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Pig Pen

Winterchallenge 2005

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Informationen

von der Redaktion

Dies war ein Beitrag zur WinterChallenge 2005

Pig Pen

„Jetzt beeil dich endlich, wir haben noch viel vor“,

hörte ich meine Mutter irgendwo sagen.

Hallo! Ich bin 17 und dein Sohn und nicht dein Schwertransporter. Mühsam

schleppte ich die ganzen Tüten diverser Modegeschäfte und Einrichtungshäuser

durch die Einkaufspassage. Jedes Jahr zu Weihnachten dasselbe Spiel: Meine

Mutter zückt die Kreditkarte meines Vaters und macht die Stadt unsicher. Und

ich, ihr heiß geliebter, einziger Sohn, darf Packesel spielen. Toll, oder?

„Kommst du jetzt endlich?“

„Ja! Ich bin unterwegs. Kannst du mir vielleicht mal was abnehmen? Ich sehe

kaum noch was.“

„Stell dich nicht so an, die paar Sachen.“

Auf einmal lag ich mit allen Sachen auf der Erde.

„Verdammte Sch…“

Was war passiert? Ich war über etwas gestolpert.

„Entschuldigung!“

hörte ich eine Stimme und dann die Stimme meiner Mutter:

„Oliver? Ist dir was passiert? Nun sag schon was. Was ist mit dir?“

„Ist schon gut ich bin gestolpert über irgendwas.“

„Über meine Beine.“

Sagte eine Stimme neben mir. Ich blickte mich um und sah einen Jungen auf

der Straße neben mir sitzend, nein jetzt er krabbelte auf allen vieren umher

und sammelte die Tüten und Pakete auf. Ein zweiter Junge half ihm.

„Danke“

sagte ich.

„Nichts zu danken, ich hatte meine Füße wohl zu weit herausgestreckt.“

Ich sah ihn an und rappelte mich auf. Er war so an die 14, 15 Jahre. Erst

hatte ich gedacht die Beiden wollten klauen, denn hier in Köln ist man nicht

immer sicher. Der andere Junge, er reichte mir gerade die Tüte vom Bäcker,

war vielleicht 12, 13. Sie sahen aber nicht nach Klaukids aus. Der Ältere

hielt mir die Tüten hin und der Jüngere meiner Mutter.

„Oliver, hast du dir wirklich nichts getan?“

„Nein Mama, es geht mir gut, nichts passiert.“

„Trotzdem Danke.“

Sagte ich zu dem Jungen.

„Ich hätte ja auch aufpassen sollen.“

„So wie du bepack warst.“

Meine Mutter bedankte sich kurz und tat mir kund, dass sie jetzt in dem

gegenüberliegenden Cafe einkehren wollte.

Ich machte mich auf den Weg und sah noch mal die Jungs an. Etwas luftig

waren sie für diese Jahreszeit schon angezogen. Dann fiel mir auf, dass die

Kleidung zwar sauber wirkte aber an vielen Stellen geflickt war. Ich dachte

noch bei mir, wie manche Eltern die Kinder herumlaufen ließen. Ich

schüttelte den Kopf und wollte mich endgültig abwenden, da fiel mir bei dem

Kleinen etwas auf. Zunächst wusste ich nicht was. Irgendein Gefühl. Dann, ja

dann, er sah auf die Tüte. Nein er starrte.

Ich hatte mir beim Bäcker 3 Berliner gekauft und einen gegessen. Die anderen

wollte ich Phillip und Basti, meinen Brüdern mitbringen. Aber nun.

„Hast du Hunger? Möchtest du die Berliner?“

Ich hielt sie ihm hin. Er senkte schnell den Kopf, trotzdem bemerkte ich wie

er verlegen wurde. Er schüttelte seinen Kopf

„Hier bitte du kannst sie wirklich gern haben. Ich bin satt.“

Ich hielt sie ihm hin und er streckte seine Hand nach der Tüte aus.

„Danke.“

Nun wollte ich aber endgültig meiner Mutter folgen und drehte mich um.

Da sah ich ihn!

Ihn, Dirty Harry oder Pig Pen genannt!

Obwohl er unmittelbar an mir vorbeiging, bemerkte er mich nicht.

„Woher hab ihr das? Wenn ihr was klaut, dann reiß ich euch den A…. auf und

ihr werdet nie wieder sitzen können. Woher?“

Er schrie die beiden an, die sich gerade jeder einen Berliner genommen

hatten.

„Glaubt ihr denn ich hätte kein Geld aufgetrieben für was zu essen?“

Ich hatte mich mittlerweile wieder zu den dreien herumgedreht.

„Ich hab die Berliner von dem Jungen bekommen.“

Sagte der Kleine und zeigte auf mich.

Andreas, oder Dirty Harry alias Pig Pen, wie er in der Schule allgemein

genannt wurde, sah mich an und erkannte mich. Noch nie hatte ich gesehen,

wie jemand alle Farbe im Gesicht verlor, bis zu diesem Moment. Er sah mich,

wurde blass, drehte sich um und lief weg.

Später, ich saß im Cafe und grübelte immer noch über das Geschehen nach.

„Ein Euro für deine Gedanken.“

Meine Mutter schaute mich an.

„Die Kinder?“

Ich nickte.

„Weißt du“,

fing ich an.

„Weißt du ich glaube es waren seine Geschwister.“

„Das versteh ich jetzt nicht.“

Klar, sie hatte Andreas nicht gesehen.

Andreas –

Ich weiß noch wie er das erste Mal die Klasse betrat. Vor 1 ½ Jahren. Benno

hinter mir, hatte seinen ersten Spitznamen kreiert.

Pig Pen!

Wer Pig Pen nicht kennt hier die Info:

Pig Pen ist mit einem beklagenswerten Makel behaftet: Er ist unrettbar

schmutzig. Sauber und gekämmt verlässt er das Haus, und eine Sekunde später

gehen ihm die Schnürsenkel auf, rutscht ihm die Hose, sind seine Haare

schuppig, überziehen sich Haut und Kleider mit einer Dreckschicht.

Wir kannten alle die Comics der Peanuts, da unser Deutschlehrer darauf voll

abfuhr.

Pig Pen, raunte es durch das Klassenzimmer und viele kicherten und lachten.

Er wusste, dass er gemeint war. Er kniff die Lippen zusammen und sagte kein

Wort. Auch nicht, als er von unserer Englischlehrerin aufgefordert wurde

sich vorzustellen.

Er ging zur Tafel und schrieb: Andreas Deutschmann, 15 Jahre, dann drehte er

sich herum und setzte sich in die letzte Reihe, alleine, hin.

Später bekam er noch den Namen Dirty Harry. Wir wurden nie “warm“ mit ihm.

Er blieb immer der Außenseiter. Stets angepasst, nie auffällig und in der

Schulleistung immer Mittelmass.

Je mehr ich über ihn nachdachte, desto sicherer war ich mir, dass es seine

Geschwister waren da draußen. Ja auch er war ja nicht richtig schmutzig,

aber wie der Kleine alles so, ja so geflickt was er anhatte.

„Ja Mama, die Kinder und Andreas. Andreas, du weißt, der aus meiner Klasse,

war auch gerade draußen und ich glaub es waren seine Geschwister.“

„Nun in der Familie scheint der Euro nicht vorzuherrschen. Fährt dann

Andreas überhaupt mit ins Skilager?“

Skilager, eine Idee von unserm Sportlehrer und Deutschlehrer, 7 Tage und das

noch vor Weihnachten. Nein ich wusste nicht ob er mitfuhr.

Skilager, am Mittwoch, meine Gedanken kreiste darum. Was sollte ich da. Ich

war ziemlich unsportlich. Ich mochte keinen Schnee. Benno und Torsten

laberten schon die ganze Zeit, dass man es den Mädchen besorgen wollte. Ha,

das ich nicht lache. Unsere Mädchen in der Klasse, hatten schon lägst alle,

oder wenigstens die meisten einen Stecher. Sie brauchten weder Benno noch

Torsten noch weniger mich. Wahrscheinlicher war, das sich Torsten wieder mit

diversen Alkoholika tröstete und ins Zimmer kotze. Mich interessierten

Mädchen nicht. Also nicht, dass mich Mädchen nicht Interessieren würden,

aber sie Interessierten mich nicht wegen Sex. Mit Svenja konnte man sich

wirklich gut unterhalten. Jessica interessierte sich nur dafür wie ich

lebte, da bekannt war, dass unser Vermögen nicht unbedeutend war. Jungs, ja

Jungs interessierten mich nur soweit, dass man mal was losmachen konnte.

Mehr war nicht. Das man hört, das sich Jungs im Zimmer so gegenseitig, na

ja, befummelt und so, ich war nicht dabei, mich hatte niemand gefragt.

Nicht, das ich nicht 1, 2 Mal die Woche meinen kleinen Oliver bearbeitete

und Spaß daran hatte, aber mehr war nicht. Ich hatte ernsthaft für mich

beschlossen, vielleicht, wahrscheinlich, Theologie zu studieren und Priester

zu werden. Da konnte man das gut gebrauchen, wenn man nicht so Sexgeil war

wie Benno. Der erzählte immer wie oft und wie er sich befriedigte.

Sonntag

Ich tobte mit Basti und Phillip herum.

„Du wollest uns gestern was mitgebracht haben.“

Sagte Basti zu mir.

Ich erklärte ihnen was passiert war und damit war die Sache für sie

erledigt. Basti fragte mich noch ob ich ihnen was schenke zum Geburtstag.

Die Beiden hatten am 24.12. Geburtstag und wurden 14. Sie waren eineiige

Zwillinge. Ich schaffte es als einziger sie auseinander zu halten. Selbst

wenn sie im Bad waren und nichts an hatten.

Natürlich hatte ich was gekauft. 2 Spiele für ihre Playstation.

Ob Andreas was zu Weihnachten bekam oder seine Geschwister? Wo wohnte er

überhaupt? Was machten seine Eltern? Ich stellte fest, ich wusste absolut

nichts von ihm. Wenn man mal einen Krimi sieht, und der Polizist fragt wie

war die Person, was hat sie gemacht, was hatte sie an, dann hätte ich nur

auf die letzte Frage eine Antwort gehabt. Denn er hatte immer dieselben

Sachen an, dunkles T-Shirt, abgewetzte Jeans und ausgelatschte Turnschuhe.

Wieso dachte ich an ihn. Ich hatte noch nicht mal mit ihm gesprochen. Er war

ja gleich weggelaufen. Warum war er weggelaufen?

Montag

Die Schule tröpfelte so vor sich hin. Andreas hatte mich kurz angeschaut.

Mir war, als ob er was sagen wollte, aber er sagte nichts und setzte sich

auf seinen Platz.

In der großen Pause lief mir unser Vertrauens- und Sportlehrer Dr. Blum über

den Weg. Ich fragte ihn, ob er Zeit für mich hätte und er ging mit mir in

sein Klassenzimmer.

„Was kann ich für dich tun?“

Fragt er und ich druckste was herum.

„Keine Scheu, alles was wir besprechen bleib unter uns ganz ehrlich.“

„Andreas, Andreas Deutschmann aus meiner Klasse, kommt der mit zur

Skifreizeit?“

Dr. Blum sah mich an, erstaunt.

„Weißt du, dass du der erste bist, der mich nach Andreas fragt. Ich hatte

immer den Eindruck, der läuft in eurer Klasse nebenher.“

„Ja er fährt mit. Aber warum hast du gefragt?“

„Na ja, mit dem Geld. Ich hatte den Eindruck, dass die Deutschmanns nicht in

Geld schwimmen.“

„Ja, den Eindruck hatte ich auch und wir, das heißt die Schule hatte schon

angeboten etwas beizusteuern, aber wollte nichts. Das bleibt unter uns. Die

Fahrt ist bezahlt, nur sein Taschengeld wollte er nicht bei uns deponieren.

Ich hab dem ausnahmsweise zugestimmt.“

Nun war ich so schlau wie vorher, aber anderseits, es sollte mir egal sein.

Fast zwei Jahre spielte Andreas keine Rolle für mich und in den letzten

Tagen, ging er mir nicht aus dem Kopf.

Am Nachmittag lümmelte ich vorm Fernseher und zappte die Talkshows durch, da

fragte mich Franz, unser Mädchen für alles im Haus, ob ich nicht Lust hätte

mit ihm einkaufen zu fahren. Immer noch besser als hier herumzuhängen. Ich

machte mich auf.

„Was brauchen wir?“

„Ich wollte schon für Sylvester Getränke einkaufen, es werden ca. 120 Gäste

erwartet und da brauchen wir schon einige Kisten Champagner und andere

Spirituosen.“

Wir steuerten den Gertränkemarkt an. Es war ein Großmarkt und wir nahmen uns

einen Wagen und kauften ein. Ich überlegte, ob ich Benno eine Freude machen

sollte, Franz kaufte mir alles, na ja fast alles. Ich nahm ein Six-pack

Alkopops und stellte es auf den Wagen.

„Skilager?“

Fragte Franz und ich nickte.

Kurz vor den Kassen, wir hatten alles aufgeladen und schon für eine sicher

dreistellige Summe eingekauft, da sah ich ihn.

Andreas. Wieso lief er mir ständig über den Weg? Er schien einen Aushilfsjob

zu machen. Er lud das auf die Einkaufswagen zurück, was über den Scanner

gegangen war. Ich war überrascht, denn das war schon ein Knochenjob. Er

konnte mich nicht sehen und ich steuerte unseren Einkaufswagen zu einer

anderen Kasse hin. Wir mussten warten und ich beobachtete Andreas wie er

einem dicken Mann die Sachen auflud. Der Mann war irgendwie hektisch. Erst

verlor er einen Zettel, dann fiel sein Portemonnaie herunter. Wir waren

dran, Franz wuchtete die Kartons auf das Band.

„Ich habe nichts gestohlen.“

Hörte ich eine Stimme.

„Du kannst es nur gewesen sein. Mir fehlen 100 Euro. Wo ist der

Geschäftsführer?“

Der Dicke war es, der so schrie und Andreas war der Mittelpunkt. Ca. 5 - 6

Leute standen um ihn herum. Der Geschäftsführer kam. Der Dicke redete auf

ihn ein. Ich verstand nichts und ging langsam aber sehr neugierig näher.

„Andreas, es tut mit leid. Ich verzichte auf eine Anzeige und die 100 Euro

werden dir abgezogen, aber jetzt geh, du hast Hausverbot.“

Andreas, stand da wie ein Häufchen Elend. Er weinte und schluchzte, er

beteuerte, dass er es nicht war.

Ich wäre am liebste zu ihm hingerannt und hätte ihn???

Was hätte ich ihn???

Gedrückt? In den Arm genommen?? War ich bekloppt?

Was hatte ich mit ihm zu tun?

Dennoch, mir war klar, ich musste was tun.

Ich schritt weiter zu der Kasse. Andreas sah ich gerade noch durch die Tür

rennen.

Ich war einen Augenblick irritiert, dann sah ich das Korpus Delikti. Es lag

unter der Kasse. Ein 100 Euroschein. Alle, außer Andreas standen noch da.

„Suchen Sie das?“

Ich bückte mich und hob den Hunderter hoch. Dem Dicken quollen die Augen

fast aus.

„Ja, eh. Ja das kann sein, aber wie kommt der…?“

„Sie haben doch selbst alles fallen lassen, sie waren selbst schuld und was

haben sie dem Geschäftsführer eingeredet?“

„Ja, ich, er, der Kunde ist König, wenn er…?“

„Was wollen sie machen? Laufen sie hinter dem Jungen her, holen sie ihn

zurück, er ist unschuldig.“

„Das kann ich nicht dafür hab ich keinen Zeit. Es gibt noch mehr Jungs, die

arbeiten wollen, Andreas ist nun weg aber die 100 Euro werde ich ihm nun

nicht abhalten.“

„Sie wollen nicht hinterher? Sie wollen sich nicht entschuldigen?“

„Nein, so ist nun mal das Leben! Und außerdem muss ich mich nicht

rechtfertigen vor einem Schnösel wie dir!“

Der Geschäftsführer war ein arrogantes Schwein.

„Darf ich fragen, was hier los ist?“

Franz war hinzugekommen und ich unterrichtete ihn darüber was vorgefallen

war.

„Herr Müller“ das war der Geschäftführer, den Franz nun ansprach. Sehr leise

und mit einem Lächeln im Gesicht.

„Herr Müller, dies ist ein Großmarkt des Revoc Konzerns, richtig?“

Herr Müller nickte, sein arrogantes Lächeln hatte er noch nicht abgelegt.

Aber ich wusste nicht was Franz wollte. Wir hätten ja aus Protest unseren

Wagen stehen lassen können und hätten woanders eingekauft.

„Der Vorsitzende des Konzerns ist Victor von Waldenheim? Ja, nicht wahr?“

Herr Müllers lächeln verschwand etwas. Er nickte.

„Dieser junge Flegel, ist Oliver von Waldenheim. Wer glauben Sie, wer

wohl sein Vater ist? Und was glauben Sie, würde ich tun, wenn ich an Ihrer

Stelle wäre?“

Herr Müllers lächeln war eingefroren. Er blickte sich um.

„Dennis, lauf und sieh zu, dass du Andreas einholst.“

Ein junger Mann, der im Hintergrund stand, lief los. Zu uns gewand, sagte

er:

„Es tut mir leid, hätte ich gewusst….“

Franz zog mich am Ärmel mit. Er war bereits mit dem Wagen durch die Kasse.

„Komm, du kannst nicht mehr machen. Kanntest du den Jungen?“

Ich nickte.

„Dann kannst du ihm ja sagen, dass alles geklärt ist und er seine Stelle

wiederbekommt.“

Wenn das mal so einfach wäre. Ich hatte eher den Eindruck oder das Gefühl,

dass ich Andreas nicht mehr wieder sehen würde und irgendwie hatte ich

Bauchschmerzen.

Wie lange mochte er schon dort stehen? Es hatte Stunden gedauert, bis ich

ihn gefunden hatte. Nun sah ich ihn. Auf der Autobahnbrücke, hinter dem

Geländer. Im Mondschein sah ich sein tränenverschmiertes Gesicht. Ich sah ihm

an wie er mit sich kämpfte. Sollte ich rufen? Wie konnte ich ihn

zurückhalten? Wer war ich, dass ich ihn beeinflussen könnte? Ich war jemand,

der ihn bisher nie wahrgenommen hatte oder, ja oder wollte. Warum bin ich

ihm hinterhergelaufen? Ich hatte nie festgestellt, wie schön er aussah.

Was denke ich für einen Stuss. Schön, schön sieht eine Frau aus, ein Mann

oder Junge, sieht männlich aus. Schön, so ein Quatsch.

Er sah wirklich schön aus. 1,75 m groß, schlank, nein eher dürr. Sein Lächeln,

was eher selten war, seine Grübchen beim lächeln. Seine kleinen Ohren, ja er

hatte kleine Ohren, wieso fällt mir das erst jetzt wieder ein. Seine etwas

verfilzten Haare. Seine Zähne die weiß leuchteten, seine braunen Augen, mit

denen er mich ansah. Er schien tief in meine Seele zu blicken.

‚Was willst du?’ Seine Lippen waren verschlossen, dennoch hörte ich ihn.

‚Was machst du da?’ kam aus meinem Inneren.

‚Ich gehe, niemand braucht mich.’

‚Nein, dass geht nicht. Du wirst gebraucht.’

‚Von wem? Nenn mir einen Namen.’

Seine Brüder, seine Brüder brauchten ihn, bestimmt.

‚Was ist mit deinen Brüdern? Die brauchen dich.’

‚Meine Brüder haben sie in ein Heim gesteckt. Dort sind sie gut

untergebracht. Hast du noch mehr auf Lager, sonst halte mich nicht auf.’

Ich, ich brauchte ihn. Auf einmal war mir klar, was ich immer gesucht hatte.

Ich hatte ihn gesucht. Immer vor Augen, aber nie zur Kenntnis genommen.

Warum sagte ich ihm nicht, dass ich ihn brauchte. Ich sah wie er sich

vorbeugte und ich lief los. Ich erwischte ihn an der Hand. Er sah mich an.

‚Einen der mich braucht. Einen.’

Seine Hand glitt aus meinen und er fiel. Erst ganz langsam dann immer

schneller. Ein Lkw bremste und hupte. In meinem Kopf platze was und ich

schrie:

„Ich, ich brauche dich. Ich, Ich. Andreas bleib!“

Der LKW blendete mich mit seinen Lichtern und meine Mutter sagte:

„Was ist passiert, einen solchen Alptraum hattest du seit Jahren nicht mehr.

Ich saß in meinem Bett. Meine Mutter hatte das Licht angemacht. Basti und

Phillip standen an der Tür.

„Ich hatten einen schlechten Traum, ist schon gut.“

Verwirrt wollte ich mich wieder hinlegen.

„Wer ist Andreas?“

Phillip fragte in den Raum hinein.

„Du gehst mal wieder ins Bett. Andreas ist ein Klassenkamerad von Oliver,

aber schlaf mal schön.“

Die Beiden schoben ab und meine Mutter setzte sich zu mir.

„Ach Oliver, du machst es dir wirklich schwer.“

Sie strich mir durch die Haare. An sich mochte ich das nicht, nun war es

sehr angenehm. Ich legte meinen Kopf auf ihren Schoß.

„Was meinst du damit, ich mache es mir schwer?“

„Merkst du nicht, dass dich dieser Andreas immer mehr für dich ist, als du

zugegeben willst. Natürlich kann ich nicht in dich hineinsehen, aber

ehrlich, manchmal versuchtest du ihn herunterzusetzen, weil die Anderen

irgendwas lustig fanden, aber so richtig ist es dir nie gelungen. Ich hatte

immer den Eindruck, als bewunderst du ihn manchmal. In den letzten Tagen kam

es mir fast so vor, als ob du von ihm schwärmst. Bist du in ihn verknallt?“

Sie sagte das so und lächelte mich an.

Ich verknallt, in jemanden, der noch keine drei Sätze mit mir gesprochen

hatte. Nie!!!

„Jetzt schlaf noch was, morgen musst du früh raus, der Bus fährt um 8:00

Uhr.“

„Ach so, es ist dir hoffentlich nicht entgangen, es macht uns, also auch

deinem Vater nichts aus, wenn, na ja, wenn du einen Jungen zum Freund oder

Lover, wie man sagt, hast.“

Ich glaube ich bin blass und rot auf einmal geworden. Was erzählte meine

Mutter da?

Sie glaubt ich sei…. Nein das glaubte sie doch nicht. Ich hatte noch nie was

Intimes mit einer oder einem anderen und sie glaubt ich wäre vielleicht…?

Erst spät bin ich wieder eingeschlafen.

‚Wo warst du so lange?’

Ich stand wieder an der Brücke. Vor mir Andreas. Etwas war anders, völlig

anders.

Es war Andreas!

Er war nicht schmuddelig sondern sauber, die Haare kurz. Ein lächeln von Ihm

ließ mich dahin schmelzen. Auch stand er vor dem Gitter.

‚Ich musste was klären, zuhause und mit mir!’

‚Und hast du es geklärt?’

‚Ja, sagte ich und schaute ihm in die Augen.’

Langsam näherte ich mich ihm, legte meine Hände um seine Taille, er war

wirklich dünn. Ich würde ihn was aufpäppeln müssen. Er roch nach meinem

Shampoo und meinem Aftershave. Er grinste mich an.

‚Was hast du vor?’

‚Ich werde dich jetzt küssen!’

‚Meinst du dann, das ich das will? - Will? - Will?’

ill --- ill --- ill --- ill.

Verdammt mein Wecker. Völlig zerschlagen kroch ich aus dem Bett. Ich hatte

meine Augen noch nicht ganz auf, da betrat ich das Bad.

„Scheiße, wie siehst du denn aus.“

Basti war gerade im Begriff unter die Dusche zu gehen, wo sich bereits

Phillip befand. Er grinste mich an und schaute auf meine Hose. Klein Oliver

war offenbar schon länger auf, nicht nur das ich ein Zelt, wenn auch ein

kleines, vor mir hertrug, nein auch ein ziemlicher Fleck zeugte davon, dass

der beinahe Kuss von meinem Körper sehr aktiv miterlebt wurde.

„Na, feuchten Traum von Andreas gehabt?“

Ich drehte mich um, wahrscheinlich hatten die beiden gelauscht.

„Lass ihn im Ruhe“, sagte Phillip zu Basti und zu mir:

„Ich, wir haben auch kein Problem damit, dass du Schwul bist.“

Ich war mit einem Schlag hellwach.

„Ich bin nicht schw…“

Was war mit mir. Tränen liefen mir herunter. Was war ich?

Basti nahm mich in den Arm.

„Phillip meinte es nicht so, sondern, nur falls doch, dann wie gesagt, du

bist unser großer Bruder.“

Es tat gut in seinem Arm und er hatte ja Recht. Ich duschte auch noch und

musste mich beeilen, noch rechtzeitig zum Bus zu kommen.

Benno rief schon:

„Komm du Langschläfer, wir setzten uns ganz nach hinten.“

Ich wollte nicht.

„Setzt ihr euch nach hinten, da wird mir immer schlecht.“

Svenja klopfte mir auf die Schulter.

„Waldi, sollen wir uns zusammensetzten?“

Svenja sagte immer Waldi zu mir, übrigens meinen richtigen Namen haben wir

in der Schule nicht angegeben. In der Schule hieß ich Oliver Wald.

Ich nickte und setzte mich neben sie. Dann sah ich Andreas einsteigen.

Blass, fast noch dünner wie sonst. Aber seine schmuddelige Aura umgab ihn

dennoch. Was hätte ich dafür gegeben, neben ihm zu sitzen?

Ich brauchte nur aufzustehen, denn Andreas saß selbstverständlich allein.

Was sollte ich sagen? Zu Svenja, die mich zu sich gebeten hatte, zu Andreas,

neben dem noch nie jemand gesessen hatte. Mir fiel der Traum ein von gestern

Nacht

‚Meinst du dann, das ich das will?’

Also blieb ich sitzen. Von Köln bis in die Alpen ist ein langer Weg. Meine

Mutter hatte mir einige Brötchen mitgeben lassen. Ich bot Svenja eins an.

„Danke ich bin wirklich satt. Aber vielleicht bietest du dem eins an, den du

die ganze Zeit beobachtest.“

Ich wurde verlegen und rot. Svenja lachte.

„Das muss dir doch nicht peinlich sein.“

Es entstand eine Stille, fast unangenehm. Viele im Bus waren am dösen.

„Sag mal stehst du auf Jungs?“

Svenja sah mich an. Ich hätte heulen können und das sah sie mir auch an. Sie

nahm mich in den Arm.

„Wäre das dann so schlimm?“

Jetzt musste ich erst recht heulen. Den Kopf auf ihre Brust flennte ich was

das Zeug hielt.

„Was ist mit Olli?“ Das war Torsten.

„Lass ihn einfach, ich glaube er hat Liebeskummer.“

„Liebeskummer? Wo hat er dann auf einmal eine Flamme her? Ich habe ihn noch

nie mit einer gesehen.“

„Ach Torsten, er braucht dir doch nicht alles auf die Nase zu binden. Wenn

du es wissen sollst, wird er es dir sagen. Und jetzt zieh ab!“

Es dauerte eine halbe Stunde ehe ich mich wieder so weit berappelt hatte.

„Aber jetzt mal ehrlich, biete ihm mal ein Brötchen an, denn ich bin

überzeugt, dass er zumindest heute noch nichts gegessen hat. Seine Mutter

haben sie vorgestern ins Krankenhaus gebracht und seine Brüder in ein Heim,

solange die Mutter im Krankenhaus ist. Ich weiß das von meiner Mutter, denn

ihre Freundin wohnt im gleichen Haus wie Andreas.“

Mir fiel auf, dass sie Andreas und keinen Spitznamen genannt hatte. Und

woher wusste ich das mit seinen Brüdern?

„Und er lebt jetzt mit seinem Vater allein….“

„Nein einen Vater hat er nicht. Ich weiß nicht gestorben oder abgehauen?

Keine Ahnung.“

Ich schaute zu Andreas. Just drehte er sich um, als hätte er bemerkt, dass

wir über ihn sprachen. Ich schaute in seine Augen und lächelte ihn an. Ein

Bruchteil einer Sekunde kam auch ein Lächeln von ihm zurück.

„Soll ich wirklich? Was meinst du sagen die Anderen?“

„Ich glaub es nicht, seit wann gibst du etwas auf die Meinung anderer, wenn

diese Meinungen nur aus Vorurteilen bestehern? Daran hast du dich doch sonst

nicht gestört. Du gibst es ja auch immer eurem Pfarrer, wenn er über die

Stränge schlägt. Also geh, beweg deinen, zugegeben süßen, Knackarsch.“

Sie schob mich aus dem Sitz. Mir blieb nichts anderes übrig als mit der Tüte

zu ihm zu gehen.

Ich räusperte mich, als ich neben ihm Stand.

„Kann ich mich einen Schlag setzten?“

„Nur wenn du mir kein Ohr ablaberst.“

Er rückte was zurück und kletterte zum Fenstersitz.

„Danke.“

Schweigen 1. Teil.

Schweigen 2. Teil.

„Magst du ein Brötchen?“

Er sah mich an.

Schweigen Teil 3 und 4!

„Willst du dich zu unserem Ernährer hochdienen?“

„Nein, man hat mir nur zu viele Brötchen eingepackt. Ich bin satt. Aber wenn

du keins möchtest, dann werfe ich sie weg.“

Kennt ihr schon, Schweigen 5 - 7!

Zögernd kam die Hand und wollte ein Brötchen aus der Tüte nehmen.

„Nimm sie ganz und such dir aus was du magst.“

Ich drückte ihm die Tüte in die Hand. Er sah erst mich an und dann in die

Tüte. Er holte sich ein Brötchen heraus und wollte mir die Tüte zurückgeben.

„Nein behalte sie, ich mag keine mehr.“

Er aß alle Brötchen. Was musste er einen Hunger gehabt haben. Er schaute

mich zwischendurch an. Einmal trafen sich unsere Blicke und wir wurden beide

verlegen und bekamen Farbe. Ich grinste ihn an und er zurück. Es war als

würden wir uns Unterhalten, ohne ein Wort zu sagen.

In den Pausen blieb er immer beim Bus, so holte ich was zu trinken. Ich nahm

ihm eine Cola mit und mir Wasser, denn ich mag keine Cola. Ich reichte ihm

die Cola.

„Nein danke. Du musst mir nichts kaufen, wenn ich was möchte, dann kann ich

es selbst holen.“

Ich war auf eine solche Abfuhr gefasst und antwortete.

„Nun nimm dich mal nicht so wichtig. Gut ich hab ne Cola mitgebracht, wenn

du sie nicht möchtest.“

Ich zuckte mit den Schultern und ließ die Flasche in den Mülleimer fallen.

„Ich mag keine Cola!“

Er schaute mich entgeistert an. Svenja, die das mitbekommen hatte holte die

Flasche wieder heraus und drückte sie Andreas in die Hand.

„Trink!“

Um das Fass nicht zum überlaufen zu bringen setzte ich mich wieder zu

Svenja.

„Kennst du Andreas eigentlich schon länger? Ich frag nur, weil ihr,

irgendwie, vertraut miteinander seit.“

„Ich kenne ihn seit dem Kindergarten. Er wohnt ja nur zwei Häuser nebenan.“

„Wieso ist er erst jetzt zu uns in die Klasse gekommen?“

„Er war auf einem anderen Gymnasium. Ich glaube es war seine Umgebung dort,

die ihn veranlassten bei uns einen neuen Anfang zu machen.“

Was konnte schlechter laufen, als bei uns in der Klasse zu sein? Ich

schüttelte verwundert den Kopf.

„Hattest du mal was mit ihm?“

Wie diese Frage überhaupt meinen Mund verlassen konnte! Svenja sah mich an,

riss die Augen auf und fing an zu lachen. Sie hielt sich den Bauch vor

lachen. Die anderen wurden Aufmerksam und mir wurde es peinlich. Ich hatte

ihr doch keinen Heiratsantrag gemacht. Es war doch nur eine Frage.

5 Minuten später hielt sie erschöpft inne.

„Die Frage war jetzt aber nicht ernst gemeint?“

Sie schaute mich an. Tränen stiegen bei mir auf, weil ich mich total

verarscht vorkam.

„Du hast es wirklich ernst gemeint!“

Sie streichelte mir mit ihrer Hand eine Träne aus dem Auge und fuhr mit dem

Handrücken über meine Wange.

„Du bist wirklich süß, weißt du das! Schade. Nein wir hatten noch nie was

miteinander und wir würden auch nie was miteinander haben, genau wie mit

dir!“

Sie zog sich ihren Anorak über das Gesicht und ich merkte, dass sie weinte.

Ich wusste absolut nicht was nun los war. Als ich sie berührte um sie zu

trösten wehrte sie schroff ab und sagte:

„Lass mich, bitte lass mich bitte einen Moment in Ruhe. Du bist nicht

schuld!“

Was meinte sie damit?

Es war schon dunkel als wir ankamen. Die Zimmerverteilung wurde bereits im

Bus vorgenommen. Zum Weißen Lamm hieß das, etwas in die Jahre gekommene

Hotel. Benno, Torsten Stefan und ich wir teilten uns ein Zimmer. Es dauerte

eine Weile bis wir unser Reich für die nächsten 5 Tage in Beschlag nahmen.

Andreas bekam ein Zimmer unter dem Dach, klar allein. Zu meiner

Entschuldigung muss ich sagen, dass ich mich gar nicht in die Liste

eingetragen hatte, das hatte Torsten gemacht. Ein Etagebett und ein

Doppelbett.

„Torsten und ich, wir nehmen das Doppelbett. Und Ihr das Etagenbett. Mit dir

ist mir zu gefährlich im Doppelbett. Du saßt zulange bei Andreas!“

Benno meinte mich mit der zweiten Bemerkung. Torsten kicherte und Stefan

wurde rot. Nur wer auf der Leitung saß, war ich.

Wir nahmen das Abendessen ein und danach war eine Schneeballschlacht fällig.

Ich wusste warum ich keinen Schnee mochte, nass, kalt, ungemütlich kurz

besch…en!!!

Mich hatten sie am meisten zwischen. Ich war bis auf die Unterhose nass.

Dr. Blum machte dem ganzen Gott sei Dank ein Ende und schickte uns in die

Zimmer, nicht ohne zu betonen, dass wir uns heiß duschen sollten, um einer

Erkältung vorzubeugen!

Benno fing wieder über mich und Andreas zu sprechen. Was wir denn so alles

besprochen hätten. Ich hätte ihm eine scheuern können. Svenja, war es, die

mich davon abhielt, denn sie raunzte Benno an, dass ihm der Mund offen

blieb.

„Mach deinen Mund zu! Man kann deine Mandeln sehn!“

Benno war noch so doof und antwortete:

„Ich hab doch gar keine Mandel mehr!“

Und grinste sie an.

„Dann müssen es deine Eier gewesen sein, die ich gesehen habe.“

Und schon hatte Svenja alle Lacher auf ihrer Seite. Wir liefen die Treppe

hoch ich neben Svenja.

„Ich weiß nicht was Benno und auch Torsten auf einmal haben? Immer wird auf

Andreas herumgeritten, nur weil ich mal neben ihm saß.“

„Ach Waldi, wann wirst du erwachsen und kommst mal aus deinem Schloss heraus

und stellst dich der Wirklichkeit? Ich könnte es dir erklären, aber du wirst

auch selbst darauf kommen.“

Das war nicht die Antwort, die ich hören wollte, aber wieso wusste sie, wo

ich wohnte. Ich benutzte immer den Seiteneingang und in der Schule gab es

keine Adresse von mir, nur ein Postfach.

Im Zimmer angekommen war ich leicht angesäuert, nichts war wie ich mir das

vorstellte. Mir war kalt und alle Klamotten waren nass. Benno und Torsten

sah ich gerade ins Bad entschwinden und Stefan wimmerte auch vor Kälte. Ich

schmiss mich aufs Bett und rumms saß ich auf der Erde. Sch…, Sche.., Schei…

Klar mir, immer mir passierte das. Was nun? Das Bett war hin. Ich sah, dass

es schon öfter geflickt war. Na ja, dann hatte ich wenigstens keine Schuld.

Benno und Torsten standen nackt in der Türe und lachten sich kaputt.

Dr. Blum stand, wahrscheinlich durch den Lärm angelockt, plötzlich im

Zimmer. Mit einem „Huch, fremde Männer“ waren Torsten und Benno wieder im

Bad verschwunden.

„Da ist nix zu machen. Du musst woanders schlafen.“

Sagte er zu mir.

„Da du sicher nicht bei den Mädchen oder bei einem Lehrer schlafen willst“,

Wieso war er sicher, dass ich nicht bei den Mädchen schlafen wollte, obwohl,

er hatte recht ich wollte nicht und auch nicht bei ihm.

„dann nimm deine Sachen und komm mit.“

Wir gingen die Treppe hoch. Nein das konnte er doch nicht machen. Ich ahnte,

wo er hinwollte. Er klopfte an eine Tür. Nichts rührte sich. Er öffnete die

Tür und wir gingen hinein. Ein einfaches Doppelzimmer, bei dem ein Bett

belegt war.

„Das ist das einzige Bett was noch frei ist.“

Er Klopfte an die Badtüre.

„Andreas, ich musste doch noch jemanden unterbringen. Ich hoffe ihr vertragt

euch.“

Damit wünschte er noch eine Gute Nacht und schloss die Tür.

Jetzt stand ich da. Immer noch kalt und nass. Wann kommt er aus der Dusche?

Ich hörte nichts.

„Hallo Andreas, dauert es noch lange, mir ist schweinekalt. Ich möchte auch

duschen.“

„Wer spricht? Aber duschen ist nicht.“

„Ich bin’s, Oliver, mein Bett ist durch gekracht. Mach hinne, mir ist kalt.“

„Du bist es.“

Schweigen (aber nur kurz)

„Von mir aus komm rein. Mach aber die Tür gleich wieder zu. Das Zimmer ist

nicht geheizt.“

Ich ließ den Koffer fallen, holte schnell mein Duschzeug, Handtuch

und einen Pyjama heraus und betrat das Bad.

„Tür zu!“

Rief Andreas, denn ich stand mit offenem Mund in der Türe. Ich machte die

Türe zu und stand vor einer Wanne Aus einem Schaumberg grinste mit Andreas

entgegen. Hier ist es schön warm. Muss ich jetzt herauskommen oder kommst

du…?“

Verlegen sah er mich an. Ich überlegte. Was sollte ich sagen?

Egal! Ich zog meine Sachen bis auf meine Unterhose aus. Ich hängte die

Klamotten zum Trocknen neben seine an die Heizung.

Wie steigt man zu einem Jungen in die Wanne? Klein Oliver wollte ich ihm

nicht direkt zeigen und mit Unterhose in die Wanne? Nein! Ob ich ihn fragen

sollte, ob er mal die Augen schloss? Mist mir war kalt. Warum schaute er

nicht weg. Nein er schaute mir interessiert zu. Ein Spanner!

Ich entschloss mich zur Rückentaktik. Ich drehte ihm den Rücken zu und zog

meine Hose aus. Hängte sie zum Trocknen auf und stieg mit dem Rücken zu ihm

in die Wanne. Er sagte nichts. Ich setzte mich und mir fiel auf, dass die

Idee nicht so gut war. Ich saß schon fast und fast auf was drauf.

„Moment ich bringe alles in Sicherheit. Jetzt kannst du dich setzen.

Ungewöhnliche Art in die Wanne zusteigen, wenn schon einer drin sitzt.“

Gott sei dank, sah er nicht meinen hochroten Kopf.

„Was ist ich denke dir ist kalt? Dann leg dich richtig in die Wanne.“

Immer noch saß ich kerzengerade in der Wanne. Wie konnte ich mich legen?

Dann lag ich auf ihm.

Ehe ich mich versah, spürte ich die Hände von Andreas auf meinen Schultern,

die mich zurückzogen. Ich rutschte automatisch etwas nach unten und auf

einmal war nur noch mein Kopf draußen, auf seiner Brust. Die Wärme

durchströmte mich, es war herrlich.

„Tut gut so ein Bad, besser wie duschen.“

Ich nickte. Seine Hände berührten meine Hüften. Er zuckte zurück.

„Entschuldigung.“

„Macht nix, ist ja auch was eng, aber für uns beide reicht es.“

„Wenn die Anderen uns jetzt sehen könnten.“

Er kicherte. Und mir wurde es ganz heiß. Um Gottes willen, nur nicht.

Warum eigentlich nicht? Komischerweise fühlte ich mich wohl, nein nicht nur

wohl, ich genoss es. Ich genoss es auf dem nackten Körper von Andreas zu

liegen. Seine Hände lagen wieder an meinen Hüften. Jede Berührung versetzte

mir so was wie kleine Stromschläge. Klein Oliver war voll erwacht und es war

mir nicht mal peinlich. Erstens er war zu kurz, als das was aus dem Wasser

gekommen wäre und zweitens, spürte ich, dass Andreas ebenfalls erregt war.

Er konnte es nicht verstecken, scheinbar wollte er es auch nicht. Ich nahm

meinen ganzen Mut zusammen und fasste seine Hände und legte sie auf meine

Brust und Bauch. Ein wohliges Kribbeln durchströmte mich.

Ganz vorsichtig streichelte er meinen Körper. Es war einfach nur

wunderschön. Eine Gänsehaut jagte die nächste. Aber ich wollte nicht untätig

sein, ohne Plan drehte ich mich zu ihm hin und sah in seine braunen Augen.

Er schaute mich an. Grinste. Ich nahm beide Hände und hielt sein Gesicht

fest. Seine Hände wanderten meinen Rücken herunter und blieben auf meinem Po

liegen. Ich näherte mich seinem Gesicht und küsste ihn. Erst langsam,

flüchtig, dann fordernder. Eine Hand hielt meinen Hinterkopf fest und in

meinen leicht geöffneten Mund versuchte seine Zungen einlass zu bekommen.

Ich gewährte ihm Einlass und auf einmal lag er auf mir und ich streichelte

im den Rücken herunter und meine Hände erfassen seinen Po. Gigantisch ein

Knackpo erster Sahne. Ich knetete ihn durch und unsere Leiber wurden immer

fester zusammengepresst. Ich fühlte wie klein Oliver durch den Druck der

Körper sich seinem Höhepunkt näherte und…..

Da Klopfte jemand von unter gegen die Decke. Erschrocken hielten wir inne.

Waren wir zu laut gewesen? Ich schaute auf meine Uhr. 2:00 Uhr. Ich zeigte

sie Andreas, der feixend aus der Wanne stieg und sich ein Handtuch nahm.

Leider drehte er mir den Rücken zu. Ich stieg auch aus der Wanne und begann

mich auch abzutrocknen. Ich merkte wie er mir den Rücken trocknete. Ich

wagte erst nicht mich umzudrehen, wie ich es tat, stand er wieder mit dem

Rücken zu mir und ich trocknete ihn ab. Dann drehte ich mich zu meinem

Pyjama um, zog ihn an, da war er schon draußen. Ich löschte das Licht und

tastete mich zum Bett. Im Mondschein sah ich ihn schon bis oben zugedeckt

liegen. Ich legte mich ebenfalls hin.

Sollte es das gewesen sein???

„Entschuldigung.“

Entschuldigung wozu eine Entschuldigung? Was meinte Andreas mit

Entschuldigung?

„Du warst so süß, wie du in die Wanne gestiegen bist und ich Trampel hab die

Situation so ausgenutzt.

Ich sah ihn an. Gegen den Mondschein konnte ich erkennen, dass ihm Tränen

herunter liefen. Ich verstand es nicht. War ich es nicht, der ihn zuerst

geküsst hatte? Hatte er nicht gemerkt, wie sehr es mir gefallen hatte, was

wir getan hatten? Was ging in ihm vor? Auf einmal war mir klar, was Svenja

meinte. Ich sollte wirklich mal aus meinem Schloss herauskommen.

„Ich weiß nicht, was du entschuldigen willst. Das was wir gemacht haben hat

mir sehr gefallen und wenn wir schon dabei sind, dass du offenbar

Gewissensbisse bekommen hast, sollte ich dir vielleicht sagen, das ich ….. ,

na ja ich denke ich bin schwul.“

Ich schaute die Decke an und mittlerweile liefen bei mir auch die Tränen.

Warum war das alles so kompliziert. Vorhin war alles klar und jetzt heulten

wir beide. Ich hätte nicht mitfahren sollen. Sch.. Skilager.

„Stimmt das wirklich, oder wist du mich verarschen? Du und schwul? Vorhin,

ich dachte erst es wäre ein Joke von dir mit der Wanne, obwohl es wäre ein

heftiger Joke gewesen.“

„Ich mag dich, nein falsch ich hab mich in dich verliebt!“

Nun war es endgültig heraus. Aber von ihm kam keine Antwort. Ich wurde immer

trauriger. Er schien eingeschlafen zu sein.

„Ich hatte schon mal einen Freund.“

Er war also noch nicht eingeschlafen.

„Vorhin, ich dachte erst du wolltest mich testen, weil es ja ein offenes

Geheimnis ist, dass ich schwul bin. Dann dachte ich, du willst tatsächlich mal

ausprobieren, wie es so mit dem gleichen Geschlecht funktioniert und zum

Schluss … ja ich bin froh, das irgendjemand gegen die Decke geklopft hat.“

Das verstand ich nur sehr mühsam das erste und zweite noch, warum war er

froh.

Ich hörte das Bett knarren. Ich blickte zu ihm. Er sah mich an. Er suchte

meine Hand.

„Zum Schluss hatte ich bemerkt, dass ich dran war mich Hals über Kopf erneut

in dich zu verlieben. Eine Liebe die ich schon vor einem Jahr begraben

hatte. Eine unerfüllte Liebe. Es war zu schnell. Wenn wir weitergemacht

hätten, was wäre morgen oder besser heute? Wie reagiert der Rest der Meute,

wenn sie glauben, ich hätte Ihren Mädchenschwarm schwul gemacht? Wenn du was von

mir möchtest, dann gib uns Zeit. Glaub mir ich möchte schon lange was von

dir. Dich heute zu berühren war für mich das schönste Geschenk, was ich je

bekommen hab.“

Ich verstand ihn. Jetzt mit etwas Abstand war mir das, was vorhin passierte

auch zu schnell gegangen.

„Darf ich aber trotzdem zu dir rücken?“

„Nein besser nicht, ich hab nichts an.“

„Wieso ist dir nicht kalt? Oder schläfst du immer nackt?“

„Ich will ehrlich zu dir sein, denn, wenn es was zwischen uns geben soll,

dann müssen wir ehrlich sein. Versprochen?“

Seine Hand kam und ich drückte sie. Ich war mir bewusst, dass ich ihn über

mich und meine Familie auch aufklären musste. Aber nicht jetzt. Jetzt war er

dran.

„Ich besitze keinen Pyjama. Weißt du bei uns…wir haben nicht soviel Geld um

allen alles kaufen zu können. Benny, mein Bruder brauchte eine neue Hose,

also schlief ich weiter nackig.“

Wortlos stand ich auf, machte Licht und kramte meinen zweiten Pyjama aus.

„Hier zieh den an und komm zu mir. Bitte. Ich halte auch die Finger bei

mir.“

Er zog sich den Pyjama unter der Decke an und ich löschte das Licht. Er

rutschte zu mir rüber, nahm mich in den Arm und ich gab ihm einen Gute Nacht

Kuss.

„Aufwachen.“

Ein Mund berührte meinen. Ich öffnete die Augen und sah meinen Schatz. Er

war schon fertig angezogen.

„Frühstück wartet.“

Ich aus dem Bett und ins Bad. Schnell gewaschen und angezogen, dann stand

ich vor ihm.

„Nimmst du mich so mit?“

Er nickte, fasste meine Hand und wir gingen die Treppe herunter. Nach dem

Lärm zu Urteilen, der aus dem Speisesaal kam, waren wohl alle bereits am

frühstücken. Andreas wollte meine Hand loslassen, bevor wir in den Saal

gingen.

Ich schaute ihn an und schüttelte den Kopf.

„Ehrlich sein!“

Er sah mich an, eine Träne die spontan kam wischte er mit der anderen Hand

ab.

„Gut, ich hoffe du weißt was du tust.

Wir betraten den Saal. Offenbar wurden wir erst mit Verspätung wahrgenommen.

Benno stand auf und winkte mir zu. Ich mit Andreas an der Hand steuerte auf

ihn zu.

„Sind noch zwei Plätze frei?“

Benno sah uns, schaute auf die Hände.

„Ist nicht wahr. Nee ne?“

„Was nein? Keine zwei Plätze frei?“

„Doch, Platz ist. Aber.....“

Inzwischen war die allgemeine Unterhaltung unterbrochen. Alle Aufmerksamkeit

galt uns.

Ich zuckte mit den Schultern und hob die Hand hoch, mit der ich Andreas

festhielt.

„Ich hoffe, dass nicht alle von euch ein Problem damit haben.“

Nun war totenstille und ich hoffte, dass ich mich bei meinen Freunden nicht

getäuscht hatte.

„Endlich, das hat gedauert.“

Svenja kam auf uns zu klatschte in die Hände und drückte erst Andreas und

dann mich. Das hatte ich nun nicht erwartet. Die Unterhaltung begann wieder,

die meisten hatten es abgehackt, einige schauten uns neugierig an.

„Und ihr? Könnt ihr mit mir…. Mit uns so leben?“

Nun sprach ich Benno, Torsten und Stefan an. Benno wurde rot, er hatte

offenbar die größten Probleme damit, während Stefan auf den Boden schaute

und dabei den Kopf schüttelte und Torsten grinste.

Torsten war auch der erste, der was sagte.

„Ihr müsst mir aber erzählen wie das so war, wie ihr Sex hattet oder lief

noch nix?“

Das brachte das Fass bei Benno zum überlaufen.

„Ich denke nicht, dass uns das interessiert. Mich auf keinen Fall. Ich bin

satt ich muss gehen.“

Stand auf und ließ uns stehen. Ich war nun doch ziemlich erschüttert. Ich

hatte eine andere Reaktion erwartet oder doch nur erhofft. Ich stand da wie

ein begossener Pudel. Tränen liefen herunter. Man war ich enttäuscht.

„Ich bringe allen nur Unglück.“

Hörte ich Andreas sagen und er wollte seine Hand aus meiner lösen. Ich sah

ihn an in seine Augen. Er verstand. Ich war der, der Hilfe brauchte. Er nahm

mich fest in den Arm.

„Geh Benno nach, erklär es ihm. Vielleicht versteht er es. Ihr wart doch

immer gute Freunde. Geh, er ist bestimmt in seinem Zimmer. Ich mach dir

inzwischen ein Brötchen.“

Trotz der Situation musste ich lachen, er wollte mir ein Brötchen schmieren.

Süß. Aber vielleicht hatte er Recht. Ich musste mit Benno sprechen.

Auf dem Weg nach oben, bestellte mich Dr. Blum zu einem anschließenden

Gespräch nach dem Frühstück mit Andreas, Stefan, Benno, Torsten und mir. Was

mag er wollen, bestimmt wegen Andreas und mir.

Ich erreichte das Zimmer von Benno und klopfte.

„Raus! Lasst mich in Ruhe!“

Ich öffnete die Türe und sah Benno auf dem Bett liegen. Wie ich total

verheult.

„Ich wollte mich bei dir entschuldigen!“

„Wofür Entschuldigen? Das du mir Jahrelang was vorgespielt hast? Mein bester

Freund schwul? Und ich merke nix und du sagst mir nix? Ist das fair? Das du

auf Junx stehst wäre mir noch egal, dass du mir nicht vertraut hast, dass

verzeih ich dir nie. Und nun hau endlich ab!“

Das war es. Wie hatte Andreas gesagt Ehrlichkeit. Ich muss ehrlich sein.

Benno hatte sich demonstrativ mit dem Gesicht weggedreht. Zögernd fing ich

an. Ich erzählte ihm von meinen Ängsten, das ich glaubte schwul zu sein, es

aber auf keinen Fall sein wollte, von den letzten Tagen Von dem was meine

Mutter gesagt hatte und meine Brüder und, dass Svenja all das offenbar

vorher gewusst hatte. Ich hatte fast eine halbe Stunde gesprochen. Meine

Augen hatte ich in der Zeit geschlossen. Ich merkte auf einmal, wie mich

jemand von hinten in den Arm nahm.

„Versteh das nicht falsch, ich bin nur dein Freund. Warum hast du nicht

vorher mit mir darüber gesprochen?“

Ich zuckte mit den Schultern.

„Das alles ist mir erst letzte Nacht voll bewusst geworden.“

Wir redeten noch eine Weile.

„Komm wir gehen uns frisch machen und dann zu deinem Schnuckel. Was hast du

eigentlich mit ihm gemacht, er sieht so frisch und sauber aus?“

„Ich lachte los. Ich hab ihn gebadet. Wir haben eine Wanne im Bad.“

Nach dem Frühstück gingen wir zu Dr. Blum.

„Nun schaut mich nicht so an. Ich will euch nix.“

„Geht es um mich und Andreas?“

„Ja auch, erhofft euch aber keine Moralpredigt. Ihr seid alt genug. Aber,

wie immer, die Vorschriften. Da wir keinen Jungen und kein Mädchen zusammen

aufs Zimmer legen dürfen, ist es uns auch nicht gestattet, wenn uns andere

Beziehungen bekannt werden, wie eure. Ich fand es wirklich mutig von euch

beiden und habe auch keine Sorgen mehr um euch, aber das Zimmer oben müsst

ihr räumen. Ich hätte einen Vorschlag, um euer junges Glück nicht zu sehr zu

stören“,

dabei grinste er,

„Zwei von euch dreien schlafen oben und der Dritte wird in der Bettmitte

schlafen!“

Ich schaute ihn entsetzt an. Da fing er an zu lachen,

„Das hätte meine Mutter gesagt, aber scherz beiseite. Wer geht nach oben.

„Huch, natürlich Torsten und ich, da können wir es in der Wanne treiben.“

Sagte Benno recht tuntenhaft.

Jetzt lachte alles, als wir Torstens Grimasse sahen.

„Und mit den Wannenspielchen, da lasst euch gesagt sein, ich habe das Zimmer

unter euch!“

Dann war Schifahren angesagt. War im Preis mit drin.

Am Nachmittag, Andreas wollte mit dem Jugendamt telefonieren, wegen Benny

und dem kleinsten, Julian, da sah ich wie er sein Handy anstarrte und den

Kopf schüttelte. Ich ging mit Torsten zu ihm.

„Was ist? Sag was!“

„Die Tante muss verrückt sein!“

„Wer, welche Tante?“

„Diese Frau Schneider vom Jugendamt. Meine Brüder, sie sollen in ein Haus

für schwer erziehbare Jugendliche.“

„Was ist das denn? Schwer erziehbar, so sahen sie bestimmt nicht aus. Hast

du dich nicht verhört?“

„Nein, sie wären, das haben andere Kinder wenigstens behauptet, zum Klauen

gegangen und hätten alle verprügelt.“

Andreas war erschüttert.

„Nicht meine Brüder, ich würde mir eher die Hand abhacken. Nein das haben

sie nie und nimmer getan. Ich muss nach Köln ich muss sie da herausholen!“

Er drehte sich um und lief ins Hotel. Ich konnte ihm gar nicht so schnell

folgen. Ich sah, dass Torsten zu Dr. Blum lief. Oben im Zimmer, schmiss er

seine Sachen in den Koffer. Ich tat es ihm gleich.

„Was machst du?“

„Wenn du nach Köln musst, dann komme ich mit, alleine gehst du da nicht

hin!“

„Wenn ich von der Schule fliege ist das nicht so schlimm, aber du! Nein du

kommst nicht mit! Weist du, da wo ich herkomme, ist es nicht schlimm, wenn

man keinen Abschluss hat. Einmal Gosse, immer Gosse!“

Das war nun endgültig zu viel für mich. Ich stürzte mich, ehe er sich

versah, auf ihn, schmiss ihn auf den Boden, hob die Faust. Er blickte mich

ungläubig an. Ich schrie ihn an:

„Es ist scheißegal wo man herkommt, es ist wichtig was man für Ziele hat! Du

bist mein Ziel, ich liebe Dich. Ich werde um dich kämpfen und wenn ich dich

dafür verprügeln müsste. Ich hätte gedacht, deine Ziele gehen auch weiter

wie die Gosse!“

Er sackte zusammen und Tränen liefen wie Sturzbäche an seinem Gesicht

herunter.

„Ich hab so Angst. Ich hab Angst ich mach was falsch. Ich hab Angst um meine

Brüder.“

„Ich hab auch Angst. Aber hast du nicht gesagt, wir sollen immer ehrlich

sein. Ich habe vielleicht bessere Möglichkeiten wie du. Ich möchte heute mal

die Verantwortung für deine Brüder übernehmen.

„Oh, endlich ist das Gehirn wieder einsatzbereit. Für zwei 17 jährige

Schüler erschient ihr vorhin noch sehr kindisch.“

Dr. Blum stand im Rahmen.

„Und, Oliver wenn du mit dem ehrlich sein mal anfangen würdest und dich

nicht immer verstecken würdest, wäre das schon ein guter Anfang! Ich

danke dir, dass du die Verantwortung für seine Brüder übernimmst. Es fährt

aber niemand dafür nach Hause. Haben wir uns verstanden?“

Wir nickten.

„Was meint er damit? Trägst du ein dunkles Geheimnis mit dir herum?“

„Heute Abend, ehrlich. Aber erst ein Handy. Wer gibt mir sein Handy.“

Benny, Akku leer. Andreas, nicht mehr drauf.

„Hier nimm, aber mach’s nicht so lang.“

Dr. Blum hielt mir sein Handy hin.

Ich ging in eine Ecke. Es dauerte dann doch eine Viertelstunde bis meine

Mutter unterrichtet war. Sie versprach noch am Abend zurückzurufen. Unter

der Nummer des Handys. Zum Schluss sagte sie noch: Und sag meine künftigen

Schwiegersohn, dass er auf dich aufpassen soll. Meine Mutter.

Ich gab das Handy zurück und bat ihn, wenn ein Anruf käme, dass er ihn

annehmen möchte. Ansonsten sei alles klar.

Damit hatte ich was gesagt. Svenja, die mittlerweile auch dabeistand:

„Waldi, dass ist mal wieder Typisch für dich. Was ist klar, kannst Du den

Brüdern von Andreas helfen und wie überhaupt?

„Heute Abend, erkläre ich alles. Aber nun muss was geschehen, was keine

Aufschub gestattet“,

Sie sahen mich erwartungsvoll an.

„Andreas muss zum Frisör. Tut mir leid, keine Ausflüchte. Die Kreisleitung

hat es so beschlossen!“

„Die Kreisleitung???“

„Ja meine Mutter. Sie hat gesagt, bring mir nicht so einen hergelaufenen…

Andreas Gesichtszüge entglitten gerade.

„Nein, das hat sie nicht gesagt, sie sagte, dass ihr Schwiegersohn in Spee

auf mich aufpassen soll.“

„Du hast ihr von mir erzählt?“

„Ja! Sie freut sich auf dich und ich meine, na ja zum Frisör solltest du

schon noch, aber wenn du nicht möchtest.“

„Sähe sicher besser aus.“

Stimmte er mir zu. Torsten und Benno feixten:

„Antrittsbesuch bei der Schwiegermutter, vergiss die Blumen nicht.“

Sie lachten sich schief. Wir konnten nicht anders und mussten ebenfalls

lachen.

Wir suchten den örtlichen Frisör auf. Der AZUBI durfte Andreas die Haare waschen.

Der Typ, er hieß Sebastian, war etwa so alt wie wir und was machte er? Er

baggerte Andreas dermaßen an, dass ich hinging und sagte ihm, dass das

meiner wäre. Damit war gut und er schaute traurig drein. Andreas fragte ihn

noch, da Freitag war, wo man so hinginge? Sebastian sagte, dass er in die

Tenne 2 ging. Auf dem Rückweg schauten wir Geschäfte an.

„Der stände dir sicher gut.“

Ich zeigte auf einen dunklen Smoking. Er lachte und ging weiter. Mein

Schnuckel sah zum anbeißen aus. Er hatte nun gegeelte Haare mit blondierten

Spitzen, die in alle Himmelsrichtungen weg standen.

Es ging auf den Abend zu. Ich wurde schon was nervös. Was war, wenn es nicht

so geklappt hatte? Ich bekam keinen Bissen herunter und ich sah, dass

Andreas immer trauriger wurde. Wir gingen aufs Zimmer, Stefan kam mit. Er

meinte er wäre der Anstandswauwau aber ich hatte das Gefühl es wäre etwas

anderes noch. Wie wir oben auf dem Betten saßen rückte er raus.

„Ich wollte nur sagen, das ich…, na so wir ihr!“

Wir schauten ihn verständnislos an.

„Was?“

„Na, ich denke ich steh auch mehr auf Junx wie auf Mädchen.“

Wir mussten Lachen, einen tollen Anstandswauwau. Er gestand uns, dass er

auch in mich verknallt war. Darauf hin nahm mich Andreas fest in den Arm.

„Den gebe ich nicht mehr her. Such dir einen anderen.“

Stefan nickte traurig und meinte, das hätte er sich schon gedacht.

Plötzlich ging die Türe auf und Dr. Blum kam mit dem Handy in der Hand ins

Zimmer.

„Deine Mutter.“

„Ja Mama, sag schon. - Gut - Bin ich voll mit einverstanden. -

Bestell ihr auch von uns einen schönen Gruß. - Nein, das ist nicht dein

Ernst. - Ich wollte doch nicht. - Wenn das so ist, na gut. Nächsten

Freitag - Aber nicht alleine - Na Andreas, Benny Svenja, Torsten und

Stefan - Was, das auch noch? - Die Rechnung? - hab ich mit -

Ich lieb dich auch. Und gib den Kleinen einen Kuss von uns. - Ja

Tschüss.“

Ich machte das Handy aus und bedankte mich bei Dr. Blum, der sich wieder

zurückzog.

„Nun sag schon was ist?“

Klar Andreas wollte wissen was los ist.

„Alles klar, Unser Anwalt hat die Beiden herausgeholt und bis zur endgütigen

Klärung, es heißt, die anderen Kinder hätten sich das ausgedacht, sind die

Beiden bei uns zu Hause. Dort bleiben sie auch.“

Andreas war überglücklich und knutschte mich ab. Stefan fragte dann noch,

„Was war mit mir und den Anderen?“

„Ja, jeder von euch muss wohl ein Opfer bringen, das erkläre ich wenn alle

zusammen sind.

Das dauerte nicht lange. Wir entschlossen uns in die Tenne 2 zu gehen.

„Also, meine Mutter hat die Jungs bei uns untergebracht. Sie sagte, dass

Andreas dann bei mir im Zimmer unterkommen müsste, damit war ich voll

einverstanden. Sie geht mit den Jungs ins Krankenhaus, ich hab gebeten

deiner Mutter Grüsse von uns auszurichten. Ich wollte erst nicht, aber da mein

Großvater darauf besteht wird nächsten Freitag mein 18. Geburtstag offiziell

gefeiert. In großem Rahmen, mit allem Tamtam. Ich habe ihr gesagt, dass ihr

mitkommt. Und nun zu eurem Opfer. Ihr müsst alle in Abendgarderobe

erscheinen.“

Alles redete nun durcheinander. Plötzlich war auch Sebastian da. Wie ein

Magnet saß er plötzlich neben Stefan. Andreas stieß mich an und machte mich

darauf aufmerksam.

Nachdem das durcheinander Gerede zu ende war, stellte man allgemein fest,

dass niemand Abendgarderobe besaß, zumindest nicht, die noch passen würde.

„Aber ich versteh nicht, wieso Abendgarderobe? Groß feiern? Tamtam? Wer bist

du wirklich?“

Fragte Benno und alle sahen mich fragend an. Am meisten Andreas.

„Wir hatten Ehrlichkeit vereinbart“,

sagte ich zu Andreas und zu Benno:

„Und du flippe nicht gleich aus!“

„Es gab eine Vereinbarung mit der Schule, da ich nicht ins Internat wollte.

Ich durfte als Oliver Wald die Schule besuchen. Und ich bin und bleibe

Oliver, dass möchte ich direkt sagen! Habt ihr das kapiert!“

Sie schauten fragend, nickte aber.

„Gut, also mein richtiger Name ist Oliver Waldenheim, ganz richtig Graf

Oliver von Waldenheim.“

Nun war es heraus, ich schloss die Augen. Als ich sie wieder öffnete

blickten sie mich immer noch stumm an. Besonderes Andreas.

„Ich bin Oliver, der Oliver der mit euch ins Skilager gefahren ist. Ich bin

der Oliver, der dich braucht und der dich von ganzem Herzen liebt.“

Ich griff nach Andreas, wie ein Ertrinkender. Zögernd kam er in meine Arme

und erst nachdem sich unsere Lippen gefunden hatten, merkte ich wie die

Anspannung nachließ.

„Auf den Graf da gibt’s du aber einen aus!“

Benno bestellte eine Runde Bier. So langsam entspannte sich alles. Und ich

erklärte ihnen, dass zu ihrem Opfer noch der Besuch der örtlichen

Bekleidungshäuser gehörte, zwecks Abendgarderobe. Rechnung zu Grafens.

Ja so war das vor einem Jahr. Es war ein schöner Geburtstag. Meine Brüder

verstanden sich mit Andreas und seinen Brüdern. Mein Opa hatte kein Problem

mit uns. Er plante nur schon unsere Studiengänge. Andreas Jurist und ich Betriebswissenschaft. Wir haben eine gemeinsame Wohnung in Hamburg.

Ach ja, vielleicht wollt ihr wissen was er mir zum Geburtstag geschenkt hat?

Nein kein Schleifchen um seinen….sondern ein kleines goldenes Herz, das ich immer bei mir trage.

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