Stories
Stories, Gedichte und mehr
Marc und die Liebe
Die erste große Liebe
Der Lesemodus blendet die rechte Navigationsleiste aus und vergrößert die Story auf die gesamte Breite.
Die Schriftgröße wird dabei vergrößert.
Informationen
- Story: Marc und die Liebe
- Autor: Marc2479
- Die Story gehört zu folgenden Genre: Coming Out, Lovestory
Piep… Piep… Piep
Ich schreckte hoch und musste mich erst einmal sammeln um festzustellen, wo ich war. „Aua, mein Kopf!“ war das Erste, an das ich dachte. Da war wohl das letzte Bier gestern Abend, auf dem Geburtstag, schlecht gewesen. Dabei hatte ich doch gar nicht so viel getrunken.
Piep… Piep… Piep
Oh dieser Wecker, irgendwann schmeiße ich ihn noch gegen die Wand. Ich schaltete ihn ab. Heute war der letzte Tag bevor die Sommerferien starteten. Das hieß auch, dass es Zeugnisse geben würde. *bäh*
Aber so schlecht war meines dieses Jahr gar nicht, einige Noten hatten wir schon im Vorfeld gesagt bekommen. In Deutsch hatte ich eine 2, in Mathe ebenfalls und in Englisch eine 3. Somit war die Versetzung in die zehnte Klasse gesichert.
Jetzt aber raus aus dem Bett und ab ins Bad, bevor Muttern aufsteht und dann das Bad wieder besetzt ist. Was aber eigentlich sehr selten vorkam.
An dieser Stelle sollte ich mich vielleicht auch erst mal vorstellen: Ich heiße Marc und bin 15 Jahre alt, werde aber in ein paar Tagen 16. Leider hab ich immer das Glück, in den Sommerferien Geburtstag zu haben. ;-)
Ich bin 1,85cm groß und kräftig gebaut und wohne mit meiner Mutter zusammen in einer Dreizimmerwohnung im Sauerland. Mein Vater ist abgehauen, als ich drei Jahre alt war und ich bin seitdem bei meiner Mutter bzw. auch bei meinen Großeltern aufgewachsen. Mein Opa ist vor fünf Jahren gestorben und meine Oma vor drei Jahren.
Seit zwei Jahren hatte meine Mutter auch wieder einen Partner, Horst. Mit ihm kam ich so einigermaßen klar. Er hatte auch eine Tochter in meinem Alter, mit der ich mich sehr gut verstand.
Zu meinem Vater hatte ich nicht viel Kontakt, weil er immer mal wieder woanders gewohnt hat. Seit einem Jahr wohnte er wieder bei uns in der Straße und ich hatte ein recht gutes Verhältnis zu ihm.
Ach ja, was noch ganz wichtig ist: Ich bin schwul.
Dies wusste ich schon recht lange. Mich haben Jungs schon immer mehr interessiert als Mädchen. Meine ersten Erfahrungen hab ich auch schon früh mit einem Jungen gemacht, mit dem ich aufgewachsen bin.
Seit einem Jahr war da aber nichts mehr, weil er mittlerweile eine Freundin hatte. Es war mir aber eh schon immer klar, dass aus uns nie was werden würde.
Ich war auch nie wirklich in ihn verliebt, es war einfach so. Aber ich schweife ab. ;o)
Dass ich schwul bin wusste keiner. Ich hatte einfach zu viel Angst vor den Reaktionen. Bei uns im Haus wohnte zwar auch ein Lesbenpärchen, mit denen keiner im Umfeld Probleme hatte, aber dennoch traute ich mich noch nicht, mich zu outen.
Vor zwei Jahren hatte es mich dann richtig erwischt: Ich war das erste Mal so richtig verliebt. Ins Nachbarhaus war eine neue Familie eingezogen mit drei Jungs. Zwei waren schon älter, der Jüngste war in meinem Alter.
Als ich ihn das erste Mal am Fenster gesehen habe, war es schon um mich geschehen. Wir freundeten uns auch recht schnell an und ich war einfach nur glücklich.
Doch das hielt nicht lange an, als er mir dann seine erste Freundin vorstellte. Was war ich damals eifersüchtig. Ich hab echt vieles versucht, die beiden auseinander zu bringen, nur um ihn für mich zu haben. Ja, ja man ist schon recht fies in dem Alter. ;o)
Doch irgendwann hatte ich dann auch eingesehen, dass es keinen Sinn hatte, und wir sind jetzt auch noch sehr gut befreundet.
Ah, die Dusche tat gut. So, jetzt nichts wie anziehen und Muttern wecken, wenn sie noch nicht schon auf war.
Was sie natürlich nicht war, wie ich dann bemerkte.
Hm was ziehe ich denn heute mal an, dachte ich mir so, als ich vor dem Kleiderschrank stand. Aber die Sachen waren schnell gefunden und jetzt nichts wie ab in die Küche und Kaffee aufsetzen. Es war schon halb Sieben.
Vorsichtig öffnete ich die Schlafzimmertür und sah, dass sie noch friedlich vor sich hin schlummerte. Jetzt erstmal das Rollo hoch machen und dann wecken, sonst würde ich sie nicht aus dem Bett bekommen.
Gesagt, getan und beim Rollo hoch machen hörte ich dann auch schon ihre Stimme: „Guten Morgen mein Sohn, hast du gut geschlafen?“
„Morgen Mutti, ja danke, du auch? Los, komm aufstehen, Kaffee läuft schon.”
„Noch fünf Minuten, dann komm ich.”
„Ok, wehe wenn nicht, dann kommt das Wasserglas!”
„Rausss!”
Und schwups war sie auch wieder weg. Ich deckte den Frühstückstisch und nach fünf Minuten kam dann doch auch endlich meine Frau Mama.
„Ich geh noch schnell ins Bad und dann komm ich.”
„OK, bis gleich.”
Ihr „schnell“ kannte ich - es war mittlerweile fünf vor Sieben, als sie endlich aus dem Bad kam.
„Und, bist du schon aufgeregt wegen des Zeugnisses heute?“, fragte sie mich.
„Nicht wirklich, da ich ja die meisten Noten schon kenne“, antwortete ich.
„Wie lange hast du Schule heute?”
„Ich glaub bis 11 Uhr, hat Frau Schürmann, meine ich, gesagt.”
Frau Schürmann war seit der fünften Klasse meine Klassenlehrerin und jetzt im zehnten Jahr würde ich sie nicht mehr haben.
„Kommst du dann ins Geschäft oder sehen wir uns erst heute Abend?“, wollte meine Mutter wissen. Sie ist selbstständig und hat seit Jahren ein eigenes Friseurgeschäft.
„Ich denke ich komme kurz ins Geschäft, muss mir ja mein Belohnungsgeld abholen, außerdem will ich noch auf den Friedhof. Und ich könnte auch mal wieder einen Haarschnitt vertragen“, antwortete ich ihr.
Seit meine Oma nicht mehr lebte, fuhr ich bei solchen Ereignissen immer zum Friedhof. Ich hatte ein sehr inniges Verhältnis zu meiner Oma und sie fehlte mir schrecklich.
„Wenn du schon auf den Friedhof fährst, kannst du ja gleich etwas Unkraut zupfen. So... Geld willst du auch schon wieder haben.”
„Jupp, das will ich, und das mit dem Unkraut geht in Ordnung.”
„Jetzt hau aber rein, sonst ist der Bus weg und ich hab keine Lust dich wieder zur Schule zu fahren.”
„Ja, ja, alter Mann ist ja kein D-Zug, ich bin ja schon weg“, sprach ich und weg war ich. Draußen traf ich wie jeden Morgen Daniela, die im Nachbarhaus wohnte und auch auf meine Schule ging. Sie war ein Jahr jünger als ich.
„Morgen Danni, nach alles fit bei dir? Freust dich schon auf die Ferien?”
„Morgen Marc, yes, alles fit, und selbst? Wo warst du denn gestern Abend? Haben dich vermisst. Klar freu ich mich da drauf. Doofe Frage, kann ja nur von dir kommen.”
„Jepp, alles im grünen Bereich. Gestern hatte doch Horst Geburtstag, hatte ich aber erwähnt. Kennst mich doch, ich stell doch immer solche Fragen”, sagte ich und zwinkerte ihr zu.
„Ach so ja stimmt, hatten wir ja total vergessen. Treffen wir uns heute Nachmittag?”
„Ich fahre nach der Schule erst ins Geschäft und dann noch auf den Friedhof, denke aber, dass ich so gegen 15 Uhr auftauchen werde. Schulhof wie immer oder an der BHW?”
„Lässt dir wohl wieder die Haare schneiden, was? Am Schulhof - Sven, Timo, Bodo, Michael und Manuela wollten auch kommen.”
Wir quatschten noch etwas und dann kam auch schon der Bus. Wir trafen uns entweder immer auf dem Schulhof der Grundschule, die bei uns direkt gegenüber war, oder wir gingen zu der BHW, das ist eine Behindertenwerkstatt ganz in der Nähe.
In der Schule war es wie immer am letzten Tag, alle waren recht gut drauf, selbst die Lehrer. Wir hatten im Vorfeld schon ein Abschiedsgeschenk für Frau Schürmann besorgt: Einen großen Blumenstrauß und eine Karte, auf der wir alle unterschrieben hatten, mit einem selbstverfassten Gedicht.
Sie hat sich sehr gefreut. Dann gab es endlich Zeugnisse und ich war echt zufrieden.
Jetzt hieß es erstmal sechs Wochen keine Schule.
Ich machte mich also auf den Weg nach Hause. Dafür brauchte ich nur die Straße runter gehen. Hoch fuhr ich morgens immer mit dem Bus, weil ich keine Lust hatte, den ganzen Berg rauf zu laufen. Es waren schließlich fast zwei Kilometer bis zur Schule. Bergab lief ich aber immer.
Als ich dann auf dem letzten Stück ankam, sah ich von weitem schon einen LKW am Nachbarhaus stehen.
Oh, dachte ich mir, endlich zieht in der Erdgeschosswohnung jemand ein. Da ich ja von Natur aus neugierig bin, ging ich einen Schritt schneller, um zu sehen wer da wohl die neuen Nachbarn waren.
Auf dem kurzen Stück ging dann schon wieder die Fantasie mit mir durch: Dass dort jetzt ein süßer Junge einzieht, der sich dann auch in mich verliebt. Ja, Träumen ist was Schönes.
Ich kam näher und sah zwei Frauen, die eine etwa in dem Alter meiner Mutter, die andere schätzte ich auf etwa 20 Jahre. Das wird wohl nichts mit einem süßen Jungen dachte ich.
Ich war schon in Hörweite, als die ältere Frau plötzlich rief: „Markus beeil dich mal und trödel nicht so rum, es sind noch jede Menge Kartons rein zu tragen.”
Markus dachte ich entweder ist das ihr Mann oder ihr Freund oder mein süßer Traumjunge.
Und tatsächlich kam dann ein Junge aus dem Haus. Ich schätzte ihn auf 14 bis 15 Jahre. Er hatte ein Flanellhemd an und eine blaue Jeans, mittellange braune Haare und sah einfach Hammer aus.
Ich hatte nur noch Augen für ihn. Und dann kam es wie es kommen musste: Ich rannte seine Mutter über den Haufen.
„Entschuldigung, ich war voll in Gedanken. Tut mir echt leid.”
„Macht nichts, kann doch jedem Mal passieren”, antwortete sie mir.
Ihr Sohn konnte sich ein Lachen nicht verkneifen.
Plötzlich hatte ich eine Idee, wie ich etwas mehr erfahren könnte über diesen süßen Jungen.
„Kann ich Ihnen vielleicht was helfen, wenn ich schon so schusselig bin und sie umrenne? Ich heiße Marc und wohne nebenan im Haus.” Dabei zeigte ich auf unser Haus.
„Oh, das wäre klasse. Schön dich kennen zu lernen, Marc, ich heiße Birgit Steinbach und das sind meine Tochter Melanie und mein Sohn Markus”, stellte sie mir ihre Kinder vor.
„Steinbach, sie sind nicht zufällig mit Regina verwandt? Die hat zwei Söhne, Timo und Dominik. Wohnt auch hier in der Straße weiter oben. Dominik geht in meine Klasse.”
„Doch, mit der bin ich verwandt, sie ist meine Schwägerin. Ich wusste gar nicht, dass sie auch hier wohnt. Ich hab meine Neffen schon ewig nicht mehr gesehen” freute sie sich.
Was ein Zufall, dachte ich mir.
„Das ist ja echt ein Zufall. Na, dann wollen wir mal”, sagte ich und schon ging es los.
Nach einer halben Stunde waren dann die letzten Kartons in der Wohnung verstaut. Mit Markus hatte ich in der Zeit nur kurz mal ein, zwei belanglose Worte gewechselt.
„Danke dir für deine Hilfe Marc, komm doch die Tage mal vorbei zum Essen. Als kleine Wiedergutmachung“ meinte Birgit und klopfte mir dabei auf die Schulter.
„Danke für die Einladung, ich komme sicher drauf zurück. So jetzt muss ich aber los. Ich muss noch zu meiner Mutter ins Geschäft, da fahr ich auch noch mal gut 15 Minuten mit dem Rad. Die wird sich sicher schon fragen, wo ich bleibe.”
Wir verabschiedeten uns und als ich gerade aus der Wohnung ging, kam Markus hinter mir her.
„Marc warte mal bitte kurz”, sagte er.
Ich drehte mich um und lächelte ihn an.
„Ja, was gibt es?”, erwiderte ich.
„Wie lange bist du bei deiner Mutter? Wollen wir uns heute Nachmittag nicht treffen und etwas zusammen machen?” wollte Markus wissen.
Ich schaute auf die Uhr und überlegte.
„Jetzt ist es kurz nach Zwölf und ich denke, ich werde so gegen 15 Uhr wieder hier sein. Wir können uns ja so um 15:30 Uhr dort treffen.” Ich zeigte auf die andere Straßenseite, wo eine kleine mit Ketten abgesperrte Insel war, über die man zur Bücherei kam.
„Ok, also bis nachher” sagte er und ich antwortete „Ok, bis nachher.”
Er drehte sich um und ging wieder rein. Ich machte mich dann auch auf dem Weg. Schnell hoch in die Wohnung, meine Sachen wegbringen und dann nichts wie das Fahrrad holen und los zu Muttern.
Die ganze Fahrt über musste ich an Markus denken. Er sah wirklich gut aus und mit mir ging schon wieder die Fantasie durch. Als ob so jemand schwul ist, holte ich mich dann in die Realität zurück. Ich musste dabei an die Geschichte mit Michael denken und nahm mir vor, mich nicht gleich wieder kopfüber zu verlieben.
Bei meiner Mutter im Geschäft ging alles recht fix: Ich bekam 25,- EUR fürs Zeugnis und machte mich dann auf den Weg zum Friedhof. Dort hab ich dann eine Zeitlang mit Oma gesprochen und wie versprochen das Unkraut gezupft. Viel war es nicht, aber ich hatte doch echt getrödelt, so dass es schon kurz vor 15 Uhr war.
Jetzt aber nichts wie los und ab nach Hause. Ich musste mich ja noch umziehen und wollte auch noch schnell duschen gehen.
Als ich die Straße hochkam, sah ich jemand schon an den Ketten sitzen. Ich schaute kurz auf die Uhr, es war aber erst Zehn nach Drei. Also war ich auf keinen Fall zu spät. Unpünktlichkeit hasse ich nämlich total. Ich bin eigentlich immer zu früh dran, wenn ich mich mit jemandem verabrede.
Als ich näher kam, erkannte ich Markus. Er winkte mir zu und ich winkte zurück.
Er kam über die Straße zu mir, als ich vor dem Haus hielt und mein Fahrrad abschloss.
„Hi, bist ja schon da”, begrüßte er mich.
„Hi Markus, jepp, ich will jetzt noch schnell duschen und mich umziehen. Willst du mit hochkommen oder hier unten auf mich warten?”, fragte ich ihn.
„Och, wenn es dir nichts ausmacht, komm ich mit hoch.”
„Na dann los”, sagte ich.
Ich schloss die Haustür auf und wir gingen die beiden Treppen hoch. Gerade als ich die Wohnungstür aufschloss, klingte auch schon das Telefon.
„Marc Hochmann?“, meldete ich mich. Es war meine Mutter.
„Hi Marc, ich bin es. Könntest du mir einen Gefallen tun und einmal staubsaugen? Hatte ich vorhin vergessen dir zu sagen.”
„Ok Mutti, mach ich. Noch was?”, fragte ich.
„Nee, das war es. Bist du heute Abend zu Hause, wenn ich komme?”
„Ich denke nicht. Wieso? Willst du noch weg?”
„Ja, ich treffe mich noch mit Horst. Dann sehen wir uns, denke ich, erst morgen früh. Sei lieb und pass auf dich auf. Hab dich lieb.”
„Ich bin immer lieb und mach ich. Hab dich auch lieb. Bis später!“, sagte ich und legte auf.
Markus stand immer noch im Flur an der Wohnungstür.
„Das war meine Mutter, ich soll noch staubsaugen. Komm doch mit in mein Zimmer und mach es dir gemütlich. Du kannst dir TV anmachen, ich schwing mal eben den Sauger und geh dann duschen.”
„Ok”, antwortete er und folgte mir in mein Zimmer.
Nach 20 Minuten war ich fertig mit saugen und duschen und kam in mein Zimmer. Markus schaute gerade VIVA.
„So, ich bin fertig, wollen wir?”, fragte ich ihn.
„Jo, wir können. Dabei fällt mir ein, was wollen wir denn machen?”, wollte er wissen.
„Das ist eine gute Frage, wir können auch hier bleiben und schauen TV oder einen Film und können uns etwas unterhalten“, schlug ich vor.
Er war einverstanden und wir entschieden, VIVA anzulassen und erzählten uns eine Menge.
Wir verstanden uns sofort recht gut, denn wir hatten viele gemeinsame Interessen. Er spielte so wie ich auch gerne Volleyball und fuhr gerne Fahrrad. Markus war wie ich 15, aber ich sollte ja bald 16 werden.
Wir merkten gar nicht wie die Zeit verging, und auf einmal hörte ich die Wohnungstür.
Ich schaute erschrocken auf die Uhr. Es war echt schon halb Sieben.
„Hi Mutti”, rief ich.
„Hi, du bist ja doch zu Hause. Ich dachte du wolltest weg?“, rief meine Mutter und öffnete die Zimmertür.
„Ja, wollten wir auch, aber irgendwie haben wir durchs quatschen die Zeit vergessen. Darf ich vorstellen, das ist Markus, er ist mit seiner Mutter und Schwester nebenan eingezogen. Er ist der Neffe von Regina Steinbach.”
„Hi Markus, ich bin Christel. So, von Regina? Also der Cousin von Timo und Dominik. Da fällt mir ein, der rief vorhin im Geschäft an und fragte ob du noch da wärst.”
„Wer, Timo oder Dominik?”
„Timo, er sagte ihr wolltet euch treffen.”
„Oh Mist, das hatte ich ganz vergessen. Na ja, morgen ist auch noch ein Tag.”
„Du bist mir einer. Ich zieh mich jetzt um und fahr dann zu Horst. Schönen Abend noch!“, trällerte meine Mutter und ging aus dem Zimmer.
„Bin ich jetzt schuld daran, dass du Timo versetzt hast?” meinte Markus auf einmal und schaute ganz traurig.
„Nein keine Sorge, so was passiert bei mir nicht oft und richtig verabredet war ich auch nicht. Wollen wir noch hier bleiben oder die anderen suchen? Oder musst du nach Hause?“, wollte ich wissen.
„Nee, nach Hause muss ich nicht, meine Mutter weiß ja wo ich bin. Wir können gerne noch hier bleiben, ist echt nett mit dir”, erwiderte Markus und ich bemerkte ein leichtes Glitzern in seinen Augen.
Bildete ich mir das jetzt ein, oder war es Wirklichkeit? Sollte ich vielleicht doch noch Hoffnung haben einen richtigen Freund zu finden?
Wir schauten weiter TV und redeten noch bis spät in den Abend. Etwa gegen 22:30 Uhr machte Markus sich dann auf dem Weg nach Hause.
Als wir uns verabschiedeten sagte er noch, dass er sich richtig freue, mich kennen gelernt zu haben und hoffe, dass wir richtig gute Freunde werden. „Das hoffe ich auch“, antwortete ich ihm und dann ging er. Er wirkte etwas traurig, ich glaub er wäre lieber noch geblieben.
Als ich dann später im Bett lag, ließ ich den Tag noch mal Revue passieren - und auf einmal kribbelte es im Bauch. Ich hatte mich wohl schon wieder verliebt, nahm mir aber fest vor, jetzt erstmal langsam zu machen.
Leider funktionierte das nicht so. Ich traf mich die nächsten zwei Wochen fast täglich mit Markus und war auch bei ihm des Öfteren zum Essen gewesen.
Was ich nicht wusste, dass meine anderen Freunde ziemlich angepisst waren, dass ich kaum noch Zeit für sie hatte. Viel später wurde mir erst bewusst, dass sie eigentlich nur mit mir befreundet waren, weil meine Mutter so locker drauf war und wir bei mir auch bis spätabends alle in der Wohnung sein konnten, und etwas zu Essen gab es auch immer mal wieder.
Markus und ich verstanden uns immer besser - und zweimal hätte ich ihm am Liebsten schon gesagt, was ich für ihn empfinde. Aber ich hatte dann doch immer noch einen Rückzieher gemacht.
An einem Montagabend, fast drei Wochen nachdem wir uns angefreundet hatten, sagte er mir, dass er morgen keine Zeit hätte, weil er seinen Vater besuchen wollte. Er würde erst abends wieder kommen und sich dann melden. Ich sagte ihm dass ich so ab 20 Uhr zu Hause sein werde.
Dienstag schlief ich dann erstmal wieder richtig schön aus und saß gerade in der Küche beim Kaffee, als es schellte.
Ups, wer ist das denn um diese Zeit, dachte ich mir. Ich trottete also zur Tür und drückte auf. Dann hörte ich zwei Leute die Treppen hochkommen. Es waren Micha und Manu.
„Guten Morgen ihr zwei, na, was gibt es Neues?” begrüßte ich die zwei.
„Morgen Marc, hast du Zeit?”
„Klar kommt rein, wollt ihr nen Kaffee?”
„Ja gerne”, antwortete Micha.
„Setzt euch.”
Ich holte zwei Tassen aus dem Schrank und goss den Beiden Kaffee ein.
Ich merkte, dass die zwei irgendetwas auf dem Herzen hatten und fragte dann auch gleich, was los sei.
„Ihr macht ja ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter, was ist denn passiert?”
„Das wollten wir dich eigentlich fragen”, antwortete Manu.
„Hä, wie soll ich das denn verstehen?”, sagte ich.
„Seit fast drei Wochen kriegen wir dich kaum noch zur Gesicht. Haben wir dir etwas getan?”, fragte Manu besorgt.
„Wie kommst du denn darauf? Quatsch, ihr habt mir nichts getan. Ist mir gar nicht so aufgefallen, dass wir uns kaum gesehen haben. Aber jetzt wo du es sagst, hast du Recht. Ich hab euch wohl echt vernachlässigt, seit ich Markus kenne.“
„Das kannst du laut sagen”, sagte Micha und schaute mich böse an.
„Ey, jetzt mach nicht so ein Gesicht, als wenn es euch nicht gelegen gekommen wäre, wer hat sich denn immer beschwert ihr hättet kaum Zeit für euch?”, erwiderte ich und merkte, dass ich etwas sauer wurde.
„Ja schon, aber ich dachte wir sind befreundet”, sagte Micha.
„Das sind wir doch auch! Ok, ich gelobe Besserung. Friede?”
Beide nickten.
„Ok, was wollen wir drei Hübschen denn heute machen?”, wollte ich wissen.
„Wie, bist du nicht verabredet mit Markus?”, kam es spitz von Micha.
„Sag mal, kann es sein das du eifersüchtig bist?”, platze es aus mir heraus.
„Spinnst du? Ich bin doch nicht schwul!”
Aber ich. Das sagte ich natürlich nicht laut, aber ich dachte es.
„Sicher?”, zwinkerte ich ihn an.
„Oh man, Männer!”, lachte Manu.
Und auf einmal mussten wir alle drei lachen.
„Micha, du bist und bleibst mein bester Freund. Auch wenn ich mal nicht so viel Zeit habe, ist kein Grund eifersüchtig zu werden. Komm her, Kleiner!”
Micha und ich nahmen uns in den Arm und damit war das Thema beendetet.
Wir tranken unseren Kaffee aus und gingen dann auf den Schulhof, wo Timo und Danni saßen und auf einmal ganz komisch schauten.
„Hi”, begrüßte ich die beiden.
„Hi”, grüßten sie zurück.
Danni konnte sich dann folgenden Spruch nicht verkneifen: „Na, wen haben wir denn da? Ein neues Gesicht! Ich bin Danni und wer bist du? Kennen wir uns nicht?“
Ich musste erstmal laut loslachen und Micha stimmte mit ein.
Danni fand das wohl nicht ganz so lustig und haute mir leicht auf den Arm. „Ey, ich find das nicht lustig, seit fast drei Wochen kriegen wir dich kaum noch zu Gesicht!”
„Ja, ihr habt ja Recht, ich hab euch ganz schön vernachlässigt. Aber ich gelobe Besserung!”, versuchte ich zu beschwichtigen.
„Was findest du eigentlich an Markus?”, fragte mich Timo auf einmal.
„Was soll ich an ihm finden? Er ist nett und man kann super mit ihm quatschen und wir hatten viel Spaß die letzten Tage.“
„Ich mag ihn nicht wirklich. Irgendwas an ihm stört mich”, sagte Timo.
„Wenn du meinst, jedem das Seine und mir das Meiste”, erwiderte ich.
„Los Jungs hört auf! Kommt, wir spielen ne Runde Volleyball.”
„Ok!“, kam es von uns anderen, und los ging es. Wir bauten unser Netz auf, das aus selbst gehäkelter Wolle bestand, und spielten Zwei gegen Drei. Da Danni und ich die besseren Spieler waren, nahmen wir es ohne Probleme mit den anderen Dreien auf.
Auf einmal schaute Timo komisch und sagte: „Na der hat uns gerade noch gefehlt.”
Ich drehte mich um und sah Markus kommen. Er schaute traurig, aber er versuchte das zu überspielen als er bei uns ankam.
„Hi Markus, schon wieder zurück?”, begrüßte ich ihn und wir nahmen uns kurz in den Arm. Das war bei uns allen so ein Ritual.
„Hi, ja, ich hatte keine Lust mehr. Bin dann schon eher gefahren. Kann ich mitspielen?“, fragte Markus.
„Klar”, antwortete ich und sah den anderen an, dass es Ihnen wohl nicht so passte. Das war mir aber egal, Markus war mein Freund und es ging ihm nicht gut, was den anderen wohl nicht aufgefallen war.
Markus kam zu Danni und mir ins Team und jetzt stand es Drei gegen Drei. Wir waren dann zu stark für die anderen Drei, so dass wir dann wechselten. Micha kam dann zu uns und Danni ging rüber.
Jetzt war es echt eine Herausforderung, dennoch gewannen wir.
„Was machen wir jetzt?”, wollte Manu wissen.
„Gute Frage, ich denke ich werde jetzt erstmal nach Hause gehen und was essen”, antwortete ich. Es war ja auch schon 17 Uhr.
„Oh Mist, ich muss ja auch gleich schon nach Hause”, meinte Manu „mein Onkel meckert sonst wieder. Micha, bringst mich hoch?” fragte Manu.
Micha bejahte. Die beiden verabschiedeten sich von uns und gingen.
„Und was machen wir beide jetzt?”, fragte Danni Timo.
„Komm, wir fahren zu mir. Die beiden wollen sicher auch alleine sein”, sagte Timo und deutete auf uns.
Ich konnte echt nicht verstehen warum Timo auf einmal so komisch war, das war doch sonst nicht seine Art. Dennoch sagte ich aber nichts drauf. Wir verabschiedeten uns und ich ging mit Markus zu mir.
„Was ist los mit dir?”, fragte ich ihn, als wir in der Küche saßen und ich gerade am Kartoffelschälen war.
„Nichts, was soll los sein?”, antwortete Markus.
„Ach komm, ich sehe es dir doch an, dass dich was bedrückt. Du hast einen traurigen Blick drauf, das ist mir schon aufgefallen, als du auf den Schulhof kamst.“
„Du kennst mich wohl doch schon ganz gut, was?”, sagte er.
„Also wenn du nicht willst, musst du nicht reden, aber du kennst mich jetzt schon etwas und du weißt ich kann gut zuhören.”
Er überlegte einen Moment und dann fing er an zu erzählen: „Also gut, als ich bei meinem Vater ankam, war noch alles OK. Aber dann kam seine neue Freundin. Er hatte mir nicht gesagt, dass er eine Neue hat. Na ja, ist ja auch seine Sache, aber wie sie mich behandelte war echt fies. Und meinen Vater schien das nicht zu stören. Als ich ihn dann drauf ansprach, sagte er nur, wenn ich mit Kim nicht klarkommen würde, bräuchte ich ihn auch nicht mehr besuchen kommen.”
Markus fing an zu schluchzen.
Ich stand auf und nahm ihn in den Arm. Damit hatte er wohl nicht gerechnet und fing richtig heftig an zu weinen. Schließlich strich ich ihm über den Kopf und sagte nur: „Lass es raus, das tut gut.“
Es vergingen zehn Minuten, und so langsam beruhigte Markus sich wieder.
Dann briet ich uns erstmal Bratkartoffeln mit Spiegelei denn wir hatten ganz schön Hunger.
Nachdem wir gegessen hatten gingen wir in mein Zimmer und unterhielten uns noch eine Weile.
Auf einmal wurde Markus nachdenklich. Ich schaute ihn an und dann sah ich auf der Mattscheibe wie sich in einer Serie zwei Männer küssten.
Dennoch reagierte ich nicht groß drauf, dafür begann ich Markus zu beobachten. Er wirkte den Rest des Abends total nachdenklich und abwesend.
Kurz bevor er gehen wollte hielt ich ihn auf und schaute ihn an. Er wich meinem Blick aus und sagte dann.
„Sorry, ich muss echt los, sonst schimpft Mama.”
„Markus, was ist los? Du bist seit zwei Stunden so komisch und wirkst so nachdenklich. Hab ich was falsch gemacht?”, fragte ich ihn.
Nein, antwortete er nahm mich in den Arm und ging. Dabei sagte noch, dass er morgen früh so um zehn Uhr zum Frühstück kommen wolle.
Ok, dachte ich mir wird schon nicht so wichtig gewesen sein.
Ich ging dann auch schnell ins Bett und träumte von Markus.
Damit ich noch genug Zeit hatte, um zu duschen, den Tisch zu decken und Kaffee zu machen hatte ich mir extra den Wecker auf neun Uhr gestellt.
Es wurde zehn Uhr. So langsam müsste Markus ja auftauchen dachte ich mir.
Als er um 10:30 Uhr immer noch nicht da war rief ich bei ihm an. Seine Mutter sagte mir dass er schon um kurz nach Neun los sei. Wohin er wollte konnte sie mir nicht sagen. Ich sagte ihr nicht, dass wir verabredetet waren, ich wollte nicht, dass sie sich Sorgen macht.
Als er um elf Uhr immer noch nicht da war, machte ich mich fertig und wollte ihn suchen. Als ich die Wohnungstür aufmachte fiel ein Zettel runter. Ich hob ihn auf und sah, dass er an mich gerichtet war - er war von Markus.
Ich schloss die Tür, setzte mich in die Küche und fing an zu lesen.
Hallo Marc,
ich weiß nicht, wie ich anfangen soll. Aber wir können uns nicht mehr treffen.
Es gibt da etwas, das ich dir nicht sagen kann, und ich denke, du wirst es auch nicht verstehen. Ich weiß, dass du ein ganz Lieber bist und dass man mit Dir eigentlich über alles reden kann, aber darüber sicher nicht.
Bitte rufe mich nicht mehr an und versuche meine Entscheidung zu akzeptieren. Es fällt mir nicht leicht, aber es wird besser so sein, denke ich.
Dein Markus
Ich musste den Brief zwei Mal lesen, bis ich richtig begriffen hatte, was drin stand.
Es schossen mir gleich so viele Fragen durch den Kopf: Warum wollte er mich nicht mehr sehen? Was hatte ich getan? Was konnte er mir nicht sagen, was ich angeblich nicht verstehen würde?
Mir schossen die Tränen in die Augen.
Ich weiß nicht, wie lange ich dort gesessen hatte, aber das Telefon holte mich wieder in die Realität zurück.
Es war Micha, der wissen wollte ob wir uns treffen. Ich sagte ihm, mir gehe es nicht gut und ich würde mich melden.
Dann ging ich in mein Zimmer und legte mich ins Bett. Mir ging es auf einmal wirklich nicht gut. Es tat so weh. Ich grübelte noch eine Weile und heulte mich dann in den Schlaf.
Ich weiß nicht wie, aber ich hab es tatsächlich geschafft bis zum nächsten Morgen zu schlafen.
Als ich wach wurde, war sofort dieser Schmerz wieder da. Und auch mein Kopf fing wieder an zu rotieren.
Ich ging erstmal duschen, zog mich an und rief dann Micha an, ob er Zeit habe.
Wir verabredeten uns in einer halben Stunde auf dem Schulhof.
Als ich ankam saß Micha schon da.
„Hi Marc, na alles fit?”, begrüßte er mich und nahm mich in den Arm.
„Hi Micha, jo geht so.” Mehr sagte ich nicht.
Er sah mich an, nahm dann mein Gesicht in seine Hände und schaute mir in die Augen.
„Hey, was ist los mit dir? Du hast doch was.”
„Es geht um Markus”, antwortete ich.
Michas Blick veränderte sich nicht.
„Was ist passiert?”, wollte er wissen.
Ich erzählte ihm von dem Abend und auch von dem Brief. Was ich wegließ, war die Sache mit den küssenden Männern im TV.
„Hm, also da kann ich mir auch keinen Reim drauf machen - aber eins weiß ich: Du bist nicht Schuld. Du bist ein so lieber Kerl, und wenn er das nicht sieht oder anders gesagt, das nicht haben will, dann weiß er nicht, was er verpasst.”
„Danke Micha, du bist echt mein bester Freund.” Ich nahm ihn in den Arm und dann gingen wir eine Runde Spazieren. Wir quatschten über alles, was uns gerade einfiel.
Als wir auf dem Schulhof zurückkamen, blieb ich plötzlich stehen. Micha drehte sich um und schaute mich an. Dann schaute er wohin mein Blick fiel und wusste, warum ich stehen geblieben war.
Auf dem Schulhof saß Markus auf der Mauer. Er sah uns und schaute dann wieder weg.
Ich wollte erst zu ihm hingehen, überlegte es mir dann aber schnell und sagte nur zu Micha: „Komm, wir gehen woanders hin.”
Damit drehte ich mich um und ging. Micha stand noch etwas verwirrt da und folgte mir dann.
„Hey, was sollte das denn jetzt?”, fragte er mich.
„Was meinst du? Markus hat mir deutlich zu verstehen gegeben, dass ich ihn in Ruhe lassen soll - und das tue ich hiermit.”
„Aber musst du dafür weggehen? Der Schulhof ist groß genug!“
„Ich hab einfach keine Lust ihn zu sehen. Komm, wir gehen auf den Spielplatz.”
Der Spielplatz liegt bei dem BHW und dort sitzen wir auch öfters.
Micha folgte mir ohne noch ein Wort zu sagen. Gerade als wir runter zum Spielplatz gehen wollten, sahen wir Manu.
Wir winkten sie zu uns her und gingen dann zu dritt auf den Spielplatz. Ich hatte keine Lust alles noch mal zu erzählen, also gab ich Micha ein Zeichen, dass er nichts sagen sollte. Er nickte und wir verbrachten einen ruhigen Abend.
Gegen 22 Uhr, Manu war schon zu Hause, machten Micha und ich uns auch auf den Weg.
„Wollen wir noch ein Bier trinken gehen?”, fragte er mich.
„Nee du, ich kann mir die heute nicht ziehen und Gaby ist sicher auch schon wieder dicht.”
Gaby ist einer der Lesben, und so lieb sie auch war, wenn sie nüchtern war, wenn sie was getrunken hatte musste man echt aufpassen. Sie war zwar nur knapp 1,60 cm groß, aber wie sagt man so schön? Klein aber oho.
Wir verabschiedeten uns voneinander und ich ging hoch in die Wohnung.
In der nächsten Woche sah ich Markus immer mal wieder, ging ihm aber aus dem Weg. Ich unternahm viel mit den anderen. Die wunderten sich zwar etwas, kommentierten das aber nicht weiter.
Mittwochabend verabschiedete ich mich wie immer von Micha, schloss die Haustür auf und ging die Treppen hoch zur Wohnung.
Als ich die letzte Treppe hochkam, ich hatte das Flurlicht nicht angemacht, sah ich jemand vor der Wohnungstür sitzen.
Erst dachte ich, dass es Manu sei, die mal wieder Stress mit ihrem Onkel gehabt hätte. Als ich aber dann das Licht anmachte damit ich aufschließen konnte, sah ich, dass es Markus war.
Er saß dort mit Tränen in den Augen, schaute mich nur kurz an und wich dann meinem Blick wieder aus.
„Was willst du denn hier?”, fragte ich in einem neutralen Ton.
Er antwortete nicht, sondern schaute weiter auf den Boden.
So wie er da saß, tat er mir total leid. Aber schließlich wollte er, dass ich mich von ihm fernhalte.
„Wenn du nicht mit mir reden willst, lass mich bitte durch, damit ich aufschließen kann”, sagte ich nach ein paar Minuten.
Er schaute zu mir hoch, stand dann auf und schaute mir direkt in die Augen.
„Ok Markus, was ist los mit dir? Was ich jetzt sage, sage ich nur einmal und werde mich auch nicht wiederholen: Entweder du kommst jetzt mit rein und wir reden in Ruhe über alles, wobei es mich echt interessiert, was ich verbrochen habe oder du gehst und ich will dich dann nicht wieder sehen.”
Markus schaute mich mit großen Augen an. Ich schloss die Tür auf und trat ein und hielt sie ihm auf, so dass er wenn er wollte, eintreten könnte.
Er reagierte nicht. Ich wartete noch eine Minute und sagte dann: „Ok, du willst nicht. Ich wünsche dir alles Gute. Tschüß.“
Gerade als ich die Tür schließen wollte, kam er auf mich zu gestürmt und schaute mir in die Augen.
„Bitte lass uns reden”, flüsterte er.
„Ok, komm rein und geh schon mal in mein Zimmer”, erwiderte ich.
Ich ging noch in die Küche, holte uns zwei Gläser und was zu Trinken und gesellte mich zu Markus auf das Sofa.
Wir saßen etwa zehn Minuten schweigend da. So langsam hatte ich echt die Faxen dicke. Markus bedeutete mir zwar viel, aber es tat mir einfach zu weh, was er alles abzog. Wenn er jetzt nicht gleich reagieren würde, war es das.
„So Markus, jetzt erzähl mal: Was ist los”, begann ich noch mal.
„Ich weiß nicht, wie und wo ich anfangen soll”, sagte er ganz leise.
„Vielleicht warum du mich nicht mehr sehen willst.”
„Das ist es ja gerade, was mir so schwer fällt”, flüsterte Markus.
„Ja aber das muss doch einen Grund haben. Was hab ich denn falsch gemacht?”, wollte ich endlich wissen.
„Nichts hast du falsch gemacht. Es liegt nur an mir”, sagte er dann nach ein paar Minuten.
Beide schwiegen wir wieder eine gewisse Zeit.
„Markus, was ist los? Ich hab keine Lust mehr auf diese Spielchen. Das tut mir zu weh, du bedeutest mir echt viel. Ich dachte wir wären Freunde und könnten über alles reden.”
„Das sind wir doch auch. Hoffe ich. Aber mir fällt es schwer über eine Sache zu reden, vor allem weil sie dich auch betrifft.”
So langsam ahnte ich etwas. Sollte es wirklich möglich sein, dass mein Traum in Erfüllung ging? War es echt möglich, dass Markus auch schwul war und sich eventuell in mich verliebt hatte? Jetzt hieß es den ganzen Mut zusammen nehmen.
„Markus, was könnte denn so schlimm sein, dass du mit mir nicht darüber sprechen könntest? Mit mir kann man über alles reden. Selbst wenn du mir sagen würdest, dass du schwul wärst und dich in mich verliebt hättest, selbst darüber könntest du mit mir sprechen.”
Ich schaute ihn dabei an und ich lag mit meiner Vermutung richtig. Seine Reaktion war genau so, als hätte er gesagt, dass ich voll in Schwarze getroffen hätte. Er stand auf und ging ans Fenster.
„Hallo, Erde an Markus, sprich doch mit mir”, sagte ich und musste echt versuchen meine Stimme normal zu halten, mir standen die Tränen auch schon in den Augen.
„Ich… Du….” er schluchzte nur und ich verstand kein Wort.
Ok, ganz sicher war ich mir nicht, aber doch schon ziemlich. Ich überlegte einen Moment und stand ebenfalls auf. Dann ging auf ihn zu, packte ihn an den Schultern und drehte ihn zu mir. Er weinte und versuchte meinem Blick auszuweichen.
Ich griff vorsichtig an sein Kinn und hob seinen Kopf so an, dass er mir in die Augen schauen musste.
Langsam näherte ich mich ihm und ganz sanft berührten meine Lippen seine.
Er hörte schlagartig auf zu weinen und riss die Augen auf.
Dann schubste er mich von sich weg und schrie mich auf einmal an: „Sag mal spinnst du? Willst du dich jetzt noch über mich lustig machen? Ja, der kleine Markus hat sich in Marc verliebt und jetzt verarschen wir ihn mal ein bisschen und küssen ihn einfach mal.”
Ich war im ersten Moment so perplex, dass ich nichts sagen konnte. Ich sah nur Wut, Verzweiflung und Angst in seinen Augen. Was sollte ich in dem Moment tun? Am besten die Initiative ergreifen: Ich ging auf ihn zu und nahm ihn in den Arm.
Dann schaute ich ihn in die Augen und schloss meine und näherte mich wieder seinen Lippen.
Ich merkte wie er erst etwas zurück zuckte, aber dann ließ er es geschehen und unsere Lippen trafen sich. Langsam öffnete ich meine Lippen und meine Zunge suchte sich ihren Weg. Als sie seine Lippen berührte, öffnete er seinen Mund ganz langsam und meine Zunge wanderte weiter. Kaum war ich in seinem Mund traf ich auf seine Zunge.
Es kribbelte alles und es war ein echt unbeschreibliches Gefühl. Wir küssten uns eine ganze Zeit und lösten uns nur ganz langsam voneinander.
Noch einmal näherte ich mich ihm, gab ihm noch einen Kuss und zog ihn dann mit in Richtung Sofa.
„Was war denn das jetzt?”, fragte er mich ganz leise.
„Das war mein erster Kuss mit einem Jungen und ich bin froh, dass du derjenige bist. Markus, ich bin auch schwul und ich hab mich gleich am ersten Tag in dich verliebt.”
Er schaute mich nur mit großen Augen an. Doch dann lächelte er auf einmal.
„Sag mir das bitte noch mal.”
„Das war mein erster Kuss mit einem Jungen und ich bin froh, dass du derjenige bist. Markus, ich bin auch schwul und ich hab mich gleich am ersten Tag in dich verliebt. Ok so?”, lächelte ich ihn an.
„Das hätte ich nie von dir gedacht. Ich hab mich auch gleich in dich verliebt. Und als wir uns dann näher kamen wurde es immer mehr. Dann kam der Tag als wir hier saßen und ich die beiden Männer im TV sah und du auch hingeschaut hast, aber gleich wieder wegsahst. Da dachte ich, ich hätte nie eine Chance bei dir und hab dir dann deshalb am nächsten Tag den Brief geschrieben.“
„Mensch Markus, ich kann dich nur zu gut verstehen. Ich hab echt gedacht was hab ich nur falsch gemacht, dass du auf einmal so reagiert hast. Es tat so weh. Aber jetzt bin ich umso glücklicher. Markus ich liebe dich und möchte dich nie wieder verlieren.“
Kaum, dass ich dies gesagte hatte, fiel er mir in die Arme und wir küssten uns.
Ich zog ihn dann auf mein Bett und dort kuschelten wir uns aneinander.
Auf einmal hörten wir die Wohnungstür. Scheiße, meine Mutter!
Blitzartig standen wir auf und setzten uns aufs Sofa bzw. nur Markus. Ich öffnete dagegen die Tür und begrüßte meine Mutter, flüsterte ihr etwas ins Ohr und sie nickte.
Dann ging ich wieder zurück ins Zimmer und schloss die Tür.
Ich setzte mich neben Markus und schaute ihn an. „Hast du Lust heute Nacht bei mir, nicht mit mir zu schlafen?”, fragte ich in dann.
„Oh ja, sehr gerne. Dann ruf ich mal eben zu Hause an.”
Ich lächelte ihn an und gab ihm einen Kuss. Dann stand er auf, telefonierte kurz mit seiner Mutter, die einverstanden war und kam wieder zurück ins Zimmer.
Wir legten uns wieder auf das Sofa und schauten noch etwas TV.
So gegen ein Uhr machten wir uns bettfertig und zur Tarnung richtete ich auch das Sofa her.
Als Markus das sah, schaute er mich ganz traurig an.
„Schatz, das ist nur Tarnung! Glaubst du echt jetzt wo ich dich habe, lass ich dich auf dem Sofa schlafen? Du gehörst an meine Seite in mein Bett.”
Er lächelte mich an und nahm mich glücklich in den Arm.
Wir legten uns hin, küssten uns noch und kuschelten uns dann aneinander. Ich war einfach nur glücklich, dass ich Markus hatte und er jetzt bei mir im Bett und in meinen Armen lag.
Die nächsten Tage waren einfach nur super. Ich war verliebt und das Schönste dabei war, dass ich das auch zeigen konnte. Markus schien es ähnlich zu gehen.
Die letzte Ferienwoche hatte begonnen und wir wollten dies ausnutzen - ab nächster Woche würden wir wieder häufiger getrennt schlafen müssen.
Als unsere letzte Nacht bevorstand, die wir gemeinsam zusammen verbringen konnten, schaute Markus mich an und blickte dann gleich wieder zu Boden.
Oh nein, nicht schon wieder, dachte ich, was hat er jetzt, was er nicht mit mir besprechen kann.
„Markus, was ist jetzt wieder los? Waren wir uns nicht einig, dass wir ab jetzt über alles offen reden wollen?”
„Ja du hast ja Recht. Aber mir ist das peinlich”, sagte er dann.
„Also dann mal raus mit der Sprache.”
„ Ich… ich… würde gerne mit dir schlafen!”
So, das traute er sich also nicht zu sagen! Dieser Schlingel! Ich hatte auch schon dran gedacht ihn zu fragen aber mich auch nicht getraut. Jetzt war er mir zuvorgekommen. Ich nahm ihn in den Arm und flüsterte ihm ins Ohr: „Ich auch mit dir!”
Wir küssten uns und ich zog ihn dann mit auf mein Bett. Dort küssten wir uns noch eine ganze Zeit.
Wir liebten uns lange und innig.
„Ich liebe dich”, sagte ich zu ihm.
„Ich liebe dich auch!”, erwiderte Markus.
Wir lagen noch eine ganze Weile angekuschelt nebeneinander und schliefen dann ein.
Am nächsten Morgen wurde ich wach und Markus lag nicht neben mir. Ich geriet sofort in Panik und sprang aus dem Bett.
Doch dann ging die Tür auf und Markus kam herein. Ich lief ihm sofort in die Arme.
„Ich hatte gerade so Angst du hättest mich verlassen.”
„Ich war doch nur im Bad, ich würde dich doch nie verlassen!”, sagte er und wir küssten uns.
Das war unsere letzte Nacht und wir verbrachten den Sonntag auch noch gemeinsam. Am nächsten Tag ging die Schule wieder los.
Die nächsten Wochen waren einfach nur unbeschreiblich. Viel ist nicht passiert, außer, dass wir uns jetzt häufiger liebten. Der Sex mit ihm war einfach nur unbeschreiblich.
Doch unser Glück sollte nicht von langer Dauer sein. Wir waren jetzt vier Monate zusammen und keiner wusste es außer uns, kam Markus ganz traurig zu mir.
„Hey Kleiner, was ist los?”, fragte ich ihn.
„Meine Mutter wird nach Ostfriesland ziehen. Sie hat jemanden kennen gelernt.”
„Nein. Heißt das, dass wir uns trennen müssen?”, fragte ich und ich merkte wie mir die Tränen in die Augen schossen.
„Nein, ich hab sie überreden können, dass ich hier bleibe bei Melanie. Melanie bleibt hier und behält die Wohnung. Sie hat nur gesagt, wenn was sein sollte, kann ich jederzeit zu ihr kommen.”
„Gott bin ich froh, ich glaub, ich würde es nicht aushalten, dich zu verlieren.”
Danach küssten wir uns und ich war froh, dass Markus hier bleiben konnte. Bei mir.
Es vergingen sechs Wochen und Markus Mutter wohnte jetzt schon drei Wochen nicht mehr hier als Markus eines Abends ganz aufgelöst zu mir kam.
„Marc, ich halte das hier nicht mehr aus. Ich komm mit meiner Schwester nicht klar. Ich weiß nicht, was ich machen soll.”
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte und nahm ihn erstmal in den Arm.
„Ich liebe dich Marc, mehr als mir lieb ist aber ich kann hier nicht länger bleiben. Ich werde zu meiner Mutter nach Ostfriesland ziehen”, sagte Markus auf einmal.
Was?? Ich war wie vor den Kopf geschlagen. Was hatte er gesagt? Er zieht zu seiner Mutter?
„Sag das bitte noch mal”, stotterte ich.
„Du hast richtig gehört. Ich werde nach Ostfriesland gehen.”
„Wann?”, war das Einzige, das ich heraus brachte.
„Morgen Mittag geht mein Zug”, flüsterte er ganz leise.
Ich konnte nichts sagen, nahm ihn einfach in den Arm und hielt ihn ganz fest. Die Tränen schossen nur so aus meinen Augen.
Es tat so weh, noch hatte ich ihn hier bei mir aber ab morgen sollte er weg sein.
„Wie soll es mit uns weiter gehen?”, sagte ich dann nach einiger Zeit.
„Ich weiß es nicht aber ich denke wir werden uns so gut wie gar nicht sehen. Ich denke es ist besser wir trennen uns heute Abend. Marc, es tut mir genau so weh wie dir. Ich liebe dich aber mir bleibt keine andere Wahl”, sagte er mit Tränen in den Augen.
„Du hast Recht, das wird das Beste sein. Ja es tut sehr weh. Halt mich fest bitte, wenigstens heute noch.”
Wir kuschelten noch den ganzen Abend. So gegen 22 Uhr kam dann der Abschied. Wir lagen uns in den Armen und heulten beide wie noch nie. Es tat so weh.
Ein letzter Kuss und dann ging er.
Ich legte mich auf mein Bett und heulte mich in den Schlaf. Der nächste Tag war einfach nur grauenhaft. Ich hatte Fieber bekommen und blieb somit zu Hause.
Das war es also. Meine erste große Liebe hatte mich verlassen und das noch nicht mal, weil wir uns nicht mehr verstanden hatten, sondern weil er weggezogen war. Die nächsten Wochen waren grauenhaft. Nach außen hin durfte ich mir ja nichts anmerken lassen. Ich spielte das sehr überzeugend.
Dennoch weinte ich mich noch oft in den Schlaf. Bis heute hab ich nichts mehr von Markus gehört. Ich denke er wollte genauso wie ich dem anderem nicht wehtun. Deswegen haben wir nicht telefoniert oder uns geschrieben.
Ende Teil 1
Der Lesemodus blendet die rechte Navigationsleiste aus und vergrößert die Story auf die gesamte Breite.
Die Schriftgröße wird dabei vergrößert.