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Beiss mich Wolfie

Teil 1 - Wo die Liebe hinfällt

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Informationen

 

Seine blonden Haare leicht zerstrubbelt, eine Lederjacke über die breiten Schultern gespannt und sonst in Jeans und schlichtes weißes T-Shirt gekleidet, betrat Kiddo die Diskothek.

Man müsste meinen, dass er es nach all den Jahren gewöhnt sei, doch jedes Mal stockte er aufs Neue und brauchte einen Moment, um kein Blutbad anzurichten. Eigentlich mied er diese Großraum-Disco´s, aber heute war ihm nach dem Lärm und dem Gestank. Ja Gestank, nicht alle Menschen rochen gleich, oder besser gesagt, ihr Blut roch nicht gleich. Manche Menschen stanken einfach, das waren die, die meinten, ihre Körper mit Drogen vergiften zu müssen, seien sie legal oder illegal. Die Leute, deren Blut stank, mied er. Es machte ihm zwar nichts aus, es zu trinken, aber er hatte sich einen gewissen Standard angewöhnt. Nur was gut riecht, wird gebissen.

Mittlerweile hatte sich seine Nase an die verschiedenen Gerüche gewöhnt und er begann zu separieren. Es gab Zeiten, da war er nicht so wählerisch, aber, He!, wenn man es sich erlauben konnte. Langsam roch er sich durch die Masse, suchte nach dem Geruch, der ihn ansprach, der ihm in seine Nase kroch und seine Instinkte weckte. Gleichzeitig blickte er sich mit seinen grünen Augen im Raum um, um vielleicht jemanden für andere Aktivitäten als Trinken zu finden.

Er fuhr sich durchs Haar und seufzte leicht. Es waren einfach zu viele, aber na ja. Im Laufe der Nacht würde sich schon was ergeben.

Langsam kämpfte Kiddo sich zur Bar durch und orderte einen Whisky-Cola. Auch wenn der Alkohol so keine Wirkung zeigte, trank er gerne hin und wieder einen Schluck, was in Anbetracht seiner Meinung zu Leuten, die sich ihren Körper vergiften, ziemlich scheinheilig war, aber ihn so gar nicht kümmerte.

Er war auf keinerlei Lebensmittel angewiesen, nur auf etwas Blut alle paar Tage. Das essen und Trinken hatte er sich, genau wie das Atmen und Zwinkern, angewöhnt, um die Menschen nicht zu verängstigen oder zu beunruhigen. Tarnung, so hatte er gelernt, war alles und sicherte ihm sein Überleben. Oder das eines zu neugierigen Menschen, je nach dem, in welcher Gefühlslage er sich befand.

Ein Mädchen, nicht Älter als 17, kam auf ihn zu gesteuert und grinste ihn dümmlich an. Ihr haftete der Geruch von zu viel Alkohol, irgendeinem Schmerzmittel und nach Sex an. Allein dies sprach ihn nicht wirklich an, wozu auch noch ihr für ihn stinkender Basisgeruch kam.


Sie setzte sich neben ihn und grinste ihn doof an. „HI!“, schrie sie ihm ins Ohr und nahm einen Schluck von ihrem Drink. Er nahm ihr das Gebrüll nicht übel, da er es auf die laute Musik zurückführte. Betrunken schielte sie ihn an. „NA WIE WÄRS MIT UNS, SÜSSER??“, baggerte sie ihn betrunken an und kippte noch etwas Alkohol nach. 'Warum immer ich? …. ', dachte Kiddo. Er sah sie an und spielte kurz mit dem Gedanken, ihr ein Ja entgegen zu lügen, sie mit raus zu nehmen und … naja, was man eben so macht als Vampir, der sich lästiger Leute entledigen will.

Er drehte den Kopf langsam zu ihr und sagte gelassen: „Kein Interesse!“ Sie sah ihn enttäuscht an und nippte wieder an ihrem Drink. „WARUM NISCHT? BIN ICH DIR NISCHT HÜPSCH JENUG?“ Er entschied, sie zu ignorieren, bis er sich entschieden hatte, ob sich der Aufwand lohnen würde, der dadurch entstehen würde, wenn er ihr auf der Stelle den Kopf abriss. „HEY! ANTWORTEST DU MIR NISCHT??? BISST DIR WOHL ZU FEIN, WASCH?“, sagte sie leicht aggressiv. „ACH KOMM SCHOHON!“, quengelte sie und rutschte ihm auf die Pelle. „WIR KÖNNTEN VIEL SPASS HABEN!“, sagte sie und grapschte ihm an den Po. Er guckte ihr in die Augen „IMMER NOCH KEIN INTERESSE!!!! UND BEHALTE GEFÄLLIGST DEINE BETRUNKENEN GRIFFEL BEI DIR!“ Gerade wollte sie etwas erwidern, als sich sein ganzer Körper straffte. Er hatte einen Geruch wahrgenommen, der … er wusste es nicht anders zu beschreiben, einfach perfekt war.

Nur an den Duft denkend, ging Kiddo los und ließ das Mädel meckernd zurück. Dieser Geruch! Dachte er. Er musste ihm folgen. Dieser Duft war einmalig und er musste den Menschen finden, dem er gehörte. Und dann stand eine große Hafenrundfahrt an. Was so viel bedeutete wie, dass er heute Abend nicht allein nach Hause gehen würde.

Die Duftspur leitete ihn nach draußen und wurde mit jedem Schritt klarer. Etwas in ihm bekam Angst. Was, wenn er sich nicht zurückhalten konnte? Was, wenn er diesem so gut duftenden Wesen mehr als notwendig Blut entzog? Zu töten störte ihn mittlerweile zwar nicht mehr, aber er spürte, dass er es bei diesem Wesen bedauern würde.

Die Duftspur fand ihr Ende an einem Jungen, der in einer Seitenstraße in der Nähe der Disco auf dem Bordstein saß. Geistesabwesend starrte er auf seine Füße, wodurch ihm zwei braune Haarsträhnen ins Gesicht hingen. Dieser Duft! Er zwang sich dazu, klar zu denken. Langsam schritt er auf den Jungen zu. „Hallo!“, rief Kiddo ihm zu. „Darf ich mich zu dir setzen?“ Der Junge blickte zu ihm auf. Etwas durchzuckte ihn, wie ein Blitz, und erfüllte ihn mit einer Wärme. Dann sackte er zusammen und verlor das Bewusstsein.

Kiddo schlug langsam die Augen auf. Er sah sich kurz um und musste fest stellen, dass er nicht auf Asphalt lag, wie er es erwartet hatte, sondern auf einer Leder-Couch. In dem Zimmer war es dunkel und es schien recht klein zu sein. Kiddo setzte sich auf und suchte den Raum etwas genauer ab. Trotz der Dunkelheit konnte er jedes Detail erkennen. Es hat halt einige Vorteile ein Vampir zu sein.

Das Zimmer war nicht sehr voll gestellt. Ein Couchtisch mit Glasplatte, eine Regalwand voll mit Büchern und DVD´s, eine Topfpflanze in einer Ecke und ein LCD-Fernseher an der Wand und natürlich die Couch, auf der Kiddo sich gerade befand. Sein Blick blieb an einem der Sessel hängen. Auf eben dieser Sitzmöglichkeit hockte jemand mit angezogenen Beinen und tief schlafend. Kiddo rutschte etwas auf die Gestalt zu, um einen besseren Blick auf ihn zu haben. Es war der Junge, der auf dem Bordstein saß, kurz vor seinem kleinen Zusammenbruch.

Kiddo musterte den Jungen. Er schätzte ihn nicht älter ein als 18, obwohl man sich auf das Aussehen nicht so sehr verlassen sollte, er sah ja selbst aus wie 18, und das jetzt schon ein paar Jährchen. Der Junge war gut gebaut und hatte breite Schultern. Groß schien er auch zu sein, da ein gutes Stück von ihm über den Sessel hinaus ragte. Zu alle dem sah er auch noch verdammt niedlich aus, wenn er schlief.

Ohne es selbst zu merken, war Kiddo immer näher gekommen und zwischen ihm und dem Jungen lag noch höchstens ein halber Meter. Der Anblick des schlafenden Jungen ließ Kiddo lächeln. Dieser Junge faszinierte ihn so sehr, dass er nicht bemerkte, wie nah er am Rand der Couch war. Also war es nicht sehr verwunderlich, dass er, bei dem Versuch noch näher zu rücken, abrutschte und mit dem Gesicht den Boden innigst liebkoste.

Der Junge, der bis eben noch so friedlich in Morpheus' Armen lag, war durch den ziemlich lauten Aufprall geweckt worden und sprang auf … genau auf …Dreimal dürft ihr raten. „Oh, eh, 'tschuldigung!“, sagte der Junge und stieg sofort von Kiddo runter. „Auuu …“, sagte dieser und blieb einfach auf dem Boden liegen. Der Junge bewegte sich und kurz darauf leuchtete die Deckenleuchte auf. Langsam begann Kiddo, sich in eine bequemere Pose zu bewegen und setzte sich, nach kurzen Überlegungen, wie er mögliche zukünftige Stürze vermeiden könnte, einfach auf dem Boden in den Schneidersitz.

Der Junge grinste und hockte sich vor ihn. „Na ist Rapunzel aus ihrem Schlaf erwacht?“ Kiddo seufzte. „Dornröschen“, sagte er und verschränkte die Arme. „Huh?“ Der Junge runzelte die Stirn. „Dornröschen war die, die so klug war, sich an einem Spinnrad zu stechen, weil sie zu doof war, den Weg nach Kik zu finden und beschloss, sich ihre Unterhöschen selbst zu Häkeln. Rapunzel war die Turmbesetzerin mit der Phobie gegen Friseure.“, sagte Kiddo und grinste sein Gegenüber frech an. Der Junge kicherte. „Naja, egal. Hauptsache du hast den Kern meiner Aussage verstanden, die einfach nur anzeigen sollte, wie lange du im Reich der Träume verbracht hast.“ Kiddo zog eine Augenbraue hoch und legte dann einen Finger auf die Stirn des Jungens. „Blödian“, presste Kiddo durch sein Grinsen hindurch und gab dem hockenden Jungen einen Schubs, der daraufhin aus dem Gleichgewicht geriet und auf seinen zugegeben ziemlich süßen Hintern plumpste. Der Junge sah Kiddo bedröppelt an, musste aber kurz darauf auch kichern.

Der Junge rappelte sich auf und hielt Kiddo seine Hand entgegen, um ihn ebenfalls in die Senkrechte zu befördern. Kiddo ergriff nach kurzem Zögern die Hand und ließ sich auf helfen. „Mensch, hast du kalte Hände“, sagte der Junge und rieb seine Hände aneinander. Kiddo sah verlegen drein. Es passierte öfter, dass sich Leute über seine Körpertemperatur wunderten. Aber was sollte man bei extremer Mangeldurchblutung (sprich eigentlich gar keine) machen? Der Junge musste grinsen „Was?“, fragte Kiddo und sah ihn gespielt verärgert an. „Nichts das sah nur grad so niedlich aus.“ Hatte der Kerl ihn eben niedlich genannt? „Eh …“, stotterte Kiddo. „Wie heißt du eigentlich?“, fragte ihn der Junge, der etwas rot geworden war. „Kiddo“, antwortete der Träger dieses Namens. „Und du?“, spielte er den Ball zurück. „Jack“, sagte eben dieser.

„Geht es dir denn jetzt besser?“, fragte Jack. Kiddo nickte „Ja, ich weiß echt nicht, was da vorhin passiert ist …“ Er kratzte sich am Hinterkopf. „Vorhin ist gut“, sagte Jack und erntete dadurch einen Verwirrten Blick von Kiddo. „Wie meinen?“ „Naja, vorhin war gestern Abend.“ Kiddo war froh, dass sich hinter ihm ein Gegenstand befand, der sich eignete, darauf Platz zu nehmen, denn von dieser unglaublichen Eignung musste er Gebrauch machen. „Heißt das, ich war nen ganzen Tag weg?“ Jack grinste und setzte sich neben Kiddo auf die Couch. Er strahlte eine, wie Kiddo fand, angenehme Wärme aus. „Ja“, sagte Jack und sah ihn mit ernster Miene an. „Ich hab mir ganz schön Sorgen gemacht“, sagte er und sah Kiddo besorgt an. „Und dir geht es wirklich besser?“ Kiddo sah ihm in die Augen. Jacks Blick wirkte ehrlich und er fragte sich, warum ein Wildfremder sich so um ihn sorgte. „Ja“, sagte Kiddo knapp und sah nachdenklich auf seine Füße. „Wirkt aber nicht sehr überzeugend“, sagte Jack und lehnte sich ins Polster. Kiddo drehte leicht den Kopf und betrachtete Jack. Beim zurücklehnen war Jacks Shirt etwas hochgerutscht und gab Blick auf einen gut durchtrainierten, leicht behaarten Bauch frei.

„Warum sollte es mir nicht gut gehen bei so einem gut aussehenden Gastgeber?“ Jack sah ihn verdattert an. Hatte er das etwa eben laut gesagt? Kiddo schluckte. „Eh … danke?“, sagte Jack und fing an zu lachen. Kiddo nahm sich ein Kissen und platzierte es in Jacks Gesicht. „Lach nicht so doof“, sagte er amüsiert. Jack seinerseits konterte den Killer-Kissen-Angriff, indem er sich auf Kiddo stürzte und ihn ins Polster drückte. Jack setzte sich auf Kiddo und hielt seine Hände fest. Lächelnd war Jack über Kiddo gebeugt und sie starrten einander in die Augen. Jack nähert sich langsam Kiddos Gesicht. Ihre Lippen näherten sich immer und immer mehr.

Dann rutschte eine Kette aus Jacks Kragen, die Kiddos Aufmerksamkeit auf sich zog. Sie war verkehrt herum, aber langsam drehte sie sich so, dass Kiddo die Vorderseite und das darauf abgebildete Symbol sah.

Kiddo´s Blick wurde eisern. „Geh von mir Runter!“, fauchte er. Jack wich erschrocken zurück. Kiddo rappelte sich auf und verzog sich in die Ecke der Couch, soweit es möglich war von Jack weg. „Was … was ist? Habe ich etwas falsch gemacht? Ich..“ Jack sah Kiddo traurig an. Irgendwie tat es Kiddo Leid, ihn so angefaucht zu haben, aber die Kette um Jacks Hals war eindeutig. „Bitte sei mir nicht böse, ich … es, ich konnte einfach nicht anders.“ Jack fing an zu schluchzen. „Hör auf, du Scheiß Köter!“, brüllte Kiddo und vergrub das Gesicht in seinen Händen. Es tat weh, ihn so anzuschreien und er wollte es nicht … hätte er doch bloß nicht diese Kette … „Was?“ Jack sah ihn erschrocken an. Kiddo sah auf. „Du weisst, was ich meine!“ Kiddo deutete auf die Kette die auf Jacks Brust lag. Jack sah auf die Kette und wurde ganz still. „Du weisst es …“, sagte er leise.

Kiddo sah ihn an. „Ja“, hauchte er. Warum musste ausgerechnet er kein Mensch sein? Mit einem Menschen wäre alles nicht so dramatisch geworden, aber so … „Woher weisst du es?“ fragte Jack und hob den Kopf „Woher weisst du, dass ich … ein Werwolf bin?“ Jack blickte Kiddo nun direkt in die Augen. „Das ist eine der ersten Sachen, die uns beigebracht wird“, sagte Kiddo und wandte seinen Blick ab. „Eigentlich hätte ich es viel früher merken müssen …“ „Uns?“, fragte Jack. Kiddo schaute ihn wieder an. „Ja uns … Vampiren …“

Kiddo hätte schwören können, dass Jacks Herz für einen Moment aufhörte zu schlagen, so erschrocken sah er aus. „Du bist … Fuck.“ Jack sah Kiddo ängstlich an. „Was … wirst du jetzt tun?“ Jack schluckte bei diesen Worten und Angst schwang in seiner Stimme mit. „Ich weiß es nicht.“ In Kiddos Kopf ratterte es und er musste erstmal seine Gedanken sammeln. Also Jack war anscheinend in ihn verknallt und Kiddo empfand genauso. Das wäre ja weiterhin kein Problem, wäre da nicht die Tatsache, dass Kiddo ein Vampir und Jack ein Werwolf war, was im Klartext so viel heißt, sie waren eigentlich erbitterte Feinde.

„Wenn du vor hast, mich zu töten, dann warte bitte nicht so lange und bring es schnell hinter dich.“ Jacks Worte holten Kiddo aus seinen Gedanken. „Ich werde dich nicht Töten.“ Das würde er nicht übers Herz bringen. Egal was er auch war, eben diese Pumpe, auch wenn sie bei ihm, biologisch gesehen, außer Betrieb war, fühlte sich zu ihm hingezogen. Er wollte ihn nicht töten oder überhaupt auch nur verletzen, am liebsten würde er da weitermachen, wo er sie leider unterbrochen hatte. „Wirklich nicht?“ Jack sah ihn etwas erleichtert an. „Nein … das würde ich nicht wollen“, sagte Kiddo und fügte Jacks bunter Mischung aus Angst und Verzweiflung einen schönen Klecks Verwirrung hinzu. „Wie jetzt?“ Jack sah Kiddo an. „Ich weiß nicht wieso“, begann Kiddo zu erklären, „aber auch wenn ich dich eigentlich umlegen sollte, würde ich lieber …“ Kiddo brach den Satz ab. „Lieber was?“, hakte Jack nach. „Mich foltern und einsperren?“ „Nein!“, sagte Kiddo erschreckt. „So was würde ich nie tun …“ Er hatte auch nichts gegen Werwölfe.

„Ich würde lieber …“ Kiddo sah Jack in die Augen und rutschte auf ihn zu. Jack drückte sich zwar in das Polster, blieb aber wo er war. Langsam näherte sich Kiddo Jack und küsste ihn sanft auf die Lippen. Das war wohl zu viel für Jack und dieser war nun an der Reihe, bewusstlos zu werden.

Nach wenigen Minuten wurde Jack langsam wieder wach, sein Kopf lag auf Kiddos Schoß, während dieser ihm sanft durchs Haar strich. „He“, grinste Kiddo. „Wake y Wake y“ Jack sah Kiddo in die Augen. „Du verwirrst mich.“ Jack schloss die Augen „Es tut mir Leid, dass ich dich vorhin so angeblafft habe und dich Köter genannt hab.“ Kiddo sah traurig auf Jack hinab, dieser öffnete eines seiner Augen und guckte Kiddo damit an. „Ich glaube, wir sollten einiges klären … und ich muss dir auch noch etwas beichten.“ Kiddo nickte zustimmend.

„Aber erstmal muss ich was futtern“, sagte Jack und setzte sich auf. „Ich hab einen Bärenhunger!“ Er grinste Kiddo an. „Du auch etwas?“ Kiddo sah Jack an und zog eine Braue hoch. „Durst hab ich schon“, sagte Kiddo. Jack fasste sich an den Hals und guckte Kiddo an. „So meinte ich das nicht“, sagte Kiddo und dachte schon wieder, er hätte etwas Falsches gemacht, als Jack in schallendes Gelächter ausbrach. „Du hättest dein Gesicht sehen sollen!“, sagte Jack und grinste Kiddo an. „Ich wollte einfach nur höflich sein“, sagte Jack nun etwas ernster. „Aber ich glaub ich kann dir außer Tomatensaft nichts anbieten.“ Jack sah Kiddo an. „Ich kann mir auch kurz selbst etwas besorgen“, sagte dieser. „ Ne, am Ende kommst du nicht wieder“, sagte Jack und verschwand in der Küche ehe Kiddo etwas sagen konnte.

Kiddo rutschte auf dem Sofa hin und her. Er dachte angestrengt nach. Was sollten sie jetzt bloß tun? Er wusste, was er wollte. Er wollte nur Jack, aber er wollte ihn nicht in die Gefahr bringen, die eine Beziehung der beiden nach sich ziehen würde.

„Verflucht!“, schallte es aus der Küche. Kiddo sprang von der Couch auf. „Alles Ok?“, fragte er besorgt. „Ja, alles in Ordnung“, gab Jack zurück. „Hab mich nur gestoßen! Nichts Wildes.“ Kiddo setzte sich wieder und sah besorgt drein. Nach ein paar Minuten kam Jack wieder. Er trug ein kleines Tablett mit sich, welches er auf dem kleinen Tisch abstellte und sich dann neben Kiddo setzte. Auf dem Tablett lag ein Teller mit einer Undefinierbaren braun rot schwarzen Masse. „Was zur Hölle soll das sein?“, fragte Kiddo und beäugte den Klops argwöhnisch. „Das ist eh … Lasagne … glaub ich zumindest.“ „Du willst das doch nicht etwa essen oder?“ „He, es macht satt!“, verteidigte sich Jack. „Lass mich raten, du kannst nicht kochen, oder?“ Jack schmollte und nahm sich den Teller. „Mir reicht es und zum Überleben klappt es ganz gut“, sagte er und schaufelte sich etwas von der Lasagne in den Mund.

„Ach ja, hier.“ Jack gab ihm das Glas, was noch auf dem Tablett stand. Kiddo nahm das Glas entgegen. „Ha ha! Aber ich mag keinen Tomatensaft.“ „Das ist kein Tomatensaft“, sagte Jack. Kiddo roch den Inhalt des Glases. Er hatte sich Blut abgezapft! „Jack! Was soll das?“ Kiddo sah ihn vorwurfsvoll an, dann bemerkte er den Verband an Jacks linkem Handgelenk. „Darum hast du vorhin geflucht.“ Jack sah Kiddo an. „Du sahst irgendwie durstig aus“, sagte Jack. Kiddo sah Jack in die Augen. „Du hättest das nicht tun sollen.“ Auch wenn Kiddo Durst hatte, er war ja immerhin nicht zum Trinken gekommen, fühlte sich das falsch an.

Jack stellte den leeren Teller ab und sah Kiddo genau an. Dieser hielt das Glas immer noch unangetastet in der Hand. „Ok, dann schütte ich es eben weg“, sagte Jack und wollte Kiddo das Glas abnehmen. „Nein“, sagte er und zog die Hand weg. „Jetzt ist es eh schon zu spät.“ Kiddo nippte an dem Glas. Erst jetzt wurde ihm bewusst wie durstig er wirklich war. „Woah.“ Jack runzelte die Stirn. „Schmecke ich so schlecht?“, fragt er. „Nein! Im Gegenteil … du bist … lecker.“ Gott war ihm das peinlich. Kiddo trank bis zur Hälfte und stellte das Glas dann beiseite. „Zeig mir mal deine Hand“, forderte Kiddo Jack auf. Er rückte näher an Kiddo heran und streckte ihm seine Hand entgegen. Vorsichtig löste Kiddo den Verband und ein ziemlich grober Schnitt kam zum Vorschein. „Mensch, hast du das mit einem Küchenmesser gemacht? Das sieht ja fies aus!“ „Buttermesser“, korrigierte ihn Jack und erntete einen vorwurfsvollen Blick. „Mach das nie wieder, kapiert?“, sagte Kiddo. Jack nickte.

Kiddo beugte sich nach vorne und leckte sanft über die Wunde, die sich kurz darauf schloss. „Woah … so was kannst du“, sagte Jack und guckte erstaunt auf sein Handgelenk. „Ja“, kicherte Kiddo, „du scheinst nicht viel über Vampire zu wissen.“ Jack sah ihn an. „Ehrlich gesagt bist du der erste, den ich treffe.“ Kiddo rückte etwas näher. „Dann erzähl mal, was du weisst, oder vielmehr denkst zu wissen“, forderte Kiddo ihn auf. „Nun ja. Also, man erzählt uns, ihr trinkt Blut, habt kein Spiegelbild, verbrennt in der Sonne, seid allergisch gegen Weihwasser, könnt keine Häuser ohne Erlaubnis betreten, dann die Sache mit dem Knoblauch und natürlich, dass ihr den Anblick eines Kreuzes nicht ertragen könnt.“

Kiddo musste lachen. „Mensch, ihr habt auch von Bram Stoker abgeschrieben, oder?“ Jack lächelte. „Ja, ein bisschen. Wieso, war das alles falsch?“ „Also bis auf die Sache mit dem Blut, ja.“ „Au ha!“, sagte Jack und fuhr sich verlegen durchs Haar. „Was stimmt denn dann?“ Kiddo legte den Kopf schief. „Was bekomme ich denn dafür, wenn ich dir das erkläre?“, fragte er neckisch. „Hm, vielleicht“, Jack rückte näher, „das!“ Jack drückte seine Lippen auf die von Kiddo. Dieser schloss die Augen und genoss den Kuss. Jack legte vorsichtig eine Hand auf Kiddos Hüfte und zog ihn zu sich heran. Würde es noch schlagen, würde Kiddo´s Herz nun aus seinem Hals heraus springen. Die Nähe erfüllte ihn mit einer Wärme, die er seit Jahren nicht gespürt hatte. Er legte Jack eine Hand auf die Brust, knapp über seinem Herzen und drückte ihn dann sanft nach hinten. Jack liess sich nach hinten fallen und zog dabei Kiddo sanft an der Hüfte mit. Kiddo lag nun auf Jack und sah ihm verliebt in die Augen. „Ja, ich glaube, das kann ich als Entlohnung gelten lassen“, sagte Kiddo und grinste. „Also die Sache mit dem Blut stimmt auf jeden Fall“, begann er. „An die Sonne können wir und bevor du fragst, nein wir glitzern nicht!“, sagte er, als Jack den Mund aufmachen wollte. „Was stimmt, ist, dass Silber uns verletzt, es verbrennt unsere Haut und auch wenn es nur ein Faden ist, können wir ihn nicht bewegen. Ach ja und egal was passiert, trink niemals Vampirblut!“ „Wieso?“, fragte Jack und sah Kiddo fragend an. „Menschen heilt es aber bei Werwölfen ist es pures Gift!“ „Gut zu wissen“, sagte Jack.

Kiddo legte den Kopf auf Jack´s Brust und lauschte seinem Herzschlag. „Allerdings musst du das bei mir nicht beachten, mein Blut ist nicht giftig. Frag aber bitte nicht nach … Vielleicht erkläre ich es dir irgendwann.“ „Also hatte ich ja komplett falsche Vorstellungen“, sagte Jack und streichelte Kiddo über den Rücken. „Aber ich glaube, ich sollte dir jetzt etwas erzählen.“ Jack´s Herz fing an, schneller zu Schlagen. „Bist du mit einigen Begriffen von uns vertraut?“, fragte er. „Ich weiß so einiges“, antwortete Kiddo. „Ist dir Prägen ein Begriff?“ Kiddo riss die Augen auf. „Ja. Wieso?“ Er sah auf und blickte in Jacks ernstes Gesicht. „Nun ja … ich … bin auf dich geprägt worden …“ Kiddo hielt den Atem an und legte den Kopf wieder auf Jacks Brust. Auch das noch. Mit etwas Liebe hatte er sich ja schon abgefunden, aber Prägen?!

Prägen bedeutete, dass die beiden für einander bestimmt waren, dass sie mit keinem Wesen im ganzen Universum je so glücklich sein konnten, wie miteinander. „Ist alles okay?“, fragte Jack und berührte Kiddo zögernd an der Schulter. „Ja“, sagte er tonlos. „Warum?“ „Weil du abwesend wirkst und … nicht Atmest.“ „Ach ja, hab ich vergessen, wir müssen weder atmen noch blinzeln.“ „Ich hätte es dir noch nicht sagen sollen, oder?“ Kiddo sah zu ihm auf. „Doch, es ist nur … ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll … das ist so … endgültig!“ Jack strich ihm durch die Haare. „Du musst nicht mit mir zusammen sein, wenn du es nicht willst“, sagte er. Kiddo stützte sich mit den Händen auf der Couch ab und rutschte hoch, um mit Jack auf Augenhöhe zu sein.

Kiddo betrachtete Jack, wie er da lag. Er wusste nicht, was passieren würde, wusste nicht, was alles auf ihn zukommen würde. Nur eines wusste er.

„Ich will es aber“, sagte Kiddo und drückte seine Lippen auf die von Jack. Kiddo fühlte sich in Jacks Nähe so gut, wie noch nie in seinem langen Leben und wollte das, egal was auch komme sollte, auf gar keinen Fall missen.

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