zur Desktop-Ansicht wechseln. zur mobilen Ansicht wechseln.

Chaos und Ordnung

Teil 6

Lesemodus deaktivieren (?)

Informationen

 

Am Morgen trat Kutari aus dem Deckshaus der Reisebarke und sah hinüber zum östlichen Ufer. Der Herr Re hatte sich noch nicht aus der Unterwelt erhoben, doch ein leichter Schimmer von Licht erhellte schon ihr Schiff. Kutari begann den Tag mit einem kleinen Dankgebet an Amun und bedauerte, dass er keinen Teich für ein anständiges Bad hatte.

Kutari überlegte kurz, ob er seiner kleinen Truppe erlauben sollte, im Fluss zu baden. Doch selbst hier, dicht am Ufer, war die Strömung noch so stark, dass er sich dagegen entschied.

Als Kutari zurück in das Deckshaus ging, bemerkte er, dass Thotmes zwischen Hori und Sekani lag. Der Junge hatte sich mit seinem Rücken an Hori gekuschelt und Sekani hatte die beiden vor ihm umarmt, so dass alle drei dicht zusammen friedlich schliefen.

Es schien, als ob Thotmes selbst in den wenigen Tagen, in denen er ihn kannte, etwas gewachsen war. Wenn der Junge tatsächlich einen Wachstumsschub bekam, wurde es wohl Zeit, ihn ernsthaft zu befragen. Der Übergang vom Jungen zum Mann war ein kleines Fest wert, doch es war hauptsächlich der Übergang zum Arbeitsleben. Was als Spiel begonnen hatte, würde zu ernsthafter Arbeit werden und Thotmes würde von da an als vollwertiges Mitglied seines Haushalts zählen.

Mit einem Blick auf die noch schlafenden Soldaten wurde es Kutari klar, dass sie eigentlich gar kein Haushalt waren. Sie waren die Gesandten des Herrschers, eine kleine Gruppe von Beamten, unterstützt von Soldaten. Sie mussten den Herrscher repräsentieren. Dies war auch einer der Gründe, warum Kutari die Ausstattung mit den farbigen Leinenschurzen und Schärpen befohlen hatte. Jetzt mussten sie nur noch entsprechend auftreten.

Nachdem jetzt auch Neferahatj zu ihrem Haushalt gestoßen war - Kutari zögerte, seine kleine Gruppe anders zu bezeichnen – hatten sie also fünf Diener oder Lehrlinge für … wie viel Herren? Ebenfalls fünf. Außer ihm selbst gab es nur zwei Schreiber, Hori und Hamadi, denn Shaketo zählte zu den Soldaten. Dann war da Sekhet, der Arzt und zum Schluss Thotmes, der trotz seiner Jugend ja bereits eine gelbe Schärpe trug.

Auf der anderen Seite waren da die Zwillinge, Ptahor und Metufer, dann Kanefer, Manetho und nun auch Neferahatj. Kutari grinste in sich hinein. Der Morgen würde für einige wohl eine Überraschung bringen.

Das Frühstück war karg. Die Dienerschaft hatte Obst und Früchte verteilt. An ein Feuer war an Bord nicht zu denken. Die Seeleute hatten wohl schon ihre letzten Reserven verzehrt, denn einige schauten begierig herüber.

Nach dem Frühstück ließ Kutari seinen Haushalt – wozu er auch die Soldaten zählte – sich hinter dem Deckshaus versammeln.

„Ich habe ein paar kleine Veränderungen zu verkünden. Wir werden in spätestens zwei Dekaden im Delta eintreffen und dort unseren Aufgaben nachgehen. Das heißt aber auch, dass wir öfter in den Häusern hochgestellter Herrn untergebracht werden und auch, dass wir wahrscheinlich an Feiern und Empfängen von hochgestellten Personen teilnehmen werden. Aus diesem Grund werden wir die Zeit während unserer Reise auf dem Wasser nutzen und den Unterricht erweitern. Es bleibt bei dem Unterricht im Lesen und Schreiben für diejenigen, die dafür ausgewählt wurden, aber hinzu kommt ein Unterricht in Protokoll und Etikette für alle.“

Kutari sah in mehr als ein erstauntes Gesicht.

„Ja, für alle. Sekhet und ich werden Etikette unterrichten, besonders das Verhalten bei Empfängen und die korrekten Anreden und Titel. Kanefer kann dabei auch gleich zeigen, was er alles vom Haushofmeister des Wesirs gelernt hat. Imiuthetep und Rahotep werden Protokoll unterrichten, sowohl das militärische, als auch das bei Hofe.“

Rahotep sah zu seinem Hauptmann und verdrehte die Augen. Kanefer wurde blass und versuchte schon mal, alles wieder ins Gedächtnis zurückzurufen, was er gehört hatte.

„Und zum Schluss etwas mehr persönliches. Kein höherer Beamter wird sich ohne einen Diener zeigen. Ein Diener ist unverzichtbar auf Reisen, im Haushalt und sogar bei öffentlichen Empfängen. Deshalb werde ich jetzt jedem unserer Beamten einen persönlichen Diener zuweisen.“

Sekhet grinste und Hori und Hamadi sahen sich fragend an. Thotmes schien die letzte Bemerkung gar nicht auf sich bezogen zu haben.

„Hamadi, du erhältst Ptahor als Diener.“

Hamadi sah zweifelnd zu Kutari, aber Ptahor schien es eher begriffen zu haben, als sein neuer Herr. Er schob sich an seinem Bruder vorbei, trat vor Hamadi, sank auf die Knie und verharrte dort. Hamadi starrte vollkommen erstaunt nach unten.

„Hori, du erhältst Metufer.“

Metufer machte es kurzentschlossen seinem Bruder nach und sank vor Hori zu Boden. Hori starrte ebenso wie Hamadi nach unten.

„Sekhet, du hast bereits Neferahatj als Schüler.“

Dennoch kam Neferahatj nach vorne und sank ebenfalls zu Boden.

„Thotmes. Du erhältst Manetho.“

Manetho trat vor Thotmes und man konnte sehen, dass er ihn um gut einen halben Kopf überragte. Als sich Manetho niederknien wollte, hielt Thotmes ihn auf.

„Nicht mit dem Rücken.“

Thotmes‘ Stimme klang hell, aber sie war laut und bestimmt. Kutari nickt zustimmend. Dann blickt er in die Runde.

„Kanefer, komm her zu mir.“

Kanefer hatte mit großen Augen und bangem Herzen gewartet, ob auch er aufgerufen würde. Freudig kam er nach vorne und sank vor Kutari zu Boden.

„Jeder der Diener sei daran erinnert, dass er auch mir dient. Jeder der Herren sei daran erinnert, dass sie nun eine weitere Verantwortung zu tragen haben.“

Danach klatschte Kutari zweimal in die Hände und die Diener erhoben sich. Die Versammlung wurde aufgelöst und Kutari gab allen die Gelegenheit, sich mit den neuen Gegebenheiten vertraut zu machen.

Kurze Zeit später trat Kapitän Arma an Kutari heran.

„Wir werden den Besitz des ehemaligen Fürsten etwa um die Mittagszeit erreichen, Herr.“

„Sehr gut. Wie kommen wir an Land?“

„Es gibt dort einen Steg, der in den Fluss gebaut wurde. Dort können wir problemlos anlegen und an oder von Bord gehen.“

„Er hat einen eigenen Steg?“

„Das ist nichts seltenes, Herr. Viele der Landgüter haben eigene Anlegestege. Dort werden die ganzen Waren umgeschlagen, die auf dem Landgut erzeugt wurden. Die Steuer wird dort verladen und zu den königlichen Lagern gebracht. Außerdem können dort die überschüssigen Lebensmittel verladen und auf den Märkten der großen Städte verkauft werden. Das ist ein einträgliches Geschäft.“

Kutari nickte dankend. Er hatte bis jetzt nicht viele Gedanken an das Landgut verschwendet, doch natürlich wusste er, dass dort viel mehr produziert als verbraucht wurde. Mit einem gut geführten Landgut war schon so mancher, wenn auch nicht reich, so doch wohlhabend geworden.


Kurz vor ihrem Ziel stand Kutari, ebenso wie die meisten anderen, an Deck und sah hinüber auf das Ufer an der Ostseite.

„Merkwürdig,“

murmelte Metufer.

„Was ist merkwürdig?“

wollte Hori wissen, der hinter seinem neu ernannten Diener stand.

„Die Äcker. Der Weizen ist reif, doch niemand arbeitet dort. Es ist Schemu. Das Getreide sollte doch so schnell wie möglich eingebracht werden, bevor die Überschwemmung kommt.“

Natürlich, Metufer hatte Recht. Wo waren die ganzen Leute? Dann fiel Kutari wieder die Bemerkung des Wesirs ein.

Kurz nach der Urteilsverkündung wurde bereits ein Trupp Medjai in Marsch gesetzt, um die Mitglieder des Haushaltes dort festzusetzen. Sie wurden als Sklaven dem Großen Haus zugewiesen, es sei denn, du willst welche davon behalten.

Sollten die Medjai etwa auch alle Feldarbeiter festgesetzt haben? Waren auch sie jetzt Sklaven des Großen Hauses?

Als sie den hölzernen Steg erreichten und die Schiffsbesatzung mit dem Anlegemanöver begann, sah sich Kutari suchend um. Schon während der Fahrt hierher war keine Menschenseele zu sehen gewesen und auch direkt am Steg schien niemand auf sie zu warten.

Nun gut, Kutari hatte sich auch nicht angemeldet, aber dennoch schien es merkwürdig, dass niemand sie bemerkt haben sollte. Die Stille ringsum war richtiggehend unheimlich.

Als erste gingen die Soldaten von Bord. Hauptmann Imiuthetep ließ seine Leute den Steg sichern und Leutnant Rahotep schickte seine Leute zur Erkundung aus. Es dauerte auch nicht lange, bis Kagemni mit dem ersten ‚Gefangenen‘ eintraf. Er hatte einen etwa neun oder zehn Jahre alten Jungen an der Hand, der sich sichtlich wehrte. Mühelos zerrte er den Jungen mit sich, bis sie vor Kutari zu stehen kamen.

„Ich habe ihn im Schilfgürtel gefunden, Herr. Er hat uns beobachtet. Na los, erzähl dem Herrn, was du mir erzählt hast.“

Der Junge war jetzt ruhig geworden und starrte fasziniert zu Kutari hoch. Noch nie hatte er einen solch großen Mann gesehen und schon gar nicht mit Haaren so hell wie der Weizen hinter ihm. Eingeschüchtert schwieg der Junge.

Kutari ging in die Hocke und sah den Jungen jetzt direkt an.

„So, wie heißt du denn?“

„Ahmose.“

„Nun, Ahmose, ich bin Kutari und ich möchte gerne wissen, wo all die anderen sind.“

„Eingesperrt.“

Kutari seufzte innerlich. Wenn der Junge weiterhin so auskunftsfreudig blieb, konnte es ja noch länger dauern. Hinter ihm gab es plötzlich eine Bewegung und Thotmes trat hervor. Kutari musste zweimal hinsehen, bevor er seinen Augen traute.

Thotmes trug lediglich ein knappes Lendentuch und seine Arme und Beine waren mit Schlamm verschmiert. Seine lange Kinderlocke, die er gerne mit einem kleinen Stein beschwerte, damit sie ihm unauffällig auf den Rücken hing, verzierte jetzt eine gelbe Schleife und er hatte sie demonstrativ nach vorne über die rechte Schulter gelegt. In der Hand hielt er einen angebissenen Kuchen, den er Ahmose entgegenstreckte.

„Da,“

nuschelte er, während er kaute,

„kannst was abhaben.“

Erfreut nahm Ahmose den Kuchen und schlug hungrig seine Zähne hinein. Thotmes legte ihm eine Hand auf die Schulter und drehte ihn ein wenig von Kutari weg und zeigte zum Flussufer.

„Hier ist bestimmt eine Stelle zum Waschen.“

„Klar, komm mit.“

Ohne sich um die anderen zu kümmern, zogen die beiden einen kleinen Trampelpfad zum Fluss hinunter, während ihnen Kutari und Kagemni hinterherstarrten.

Rahotep hatte die Szene beobachtet und lachte leise. In Thotmes schien mehr zu stecken, als es zu Anfang geschienen hatte. Mal sehen, ob er Erfolg haben würde.

Eine Weile später erschien Thotmes alleine und ein bisschen sauberer, als er gegangen war.

Kutari hob lediglich die Augenbrauen und Thotmes kam sofort zu ihm.

„Gestern Nacht ist eine Truppe von etwa zwanzig Medjai hier eingetroffen und hat alle Mitglieder des Haushalts festgenommen. Sie wurden in eine der leeren Scheunen im Anwesen gesperrt und scheinen immer noch dort zu sein. Danach haben sie dann auch die Bewohner des Dorfes zusammengetrieben und in die Scheunen außerhalb des Anwesens gesteckt. Sie wollen wohl auch die Dorfbewohner zusammen mit dem Haushalt als Sklaven direkt nach Theben treiben. Dann haben die Medjai die Lager geplündert und sich mit Wein und Bier volllaufen lassen. So wie es aussieht, scheinen sich sicher zu fühlen, denn sie haben nicht einmal Wachposten aufgestellt. Ahmose habe ich wieder weggeschickt, bis die Sache hier geklärt ist.“

Kutari sah einen Augenblick schweigend auf Thotmes herab, dann beugte er sich vor und gab ihm einen Kuss auf die Stirn.

„Du hast dir noch einen Kuchen verdient. Und unsere Anerkennung.“

Mit rot glühenden Ohren verbeugte sich Thotmes kurz und ging zurück in Richtung Schiff. Auf seinem Weg zupfte er die Schleife von seiner Kinderlocke und mit einer kurzen Kopfbewegung kam die Locke auch wieder dahin, wo sie hingehörte.


In einer geschlossenen Marschordnung zogen nun die Soldaten und Beamten des Aufsehers der Fragen des Pharao vom Anlegesteg in Richtung des Haupthauses.

Es ging über schmale Wege an den Feldern vorbei wo noch der Weizen stand und auf anderen Feldern warteten Melonen auf ihre Ernte. In der Ferne konnte man bereits die weiß getünchten Mauern eines größeren Anwesens erkennen, doch gab es dort ebenfalls keine Bewegungen.

Vor dem verschlossenen Tor ließ Hauptmann Imiuthetep die Truppe halten. Dann trat er vor und klopfte mit seinem Amtsstab laut und vernehmlich gegen das Holz. Der Hauptmann musste mehrere Male klopfen, bis sich ein verschlafenes Gesicht in dem quietschend geöffneten Türspalt zeigte.

„Der Aufseher der Fragen des Pharao ist erschienen, um Antworten zu bekommen!“

Das Gesicht verschwand mit einem erschrockenen Ausdruck und eine ganze Weile tat sich nichts bei dem nun halb geöffneten Tor. Imiuthetep sah etwas ratlos zu Kutari und zuckte die Schultern. Kutari wollte gerade etwas sagen, doch da schob sich eine desolate Gestalt aus dem Tor und trat langsam zu den ersten Soldaten mit Imiuthetep an der Spitze.

Der Mann war wohl so um die dreißig, hatte also schon seine besten Jahre hinter sich. Sein Gesicht war von Falten durchzogen, die Augen hatten dunkle Ringe und waren blutunterlaufen. Auf dem Kopf thronte eine schwarze Perücke, die schon bessere Zeiten gesehen hatte und er trug einen Leinenschurz, der etliche unterschiedliche Flecke aufwies. Das erstaunlichste war allerdings der Stab eines Offiziers, den der Mann nun nervös mit seinen verschwitzten Händen befingerte.

Kutari war nicht besonders gut gelaunt, deshalb trat er schnell vor und herrschte den fremden Offizier kurz an.

„Ich bin der Iripat Kutari, Aufseher der Fragen des Pharao. Der Herrscher höchst selbst, lang möge er leben, hat mir dieses Landgut mit allem Besitz als persönliches Eigentum übertragen. Wer seid ihr und was treibt ihr auf meinem Grund und Boden?!“

Der Mann erblasste sichtlich und wand sich ein wenig.

„Ich… ich bin Wemhet, Leutnant der Medjai von Theben. Ich habe den Auftrag, die Bewohner dieses Landgutes nach Theben zu bringen und sie dem Großen Haus zu überstellen.“

Kutari roch den Atem des Leutnants, der nach Zwiebeln und Bier stank.

„Ja, aber erst nachdem ich entschieden habe, wer dorthin geht und wer nicht. Außerdem war bestimmt nicht die Rede davon, die Lager zu plündern und mein Bier zu trinken, oder?!“

Der Leutnant schwieg und Kutari hob jetzt seinen Amtsstab so hoch, dass er ihn direkt ansehen musste. Darauf senkte er den Kopf.

„Nein, Herr.“

Ohne sich weiter um den Medjai zu kümmern gab Kutari ein Zeichen und seine Soldaten betraten durch das nun weit geöffnete Haupttor das Anwesen des ehemaligen Fürsten Wawerhet, das nun dem Fürsten Kutari gehörte.

Der Aufbau war ähnlich dem des Stadthauses, jedoch erheblich weitläufiger. Eine lange, weißgetünchte Ziegelmauer umgab das gesamte Anwesen. Innerhalb der Mauern befanden sich das Haupthaus und zwei weitere Wohnhäuser. Durch eine weitere Mauer davon getrennt befanden sich die Speicher und Ställe, die Küche und die Werkstätten sowie die Wohnungen der Bediensteten.

Der gesamte hintere Bereich wurde durch einen großen, parkähnlichen Garten mit mehreren Zierteichen und einem Badeteich eingenommen. Ganz am Ende, vor der südlichen Mauer, waren Käfige und Gehege aufgerichtet worden in denen exotische Tiere mit hängenden Köpfen vor sich hin stierten.

Kutari war von der Weitläufigkeit der Anlage erstaunt. Der Garten mit den zahlreichen Zierpflanzen war wohl genauso groß wie der des Amuntempels in Theben.

Das Haupthaus selber war erheblich größer als das Stadthaus in Theben. Schon von außen waren prächtige Verzierungen und Bemalungen erkennbar, dazu drei große Anbauten, die von jeweils einer Seite des quadratischen Haupthauses abgingen. An die vierte Seite grenzte die ebenso prächtig verzierte Vorhalle mit Säulen und Statuen verschiedener Götter.

Neben der Vorhalle befand sich ein eigener Schrein, der, wie Kutari mit Genugtuung feststellte, dem Reichsgott Amun geweiht war.

Der Leutnant der Medjai war Kutari gefolgt und stand schweigend etwas abseits. Kutari musterte ihn nachdenklich, dann kam er zu einer Entscheidung.

„Leutnant Wemhet, ich will nun die Gefangenen sehen, lass sie vorführen, getrennt nach den Bewohnern des Hauses und des Dorfes.“

„Hm, es sind zwei Dörfer, Herr.“

Kutari seufzte.

„Dann eben getrennt nach den beiden Dörfern. Und danach dann die Angehörigen des Haushaltes.“

Der Leutnant verschwand im hinteren Teil des Anwesens, wo eigentlich die Unterkünfte der Bediensteten waren und dann hörte man lautes Rufen und Fluchen. Anscheinend musste er erst seine Medjai aus ihrem Rausch wecken.

Es dauerte eine ganze Weile, bis ein paar traurige Gestalten das Anwesen verließen und hinüber zu den Scheunen am Rande der Felder gingen. Danach wurden zwei Gruppe von etwa achtzig oder sogar mehr Personen bis vor das Tor getrieben.

Kutari winkte Hauptmann Imiuthetep und seinen Soldaten zu, ihm vor das Tor zu folgen.

Die verängstigten Leute draußen wussten nicht, was mit ihnen passieren sollte und so zögerten einige, den Wachen zu folgen. Als einer der Medjai eine junge Frau mit einem Knüppel antrieb, wurde Kutari blass vor Zorn.

„Imiuthetep!“

Der Hauptmann reagierte sofort. Er schickte seine Soldaten nach vorne und trennte die Medjai von den Gefangenen. Unschlüssig standen die Medjai herum und warteten auf Befehle, doch ihr Leutnant war nirgends zu sehen.

Kutari erkannte in den beiden Gruppen die typischen Bewohner eines Bauerndorfes, abgearbeitete Männer und Frauen mit kleinen Kindern, während die größeren Kinder sich hinter den Erwachsenen aufgestellt hatten. Ganz am Ende der letzten Gruppe sah Kutari auch das Gesicht von Ahmose.

„Die beiden Dorfältesten sollen zu mir kommen.“

Zögernd löste sich aus jeder Gruppe ein Mann und Kutari bedeutete ihnen, ihm ein paar Schritte zu folgen, damit sie außer Hörweite der Medjai waren.

„Mein Name ist Kutari. Ich bin der Aufseher der Fragen des Pharao. Ich nehme an, ihr wurdet darüber unterrichtet, dass Fürst Wawerhet sein Leben und seinen Besitz verwirkt hat.“

Die beiden Männer vor ihm nickten schweigend. Abschätzend sahen sie Kutari an. Die Medjai hatten behauptet, alle würden Sklaven des Großen Hauses werden. Sollte sich das bewahrheiten, würde ein großes Elend über viele Familien kommen.

„Der Herrscher höchst selbst, lang möge er leben, hat mir dieses Landgut mit allem Besitz als persönliches Eigentum übertragen. Ich stehe vor einer Reihe von Entscheidungen. Aber sagt mir zunächst, wie viele Leute euer Dorf umfasst und ob ihr Sklaven oder Pächter seid.“

Beide Männer lächelten schwach und der ältere der beiden, ein gebeugter Mann von sichtlich hohem Alter, antwortete zuerst.

„Ich bin Duhai, ältester Bewohner des Landgutes. In meinem Dorf leben siebzehn Familien, die alle das Land gepachtet haben von Fürst Wawerhet. Der Boden ist fruchtbar und die Ernten sind gut. Er ernährt alle im Dorf, trotz der Abgaben.“

Der jüngere Mann, ein stämmiger Bauer, etwa um die vierzig, bedachte Duhai mit einem säuerlichen Blick, doch er antwortete ebenso.

„Mein Name ist Ra-Eher. In meinem Dorf leben nur fünfzehn Familien, doch es geht uns ebenfalls nicht schlecht. Auch wir sind alle Pächter.“

Kutari war durch die kurze Bemerkung von Duhai aufmerksam geworden und hakte nach.

„Der Fürst hat höhere Abgaben von euch verlangt als üblich?“

Duhai warf jetzt Ra-Eher einen erschrockenen Blick zu, ehe er antwortete.

„Nun ja, Herr. Bei einer guten Ernte hat er schon einmal mehr verlangt.“

Ra-Eher schien jetzt den alten Mann mit Blicken zu erdolchen. Kutari ahnte, was ihn beschäftigte. Wenn der Fürst mehr verlangt hatte, könnte Kutari das ja auch tun.

Kutari rechnete schnell nach. Bei der Ernte war ein Drittel die übliche Pacht für den Landbesitzer. Ein weiteres Drittel würde für die neue Aussaat gebraucht werden. Sollte der Landbesitzer mehr fordern, würde es von dem restlichen Drittel abgehen, den der Pächter für sein eigenes Auskommen benötigte. Für einige Familien war schon ihr normaler Anteil fast nicht ausreichend, geschweige denn, eine weitere Abgabe an den Landbesitzer. Doch der war im Vorteil, wollte man weiterhin den Acker bewirtschaften, denn er konnte jederzeit den Pachtvertrag lösen und den Pächter vom Hof jagen.

Das war meistens der Fall, wenn der Landbesitzer seine eigenen Sklaven für die Feldarbeit einsetzen wollte. Sie würden umsonst arbeiten, nur die Steuer musste bezahlt werden von den Ernteerträgen. Doch Sklaven waren teuer und die meisten Besitzer von Sklaven warteten einfach ab, bis sie sich von selbst vermehrten, denn das Kind eines Sklaven war automatisch ebenfalls ein Sklave.

Kutaris Gedanken kreisten, doch er musste sich jetzt auf die beiden Dorfältesten vor ihm konzentrieren.

„Keine Angst, ich werde die Pachtverträge einhalten. Aber sagt mir, reicht die Zeit bis zur Überschwemmung, um noch alle Felder abzuernten?“

Duhai schien erleichtert, doch Ra-Eher machte immer noch ein skeptisches Gesicht.

„Ja, Herr. Wenn wir heute wieder an die Arbeit gehen können, haben wir nur einen Tag verloren. Bis zur Überschwemmung wird es wohl noch etwas dauern.“

Kutari nickte nur und drehte sich in Richtung der Medjai und seiner eigenen Truppen.

„Die Bewohner der Dörfer kehren dorthin zurück und arbeiten weiter auf den Feldern!“

Die Leute der beiden Dörfer sahen sich an und dann lösten sich die beiden Gruppen auf, wobei jede in Richtung ihres jeweiligen Dorfes strebte, um ihr gewohntes Leben wiederaufzunehmen. Lediglich eine kleine Gestalt eilte zu Thotmes, der neugierig vor dem Tor stand und fiel vor ihm zu Boden. Thotmes beugte sich herunter, flüsterte Ahmose etwas zu und zog ihn dann wieder hoch. Kutari hob erstaunt die Augenbrauen, als Thotmes sich vorbeugte, dem kleineren Jungen einen Kuss auf die Stirn gab und ihn dann wegschickte.

Sekhet näherte sich Kutari, deutete unauffällig auf Thotmes und flüsterte

„Nachahmung ist eine der einfachsten Formen der Verehrung.“

Kutari schüttelte nur schweigend den Kopf und kehrte zurück zum Haupthaus. Dort hatten die Medjai inzwischen die Bediensteten und Sklaven des Hauses zusammengetrieben.


Die Gruppe neben dem Haupthaus hatte schweigend dem Abmarsch der Dorfbewohner zugesehen, doch nun wurde es dort etwas unruhig. Eine Frau mittleren Alters fing an, mit den Wachen zu streiten. Ngozi musste sie festhalten, damit sie nicht davonlief. Kutari trat näher und hörte die letzten Worte mit denen sie den muskulösen Nubier bedachte.

„…was erlaubst du dir? Laß‘ mich sofort los. Weißt du nicht wer ich bin? Ich bin die Fürstin Hatnofer, die Herrin dieses Hauses.“

Ngozi blieb unbeeindruckt und schob die Frau wieder zurück, während Kutari nun direkt auf sie zuging. Die Leute hier schienen alle ein Problem mit den Anweisungen des Pharao zu haben.

„Frau Hatnofer. Sicherlich hat man dir gesagt, dass es keinen Fürsten Wawerhet mehr gibt und somit auch keine Fürstin. Und ich glaube auch nicht, dass du die Herrin meines Hauses bist.“

Erschreckt sah Frau Hatnofer nun zu Kutari, dann bekam ihr Gesicht einen berechnenden Ausdruck.

„Oh, ihr seid es, Herr. Man hat mir gesagt, ein neuer Fürst sei erhoben worden, ein Nachfolger meines unwürdigen Gatten. Nun, da ich eine mittellose Witwe bin, vertraue ich auf eure Gnade und Mildtätigkeit.“

Zunächst hatte Kutari nicht auf die drei Jugendlichen neben Frau Hatnofer geachtet, aber jetzt fielen ihm ihre erstaunten und auch abfälligen Blicke auf, mit denen sie die Frau betrachteten.

Kutari schätzte das eine Mädchen auf etwa sechzehn Jahre, den Jungen wohl ein Jahr jünger, obwohl ihre gleichartigen Gesichtszüge auch an Zwillinge denken ließ. Das dritte Kind, ebenfalls ein Mädchen, schätzte er auf höchsten zwölf, denn sie trug noch, genau wie Thotmes, eine Kinderlocke. Das größere Mädchen zischte der Frau nur zu

„Mutter, du vergisst dich.“

während sie sich dann an Kutari wandte.

„Ich bin Kawit und dies sind mein Bruder Hesire und meine Schwester Nechet. Wir sind die Kinder der Person, die den göttlichen Pharao verraten und sich gegen die Gesetze der Götter vergangen hat. Wir wissen um das Urteil und seine Folgen für uns und wir können nur auf eure Gnade hoffen, nicht in die Sklaverei geschickt zu werden.“

Kutari bemerkte sehr wohl, dass sie vermied, den Namen ihres Vaters zu nennen. Er würde der Vergessenheit anheimfallen, nichts sollte mehr an ihn erinnern.

Sowohl Kawit als auch ihr Bruder senkten den Kopf und schlugen die Augen nieder. Die kleine Nechet sah Kutari mit großen, ängstlichen Augen an. Ihre Mutter betrachtete alle drei verächtlich. Dann sah sie wieder Kutari an.

„Ich kenne diesen Haushalt und weiß ihn gut zu führen. Ich kenne jeden Sklaven und jedes Zimmer im Haus, auch das Schlafgemach des Herrn.“

Kutari musterte Frau Hatnofer mit zusammengekniffenen Augenlidern. Wollte sie ihm damit etwas andeuten? Die Antwort kam aus einer anderen Richtung.

Hesire sah seine Mutter wutentbrannt an, dann brach es aus ihm hervor.

„Was soll das? Reicht es nicht, was er getan hat? Musst du schon dem nächsten sein Bett wärmen, nur weil er sich was anderes mitgebracht hat? Hast du noch nicht genug Unheil angerichtet?“

Bei den Worten klammerte sich Kawit an ihren Bruder und machte ihm unmissverständliche Zeichen, nicht weiterzureden.

Frau Hatnofer schien unbeeindruckt zu sein und bedachte Kutari mit einem einladenden Augenaufschlag.

„Dieses Haus weiß, was es der Gastfreundschaft schuldig ist und natürlich seinem neuen Herrn. Selbstverständlich steht alles dem neuen Herrn zur Verfügung und so wie ich ihm diene, werden es auch meine Töchter tun.“

Mit einem Blick nach der Seite bedachte sie ihre Töchter wieder mit einem abfälligen Ausdruck, während Kutari kurz nach Luft schnappte. Das war eine wirklich zu eindeutige Aufforderung und sie umfasste sogar ein Mädchen, das noch die Kinderlocke trug. Kutari bedachte Frau Hatnofer mit einem angewiderten Blick und drehte sich brüsk um. Seine Gedanken wirbelten durcheinander und er trat ein paar Schritte zurück, während er den Schreibern winkte und kurz mit ihnen flüsterte.

„Hori, nimm Hesire zur Seite und befrage ihn, was er mit seiner letzten Äußerung gemeint hat. Hamadi, nimm' Dir Kawit und befrage sie ebenso. Thotmes soll bei einer ruhigen Gelegenheit mit Nechet reden. Rahotep soll Frau Hatnofer im Haus festsetzen, bis ich ein paar klare Aussagen habe.“

Dann sah sich Kutari suchend um.

„Wer ist der Verwalter?“

Ein älterer Mann trat eingeschüchtert nach vorne.

„Ich, Herr. Mein Name ist Juja, ich bin hier Verwalter, seit der in Ungnade gefallene Fürst dieses Landgut von unserem Herrscher, lang möge er leben, übertragen bekommen hat.“

„So, so. Nun, denn, Juja. Ich benötige ein Verzeichnis aller zum Haushalt gehörigen Personen, der Sklaven, des Inventars, sowie des Inhaltes der zum Haus gehörenden Silos und Lager.“

Juja erbleichte.

„Aber das wird eine ganze Zeit dauern, Herr. Wir müssen eine komplette Bestandsaufnahme machen.“

„Was ist denn mit den letzten Erhebungen der Steuern? Außerdem muss ein aktuelles Verzeichnis der Sklaven vorliegen.“

Die Stimme hinter Kutari klang an einigen Stellen etwas brüchig, doch er erkannte sofort Thotmes. Der stand zusammen mit Shaketo und Manetho schräg hinter Kutari und musterte den Verwalter mit zusammengezogenen Augenbrauen.

„Außerdem müssen da noch die Nachweise über Gehaltszahlungen an angestellte Personen im Haushalt sein.“

Der Verwalter musterte Thotmes mit hervorquellenden Augen und fing an zu stottern. Kutari machte kurzen Prozess.

„Ihr drei werdet den Verwalter begleiten und alle erreichbaren Unterlagen sichten. Rahotep soll euch ein paar Leute mitgeben, die nach versteckten Unterlagen suchen. Ich will wissen, was hier los ist.“

Thotmes nickte und Shaketo war schon unterwegs zu Rahotep, als Hori und Hamadi wieder zurückkamen.

Hesire zitterte immer noch vor Aufregung, während seine größere Schwester ihm tröstend über die Haare strich.

Hamadi stieß Hori an und der begann zu berichten.

„Kawit und Hesire sind Zwillinge. Nechet ist ein Nachkömmling. Sie sind alle drei anerkannte Kinder des ehemaligen Fürsten und seiner Frau. Die Zwillinge sind jetzt beide sechzehn und Kawit sollte schon mehrere Male verlobt werden, doch bisher hat sie sich erfolgreich geweigert. Hesire hat eine Ausbildung zum Schreiber, doch er durfte bisher weder im Haus noch sonst wo auf den Besitzungen des Fürsten arbeiten.“

„Und was hat ihn so aufgeregt?“

Hori sah Hamadi an, dann seufzte er tief.

„Fürst Wawerhet hat sich die letzten Jahre hauptsächlich in Theben aufgehalten. Er hat seiner Familie verboten, ihn dort aufzusuchen. Bei den wenigen Gelegenheiten, die er hier war, hat er wohl jedes Mal einen Jungen mitgebracht. Einen Favoriten für sein Bett. Seine Frau hat er mit Geschenken ruhiggestellt. Hesire hat ihn nur einmal nach seinem ungewöhnlichen Verhalten gefragt, worauf ihn der Fürst grün und blau geprügelt hat. Dann hat er gesagt, wenn ihn das so interessiere, dann würde er schneller von einem Mann genommen werden, als ihm lieb ist.“

„Ein wahrlich netter Zeitgenosse.“

„Ja, allerdings gibt es da noch etwas. Den Jungen, den er beim letzten Besuch mitgebracht hatte, hat er hier gelassen. Warum, weiß keiner. Er hat ein eigenes Zimmer gehabt und sich dort fast die ganze Zeit aufgehalten. Als die Nachricht kam, dass Fürst Wawerhet verurteilt worden ist, hat Frau Hatnofer ihn holen lassen und ihn misshandelt. Dann sollte der Verwalter ihn irgendwie verschwinden lassen.“

Kutari sah Hori verblüfft an.

„Sie hat einen Jungen misshandelt und dann… Wo ist der Verwalter!?“

Kanefer, der wie ein guter Diener hinter seinem Herrn gestanden hatte, hatte natürlich alles mitbekommen und schon sprintete er los, den Verwalter zu suchen.

Kutari ging zu den drei Geschwistern hinüber und sah Nechet zögerlich an. Kawit wusste, warum Kutari zögerte und deutete auf eine ältere Frau zwischen den Bediensteten.

„Das ist Manu, die Kinderfrau. Sie wird auf Nechet aufpassen.“

Kutari nickte und Kawit schickte ihre Schwester hinüber. Dann sah Kutari Hesire an.

„Hesire, sag mir, was ist passiert?“

Der Junge straffte sich ein wenig.

„Nachdem der Bote fort war, hat Mutter erst kein Wort gesagt, dann ist sie hinüber zu Chai und hat, immer noch ohne etwas zu sagen, mit einem Stock auf ihn eingeschlagen. Als er sich wehrte, hat sie mit einem Messer nach ihm gestochen. Er lag da wie tot und der Verwalter sollte ihn wegschaffen.“

„Ihr habt dabei zugesehen und nichts unternommen?“

„Mutter hatte dem Verwalter befohlen, uns festzuhalten. Seine beiden Sklavenaufseher haben uns in eine Ecke gedrängt und uns ebenfalls mit Knüppeln bedroht.“

Hinter Kutari wurde es laut, als der Verwalter zwischen zwei Soldaten aus dem Haus geführt wurde. Er wehrte sich vehement, doch Ngozi und Shesher hielten ihn fest. Da stürzten auf einmal zwei Männer mit dicken Knüppeln zwischen den Hausangestellten hervor, liefen auf die kleine Gruppe zu und fingen an, auf die Soldaten einzuschlagen. Scheinbar hatten sie gedacht, wenn sie schnell genug wären, würden sie zusammen mit dem Verwalter entkommen können, doch es kam anders. Ngozi ließ den Verwalter los und griff erst nach dem einen, dann nach dem anderen der Männer und hielt sie jeweils im Nacken fest. Mit einem kräftigen Schwung krachten ihre Köpfe gegeneinander und sie fielen bewusstlos zu Boden.

Die restlichen Soldaten hatten ihr Chepesch gezückt und standen nun lauernd vor der Gruppe der Bediensteten, aber nichts weiter rührte sich.

Der Verwalter wurde vor Kutari gezerrt und Ngozi stieß ihn zu Boden.

„Juja. Ich frage dich nur ein Mal. Wo – ist - Chai?“

Der Verwalter fing an zu wimmern und rollte sich auf dem Boden ein.

„Ich höre nichts, sprich lauter!“

„Herr, ich bin unschuldig. Frau Hatnofer hat es befohlen. Ich habe nichts damit zu tun.“

„Ich will wissen, wo er ist!“

„Draußen, am Ufer in der Lehmkuhle. Wenn das Wasser steigt, wird es ihn dort mitnehmen. Oder Herr Sobek wird es tun.“

Diesmal hatte er laut genug geredet, dass Kutari ihn verstehen konnte und auch die beiden Geschwister und die umstehenden Soldaten hatten ihn gehört.

Hesire stieß einen leisen Schrei aus.

„Dort gibt es Krokodile.“

„Rahotep, nimm deine Männer und geh zum Fluss. Sekhet soll euch begleiten.“

Dann wandte sich Kutari an Hesire.

„Kannst du ihnen die Stelle zeigen?“

Hesire nickte heftig und eilte schon ein paar Schritte voraus.

Kutari sah sich nachdenklich um. Das war deutlich mehr, als er erwartet hatte. Warum konnte es nicht einmal ganz einfach ohne Probleme und Zwischenfälle abgehen?

„Imiuthetep, deine Männer bringen die Bediensteten wieder ins Haus. Frau Hatnofer und der Verwalter werden eingesperrt und bewacht. Ebenso diese beiden glücklosen Kämpfer. Die Medjai bleiben außerhalb der Mauer und stellen sicher, dass niemand entflieht.“

Nachdenklich sah Kutari hoch in den Himmel um die Reise des Herrn Re zu beobachten. Wenn es hier noch mehr Probleme geben würde, konnte er eine schnelle Weiterreise vergessen.

Die ersten, die mit neuen Nachrichten eintrafen waren Thotmes, Shaketo und Manetho. Thotmes verbeugte sich förmlich vor Kutari und fing an zu berichten.

„Der Verwalter hat einen Teil der geforderten Unterlagen übergeben, bevor er aus dem Haus gezerrt wurde. Wir haben einige der aufgeführten Dinge mit den Beständen verglichen. Das Inventar des Haupthauses scheint vollständig zu sein. Aus dem Verzeichnis der Haussklaven fehlt ein gewisser Chai, das Verzeichnis der Landsklaven konnte nicht überprüft werden. Die wohnen alle draußen in einem eigenen Dorf. Aber am auffälligsten ist, dass der Bestand an Lebensmitteln deutlich höher sein müsste, als er jetzt ist.“

Kutari runzelte die Augenbrauen.

„Die Möbel sind nicht wichtig. Wo Chai ist, versuchen wir gerade herauszubekommen. Um die Landsklaven kümmern wir uns später. Was hat es mit den Lebensmitteln auf sich?“

Shaketo zückte eine große Rolle.

„Dies ist das Ertragsverzeichnis der letzten Ernte. Daran sind sowohl die Abgaben der Pächter an den Grundherrn verzeichnet, als auch die Erträge der eigenen Äcker. Nach Abzug der Steuern sollte eigentlich immer noch ein erheblicher Bestand an Getreide im Lager sein. Ich habe das Personal aus der Küche befragt und es hat keine großen Feiern gegeben seit dem letzten Schemu. Gemessen an der Anzahl der hier lebenden Leute müssten eigentlich noch doppelt so viele Lebensmittel vorhanden sein, als es tatsächlich sind.“

„Wieviel Leute leben denn hier?“

Shaketo zückte eine weitere Rolle.

„1 Verwalter, 4 Diener, 7 Dienerinnen, 2 Tänzer, 5 Tänzerinnen, 3 Musiker, 2 Sängerinnen, 8 Diener für Lager und Speisenzubereitung, 3 Bierbrauer, 4 Hirten, 2 Stallarbeiter, 4 Gartenarbeiter, 6 Torwächter, 2 Barbiere, 1 Jagdaufseher, 6 Tierwärter, insgesamt 60 angestellte Personen. Dazu kommen dann noch die Sklaven des Haushaltes und die Sklaven für die Landarbeit, die aber extra…“

Shaketo wollte eine weitere Rolle zücken, doch Kutari winkte ab.

„Schon gut. Ich glaube, ich weiß in etwa, was mich erwartet.“

Durch den Haupteingang in der Mauer wurde nun eine Trage hereingebracht, auf der Kutari einen leblosen Körper erkennen konnte. Gespannt wartete er, was Sekhet ihm berichten würde.

Nach ein paar Anweisungen an die Träger löste sich Sekhet aus der begleitenden Gruppe und kam auf Kutari zu. Neferahatj blieb bei der Trage, so dass Kutari zu hoffen begann.

„Er lebt noch, aber ich weiß nicht, wie lange. Er ist schwer verprügelt worden, dann hat er noch eine Stichwunde in der Schulter. Er hat viel Blut verloren. Du weißt, was das bedeutet.“

„Ja, wir können ihn nur verbinden und auf die Götter vertrauen.“

„Außerdem glaube ich, dass noch etwas ganz anderes dahinter steckt, als wir zunächst angenommen haben.“

Kutari sah den Arzt nun fragend an.

„Ich habe den Fürsten Wawerhet ja nur einmal gesehen, als wir als Zuschauer bei der Gerichtsverhandlung waren, doch der Junge hier ist ihm wie aus dem Gesicht geschnitten.“

Kutari holte tief Luft, dann sah er Sekhet an.

„Was glaubst du, wer die Mutter ist?“

Sekhet schüttelte unwillig den Kopf. Er wollte sich keinen Spekulationen hingeben, doch Kutari beantwortete die Frage selber.

„Wenn es die ist, die ich glaube, dann hätte sie besser den Korb mit der Kobra nehmen sollen. Die Sache ist noch nicht zu Ende. Hier gilt es noch einige Fragen zu stellen auf die ich zu gerne eine Antwort hätte.“


Die nächsten Fragen führten Kutari noch einmal zu Hesire. Der Junge saß einsam und verlassen auf einem Kissen in der großen Halle des Hauses und starrte ins Nichts. Aufgeschreckt drehte er seinen Kopf, als Kutari sich näherte. Seine Augen stellten eine Frage, die sein Mund nicht zu fragen wagte. Kutari nickte.

„Er lebt noch. Und wenn die Götter wollen, so wird er auch weiterhin leben.“

Hesire seufzte schwer. Kutari nahm sich ein weiteres Kissen von einem Stapel und setzte sich neben den Jungen.

„Ihr habt es gewusst, nicht wahr? Es ist wohl auch nicht zu übersehen.“

Hesire nickte stumm. Er wusste sofort, worauf Kutari anspielte.

„Ja. Als er ihn mitbrachte und sie nebeneinander standen, wusste es jeder im Haus. Selbst die alte Nehmet, und die ist blind.“

Hesire lachte bitter, als er Kutaris erstaunten Blick sah.

„Die Neuigkeit war schneller herumerzählt, als eine Kobra zustoßen kann. Mutter schäumte vor Wut, aber er hatte ihr Geschenke mitgebracht und wohl auch noch mehr versprochen, wenn sie den Mund hielt.“

„Warum hat er ihn mitgebracht?“

„Ich weiß es nicht. Es ist erst knapp eine Dekade her. Der Fürst hat sich hier nicht lange aufgehalten. Er hat nur Chai und einen Schreiber mitgebracht. Am nächsten Tag ist er wieder zurück nach Theben, Chai sollte hier bleiben und der Schreiber ist mit einem anderen Schiff weitergefahren in Richtung Delta.“

Kutari horchte auf.

„Das Schiff hat ihn hier abgeholt?“

„Ja. Es hat auch etliche Waren mitgenommen. Wir haben angenommen, es bringt die Waren zu einem der königlichen Speicher, nach Abedju oder weiter nach Men-nefer zum Verkauf.“

Kutari sah sich zu seinen Leibwächtern für den heutigen Tag um. Bei der Ankunft waren alle Soldaten im Einsatz gewesen, doch nun hatte Kutari wieder seine zwei täglichen Gefolgsleute. Ngozi und Shesher standen wartend am Eingang zur großen Halle.

„Shesher, Thotmes und Shaketo sollen mit allen Listen des Haushaltes herkommen, die sie gefunden haben.“

„Jawohl, Herr.“

Kutari hob erstaunt die Augenbrauen als einige Zeit später Thotmes und Shaketo, hoch beladen mit Schriftrollen, in die Halle traten. Ihnen folgten Kanefer und Manetho, ebenfalls mit Schriftrollen in den Armen.

„Was ist denn das?“

„Alle Listen des Haushalts, die wir finden konnten. Ernteerträge, Viehbestände, Steuerlisten, Abgaben und Verkäufe aus den letzten fünf Jahren. Eine Inventur des Hauses im letzten Jahr und die Listen der Sklaven aus den letzten drei Jahren. Lohnlisten der Bediensteten aus den letzten beiden Jahren. Dann das Verzeichnis des Tiergartens und die…“

Kutari hob eine Hand und bremste Thotmes.

„Wir haben hier zwei, nein drei Dinge zu erledigen und nur wenig Zeit. Wir müssen die Bediensteten und Sklaven gemäß dem Befehl des göttlichen Herrschers nach Theben bringen, wenn sie nicht hier gebraucht werden. Zweitens müssen wir uns um Chai kümmern und versuchen herauszufinden, ob er wirklich der Sohn des gewesenen Fürsten ist und drittens will ich wissen, was es mit dem Schiff und den Waren auf sich hat.“

Shaketo begann bereits die Rollen zu sortieren, als Kutari bemerkte, dass Hesire neben ihm begonnen hatte zu zittern. Etwas irritiert sah er ihn an, bis ihm einfiel, was er gerade gesagt hatte.

„Hesire, der Befehl des göttlichen Pharao lautete, alle Mitglieder des Haushaltes nach Theben in die Sklaverei zu schicken, denn sie sind in den Augen unseres Herrschers ebenso schuldig, wie der Fürst selber. Ich kann natürlich auch einige behalten, denn dieses Anwesen muss ja weiterhin betrieben werden. Dazu benötige ich einen Verwalter, denn der jetzige hat sich als unzuverlässig erwiesen und geht mit nach Theben.“

Hesire sah Kutari an, während Thotmes und Shaketo sich grinsend anstießen. Sie ahnten, was als nächstes kommen würde.

„Du kennst diesen Haushalt, denn du bist hier aufgewachsen. Und du kennst auch die Dörfer und ihre Bewohner. Bist du gewillt, in den Dienst des Aufsehers der Fragen des Pharao zu treten um dieses Landgut zum Besten deines neuen Herrn zu leiten?“

Hesire sah Kutari vollkommen erstaunt an und man konnte erkennen, wie es in ihm arbeitete. Der Junge rutschte von seinem Kissen, fiel vor Kutari auf beide Knie und berührte mit seinem Kopf den Boden.

„Ich bin nicht würdig, Herr. Ich werde meine Schwestern in die Sklaverei nach Theben begleiten, so wie es die Tradition verlangt.“

Kutari schüttelte den Kopf und fasste Hesire bei den Schultern um ihn wieder aufzurichten.

„Wer hat denn gesagt, dass deine Schwestern nach Theben gehen werden. Bis jetzt sind es nur deine Mutter und der Verwalter mit seinen Helfern.“

Voller Unglauben sah Hesire jetzt zu Kutari auf.

„So leid es mir tut, aber ich werde wohl nicht alle Bediensteten und Sklaven hier behalten können. Ich brauche eine Liste mit Personal, das für diesen Haushalt ausreicht, so lange der Herr auf Reisen ist. Der Tiergarten wird aufgelöst, die Tiere und Wärter sind ein persönliches Geschenk an den Pharao. Ach ja, nach der Ernte und der Einnahme der vertraglichen Pacht und der Abrechnung der Steuern geht kein Getreidekorn und kein Krug mit sonst irgendetwas von hier weg, ohne dass ich meine Zustimmung gegeben habe.“

„Aber… aber…“

„Du möchtest nicht mit deinen Schwestern hier bleiben, und mit deinem Bruder?“

Hesire sah Kutari jetzt erschrocken an.

„Er… er wird auch hier bleiben?“

„Selbstverständlich. Er ist nicht reisefähig. Er muss gepflegt werden, bis er wieder ganz gesund ist und uns erzählen kann, was er alles weiß. Auch das wird in deine Verantwortung fallen. Überlege dir gut, wer alles hier bleiben soll. Und nun möchte ich noch mit deiner Schwester Kawit reden.“

Hesire erhob sich rasch und eilte hinaus um Kawit zu holen. Als kurz darauf Kawit erschien, bedeutete Kutari den noch anwesenden Schreibern und Dienern, sich zu entfernen.

Auch Kawit fiel vor Kutari auf die Knie und er hob sie ebenso auf wie ihren Bruder.

„Du wirst hier bleiben. Zusammen mit deiner Schwester und deinem Bruder.“

Kawit sah ihn mit großen Augen an, dann schien sie etwas fragen zu wollen.

„Deine Mutter wird nach Theben gehen, ebenso wie der Verwalter und seine Helfer. Ich werde dann einen neuen Verwalter einsetzen bevor ich euch wieder verlasse.“

Kawit sah betroffen zu Boden, dann wieder hoch zu Kutari.

„Was ist mit… mit…“

„Deinem anderen Bruder? Er bleibt ebenfalls hier. Er war niemals ein Sklave und wird auch nicht als solcher geführt werden. Doch es gibt eine ganz andere Frage, die ich dir stellen möchte. Ich weiß, dass du dich gegen eine Heirat gewehrt hast, die der dahingegangene Fürst für dich vorgesehen hatte. Worum handelte es sich da?“

Kawit lief leicht rot an und sah sich um, doch es war niemand weiter in der Nähe.

„Es geht um den Sohn des Nomarchen des östlichen Harpunengaus.“

Kutari sah sie erstaunt an. Das war eigentlich eine sehr lohnende Verbindung, selbst wenn der Sohn nicht Nomarch werden sollte nach dem Tod des Vaters.

„Er ist klein, fett und viel schlimmer, er trägt noch seine Kinderlocke.“

Kutari sah nun Kawit erstaunt an.

„Das ist nun nicht ungewöhnlich, dass solche Verbindungen rechtzeitig vorbereitet werden.“

„Ich weiß, doch ich habe bereits jemandem die Ehe versprochen. Nur hat mein… dieser Mensch, niemals die Erlaubnis erteilt.“

„Wer ist der Glückliche?“

Kawit lächelte etwas wegen der Formulierung, doch dann seufzte sie.

„Er heißt Bakare und ist der Sohn des Jagdaufsehers.“

Kutari hob ungläubig seine Augenbrauen.

„Du willst als Tochter eines Fürsten den Sohn eines Jagdaufsehers heiraten? Nun ja, du bist nicht mehr die Tochter eines Fürsten, aber dennoch.“

Fast automatisch glitt sein Blick an ihr herab, doch ihre Gestalt war schlank. Sie bemerkte seinen Blick und seufzte.

„Man kann es noch nicht sehen, aber…“

Kutari verdrehte die Augen zum Himmel und rief die Götter an, ihm zu helfen.

„Dann möchte ich diesen Bakare sehen. Sofort.“

Kawit erschrak etwas und erhob sich rasch. Mit schnellen Schritten eilte sie davon. Nach nur kurzer Zeit zerrte sie einen jungen Mann durch die Tür. Der Mann erschrak sichtlich, als er Kutari sah und fiel noch in der Tür auf die Knie.

„Steh auf, ich möchte dich ansehen.“

Etwas verwirrt erhob sich der Mann und Kutari sah ein Jungen, wohl etwa sechzehn oder siebzehn Jahre alt. Er trug nichts weiter als einen kurzen ledernen Schurz. Seine Haut war ziemlich dunkel, wohl von seiner Arbeit unter den Strahlen des Herrn Re. Dem Körper konnte man ansehen, dass er hart arbeitete, denn die Muskeln, besonders der Beine waren gut entwickelt. Er hatte ein freundliches Gesicht, das jetzt allerdings die Zeichen von Angst zeigte. Alles in allem ein erfreulicher Anblick, bei dem Kutari unbewusst lächeln musste.

„Du bist also Bakare.“

„Ja, Herr.“

„Und du hast Kawit die Ehe versprochen?“

Der Gesichtsausdruck des Jungen wechselte nun und es schien, als würde er einen Fluchtreflex unterdrücken. Seine braunen Augen waren groß geworden, wie die der Gazellen, die er sonst jagte und auch der Ausdruck darin war der eines Tieres auf der Flucht.

„Nun, hast du das getan? Kannst du ihr ein Heim bieten, die Annehmlichkeiten die sie bisher hatte, ein Einkommen, ausreichend für beide?“

Bakare sah zu Boden und schüttelte langsam den Kopf.

„Nein, das kann ich nicht, Herr.“

„Und warum willst du sie dann heiraten?“

Bakare sah nun auf, zunächst zu Kawit, dann zu Kutari.

„Weil ich sie liebe, Herr. Sie… sie trägt ein Kind, unser Kind…“

Kutari schüttelte den Kopf und seufzte. Liebe. Wie gerne hätte auch er jemanden den er lieben konnte. Seine Gedanken wurden von Kanefer unterbrochen, der suchend in die Halle blickte.

„Verzeiht, Herr, aber habt ihr Mesamau gesehen? Er muss hier irgendwo sein.“

„Ich dachte, er ist an Bord geblieben.“

„Das dachte ich auch, doch Hori hat ihn eben hier hereinhuschen sehen.“

Bevor Kutari antworten konnte, ertönte ein lautes Miauen hinter Kawit. Erstaunt drehte sie sich um und sah den kleinen Kater auf dem Boden sitzen. Fast automatisch bückte sie sich und nahm ihn hoch. Der Kater sah sie an, dann drehte er seinen Kopf, sah zu Bakare und musterte ihn. Dann ertönte ein weiteres lautes Miauen.

Kutari seufzte laut und vernehmlich.

„Kawit, willst du Bakare immer noch heiraten?“

„Ja, Herr. Ganz bestimmt.“

„Dann geht und lasst euch registrieren. Wer bin ich, dass ich einer Göttin widersprechen würde.“

Kawit sah Kutari etwas verwirrt an, dann sah sie mit großen Augen hinunter auf den kleinen Kater, der nun in ihrer Armbeuge zufrieden schnurrte.


„Wir benötigen außer dem Personal für die Küche und die Lager nur noch zwei Diener, einen Bäcker und Bierbrauer, alle vier Hirten, die zwei Stallarbeiter, drei Gartenarbeiter, drei Torwächter und einen Jagdaufseher mit zwei Jagdhelfern. Das wären dann zweiundzwanzig Personen.“

Kutari prüfte mit ein paar schnellen Blicken die Aufstellung, die ihm Hesire gegeben hatte, dann lächelte er.

„Hier fehlt der Verwalter.“

Hesire errötete leicht.

„Ihr wollt wirklich, Herr, dass ich dieses Landgut verwalte? Ihr kennt mich nicht und ich weiß nicht einmal, ob ich wirklich dazu in der Lage bin.“

„Was das Kennen betrifft, so verlasse ich mich auf mein Gefühl. Es ist manchmal etwas trügerisch, doch ich habe bis jetzt wohl immer ganz akzeptable Entscheidungen getroffen. Glaube ich wenigstens. Ob du dazu in der Lage bist, stellt sich erst dann heraus, wenn du es tatsächlich machst. Die Steuerfestsetzung war bereits, die Ernte ist bald abgeschlossen, dann kommen die Zahlungen der Pächter und die Abgaben an das Große Haus. Wenn du offen und ehrlich arbeitest, habe ich keine Bedenken.“

Hesires Gesicht rötete sich ein wenig mehr, als er den Vertrauensvorschuss hörte.

„Dann sag mir, wonach hast du die Leute ausgesucht, die hierbleiben sollen?“

Hesire zögerte etwas, dann sah er sich suchend um, als ob er Hilfe brauchen würde.

„Nun… Es sind hauptsächlich die Familien, die hier bleiben sollten. Die Frauen der Stallarbeiter und Hirten arbeiten fast alle in der Küche oder als Bäcker. Es sind zehn Familien mit ihren Kindern.“

„Ich nehme an, einer der aufgeführten Jagdhelfer ist Bakare.“

Hesire nickte zustimmend.

„Ja, Herr. Sie werden auch Nechet zu sich nehmen. Was… was passiert mit Chai?“

„Er wird zunächst hier weiter gepflegt. Teile dem Arzt mit, wer dafür verantwortlich sein wird. Dann ist es dir überlassen, was er hier tun soll. Er ist kein Sklave, auch wenn er hier im Verzeichnis eingetragen war. Er ist ein Bürger von Khemet. Ich möchte allerdings nicht, dass er nach Theben zurückkehrt, zumindest nicht, bevor ich wieder hier gewesen bin.“

„Und die restlichen Sklaven, Herr?“

Kutari schüttelte bedauernd den Kopf.

„Für die Haussklaven kann ich leider nichts tun. Sie werden die Medjai nach Theben begleiten und im Großen Haus ihre Arbeit tun. Die Landsklaven bleiben alle hier, wer soll denn sonst unsere Äcker bestellen?“

Kutari sah noch einmal auf die Schriftrolle mit der Aufstellung seines nun verkleinerten Haushaltes.

„Etwas anderes noch. Wir haben doch über dieses Schiff gesprochen, das die Waren abgeholt hat. Waren da Leute dabei, die Waffen getragen haben?“

Hesire war erstaunt über die Frage, doch dann überlegte er schnell.

„Das können euch die Leute beantworten, die das Schiff beladen haben. Es waren hauptsächlich die Bauern aus den Dörfern.“

Kutari nickte und sah sich um.

„Thotmes!“


Bis kurz vor Sonnenuntergang hatte Thotmes die gewünschten Auskünfte. Er war zusammen mit Ahmose vor Kutari erschienen, der sich auf einer Bank an der westlichen Außenmauer des Hauses niedergelassen hatte.

Ehrerbietig knieten die beiden Jungen vor Kutari, der ihnen bedeutete aufzustehen.

„Ahmose hat das Schiff und die Leute beobachtet.“

Erwartungsvoll sah Kutari den kleineren Jungen an.

„Ich habe das Schiff zwei Mal gesehen. Das erste Mal im letzten Jahr, kurz nach der Ernte, nach den Geburtstagen. Das zweite Mal mitten während der Aussaat. Es war ein großes Schiff mit vielen Rudern, aber da waren mehrere Männer mit Peitschen, die haben die Ruderer angetrieben. Und dann waren da noch welche mit Bögen, so wie unsere Jäger sie haben, aber das waren nicht viele, vielleicht eine Hand.“

Kutari lächelte Ahmose freundlich zu und gab Thotmes einen Wink, den dieser auch sofort verstand.

„Komm mit, wir wollen mal sehen, ob wir wieder einen Kuchen bekommen.“

Immer noch lächelnd sah Kutari den beiden Jungen hinterher, bis sein Gesicht wieder ernst wurde. Also mindestens fünf Bogenschützen. Das war für ein Handelsschiff mehr als ungewöhnlich. Und wenn die Informationen richtig waren, woran er keinen Moment zweifelte, dann würden sie auch bald wieder erscheinen. Doch er hatte keine Zeit, sich hier noch länger aufzuhalten. In etwa einer Dekade würde die Überschwemmung beginnen und dann war der Fluss nur noch sehr schwierig zu befahren, denn es gab keine Landmarken mehr, wenn der Fluss erst über die Ufer getreten war.

Er zögerte etwas, schon jetzt jemanden um Hilfe bitten zu müssen, doch ihm würde nichts anderes übrig bleiben.

„Hamadi!“

„Ja, Herr.“

Hamadi kam um das Haus geeilt. Sie waren im Schatten der Nordmauer schon einige Zeit mit dem Unterricht beschäftigt und Hamadi war ehrlich froh für die kleine Unterbrechung.

„Eine Nachricht an den Wesir.“

Hamadi zuckte mit keiner Wimper, sondern eilte zurück, seine Schreibutensilien zu holen. Dann hockt er sich neben Kutari und lauschte dem Bericht, den er in den schönsten Heiligen Zeichen auf den Papyrus bannte.

„Hesire!“

Der junge Mann kam ebenfalls um die Ecke aus Richtung der Nordmauer, also schien er auch an dem Unterricht interessiert gewesen zu sein. Wahrscheinlich allerdings mehr an den Geschichten, die die anderen zu erzählen hatten.

„Ja, Herr.“

„Ich möchte, dass dieses Schreiben an den Tjati so schnell wie möglich nach Theben befördert wird. Der Bote soll sich morgen früh noch vor der ersten Tagesstunde auf den Weg machen. Er muss auf jeden Fall vor den Medjai in Theben eintreffen und das Schreiben persönlich übergeben.“

„Aber wir haben keine Boten, Herr. Den Schriftverkehr hat der…also, der wurde mit der Kurierbarke gefördert.“

„Die ist jetzt Teil der Flotte des göttlichen Pharao. Wer wäre denn in der Lage, das Schreiben schnell und sicher zu befördern?“

„Hm, Bakare vielleicht. Er war schon einmal in Theben mit einem Auftrag unseres alten Verwalters.“

„Sehr gut. Er soll sich bereithalten. Sobald Hamadi fertig ist, soll er die Schriftrolle übernehmen und dann zur frühest möglichen Stunde losziehen.“

„Ja, Herr. Werdet ihr hier im Haus übernachten, Herr? Es müssten dann noch einige Vorbereitungen getroffen werden.“

„Übernachten?“

Kutari sah in den Himmel und bemerkte Herrn Re auf seinen Weg kurz vor dem verschwinden in die Unterwelt.

Einen ganzen Tag verloren. Und meine Aufgabe hier ist noch nicht einmal beendet. Wir müssen morgen unbedingt mit dem Schiff bis…

Das Schiff! Kutari hatte fast ganz das Schiff und seine Besatzung vergessen. Sie hatten wohl schon den ganzen Tag hungern müssen, weil er hier die Reste einer Verschwörung und die Anhäufung von Gier und Unfähigkeit zusammenfegte.

„Hesire. Wo ist Thotmes? Die Besatzung der Barke braucht ihren ausstehenden Lohn.“

Hesire sah Kutari etwas ängstlich an, doch dann straffte er sich.

„Die Besatzung ist bereits bezahlt worden, Herr. Thotmes hat mir davon berichtet und ich habe die Auszahlung aus unserem Bestand angeordnet. Ihr müsst nur noch eine Anforderung an das Lager in Abedju schicken, dann werden uns die verauslagten Waren von dort erstattet.“

Kutari betrachtete nun Hesire etwas genauer. Sein Gesicht zeigte einen entschlossenen Ausdruck, so als wollte er seine Entscheidung verteidigen, doch seine Haltung war etwas verspannt. Kutari trat auf ihn zu und lächelte ihn an.

„Sehr gut. Ich kann mich nicht um alles kümmern. Deshalb brauche ich Leute, auf die ich mich verlassen kann. Du hast gezeigt, dass du selbständig Entscheidungen treffen kannst, selbst wenn sie das Vermögen deines Herrn beeinträchtigen. Deine Entscheidung war richtig, mach weiter so.“

Hesire entspannte sich und lächelte nun auch wieder.

„Die Übernachtung, Herr?“

„Ach ja. Was hat es mit den beiden Häusern in den Gärten auf sich? Wer hat da bis jetzt gewohnt?“

„Das eine war das Frauenhaus. Dort haben meine Mutter und meine Schwestern gewohnt. Kawit wird wohl bald zu Bakare ziehen und Nechet wird mit ihr gehen, sobald Bakare ein eigenes Haus hat. Dann werden wir wohl keinen Bedarf mehr für ein Frauenhaus haben.“

Kutari sah Hesire nachdenklich an, als der plötzlich betreten zu Boden blickte.

„Und das zweite Haus?“

„Dort hat … er gewohnt. Abseits vom Haupthaus, hat er manchmal unbekannte Gäste empfangen oder nachts dort beim Schein von Lampen und Fackeln gearbeitet.“

„Wie groß ist dieses Haus?“

„Oh, das hat nur eine Vorhalle und von der großen Halle gehen, hm… sechs Räume ab. Das ist schon alles.“

„Sehr gut. Ich werde mit den Beamten und deren Dienern das Haus des Fürsten bewohnen. Die Soldaten können wir wahrscheinlich irgendwo bei den Bediensteten unterbringen, oder gibt es etwas anderes?“

„Es ist genug Platz um den Wirtschaftshof. Ich werde das kleine Haus herrichten lassen.“

„Nein. Ich möchte, dass alles so bleibt. Beim Licht des Tages werden wir noch einmal alles dort durchsuchen. Möglicherweise gibt es ja noch Hinweise darauf, warum er Chai hierher gebracht hat.“

Hesire hob erstaunt die Augenbrauen, aber er verbeugte sich kurz.

„Wie ihr wünscht, Herr. Wollt ihr dort auch essen?“

Erst jetzt bemerkte Kutari, wie hungrig er war.

„Ja. Alle die dort wohnen, werden heute Abend dort auch essen. Außerdem möchte ich, dass du uns dabei Gesellschaft leistest.“

Hesire verbeugte sich noch einmal kurz und eilte dann zur Küche, um dort die nötigen Anweisungen zu geben.

Das Haus des Fürsten war deutlich kleiner als das Haupthaus, dafür empfand Kutari es aber als deutlich gemütlicher. Die Halle war mit sehr vielen Kissen ausgestattet und erlaubte wohl bis zu zwanzig Leuten, sich dort niederzulassen. Es hatte eine Weile gedauert, bis Kutari die Diener davon überzeugt hatte, dass sie zusammen mit ihren jeweiligen Herrn am Essen teilnehmen sollten. Mehrere kleine flache Tische waren in der Mitte des Raumes zusammengeschoben worden und die Platten und Schüsseln mit dem Essen standen darauf für jeden erreichbar.

Kutari hatte auch Hesire klar gemacht, dass er als Verwalter einen Diener brauchte, der ihn begleitete und ihm die niederen Arbeiten abnahm. Gespannt wartete Kutari, wen Hesire mitbringen würde. Als der Verwalter erschien, begleitete ihn ein weiterer junger Mann, dem Aussehen nach ein Kind des Landes, doch Kutari bemerkte die bronzebraun gebrannte Haut und auch die Gesichtszüge kamen ihm vage bekannt vor.

„Dies ist Ka-nechet, er wird mich ab jetzt als Diener begleiten.“

Kutari nickte freundlich und bedeutete den beiden, sich zu setzen. Kanefer sah überrascht hoch und schielte neugierig herüber, während Hori ihn grinsend dabei beobachtete. Ka-nechet, der starke Stier, weckte wohl allzu neugierige Gedanken in Kanefer.

Kutari fiel nun ein, woher ihm die Gesichtszüge von Ka-nechet bekannt vorkamen.

„Kann es sein, Ka-nechet, dass du einen Bruder mit Namen Bakare hast?“

Sowohl Ka-nechet als auch Hesire liefen etwas rot an, aber Ka-nechet nickte und sah dann hinüber zu Kutari. Er musste sich zwingen, ihn anzusehen, doch er folgte den Anweisungen, die Hamadi Hesire noch vor dem Essen gegeben hatte.

„Ja, Herr. Bakare ist mein älterer Bruder. Ich bin der jüngste Sohn des Jagdaufsehers Teti.“

Kutari wandte sich an Hesire.

„Wer ist denn der zweite Jagdhelfer auf der Liste? Auch ein Bruder von Bakare?“

Hesire nickte schweigend und warf Ka-nechet einen kurzen Blick zu.

„Ja, Herr. Es ist Intef, der älteste Sohn von Teti. Der Jagdaufseher ist sonst immer mit seinen Söhnen und auch den Tierwärtern auf die Jagd gegangen. Dann mussten sie noch für den Fürsten und seine Gäste Treibjagden veranstalten. Wir haben nun ja wohl erst mal keine Treibjagden und Intef ist inzwischen verheiratet, Bakare nun ja wohl auch. Deshalb habe ich die zwei als Jagdhelfer auf der Liste des Haushaltes. Ein dritter Jagdhelfer wäre zu teuer und wir brauchen ihn auch nicht wirklich, mit dem verminderten Haushalt. Deshalb wird Ka-nechet mich zukünftig als Diener begleiten.“

Kutari bemerkte den Blick, den Hesire seinem neuen Diener zuwarf und er machte sich so seine eigenen Gedanken über die Beziehung zwischen den beiden. Ka-nechet schien etwas zurückhaltend zu sein, doch langsam wurde er etwas umgänglicher, als Kanefer und Manetho ihn in kleinere Gespräche verwickelten.


Am nächsten Morgen versammelte Kutari seine gesamte Truppe vor dem kleinen Haus, in dem er übernachtet hatte.

„Imiuthetep, ich möchte, dass der ganze Zug der Medjai mit den Sklaven und den Tieren eine Stunde weit in Richtung Theben begleitet wird. Ich will nicht, dass irgendetwas davon hier in der Nähe des Flusses abhandenkommt und ich will auch nicht, dass es schon beim Abmarsch zu irgendwelchen Übergriffen kommt. Stell bitte sicher, dass dieser Leutnant genau weiß, dass Kopien aller Listen bereits auf dem Weg nach Theben sind und er mit seinem Kopf dafür haftet, dass alles dort vollzählig und sicher ankommt.“

„Jawohl, Herr.“

Hauptmann Imiuthetep sammelte seine Leute und zog mit ihnen vor das Haupttor, wo die Medjai den Zug bereits zusammenstellten.

„Rahotep, ich möchte, dass das gesamte Anwesen und speziell die beiden Häuser des Fürsten und der Fürstin genauestens untersucht werden. Deine Leute haben bis zum Mittag Zeit. Für diese Aktion kannst du auch auf unsere Dienerschaft und die dieses Hauses zurückgreifen.“

„Jawohl, Herr.“

Leutnant Rahotep sah an der Linie seiner Leute entlang und verteilte einzelne Aufträge. Jeweils die Hälfte seiner Leute würde ein Haus durchsuchen und nach einer gewissen Zeit, würden sie die Plätze tauschen. Ptahor und Metufer wurden wieder abgeteilt, die Gärten zu inspizieren und Kanefer, Neferahatj und Manetho würden unter der Leitung von Hori das kleine Haus des ehemaligen Verwalters durchsuchen. Hamadi und Shaketo waren in den großen Häusern um dort die Untersuchungen zu protokollieren.

Die Zeit verging, aber es gab nichts wirklich Interessantes zu vermelden. Der Soldat Djehuti erschien mit einem ziemlich großen Beutel und Kutari wundert sich etwas, doch dann fiel ihm ein, dass Djehuti der Juwelier war.

„Wir haben im Haus der Fürstin eine ganze Anzahl versteckter Schmuckstücke gefunden, Herr.“

Djehuti öffnete den Sack und schüttete vorsichtig den Inhalt vor Kutari auf einen Tisch. Ein kleiner Berg von Schmuckstücken türmte sich auf. Kutari erkannte Ohrringe, Armreifen, Halsketten und auch zwei große Schulterkragen. Ein Teil der Schmuckstücke schien aus Gold zu sein, andere aus verschiedenen bunten Edelsteinen gefertigt.

„Hier, Herr. Ohrringe aus Gold, Ohrgehänge aus Silber mit einem Amethyst, mehrere Armreifen, davon einer aus Gold. Diese Halskette hier, Lapislazuli und diese hier aus feinster Fayence. Ich würde sagen, einige dieser Stücke sind von einem sehr begabten Juwelier und Goldschmied gefertigt worden.“

Kutari sah einen Moment auf den Schmuck, dann zuckte er mit den Schultern.

„Hamadi soll ein genaues Verzeichnis erstellen. Ich werde später entscheiden, was damit passiert.“

„Ja, Herr.“

Djehuti verstaute die Schmuckstücke wieder in dem mitgebrachten Sack und zog los, Hamadi zu suchen.

Die nächsten die erschienen, waren die Zwillinge und sie schienen nicht einer Meinung zu sein. Ptahor schüttelte immer wieder den Kopf, während Metufer ein verbissenes Gesicht machte. Beide verbeugten sich knapp und Metufer seufzte.

„Metufer, Herr. Wir können…“

Metufer verstummte, als Kutari eine Hand hob.

„Es ist gut. Ich denke, ich kann euch jetzt unterscheiden. Also keine Namen mehr.“

Die Zwillinge bedachten Kutari mit einem skeptischen Blick, doch Metufer nickte.

„Ja, Herr. Es geht um die verlassenen Tiergehege. In einem der Gehege waren Antilopen untergebracht und das Gehege ist auch mit Gräsern und Sträuchern bepflanzt, doch in einer Ecke stehen zwei Dornsträucher.“

Kutari sah die Zwillinge verständnislos an.

„Ich glaube, Dornsträucher haben für Tiere fast gar keinen Nährwert und diese Tiere mit einem empfindlichen Maul gehen wohl gar nicht dran.“

Kutari hob erstaunt die Augenbrauen, aber dann wusste er, worauf Metufer hinaus wollte.

„Sucht bitte nach Hesire. Er möchte hierherkommen.“

Der Gesuchte erschien nach kurzer Zeit, dicht gefolgt von Ka-nechet. Kutari erklärte kurz, was Metufer entdeckt hatte und Hesire sah Ka-nechet fragend an.

„Ich bin nicht oft bei den Gehegen, aber ich kann mich auch nicht daran erinnern, dass in einem davon Dornsträucher angepflanzt worden sein sollen.“

Kutari wandte sich an die Zwillinge.

„Metufer, du suchst Hori und Ptahor, du suchst Leutnant Rahotep und bittest ihn, zusammen mit Remini herzukommen. Hacke und Schaufel nicht vergessen.“

„Und ihr zwei zeigt mir schon mal das Gehege.“

Hesire und Ka-nechet gingen voran und führten Kutari in den hinteren Teil der Gärten, wo die Tiere untergebracht gewesen waren. Sie blieben vor einem der Ausläufe stehen und Kutari spähte neugierig über die weiß getünchte Ziegelmauer.

„Hier ist nichts zu sehen.“

Auch Hesire und Ka-nechet sahen sich um, bis Hesire nach links deutete.

„Hier, hier sind tatsächlich zwei Dornenbüsche.“

Schnell schob Ka-nechet die beiden Balken zur Seite, die den Eingang des Geheges absperrten. Kutari trat näher und besah sich die Dornenbüsche.

„Hm… am Boden ist nichts zu sehen, aber dicht daneben ist ja auch alles zertrampelt von den Tieren.“

Als erste trafen Metufer und Ptahor ein, mit Hacke und Schaufel bewaffnet. Dicht dahinter folgten Rahotep und Remini. Von Hori war noch nichts zu sehen. Ptahor begann vorsichtig mit der Hacke das Erdreich um die Büsche zu lockern, während Metufer die lose Erde entfernte. Es dauerte eine ganze Weile, bis der erste Busch freigelegt war und die Zwillinge versuchten, ihn aus der Erde zu ziehen. Das ging nicht ohne Kratzer und Flüche ab, doch der Busch kam ziemlich leicht aus dem Boden. Metufer besah sich die Wurzeln genauer.

„Er ist erst vor kurzem hier eingepflanzt worden. Die Wurzeln sind noch nicht ausgetrieben.“

„Dann weiter.“

Auch der zweite Dornenbusch wurde entfernt und das Loch im Boden war schon ziemlich groß, so dass Metufer schon nach oben schaufeln musste. Ptahor stand schon bis zu den Schultern in dem Loch, als ein hohles Geräusch ertönte, entstanden durch die Hacke, die Ptahor schwang.

„Hier ist etwas.“

„Nichts kaputt machen. Wenn ihr etwas freigelegt habt, lasst Remini erst mal nachsehen, was es ist.“

Remini begab sich nun ebenfalls zu dem Loch und spähte neugierig hinein, aber die Zwillinge schaufelten erst einmal weiter Erde nach oben.

Inzwischen war auch Hori eingetroffen und hatte einen Stapel Papyrusblätter mitgebracht, die aber außergewöhnlich klein waren.

„Was ist das?“

„Neferahatj hat sie in einem leeren Vorratsbehälter gefunden. Er stand im Keller des Hauses des Verwalters. So wie es aussieht, sind es Notizen des Verwalters zu einigen Nebeneinnahmen.“

Kutari nahm die Blätter entgegen und sah sie schnell durch. Auf den meisten Blättern waren Namen verzeichnet, dann ein paar kurze Sätze. Darunter waren Daten angegeben, meist nur Monate und daneben standen irgendwelche Waren. Bei einem der Blätter las Kutari genauer.

Frau Hatnofer - Sie treibt es mit dem Obersten Tierwärter - Monat Tybi, eine silberne Armkette - Monat Pachon, zwei Lapislazuli.

Leicht den Kopf schüttelnd blätterte Kutari weiter.

Kawit - Hab sie mit Bakare erwischt - Monat Payni, zwei Kupferdeben, wird wohl nicht reichen.

Vielleicht Belohnung durch den Nomarchen

Dann das nächste Blatt

Hesire - Sie sind entkommen, aber ich bin mir sicher, es war Ka-nechet

Das letzte Blatt enthält eine längere Aufzählung mit dem Titel: Vom Herrn erhalten

Die letzte Eintragung lautete:

Monat Epiphi - zwei Deben Silber - Monat Mesori, sollte der Junge etwas sagen, muss er zum Schweigen gebracht werden.

Kutari schüttelte den Kopf. Ein kleiner Erpresser, der seine Erkenntnisse möglicherweise sogar noch an seinen Herrn weitererzählt hat um zweimal zu kassieren.

So ungerne er es wollte, aber er würde Hesire davon erzählen müssen.

Inzwischen hatten Remini und die Zwillinge tatsächlich eine große Truhe freigelegt, die sie jetzt in das Innere des Geheges zerrten.

Remini betrachtete die Truhe ausgiebig und versuchte dann den Deckel anzuheben, doch der blieb geschlossen. Ein Schloss für einen Schlüssel war nicht zu erkennen.

„Eine Truhe der vielen Geheimnisse.“

murmelte Remini und fuhr mit seinen Fingern über die wunderschön gestalteten Einlegearbeiten. Plötzlich gab eines der dunklen Felder etwas nach und ein schabendes Geräusch ertönte von der Truhe. Remini lächelte. Dann wandte er sich der Rückseite der Truhe zu, wo er nach einiger Zeit ebenfalls ein kleines Feld eindrückte, worauf wieder ein schabendes Geräusch ertönte. Der Deckel sprang etwa einen fingerbreit auf.

Ptahor wollte nach dem Deckel greifen, doch Remini fing seine Hand ab. Er sah sich um und brach von einem der herumliegenden Büsche einen Ast ab, mit dem er den Deckel vorsichtig anhob. Mit einem Finger zeigte er jetzt auf drei kleine spitze Dornen, die in den Rand des Deckels eingelassen waren.

„Sie sind höchst wahrscheinlich vergiftet. Wenn man nicht weiß, wo sie sind, ist es gefährlich, den Deckel zu öffnen.“

Ptahor war blass geworden und zuckte von der Truhe zurück, während Kutari jetzt neugierig näher kam.

„Ist etwas darin?“

Remini nickte und stapelte nun den Inhalt neben der Truhe auf. Hori hatte seine Binse gezückt und schrieb mit.

„Siebzehn Ringe reinen Goldes, jeder zu einem Deben Gewicht. Elf Barren von Silber, unbekannten Gewichtes, geschätzt auf jeweils 2 Deben. Darauf eine Prägung in Keilschrift. Ein Dolch ein einer ledernen Scheide, die Klinge aus dem Eisen der Hethiter. Sieben Rollen von Papyrus mit Siegeln.“

Die einzelnen Gegenstände hatten bei den Umstehenden unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen. Die Golddeben waren bestaunt worden, denn sie stellten schon alleine ein kleines Vermögen dar. Die elf Silberbarren waren von Rahotep genauer untersucht worden.

„Die Inschriften auf den Barren kennzeichnen sie als Eigentum des hethitischen Königs Muwattalli. Das ist, soweit ich weiß, der Vorgänger oder sogar der Vor-Vorgänger des jetzigen Königs.“

„Der Vorgänger? Also sein Vater?“

„Nein. Er war ein wahrscheinlich enger Vertrauter des Großkönigs Huzziya, ermordete diesen und wurde selbst König. Keine Ahnung, ob er mit ihm verwandt war. Angestachelt von Ḫuzziyas Witwe wurde Großkönig Muwattalli dann ebenfalls getötet und man setzte ihren Bruder Tudḫaliya auf den Thron, der jetzt Großkönig der Hethiter ist.“

Kutari schüttelt ungläubig den Kopf, während er nachdenklich die Silberbarren betrachtete.

„Also ist das Silber schon etwas älter.“

Rahotep nickte.

„Wohl mindestens zwanzig Jahre. Mich wundert, woher es stammt, denn die Siegel zeigen, dass es zum Privatbesitz des ermordeten Großkönigs gehört hat.“

Kutari seufzte.

„Noch mehr Rätsel. Dann wollen wir doch mal sehen, warum dieser Dolch hier in der Truhe liegt.“

Als er den Dolch aus der Scheide zog, sah er sofort, warum. Das Metall der Klinge glänzte silbrig-grau und alle Umstehenden starrten die Waffe fast ehrfürchtig.

„Das ist ja Eisen.“

Rahotep nickte zustimmend.

„Ja, kein Wunder dass die Waffe so gut versteckt ist. Aber hier, der Griff ist anscheinend aus Elfenbein und mit feinen Goldfäden verziert. Das sieht nicht so aus, als ob es in Khemet hergestellt worden ist.“

Kutari sah die Truhe einen Moment an, dann hatte er sich entschieden.

„Wir werden sehen, was sich in den Schriftrollen befindet. Ansonsten wird die Truhe mitsamt dem Inhalt nach Theben gebracht und ist ein Geschenk an den göttlichen Pharao. Die Edelsteine aus dem Haus der Fürstin erhält die Große königliche Gemahlin zum Geschenk.“

Hori hatte die Entscheidung notiert, und sammelte die sieben Schriftrollen ein, während Ptahor und Metufer mit Reminis Hilfe die Truhe wieder verschlossen und unter Rahoteps Leitung in das Haupthaus brachten.

Kutari bedeutete Hori und Hesire, ihm zu folgen. Als Hesire sich nach Ka-nechet umsah, winkt er auch diesem. Kanefer folgte seinem Herrn automatisch und Kutari nahm es wohlwollend zur Kenntnis.

Im Wohnhaus des Fürsten ließ Kutari sich aufseufzend auf einen Stapel Kissen sinken und sah sich nachdenklich um.

„Kanefer, hol bitte Hamadi, Sekhet, Rahotep und Thotmes.“

Es dauerte nicht lange, bis die Gewünschten eintraten und jeder wurde tatsächlich von seinem Diener begleitet. Metufer war zusammen mit seinem Bruder gekommen und stellte sich nun neben Hori. Rahotep war in Begleitung eines seiner Soldaten, den Kutari noch nicht näher kennengelernt hatte.

„Ihr könnt alle irgendwo auf den Kissen Platz nehmen, es wird wohl länger dauern. Ich werde kurz den Inhalt dieser Schriftrollen durchgehen.“

Hesire und Ka-nechet sahen sich fragend an, doch die anderen Anwesenden kannten bereits Kutaris Methode, wenn er auf der Suche nach Hinweisen war.

Schon reichte Kutari die erste Rolle nach einem kurzen Blick auf das Siegel an Rahotep, der sie dann Hori und danach Hamadi gab.

„Eine Schriftrolle mit dem geöffneten Siegel des göttlichen Pharao.“

Rahotep, Hori und auch Hamadi nickten zustimmend. Kutari entrollte das Schriftstück und Überflog den Inhalt.

„Keine Überraschungen. Es ist die Besitzurkunde, in der der göttliche Pharao dem Fürsten Wawerhet vor einundzwanzig Jahren dieses Landgut mit allem Inventar, Sklaven und Land übereignet hat.“

Die zweite Schriftrolle beurkundete den Kauf eines Frachtschiffes vor vier Jahren. In der nächsten Rolle wurde ein gewisser Kapitän Tarewan beauftragt, auf Rechnung des Fürsten Wawerhet mit diesem Schiff den Fluss zu befahren und Geschäfte abzuschließen.

„Anscheinend haben wir das Schiff gefunden, das die Lebensmittel hier abgeholt hat. Fragt sich nur, wo sie damit hingefahren sind.“

Die nächste Rolle ließ Kutari leise pfeifen.

„Eine Abrechnung über die Geschäfte des Kapitäns Tarewan im letzten Jahr. Angeblich hat er Waren im Wert von über 300 Deben Gold umgesetzt.“

Rahotep sah erstaunt hoch, während Hori einen ungläubigen Blick mit Hesire wechselte.

„Wie will er das denn geschafft haben?“

„Hier sind etliche Waren aufgeführt, darunter auch Felle und Leder aus Nubien und Barren von Kupfer, Zedernholz und Öl aus Syrien.“

„Woher hatte er die Sachen? Das sind Handelswaren, die auf den Karawanen des göttlichen Pharao in unser Land gekommen sind. Normalerweise lagert so etwas in den Depots des Großen Hauses oder der Tempel.“

Kutari zuckte mit den Schultern und öffnete die nächste Rolle.

„Oh, da kommen wir der Sache wohl schon etwas näher. Hesire, möchtest du bitte Kawit und ihren Mann herbringen?“

Die Bitte eines hohen Beamten war so gut wie ein Befehle und Hesire eilte davon, dicht gefolgt von Ka-nechet. Bald darauf hörte man draußen laute Stimmen und Kawit, kam, dicht gefolgt von Hesire, atemlos in den Raum. Bakare stand in der Tür und traute sich anscheinend nicht näher, während Ka-nechet bei seinem Bruder blieb.

„Ihr habt mich rufen lassen, Herr?“

„Allerdings. Ich möchte gerne wissen, ob du von diesem Schriftstück weißt. Es ist der Entwurf eines Ehevertrages zwischen Kawit, der Tochter des Fürsten Wawerhet und Nefersobek, dem Sohn des Gaufürsten Antef des östlichen Harpunengaus. Hier steht, dass der Vertrag rechtsgültig wird, sobald Nefersobek seine Kinderlocke verloren hat. Sollte der Braut in der Zwischenzeit etwas passieren, wird die bereits gelieferte Aussteuer verfallen.“

Kawit sah Kutari mit großen Augen an und Bakare stand an der Tür und zitterte unkontrolliert.

„Mal abgesehen von dem Zustand der Braut, hast du gewusst, dass die Aussteuer bereits geliefert war?“

Kawit schüttelte stumm den Kopf. Hesire sah seine Schwester ebenso ratlos an.

„Das… das kann nicht sein. Meine Aussteuer befindet sich immer noch in meinen Räumen. Es ist nicht viel, auch nicht besonders wertvoll, doch es reicht, einen guten Haushalt mit allem zu versorgen, was er braucht.“

„Hm, das ist merkwürdig. Genau wie die Tatsache, dass das Schreiben zwar vom Gaufürsten gesiegelt wurde, doch nicht von Wawerhet. Ebenso wenig wurde es beglaubigt.“

„Das ist gar kein Vertrag.“

platzte Hori heraus. Als er fast alle Blicke auf sich spürte, fing er etwas an zu stottern.

„Der… der Schreiber des Tjati, der mir eine Einweisung in ähhh… also spezielle Korrespondenz gegeben hat, hat auch erklärt, es gebe Schriftstücke, die ganz normal aussehen würden, aber eine Nachricht beinhalten, die zwischen Absender und Empfänger abgesprochen sind.“

Rahotep grinste auf einmal, doch Hamadi war etwas Begriffsstutzig.

„Wie? Abgesprochen?“

„Ist doch ganz einfach. Ich schicke dir ein Paket mit etwas Wertvollem. Es soll niemand wissen, dass es angekommen ist, deshalb schreibst du mir: Tante Nefertari gesund und munter angekommen. Damit ist aber nicht die Tante gemeint, sondern das Paket. Das funktioniert aber nur, wenn der Text vorher vereinbart wurde.“

„Oh, ich verstehe.“

Kutari nickte ebenfalls.

„Ja, das wäre eine Möglichkeit. Doch was soll das dann hier heißen?“

Hori sah betreten zu Boden.

„Ich habe keine Ahnung. Es war nur eine Idee, die mir gekommen ist.“

„Das ist auch gut so. Ihr sollt auch über alles nachdenken und alle Möglichkeiten bedenken, die ihr kennt. Wollen wir mal sehen, was die nächste Rolle bringt.“

Kawit erhob sich, doch Kutari winkte ihr zu, sitzen zu bleiben. Bakare hatte sich nun doch inzwischen hereingetraut und saß neben seiner Frau.

„Aha, ebenfalls ein Vertrag, aber der hier ist vielleicht für Hesire und Kawit interessant. Der Fürst und die Fürstin haben einen Ehevertrag abgeschlossen. Der Fürst verpflichtet sich, keine Nebenfrau zu nehmen, während im Gegenzug die Fürstin sich verpflichtet, einen großen Teil ihres Vermögens zu zahlen, sollte sie eine Scheidung wollen.“

Hamadi sah erstaunt herüber.

„Was? Das ist aber eine sehr einseitige Regelung. Von dem, was wir wissen, hatte der Fürst ja wohl nie das Verlangen, eine Nebenfrau zu nehmen. Mit dem Vertrag hat er seine Frau an sich gebunden, es sei denn, sie wollte für eine Trennung fast ihr gesamtes Vermögen opfern.“

„Das wäre niemals geschehen. Mutter war viel zu gierig hinter dem Geld her. Aber trotzdem verstehe ich es nicht ganz. Warum sollte er sich verpflichten, keine Nebenfrau zu nehmen. Er hat doch eh nur immer…“

Etwas erschrocken brach Hesire seinen Satz ab, aber Kutari wusste, was er sagen wollte. Dann fiel ihm etwas anderes ein.

„Sagt mal, weiß jemand, wie alt Chai ist?“

„Oh, sechzehn, glaube ich, genauso alt, wie wir beide.“

Kawit sah ihren Bruder fragend an, doch der schüttelte nur mit dem Kopf. Thotmes hatte bis jetzt ruhig in einer Ecke gesessen, doch nun stieß er Shaketo an. Die beiden tuschelten etwas, dann verließ Shaketo den Raum. Kutari sah im Stirnrunzelnd hinterher.

„Na gut, ich dachte nur, wenn er tatsächlich der Sohn des Fürsten ist, sollten wir vielleicht erfahren, wer von euch älter ist. Außerdem ist es ja wohl auch das Zeichen dafür, dass der Fürst mindestens einmal bei einer anderen Frau gelegen hat.“

Hesire und Kawit sahen sich etwas betroffen an, schwiegen aber. Inzwischen war Shaketo mit einer Schriftrolle wiedergekehrt und zeigte Kutari stumm eine Stelle in dem Text.

„Hesire, Kawit, an welchem Datum seid ihr genau geboren?“

Hesire sah Kutari an und antwortete automatisch.

„Am dritten Tag des dritten Achet im 35. Jahr der Regierung des göttlichen Pharao Men-cheper-re.“

„Also werdet ihr in gut zwei Monaten beide siebzehn. Im Sklavenregister dieses Haushaltes ist ein gewisser Chaemwase eingetragen. Diener des Herrn. Geboren am ersten Tag des ersten Schemu im 35. Jahr der Regierung des göttlichen Pharao Men-cheper-re. Damit ist er ein halbes Jahr jünger als ihr beide. Freilassung am Zwölften Tag des vierten Schemu im 51. Jahr der Regierung des göttlichen Pharao Men-cheper-re, gesiegelt im Haus der beiden Wahrheiten in Theben.“

„Das war ja direkt vor dem letzten Besuch des Fürsten.“

„Ich kann mir keinen Grund vorstellen, warum er ihn aus der Sklaverei entlassen hat. Doch, Moment mal. Er war kein Sklave mehr als er hier ankam, aber er ist auch nicht im Verzeichnis des Haushalts erfasst. Das heißt, er gehört nach seiner Freilassung weder zum Haushalt des Fürsten, noch war er irgendjemandes Sklave. Er war ein freier Bürger, als der Fürst starb.“

Hamadi nickte zustimmend.

„Damit wäre er auch nicht unter die Anordnung des Herrschers gefallen, diesen Haushalt aufzulösen und alle in die Sklaverei zu überführen.“

Kutari sah hinüber zu Rahotep, dann zu Sekhet.

„Sollte er etwa gewusst haben, was ihn erwartet? Aber warum hat er ihn dann vor dem Zorn des Pharao gerettet und die anderen nicht?“

Kawit sah ihren Bruder erschrocken an, dann begann sie leise zu weinen. Bakare legte beschützend die Arme um sie und zu Kutaris Erstaunen legte auch Ka-nechet einen Arm vorsichtig um Hesire. Kawit sah es und weinte noch lauter, dann schluchzte sie ein paar Mal, fing dann aber leise an zu sprechen.

„Er hat diese Familie gehasst. Er war immer missgelaunt, wenn er hier ankam und heiter und fröhlich, wenn er hier abfuhr. Wenn er einen Jungen mitbrachte, brachte er auch gleichzeitig Geschenke für Mutter. Ich weiß nicht, was er mit den Jungen gemacht hat, ob er wirklich mit ihnen… Aber sie waren immer nur hier in seinem Haus, niemals hat man sie woanders gesehen.“

„Das ist alles sehr rätselhaft und ich bedauere wirklich sehr, dass ich nicht mehr Zeit habe, hier zu bleiben. Aber wir müssen unseren Befehlen gehorchen. Ich hoffe nur, dass der Tjati sich entschließen kann, jemanden zu eurem Schutz hierher zu schicken.“

Kutari entrollte den letzten Papyrus und dabei fielen zwei einzelne Blätter heraus. Hori fischte sie vom Boden und sah erstaunt darauf.

„Was ist?“

„Das ist die Freilassungsurkunde von Chaemwase und dies hier seine Anerkennung als Sohn des Fürsten Wawerhet.“

„Was?“

Kutari schnappte die beiden Bögen und studierte sie aufmerksam.

„Tatsächlich. Es wird offiziell bestätigt, dass der Fürst den Sklaven Chaemwase freigelassen hat. Gleich danach hat er den freien Bürger Chaemwase als seinen Sohn anerkannt. Und jetzt kommt es. Als Mutter ist die Sklavin Nebet aus dem Haushalt der königlichen Gemahlin Tuaitthesit angegeben. Damit ist er also auch offiziell euer Bruder. Ob ihm Wawerhet damit einen Gefallen getan hat, wage ich zu bezweifeln. Irgendetwas hatte er vor.“

Gedankenverloren rollte Kutari die letzte Schriftrolle auf und sah auf die heiligen Zeichen, ohne sie tatsächlich zu lesen. Plötzlich jedoch fokussierte sich sein Blick auf ein paar Worte und er las rasch den Rest der Rolle.

„Ich glaube, ich habe hier die Lösung einiger Fragen. Und sie wird weder Hesire noch Kawit sonderlich gefallen. Dies hier ist das Testament des Fürsten Wawerhet. Eine Kopie davon ist hinterlegt worden im Haus des Lebens, doch die ist mit dem Tod des Fürsten an das Große Haus gegangen, damit der Oberste Verwalter das gesamte aufgeführte Vermögen einziehen konnte. Kurz zusammengefasst kann ich sagen, dass der Fürst beabsichtigt hatte, sein gesamtes Vermögen, bis auf ein paar Kleinigkeiten, ausschließlich seinem Sohn Chaemwase zu hinterlassen.“

Hesire und seine Schwester sahen sich nun zum wiederholten Mal betroffen an. Welche Überraschungen hatte dieser Mann denn noch hinterlassen. Obwohl er schon tot war, schien sein rastloses Ka sie aus dem Reich der Toten zu verfolgen.

Kutari schüttelte fassungslos seinen Kopf. Was hatte den Fürsten zu solchen Handlungen gebracht? Sicherlich, er schien seine Familie nicht besonders hoch zu schätzen, Doch was hatte er tatsächlich vor gehabt? Was hätte er getan, wenn sie ihn in dieser Nacht nicht geschnappt hätten?

„Sekhet. Können wir mit Chai reden?“

Der Arzt wiegte bedenklich seinen Kopf hin und her.

„Er müsste eigentlich wach sein, doch ich glaube, er hat viel zu starke Schmerzen, als dass er eine große Hilfe sein könnte.“

Kutari stand auf und Sekhet folgte ihm. Den anderen Anwesenden wurde bedeutet zu warten, bis die beiden wieder zurückkehrten. Auf dem Weg zum Haupthaus sah Kutari seufzend hoch in den Himmel und ihm wurde schmerzlich bewusst, wie wenig Zeit er hatte.

Chai war im Haupthaus in einem der kühlsten Räume untergebracht. Als Kutari und der Arzt eintrafen, erhob sich die Dienerin, die bei Chai gewacht hatte und verließ schweigend den Raum. Sekhet beugte sich über Chai und untersuchte ihn kurz.

In dieser Zeit hatte Kutari Gelegenheit, den Jungen eingehender zu betrachten. Ja, Sekhet hatte recht gehabt. Er glich stark dem Fürsten Wawerhet. So in etwa musste der Fürst vor zwanzig Jahren ausgesehen haben. Der Junge war wach und seine Schmerzen spiegelten sich in seinen Gesichtszügen wieder. Mit ängstlichen Augen sah er zu, wie der Arzt ihn vorsichtig untersuchte.

„Der Blutfluss ist gestillt, die Wunde sollte sich langsam schließen, wenn kein Fieber eintritt. Die Prügel sind schlimmer. Er hat wirklich Glück gehabt, dass keine Knochen gebrochen sind. Die Schmerzen dürften sehr stark sein. Und sie werden wohl noch mindestens eine Dekade anhalten.“

Aufseufzend schloss Chai die Augen. Kutari trat neben ihn und sah auf den misshandelten Körper herab.

„Chai?“

Der Junge öffnete wieder seine Augen und sah nun Kutari dicht neben sich. Seine Augen öffneten sich nun erheblich weiter und er starrte Kutari verwundert an. Der hockte sich neben das Bett und lächelte.

„Ich bin Kutari. Wir haben dich am Ufer des Flusses gefunden und wieder hierher gebracht. Frau Hatnofer ist zusammen mit dem Verwalter auf dem Weg nach Theben um im Großen Haus als Sklavin zu dienen. Aber ich nehme an, dass hat man dir bereits erzählt.“

Chai schloss wie zur Zustimmung seine Augen.

„Gut. Dann möchte ich nur eines Wissen. Aus welchem Grund hat Fürst Wawerhet dich hier hergebracht?“

Chai verzog sein Gesicht, als ob er wieder Schmerzen hatte, doch Kutari interpretierte dies mehr mit einem inneren Zwiespalt.

„Nach Norden…“

flüsterte Chai. Seine Stimme war sehr schwach, doch Kutari nahm alles wahr.

„Ich sollte nach Norden. Sie trauten ihm nicht mehr. Sie wollten ein Unterpfand. Er musste mir sein Vermögen vererben. Sie planen… planen ein Attentat auf… auf… den…“

Seine Stimme wurde immer schwächer, dann verstummte sie ganz. Sekhet beugte sich schnell über ihn, doch dann erhob er sich wieder.

„Er schläft. Was hat er denn mit seiner letzten Bemerkung gemeint? Was denn für ein Attentat?“

Kutari erhob sich aufseufzend.

„Ich fürchte, ich weiß es. Wir müssen jetzt so schnell wie möglich ins Delta. Außerdem fürchte ich, dass der junge Bakare nicht viel Zeit zum Ausruhen haben wird. Ich habe ein äußerst eiliges Schreiben an den Tjati.“

Sekhet sah Kutari erschrocken an.

„Du meinst, dieses Attentat ist…“

Kutari hob schnell eine Hand und Sekhet verstummte.


Die Reisebarke lag immer noch so an dem Steg, wie sie gekommen waren. Kutari erfuhr, dass sie jederzeit abfahrbereit war. Fehlten nur noch Hauptmann Imiuthetep und seine Truppe. Müde und staubig trafen sie gegen Mittag ein.

„Dieser Leutnant ist eine wahre Ansammlung von Unfähigkeit und Ignoranz. Er hat tatsächlich geglaubt, wir merken es nicht, wenn ein Medjai mit zwei Sklaven heimlich verschwindet. Die Rollen mit den Inventarverzeichnissen habe ich ihm erst zum Schluss gegeben und er war schon fast entsetzt, als er hörte, dass eine Kopie davon bereits in Theben sei. So muss er jeden Verlust unterwegs ausführlich begründen.“

Kutari lächelte, doch dann erzählte er Imiuthetep von den Geschehnissen am Vormittag. Der Hauptmann war zunächst verblüfft, dann von Zorn erfüllt.

„Wir müssen zurück, um…“

„Auf gar keinen Fall. In Theben gibt es genug fähige Soldaten um eingreifen zu können. Der Tjati wird die Warnung wohl noch rechtzeitig bekommen. Wir müssen nach Norden um diejenigen zu finden, die hinter all diesen Unternehmungen stecken.“

Imiuthetep senkte etwas seinen Kopf.

„Du hast recht, Herr.“

„Dann los, sammle unsere Truppen. Ich will noch innerhalb dieser Stunde mit dem Schiff ablegen. Wir können noch eine gute Strecke heute zurücklegen.“

Imiuthetep wandte sich um und begann kurz darauf, seine ersten Befehle zu erteilen.

Kutari suchte Hesire und fand ihn beim Haupthaus, wo er Anweisung an das Personal gab, die Reisebarke auszurüsten. Neben ihm stand ein älterer Mann, braungebrannt und mit einem ledernen Schurz. In der Hand trug er einen Bogen. Kutari sah an der unverkennbaren Ähnlichkeit mit Bakare und Ka-nechet, dass er hier Teti, den Jagdaufseher vor sich hatte.

Hesire verbeugte sich förmlich, genau wie Teti.

„Dies ist Teti, der Jagdaufseher, Herr. Wir waren gerade dabei, festzustellen, wie wir uns am besten verteidigen können, falls dieses Schiff tatsächlich auftaucht und die Besatzung wieder Nahrungsmittel verlangt.“

Kutari war überrascht. Er hätte nicht gedacht, dass Hesire oder sonst irgendjemand, diesen Fremden mit einer Waffe in der Hand gegenübertreten wollte. Dennoch nickt er Teti freundlich zu.

„Ich habe schon viel von euch gehört, Herr Teti. Ihr habt gute Söhne.“

Der Jagdaufseher sah Kutari überrascht an, dann verzog er etwas das Gesicht.

„Ich bin mir nicht sicher, Herr, ob alle meine Söhne eine gute Wahl getroffen haben.“

Damit blickte er nur kurz zu Hesire und Kutari verstand, dass er mit der Wahl seines Jüngsten nicht so ganz einverstanden war.

„Was dieses Schiff betrifft, so haben wir wohl auch keine große Wahl. Niemand kann sie daran hindern, an der Pier festzumachen und an Land zu kommen. Wenn sie bewaffnet sind, können wir sie nicht einmal daran hindern, sich an den Lagern und Scheunen draußen vor der Mauer zu bedienen.“

Kutari sah fragend zu Hesire, der die Situation erklärte.

„Die Lager draußen sind vor allem bei der Ernte wichtig. Dort wird das Korn gelagert, bis es gedroschen wird. Die Lasttiere werden zuerst bei der Ernte und dann zum Dreschen verwendet. Das Korn wird dann in Säcke gefüllt und gezählt. Sobald die Steuereinnehmer da waren, und den Anteil des Herrschers abgeholt haben, kommen die Bauern und holen ihre eigenen Anteile aus den Scheunen. Zur Aussaat wird dann das notwendige Getreide an die Bauern ausgeteilt. So braucht das Getreide nicht erst auf die einzelnen Höfe geschleppt zu werden, um dann wieder für die Aussaat gesammelt zu werden.“

„Wie weit ist die Arbeit denn bis jetzt gediehen?“

Hesire zuckte mit den Schultern.

„Um ehrlich zu sein, ich weiß es nicht. Bis gestern war das Getreide noch nicht ganz abgeerntet und die Felder mit dem Gemüse liegen etwas weiter weg. Unsere Dattelpalmen befinden sich in drei Oasen weiter im Inneren des Landes. Ich werde mir wohl erst heute und morgen einen Überblick verschafft haben. Aber hier muss auf jeden Fall noch gedroschen werden, das heißt, das Getreide lagert noch draußen in den Scheunen. Die Bauern haben zwar ein paar Wachen dort, doch gegen Bewaffnete können sie sich nicht durchsetzen.“

Kutari schüttelte den Kopf.

„Das sollen sie auch nicht, das ist viel zu gefährlich. Als Herr dieses Stückchen Landes bin ich verantwortlich für ihre Sicherheit.“

Dann wandte er sich an den Jagdaufseher.

„Gibt es sonst noch jemanden hier, der mit dem Bogen oder einer anderen Waffe umgehen kann?“

„Nein, Herr. Nur ich und meine drei Söhne. Die Torwächter können vielleicht mit einem Knüppel umgehen, aber das war’s auch schon.“

„Was ist mit den Hirten? Sind sie jetzt draußen mit den Herden?“

„Oh, die kommen vor der Überschwemmung alle wieder zurück, weil das Vieh ja auch besteuert wird und mit den Jungtieren ein großer Teil der Steuer auch bezahlt wird...“

„Sind sie nicht bewaffnet?“

Hesire überlegte.

„Nein, nicht direkt. Der alte Nedjem ist wohl schon zu klapprig um mehr als seinen Hirtenstab zu schwingen und Pasu und Nefer sind dazu vielleicht noch etwas zu jung. Simut vielleicht. Wir müssten sie befragen.“

Der Jagdaufseher hatte bei der Aufzählung der Hirten etwas abfällig gegrunzt, aber kein weiteres Wort gesagt.

Wenig später standen die vier Hirten vor Kutari und sahen ihn ehrfürchtig an. Nedjem war tatsächlich schon alt und etwas gebeugt, doch er sah Kutari aus aufmerksamen Augen an. Simut war wohl etwa fünfzehn oder sechzehn. Er hatte eine schlanke Statur und war in nichts weiter als ein knappes Lendentuch gekleidet. Über einer Schulter trug er einen Lederriemen, behangen mit mehreren kleinen Beuteln. Ebenso die beiden jüngsten. Pasu und Nefer waren höchstens vierzehn und sahen schüchtern zu Boden, wobei sie so dicht beieinander standen, dass sie sich berührten.

Kutari verkniff sich ein Grinsen, wohl auch, weil alle vier einen unmissverständlichen Geruch nach Ziege verbreiteten.

„Wer von euch kann mit einer Waffe umgehen?“

Kutari fragte dies mehr als halbherzig, denn er erwartete keine richtige Antwort. Doch alle vier sahen erstaunt auf und Pasu antwortete mit einer noch etwas brüchigen Stimme.

„Wir alle, Herr. Dort draußen erlernt man als erstes, mit einer Schleuder umzugehen.“

Kutari stutzte. An eine Schleuder hatte er gar nicht gedacht. Interessiert sah er auf den Jungen herab.

„Wer ist denn der Beste von euch mit der Schleuder?“

Pasu und Simut sahen automatisch zu Nefer. Der streckte sich etwas und sah stolz zu Kutari auf.

„Nun, dann wollen wir mal sehen, was du kannst.“

Nefer nickte eifrig. Aus einem der Beutel an dem Lederriemen nahm er eine Schlinge, aus einem anderen einen kleinen, glatten Stein. Suchend sah er sich um, bis Kutari auf eine Palme zeigte, die etwa dreißig Schritte entfernt stand.

Der Junge stellte sich in Positur und ließ die Schlinge kreisen, bis der Stein mit einem schwirrenden Geräusch lossauste. Er traf den Baum mit einem fast hohlen, harten Geräusch und fiel zu Boden. Kutari näherte sich der Palme und besah sich die fingertiefe Kerbe, die der Stein geschlagen hatte. Nachdenklich wandte er sich an Hesire.

„Nun, mit vier Bogenschützen und drei Schleudern seid ihr einigermaßen sicher innerhalb der Mauern. Ich habe eine Nachricht nach Theben geschickt und um Verstärkung hier gebeten. Ich weiß nicht, wann oder ob überhaupt jemand eintrifft, aber ich möchte nicht, dass sich jemand hier in Gefahr begibt. Sollte das Schiff eintreffen, ohne dass Verstärkung hier ist, bleibt ihr innerhalb der Mauern. Hab ihr das verstanden?“

Hesire nickte heftig.

„Ja, Herr. Das war klar und eindeutig. Doch was ist mit den Dorfbewohnern?“

Kutari verfluchte sich innerlich, während er nach außen ein unbeteiligtes Gesicht machte.

„Es ist ihnen überlassen. Sie dürfen in den Mauern Schutz suchen, aber ich fürchte, sie werden eher ihre Besitztümer verteidigen. Man müsste auch einen Späher…“

Kutari wandte sich an den alten Nedjem.

„Sag, Nedjem, du bist immer noch ein Hirte. Macht dir dein Alter nicht zu schaffen?“

Nedjem erstarrte. Wollte man ihn ersetzen?

„Ich bin immer noch gut zu Fuß, Herr. Und so trittsicher wie die Ziegen.“

Kutari lächelte. Er ahnte, was der alte Mann dachte, doch er wollte auf etwas ganz anderes raus.

„Dann kannst du auch noch so gut sehen wie in deinen jungen Jahren?“

„Oh, Herr. Mit dem Sehen ist es etwa so. Ich erkenne nicht mehr alles was vor mir liegt und ich habe es aufgegeben zu schnitzen, doch meine Ziegen, die kann ich auch noch auf dem übernächsten Hügel unterscheiden.“

Kutari nickte. Wie er vermutet hatte, litt der alte Mann unter einer Änderung der Sehschärfe, wie viele alte Leute. Warum die Götter es so eingerichtet hatten, wusste Kutari nicht, doch das gute Sehen bei den Händen war einem guten Sehen auf weite Entfernungen gewichen.

„Dann kannst du auch das Schiff schon auf weitere Entfernung erkennen. Du wirst die nächsten Tage der Ausguck sein und alle warnen müssen.“

Nedjem sah Kutari ebenso erstaunt an, wie die anderen, doch dann lief ein zahnloses Lächeln über sein Gesicht.

„Danke, Herr.“

Kutari schob nun Hesire langsam in Richtung Tor und seufzte dann.

„Ich gehe ungerne, aber es lässt sich nicht vermeiden. Befolge meine Anweisungen und es wird hoffentlich alles gut gehen. Sorge dich um Chai. Er ist nicht nur dein Bruder, sondern auch ein wichtiger Zeuge.“

„Ja, Herr. Ich gehorche. Ich werde es so anordnen wie ihr es gesagt habt. Um Chai macht euch keine Sorgen. Wir kümmern uns alle um ihn. Ich wünsche euch eine gute Reise und den Segen der Götter.“

Kutari umarmte Hesire und gab dem überraschten Jungen einen Kuss auf die Stirn. Dann machte sich Kutari als letzter seiner Truppe auf den Weg zum Schiff.

Als er die Reisebarke betrat, sah er hinüber zu Imiuthetep.

„Alle an Bord?“

„Ja, Herr.“

Kutaris Blick wanderte zu Kanefer.

„Mesamau auch?“

Kanefer verzog sein Gesicht.

„Ja, Herr.“

Der kleine Kater in seinen Armen ließ ein beleidigtes Miauen hören.

„Dann ist es gut. Arma! Wir können ablegen.“

Lesemodus deaktivieren (?)