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Chrissi und Ben

Teil 1 - Endlich Abi!

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Informationen

Inhaltsverzeichnis

Chrissi

Yeeeha, das war sie also, die letzte Abiprüfung. Jetzt sind wir also frisch gebackene Abiturienten. Und ein Ultimatum steht unmittelbar bevor. Montag wird sich unsere Jahrgangsstufe treffen, um die letzten organisatorischen Sachen für unsere „final-party“ abzusprechen. Für genau dieses Treffen haben mein Schatz und ich uns vorgenommen, unser Coming-Out offiziell werden zu lassen.

Und in 3 Wochen wohnen wir dann hoffentlich schön eingerichtet in unserer eigenen Wohnung mitten in Köln, um voller Elan unser Studium zu starten… Köln, DIE Stadt schlechthin! Coole Leute, tolle Stadt, studieren und Spaß haben können, das Wasser gleich als Nachbar und nicht zu vergessen ist diese Stadt um einiges offener als viele andere Städte. Unsere Wohnung ist auch ein Traum. 5 helle Räume dürfen wir ab sofort unser eigen nennen. Ein geräumiges Bad, eine große Küche (sehr wichtig!) und ein „woooow“ von Schlafzimmer, ein gemütliches Wohnzimmer mit Fensterfront und Balkon dran. Und ein kleineres Zimmer haben wir als Lern- und Computerzimmer geplant.

Gleich werden wir erst mal gemütlich realisieren, dass wir erst wieder fürs Studium lernen müssen, die letzten Kisten packen und morgen die erste Fuhre nach Köln fahren.

Ben

Maaan, wo bleibt der Kerl denn? Seine Prüfung hätte schon vor ner halben Stunde zu Ende sein sollen. Ich geh’ hier noch ein! Warum ruft er nicht endlich an, wies gelaufen ist? Meine letzte Prüfung war zum Glück schon vor 2 Tagen, der Kleene hat sich (und sein Umfeld) gestern fast verrückt gemacht, vor lauter Prüfungsstress!

Und hier stehen schon die Umzugskartons. Unsere Eltern und mein kleiner Bruder haben fleißig geholfen zu packen. Sie sind übrigens auch neben unserer Clique die Einzigen, die über Chrissi und mich Bescheid wissen. Chrissi, eigentlich Christian Hamberg, ist seit über 2 Jahren mein Freund. Ich bin Ben, Benni oder Benjamin Klerker. Wir sind seit dem Gymnasium in einer Klasse. In den ersten Jahren hatten wir quasi gar nix miteinander zu tun, irgendwann haben wir uns angefreundet, unter anderem auch durch den Rettungsdienst und die Freiwillige Feuerwehr. Und das hier ist nun netterweise draus geworden. Eine recht harmonische Beziehung. Wir ergänzen uns häufig, Streit gibt’s extrem selten.

Wenn sich mein werter Herr Freund jetzt eeeendlich mal nach Hause bequemt, haben wir hier auch die Chance, endlich auf unsere Prüfungen anzustoßen. Zwischen gepackten Kisten hat die Elternmannschaft nämlich ein kleines Buffet aufgebaut, es stehen ein paar Kerzen rum und bunte Lampions zieren das Wohnzimmer.

Wir warten also nur noch auf Chrissi…

Chrissi

Ach herrje, erst dauert die Prüfung so ewig, dann quatschen die Lehrer einen noch voll und jetzt dieser Gegenwind den Berg rauf. Zum Glück wartet der Mann meiner schlaflosen Nächte zu Hause und wir können endlich den ganzen Abistress hinter uns lassen.

Öööhm, Benni hat den Wagen schon hier? Wir wollten doch erst morgen die ersten Kartons in die Wohnung fahren, der Typ ist doch immer wieder für ne Überraschung gut, aber praktisch, dann können wir heute schon einladen und morgen früh sofort losfahren.

Ben

„Hallo mein Schatz! Willkommen zu Hause!“, begrüße ich den sichtlich verdutzten Chrissi, der mit seinen vom Wind zerzausten Haaren extrem süß ausschaut.

„Ehm, hi Ben!“ Der frisch gebackene Abiturient fällt mir um den Hals und bemerkt dann im Hintergrund unsere Eltern und mein Brüderchen. „Ihr alle versammelterweise hier? Heeey! Das ist ja genial!“

„Hallo Sohnemann, herzlichen Glückwunsch! Jetzt hast du‘s also auch endlich geschafft.“ „Chrissi, Chrissi! Jetzt bist du schon voll alt!“, kommt prompt ein Kommentar von meinem frechem Bruder. Auch meine Eltern gratulieren ihrem „Schwiegersohn“ zur letzten bestandenen Prüfung.

Jeder bekommt O-Saft oder Champagner in die Hand gedrückt und wir stoßen auf unser Abi und einen neuen Lebensabschnitt an, der bald beginnen wird.

Dann erzählt Chrissi, was sein Thema war, wie er das heldenhaft perfekt gemeistert hat und und und.

Chrissi

Ich komme schon gar nicht mehr dazu, den Haustürschlüssel rauszukramen, da wird mir schon stürmisch die Tür geöffnet und hinter meinem Schatz stehen unsere Eltern und Niko. Ben steht grinsend und als Personifizierung des Sonnenscheins im Türrahmen und begrüßt mich mit einer Gratulations-Umarmung.

Es gibt Champagner – CHAMPAGNER!!! – zur Feier des Tages, und ein kleines Buffet zwischen den Kartons ist auch aufgebaut. An den Wänden und von der Decke hängen bunte Lampions, auf dem Tisch stehen Kerzen. Wahnsinn!

Die 6 sind echt genial. Haben sich ja echt tierisch viel Mühe gemacht!

Ich werde mit Fragen bombardiert und erzähle, wie’s mir in der finalen Prüfung ergangen ist: Thema, Arbeitsauftrag und so weiter. „Und nur deshalb hast du in den letzten Tagen dein komplettes Umfeld verrückt gemacht? Man Chrissi, tu sowas nie wieder!“, lacht mir Niko entgegen. „Hey Kleiner, komm du erst mal in das Alter! Da geht’s dir genauso!“, grinste ich zurück. Ganz schön keck der Kleine.

Ben

Der Tag gestern war noch richtig schön, im Kreise der Familie zu sitzen, anzustoßen und einfach zu quatschen.

„Schatz?“, säuselte ich. „Ja, Benni?“ „Geh endlich weiter, die Kiste is scheiß schwer!“, blökte ich ihn an und setzte dabei mein unschuldigstes Gesicht auf. Er weiß ja, wies gemeint ist.

„Och komm, stell dich nich so an. Is doch eh die letzte, ab damit ins Auto und los in unsere neue Heimat!“ „Das wird sooo geil! Ich freu mich tierisch auf die Stadt, die Leute, unsere eigene Wohnung. Komischerweise sogar aufs Studium, wenn man mal das Lernen ausblendet.“ „Bio und Sport. Deine Mischung ist ja nicht grad eindeutig…“ „Chris! An was du schon wieder denkst! War dir die Nacht nicht genug, hm?“, grinse ich mein Gegenüber schelmisch an. „Du versautes Stück! Also, wer fährt?“ „Ich natürlich! Ne Frau am Steuer kann ich nicht verantworten!“ Sprach‘s und flüchtete schnell ein paar Schritte rückwärts. „Achtung!“, hörte ich Chrissi noch japsen, doch da lag ich schon auf meinem Allerwertesten eine Etage tiefer auf dem Bürgersteig und hatte mit einem Lachflash zu kämpfen.

„Och nö, sowas nennt sich also Strafe folgt auf den Fuß.“

Chrissi

Es sieht einfach zu herrlich aus, wie Ben da mitten auf dem Bürgersteig liegt, den Autoschlüssel in der einen… HA! Nicht mehr lang! Ich stürze mich auf ihn, nagel ihn mal einfach so öffentlich fest und luchse ihm den Schlüssel ab. Dann bin ich nett wie üblich und helfe Ben – ganz gentlemanlike – wieder auf die Füße zurück. Setze mich dann unschuldig guckend ans Steuer und warte auf meinen Beifahrer.

Ben

5 Kreuzungen und 6 Kilometer, ein mitgesungenes Lied und weitere 13 Minuten später fliegen wir über die Autobahn und Chris nutzt die Leistung unter der Motorhaube voll aus. „Chris, jetzt brems langsam mal, da vorne kommt ne Baustelle.“ Chris fährt gut und sicher, aber ich hasse es, wenn er so rast. Außerdem sieht er doch, dass vor ihm schon gebremst wird.

Ich bin begeistert! Er schaltet wenigstens mal einen Gang runter und seine Hand wandert auf mein Knie. Ich lächele und merke wieder einmal ziemlich extrem, dass ich ihn liebe.

Wir sind gerade auf dem Weg in unsere erste eigene Wohnung in der coolsten Stadt überhaupt. Ich kann‘s nicht fassen!

Chrissi

Der Mann meiner Träume sitzt neben mir und ermahnt mich, schon Ewigkeiten vor der Baustelle zu bremsen. Ich schalte einen Gang runter und lasse meine Hand vom Schalthebel auf sein Knie wandern. Schenke ihm einen Seitenblick und sehe in sein glückliches Gesicht, doch irgendwas stimmt nicht an seinem Gesichtsausdruck. Da ist diese…

“CHRIS! BREMS!“

Mein Körper reagiert wie von selbst, das Lenkrad fest umklammert, mit voller Wucht auf die Bremse. Das ABS springt sofort ein und die Bremsen rattern und quietschen, mein Blick ist starr nach vorne gerichtet.

Dann Stille.

Ben

„CHRIS! BREMS!“, schreie ich ihm zu. Ich werde durch die Wucht des Bremsens in den Gurt gedrückt, beiße die Zähne zusammen, spanne die Halsmuskeln an, kann den Blick nicht von dem Szenario abwenden. Der Wagen schlittert noch ewig weiter. Dann stehen wir endlich.

Stille.

Ich atme aus und merke erst jetzt, dass ich die Luft angehalten hab. Ich schaue mit einem Anflug von Panik links neben mich, aber Chrissi geht’s gut. Ihm ist nichts passiert. Ein Hoch auf seine schnelle Reaktion. Unsere Blicke treffen sich und wir realisieren, was da passiert ist.

In dem Augenblick schalten sich die Hebel in unseren Hirnen um und wir wissen genau, was wir zutun haben.

Ich gucke mich im rausspringen um, gebe Chris meine nächsten Schritte durch.

Ein Mercedes E320 hängt voll in der Fahrerseite eines dunklen Mondeos. Das Heck des Sternewagens ist komplett eingedrückt und ein rotes Etwas, was wohl mal ein kleines Auto gewesen sein will, ziert die Stelle, die mal Heck war. Ein LKW-Fahrer, der hinter uns gefahren ist, hat sich mit seinem Truck schon quer über die Straße gestellt, sodass rechts und links nur noch Platz für die Einsatzfahrzeuge sein wird und die Fahrzeuge hinter ihm keine Sichtmöglichkeit haben.

Jetzt zahlt sich unser Training und die Ausbildungen von Feuerwehr und Rettungsdienst allemal aus.

„Ich hol meine Weste und Dreieck aus dem Wagen und checke den LKWler!“

„Fahre den Wagen ran und mach ne erste Begehung! Alarmierung folgt!“

Ich schnappe mir also im Eiltempo aus dem Kofferraum meine Warnweste und das Dreieck und sprinte zum LKW-Fahrer. Der hat inzwischen schon die ersten Fahrzeuge informiert und sich um ne kleine Verkehrsschneise bemüht. Außerdem steht schon ein Dreieck und Blinklicht in entsprechender Entfernung. Super!

Chrissi

Ben und ich gucken uns an und wissen genau, was wir zutun haben. Wir teilen uns die nächsten Schritte mit, er holt seine Sachen aus dem Kofferraum, in dem Moment, wo er die Klappe schließt, setze ich den Wagen aus der Gefahrenzone, schnappe mir selbst meine Warnjacke und verschaffe mir einen Überblick über die Unfallstelle. 3 verunfallte Wagen, 5 beteiligte Personen. 4 ansprechbar, 2 eingeklemmt, eine bewusstlos. Über die 112 geht die Alarmierung der Rettungskräfte raus.

Und schon steht Ben mit einer weiteren Person neben mir. „Marko, Rettungsassistent, hab nen Notfallrucksack im Auto dabei. Schon genauere Infos über die Beteiligten?“

Ich gebe ihm mein Wissen weiter und wir teilen uns auf, damit möglichst effektiv Maßnahmen getroffen werden können. Wir arbeiten wie von selbst, jeder kennt die Handgriffe, weiß, was zutun ist. Rufen uns zwischendurch Informationen und weiteres Vorgehen zu, ohne dabei die Verunfallten noch zusätzlich zu belasten.

Soweit ich das überblicke sind 4 Personen bei Bewusstsein. Ich rede mit der Person in dem einen Fahrzeug, die noch ansprechbar ist und versuche gleichzeitig mit einem Minimum an Material die Wunden zu versorgen.

Ben

Während ich mich noch mit dem Trucker unterhalte, wie die nächsten Schritte aussehen, kommt uns ein mit Notfallrucksack beladener Mann entgegen. Scheinbar auch ein Rettungsdienstler. „Hi, ich bin Marko. Rettungsassistent, was ist passiert?“ Ich stelle mich ihm kurz vor, erkläre, wie die Situation aussieht und wir laufen zur Unfallstelle zurück. Dort gibt Chris uns Informationen und Anweisungen. Also teilen wir uns auf, damit die Verunfallten schnellstmöglich versorgt werden können.

Ich schnappe mir notdürftig Verbandmaterial und laufe mit Chris und Marko zu den Fahrzeugen.

Eine Frau konnte selbstständig aussteigen, ihrer kleinen Tochter helfen wir durch Mut zusprechen und handreichen aus dem reichlich zerdrückten Wagen. Der Fahrer des Mercedes sitzt sichtlich geschockt auf dem Fahrersitz und bringt keinen klaren Satz mehr raus.

Marko und ich kümmern uns kurz um die 3, während Chris schon in dem Kleinwagen hängt und sich die Insassen ansieht. Ich konzentriere mich nur noch auf die 3 vor mir – sie scheinen keine größeren äußeren Verletzungen davon getragen zu haben. Hier und da eine Platzwunde oder Prellmarken, aber nichts, was sonst äußerlich Probleme bringen könnte.

Deshalb schnappt sich Marko den Rucksack und hilft bei den eingeklemmten Personen.

Dem kleinen Mädchen puste ich ein Handschuhtierchen auf, um sie etwas von dem Geschehen abzulenken und gleichzeitig ihre Motorik begutachten zu können. Aber außer einer Schnittwunde und Prellmarken am Oberkörper kann ich nichts feststellen, so sehe ich nach ihrer Mutter.

„Hallo, ich bin Benjamin Klerker, Rettungssanitäter.“, strecke ich ihr meine Hand entgegen. Ihr Griff ist fest und koordiniert. „Tag, Karin Huber. Wie geht es Amelie?“ „Ihrer Tochter scheint es soweit gut zu gehen“, antworte ich ihr und erfrage während eines Bodychecks noch ein paar Infos für den Rettungsdienst, der hoffentlich gleich eintrifft. Sie scheint er härter als ihre Tochter getroffen zu haben. Ihr linker Arm ist gebrochen, eine Kopfplatzwunde, Prellmarken und Unbeweglichkeit des Kopfes sind mein erstes Fazit. Doch ist sie erstaunlich klar und ruhig. Hoffentlich bleibt das auch bis zum Eintreffen der Rettungskräfte so.

Endlich sehe ich auch die ersten Einsatzfahrzeuge eintreffen. Karin Huber erkläre ich kurz das weitere Vorgehen und versuche, möglichst beruhigend zu wirken.

Mein Blick wandert von den eintreffenden Fahrzeugen zu Chris.

Chrissi

Marko ruft mir sein Vorgehen zu. Er scheint Hauptamtler zu sein, so routiniert geht er das Geschehen an. Er wird sich um die bewusstlose Person kümmern, nimmt den Hauptteil des Rucksacks in Beschlag. Ich widme mich dem Beifahrer. Ein Junge, nicht älter als 16, schätze ich. Ich versuche, eine Vertrauensbasis aufzubauen, gebe ihm freundlich, aber bestimmt Anweisungen, um zu erfahren, wie stark er eingeklemmt ist, wie gut er sich noch unter Kontrolle hat, was seine Motorik zu melden hat.

Ich bekomme raus, dass er Tom heißt.

„Okay, Tom, weißt du, was genau passiert ist?“, frage ich und versuche weiter, das restliche Glas aus dem Fensterrahmen zu lösen, um besser arbeiten zu können und mich nicht selbst zu verletzen.

Im Hinterkopf halte ich weiter fest, dass der Motorraum gefährlich stark beschädigt ist. Hoffentlich bricht kein Feuer aus!

„Tom, kannst du deine Arme und Finger bewegen?“, eine wirklich gute Antwort bekomme ich nicht, nur Schluchzen und ein paar undefinierbare Wortfetzen.

Ich schaffe es endlich, das restliche Fenster raus zu brechen und kann mich genauer um den Jungen kümmern. Seine Kopfplatzwunde und die Schramme an seiner Wange scheinen das kleinste Übel zu sein.

Soweit möglich, kriege ich auch einen ersten Bodycheck ein. Währenddessen hört er auch auf zu schluchzen, dafür trübt er mir immer weiter ein. Oh fuck, der Kleine braucht dringend vernünftige medizinische Versorgung!

„Tom, erzähl mir was! Wohin wolltet ihr fahren?“

Ungleichgroße Pupillen, verzögerte Reaktion. Wieso kann sich der Notarzt nicht hier hin beamen?

Ich blicke über meinen Schützling hinweg ins Innere des Wagens auf die Rückbank… und erkenne den Auslöser von Toms Misere.

Eine Kiste mit Lebensmitteln und überall Wasserflaschen! Oh shit! Beim Crash sind die wohl nach vorne geschleudert worden. Im schlimmsten Fall direkt in Toms Nacken. Daher also die Megabeule an seinem Hinterkopf und das Eintrüben. Langsam kann ich nicht mal mehr seine Vitalfunktionen einwandfrei erkennen.

Ich schicke ein Stoßgebet gen Himmel direkt in Gottes Gehörgang, dass die Rettungsdienstler und die Feuerwehr endlich eintreffen.

Und siehe da, mein Bitten wurde erhört! Eeendlich!

Während ich nochmal Toms Werte suche, trifft eine Rettungswagenbesatzung ein. Ich überlasse ihnen das Feld, indem ich kurz und präzise Beschreibe, was passiert ist.

Die Feuerwehr beginnt schon mit Schere-Spreizer den Wagen auseinander zu nehmen, um die beiden zu befreien.

Nachdem ich sicher bin, hier im Moment nicht gebraucht zu werden, laufe ich – gehen hab ich spontan verlernt – zu Chris rüber. Seine Patienten wurden auch schon von den Rettungskräften aufgenommen. 3 RTWs sind also schon wieder auf dem Weg zum Krankenhaus. 2 auf uns zu kommenden Polizisten erklären wir, was wir wissen, geben Personalien auf und überlassen sie ihrer Arbeit.

Nachdem die also alles wussten und ihr Informationshunger gestillt war, auch die anderen Unfallbeteiligten auf dem Weg ins Krankenhaus waren und die Feuerwehr noch kräftig am Werkeln war, konnten Ben und ich endlich unseren Weg nach Köln fortsetzen.

„Lass uns weiter fahren“, nuschelte ich ihm zu.

„Ja… wie weit eigentlich noch?“

„Glaub so um die 20km, dann von der Autobahn runter.“

Mehr Gespräch brachten wir vorerst nicht zustande. Da hing wohl jeder seinen Gedanken nach. Bens Handy riss uns aus den Gedanken:

Ben

Endlich wieder im Auto, war das Gespräch nicht besonders Effektiv. Das änderte sich erst wieder nach dem Telefonat mit meiner Ma:

„Ben hier, hi Mom!“ „Benni, mein Gott bin ich froh dich zu hören! Wie geht’s euch? Habt ihr was von dem Unfall auf der Autobahn mitbekommen? Steht ihr noch im Stau? Was für ein Glück, dass ihr nicht beteiligt wart!“

„Maaaama, ist ja schon gut. Wir stehen nicht im Stau, der Unfall war genau vor uns, waren Ersteintreffende.“ „WAAAAS?“, kreischte es förmlich durch den Hörer. „Oh Gott, Jungs! Ihr macht mich fertig!“

„Mooohoooom! Uns ist ja nix passiert! Die Beteiligten sind alle im Krankenhaus, Feuerwehr kümmert sich noch um die Wracks und wir sitzen wieder im Auto auf dem Weg nach Köln.“

„Dann bin ich ja beruhigt. Dein Vater fragt noch, wann er zum Möbelaufbauen antreten darf, habt ihr da schon ‚nen Plan?“

„Öhm, ne, keine Ahnung, ich red mal mit Chrissi, wir melden uns heut Abend nochmal!“

„Ist gut Schätzchen, bis dann und grüß mir meinen Schwiegersohn!“ „Tschüss Mom.“, grinste ich förmlich durch den Hörer. Seit unserem Coming-Out vor der gesamten Elternfraktion finden die Damen der Häuser Hamberg und Klerker es totaaal toll, ihren Schwiegersohn mit eben diesem Titel zu benennen…

„Woher wusste deine Ma denn das schon wieder?“, riss Chrissi mich nun aus meinen Gedanken. „Absolut keine Ahnung, wahrscheinlich von Staumeldungen mit Zusatzinfo oder sie hat uns nen Hubi…“ „HELI, das fliegende etwas heißt HELI, Schatz!“ „oder sie hat uns ne Hummel, besser so? hinterher geschickt, um uns zu überwachen und sicherzustellen, dass wir brav sind, beim Auto fahren…“ „Herzallerliebster, deine konfusen Gedankenspiele möchte ich mal haben!“

Endlich war die Stimmung wieder gerettet und mit dem Rest der Fahrt kam auch der Gesprächsstoff für lustige Schlagabtausche und vor allen Dingen unsere Vorfreude auf die neue Heimat zurück.

Chrissi

„Bitte biegen Sie in 500m rechts ab.“ „Ja danke, du bester Navifreund der Welt.“ „Bitte biegen Sie jetzt rechts ab.“ „Lass mich raten: Sie haben ihr Ziel erreicht?“ „Eeexakt! Wo du das nun wieder her hast?!“

Na dann mal los! Willkommen in unserer neuen Heimat!

Nachwort

Chrissi und Ben sind also in ihrer neuen Heimat angekommen. Es müssen Kartons geschleppt werden, eingerichtet und was sonst noch so alles zum Umzug dazu gehört. Wie ihr „neues“ Leben beginnt und vor allen Dingen, wie ihr Coming-Out bei den Mitabiturienten ankommt und was die ersten Wochen in Köln mit sich bringen… Antworten auf diese Fragen gibt’s in einem neuen Kapitel von Chrissi und Ben.

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