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Angel of Darkness

Tyr Dieanell - The last royal Beast

Chapter 7

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Informationen

 

Zur fortgeschrittenen Morgenstunde mit den Vorboten der Sonne in den Gliedern waren Milan und Tyr ziemlich berauscht. Nicht durch den Alkohol, dem sie reichlich zugesprochen hatten und der bei Ihnen nichts bis nicht viel bewirken konnte, sondern durch die Hormondunstwolke der Sterblichen um sie herum, der sie die ganze Nacht ausgesetzt waren.

So kam es hier und da zu explosiven Küssen. Manchmal nur kurz und flüchtig, aber dann auch wieder leidenschaftlich und blutig. Ihr gegenseitiges Blut löste sofort einen tiefen Hunger nach mehr aus. Nicht unbedingt nach mehr Blut, wobei das ebenso eine Begleiterscheinung war. Vielmehr löste der spezielle dämonische Saft ein tiefer sitzendes Verlangen aus. Nämlich dem nach Lust, welches sie einfach wild und animalisch werden ließ. Diese Kombination war es auch, die sie regelrecht zur Jagd auf Menschen zwang. Das taten sie auch großflächig.

Sie teilten sich sogar, wie in vergangenen Tagen, erneut den einen oder anderen Leckerbissen ihres Festmahls – wenn sie sich nicht selbst gegenseitig als Beute erlegten. Sie feierten als ob sie nie getrennt waren. Umso mehr freute sich Milan, Tyr in seiner Bestform zu erleben und das wundervoller Weise nur durch seine Anwesenheit. Nichts war geblieben von dem grüblerischen Mann, dem niedergeschlagenen Vampir, welchen er noch vor Ihrem Streifzug gesehen hatte. Während ihrer gemeinsamen Stunden strotzte er geradezu vor neuer Energie und Lebenskraft.

Noch immer waren sie high und fühlten sich euphorisch wie nie zuvor. Beide fühlten sich jünger als sie es waren. Selbst das Erwachen des Tages konnte sie nicht aus dem Strudel der Lust und Freude erwecken. Es überraschte Milan daher kaum, dass Tyr ihn in sein Bett einlud und er war nicht mehr im Stande dieses Angebot auszuschlagen, ganz gleich wie vernünftig es gewesen wäre.

Im Gegenteil war die Aussicht darauf noch eine halbe Stunde warten zu müssen, bis er dessen Hände auf seinem eigenen Körper spüren konnte, viel zu unerträglich. Dabei wünschte Milan sich nichts sehnlicher als das Tyr sich Materialisieren könne um innerhalb von Sekunden mit dem angenehmeren Teil zu beginnen.

Eine Gabe, die einst dessen Vater Tyrll besaß. Er war ein Hüter von besonders hohem und einzigartigem Talent. Beinahe eine ebenso große Legende wie der Schöpfer der „Vier Mächtigen“ Die Anell selbst. Tyrll konnte Strecken in einem Bruchteil einer Sekunde überwinden ohne je erschöpft zu sein. Er hatte eine fast unerschöpfliche Machtquelle in sich besessen und war ein undurchschaubarer Dämon gewesen. Er war einzigartig und das nicht nur im Widerspruch seiner äußerlichen Schönheit zu seiner inneren Kaltherzigkeit. Sondern auch seine wahre Urgestalt war von einer enormen, gar unvergleichlichen Präsenz. Ihm gelang es was den anderen dreien nicht gelingen konnte, denn er war so nah an dem Podest des Einzigen. Er hätte Anspruch auf den Titel erheben können.

Doch diese Position konnte er nur erreichen, da er eben eins der machtvollsten Talente des Universums besaß. Keine Fähigkeit war mehr gefürchtet und gewünscht wie seine. Besonders beim Jagen war sie immer schon eine sehr nützliche Fertigkeit zum effizienten Bekämpfen der inneren wie äußeren Feinde. Vielleicht lag es auch genau daran, dass Tyrll einen Rat gründete, der wie eine Art regierendes Kontrollorgan unter Dämonen fungierte. Er allein setzte wichtige Regeln des Miteinander auf und vollstreckte jede Nichtbeachtung dieser. Noch heute waren die Aufgaben des Rates dieselben wie damals. Nur dass dieser heute aus wesentlich mehr Mitgliedern bestand und nicht mehr nur aus einem einzigen Mann. Doch mit der Fähigkeit des Materialisierens innerhalb von Sekunden war es auch nicht nötig gewesen, mehr als ein Kontrollorgan zu haben. Allerdings war das Vergangenheit, denn heute gab es laut Auskunft jener Nachkommen, deren Erzeuger diese Macht besaßen, keinen weiteren Träger für diese Gabe. Ihre Vorfahren die Hüter Tyrll und Difi hatten ihr Talent mit in ihren Untergang genommen. Wer wusste für was das gut war.

„Was grinst du so süffisant?“, klang es so dicht an Milans Ohr, dass er zusammenzuckte und in Trys amüsiertes Antlitz blickte.

„Nichts.“, haspelte er daher schnell, da seine Gedanken so eben dabei waren, nicht mehr Jugendfrei zu werden.

„Nach nichts siehst du nicht aus.“, kicherte sein Gesprächspartner zurück. „Wenn ich es nicht so genau wüsste, dann würde ich trotzdem raten, dass du gerade davon träumst wie wir uns in den Laken wälzen.“

„Was?“, japste Milan erschrocken nach Luft. „Woher?“

„Deine Gedanken brauchte ich nicht erst lesen.“, lachte Tyr nun laut. „Denn so wie du glühst, schmelzen in jedem Augenblick die Polarkappen.“ Daraufhin stellte sich Tyr vor Milan und musterte ihn nochmal deutlich. Milan sah ihn noch immer mit großen Augen an und glaubte nicht was er dann hörte. „Außerdem hast du eine Monsterbeule in deiner zu engen Hose. Die ganze Welt weiß, was du denkst, Süßer.“

Milan wurde rot, als er automatisch mit seiner Hand zu seinem Schritt fuhr und die Bestätigung Tyrs Worte förmlich spüren konnte. Es wurde wirklich Zeit, dass sie ins Bett kamen. Lange hielt er es ganz bestimmt nicht mehr aus. Daher eilte er geradezu durch das Szeneviertel, beschwipst nach wie vor von dem Geruch der Lust und mit Tyr an seiner Seite in einer engen Schulterumarmung. Doch als ein kräftiges Zucken durch Tyr fuhr und sich zeitgleich ein gefährliches und vor allem markerfrierendes Knurren aus der Kehle löste, riss dies Milan aus jegliche Euphorie.

Er schlug hart, sehr hart auf dem Boden der Realität auf, geschweige von dem wirklichen Fall auf den Boden durch das abrupte Lösen der Umarmung. So schnell wie das auch kam, katapultierte ihn ein Ruck zu Boden. Tyr hatte sich aus ihrer freundschaftlichen Umarmung gelöst und war davon gerauscht.

Die erregende Atmosphäre war hinüber und ein stiller Fluch verließ Milans schönen Mund, der sich nun wirklich zu ärgern begann, dass Tyr nicht teleportieren konnte. Würde dies nämlich zu seinen Fähigkeiten zählen, wäre diese Situation ihnen beiden erspart geblieben. Tyr war so flink davon geflitzt, dass selbst er mit seinen halb dämonischen Augen ihn fast verloren hätte.

Zum Glück war er nicht weit weg und Milan brauchte nicht einmal eins und eins zusammen zu zählen um zu kapieren, wer der Junge war, der aufschreiend und verängstigt an die nächste Wand flog. In einem scheinbar schmerzenden Griff festgehalten wurde und von Tyr noch dazu als Selbstbedienungsladen missbraucht wurde.

Milan stöhnte genervt auf, ihm fiel nun nämlich die Aufgabe zu, den umstehenden Augenzeugen ihre Erinnerung zu rauben. Als ob das ein Kinderspiel war, aber nun verstand er durchaus was Vico damit meinte, dass Tyr nicht er selbst war. Das Biest in ihm hatte den Diplomaten vollkommen im Griff und Eifersucht passte bei diesem wohl gar nicht gut. Jedenfalls hatte er mit dem Jungen absolut kein Mitleid. Der wiederrum wimmerte deutlich vor Schmerz, doch gegen die Übermacht des Vampirs kam nicht einmal ein Vampie an. Geschweige ein Mensch. Ob überhaupt jemand in der Lage war Tyr jemals kräfte-technisch ebenbürtig zu sein? Da war sich Milan im Augenblick nicht sicher, jedenfalls keiner der jünger war, würde das je werden. Und das war genaugenommen jeder.

„Du bist Mein, nur MEIN.“, grollte Tyr laut, nachdem er die Wunde an Callans Hals versiegelt hatte und zu seinem Frust noch nicht mal erfahren hatte, wer der fremde Sterbliche neben ihm war, der so extrem nach Callan selbst roch. Und was er hier suchte, blieb leider genauso ungeklärt. In seinem blinden Zorn hatte Tyr komplett vergessen, dass er nicht in den Geist von Callan sehen gar einfahren konnte. Jetzt hatte er zu allem Überfluss schon zum zweiten Mal von ihm getrunken, das sollte er besser nicht zu häufig machen. Nicht dass die Wandlung unabdingbar wurde. Die konnte er nämlich erst befürworten, wenn er wusste was sich hinter diesem Geschöpf wirklich verbarg.

Obwohl ihm sehr deutlich bewusst war, dass dies kein leichtes Unterfangen war, da sich noch mehr Komplikationen aufgetan hatten. Tyr musste in Erfahrung bringen, wen dieser Mensch Letztens besucht hatte, was da für Schwingungen herrschten und warum er nicht in Callans Geist kam? Das ganze Theater mit ihm war einfach unglaublich verwirrend. Wie sollte er diesem Sterblichen je vertrauen können, wenn er nicht jederzeit alles über ihn erfahren konnte? Es durfte nicht sein, dass irgendjemand oder etwas Geheimnisse vor ihm haben konnte. Damit konnte er absolut nicht umgehen.

Jetzt allerdings, in diesem Moment, ging es jedoch um ganz andere Gelüste, die er stillen wollte. Und nichts und niemand würde ihn jetzt davon abhalten. Keine Gefühle und kein Callan, der überhaupt erst Auslöser für jene Begierde war. Tyr stürmte dessen Mund und schob seine Zunge in Callans Rachen. Es war ihm gleich, dass er versuchte zu protestieren. Gegen ihn kam er ja doch nicht an.

'Das kann doch nicht wahr sein!', ärgerte sich Cal innerlich. Tyr war wohl nicht ganz dicht, ihn so dermaßen zu überfallen und mit ihm so brutal umzugehen. Selbst das Reiben an ihm hatte nichts zärtliches, sondern was sehr drängendes an sich. Er würde zwar lügen, wenn er behaupten würde nicht auch auf ihn scharf zu sein und sich deshalb hatte Zerstreuung suchen wollen. Doch dieser Überfall war dann doch ein bisschen zu viel und vor allem viel zu plötzlich. So wollte er das nicht, ganz bestimmt nicht.

Klar es musste kein Blümchensex sein, war sowieso ausgeschlossen bei ihrem ersten Mal, dafür zerriss es Tyr bestimmt genauso wie ihn vor unterdrückter Leidenschaft. Doch eine Vergewaltigung auf offener Straße brauchte es dann nicht gleich sein. Nur wie brachte man das einem Typen wie ihm bei?

Jemanden der vollkommen von der Rolle und bei dem Zuhören scheinbar außer Betrieb gesetzt war. Insbesondere schnürte ein neues Gefühl in ihm Callan den Hals zu. Im selben Augenaufschlag wie Tyr ihn angefallen hatte, explodierte etwas in ihm und brodelte seitdem heiß und wütend in seinen Eingeweiden. Dieser flammend heiße Sturm in ihm machte ihm unsagbare Angst, da er es nicht nur nicht kannte. Sondern es sich in ihm auch mit reißender Gewalt einen Weg nach draußen suchte.

Dabei fühlte sich Callan, als ob er in einem Backofen saß oder besser gesagt sich einer in ihm befand. Die Hitze kochte in jeder Nervenzelle und wirbelte ungehalten in seiner Blutbahn. Sie war bereit zu agieren, wenn Tyr nicht langsam den Rückzug antrat. Denn dieses neue Etwas in Cal, sah ihn als den absoluten Todfeind. Doch sein Verstand sah ihn als Verbündeten und sein Herz als absolut harmlosen und eifersüchtigen süßen Trottel. Doch Letzterem konnte man sowieso nie glauben, solange die rosarote Brille auf der Nase saß. Umso erleichterter atmete Callan auf, als sich zwei Hände von hinten auf dessen - Tyrs - Schulter legten und diese es tatsächlich schafften ihn zum Innehalten zu bewegen.

Allerdings kam das bedrohliche Knurren zurück und in Callan kroch Panik den Rücken hinauf, da die Hitze in ihm deutlicher anstieg und er Tyrs veränderte Augen sah. Es waren Augen einer Bestie, einer sehr tödlichen obendrein. Aber in keinem Fall mehr die von dem Mann, den er in seiner Wohnung kennengelernt hatte und zu dem er sich unglücklicherweise hingezogen fühlte.

Mit einem Mal brüllte Tyr laut auf und hieb gegen die Wand neben Callan. Dieser erstarrte nun noch mehr. Angst hatte ihn nun in den Krallen. Cal hatte den Knall gehört und konnte das Rieseln von Stein neben sich hören. Er riss sich zusammen um nicht wimmernd in die Knie zu rutschen, doch er scheiterte. Seine Beine gaben nach und er rutschte abwärts. Dabei begann das flammende Inferno tief in ihm in ein klares Vibrieren zu wechseln, was ihn nicht weniger ängstigte. Zuerst war da dieser heißer Feuerwirbel und nun war es ein fast schon zaghaftes summen. Das machte doch alles keinen Sinn. Was um alles in der Welt ging hier nur vor sich?

Kaum jedoch am Boden angelangt, hörte er ein weiteres Brüllen: „Verdammt. Hör auf mich zu fürchten. Du Idiot. Ich will … .“ Tyr schrie voller Verzweiflung, den der Geruch von Angst und Furcht bis tief in sein Inneres peinigte.

Bei Callan hingegen löste der Schrei ein Zitter-Orchester im gesamten Körper aus und sein vollkommen verängstigter Instinkt wollte nichts weiter, als sich inklusive auflösen. So presste er sich noch dichter an die Wand und versuchte sich so klein und unscheinbar wie möglich zu machen. Doch er war sich der immer zorniger werdenden Präsenz des Anderen durchaus bewusst, so dass Tränen schluchzend aus ihm ausbrachen.

Sogar das Vibrieren in seinem Bauch wurde nun ruhiger und ließ noch mehr Furcht in Callan zurück, denn eine innere Gewissheit versprach ihm etwas Großes in der dunklen Ferne seines Inneren hinter diesem neuen Gefühl. Doch das alles wollte er nicht. Er wollte nur Callan sein, ein normaler Heranwachsender. All das was er bisher erlebt hatte seit dieser Mann in sein Leben getreten war, machte ihm noch viel mehr Angst. Noch viel kleiner und verwundbarer, als er sich ohnehin schon gefühlt hatte in der Welt, in der soviel passierte, von dem er keinen Ahnung hatte.

Und nun passierte auch mit ihm etwas, wovon er keine Ahnung hatte. Er befand sich in einem Spiel, dessen Regeln er niemals beherrschen konnte und ihn noch winziger fühlen ließ. Als ob er nur ein Glasurtropfen auf einer Riesentorte war und er doch ein Teil vom großen Ganzen war, was notwendig blieb.

Die ganze Situation verschreckte ihn und dabei wollte er nicht wie ein Hasenfuß wirken. Er wollte auch Tyr nicht so bedrohlich und sauer sehen, gar dieses furchterregende Unbekannte in sich spüren. All das ließ ihn so hilflos sein, so dass bald sein Verstand aussetzte und nur noch unverständliche wimmernde Bittworte aus seinem Mund kamen. In einer Sprache die selbst Milan nicht verstand. Die Tyr jedoch nur weiter anstachelten und Callan so noch weiter in die Enge trieb.

„Tyr es reicht. Hör auf damit! Er ist ein Mensch, vergiss das nicht. Er hat Angst! Sein Instinkt fürchtet sich automatisch vor uns, ganz gleich was sein Herz denkt.“, fuhr ihn Milan an und erreichte ihn endlich. Verzweifelt blickte dieser ihm in die Augen und nickte dann nur stumm, zog sich ein wenig von dem Sterblichen zurück und überließ Milan das Feld.

Der kniete sich nach unten und legte sanft seine Hand auf dessen zitterndes Knie. Ein scheuer, tränen-schimmernder Blick traf ihn und längst vergessene Empfindungen suchten ihn heim. Hatte er damals auch so ausgesehen, als ihn Tyr gerettet hatte? Dann verstand er allmählich wieso dieser damals dachte, seine Liebesbekenntnisse stünden auf falschen Füßen. Selbst er empfand gerade nur Mitleid und irgendwas in ihm ließ ihn sich um den Menschen kümmern wollen. Ob das der verbliebene Rest seiner einst menschlichen Seele war? Nein ganz sicher nicht, auch Dämonen besaßen eine Seele! Wenngleich keiner wusste, was das war! Es war schon ein grotesker Gedanke, der ihn kurz aufschmunzeln ließ. Verschrien als herzlose Monster, wühlte dieser verängstigte Anblick eine Art Beschützer-Instinkt hervor, trotz der Tatsache, dass Angst für sie normalerweise wie ein Aphrodisiakum wirkte.

Doch Milan konnte diesen verschreckten Menschen in diesem Fall nicht als Beute sehen. War das der einzige Unterschied, dass dieselben Hormone nun plötzlich eher wie Schmerz durch seine Adern strömten? Als Beute spornte ihn dieser Geruch erst richtig an und jetzt peinigte dieser Geruch ihn. Kein Wunder, dass Tyr fast den Verstand verlor. Er war diesem Geschöpf verfallen. Für ihn musste der Geruch eine Höllenqual darstellen.

Aber warum quälte es auch ihn? Callan war sein Konkurrent. Undenkbar zwar, aber er war es, so lächerlich es klang. Er müsste ihn hassen und sich freuen, sogar sich an seiner Pein laben, doch er konnte nicht. Litt er etwa, weil Tyr litt und dieser ihm unendlich viel bedeutete und er alles für dessen Glück gab? Er wusste es nicht, konnte sich die Empfindungen nicht erklären. Sie waren in jedem Fall nicht typisch für Ihre Art und alles andere als logisch. Er hatte auch nie etwas vergleichbares erlebt oder davon gehört.

Was war das nur für ein sonderbarer Typ vor ihm? Was für eine Macht besaß dieser Junge nur? Es war unheimlich und er gefährlich, definitiv. Aber jeder vage Gedanke daran ihn genau deswegen auslöschen zu wollen, peinigte ihn wie Milliarden Messerstiche und machte ihn sogar bewegungsunfähig. Wie schlimm musste es nur Tyr gehen?

Doch wenn Milan es genau nahm, war der selber daran schuld, wie er jetzt vor inneren Schmerzen verging. Er war wie ein Berserker auf den Jungen losgegangen. Es war eine rein menschliche Reaktion dann in Panik auszubrechen. Nur wie beruhigte man jetzt so ein verschrecktes Reh? Denn so kam er ihm jetzt wirklich vor, wie ein in die Enge getriebenes Tier mit großen Kulleraugen. Durchaus niedlich.

Milan grinste in sich, insbesondere da seine Agonie mit einem mal verschwunden war. Er erinnerte sich sogar im selben Atemzug, wie man Menschen beruhigen konnte. Als ob eine fremde Präsenz in ihn gefahren war, begann er behutsam den Arm des Menschlein zu streicheln. Dabei fühlte er Tyrs Aggression ihm gegenüber ziemlich deutlich aufwallen. Wäre die Situation allerdings nicht so gefährlich, empfände er dessen Reaktion als wahrlich süß. Wobei Tyr und süß nun mal gar nicht ging.

„Beruhige dich. Es ist alles wieder okay.“ Und damit sprach er nicht nur den Menschen vor sich an, sondern wollte sogleich auch Tyr damit besänftigen. Denn die Sonne erinnerte ihn unangenehm daran, dass es Zeit wurde aus der Helligkeit zu kommen.

Nach gefühlten Stunden dann endlich, die eigentlich nur wenigen Minuten entsprachen, steckten sie Callan – noch immer alles andere als beruhigt – in ein Taxi. Idealerweise dachte Tyr trotz seiner Eifersucht und Unruhe mit und manipulierte den Fahrer, wobei er selbst versuchte bei dem Jungen irgendetwas zu bewirken. Es funktionierte jedoch nicht und er wurde mit einem sehr kräftigen und verdammt heißen Stoß aus Callans Körper katapultiert.

Er hatte kaum eine Sekunde nachdem er sich auf den Weg in Callans Geist gemacht hatte eine fremde und sehr bedrohliche Kraft in dem Sterblichen gefühlt. Diese Energie hatte ihn sogar physisch verletzt, denn er hatte an einer seiner Hände, die er mental fürs Vorfühlen nahm, schmerzhafte Brandblasen. Verblüfft blickte Milan zwischen seiner Hand und Callan hin und her, der noch immer genauso benommen aussah, wie vorhin. Was im Namen der vier Heiligen war dieses Wesen? Nicht nur, dass er nicht in seine Gedanken kam, so wurde er auch sofort angegriffen. Das war nicht normal für einen Sterblichen. Da war sich Milan absolut sicher. Doch was war er dann?

Als das Taxi außer Sichtweite war, begaben sich die beiden Dämonen in Tyrs Anwesen, dabei fiel Milan die ganze Zeit auf, dass sich seine Brandwunde nicht heilte. Generell hätte sie schon längst weg sein müssen, doch sie war noch immer da und sah sogar schlimmer aus. Entsetzt stockte er im Schritt – obwohl er seinem Freund nach wie vor folgte – und wollte nicht glauben, was er sah. Die Wunde war durch die Sonnenstrahlen schlimmer geworden und hatte sich Entzündet. Eiter bildete sich unter den Blasen und Milan konnte nicht anders als entsetzt drein zu blicken. Das war schier unmöglich.

Im Gemach angekommen, setzte sich Tyr erschöpft und sichtlich mitgenommen in einen Sessel. Er sah gequält aus und es wunderte Milan nicht, als er dann ein noch verzweifelteres „Hilf mir“ zu hören bekam. Er entschied sich diesem Mann, den er begehrte, beizustehen. Er liebte ihn.

Für Callan konnten Sie im Augenblick nicht viel tun, dafür sollte die Sonne erst untergehen, bevor sie ihm erneut gegenübertraten. Abgesehen davon, dass sich Milan nicht sicher war ob er das wirklich wollte, wenn er an seine Hand dachte, die er in einem Handschuh verborgen hatte. Er wollte keine unangenehmen Fragen aufwerfen. Für eine Lösung blieb noch Zeit, später. Er selbst hatte das Erlebte zu verdauen und Tyr hatte auch eine Pause nötig. Wobei nach all dem Schrecken wieder andere Wünsche zum Vorschein kamen.

Milan konnte auch in Tyrs Anlitz das lüsterne Funkeln erkennen und trat bedächtig und langsam auf den Sessel zu. Dann ging er langsam in die Knie und positionierte sich zwischen Tyrs Beine. Dieser sah ihn nur stumm an und schloss die Augen, als Milan seine Hände gegen dessen Härte presste und die Kontur auf seinem Stoff gemächlich nach fuhr. Kein Wunder, dass die Pferde mit ihm durchgegangen waren, kein Mann konnte solch eine Lanze ertragen.

Milan hatte sich den Abend zwar ein bisschen anders vorgestellt, doch die jetzige Situation hieß nicht, dass dieser nicht ein wenig wie vorgestellt enden konnte. Und so begann er sich seinem Freund aufmerksam zu widmen. Es war kaum zu glauben, wie gut das tat. Weder Tyr noch Milan hätten sich träumen lassen, dass sie sich beide so nötig und vermisst hatten. Doch in dieser einen Nacht und diesem Tag wurde beiden klar, dass sie einander viel wertvoller waren, als es für Dämonen üblich war. Sie vertrauten und verstanden sich, wobei das bei Dämonen nicht üblich war.

In ihrer Welt ging es um Macht, nämlich um diejenigen die sie hatten und diejenigen die sie wollten. Kompromisse konnten nur geschlossen werden, wenn für jeden das Gleiche dabei raus sprang. Freundschaft war in dieser Welt ein Fremdwort und selbst in der Welt der Menschen gab es kaum Exemplare, die wahre Freundschaft kannten. So jedenfalls waren die Beobachtungen über Jahrhunderte ausgefallen. Es ging stets um den eigenen Vorteil und wie man ihn mit Verbindungen schneller erreichen konnte.

Umso größer war das Mysterium für Tyr, dass Milan für ihn auf Augenhöhe stand. Noch nie zuvor war ihm irgendwer begegnet, den er nur annähernd hätte akzeptieren können, als Freund. Doch Milan war etwas Besonderes für ihn. Nicht so Besonders wie Callan, dieser komische Sterbliche. Doch gerade mit diesem würde er nie auf einer Ebene stehen können. Im Gegenteil ging es jedes Mal, wenn sie aufeinander trafen um ein Ringen von Macht. Er durfte sich nicht fallen lassen. Die Folgen könnten katastrophal sein.

Bei Milan hingegen gab es diesen Zwiespalt nicht und er konnte sich zurücklehnen. Denn er war ein Freund. Sein Freund.

Warum war er damals gegangen? War es wirklich so schmerzhaft für ihn gewesen hier zu bleiben? Tyr konnte sich nicht mehr genau an ihr letztes Gespräch erinnern. Hatte er ihn womöglich verletzt? Er wusste es nicht mehr und es brachte ihn nicht weiter. Das Jetzt zählte und er würde Milan kein zweites Mal ziehen lassen. Er gehörte hier hin, zu ihm. Und doch sehnte sich sein dummes Herz nach soviel mehr. Viel zu viel, von dem er wusste, dass Milan diese Gier nicht zu stillen vermochte, ganz gleich wie hartnäckig er es versuchen würde. Er brauchte Callan und doch wollte er auch Milan bei sich haben.

Mehr noch, wollte er sich jetzt in ihm vergraben. Sofort küsste er ihn sanft übers Schlüsselbein zur Brustwarze und begann die Zweisamkeit mit seinem Freund zu genießen.

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