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Summer in Paradise - Band 1
Teil 3
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Informationen
- Story: Summer in Paradise - Band 1
- Autor: ID
- Die Story gehört zu folgenden Genre: Drama, Lovestory
David
„Ich hab dir einen Kirsch-Walnuss-Shake bestellt, ich hoffe, du magst den immer noch?“, fragt Max, während ich meine Jacke an die Stuhllehne hänge und mich setze.
„Ja, das ist immer noch mein Lieblingsshake. Danke.“
Er rutscht ein bisschen unruhig auf seinem Stuhle hin und her, während ich einen Schluck probiere.
„Ich hab den seit über zwei Jahren nicht mehr getrunken. Schmeckt noch genau wie früher“, quassle ich, um die Stille zu überspielen.
„Ihr zieht also hierher?“, fragt Max.
„Ja, wir ziehen im Herbst ins Paradies nach Seelendorf. Kennst du das Projekt?“
„Ja“, nickt er „Ich kenne Christian Berger. Seine Mutter liegt im gleichen Pflegeheim wie meine. Ich hab am Rande mitbekommen, dass er da was aufgezogen hat.“
„Meinen Großeltern gehört ein Grundstück daneben. Jordan und ich werden dort eine Gaststätte bauen – und ein Haus.“
„Wow … das … das sind ja große Pläne. Dann seid ihr beiden jetzt zusammen? Also, ich hab mir das schon gedacht. Aber als du dann wieder zurück nach Hause bist ...“
„Das war kompliziert. Eigentlich war so ziemlich alles kompliziert, die letzten Jahre … aber letztendlich haben wir zwei es dann irgendwann gerafft, dass wir eigentlich ...“
„Zusammengehören“, beendet Max meinen Satz und ich habe sofort ein schlechtes Gewissen.
„Ich fühl mich nicht gut dabei, dir das so hinzureiben, Max.“
„Ich bin ja selbst Schuld, oder? Ich meine, ich hab unsere Beziehung beendet. Natürlich hast du dein Leben dann weitergelebt.“
„Und du? Wie lange warst du noch in Kalifornien?“
„Bis letztes Frühjahr. Dann war ich bis zum Sommer für eine Gast-Dozentenstelle in Barcelona und seitdem bin ich in Nürnberg, in der Entwicklung.“
„Wie geht es deiner Mutter?“
„Sie ist geistig fit, aber das Reden klappt nicht. Und sie kann nicht laufen, deshalb kann sie nicht mehr alleine wohnen. Papas Tod hat sie ziemlich erschüttert. Ich war den ganzen Vormittag bei ihr. Sie weiß nicht mehr, wie es weitergehen soll.“
„Das tut mir wirklich sehr Leid, Max. Was ist mit deinen Verwandten? Deine Tante? Kann die nicht manchmal vorbei schauen?“
„Die wohnen in alle Winde verstreut.“
„Sonia und Maya?“
„Sonia ist auf Mallorca mit ihrem Neuen. Und Maya … die hat mit den Kinder genug zu tun.“
„Kinder? Mehrzahl?“
„Sie hat letztes Jahr Zwillinge bekommen. Einen Mann dazu gibt es wohl wieder nicht wirklich.“
„Also ist sie jetzt allein mit drei Kindern?“
„Ja ...“
„Claudi und Thorsten?“
„Nairobi und London, zumindest ist das mein letzter Stand...“
„Krass ...“
„Schaut so aus, als wäre ich jetzt wirklich auf mich alleine gestellt. Der Preis der Unabhängigkeit“, erklärt er bitter.
„Du konntest ja nicht ahnen, dass so was passiert. Erst deine Mum, jetzt dein Paps.“
„Ich fass es nicht, dass mein Abi noch keine sechs Jahre her ist. Ich komm mir so steinalt vor, David ...“
Unsere Blicke treffen sich und ich kann nur mit Mühe dem Impuls widerstehen, über den Tisch nach seiner Hand zu greifen, so wie früher.
„Erzähl mir von deinen letzten Jahren“, bittet er.
Das mache ich gerne.
„... und deshalb haben wir uns im Januar entschieden, hierher zu kommen. Erst war Jordan wirklich skeptisch, aber das Paradies hat es ihm echt angetan. Und ich merke sowieso, dass ich hier zuhause einfach am glücklichsten bin.“
Er schaut mich direkt an und sagt:
„Du erzählst das alles so gelassen. Aber du bist in den letzten Jahren zwei Mal fast getötet worden. Du hast dich um vier kleine, traumatisierte Kinder gekümmert. Du hast Jordan dadurch gebracht, durch eine schwere Depression, durch die Trauer. David, das muss dich doch total erschüttert haben.“
Ich nicke. Und ich spüre meine Unterlippe zittern.
„Ich hatte aber keine Zeit, zu spüren, wie erschüttert ich war. Ich musste funktionieren ...“
„Willst du … sollen wir raus gehen oder so?“, fragt er und schiebt mir eine Serviette rüber.
Ich wische mir über's Gesicht und schüttle den Kopf:
„Nein, ich bin okay.“
„David, du musst dir die Zeit nehmen, das zu verarbeiten. Ich seh dir doch an, dass ...“
„Ich hab Kinder, Max. Ich muss funktionieren. Und so stabil ist Jordan noch nicht wieder, dass ich schon ausfallen kann. Vor nichtmal einem halben Jahr hätte er sich fast Heroin gespritzt. Er war bis vor acht Wochen noch tief in der Depression. Und es kommt durch den Umzug so viel Stress auf uns alle zu. Ich kann noch nicht einknicken. … Und überhaupt, du bist derjenige, der gerade seinen Vater verloren hat. Ich sollte dich trösten, nicht du mich.“
„David, ich merke, dass du von dir selbst ablenken willst, … und ich lass dich das jetzt machen, aber bitte versprich mir, dass du dir selbst so bald wie möglich zugestehst, nicht mehr nur zu funktionieren. Red mit deinen Eltern. Red mit Paul … Von mir aus auch mit Noah.“
„Er wird wohl in der Gaststätte mein Partner. Morgen zeig ich ihm das Paradies.“
„Wow, okay. Das war schon immer euer Plan, oder? Herzlichen Glückwunsch ...“
„Danke … okay, aber jetzt lass uns wirklich auf dich schauen. Du brauchst einen Plan, wie du das in den nächsten Jahren hinbekommst mit deiner Mutter.“
Er erzählt von Isa, von dem Pflegeheim, davon, dass er die Geschäfte seines Vaters alle auflösen muss, davon, dass er Geld hat, aber keine Zeit. Und dass er sich nicht vorstellen kann, weit weg von seiner Mutter zu sein, wenn sie ihn so dringend braucht.
„Du brauchst also einen Job hier in der Nähe, der dich erfüllt, nicht unbedingt viel Geld bringen muss und der es dir möglich macht, Zeit für deine Mutter zu haben.“
„Ja, das trifft es.“
„Max, ich hab dich unterrichten sehen. Das schien dich sehr glücklich zu machen ...“
„Ja, aber Lehrer? Ich meine, werden das nicht nur Leute, die man in der Forschung und Entwicklung nicht brauchen kann?“
„Das ist nicht die Frage. Die Frage ist, ob dich der Job ausfüllen könnte.“
Er denkt nach.
„Ja, vermutlich schon ...“
„Und du hättest Nachmittags Zeit für deine Mutter.“
„Stimmt.“
„Und vermutlich würdest du eine Stelle hier in der Nähe finden, beim aktuellen Lehrermangel hier.“
„Ja ...“
„Dann solltest du diesen Gedanken mal festhalten, Max.“
Er scheint still zu überlegen, dann nickt er.
„Ja, wahrscheinlich hast du recht.“
„Ich weiß, du träumst vom Nobelpreis. Aber ich weiß auch, dass du ein wunderbarer Lehrer wärst, der sicher viele Schüler begeistern könnte. Und vielleicht sitzt unter deinen Schülern dann die Preisträgerin 2040, die du dazu inspiriert hast, Physikerin zu werden ...“
„Schöne Vorstellung … ich muss mich mal länger mit dem Gedanken befassen. Uni-Einschreibung ist ohnehin erst in eine paar Monaten. Ich müsste ja dann noch mal Vorlesungen besuchen und Staatsexamen machen.“
„Stimmt.“
„Das wäre irgendwie, als müsste ich nochmal ganz von vorne anfangen ...“
„Das Gefühl kenn ich...“
„David, es tut mir wirklich Leid, dass ich so egoistisch war. Ich wusste überhaupt nicht zu schätzen, was du für mich aufgegeben hast, damit wir zusammen sein konnten.“
„Wir waren ja wirklich beide noch sehr jung, damals. Und ich hab mich so sehr von dir abhängig gemacht. Das war falsch.“
„Vielleicht waren wir beide einfach zu unterschiedlich. Ich mit meiner Familie, in der ich ständig das Gefühl hatte, Erwartungen erfüllen zu müssen. Ich wollte endlich Freiheit.“
„Und ich mit meiner Bilderbuch-Kindheit, die durch die Trennung meiner Eltern zu schnell vorbei war. Ich wollte endlich wieder Teil einer heilen Familie sein.“
„Bist du glücklich mit den Kindern, David?“
„Ich bin manchmal so glücklich, dass ich glaub mein Herz zerspringt. Als sie angefangen haben, mich Papa zu nennen, das war das Schönste, was ich je erlebt habe.“
„Vielleicht war es also doch die richtige Entscheidung, mit dir Schluss zu machen?“, fragt er vorsichtig.
„Damals hat es mir echt den Boden unter den Füßen weggezogen. Aber inzwischen weiß ich, dass du Recht hattest. Nicht mit der Art und Weise, wie du Schluss gemacht hast, aber du hattest Recht damit, dass wir nicht zusammengehören.“
Er schaut verlegen auf seinen Becher.
„Es tut mir Leid“, murmelt er.
„Max, ich verzeih dir das.“
Überrascht schaut er mich an:
„Wirklich?“
„Ja. Und ich würde wirklich gern versuchen, ob wir Freunde sein können.“
„Einen Freund könnte ich gerade wirklich sehr gut gebrauchen.“
Ich lächle ihn an. Dann seh ich am Fenster hinter ihm Jordan vorbeigehen. Ich schaue auf mein Handy. Viertel vor sechs. Wo ist denn die Zeit hin?
„Jordan kommt“, sage ich. „Bist du bereit dafür?“
„Nutzt ja nix“, grinst er schief.
Ich stehe auf und winke ihn herüber. Mir fällt auf, dass er seine Ausgeh-Jeans trägt und sich die Haare gestylt hat. Er meint das ernst, mit der Verführung heute Abend. Aber am tollsten finde ich, dass er mich nicht einfach küsst, sondern wartet, wie ich ihn vor meinem Ex-Freund begrüßen will. Ich umarme ihn und stelle fest, dass er mein Lieblings-Rasierwasser trägt.
„Hey, Schatz“, sage ich. „Schön, dass du da bist.“
Er schenkt mir ein Lächeln. Eines von der Sorte, die meinen Bauch ganz durcheinander bringt. Dann wendet er sich an Max. Der steht ebenfalls auf und bietet Jordan eine Umarmung an.
„Hey Max. Lange her“ , sagt Jordan und umarmt Max.
„Hi Jordan. Schön, dich zu sehen.“
Jordan zieht sich einen Stuhl heran und setzt sich an den Tisch. Max zögert:
„Also, ich sollte dann mal los ...“
„Bleib noch, Max. Das ist okay“, sagt Jordan. „Wir können unsere Date-Night auch erst in einer Stunde starten.“
„Ja? Ich will euch echt nicht aufhalten ...“
„Max, setz dich“, bestärke ich ihn.
Er setzt sich wieder. Ich lege meine Hand auf Jordans und lächle ihn dankbar an.
„Wir haben uns heute im Supermarkt zufällig getroffen“, erzähle ich. „Max ist hier, um sein Elternhaus zu verkaufen.“
„Mein Vater ist kürzlich gestorben“, ergänzt Max.
„Das tut mir Leid.“
„Danke. Mir tut Leid, dass du den Vater deiner Kinder beerdigen musstest.“
Für einen Moment sieht man den Schmerz in Jordans Gesicht, dann sagt er höflich:
„Danke dir.“
Dann schwenkt Jordan um auf Smalltalk. Das passt auch besser zur Situation. Ich finde es nämlich arg seltsam, mit dein beiden hier zu sitzen und hab das Gefühl, jeden Moment könnte die Situation eskalieren. Das ist natürlich Schwachsinn. Wir reden eine halbe Stunde über alte Bekannte, Musik, Zukunftspläne. Bis Max seine Mutter erwähnt und welche Art von Unterstützung sie braucht. Jordan fragt:
„Aber muss sie dazu wirklich in ein Pflegeheim? Ist das nicht genau die Art von Unterstützung, die das Paradies bietet?“
„Ja, darüber habe ich mit Christian Berger auch schon gesprochen“, erzählt Max.
„Für seine eigene Mutter kommt das nicht mehr in Frage, aber er meinte, mit einem mobilen Pflegedienst, der Morgens und Abends vorbei kommt, könnte das zu schaffen sein. Für mich ist das ganze Konzept aber irgendwie noch nicht so ganz greifbar. Leute sollen sich da zuverlässig um meine Mutter kümmern, ohne dafür bezahlt zu werden? Ich trau der Sache irgendwie nicht ...“
„Versteh ich. Aber nach allem, was ich bisher gesehen habe, trau ich das den Leuten dort absolut zu. Das ist ein Stück weit eine andere Welt, dort. Da geht es nicht um Geld, da geht es um Menschlichkeit. Schau es dir doch einfach mal an.“
Ich drücke Jordans Hand ein bisschen zu fest. Was macht er da?! Belabert er gerade Max, seine Mutter in unserem neuen Zuhause unterzubringen? Reicht es noch nicht, dass ich Noah jeden Tag sehen werden, jetzt holt er auch noch Max ins Haus …?! Er schaut mich unschuldig an. Na, dazu werde ich ihm nachher ein paar Takte erzählen müssen, wenn wir alleine sind.
Max verabschiedet sich gegen halb sieben. Jordan nimmt seinen Platz ein und lächelt wieder dieses Lächeln.
„Damit kriegst du mich jetzt nicht, mein Lieber. Was hast du dir denn dabei gedacht?“
„Ich glaub, ich hab schneller geredet als gedacht …“, lächelt er unschuldig.
„Weißt du eigentlich, wie doof das ist, wenn der Freund und der Ex-Freund im gleichen Raum sind.
Er lacht: „Ja klar! Vince, Scott, Tobey, hallo?!“
„Das ist was anders.“
„Warum?“
„Weil du dir da nichts denkst ...“
„Doch, natürlich. Ich achte schon sehr drauf, wie ich mich ihnen gegenüber verhalte, wenn du dabei bist … weil ich dich nicht kränken will.“
„Wirklich?“, frage ich ehrlich überrascht. „Das … das hätte ich gar nicht gedacht. Dass dich das so beschäftigt.“
„Ja, wir lernen: Jordan ist doch nicht so cool, wie er immer tut. Mir ist schon auch manchmal wichtig, was andere von mir denken.“
„So, genug von Exfreunden. Heute ist unser Abend.“
„Und unsere Nacht“, grinst er.
„Wir sollten schnell bestellen, damit wir schnell ...“
„Ins Bett kommen?“
„Ich hab da was anderes mit dir vor“, grinse ich vielsagend.
Gegen acht sind wir mit dem Essen fertig, haben bezahlt und machen uns zu Fuß auf durch die relativ warme Nacht. Es hat 16 Grad und ist schon dunkel. Ideal.
„Wo führst du mich hin?“
„An meinen Lieblingsort. Aber erst müssen wir noch was zu Hause abholen.“
Jordan schaut kurz nach den Zwillingen, während ich einen vorbereiteten Rucksack aus der Garage hole und zwei Fahrräder.
„Okay, jetzt bin ich gespannt.“
„Folge mir.“
Wir radeln durch die Nacht. Jordan macht das gar nicht schlecht, dafür, dass er in L.A. kein Fahrrad besessen hat.
„Wie weit noch?“
„Wir sind gleich da.“
„Ein See“, stellt Jordan fest.
„Hier können wir die Räder abstellen. Komm.“
„Was genau hast du mit mir vor, David?“
„Komm, ich zeig es dir.“
Ich nehme seine Hand und führe ihn zu den hohen Bäumen, von denen aus man tagsüber den ganzen See überblicken kann. Ich lege den großen Rucksack ab.
Er nimmt mich an beiden Händen und saugt die Frühlingsluft ein.
„Schön hier.“
„Ja, ich bin immer gerne hier. Zum Baden, zum Lesen, zum Singen am Lagerfeuer. Hier gab es auch oft Partys und mit Paul saß ich oft hier, zum Philosophieren und Kiffen. … Und du bist heute hier, weil ich immer davon geträumt habe, es mit dir hier unter den Sternen zu tun.“
„David!“, grinst er und will mir schon die Jacke ausziehen.
„Warte, erst machen wir es uns gemütlich.“
Zuerst schalte ich die Lampe an und gebe sie Jordan zum halten. Dann binde ich das Wurfzelt vom Rucksack los und lasse es aufspringen. Dann hole ich den Doppelschlafsack heraus und versuche, nicht daran zu denken, dass mein Vater mir mal erzählt hat, dass ich vermutlich da drin gezeugt wurde. Ich hänge die Lampe auf und rolle die Isoliermatten aus.
„So, rein mit dir“, grinse ich.
Jordan gehorcht sofort, zieht seine Jacke aus und krabbelt ins Zelt.
„Du wirst mich warmhalten müssen, ich bin Kalifornische Temperaturen gewohnt ...“
„Krieg ich hin.“
Ich verschließe das Zelt von innen und zünde noch ein Teelicht im Glas an, damit es etwas wärmer und romantischer wird.
„Du hast echt an alles gedacht, hm?“
„Ich freu mich schon lange auf diese Nacht“, raune ich ihm zu und kuschle mich zu ihm in den Schlafsack.
Er macht sich sofort an meiner Hose zu schaffen, kann es scheinbar gar nicht mehr erwarten.
„Langsam. Wir haben die ganze Nacht Zeit.“
„Und ich hab auch vor, die ganze Nacht zu nutzen. Aber zuerst muss ich dringend das tun...“
Er küsst mich und zieht dabei meine Hose aus. Seine auch gleich noch. Er hat es wirklich eilig, dreht mich um. Ich komm fast gar nicht hinterher, so schnell ist er in mir gekommen. Und scheint trotzdem noch nicht genug zu haben.
„Lass mich auf dich ...“
„Okay. So?“
„Mh, ja, genau so. Nachher machen wir Liebe, aber zuerst muss ich dich dringend ficken.“
„Ich beschwer mich nicht. Ich liebe das.“
Er beißt mich in den Nacken und drückt meine Hände fest in den Boden.
„Du machst mich so geil, David ...“
Ich kann zur Antwort kein vernünftiges Wort rausbekommen, aber ich glaube er merkt, dass es mir genauso geht.
Als er zum zweiten Mal gekommen ist, sackt er zusammen und schmiegt sich in meinen Arm.
„Wow, das war ...“
„... der Hammer“, beendet er meinen Satz.
„Ist dir warm genug?“
„Oh ja“, grinst er. „Aber halt mich trotzdem fest.“
„Komm, ganz nah.“
Er schmiegt sich noch näher an mich.
„Ich hatte heute eine Panikattacke. Eine ziemlich krasse.“
„Was? Wann?“, frage ich besorgt.
„Morgens, als ich erfahren habe, dass mein Großvater gestorben ist. Und als ich bemerkt habe, dass ich die restlichen Bonnanos gerne wiedersehen möchte.“
„Willst du drüber reden?“
„Nein, ich wollte nur, dass du das weißt.“
Als er nichts weiter dazu sagt, erzähle ich:
„Ich wäre heute im Restaurant fast in Tränen ausgebrochen, als ich Max von den letzten Jahren erzählt habe. Ich weiß nicht, wie lang ich noch einfach so weiter funktionieren kann. Ich glaub, ich brauch Hilfe.“
Jordan sieht mich eindringlich an:
„Ich sehe das, David. Und du musst nicht mehr lange stark sein. Ich fühle mich viel besser. Ich hab meine Kraft wiedergefunden.“
„Okay ...“
„Du kannst zeigen, wie es dir geht.“
„Okay … ich … ich kann das jetzt nicht auf Knopfdruck. Aber ich werd dir in nächster Zeit mehr zumuten und mir öfter mal Zeit für mich nehmen.“
„Soll ich alleine mit den Zwillingen zurückfliegen? Damit du hier bei deiner Familie sein kannst und schon mal mit allem loslegen kannst?“
„Nein. So lange würde ich es ohne euch nicht aushalten. Und ich hab Gwen versprochen, dass ich bald zurück kommen.“
„Okay. Wie kann ich dir sonst helfen?“
„Blas mir einen“, flüstere ich.
„Was sagst du?“, fragt Jordan und hält die Hand ans Ohr.
Ich knuffe ihn in die Seite. Dann sag ich laut und deutlich:
„Ich will, dass du mir einen bläst.“
Er grinst sein anzüglichstes Grinsen und taucht ab.
„Ich hab grad Sterne gesehen. Ernsthaft. Ich hab beim Kommen Sterne gesehen. Im Körper. Ich weiß nicht, wie du das machst. Aber das war grandios. Im Rucksack ist Wasser.“
Er trinkt einen Schluck und schmiegt sich in meinen Arm. Ich küsse ihn:
„Ich würde dir ja sagen, dass ich dich liebe. Aber nach diesem Blowjob wäre das nichts besonderes. Danach würde dir jeder sagen, dass er dich liebt.“
„Ich will die Stimmung nicht killen. Aber … es gibt was, das ich dir noch nicht erzählt habe. Und ich würde es dir jetzt gerne erzählen.“
„Okay ..?“
„Ich würde dir gerne erzählen, warum mein Großvater damals auf mich geschossen hat.“
Ich setze mich auf und nehme seine Hand:
„Okay. Erzähl.“
Er beginnt mit der Hochzeit seines Onkels Milo und erzählt lange und detailreich.
„… dann hat er gesagt: 'Jetzt geh rüber auf den Teppich. Ich will nicht, dass deine Großmutter stundenlang das Blut ihres Enkels aus dem Boden schrubben muss.' Und das war der Moment, in dem mir klar wurde, dass ich mich in ihm getäuscht hatte. Das war der Moment, in dem ich das Monster gesehen habe. Da wusste ich, dass er schießen würde. Und ich hab den ersten Schuss in die Brust gespürt. Es war wie der Tritt eines großen Tieres. Ich hab meine Rippen brechen hören... Danach kann ich mich an nichts mehr erinnern.“
Ich kann für ein paar Sekunden kaum atmen, geschweige denn Worte finden. Dann sage ich:
„Jordan, du weißt, dass das nicht deine Schuld war, oder?“
„Ich hab einen wildfremden Kerl einen Blowjob gegeben. Im Garten meiner Großeltern. Obwohl ich in einer festen Beziehung war. In gewisser Weise hatte mein Großvater schon Recht, ich hatte keine Moral ...“
„Vielleicht. Das ist aber kein Grund für ein Todesurteil.“
„Nein, aber es ist ein Anlass, mein eigenes Handeln zu hinterfragen. Ich bin in meinem Leben schon ganz schön oft fremdgegangen. Und das will ich jetzt nicht mehr. Also muss ich rausfinden, warum ich das immer wieder mache.“
„Okay, das finde ich gut“, lächle ich schief.
„Wenn ich bei meinem Großvater so lange gebraucht habe, rauszufinden wer er ist, vielleicht hab ich mich dann auch in meinem Vater getäuscht? Er wollte damals immerhin einen Mord in Auftrag geben.“
„Ja, an dem Mann, der fast seine Enkelkinder getötet hat. Kannst du ihm das wirklich verübeln? Ich mein, klar, wir leben nicht in einem Gangsterfilm. Aber ich glaube nicht, dass man ein schlechter Mensch sein muss, um auf so einen Gedanken zu kommen, wenn es darum geht, die eigene Familie in Sicherheit zu bringen ...“
Und meine Großmutter? Sie ist doch nicht blöd. Sie muss ihren Mann doch gekannt haben …“
„Dann triff sie nicht, wenn es dir damit nicht gut geht.“
„Aber … sie war in meiner Kindheit für mich da. Sie hat am längsten von allen zu mir gehalten. Ich hab panische Angst davor, ihr zu begegnen. Aber gleichzeitig weiß ich, dass ich mich für immer frage würde, wie es gewesen wäre, sie wiederzusehen. Schau, meine Hände fangen schon wieder an zu zittern. Ich glaub, ich bekomme wieder eine Panikattacke...“
Jordan steht auf und geht nackt in die Kälte. Er schnauft schwer, geht im Kreis.
„Wie kann ich dir helfen?“
„Ich … ich dreh durch. Ich weiß nicht, was ich machen soll. Ich weiß nicht, wer ich bin. Ich bin ein Bonanno. Vielleicht bin ich auch ein Monster. Vielleicht ticke ich auch irgendwann aus und töte jemanden. Vielleicht bin ich wirklich eine Strafe Gottes.“
Er hüpft auf der Stelle und schüttelt sich.
„Ich muss mich bewegen. Ich muss laufen. Ich muss schwimmen.“
„Nein, Jordan, es ist zu kalt und zu dunkel.“
Aber er ist schon auf dem Weg zum See und rennt hinein.
Wenn er das überlebt, dann bring ich ihn eigenhändig um. Ich laufe mit der Zeltlampe hinterher und sehe ihn im seichten Wasser kraulen.
„Fuck, ist das kalt!“, schreit er.
„Komm raus!“
„Ich muss schwimmen.“
„Komm jetzt raus, du holst dir den Tod!“
Er kommt tatsächlich in Richtung Ufer. Schlotternd und zitternd. Ich wickle ihn in meine Jacke ein.
„Hat es wenigstens geholfen?“
„Ja, das hat mich abgelenkt.“
„Komm ins Zelt. Wir müssen dich erst mal wieder warm kriegen.“
Er trocknet sich notdürftig mit meiner Jacke ab, zieht seinen Pulli an und kuschelt sich in den Schlafsack. Ich rubble seinen Rücken und frage:
„Was ist deine Beziehung zu Gott?“
„Keine“, antwortet er sofort.
„Das klang aber gerade nicht so.“
„Wenn es ihn wirklich gibt, dann ist er wohl ziemlich enttäuscht von mir.“
„Wie kommst du da drauf?“
„Das wurde mir mein Leben lang gesagt.“
„Hältst du dich für einen guten Menschen?“
„Ich versuche, das Richtige zu tun ...“
„Hast du das Gefühl, dass es etwas gibt, da draußen?“
„Ich weiß nicht. Ich spüre schon eine Kraft. Eine Verbindung mit der Welt, mit der Menschheit. Aber ich hab mich auch schon gefühlt, als wäre ich von allem verlassen, auch von Gott.“
„Weißt du, was ich glaube? Ich glaube, dass es etwas gibt, das auf uns aufpasst. Etwas, das uns Kraft gibt, wenn wir es am nötigsten haben. Und ich bin sicher, dass es nicht so funktioniert, wie uns die Kirche weiß machen will. Ich glaube nicht, dass diese Liebe Bedingungen hat. Ich glaub, dass es egal ist, wenn du 'nein' zu Gott sagst. Gott sagt niemals nein zu dir'.“
Er schaut mich überrascht an:
„Mir war nicht klar, dass du gläubig bist.“
„Mir auch nicht“, gebe ich zu. „Aber nach allem, was passiert ist, spüre ich einfach, dass es was gibt da draußen, das mir geholfen hat. Und das mir weiterhilft.“
Er küsst mich, weil er wohl merkt, dass ich selbst ziemlich überrascht von dieser Erkenntnis bin.
„Und egal, ob du an Gott glaubst oder nicht. ICH verlasse dich niemals, Jordan.“
„Gott sei Dank.“
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