Koma und dann saß ich im Rollstuhl. Deshalb ist das mit den langen Spaziergängen schwierig."

"Und das war diesen April?"

"Ja."

"Und jetzt arbeitest du schon wieder?"

"Seit kurzem, ja …"

"Okay, ich glaub, ich muss dich googeln. Sollte ich noch was über dich wissen?"

"Ich hab zwei Kinder. Josh ist elf und Gwen ist eineinhalb."

"Okay. Du steckst voller Überraschungen …"

"Ich glaub, das waren die krassesten. … Dafür, dass ich nur ein One–Night Stand war, schaust du ganz schön geschockt aus …"

"Ich weiß auch nicht. Das ist schon ein ganz schöner Hammer."

"Es ist nach Eins … ich muss noch zurück ins Hotel und dann ein Interview geben …"

"Moment, heute bei dem Fernsehsender …"

"Übermorgen um sieben Uhr Abends wird es gesendet."

"Okay, alles klar … ich bring dich ins Hotel."

Auf der Fahrt hörten wir einen Song vom neuen Album. Ich überlegte, ob ich Luke das sagen sollte. Klar, denn der Moderator würde es am Ende bestimmt eh erwähnen.

"Das wird die erste Single."

"Das seid ihr?"

"Ja, das sind wir."

"Das ist gut."

"Nicht wahr?", grinste ich.

Er parkte vor dem Hotel und stieg noch mit aus.

"Also, du hast meine Nummer …"

"Ja, ich hab deine Nummer …"

"Du hast immer noch nicht richtig auf meinem Banjo gespielt."

"Das muss ich unbedingt noch machen."

"Wenn ihr den Gig im Juz macht, musst du mir Bescheid sagen …"

"Gut, mach ich."

Ich küsste ihn. Plötzlich tippte mir jemand auf die Schulter. Ich sah als ersten Brian, ein Stück weiter hinten die anderen Jungs und ein paar Leute vom Management.

"Sorry, dein Handy ist aus. Wir sollen früher hinkommen, irgendwas hat sich verschoben."

"Aber ich wollte mich doch noch umziehen …"

"Sorry, fällt aus. Ich bin übrigens Brian."

"Luke."

"Sorry, dass ich euch jetzt so auseinander reißen muss, aber wir haben es echt eilig."

"Kein Problem. Ruf an, ja Jordan?"

"Auf jeden Fall. Bis später."

Auf der Fahrt erzählte ich den Anderen von dem Benefiz–Konzert im Juz. Die PR–Leute waren sofort begeistert und die Jungs hatten auch Bock drauf, also rief ich bei Gerry, dem Jungen aus dem Einkaufszentrum, an und ließ mir die Nummer von dem Juz geben. Den Rest machten die PR–Leute. Dafür waren sie ja da.

Ich war so froh, als ich gegen Fünf endlich im Hotel war und mich umziehen konnte. Ich steckte auch gleich mal die Metall–Expander in die Ohrlöcher, das funktionierte erstaunlich gut. Ich versuchte eine der Claws und sie hielt. Die Zweite ebenso. Mel kam und erzählte mir die Details des Abends. Drei Songs um Zehn. Alles klar. Ich musste mich um nichts mehr kümmern, also rief ich Luke an.

"Hey, also, ich hab ab jetzt Zeit und muss um kurz vor Zehn in diesem Juz sein."

"Ich komm dich in zwanzig Minuten abholen, dann gehen wir Essen."

"Okay, so machen wir's."

Ich nutzte die Zeit, um mich bei Nikki zu melden. Nach einer Weile klingelte mein Handy.

"Hey, die hier unten sagen mir deine Zimmernummer nicht, du großer Star."

"405."

"Okay, bis gleich."

Zwei Minuten später klopfte es.

"Verdammt, du wirst jedes Mal, wenn wir uns sehen, noch hübscher."

"Ich hab meine Meinung geändert, wir gehen doch nicht Essen, hier gibt's doch sicher Roomservice …"

Mir fiel auf, dass er nach dem Sex immer sofort duschen ging. Das war schon irgendwie doof. Ihm fiel das wohl auf.

"Komm doch mit unter die Dusche,und danach legen wir uns einfach wieder hin und kuscheln, hm?"

"Bin ich so durchschaubar?"

"Bei manchen Sachen schon, ja. Aber das mag ich an dir. Ich glaube, du könntest gar nichts Wichtiges lange verheimlichen."

"Das stimmt …"

"Kommst du jetzt mit?"

"Sehr gern."

Danach legten wir uns einfach wieder hin (nachdem Luke sichergestellt hatte, dass seine Haare einigermaßen saßen). Er kuschelte sich in meinen Arm.

"Ich hab dich gegoogelt, Jordan Bonanno."

"Oh … okay … keine Ahnung was da so kam, ich hab mich noch nie selbst gegoogelt …"

"Ich weiß, dass das dein Großvater war. Das ist wirklich schrecklich. Wie kann ein Mensch nur so was tun?"

"Keine Ahnung."

"Am liebsten wäre ich sofort zu dir gefahren, um dich in den Arm zu nehmen und nie wieder loszulassen. Dir darf nie wieder etwas passieren, du hast genug durchgemacht."

"Du bist lieb. Danke."

Er drückte sein Gesicht an meine Wange.

"Ich will dich wiedersehen, Jordan."

"Ich fliege übermorgen zurück …"

"Kannst du nicht noch eine Weile bleiben?"

"Summerskin hat Termine, leider."

"Sagst du das, weil du lieber keinen Kontakt mehr haben willst? Ich meine, ich hab die Nummer oft genug abgezogen, ich weiß, wie das läuft …"

"Luke, ich mag dich wirklich. Und ich will dich auch auf jeden Fall wiedersehen. Ich sage nur, dass das kompliziert wird. In nächster Zeit werde ich viel unterwegs sein und wenn ich irgendwo länger bleibe, dann in L.A., wegen der Kinder."

"Kann ich dich besuchen kommen?"

"Auf jeden Fall."

"Wollen wir noch ein bisschen raus gehen?"

"Ich glaub, ich sollte vor der Show nicht mehr zu viel Action machen …"

"Oh, stimmt, klar. Wie geht's dir? Komm, ich massier dich!"

Ich drehte mich um und er massierte mir den Rücken.

"Mmmmh, das kannst du echt gut …"

"Danke. Du hast übrigens einen sehr schönen Rücken. Und ich mag deine Tattoos."

"Danke … Luke?"

"Hm?"

"Willst du mir ein bisschen über dich erzählen?"

"Was denn zum Beispiel?"

"Wie war's in Kansas?"

"Langweilig. Ich hab mein Geld neben der Schule mit dem Banjo und ein bisschen modeln verdient und galt immer als der überhebliche Schönling. Niemand hat sich wirklich getraut, mich anzubaggern. War vielleicht auch gut so. Ich will gar nicht wissen, was so ein paar Kerle mit mir gemacht hätten, wenn rausgekommen wäre, dass ich schwul bin …"

"Also wissen es deine Leute gar nicht?"

"Meine Familie schon, aber sonst niemand. Meine Mum fragt immer, wann ich mal einen netten Mann mit nach Hause bringe, vielleicht einen Doktor. Ein Anwalt wäre auch okay. Stell dir das mal vor, ich und ein Doktor oder Anwalt … wie langweilig!"

"Ich hatte schon beides." grinste ich.

"Echt? Also in einer richtigen Beziehung?"

"Ja, also der Doktor ist noch kein Doktor, sondern Medizin–Student. Naja, damals waren wir auf der High School. Er war mein erster Kerl. Sean. Und Scott ist eigentlich Familienanwalt, hat sich aber dann auf Künstlervertretung verlegt. Er war mein Agent und wir waren fast ein Jahr zusammen. Er hat sogar in Harvard studiert."

"Krass. Du hattest schon so einige Beziehungen, hm?"

"Ich glaub, ich war in den letzten zehn Jahren vielleicht eineinhalb Jahre Single."

"Du bist doch jetzt Single, oder?"

"Ja klar. Seit August."

"Gut."

"Hey, aber warum fragst du jetzt mich aus? Ich wollte doch was über dich erfahren."

"Eigentlich weißt du schon alles. Schwuler, hübscher Junge aus einer Kleinstadt in Kansas erobert die Schwulenbars in allen nordamerikanischen Großstädten."

"Wo warst du überall?"

"Ach, überall eben. Indianapolis, dann Boston, danach quer durch Kanada, Seattle, L.A. … und seit einem Jahr bin ich hier.”

"Und immer als Barkeeper?"

"Ja, immer. Da stimmt die Kohle."

"Und was machst du, wenn du nicht mehr jung und knackig bist?"

"Das fragst du mich, großer Rockstar?"

"Also erstens: Rolling Stones, ja?!"

"Ja klar …"

"Und überhaupt bin ich Songwriter. Dazu muss man nicht jung und knackig sein."

"Aber verdient man damit wirklich gut?"

"Oh ja und zwar ohne dafür einen Finger zu krümmen. Wart mal, ich hab die MP–3."

Ich gab ihm den Player und spielte Red Snow.

"Na, kennst du das?"

"Klar, das wird rauf und runter gespielt."

"Der Song ist von mir, ich bekomm 5% aller Einnahmen."

"Von welcher Größenordnung reden wir denn hier?"

"Von der 'ich kauf mir jeden Monat ein neues Auto'–Größenordnung."

"Also bist du stinkreich?"

"Oh nein, jetzt werde ich nie sicher wissen, ob du dich in mich oder mein Geld verliebt hast."

"Boah! Du hast mir gestern Abend nicht mal Trinkgeld gegeben!"

"Hey, wenn ich dich schon abschleppe, dann geb ich dir doch kein Geld, nicht dass die Sitte sich einschaltet … Aber jetzt ohne Scheiß. Haben schon Kerle dafür bezahlt, mit dir zu schlafen?"

"Indirekt natürlich schon, klar …"

"Was heißt das?"

"Viele versuchen, mich mit extra großem Trinkgeld auf sich aufmerksam zu machen, aber mit den wenigsten schlaf ich dann wirklich. … Und Drinks und Essen bezahlen, teure Geschenke, so Zeug eben …"

"Hm …"

"Ach komm schon, ich hab eben einiges nachzuholen. Ich hab mich 18 Jahre lang zurückgehalten."

"Schon gut, du musst dich dafür nicht rechtfertigen."

"Ich will es dir aber erklären. Jordan, Jordan, Jordan!"

Er knutschte meine Wange nach jedem Jordan.

"Ja?"

"Ich glaub ich bin in dich verliiiiiebt!!"

Schnell versteckte er sein Gesicht hinter der Bettdecke. Ich zog sie ihm behutsam weg.

"Ach Luke, du kennst mich doch kaum …"

"Ich weiß. Aber ich hab so ein Kribbeln im Bauch …"

Ich küsste seinen Bauch, was ihn zum lachen brachte. Sein Körper war wirklich fast unerträglich perfekt. Ich schnappte mir einen Kuli vom Nachttisch.

"Was machst du?"

"Ich verunstalte dich ein bisschen."

Ich malte meine Bauchnabel–Sonne um seinen Bauchnabel nach. Das gefiel ihm. Dann machte ich einen Pfeil nach unten und schrieb 'MEINS'.

"Deins?"

"Oh ja, meins."

Jede einzelne Stelle seines Körpers war perfekt, das dachte ich, während ich 'MEINS' in den Mund nahm.

"Es ist fast Neun."

"Ich will nie wieder aus diesem Bett raus.", verkündete ich.

"Aber dann bekommen deine Fans nie ein schimmelfreies Juz. Und dann bekommen sie ganz schlimme Lungenkrankheiten."

"Dann sollen die erstmal aufhören zu rauchen …", entgegnete ich trotzig.

"Auf jetzt. Ich will dich auf der Bühne sehen."

"Wir müssen noch über was reden."

"Ja?"

"Es wird wohl einiges an Presse da sein."

"Okay, und weiter?"

"Ich bin mir ziemlich sicher, dass meine PR–Leute mir raten werden, dass wir uns zurückhalten sollen …"

"Ich dachte du bist keine Klemmschwester?"

"Dabei geht es auch nicht drum, dass du ein Kerl bist. Bei einer Frau würden sie es mir genauso raten. Sonst fallen die wie die Geier über dich her, weil sie rausfinden wollen, wer du bist. Und wenn du ihnen nichts sagst, erfinden sie eben was."

"Ich weiß nicht, Jordan …"

"Ich bin davon auch nicht begeistert, glaub mir. Sehen wir einfach, wie's läuft, ja?"

"Okay …"

Wir gingen nach unten, wo Mel und Tammy schon warteten.

"Hey ihr Beiden."

"Ah, Jordan, Luke! Das heute Abend wird groß. Wir haben Gerüchte verbreitet, dass ihr da auftretet und der Laden ist gerammelt voll. Wir mussten Security organisieren."

"Das bedeutet dann wohl, dass ich nicht mit Luke fahren kann, oder?"

"Ich befürchte, wir müssen drauf bestehen, dass du und die Anderen zusammen ankommen. Vor dem Laden stehen wohl auch schon einige Fans. … Aber Luke, du kannst gerne mit uns mitfahren. Wir fahren hinter den Jungs her."

"Okay, wie auch immer."

"Ah, da kommt Brian!"

"Hey … okay, Liebling, ich muss Schluss machen. Ja, klar, dann ruf ich an. Nein, auf keinen Fall wird es so spät. Okay. Ich liebe dich … Bye."

Die Mädels und ich schüttelten nur den Kopf.

"Ach, ihr seid ja bloß neidisch. Ich soll dir einen Gruß sagen, Jordan. Und ich soll dir erzählen, dass Mandy aus der Krabbelgruppe wieder schwanger ist."

"Nein echt? Dann muss ich sie ja fast mal wieder anrufen. … Sonst alles okay, zu Hause?"

"Maddy hat eine Ohrenentzündung. Man sollte meinen, Sean würde da kein Drama draus machen, aber er doktert wohl ständig an ihr rum …"

Luke bewies, dass er mir tatsächlich zugehört hatte.

"Sean, wie dein Ex–Freund, der Medizinstudent?"

Brian grinste stolz.

"Genau. Und Sean, wie mein Freund, der Medizinstudent."

"Okay, alles klar."

Kurz vor Zehn kamen wir vor dem Juz an. Es standen tatsächlich gut 100 Leute vor dem Laden. Drinnen hatten angeblich nochmal 200 Platz. Wir fuhren ums Haus zu einem Lieferanteneingang. Tammy, Mel und Luke waren hinter uns. Bevor die Türe aufging, zog ich Luke nochmal an mich.

"Stell dich seitlich neben die Bühne, ja? Da kann ich dich sehen."

Ich gab ihm einen kurzen Kuss und dann gingen wir rein. Die nächsten 20 Minuten erlebte ich wie im Traum. Endlich wieder vor Publikum auftreten, mit unseren neuen Songs!

"Danke für eure Unterstützung, Leute. Und Kampf dem Schimmel! Gerry! … Wo ist Gerry? Ah, da drüben! … Cool dass du uns hier her gebracht hast! So und jetzt, fleißig spenden! Bye Leute. Wir sehen uns."

Die Jungs verabschiedeten sich ebenfalls. Ich hatte Luke schon ausfindig gemacht. Das war auch nicht wirklich schwer, er strahlte mich geradezu an, mit seinem weißen Shirt zwischen lauter schwarzen Shirts. Ich lächelte ihn an, musste aber zur anderen Seite runter, wo die Presse wartete.

Wir beantworteten zehnmal die gleichen Fragen und posierten für dutzende Fotos, bis Mel uns andeutete, dass es genug war. Luke wartete schon am Ausgang. Ich warf Mel einen fragenden Blick zu. Sie winkte resignierend und ich umarmte Luke.

"Ihr wart fantastisch! Du bist wunderbar. Ich brauch euer T–Shirt! Und du musst heute Nacht wieder mit zu mir kommen."

"Ich hab keine Ahnung, was morgen ansteht …"

"Autogrammstunde in einer Mall, ab Elf."

"Danke Tammy."

"Ach Tammy, morgen Abend arbeite ich wieder hinter der Bar. Es ist Oben–ohne–Abend. Wäre das nicht was für euch? Das gilt natürlich nur für Männer …"

"Uuh, das hat Jordan noch gar nicht erwähnt. Ich glaub, da sind Mel und ich dabei."

"Alles klar. Jetzt hast du keine Ausrede mehr, Jordan."

"Scheint mir auch so …"

Bei sich zu Hause spielte mir Luke erst mal was auf seinem Banjo vor. Er war echt gut. Er zeigte mir ein paar Akkorde, ich war sofort total begeistert und entschied, mir auch eines zuzulegen.

Am nächsten Morgen lag Luke nicht mehr neben mir, ich zog mich an und machte mich auf die Suche. Aus der Küche hörte ich Stimmen, ich wollte nicht lauschen, aber sie redeten nicht gerade leise.

"Ach hör auf, du willst mir echt weismachen, Jordan Bonanno liegt in deinem Bett?"

"Genau das behaupte ich, ja. Ich konnte es selbst kaum glauben, als ich ihn in der Bar gesehen habe."

"Und dann hast du ihn natürlich gleich abgeschleppt …"

"Klar. Wie oft bekommt man schon so eine Chance?"

"Es wäre sicher nicht schlecht für deine Karriere, wenn ein paar Knutschfotos von euch auftauchen würden …"

"Tja, leider ist er diesbezüglich etwas kamerascheu …"

"Kann man denn da nichts machen?"

"Was denn zum Beispiel?"

"Na einem Fotografen einen Tipp geben oder so?"

"Trish, du Miststück!"

"Ja was denn, sag bloß, dir ist der Gedanke noch nicht gekommen?!"

"Doch klar, aber das wäre schon ziemlich mies …"

"Häh? Na und? Oh mein Gott, magst du ihn etwa?"

"Ach, sei still."

"Oh Gott, dich hat's erwischt! Du bist verknallt in einen Rockstar!"

"Schhh, nicht so laut, du weckst ihn noch … Wie spät ist es überhaupt?"

"Halb Zehn."

"Vielleicht sollte ich ihn langsam aufwecken …"

Reflexartig schlich ich zurück ins Schlafzimmer, setzte mich auf's Bett und tat so, als würde ich mich gerade erst anziehen.

"Hey, du bist ja schon wach."

"Ja, ich glaube ich sollte langsam los."

"Es ist doch erst halb Zehn."

"Ich muss noch telefonieren und so …"

"Telefonier doch von hier aus. Kein Problem. Komm, ich stell dir meine Mitbewohnerin vor …"

"Luke, ich geh jetzt."

"Was ist denn los?"

"Das alles geht mir etwas zu schnell. Wir hatten eine tolle Zeit, aber jetzt brauch ich mal wieder etwas Abstand."

"Servierst du mich gerade ab?"

"Tut mir leid."

"Nein, jetzt warte. Du schuldest mir eine Erklärung."

"Wirklich? Wir kennen uns grad mal 36 Stunden. Ich glaub nicht, dass ich dir irgendwas schulde."

"Dann lass mich dir wenigstens ein Taxi rufen."

"Ich komm klar, danke."

Damit schloss ich die Wohnungstür hinter mir. Ich war so wütend auf mich selbst, dass ich auf so einen Scheiß reingefallen war. Natürlich hatte er mich erkannt, sonst wäre so ein Kerl wohl kaum auf mich abgefahren. Als ich auf halbem Weg nach unten war, hörte ich oben eine Tür zufallen.

"Jordan, warte."

"Was willst du denn noch?"

"Du hast dein Handy vergessen. Es hat geklingelt. Eine Nikki ist dran."

Verdammt nochmal. Ich musste zurück um das Gespräch entgegenzunehmen.

"Ja?"

"Dein Sohn wurde gerade von der Polizei nach Hause gebracht."

"Was ist passiert?"

"Er hat vor dem Spiel mit ein paar älteren Jungs unter der Tribüne geraucht."

"Und deshalb bringt ihn die Polizei?"

"Gras geraucht."

"Verdammt nochmal! Gib ihn mir!"

"Oliver hat schon mit ihm geredet."

"Gib ihn mir!"

"Wie du willst.

"Ja?"

"Verdammt, Junge, was baust du für Scheiße? Weißt du, dass du eine Straftat begangen hast? Wenn du ein bisschen älter wärst, hätten dich die Bullen deshalb nicht nach Hause gefahren, sondern dich erst mal über Nacht eingesperrt!"

"Wow, ich frag mich, woher du das so genau weißt."

"Willst du echt so werden wie ich damals?"

"Nein."

"Also ich war bei meinem ersten Joint ein halbes Jahr älter als du jetzt. Denk mal drüber nach. Und jetzt gib mir deine Mum wieder."

"Okay …"

"Ja?"

"Du gibst ihm keinen Cent mehr, klar? Taschengeld ist gestrichen. Wenn er was braucht, muss er dir genau sagen, für was und dir die Rechnung geben."

"Das bringt doch nichts, es war nicht sein Gras."

"Ja, blabla. Nikki, tu was ich sage, oder ich geh vor Gericht. Langsam hab ich genug von deinem Scheiß. Jetzt raucht Josh unter deiner Obhut schon Dope."

"Das hätte dir genau so passieren können."

"Ist es aber nicht. Also, nimm ihm jeden Cent weg und sag das auch deinem Macker."

"Der hat einen Namen."

"Ich leg jetzt auf."

"Ich auch."

Ich nuschelte noch ein paar Flüche vor mich hin. Luke stand ein paar Stufen weiter oben.

"Alles okay?"

"Hat sich das angehört, als sei alles okay?"

"Nein. … Was ist denn los?"

"Bye Luke."

Er blieb einfach stehen, während ich ein paar Stufen runter stieg.

"Du warst schon auf, oder? Du hast uns gehört."

"Für ein Model bist du echt schlau."

"Tut mir leid, Jordan …"

"Schon gut. Ich hoffe, du hattest Spaß. Und tut mir leid, dass ich deiner Karriere nicht auf die Sprünge helfen konnte."

"Hast du auch den Teil gehört, wo ich gesagt habe, dass es zu mies wäre, das auszunutzen? Oder den Teil, wo ich gesagt habe, dass ich dich wirklich mag?"

"Sorry, aber du kannst viel erzählen! Ich trau dir nicht mehr. Weißt du, was passieren würde, wenn ein Fotograf heute Abend in deiner Bar auftauchen würde und ein Foto von mir inmitten lauter halbnackter Männer schießen würde? Mein Sohn könnte das Bild morgen an jedem Kiosk bewundern. Das kann ich gerade echt nicht gebrauchen."

"Das hatte ich doch nie vor."

"Ich kenne dich nicht, woher soll ich das wissen? Ich hab zurzeit genug Ärger, ich brauch nicht auch noch so was, okay?"

"Das war's, oder? Ich hab's versaut …"

"Ja, das hast du."

"Dann danke für die letzten 36 Stunden. … Vielleicht läuft man sich ja mal wieder über den Weg …"

"Ja, bis dann."

Natürlich ging ich nicht in die Bar, sondern verbrachte den Abend mit den Mädels auf meinem Zimmer mit einer romantischen Komödie, bei der ich einschlief und aufwachte, als Tammy mir gerade die Lippen mit Lipgloss beschmierte. Und ich war sehr froh über meine Entscheidung, niemanden mehr wirklich an mich ran zu lassen. Luke war mir egal.

Im Flugzeug blätterte Tammy wie immer ein paar Boulevard–Magazine durch. Ich schaute zugegebenermaßen auch ab und an mit rein. Wenn ich gewusst hätte, was mich erwartete, hätte ich diesmal darauf verzichtet. Ich riss Tammy die Zeitschrift förmlich aus der Hand.

"Das gibt's doch nicht."

"Was denn? Kennst du die Beiden?"

"Allerdings. Die O–Scars hatten den gleichen Agenten wie wir."

"Ach, stimmt ja, natürlich. Und, wusstest du davon?"

"Nein, ich hatte keine Ahnung."

"Er ist niedlich. Diese Andy hat einen guten Geschmack. Aber ob es klug ist, was mit dem eigenen Gitarristen anzufangen?"

"Was steht denn da noch?"

"Hm, mal sehen … sie kannten sich schon ewig, bla bla, aber gefunkt hat es erst bei den Aufnahmen zum neuen Album, das letzte Woche raus kam. Naja, das bringt ihnen sicher einiges an PR ein. Kein dummer Schachzug, die Bombe jetzt platzen zu lassen. Das ist eben der Vorteil, wenn man ein Mädchen in der Band hat …"

Die Aufnahmen für's neue Album! Damals hatte Xander sich so lange nicht gemeldet und er hatte bei Andy gewohnt. Jetzt machte alles Sinn!

"Alles okay?"

"Ja, ich glaub, ich muss noch ein bisschen Schlaf nachholen."

"Okay, dann lass ich dich in Ruhe …"

"Mal mich nicht wieder an, ja?"

"Versprochen."

Zu Hause fuhr ich natürlich erst mal zu den Kindern. Ich hatte mit Ach und Krach verhindern können, dass Nikki die Beiden über Weihnachten mit nach Hawaii in Olivers Ferienhaus nahm. Jetzt würden sie erst nach Weihnachten fliegen. Weihnachten würden Mum, Klaus und die Mädchen bei uns sein, aber da war ja noch eine Woche hin, in der Zwischenzeit würde Summerskin noch vier verschiedene Städte besuchen, jeweils mit einem kurzen gratis Überraschungskonzert in einer gemeinnützigen Einrichtung, wie sich die PR–Leute hatten einfallen lassen. Viel zu tun.

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