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Poppkorn
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Informationen
- Story: Poppkorn
- Autor: JP
- Die Story gehört zu folgenden Genre: Kurzgeschichte
Poppkorn
»Sag mal, hast du die Gleitcreme gesehen?«, fragt mich Alexander im Dunkeln. Er liegt halb auf mir und fummelt auf dem Nachtisch rum.
Mir persönlich wäre es lieber, wenn er an mir rumfummeln würde und meine Begeisterung für Fummeln im Allgemeinen sinkt rapide, als Alex meinen halben Nachttisch abräumt. Es scheppert und irgendwas klirrt.
»Scheiße!«, entfährt es Alexander.
Ich fahre mir resigniert über das Gesicht und knipse das Licht an. Ich hab kein Bock mehr!
Zu allem Überdruss klopft es genau in diesem Moment an die Tür. Ich spare mir eine Antwort, doch Alexander schreit genervt.
»JA?«
Die Tür geht auf und ein dumm lächelnder Frank schaut vorsichtig rein. Unser unverdorbener Anblick ist ihm sichtlich peinlich: Denn er läuft knallrot an.
Mir ist es nicht minder peinlich, nackt vor seinen Augen zu liegen und ich schiebe Alexander von mir runter und versuche mich in eine etwas unverfänglichere Position zu bringen. Alexander scheint das nicht für nötig zu halten und ragt Frank seinen nackten Arsch entgegen und zieht einen fragend genervten Gesichtsausdruck.
»Was?«, verlangt er zu wissen.
Frank antwortete im ersten Moment erst einmal gar nicht, sondern starrt uns weiter an.
Eine Augenbraue von Alexander zuckt hoch und kommuniziert eindeutig, dass er sich seiner hüllenlosen Lage bewusst ist und auch weiß, dass Frank ihn anstarrt und nur dezent anfragen möchte, wie lange dieser gedenkt, dass noch stumm fortzuführen, da ihm vielleicht irgendwann einmal etwas kühl werden könnte. Frank versteht ihn sofort und antwortet entsprechend wortreich: Er fängt an zu stammeln, wird noch etwas roter und blickt schnell zu Boden.
»Und?«, hakt Alexander nach, dessen Geduld nicht gerade steigt, während seine Libido abnimmt.
»… ich wollte nicht …«
»Hast du nicht!«, gebe ich zu.
»Ja … nun … ich wollte nur … euch das hier … geben.«, setzt Frank einige Worte mit einem verzweifelten Lächelversuch zusammen und streckt uns die Tube Gleitcreme entgegen. Alexanders Gesichtsausdruck wechselte innerhalb von Sekunden von sauer, über überrascht auf schrecklich interessiert.
Mir hingegen springt das Markenschild der Tube entgegen und das Blut in den Kopf. Sofort hat mein Gewissen die Anklage fertig und zerrt mein Selbst wegen fahrlässiger Spurenhinterlassung und Erregung peinlichen Ärgernisses vor das Standgericht der Selbstoffenbahrung. Zum Glück ist mein Gedächtnis als Pflichtverteidiger zur Stelle und sagt aus, dass die Tube vorhin noch auf dem Nachttisch lag. Doch mein Gewissen ist nicht zu beruhigen und sucht nach einem neuen Schuldigen. Mein Auge weißt dezent auf Frank hin, der schuldbewusst im Türrahmen zusammensackt. Sofort beginnt meine Phantasie den Tathergang zu rekonstruieren und bricht schaudernd bei der Motivfrage ab: Was macht Frank mit Tanja, wenn er Wäsche wäscht?
Ich verdränge den ekeligen Gedanken und starre Frank voller Entsetzen an.
Der nimmt unsere volle Aufmerksamkeit zum Anlass tief zu schlucken und den letzten Rest Blut in seinen Kopf zu pumpen. Genauer gesagt nur in sein Backen und Ohren, denn seine stumme Zunge leidet immer noch unter gefährlicher Sauerstoffarmut und droht abzusterben. Auch seine Arme scheinen unter Blutarmut zu leiden und beginnen zu zittern und uns in anbetungsvoller Hoffnung die Tube entgegenzurecken.
Alexander schaute mich fragend an. Ich zucke bestimmt unwissend mit den Schultern. Für mich ist der Schuldige klar und ich will gar keine weiteren, schrecklichen Details wissen!
Alexander steht auf und schwingt sich in unverhehlter Natürlichkeit auf Frank zu. Genüsslich gemächlich erlöst er ihn von der Tube. Dann dreht er sich rum und kommt auf mich zu. Er schaut von der Tube auf und ein fieses Grinsen wächst in seinen Grübchen.
Frank ahnt indessen nichts und grinst glücklich unschuldig, sichtlich von einer großen Last befreit. Für einen kurzen Moment kehrt auch sein Blut wieder zu einer normalen, lebensnotwendigen Zirkulation zurück. Doch gerade als er sich selbst zurückziehen möchte, glaciert ihn Alexanders süßliche, warme Stimme.
»Danke! Wir haben schon danach gesucht!«, meint mein kleiner Dämon über die Schulter und kratzt sich demonstrativ am stoppeligen Arsch.
Genüsslich beobachte ich, wie Franks Grinsen kristallisiert, seine Augen verharren entsetzt auf Alexanders Hintern. Franks Blut entweicht seinem Kopf und sammelt sich in anderen Körperregionen. Ich entzücke mich an seinem körperlichen Farbenspiel, genieße, wie sein Kopf langsam blau wird. Als er anfängt hilflos zu keuchen, beschließe ich ihm zu helfen.
»Ich hoffe ihr hattet Spaß!«, meine ich selbstlos und befördere Franks Blut schlagartig zurück in seinen Schädel.
Alexander küsst mich anerkennend; in seinen Augen glüht diabolisch lasziver Genuss. Gemeinsam, Arm in Arm, lehnen wir uns an die Wand und bestaunen Frank – das Chamäleon.
Zuerst wechselt seine Farbe von blassblau, auf tiefrot. Nach dem Versuch beschönigend zu grinsen, es gelingt ihm bei weitem nicht so gut wie uns, wird er wieder leichenblass.
Diesmal erweist sich Alexander als rettender Engel und probiert eine Mundzumundbeatmung – bei mir. Es funktioniert überraschend gut und Frank wird wieder knall rot.
»Ich hatte nur…«, fängt er an zu stammeln.
»schon ok…«, unterbrechen wir ihn, um ihm keinesfalls peinliches zu ersparen. Denn wir beide wissen, dass die beste Methode, um etwas peinlich zu machen, zu schweigen ist.
Frank bedankt sich für unsere Kulanz und wird wieder bleich. Wir schweigen genüsslich.
»Wir haben nicht… also … falls ihr denkt wir hätten … haben wir nicht …«, versucht Frank die Stille zu füllen.
Wir lauschen interessiert seinen Worten und heben ermutigend unsere Augenbrauen. Frank schluckt, wird krebsrot und schnappt nach Luft.
»Ist doch ganz natürlich!«, beruhigt ihn Alexander.
»Macht doch jeder!«, füge ich hinzu und streichle Alexander über die Hüften.
»Was NEIN! Wir nicht! Wir machen sowas Nicht!«, beichtet uns Frank mit unschuldigen, großen Fischaugen im blassen Gesicht.
»Ach, dass muss dir nicht…«, setze ich an.
»Aber wir haben nicht!«, unterbricht mich Frank und zuckt verneinend mit dem Kopf.
»Ach was?«, hakt Alexander interessiert nach.
»Noch nie?«, stelle ich überrascht fest und schaue bedeutsam erstaunt Alexander an. Mit meinen Lippen forme ich: >Jungfrau!<.
Frank folgt meinen Lippen und Erkenntnis füllt sein Gesicht mit Entsetzen. Sofort ist seine Männlichkeit zur Hand, ringt um die geistige Oberhand und gewinnt zuerst die Sauerstoffkontrolle. Er wird grün.
»Doch natürlich! Klar haben wir!«, brüstet er sich und entfaltet sich stolz im Türrahmen.
Angeheizt durch diese Proletenweißheit stürmt die Sittlichkeit zurück in das Bewusstsein und ordert alles Blut zurück in den Kopf. Frank sackt wieder in sich zusammen und wird rot.
Wir beide genießen sein fröhliches Farbenspiel. Ich hätte Lust auf etwas Poppkorn.
»Ich… wollte doch nur…«, stammelt Frank. Wir nicken ahnend.
»Meine Lötpumpe!«, gesteht Frank in einen letzten Ausbruch der Verzweiflung.
Wir nicken wissend.
»Ist schon klar«, sage ich und lasse meine Hand von Alexanders Hüfte runter wandern.
»Ah ja!«, stöhnt Alex befürwortend.
Franks Augen folgen meiner Hand hinter Alexanders Hüften. Franks Kopf schluckt kräftig und wird Rot.
»Ich meine um Lot abzusaugen«, erklärt er schnell.
Ich nicke verständnisvoll und beuge mich tiefer zum kleinen Alexander hinunter. Vernehmlich beginne ich an ihm zu saugen und Alexander stöhnt genüsslich. Seine Finger bohren sich krampfhaft in meine Haare und zerren mich – von seinem Ohr weg.
Frank wird bleich, schluckt dreimal und wird wieder rot.
»Du brauchst nichts zu sagen«, säusele ich mit sinnlichem Lächeln.
Frank wird langsam panisch und stottert: »Aber … nur … geklemmt … hab … gedacht …«
»Ja da musst du aufpassen, das verklemmt schon mal«, meint mein weiser Alex altklug. Ich nicke zustimmend. Frank wird schneehäschenweiß.
»… ich … ihr … ?!?«, stottert er leiser werdend vor sich hin. Er wankt leicht; klammert sich stützend an den Türrahmen. Scheinbar hat sein Kreislauf das ständige hin und her nicht verkraftet und steht kurz vor dem Zusammenbruch. Ich schaue mitleidig Alexander an und wir beschließen den Gnadenschuss.
»Wann immer ihr es wieder braucht…«, schließt Alex und reckt Frank anbietend die Tube entgegen. Frank wird noch einmal tiefrot, dann werden seine Augen weiß. Ihm scheinen die Füße zu versagen und er sackt nach hinten weg. Die Tür knallt zu.
Ich werfe einen verkniffen Blick zu Alexander und schüttle tadelnd mit dem Kopf.
»Du böser, böser Junge«, zische ich und stoße meinen Zeigefinger an seine nackte Brust.
Alex blickt mir schuldig in meine Augen und greift bittend nach meinen Finger.
Dann zwinkert er. Im nächsten Moment lande ich auf der anderen Bettseite und Alex stürzt sich lachend auf mich. Wir balgen uns in närrischer Boshaftigkeit, streiten uns um der Sportlichkeit willen. Kissen fliegen, Schreie gellen, der Nachttisch wird restlich abgeräumt.
Halb tot gelacht liegen wir letztendlich erschöpft aufeinander und rauben uns die letzte Luft mit Küssen. Sinnlich räkele ich mich an seinem Körper, seine Hand streicht durch meine Haare. Ich drehe mich zu seinen Lippen und wir geben uns einen langen genussvollen Kuss.
»Wie geht's deiner Lötpumpe?«, frage ich ihn.
»Könnte auch mal wieder geölt werden«, meint er mit einem verschmitzten Zucken der Augenbraue.
»Na dann wollen wir dieses Geheimrezept mal ausprobieren.«, beschwöre ich und poppe die Tube auf.
Jean-Pierre, 12. Okt 2001;
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