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Der Neue

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Mann, wieso bleibt man morgens nicht einfach liegen, wenn man schon genau spürt, dass der Tag eine Katastrophe wird?

Es fing schon damit an, dass ich auf meinem blöden Bettvorleger ausgerutscht und recht unsanft auf dem Hintern gelandet bin.

Beim Frühstücken habe ich mir den Mund an meinem Cappu verbrannt und mich beim Verschlucken von meinem Brötchen beinahe selber hingerichtet. Der Bus fuhr mir vor der Nase weg und als ich mich mit dem Rad auf den Weg zur Schule gemacht habe, fing es natürlich noch an zu regnen. Ganz großes Kino.

Als ich grade auf den Schulhof fuhr, klingelte es schon zur 1. Stunde. Wenigstens war ich noch pünktlich, Frau Hinsen, unsere Klassenlehrerin, hatte für Zuspätkommer kein Verständnis. Dass ich auf dem Kopf aussah wie ein Wischmop (eine Kapuze an der Jacke wäre ja zu schön gewesen) und die Tatsache, dass meine Klamotten durchnässt waren, war nur ein weiterer Punkt auf meiner „der Tag ist nicht meiner – Liste“.

Ich hetzte also Richtung Klassenzimmer und hoffte, Frau Hinsen wäre ausnahmsweise mal unpünktlich. Grade als ich um die Ecke bog, kam auch Fr Hinsen, zusammen mit einem Jungen, den ich nicht kannte, auf das Klassenzimmer zu. Nett wie ich nun mal bin (*räusper*), habe ich den beiden die Tür aufgehalten und mich dann schnell auf meinen Platz in der letzten Reihe verzogen. Mein Sitznachbar Ben guckte ein wenig verstört, ich wusste aber woran das lag. Ich sah heute einfach mal umwerfend aus. Wer bitte steht denn nicht auf nasse, in alle Richtungen stehende Haare und verschmodderte Hosen (den schlammigen Pfützen sei Dank!) – doch wohl jeder … tz.

Aber ehe er etwas sagen konnte, fing Frau Hinsen schon an zu reden.

„Liebe Klasse, ich bitte um Ruhe … ich sagte RUHE.“ Okay, reden war’s nicht, eher das Gebrüll eines hungrigen Tigers.

„So, bevor wir zu unserem derzeitigen Thema zurückkehren, habe ich noch einen neuen Klassenkammeraden für euch. Fabian Gölser. Er ist mit seiner Familie hierhergezogen und muss deswegen im laufenden Schuljahr den Schulwechsel vornehmen. Alles Weitere könnt ihr ihn später fragen. Fabian bitte setz dich … Ähm … der einzige freie Platz scheint bei Theo zu sein.“

Damit deutete sie auf mich …

Ach ja, ich habe mich noch nicht mal vorgestellt … wie unhöflich. Aber bei so einem Start in den Tag wollen wir mal nicht so kritisch sein, oder?

Also, ich bin Theo, eigentlich heiße ich Theodor – aber so nennt mich zum Glück kein Mensch, wofür ich sehr dankbar bin, 18 Jahre alt und besuche die 12. Klasse des örtlichen Gymnasiums.

Fabian kam mit gesenktem Kopf und ließ sich auf den freien Platz neben mir fallen. Ich konnte verstehen, dass er ein wenig unsicher war. Ganz neu in eine Klasse zu kommen und dann noch von Frau Hinsen vorgestellt zu werden - es gab Schöneres.

Der Unterricht verlief wie immer, Frau Hinsen redete und redete … Wirklich zuhören tat bei ihr nicht wirklich jemand. Wir waren uns alle einig, dass Gedichte von toten Leuten nicht das spannendste Thema war.

Als es zur Pause klingelte und ich mich grade an unseren neuen Mitschüler wenden wollte, kam mir Ben in die Quere.

„Hey Theo, heute schlechte Laune oder was?“

„Ich wüsste mal gerne, was du für eine Laune hättest, wenn dein Tag so begonnen hätte wie meiner …“

„Kommste heute Abend auch zu Bella? Wird bestimmt total geil …“

Man muss dazu sagen, Bella schmeißt jeden Monat mindestens eine Party. Ihre Eltern haben einen riesigen Partykeller und die nächsten Nachbarn wohnen so weit weg, dass man die Musik aufdrehen kann, bis einem die Ohren abfallen. Ihre Eltern sind da total locker. Solange die Noten halbwegs stimmen, kann Bella so ziemlich machen, was sie will … Finde ich so gesehen einen guten Kompromiss … Auf ihren Partys gibt es immer massig Alkohol und jede Menge halbnackte Mädels, die sich an alles ranschmeißen, was nicht bei drei auf den Bäumen ist … Wer jetzt denkt, hallo? Sind nicht meistens die Jungs diejenigen, die immer auf Mädelsjagd sind? Bei uns ist das anders. Die meisten in unserer Klasse sind eher zurückhaltend und nicht an einer schnellen Nummer interessiert. In der Nachbarklasse sieht das dann schon wieder ganz anders aus …. Da Bellas beste Freundin aus der Klasse kommt, ist es wohl klar, dass die halbe Klasse gleich mit auf ihren Partys aufläuft …

„Muss ja, ne? Was anderes ist für mich eh nicht drin …“

Dazu darf ich erwähnen, dass ich seit zwei Monaten kein Taschengeld bekommen habe, WEIL ich wieder einmal Sport geschwänzt habe … zum 8. Mal dieses Schuljahr …

Aber wer kann denn bitte erwarten, dass ich mich nach dem Sport nackt (!) mit den anderen unter die Dusche stelle? HALLO? Dann bekomme ich höchstens eine Anklage wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses oder so …

Wieso? Na ist doch klar … ich bin schwul – und zwar sowas von. Wissen tu ich das schon, seitdem ich 12 bin … hatte mich einfach nie für Mädchen interessiert. Geoutet bin ich bis heute noch nicht … Ich habe einfach Angst, auch wenn meine Klasse und vor allem meine Freunde sich bisher nicht negativ über Schwule geäußert haben … aber bisher gab‘s auch keine Situation, in der man es hätte tun können … Ich weiß auch nicht, ich trau mich einfach nicht. Meinen Eltern habe ich auch nichts erzählt, ich denke sie hätten erst mal zu schlucken … und dann …. keine Ahnung. Aber so genau wollte ich das jetzt auch noch nicht wissen …

Mein Ziel ist es, mich zu outen, wenn ich meinen ersten Freund habe. Dann habe ich Unterstützung und zumindest einen, der mich versteht und zu mir hält. Ja richtig gehört … ich bin bisher noch nicht in den Genuss gekommen, dafür hatte ich aber schon zwei Freundinnen … ich musste mir halt schon was überlegen, wenn alle ständig fragen, wieso man keine Freundin hat … auf Gerüchte hatte ich keine Lust. Da kam mir Elli mit damals 15 Jahren ganz recht. Wir waren 1,5 Jahre zusammen. Recht ordentlich, oder? Mein Glück war, dass jeder wusste, Elli wird so streng erzogen, die würde nicht mal im Traum auf vorehelichen Sex kommen. Von daher eine recht entspannte Zeit. Mit Nina war das schon anders. Mit ihr war ich vier Monate zusammen. Sie wollte nach zwei Monaten mit mir schlafen, hatte extra ihre Eltern aus dem Haus geschafft, Sekt gekauft und das Zimmer romantisch hergerichtet … Aber leider, leider *ähem* hatte ich eine sehr schmerzhafte Blasenentzündung an jedem Abend. Wirklich ganz blöd gelaufen.

Dann kam meine Klassenfahrt (zu der sie nicht mit konnte, weil sie eben nicht in meiner Klasse war), dann kam ihre Klassenfahrt und dann hatte sie plötzlich einen neuen Freund …

Bis vor ein paar Monaten hatte ich keine Probleme damit, meine Klassenkammeraden nackt zu sehen, aber von einen auf den anderen Tag hat sich das geändert. Alleine bei dem Gedanken, gewisse Freunde nackt zu sehen, bekam ich einen Ständer. Auch wenn ich die Jungs sonst nicht sooo toll fand. Zumindest wollte ich nichts von ihnen. Nachdem ich mich einmal um Haaresbreite fast mit einem Ständer unter der Dusche sehen gelassen hätte, ziehe ich es vor, nicht mehr am Sport teilzunehmen, bzw. mein Duschzeug zu vergessen. Langsam fällt es auf und ich werde ständig gefragt, was los sei …

Ich bin nämlich sehr sportbegeistert, egal was, ich bin immer recht gut dabei und habe auch Spaß daran. Nur leider ist mir bis jetzt nichts eingefallen, wie ich sonst der schlimmen Dusche aus dem Wege gehen kann …

Bis zur großen Pause hatte Frau Hinsen nichts Spannendes mehr zu erzählen und somit ging auch die 2. Stunde nur laaaaaaaangsam zu Ende …

Beim Klingeln stürzten alle auf den Pausenhof, bloß keine Sekunde vergeuden.

Als wir in unserer Raucherecke standen, kam das Gespräch schnell auf unseren Neuen - Fabian. Den mussten wir dringend noch genauer unter die Lupe nehmen, hatten uns aber an sich schon dafür entschieden, ihn zu adoptieren. Er sah fast so aus, als würde er zu uns passen. Wir wollten mal schauen, ob wir recht behalten würden.

Ich schnippte meine Kippe weg und machte mich auf den Weg zum Klo. Als ich mir die Hände wusch, kam Fabian rein. Ich nickte ihm freundlich zu und nahm mir vor, draußen auf ihn zu warten. Ein bisschen Intimsphäre wollte ich ihm schon gönnen.

„Hi Fabian.“„

„Hi“, „ kam es ein wenig schüchtern zurück. Wenn ich mir nicht sicher war, dass er mich gemeint hätte, dann hätte ich gedacht, er stellt sich dem Schulhofboden vor. Er schaute angestrengt zu Boden … sehr angestrengt … dieser kaugummiverklebte Boden hatte natürlich auch eine gewisse Anziehungskraft … von der erotischen Ausstrahlung ganz zu schweigen …

„Ich bin Theo“, „ startete ich einen neuen Versuch, den Neuen ein wenig aus der Reserve zu locken, aber es schien ihn nicht sonderlich zu interessieren …

„Ja, bis gleich dann.“ war seine einzige Reaktion und wieder ohne aufzuschauen ging er einfach an mir vorbei …

Püh, also mal ehrlich, ich war freundlich zu ihm, wieso war der dann so … so abweisend …?

Jetzt war ich schon ein wenig beleidigt. Möglicherweise war er einfach nur ein bisschen schüchtern …?

Im Laufe des restlichen Schultages bissen sich so einige aus meiner Klasse die Zähne an unserem Neuling aus. Er war zwar stets freundlich, aber wahnsinnig abweisend. Mit keinem wollte er sprechen. Es schien fast so, als würde er den Posten als Einzelgänger der Klasse für sich beanspruchen.

Wir standen noch einige Minuten am Schultor und besprachen den Abend bei Bella, ich war nicht ganz bei der Sache, weil ich mich noch immer fragte, was genau Fabian für ein Problem hatte. Eigentlich müsste man sich freuen, wenn man in eine neue Schule kommt und gleich so herzlich von der Klasse aufgenommen wurde.

„Ah, da kommt ja Mister ich-hab-euch-nicht-nötig.“

Tino, die alte Socke, war klar, dass so ein Spruch wieder von ihm kam …

Ehe ich etwas sagen konnte, verschwand Fabian auch schon hinter der nächsten Ecke …

„Danke Tino, musste das jetzt sein?“- Ich schaute ihn wütend von der Seiten an.

„Vielleicht hatte er heute einfach mal einen schlechten Tag, wenn du ihm dann gleich so kommst, spricht der bestimmt nie mit uns … Er muss denken, wir wären die letzten Assis …“

„Wenn du meinst, Theolein.“

Ich hasste es, wenn er so mit den Augen rollte.

Schließlich trennten sich unsere Wege und ich überlegte, ob ich heute Abend überhaupt Lust hatte, zu Bella zu gehen. Meine Stimmung war irgendwie auf dem Nullpunkt. Lag das echt nur an Tinos Verhalten? Nee, bestimmt nicht, der ist ja nicht erst seit gestern wie er ist … Aber weswegen sonst? Musste an meinem super Start in den Tag liegen. Genau.

Als ich zu Hause ankam, stand meine Mutter bereits in der Tür. Ich überlegte hastig, ob ich wieder etwas verbrochen hatte … Nein, ich war mir keiner Schuld bewusst. Aber sie wartete nur an der Tür, wenn etwas los war … Mist.

„Hi Mum.“

„Theodor, ich habe heute beim Einkaufen eine alte Freundin wiedergetroffen …“

Aha.

„Sie sind grade erst hergezogen und ich habe angeboten, du würdest ein wenig beim Auspacken helfen … du weißt doch, mein Rücken …“

Och nö, wieso denn immer ich? Das war nicht fair. Ich musste mir schließlich den Kopf zerbrechen, ob ich heute Abend zu Bella gehen sollte oder nicht.

„Okay, ich sehe es ein, dass du wahrscheinlich was Besseres zu tun hast, aber ich mache dir ein Angebot …“

Na dann lass mal sehen …

„Ich gebe dir dein Taschengeld für diesen Monat, das ist doch fair, oder? „

Wow, geil. Dafür könnte ich mich dann doch noch dazu überreden lassen … immerhin waren meine letzten Euro gestern für Zigaretten draufgegangen und morgen musste ich mir wieder eine Schachtel kaufen … JA, ich weiß, Rauchen ist ungesund, aber hallo? Ich lebe nur einmal und das will ich wenigstens genießen …

Ich seufzte und schaute meiner Mutter in ihr „bitte-mein-lieber-Junge,-tu-es-für-deine-liebe-Mutter“ Gesicht und stimmte zu. Sie drückte mir gleich meine 50 Euro in die Hand und einen Zettel mit der Adresse. Auf meine Frage hin, wie es mit dem Mittagessen aussehen würde, drehte sie sich um und kam mit einem Beutel belegter Brote zurück.

Aha, toll. Das hieß also, ich durfte unterwegs essen und mich dann gleich an die Arbeit machen, wenn ich angekommen war? Tolle Wurst.

Sie beschrieb mir kurz den Weg und ich hatte schon so eine böse Vorahnung was die Wohngegend anging. Zwar war ich noch nie dort gewesen, aber jeder in der Stadt wusste, dass dies wirklich nicht die beste war.

Auf dem Weg zu der angegebenen Adresse fiel mir auf, dass die Häuser und die Straßen sich veränderten. Es sah irgendwie … na ja … asozial aus hier. Nicht, dass wir wer-weiß-wie nobel wohnen würden, nein, eher ganz normal und schlicht. Aber das hier? Meine Güte, da ließ meine Mutter mich echt alleine hinfahren? Der würde ich noch was erzählen.

Ich stellte mein Rad vor dem Haus ab und fragte mich, ob es wohl noch da sein würde, wenn ich hier fertig war. Ein Schloss besaß ich nämlich nicht …

Na toll, unter den mindestens 15 Namen soll ich jetzt raten, wie ihre Freundin hieß? Das hatte sie mir nicht gesagt, toll. Ich entschied mich einfach mal ganz unten zu klingeln. Statt dem Türsummer hörte ich nur eine Stimme aus der „ich–will-dich-nicht-sehen-Sprechanlage“.

„Hä?“

„Guten Tag, Theo Weber mein Name. Ähm, ich soll hier irgendwem beim Umzug helfen … wissen sie vielleicht …?“

„Ja, ganz oben.“ Klack … Ende.

Mit so viel Freundlichkeit hätte ich nie gerechnet … grummel. Also klingelte ich ganz oben und tatsächlich, der Türsummer ging auf. Okay, mal schauen, ob der nette Herr von grade recht hatte und ich oben richtig war.

„Scheiße, das gibt’s doch nicht … hat diese Scheißbaracke etwa nicht mal ´nen Fahrstuhl …?“

Stöhnend stieg ich die Stufen hoch. Nach gefühlten 30 Minuten erreichte ich das letzte Stockwerk.

„Und wenn ich hier falsch bin, dann geh ich wieder nach Hause … Gott verdammt noch mal.“

Ich drückte auf die Klingel und wartete, einen kurzen Moment später öffnete sich die Tür und eine Frau um die 40 stand vor mir. Sie sah total lustig aus, sie trug ein viel zu weites Hemd, dessen eigentliche Farbe man nicht mehr erahnen konnte, weil es schon durch und durch mit Farbe bekleckert war. Ihre Haare waren zerzaust und sie sah total müde aus … Sie tat mir leid …

„Hallo, du musst Theodor sein, oder? Ich bin Monika.“

Ihre Stimme klang müde, aber freundlich. Sie schien sich zu freuen, dass ich da war, also lächelte ich sie ebenso an.

„Ja, ähm meine Mutter schickt mich.“

„Komm rein Theodor, mein Sohn ist noch nicht wieder da, ich hoffe er kommt bald. Er weiß, dass wir heute noch viel zu tun haben … und dann muss er so trödeln …“

Sie führte mich in die Wohnung und gab mir meine erste Aufgabe, es hatte zwar nichts mit auspacken, sondern eher mit renovieren zu tun, aber nun gut. Ich schnappte mir die Rolle und malerte lustig die Wand an. Ich war so in meine Arbeit vertieft, dass ich nicht mitbekam, wie sich die Haustür öffnete.

Meine Aufmerksamkeit wurde erst geweckt, als ich hörte wie sich Monika mit jemandem zu streiten schien.

„Was will der hier? Ich hab echt keinen Bock auf die Scheiße.“

„Fabi, Schätzchen, ich habe nur eine alte Freundin getroffen und sie bot mir an, dass ihr Sohn uns helfen könnte. Vielleicht versteht ihr euch ja, er müsste in deinem Alter sein.“

„Mit dem? Vergiss es. Mama bitte, wir schaffen das auch alleine. Wir brauchen den dafür nicht.“

Oh, da hatte ja jemand eine super Laune.

Ich malerte einfach weiter und tat so, als würde ich nichts mitbekommen.

Moment ! Fabi? Neu hier? Ich hatte da so eine Ahnung …

„Fabian! Es reicht! Es wird Zeit, dass wir hier fertig werden. Jetzt geh rein, Theodor ist ihm Wohnzimmer. Hilf ihm, ich muss noch mal kurz weg. Wir brauchen noch Farbe für dein Zimmer.“

Mit diesen Worten fiel die Wohnungstür ins Schloss.

„Auch wenn meine Mutter das anders zu sehen scheint, wir brauchen deine Hilfe nicht. Also geh einfach, okay?“

Ich spürte genau, dass er zwar versuchte hart zu klingen, aber in seiner Stimme war ein wenig Traurigkeit. Da ich beschlossen hatte, ihm noch eine Chance zu geben, versuchte ich mit ihm zu reden.

„Fabian, ich habe wirklich keine Ahnung, was du gegen mich oder die anderen aus unserer Klasse hast. Haben wir dir etwas getan? Wir wollten dich eigentlich nur als Freund …“

„Pah! Freunde. Ich brauche niemanden, kapiert?! Verschwinde oder …“

„Oder du tust was?“

Jetzt wurde ich sauer.

„Hallo? Ich will dir nix Böses, ich wollte nur dein Freund sein. Pamp mich hier nicht so an, verdammt nochmal. Das habe ich nicht nötig. Ich mache meine Arbeit hier zu Ende und gehe erst dann, wenn deine Mutter mich wegschickt. Sonst krieg ich noch Stress mit meiner und darauf kann ich grade echt verzichten. Ist das angekommen?“

Ui, da hatte ich aber wohl den richtigen Ton getroffen. Fabian kniff die Lippen zusammen und ging ohne ein Wort in die Küche. Man hörte ihn leise fluchen.

Monika kam nach einer Stunde wieder und war total erstaunt. Das Wohnzimmer hatte ich zu Ende gestrichen und bereits damit begonnen, den Fußboden von Farbspritzern zu befreien. Ich war mit meiner Arbeit zufrieden und sie schien es genauso zu sehen. Sie strahlte mich an und knuddelte mich. Ja sie knuddelte mich, das war schon keine Umarmung mehr, das war hardcore knuddeln.

Fabian schien die Küche auch soweit fertig zu haben und sie fragte uns, ob wir gemeinsam sein Zimmer streichen wollten. Ich wollte schon zusagen, als Fabian wieder einen Tobsuchtsanfall bekam.

„NEIN! Das ist mein Zimmer, ich mache das alleine, hörst du. Der soll endlich verschwinden.“

In dem Moment wäre ich am liebsten im Erdboden versunken oder wäre schreiend davongelaufen. Nicht, weil Fabian meinte, hier wer weiß was für eine Show abziehen zu müssen, nein, eher wegen Monikas Reaktion darauf.

Sie schlug ihn. Er hielt sich die Wange und man sah, dass er mit den Tränen kämpfte. Dann drehte er sich um und rannte aus der Wohnung.

Ich stand da und wusste nicht, was ich tun sollte. Verdammt nochmal. Ich sah beschämt zu Boden und wünschte mir wieder, dass sich ein Loch auftun würde und ich darin verschwinden könnte … Aber leider geschah nichts dergleichen. War ja auch nicht mein Tag heute. Logo.

„Oh scheiße … was habe ich nur getan … Theodor, ich … das wollte ich nicht.“

Monika ließ sich auf den Boden fallen und schlug die Hände vors Gesicht. Ein wenig verstehen konnte ich sie – auch wenn ich vom Schlagen nun wirklich gar nichts hielt. Gerade in der Erziehung sollte man dann doch lieber auf Worte zurückgreifen … Mann, -jetzt klinge ich erwachsen, oder? Haha.

Ich ging also zu Monika und legte ihr die Hand auf die Schulter. Da ich nicht wusste, was ich sagen sollte, blieb ich einige Minuten still.

Dann schien sie sich soweit wieder beruhigt zu haben und fragte, ob ich einen Kaffee mit ihr trinken wollte.

Nun saßen wir auf dem Boden und schlürften Kaffee, sie hatte sich in den letzten 20 Minuten mindestens 100-mal entschuldigt, dass ich das sehen musste. Sie hätte das nicht gewollt, aber der Stress der letzten Monate war ihr in dem Moment einfach zu viel geworden … Sie würde sich später bei Fabian entschuldigen und versprach, dass es nie wieder vorkommen würde. Ich nickte nur und lenkte das Thema in eine andere Richtung.

„Wollen wir noch eine Runde weiterstreichen oder soll ich lieber gehen?“

„Ich kann dich nicht bitten, zu bleiben, nach dem, was ich getan habe.“

„Ach quatsch, schon okay. Also wo geht’s weiter?“

Wir strichen zusammen den Flur und standen dann in Fabians Zimmer.

„Fabian hat hier irgendwo seine Aufzeichnungen … er hat ganz bestimmte Vorstellungen, wie sein Zimmer aussehen soll …“

Sie reichte mir einige Zettel und ich war erstaunt. Die Zeichnungen waren klasse, ich meine, es waren nur die Zimmerwände abgebildet, das Bett und der Schrank. Die Zeichnungen, die er für die Wände vorgesehen hatte, waren einfach nur sagenhaft.

Es sollten Manga-Figuren darstellen, ein Junge und ein Mädchen, und von ihnen gingen schwarze Blumenranken ab, die sich durch das ganze Zimmer strecken sollten.

Der Untergrund war grau, das schien Fabian bereits gestrichen zu haben. Es war aber kein stumpfes Grau. Es strahlte irgendwie Wärme aus. Kann Grau Wärme ausstrahlen? Hatte unsere Kunstlehrerin nicht gesagt, Grau wäre eine kalte Farbe?

Ich schnappte mir einen Bleistift und begann das Bild in meinen Händen an die Wand zu malen. Es war gar nicht so einfach, wie ich zuerst dachte, aber nach einer Stunde hatte ich das Pärchen und einen Teil der Ranken an der Wand.

Monika räumte in der Zwischenzeit in der Wohnung hin und her, alle paar Minuten kam sie zu mir und schaute mit bei der Arbeit zu. Ich war irgendwann so versunken, dass ich das schon gar nicht mehr mitbekam.

Eine weitere halbe Stunde später war ich bereits fertig mit den Ranken und schnappte mir einen Pinsel. Ganz vorsichtig zog ich die Konturen des Jungen nach. Als ich grade mit dem Mädchen beginnen wollte, stand Fabian nehmen mir. Vor lauter Schreck stolperte ich über den Farbeimer. Zum Glück war dieser noch so voll, dass er durch den kleinen Schubser keine Anstalten machte, umzukippen.

Fabian schaute gedankenverloren auf meine Arbeit, ich erwartete eine erneute Standpauke aber er blieb still.

Monika kam wieder zu uns und fragte mich, ob ich noch zum Essen bleiben würde. Erst jetzt fiel mein Blick auf meine Uhr. Schon fast halb 8.

„Shit … nein Monika, ähm … ich bin auf eine Party eingeladen. Aber ich muss ja noch mal nach Hause, so kann ich ja schlecht gehen.“

„Schade Theodor, aber wenn du schon etwas vorhast …“

„Wenn Sie mich noch brauchen, komme ich gerne morgen wieder.“

Sie atmete hörbar auf.

„Das wäre super, morgen kommen unsere Möbel und einen starken jungen Mann zum Schleppen und aufbauen könnten wir in der Tat gebrauchen …“

„Alles klar, wann soll ich da sein?“

„Wäre dir 10 Uhr recht?“

Ich stockte kurz. 10 Uhr? Das war ja noch mitten in der Nacht. Ich stand am Wochenende für gewöhnlich NIE vor 12 Uhr auf und wenn ich am Abend zuvor weg war, konnte es auch mal nach 14 Uhr werden … aber ich hatte meine Hilfe angeboten also musste ich wohl da durch. Selber schuld.

„Ähm ja, alles klar, werde da sein.“

Ich lief zur Tür und blieb einen Augenblick stehen … Hm sollte ich Fabian einladen? Immerhin gehörte er zur Klasse und wenn er nicht so auf lass-mich-in-ruhe gemacht hätte, wäre er sowieso eingeladen worden.

„Du Fabian, ähm … wenn du magst, komm doch auch. Ich meine, Ella hätte dich bestimmt eingeladen, wenn du … wenn sie nicht so im Stress gewesen wäre.“

„Nein danke, kein Bedarf“, sprach‘s und verschwand.

Zu Hause schmiss ich gleich die Dusche an, schnappte mir saubere Klamotten und machte mich zurecht. Nicht, dass ich es darauf anlegen würde, gut auszusehen, wen wollte ich schon beeindrucken …

In letzter Zeit fühlte ich mich oft einsam. Damit meine ich nicht, dass ich keinen oder weniger Kontakt zu meinen Freunden hatte. Das war es nicht. Eher sehnte ich mich nach einem Freund, nach einer Beziehung. Nur wusste ich beim besten Willen nicht, wie ich das ändern sollte. Es gab in unserer Stadt keinen Gayclub oder ein Gaycafe, wo also sollte ich auf „Gleichgesinnte“ treffen? Ich habe mal gelesen, dass viele es einfach spüren, ob das Gegenüber auch schwul ist, entweder gab es in meinem Umkreis nicht einen einzigen oder mein Gayradar war einfach kaputt.

Kurz nach zu spät kam ich bei Ella an, die Eltern ließen mich rein und ich stapfte die Treppen zum Partyraum hinunter. Je näher ich kam, desto lauter wurde die Musik und man hörte das Stimmengewirr der anderen. Die Stimmung schien schon recht ausgelassen zu sein.

Ich setzte mich an die Bar (ja es gab sogar eine richtige, professionelle Bar) und kippte mir schnell ein Cola-Bier runter.

Tino und Ben ließen sich neben mir nieder und tranken ihr Bier in einem Zug aus, was mich vermuten ließ, sie wollten sich möglichst schnell ins Koma saufen.

„Hey Theo, was los?“

Ben guckte mich an und legte den Kopf schief.

„Du guckst, als hättest du `ne Abfuhr gekriegt … Wie heißt denn die Gute?“

„Ach, kennste nicht.“

Wollt ihr sagen, dass ich lüge? Gut erkannt. Ich wusste ja selber nicht mal, was ich hatte. Also war es besser, so zu tun, als hätte Ben mit seiner Vermutung recht. Abgesehen davon waren seit meiner letzten Beziehung Monate vergangen und die anderen wurden schon langsam wieder so komisch und meinten ständig, ich sollte doch mal wieder tätig werden …

Wenn die wüssten …

„Theo, Theo, Theo. Es wird Zeit, dass du mal richtig Spaß hast. Du bist 18 Mensch und immer noch Jungfrau …“

Ja, Tino mochte auch immer gerne seinen Senf dazugeben.

„Halt die Klappe Tino, muss ja nicht jeder hören.“

Langsam aber sicher kam meine schlechte Laune richtig durch, ich wollte grade aufstehen, als Tino mich am Arm packte und mich mit sich zog.

Stehen blieben wir vor einem Mädchen, das ich noch nicht kannte. Tino stellte sie mir als Ellas Cousine Maggi vor, die übers Wochenende zu Besuch war.

„So mein lieber, die ist nur dieses Wochenende hier und eine Beziehung will sie auch nicht, das weiß ich. Mach was draus …“

Ich lief knallrot an und machte jeder Tomate eindeutig Konkurrenz …

Maggi schien ganz locker zu sein, sie zog mich zur Sitzecke und redete wie ein Wasserfall. Was genau bekam ich nicht mit, ich tauchte in die unendlichen Tiefen meiner Gedanken ein und nickte nur hin und wieder zustimmend. In der Hoffnung, dass es grade in dem Augenblick angebracht war.

Erst als es plötzlich still wurde, richtete meine Aufmerksamkeit sich dem Grund zu.

Erst konnte ich nichts sehen, aber als ich aufstand, sah ich, um was oder wen die anderen sich aufgestellt hatten. Fabian …

„Na kleiner, hattest du Sehnsucht nach uns?“

„Was will denn der hier?“

„Ella, hast du den eingeladen?“

„ICH-?“

Ella kam wild gestikulierend auf die anderen zu und man konnte ihr auch auf die Entfernung und die mäßigen Lichtverhältnisse hin ansehen, dass sie nicht sehr begeistert schien.

„Was willst du hier? Hä? In der Schule tust du so, als wärst du was Besseres und jetzt kommst du ungefragt in mein Haus?“

„Ella, ich hab ihn eingeladen … Ich dachte wir lernen ihn vielleicht außerhalb der Schule kennen, heute war wohl nicht so sein Tag …“

„Du enttäuschst mich Theo, aber gut, wenn er sich nicht benimmt, fliegt er raus. Letzte Chance.“

Mit den Worten drehte sie sich wieder um und auch die anderen schienen sich wieder der Party zu widmen und ließen Fabian einfach stehen.

Dieser wollte sich grade umdrehen und verschwinden, aber so haben wir nicht gewettet. Nachher war ich noch der Buhmann, weil er erst kommt und dann einen Abgang macht, ohne sich wenigstens mal bemüht zu haben. Ich habe immerhin auch einen Ruf.

„Ey … Magst du was trinken?“

Er schien mich gehört zu haben und wandte sich wieder in meine Richtung.

Stumm nickend folgte er mir zur Bar.

Nach meiner Getränkefrage holte ich ihm eine Cola und mir noch ein Cola-Bier. Grade als ich dachte, ich könnte ihm vielleicht doch noch das eine oder andere Wort entlocken, kam mir wieder jemand in die Quere …

„Nein wie süß, der Kleine trinkt Cola!“

Ella! Ja, man muss dazu sagen, wer bei Ella keinen Alkohol trinken will, der ist automatisch ein Loser. Also wenn man öfter hier war und mal einen Abend nichts trinken will, ist das ok, aber nicht öfter und das erste Mal scheinbar schon gar nicht.

Ich werfe Ella einen bösen Blick zu und wende mich wieder an Fabian. Der scheint meine Gesellschaft aber nicht mehr haben zu wollen. Wieso? Weil er bereits aufgestanden ist und sich Richtung Tür bewegt. Ich will grade hinterher, aber da hat mich Maggi schon wieder gepackt und zerrt mich zur Sitzecke zurück.

Ehe ich begreifen kann, habe ich ihre Zunge im Mund und knutsche mit ihr. Gefallen tut mir das nicht, aber ich weiß, dass ich meine Tarnung wieder ein wenig aufleben lassen muss. Offiziell bin ich nun mal hetero. Und wenn Fabian keine Lust hat zu bleiben, ist das sein Bier.

Mittlerweile waren Maggi und ich in Ellas Zimmer angekommen, sie wuselte an mir herum, als würde es kein Morgen geben. Wir lagen nebeneinander auf dem Bett und langsam bekam ich Angst. Ich konnte keinen Sex mit ihr haben, ich würde im Leben keinen hochkriegen … Angst macht sich unaufhörlich breit und wurde zu meinem einzigen Gedanken …

Nach ein paar Minuten merkte ich dann, dass Maggis Bewegungen langsamer wurden. Zuerst dachte ich nicht weiter darüber nach, bis sie auf einmal ganz still wurde. Ich sprach sie leise an, aber sie reagierte nicht. Ich kletterte vorsichtig über sie hinweg – sie schlief. Mein Gott. Ich muss ja ein Hengst im Bett sein, wenn sie dabei einfach einpennt.

Sekundenschnell überlegte ich, was ich tun sollte. Würde sie so aufwachen, würde sie sofort wissen, da war nichts, und ich würde dastehen wie der letzte Idiot. Pennt die einfach ein, das sieht nicht gut für mich aus.

Ich entscheid mich, ihr vorsichtig (und nicht ohne Ekel) die Bluse und den Rock auszuziehen, den Slip zog ich ihr nicht aus, das konnte ich dann doch nicht.

Die Kondompackung, die sie auf den Nachtisch gelegt hatte, öffnete ich und stopfte das Gummi in meine Hose. Die leere Packung legte ich auf den Tisch zurück.

Hoffentlich reichte es, um ihr glauben zu machen, da wäre was gelaufen.

Am nächsten Morgen stand ich pünktlich bei Fabian und Monika auf der Matte.

Nach dem Klingeln öffnete mir Monika freundlich, wie auch gestern schon, die Tür. Sie bot mir einen Kaffee an und meinte, Fabian würde noch schlafen, aber sollte er nicht gleich aufstehen, würde sie ihn wecken.

Wir saßen in der Küche, als Fabian in Boxershorts und T-Shirt aus seinem Zimmer kam. Er war so gar nicht begeistert mich zu sehen …

„Was willst du denn hier? Hattest du gestern nicht schon genug Spaß?“

Mit einem lauten Knall flog die Badezimmertür ins Schloss.

Monika und ich schauten uns verwirrt an.

„Ist gestern etwas passiert?“

„Nein, ja … also er kam rein und ein paar Leute haben ein paar blöde Bemerkungen losgelassen. Nichts Schlimmes oder so. Lag wohl nur daran, dass er in der Schule nicht sonderlich gesprächig war … Und dann ist er einfach wieder abgehauen …“

„Dann wüsste ich gerne, wo er war, er kam erst nach eins nach Hause …“

„Du Monika, lass es einfach, ich meine, sprich es einfach nicht an. Denke, er fühlt sich schon blöd genug deswegen. Ich versuche später mal mit ihm zu reden …“

Monika seufzte kurz, gab sich aber dann doch geschlagen. Nun musste ich nur schauen, dass ich ein paar Minuten mit Fabian alleine war UND er mich nicht gleich töten wollte. Wieso würde ich nicht verstehen wollen – aber seine Worte und sein Blick waren deutlich.

Hatte ich etwas falsch gemacht? Nein … ich habe mit ihm gesprochen und etwas getrunken. An seinem Verschwinden war ich nun wirklich nicht schuld.

Während Fabian noch im Bad verweilte, half ich Monika dabei, einige Kisten auszupacken. Dabei fiel mir ein eingerahmtes Bild auf, darauf zu sehen waren Monika, Fabian und zwei Personen, die ich nicht kannte. Die eine schien der Vater zu sein und die andere vielleicht sein Bruder? Ich schätze, dass das Bild noch nicht all zu alt war. Fabian und Monika hatten sich zumindest nicht verändert. Wahrscheinlich war es für Fabian nicht leicht, von seinem Bruder getrennt zu sein, auf dem Bild schien es, als würden sie sich sehr gut verstehen.

Ich hatte nicht bemerkt, dass Fabian mittlerweile aus dem Bad zu uns ins Wohnzimmer gekommen war und bereits hinter mir stand.

„Gibt das her“, schnauzte er mich an, vor Schreck hätte ich beinahe das Bild fallen gelassen. Ich reicht es ihm und konnte in seinen Augen einen leicht feuchten Schimmer erkennen. Schnell drehte er sich weg und stellte das Bild in den Schrank.

„Tut mir leid, ich wollte nicht so neugierig sein. Ich hab‘ nur gedacht, dass ihr auf dem Bild sehr glücklich zu sein scheint …“

Eigentlich hatte ich erwartet, dass Fabian jetzt auf mich losgehen würde, mich anbrüllen würde, aber nichts dergleichen geschah.

Er stand immer noch mit dem Rücken zu mir und zuckte mit den Schultern.

„Teilweise ja …“

Seine Stimme zitterte. Ich stand auf und ging zu ihm, auch wenn ich ihn nur im Profil sah, so konnte ich eindeutig die Tränen sehen, die ihm über die Wangen liefen.

Langsam und fast schon ängstlich legte ich ihm eine Hand auf die Schulter.

„Du vermisst deinen Bruder sehr, oder?“

Ruckartig drehte er sich um und ich sah in sein verzweifeltes Gesicht. Immer mehr Tränen liefen ihm die Wangen runter.

Plötzlich, ohne etwas zu sagen, schlang er seine Arme um mich und drückte sich mit seinem ganzen Körper an meinen. Ich spürte die Tränen, die durch mein Shirt sickerten und spürte wie sein Körper zitterte.

Ich drückte ihn weiter an mich und streichelte ihm sanft über den Rücken, keine Ahnung, wie lange wir dagestanden hatten, bis er sich langsam von mir löste.

Er blickte zu Boden und sein leises Schluchzen war das einzige, was man in diesem Augenblick hörte.

„Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr ich ihn vermisse …“

„Aber ihr könnt euch doch besuchen … oder wohnen dein Vater und er sehr weit weg?“

Es schien nicht die richtige Frage gewesen zu sein, er stürzte aus dem Wohnzimmer und ich hörte nur, wie er seine Zimmertür hinter sich zuschmiss.

Verwirrt und nachdenklich blickte ich Richtung Tür.

In der Realität kam ich erst wieder an, als Monika im Türrahmen stand. Ihr Blick war schmerzverzerrt und ich hatte auf einmal das Bedürfnis, mich zu entschuldigen. Ich musste ja etwas falsch gemacht haben, so wie er davongelaufen war.

„Tut mir leid, ich … ich habe bestimmt alles falsch gemacht … Vielleicht sollte ich gehen.“

Ich traute mich nicht, Monika ins Gesicht zu schauen, aber scheinbar schien sie mir nicht böse zu sein, was ich ihrer Stimmlage und ihrer Antwort entnahm.

„Nein, bitte glaub mir. Du hast nichts falsch gemacht. Du konntest nicht wissen, was du da gesagt hast … Komm wir trinken einen Kaffee zusammen. Ich werde dir kurz erzählen, was passiert ist …“

Mit einem mulmigen Gefühl setzten wir uns und schlürften jeder in Gedanken versunken unseren Kaffee.

„Fabian scheint bisher noch nichts über seine Vergangenheit erzählt zu haben, oder?“

„Nein, bisher nicht“, antwortete ich wahrheitsgemäß. „Bist du dir sicher, dass es ihm recht ist, wenn du mir etwas darüber erzählst? Nicht, dass er danach noch wütender auf mich ist …“

„Theo, seit dem sich die Ereignisse bei uns überschlagen haben, ist Fabian nicht mehr der Gleiche. Er redet nicht, kapselt sich ab und lässt niemanden – mich eingeschlossen – an sich ran. Ich weiß nicht mehr, was ich machen soll. Als er dich eben umarmt hat, war ich total überrascht. Er hat seit Monaten niemanden mehr so nah an sich rangelassen … Ich hoffe, dass du mir vielleicht helfen willst, ihn zu verstehen, dass du ihm einfach ein Freund bist …“

Ich musste schlucken, scheinbar gab es einiges, was ihn dazu brachte, sich so zu verhalten …

„Ja …also klar. Ich meine, ich wollte ihn von Anfang an mit in die Clique bringen. Ich würde ihm gerne ein Freund sein …“

Monika nickte, nahm einen großen Schluck von ihrem Kaffee und atmete tief ein.

„Vor sechs Monaten hat alles irgendwie angefangen. Mein Mann … Ex – Mann und ich haben uns viel gestritten. Es lief einfach nicht mehr zwischen uns. Die Kinder, Fabian und Hendrik, haben sehr darunter gelitten. Die beiden waren schon immer ein Herz und eine Seele, sie haben alles zusammen gemacht und waren sich immer die besten Freunde. Diese Zeit hat die Beiden noch mehr zusammengeschweißt. Sie haben sich gegenseitig den Halt gegeben, den wir ihnen nicht geben konnten, weil wir mit unserem Streit zu beschäftigt gewesen waren, um das zu merken.

Als eine Schulfete bevorstand, wollte mein Ex-Mann mit den beiden sprechen, ein Mann zu Mann Gespräch. Kennst du sicher …“

Bei den letzten Worten musste sie schmunzeln.

„Ich war in der Küche und habe wildes Gebrüll gehört, als ich mich auf dem Weg zum Wohnzimmer machen wollte, hörte ich schon die Haustür ins Schloss fallen. Mein Mann brüllte, sie sollten sich hier nie wieder blicken lassen … Ich bekam nicht aus ihm heraus, was passiert war, er schnappte sich das Auto und fuhr einfach weg. Stundenlang habe ich gewartet, aber keiner kam zurück. Weder die Kinder noch mein Mann. In diesem Augenblick bereute ich es, dass ich den Kindern immer ein Handy verwehrt hatte.“

Sie senkte den Kopf und begann zu schluchzen.

Ich wusste nicht, was ich jetzt sagen oder tun sollte. Vorsichtig legte ich ihr meine Hand auf den Arm und schaute sie einfach nur stumm an.

„Um 22 Uhr klingelte es an der Tür. Als ich die beiden Beamten sah, die vor mir standen, hatte ich so eine Angst vor dem, was sie mir sagen würden …

Sie mussten mir berichten, dass Fabian und Hendrik einen Unfall hatten, sie waren scheinbar bei Rot über die Ampel gelaufen und wurden von einem sehr schnell fahrenden Sportwagen erwischt …“

Wieder unterbrach sie und wischte sich mit zittrigen Händen die Tränen aus dem Gesicht … Auch ich war dermaßen angespannt, wütend und traurig, dass ich einfach nicht mehr wusste, was ich nun machen sollte.

Ich griff nach meinen Zigaretten und schaute Monika fragend an. Sie nickte stumm und zeigte auf das kleine Küchenfenster. Nachdem ich das Fenster geöffnet hatte, blieb ich stehen und zündete mir eine Zigarette an. Monika deutete mir an, mich wieder zu ihr zu setzen. Ich ließ mich wieder auf meinen Stuhl fallen und legte meine Schachtel auf den Tisch. Monika griff sich eine von meinen Zigaretten und schaute Minutenlang starr auf den provisorischen Aschenbecher auf dem Tisch.

„Als ich im Krankenhaus ankam, musste ich lange warten, bis endlich ein Arzt zu mir kam. Er erzählte, dass Fabian und Hendrik einen schweren Unfall hatten, Hendrik mussten sie stundenlang operieren und es war unsicher, ob er die Nacht überstehen würde. Er hatte schwere innere Verletzungen und eine Schädelfraktur. Fabian hatte mehr Glück, er musste auch operiert werden, aber der Arzt meinte, er hätte es geschafft. Seine Verletzungen waren nur halb so schlimm … Die nächsten Stunden saß ich abwechselnd bei beiden am Bett und betete dafür, dass sie es schaffen würden. Um 6:22 Uhr ist Hendrik gestorben …“

Ich schlang meine Arme um Monika, genauso wie zuvor bei Fabian. Wir hielten uns einfach nur fest und ließen unsere Gefühle zu. Es musste das Schlimmste sein, was man erleben konnte. Keiner sollte seine Kinder überleben müssen … Das hatte auch meine Mutter immer gesagt … jetzt verstand ich endlich, worauf sie hinaus wollte.

„Hendriks Tod war für uns alle schlimm, wobei ich im Nachhinein weiß, dass mein Mann uns nur etwas vorgespielt hatte. Seit diesem Tag hat Fabian mit uns kaum mehr ein Wort gesprochen, mein Mann hatte ihn sogar komplett ignoriert und keiner von beiden wollte mir bis heute verraten, worum es in dem Gespräch ging und warum die Beiden weggelaufen sind. Theo, würdest du zu ihm gehen und ihm ein wenig Gesellschaft leisten? Ich hole uns schnell etwas zu essen aus dem Imbiss um die Ecke.“

„Ja klar, ich … versuche es zumindest.“

Als ich vor seiner Tür stand, wurde mir mulmig. Ich klopfte ganz leise und wartete auf eine Antwort. Auch nach gefühlten 5 Minuten kam keine Antwort, ich öffnete langsam die Tür und blickte suchend durch den kleinen Spalt. Ich konnte ihn sofort sehen, er lag auf dem Bett und

hatte seinen Kopf im Kissen vergraben. Langsam trat ich an sein Bett und räusperte mich leise.

„Hey, darf ich …?“  Ich deutete auf das Bett, mir wohl bewusst, dass er meine Geste nicht erkennen konnte, da er immer noch den Kopf im Kissen vergraben hatte.

Nach einem kurzen Schniefen hob er kurz den Kopf und nickte. Seine Augen waren vom Weinen ganz rot und leicht geschwollen. Er wirkte so fertig, verständlicherweise, und ich hatte das Bedürfnis, ihn wieder in meine Arme zu schließen. Ich konnte es überhaupt nicht ertragen, ihn so zu sehen. Auch wenn wir bisher nicht wirklich ein freundschaftliches Verhältnis aufgebaut hatten, so fühlte ich mich ihm dennoch sehr verbunden.

Ich ließ mich neben ihm aufs Bett fallen und schaute ihn unsicher an. Keiner von uns sagte ein Wort, erst als er wieder anfing zu weinen, wusste ich, was ich zu tun hatte. Ich nahm ihn wieder in meine Arme und so lagen wir kurz darauf eng aneinander gekuschelt auf dem Bett. Als er sich wieder beruhigt hatte, schob er mich sanft von sich und richtete sich auf.

„Du musst das nicht machen …“

„Was muss ich nicht machen?“

„Na, hier sein …“

Ich musste unweigerlich kurz auflachen und er schaute mich mit großen, ängstlichen Augen an.

„Hey alles gut. Ich meine, ich will hier sein. Ich mag dich und auch wenn wir uns kaum kennen, kann ich es nicht ertragen, wenn du so … so traurig bist …“

Je mehr Worte ich sprach, desto leiser wurde meine Stimme.

„Auch wo ich so fies zu dir war?“ Er schien mir nicht so recht zu glauben, aber Hoffnung hatte er, das sah man in seinem Gesicht. Er wollte bestimmt Freunde haben, mit denen er zusammen sein konnte, bei denen er sich geborgen und verstanden fühlte. Wer wollte das nicht?

„Klar war ich sauer, dass du so abweisend warst, wir wollten ja nur nett sein, als du zu uns gekommen bist … Aber jetzt … jetzt verstehe ich dich, du hast echt viel mitmachen müssen, dann der Umzug, weg von allem was man kennt. Das muss dir nicht unangenehm sein, wahrscheinlich hätte ich auch nicht gleich jedem meine Freundschaft mit Freude angeboten.“

„Willst du denn mein Freund sein?“ Seine Stimme schien wieder zu zittern, wahrscheinlich fiel es ihm sehr schwer mich das zu fragen.

„Auf jeden Fall“, flüsterte ich und drückte ihn kurz.

Kurz darauf kam Monika mit dem Essen wieder, wir aßen schweigend zusammen und als wir fertig waren, wollte ich mich eigentlich auf den Heimweg machen. Als ich dies ausgesprochen hatte, schaute mich Fabian traurig an.

Ich beschloss ihn zu fragen, ob er nicht den morgigen Sonntag zu mir kommen wollte. Wir könnten vielleicht zusammen Hausaufgaben machen … Er nickte stumm und schaute auf seinen leeren Teller. Monika lächelte mir zu.

Den restlichen Samstag verbrachte ich mehr oder weniger damit, an Fabian und Monika zu denken. Sie taten mir so leid, ich wusste nicht, wie ich ihnen helfen konnte.

Fabian hatte an dem Tag echt eine große Wandlung durchgemacht. Wenn ich an sein Verhalten vorher dachte und dann ab dem Zeitpunkt im Wohnzimmer …

Hoffentlich würde er morgen kommen. Irgendwie vermisste ich ihn schon total.

In der Nacht hatte ich einen recht seltsamen Traum. Na ja, seltsam ist ein nicht ganz zutreffender Ausdruck. Ich hatte einen geilen Traum, ja einen erotischen Traum … von Fabian ….

Ich lag immer noch leicht keuchend in meinem Bett und war verwirrt … Hatte ich mich da etwa ein wenig in Fabian verguckt? Oder war das nur ein Traum der zufällig Fabians Gesicht hatte? Okay, ich wusste, was es war … ich fühlte mich zu ihm hingezogen, das hatte ich gestern schon gemerkt … aber das war so neu … ich hatte noch nie einen Freund und wusste nicht, was ich jetzt machen sollte. Wenn ich ihm meine Gefühle offen legen würde … dann gab es mehrere Möglichkeiten … er würde lachen und jedem erzählen, dass ich eine Schwuchtel sei … er würde mir sagen, dass er hetero sei und auf Grund meiner Gefühle keine Freundschaft haben könne. Oder er war hetero und wollte eine Freundschaft dennoch versuchen … Oder er war auch schwul, aber ich war nicht sein Typ … ja, oder er war auch zufällig schwul und würde mich auch wollen …

Aber die Chancen dafür, dass er nichts von mir wollte, war einfach größer…

Ich versuchte, den Gedanken beiseite zu schieben und beschloss, mich erst einmal unter die Dusche zu stellen. Das Sperma klebte immer noch in meinen Shorts und ich hatte keine große Lust, darauf zu warten, bis es zu trocknen anfing.

Die Dusche tat wahnsinnig gut, ich stand ewig einfach nur da und ließ mir das heiße Wasser über den Körper laufen. Ja, ich bin ein Warmduscher … Probleme damit?

Dann begab ich mich in die Küche, wo meine Eltern immer noch am Tisch saßen und Zeitung lasen.

„Guten Morgen Theodor“, kam es im Chor und ich hoffte man würde mir nicht ansehen, dass ich mit meinen Gedanken ganz woanders war. Nach einem kurzen „guten Morgen“ meinerseits schnappte ich mir meine Tasse und schlürfte in Gedanken meinen Kaffee.

„Seit wann trinkst du Kaffee, mein Sohn“, tönte mein Vater zu meiner Linken.

„Ähm … schon länger …“

„Ach mein Sohn, du bist langsam erwachsen … sag mal, hast du zurzeit eigentlich eine Freundin?“

Oh ja, genau DAS Thema wollte ich besprechen … herrlich.

„Nee, grad nicht“, murmelte ich leise in meine Tasse und hoffte, dass er das Gespräch damit auf sich beruhen ließ.

„Schade, aber bestimmt findest du bald eine. So langsam werden die Beziehungen ja auch ernsthafter in deinem Alter …“

Jetzt wollte ich mir das nicht weiter anhören, ich stand auf und verabschiedete mich mit den Worten, dass Fabian noch zum Lernen kommen wollte. Ein wenig Aufräumen müsste ich dafür noch …

Die Aussage schien ihnen zu reichen und ohne einen weiteren Kommentar ließen sie mich in mein Zimmer gehen.

Bis zum frühen Nachmittag verbrachte ich die meiste Zeit damit, mein Zimmer ein wenig (mehr) aufzuräumen und Musik zu hören. Jetzt sah es auf jeden Fall vorzeigbar aus, fand ich.

Die Angst, dass Fabian nicht kommen würde, stieg langsam in mir. Eine Uhrzeit hatten wir auch nicht abgemacht. Mist. Also konnte ich jetzt warten, bis er kam. Mehr nicht.

Mittags nahm ich mir mein Essen mit aufs Zimmer, ich hatte keine Lust auf meine Eltern und ähnliche Gespräche wie heute Morgen …

Irgendwann schlief ich auf meinem Bett wieder ein, erst als es an der Tür klopfte, schreckte ich aus meinem Schläfchen …

„Ja?“, brachte ich grade noch hervor.

„Oh hey, ähm … störe ich?“

Fabian schaute mich an und ich war mit einem Mal hellwach.

„Quatsch, nein, komm rein, setz dich. Bin nur noch mal eingepennt eben …“

Und während Fabian sich auf meinem Stuhl niederließ, fuhr ich mir schnell durch die Haare … Gott, wie ich wohl aussehen musste. Leider hatte ich die Angewohnheit, unruhig zu schlafen, und entsprechend sah ich meistens auch aus …

Ganz brav beschäftigten wir uns mit unseren Hausaufgaben und nach 1,5 Stunden waren wir damit auch soweit fertig.

Wir packten unsere Schulsachen wieder ein und beschlossen, ein wenig an meinem Computer zu zocken. Zwar hatte ich nur „Kinderspiele“ wie Tino immer zu sagen pflegte, aber ich fand die Sims nun mal super, damit konnte ich mich stundenlang beschäftigen.

Er schaute sich meine anderen Spiele an, entschied sich dann aber auch für die Sims und ehe wir es bemerkt hatten, wurde es draußen dunkel und meine Mutter kam ins Zimmer …

„Oh, hallo Fabian, du bist noch hier?“

„Shit, wie spät ist es?“

„Halb neun durch“, sagte meine Mutter und fügte im gleichen Atemzug hinzu, „mit dem Rad fährst du jetzt aber nicht mehr, zieh dich schnell an, ich bringe dich nach Hause …“

Fabian schnappte sich seinen Rucksack und wollte schon zur Tür gehen, da wusste ich es!

Er durfte nicht fahren, ich wollte nicht, dass er jetzt fuhr. Ich genoss seine Nähe, auch wenn diese nur rein freundschaftlich war – seinerseits.

„Mama, kann er nicht auch hier schlafen? Seine Schulsachen hat er ja schon dabei, dann gehen wir morgen zusammen zur Schule …“

Ein unsicherer Blick zu Fabian – ich war ja so frei, ihn nicht einmal zu fragen, ob er denn überhaupt hier schlafen wollte.

Fabian nickte kurz. Besonders begeistert sah das nun nicht grade aus, aber ein Nicken war ein Nicken – oder?

„Habt ihr nicht morgen Sport?“, unterbrach meine Mutter mit dem allerliebsten Blick nur und ich fühlte mich auf einmal ganz schlecht. Stimmt. Sport … mein Lieblingsfach …

„Dann müsstest du Fabian noch ein paar Sportsachen raussuchen, ich will nicht, dass er Ärger bekommt. Und du, mein Freundchen, wenn du morgen nicht beim Sport bist, dann setzt es was …“, sprach’s und verließ das Zimmer. Aus dem Flur hörte ich sie noch rufen, „Fabian, ich rufe deine Mutter an. Wenn ihr noch Hunger habt, Essen steht in der Küche.“

Ich traute mich nicht, Fabian anzuschauen, ich wusste nicht, ob er nur zugestimmt hatte, weil ihn damit überrumpelt hatte oder ob er es wirklich wollte.

Wahrscheinlich hasste er mich jetzt dafür … wäre kein Wunder.

Wie lange ich dastand und mich innerlich zum anderen Ende der Welt wünschte, keine Ahnung. Ich spürte plötzlich nur, dass Fabian neben mir stand und mir eine Hand auf die Schulter gelegt hatte.

Schnell zuckte ich mit den Schultern, ging in den Flur und murmelte etwas vor mich hin, was klang wie „lass uns was essen“.

Selbiges verlief recht schweigsam, ich starrte auf meinen Teller und stocherte lustlos herum. Fabian schien meine Stimmung zu bemerken und sprach mich darauf an.

„Hab ich was falsch gemacht?“, fragte er ganz leise und seine Augen spiegelten Angst und Verzweiflung wieder.

Toll gemacht Theo, jetzt ist er schlecht drauf, weil du so blöd bist. Ganz großes Kino.

Ohne meinen Blick auch nur einen Millimeter vom Teller zu heben antwortete ich ihm.

„Nee, liegt nicht an dir. Morgen ist Sport und ich …“

„Hm, ich hätte dich jetzt als sportlich eingeschätzt …“ Fabians Worte trafen es. Ja ich war sportlich und ich würde gerne am Unterricht teilnehmen. Aber leider gab es da noch einen Teil meines Körpers, der sich unter der Dusche bei dem Anblick von nassen, gleichgeschlechtlichen Körpern nicht gut im Zaum hatte …

Klar war es nur eine Frage der Zeit, bis mich alles einholen würde, aber musste das ausgerechnet jetzt sein? Ich hatte eine scheiß Angst. Wahrscheinlich würden sich dann alle lustig machen, inklusive Fabian und dann stände ich ganz alleine da …

Und grade weil Fabian bestimmt duschen ging, würde das Unvermeidliche passieren. Auch wenn ich es nicht drauf anlegen würde, ihn anzuschauen, alleine der Gedanke, dass er nicht weit von mir nackt unter der Dusche steht und sich das Duschgel auf seinem schönen Körper verteilt … dann wäre es zu spät.

Nicht Duschen gehen nach dem Sport konnte ich auch vergessen. Schließlich trafen wir uns oft danach im Cafe oder an dem anderen Tag, an dem wir Sport hatten, da hatten wir im Anschluss noch Unterricht. Da fiel nicht duschen unter die Kategorie „unmöglich“.

„… und was?“ Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich wieder in meine Gedankenwelt versunken war, und Fabian mich noch immer erwartungsvoll wegen einer Antwort anschaute …

„Ähm ja. Nichts, vergiss es einfach. Lass uns wieder hoch gehen …“ Mit den Worten stand ich auf und stellte meinen Teller artig in die Spüle.

Mir war schlecht, ich hatte Angst vor dem Sport, hasste mich für mein Schwulsein – damit hatte man nur Probleme.

Jetzt wäre ich doch lieber alleine, ohne Fabian. Dann könnte ich mich in Selbstmitleid suhlen und mich in den Schlaf weinen. Vielleicht bin ich eine Heulsuse, mag sein,- aber wenn ich doch sonst niemanden hatte, mit dem ich reden konnte, musste ich mir ein anderes Ventil suchen. Meistens bestand das daraus, dass ich mich schniefend in meinem Bett wiederfand …

Den weiteren Abend verbrachten wir mit fernsehen und was ich am besten fand OHNE Gespräche. Jetzt war ich nicht in der Stimmung, zu reden …

Gegen 22 Uhr begann Fabian zu gähnen, ich schlug ihm vor, sich schon mal umzuziehen, passende Schlafkleidung, bestehend aus einer Shorts und einem T-Shirt, hatte ich ihm schon rausgelegt. Er nickte und schlich langsam ins Badezimmer.

Gleich würde ich mich wahnsinnig zusammenreißen müssen. Ich hatte nämlich nur ein Bett. Zwar mit 1,40 Breite ein nicht ganz so kleines, aber na ja, ich würde eben doch direkt neben ihm liegen. Seinen Geruch einatmen, seine Wärme spüren … ihn ganz nah bei mir sehen … hoffentlich würde ich wenigstens nicht in Versuchung geraten, ihn zu berühren … Der Wunsch danach war riesig. Ich wollte ihn an mich ziehen und ihn nie wieder loslassen …

Als Fabian wieder zurückkam, verschwand ich schnellstmöglich im Badezimmer. Ich ließ mir unendlich viel Zeit, bis ich dann doch beschloss, dass ich nicht die ganze Nacht hier verbringen konnte.

Fabian lag schon im Bett und hatte sich die Decke bis zum Kinn hochgezogen. Schüchtern schaute er zu mir und mit einem Seufzen ließ ich mich neben ihm aufs Bett fallen und zog mir die Decke ebenfalls bis zum Kinn.

„Darf ich dich was fragen, Theo?“

„Hm?“

„Ich weiß nicht, was du hast, aber am besten sagst du es mir, ich kann es nicht leiden, wenn ich weiß, da ist was, aber keiner was sagt.“

Ich musste kurz auflachen … „Das sagt der Richtige.“

„Ja gut, ich war auch nicht besser, aber grade weil du weißt, wie das ist ….“

„Es ist nichts, okay? Ich bin müde, lass uns schlafen … Gute Nacht.“ Mit den Worten schloss ich die Augen und drehte mich ein wenig zur Seite. Lieber die blöde Wand anschauen, als ihm in die Augen … Jetzt hasste er mich bestimmt – ich hatte mal wieder alles verbockt.

Aber als meine Mutter mit dem Sport anfing, war meine ganze positive Energie wie von Geisterhand weggeflogen … dann sah ich in allem einfach nur noch Probleme.

Ich konnte nicht einschlafen, bei Fabian war ich mir sicher, dass er mindestens schon seit einer halben Stunde schlief. Aber dann vernahm ich ein leises Schluchzen … Fabian weinte?

Scheiße, und ich war schuld. Er durfte nicht weinen, ich konnte es nicht ertragen, ihn so zu sehen, bzw. zu hören.

Ich wartete einen Augenblick und hoffte, er würde wieder aufhören, aber das tat er nicht, dazu fing er noch an zu zittern. Was sollte ich jetzt nur tun?

Egal wie ich versuchte, mich gegen das Gefühl in mir zu wehren, ich scheiterte. Vorsichtig, um ihn nicht total zu erschrecken, drehte ich mich zu ihm und schlang meine Arme um seinen Körper. Zog ihn ganz nah zu mir und drücke ihn an mich. Ich konnte die Wärme spüren, die von ihm ausging, sein Geruch durchströmte meine Nase und ich kuschelte mich mit meinem Kopf an seine Schulter.

Fabian blieb währenddessen ganz still liegen, er bewegte sich keinen Millimeter, sein Zittern hatte in der Sekunde aufgehört, als ich ihn umarmte und das Schluchzen verstummte wenige Augenblicke später.

Kurz danach fielen mir dir Augen zu und wir schliefen eng aneinander gekuschelt ein.

„Oh Shit“, dachte ich, nachdem mein Gehirn kurze Zeit nach meinem Aufwachen seinen Dienst wieder angetreten hatte. Was ich fühlte war einerseits wunderschön. Fabian und ich lagen noch exakt so wie zuvor – eng aneinander gekuschelt. Er hielt meine Hand in seiner Hand … Hä? Okay, das war neu. Aber bestimmt nur ein Zufall … also besser nicht weiter darüber nachdenken … dabei fühlte es sich so gut an … seine zarten Hände in meinen zu spüren …

„Oh verdammt“, jetzt musste ich handeln. Nicht genug, dass ich nachts einen feuchten Traum gehabt zu haben schien, jetzt drückte meine Männlichkeit auch noch kraftvoll gegen Fabians Hintern. Und das war meiner Meinung nach keine reine Morgenlatte.

Wenn Fabian jetzt aufwachen würde … das wäre so peinlich. Dann würde er bestimmt gleich schreiend davonlaufen …

Vorsichtig löste ich die Umarmung zu Fabian und schlug die Decke an meiner Seite zurück. Ganz langsam krabbelte ich aus dem Bett und tapste im Dunkeln aus dem Zimmer.

Im Badezimmer angekommen schloss ich die Tür hinter mir zur Sicherheit zweimal ab.

Jetzt half nur noch eins … raus aus der klebrigen Unterhose, ab unter die Dusche … und?

Ja, natürlich musste ich mich um meine mittlerweile mächtig danach fordernde Erektion kümmern. Stöhnend lehnte ich mich an die Wand und ließ mir, während ich mich selber streichelte, das warme Wasser über den Körper laufen … Fabians Gesicht erschien vor meinen Augen, ich spürte seinen Atem an meinem Hals, seine Hände streichelten mich und ich … ich gab mich völlig diesen Illusionen hin.

Irgendetwas war anders, wenn ich mich sonst selbst befriedigte (was ich oft und gerne tat-einen Ausgleich hatte ich ja auch nicht), dann war die Erregung natürlich auch da, aber das jetzt … ich musste mich schon fast festhalten, um nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren.

Als ich kam, konnte ich mich nicht zügeln, ich stöhnte immer wieder laut auf und hoffte nur, dass mich niemand hören würde.

Nachdem ich mich fertig geduscht hatte, schlüpfte ich schnell in meine Sachen und ging hinunter in die Küche, um für uns das Frühstück zu machen. Meine Mutter war heute schon früher zur Arbeit gefahren, deswegen hatte ich diese würdevolle Aufgabe alleine zu verrichten.

Ich kochte Kaffee und backte schnell ein paar Brötchen auf. Zusammen mit Marmelade und Butter, stellte ich alles auf ein Tablett und trug es in mein Zimmer.

Vorsichtig stellte ich das Tablett auf den Tisch und zog das Rollo hoch.

Ich dachte Fabian würde noch schlafen, aber stattdessen blickte er mich an. Sein Blick verriet mir, dass er schon länger wach gewesen war.

Langsam setzte ich mich auf die hintere Bettkante und fing mit dem an, was ich dringend loswerden musste, wenn ich vorhatte, Fabian als Freund zu behalten.

„Wegen gestern … ich war ein Idiot, es tut mir leid …“

„Ja, das warst du“, Fabians Stimme zitterte und sein Blick wich meinem aus.

„Du hättest mir sagen sollen, was du hast, ich kann doch nichts dafür …oder?“

Doch kannst du! DU alleine bist schuld … na ja, zumindest ein wenig an meinem Gefühlschaos … für den Rest konnte er natürlich nichts.

„Nein, nein … Es ist nur, ich kann es dir nicht sagen … aber bitte, denk nicht, dass du was dafür kannst … Vielleicht brauche ich noch Zeit, um es dir zu sagen …“

„Dann sind wir also noch Freunde?“ Fabians Stimme hatte einen erfreuten Ton angenommen und seine Augen blitzten.

„Klar doch“, sagte ich und hielt ihm meine Hand hin.

Beim Frühstück war alles wieder vergessen, wir quatschten und hätten beinahe vergessen, dass wir noch zur Schule mussten.

In der Schule wurden wir von den anderen gemustert, es behagte ihnen scheinbar immer noch nicht, dass ich versuchte Fabian ein wenig zu integrieren.

Kurz bevor wir zu unserer Clique kamen, wollte Fabian einen anderen Weg einschlagen. Aber ich hielt ihn zurück und schaute ihn an. „Hey, das wird schon“, flüsterte ich leise und wir stellten uns zu den anderen.

Der erste, der seine Stimme wiederfand, war Ben. „Morgen Theo, Morgen Fabian!“

Fabian schaute ein wenig verwundert drein über diese nette Geste, nickte aber freundlich in Bens Richtung.

„Hängt der jetzt immer mit dir rum?“

Tino machte also wieder keinerlei Anstalten freundlich gegenüber Fabian zu sein.

Bevor Fabian den Rückzug antreten konnte, gab ich Tino schnell Konter.

„Mann Tino, lass gut sein. Er hatte eben mal einen schlechten Tag. Kannst du nicht einfach versuchen, noch mal von vorne anzufangen?“

„Pah, Theo! Der passt nicht zu uns. Sieh das doch ein.“

„Und wieso nicht, nenn mir einen Grund!“ Wenn er schon ein Problem mit ihm hatte, dann wollte ich wenigstens wissen, wieso.

Aber statt einer Antwort, drehte Tino sich um und brummte nur etwas, das klang, als wollte er mich vor die Wahl stellen. Er oder Fabian!

SUPER, genau das wollte ich. Gott, konnte nicht einfach mal alles glatt laufen?

Ben versuchte die Stimmung zu retten und legte Fabian die Hand auf die Schulter.

„Hey Fabian, ich gebe zu, der Start war nicht grade gelungen aber ich denke, das bekommen wir hin. Hm? Ich würde mich auf jeden Fall freuen, wenn wir uns anfreunden würden … Und wegen den anderen mach dir keine Gedanken, das wird schon und wir sind ja auch noch da.“

Fabian nickte und schien sich ein wenig zu entspannen, gemeinsam gingen wir Richtung Klassenzimmer und erst unterwegs fiel mir auf, dass ich noch gar nicht wegen der Party nachgefragt hatte

Hatte Maggi noch was über mich erzählt? Immerhin hatten wir keinen Sex gehabt … und ich hatte Angst, dass irgendjemand herausfinden könnte, dass ich schwul war …

Im Unterricht schrieb ich Ben einen Zettel.

Ich: Hey, wie war die Party denn noch?

Ben: Jo, wie immer halt.

Danke Ben, ich wollte jetzt eigentlich eine Antwort, auf die ich mehr schreiben kann als „aha“.

Ich: War schon scheiße von Tino, Fabian war ganz schön fertig. Und hat Maggi noch was gesagt?

Ben: Auf jeden. Keine Ahnung, was der derzeit für Probleme hat. Mit mir springt er neuerdings auch um, wie es ihm passt … aber ich sag dir, so nicht, das hab ich nicht nötig. Nö, also Maggi habe ich nicht mehr gesehen … wieso, war was?

Ich: Nee, schon ok. Dacht nur. Ja, schauen wir mal, was Tino noch macht. Vielleicht sollten wir beide mal mit ihm reden?

Ben: Denke die Chance sollten wir ihm geben. Frag ihn mal, ob er Lust hat, später was trinken zu gehen. Aber Fabian sollten wir dann nicht mitnehmen …

Ich: Klar. Gut ich frag ihn und sag dir dann bescheid.

Ben: Alles klar.

In den Pausen hielt Tino sich bewusst von uns fern. Wir, also nicht nur Ben, Fabian, Ella, Sarah (eine Freundin von Ella) und ich, rätselten, was Tino derzeit so für Probleme haben könnte. Er hatte sich schon zusehends verändert, aber so richtig fiel uns das jetzt erst auf. Unser schlechtes Gewissen meldete sich extrem, wieso war uns das nicht schon eher aufgefallen? War er uns böse, weil wir es nicht bemerkt hatten, dass es ihm schlecht ging? Wieso hatte er uns nie etwas anvertraut? Waren wir denn so miese Freunde?

Ich hielt Tino kurz zurück, als dieser in den Klassenraum gehen wollte. Später erzählte ich Ben, dass Tino zuerst kein Bedürfnis hatte mit uns was trinken zu gehen, erst als ich erwähnte, Fabian würde nicht mitkommen, war er einverstanden.

Da er am späten Nachmittag noch zum Training musste (er ging schon seit Jahren zum Judo), wollte er sich lieber bei mir oder Ben treffen. Wieso nicht bei ihm, sagte er nicht, was theoretisch besser und vor allem praktischer gewesen wäre, da Tino am nächsten zur Trainingshalle wohnte. Gut, da wir froh waren, dass er überhaupt wollte, waren wir einverstanden und fragten zunächst auch nicht nach dem Grund.

Meine Gebete wurden erhört, die Sportstunde fiel aus und wir konnten schon eher in unseren wohlverdienten Feierabend starten.

Allerdings würde ich beim nächsten Mal vermutlich nicht so viel Glück haben. Darüber wollte ich mir jetzt aber noch nicht den Kopf zerbrechen.

Am Nachmittag saßen wir also bei Ben im Zimmer und warteten auf Tino. Er wollte eigentlich um halb drei da sein. Mittlerweile war es nach drei und kein Tino in Sicht. Wir beschlossen, noch bis halb vier zu warten.

Kurz bevor ich mich auf den Weg nach Hause machen wollte, klingelte es. Ein ziemlich müder und leicht verstört aussehender Tino stand vor uns. Erst wollten wir ihn ein wenig zur Schnecke machen, uns so warten zu lassen. Tino kam normalerweise nie zu spät, er war immer zuverlässig gewesen. Deswegen einigten wir uns - ohne Worte. Außerdem sah er bemitleidenswert aus, da blieben große Worte aus. Vorerst.

Wir lotsten ihn in Bens Zimmer und Tino stand ein wenig unschlüssig in der Gegend rum. Ben und ich setzten uns wieder aufs Bett, so dass Tino sich aus platztechnischen Gründen auf dem Schreibtischstuhl niederlassen musste.

Auch nach fünf Minuten schien Tino seine Stimme nicht wiedergefunden zu haben, er starrte weiterhin stumm auf seine Hände und schien auf einen Gesprächsbeginn unsererseits zu warten.

„Tino“, begann ich das Gespräch, von dem wir uns so viel erhofften, „uns ist aufgefallen, dass du dich in der letzten Zeit sehr verändert hast. Du gehst uns aus dem Weg und wenn ich es mal so sagen darf, Freundlichkeit war bei dir auch schon mehr zu finden …“

Jetzt schien Tino wieder gedanklich in unseren Sphären zu schweben, zumindest hob er spontan seinen Blick und starrte uns an.

„Ich wüsste nicht, dass ich mich anders verhalte und wenn das alles ist, dann werde ich jetzt gehen. Für sowas habe ich keine Zeit.“

Mit den Worten stand er auf und ging zur Tür.

„Mensch Tino, was ist los? Wir wollen dir doch nichts Böses. Wir sind doch deine Freunde …“

Ben war aufgestanden und bis auf zwei Schritte zu Tino herangetreten.

„Pah, Freunde?“ Mit den Worten fiel die Tür mit einem lauten Knall ins Schloss und kurze Zeit später hörte man von der Haustür die gleichen Geräusche.

Stumm und ohne ein weiteres Wort blieben wir alleine, wir waren uns aber sicher, dass der andere den gleichen Gedanken hatte. Hatte Tino uns etwa die Freundschaft gekündigt, weil wir uns um ihn sorgten? War das denn jetzt so falsch von uns gewesen?

Um halb fünf verabschiedete ich mich, ich musste nachdenken. Tino war schon seit Jahren einer meiner besten Freunde. Was hatte er denn nur? Wieso veränderte er sich – zu seinem Nachteil?

Am Abend kam ich leider nicht mehr auf einen vernünftigen Grund und fiel in einen unruhigen Schlaf. Auch am nächsten Morgen kreisten meine Gedanken um den gestrigen Nachmittag. Das ging sogar soweit, dass ich fast dabei war, meine Gefühle für Fabian zu vergessen. Leider nur fast.

Denn kaum, dass ich ihn auf dem Schulhof stehen sah, begann mein Herz wie wild zu klopfen.

„Morgen“, rief Fabian mir schon aus einiger Entfernung entgegen.

„Morgen“, murmelte ich mir, in meinen nicht vorhandenen Bart.

Fabian stand nervös neben mir, aber ehe ich fragen konnte, was los sei, fiel mir ein, dass er noch nicht wusste, was gestern bei dem Gespräch rausgekommen war.

Also berichtete ich ihm kurz, was passiert war und dass wir nun ziemlich ratlos seien, was Tino betraf. Er war unser Freund und so einfach wollten wir ihn nicht abschreiben. Fabian verstand das zum Glück und hoffte, dass wir bald mehr Erfolg haben würden. Er selber konnte uns leider nicht helfen, das schien er zu bedauern.

Im Laufe des Schultages bekamen wir keine Möglichkeit mehr, in Ruhe mit Tino zu sprechen, also vertagten wir es auf Unterrichtsschluss. Wir wollten ihn abpassen, bevor er die Möglichkeit hatte, sich auf den Heimweg zu machen …

Tino schien zu ahnen, dass wir noch einmal mit ihm sprechen wollten. Nach dem Unterricht verschwand er schnell zwischen den Schülermassen, die sich auf dem Flur Richtung Ausgang drängten …

Wir hatten keine Chance, ihn zu erwischen.

Auf dem Heimweg ließ ich mir Zeit, heute lag nichts Besonderes an. Meine Mutter würde erst später von der Arbeit kommen und jeder in der Clique hatte schon was vor.

Meine Gedanken schweiften immer wieder zu Tino … was hatte er nur? Wieso war er so abweisend? Hatten wir ihm etwas getan? Lag es an Fabian? Immerhin fing sein Verhalten mit ihm an … zumindest fast zeitgleich …

Aber Fabian hatte ihm doch nun wirklich nichts getan … und eifersüchtig brauchte Tino auch nicht zu sein … also was war dann?

Den ganzen Nachmittag kam ich auf keinen grünen Zweig mit meiner Denkerei. Deswegen entschloss ich mich am späten Nachmittag dazu, mich ein wenig abzulenken. Ich schlenderte durch die Stadt und überlegte, ob ich mir einfach mal was kaufen sollte. So als Ablenkung … aber was?

Als ich im CD Shop ein wenig durch die Reihen schlenderte, wanderte mein Blick immer

wieder umher. Nicht weil ich etwas oder jemanden suchen würde - einfach nur so.

Hängen blieb mein Blick an Tino, der zwar nicht wie ich im Laden war, sondern auf der gegenüberliegenden Straßenseite, aber ich erkannte ihn sofort.

Ich ging zum Fenster und schaute zu ihm rüber, er konnte mich scheinbar nicht sehen, denn er schaute mehrfach in meine Richtung ohne eine Regung zu zeigen …

Es schien, als würde er auf jemanden warten. Wenige Augenblicke später kam ein Auto und hielt direkt neben ihm, eine Frau stieg aus – die ich sofort als seine Mutter identifizieren konnte. Zusammen gingen sie in das Gebäude, vor dem Tino gewartet hatte …

Ich legte meine bisherige CD-Auswahl wieder zurück und ging zu dem Haus.

 

Hm, hier gab es mehrere Ärzte … einen Hautarzt, einen Frauenarzt und eine Psychologische Gemeinschaftspraxis. Mein Hirn begann sofort die Gründe für den Besuch hier - zusammen mit seiner Mutter (!) - zu erstellen. Frauenarzt schied aus, wieso sollte eine erwachsene Frau ihren Sohn mit zum Frauenarzt nehmen? Den Hautarzt fand ich auch nicht wirklich überzeugend, zumal ich wusste, dass Tino einen außerhalb der Stadt hatte. Aber ein Psychologe? Gut, er war in der letzten Zeit nicht mehr so ganz er selbst … aber musste man deswegen gleich zum Psychologen? Sah seine Mutter das so? Oder gab es da doch einen Grund, den wir bisher nicht kannten?

Da ich nicht wollte, dass Tino mich hier sah bzw. dachte, ich würde ihm nachspionieren, entschied ich mich, wieder heimzugehen. Nach shoppen war mir jetzt gar nicht mehr.

Am nächsten Morgen in der Schule zog ich Ben und Fabian gleich zur Seite. Auch wenn es uns nichts anging und ich es theoretisch nicht hätte wissen dürfen, ich musste mit ihnen reden. Wir mussten uns beratschlagen, was wir nun machen sollten.

Nachdem ich den beiden berichtet hatte, was ich gesehen hatte, trat Schweigen ein.

Ben war der erste, der seine Stimme wiederfand …

„Ich habe echt keinen Plan wie, aber wir müssen nochmal mit ihm sprechen … da ist was und er kann mir nicht weismachen, dass er uns nicht mehr mag … er braucht uns. Wieso ist der Esel nur so stur und kommt nicht zu uns. Ich dachte immer, wir wären so gute Freunde?“

Das sah ich ganz genauso. Wir haben uns bisher immer alles erzählt. Gut, vielleicht nicht immer gleich allen auf einmal, aber zumindest hatte man sich immer jemandem anvertraut …

Und das passierte diesmal nicht … wieso?

„Ich werde ihn später abpassen, wir haben ja einen ähnlichen Heimweg.“

„Mhm, ok Theo. Ruf mich an, wenn du was Neues weißt, ja?“

„Klar Ben, mache ich.“

Fabian stand die ganze Zeit nur unschlüssig neben uns. Er traute sich wahrscheinlich auch nicht, etwas zu sagen. Er schien sich immer noch ein wenig unwohl zu fühlen, wenn es um Tino ging. Klar, Tino war nicht sonderlich nett zu ihm gewesen … Wer könnte es ihm also verübeln.

Ich wollte aber auch nicht, dass er sich ausgeschlossen vorkam, deswegen wollte ich ihn lieber mit einbinden. Auch wenn er vielleicht keinen Beitrag leisten konnte/wollte.

Fabian … ja da war wieder mein nächstes Problem …

Jetzt, wo er so langsam auftaute … langsam aber sicher … begann mein Herz sich immer mehr zu verlieben. Und das war verdammt nochmal falsch … Ich sollte das nicht … nein, am Ende würde ich leiden. Glück in der Liebe gab es in meinem Wortschatz einfach nicht … lieber ging ich immer vom Schlechtesten aus, als dass ich später enttäuscht wurde, nur weil ich guter Hoffnung an etwas rangegangen war …

Ich fragte Fabian, ob er nach der Schule noch mit zu mir wollte, aber er musste scheinbar sofort nach Hause … wenn ich wollte, könnte ich aber ab 16 Uhr zu ihm kommen …

Ich wollte grade zustimmen, als Ben sein Interesse bekundete, sich ebenfalls gerne zu uns zu gesellen.

Nein, ICH hatte nichts dagegen, mit beiden Zeit zu verbringen, da war erst mal der Gedanke an Fabian. War er damit einverstanden? Er schämte sich ja schon wegen der Wohnung. Und ich war mir sicher, er würde es nicht wollen. Da er keine Anstalten machte zu antworten, sprang ich schnell für ihn ein …

„Heute schlecht Ben, wir müssen noch ein wenig an dem Bild an seiner Zimmerwand arbeiten, da würdest du leider nur stören. Aber was haltet ihr davon, wenn wir am Wochenende einfach mal was zusammen machen? Vielleicht haben wir ja Glück und Tino hat sich bis dahin auch wieder eingekriegt …“

Tino noch mit einzubringen war vielleicht nicht die feine Englische … aber ich wollte fürs Erste vermeiden, dass Fabian hier etwas aufgedrängt wurde und er sich dann womöglich noch mehr in dem Schneckenhaus zurückzog, wie er es zu Beginn getan hatte …

Na ja und im Grunde war es ja auch möglich, dass Tino dann wieder bei uns war … von daher …

„Hm schade, aber mit dem Wochenende klingt gut. Ich überleg mir was, ja?“

„Klar, mach das. So, ich glaub wir müssen … Mathe wartet nicht auf uns …“, rief ich, als ich bemerkte, dass der Unterricht schon begonnen hatte. Die Klingel war wohl kaputt heute, zumindest hatte ich nichts gehört und die anderen scheinbar auch nicht …

Nach der letzten Stunde bemühte ich mich, Tino in dem Gedrängel nicht aus den Augen zu verlieren … ich folgte ihm unauffällig bis zur Hälfte seines Heimweges, dann gab ich Gas und stelle mich mit samt meines Rades quer vor ihm auf den Bürgersteig.

„Sag mal spinnst du, geh mir aus dem Weg.“

Ja, ich merkte gleich, dass Tino nicht so begeistert war mich zu sehen … aber etwas anderes hatte ich auch nicht erwartet.

„Tino, bitte … ich muss mir dir reden … Gib mir wenigstens eine Chance …“

„Lass mich einfach in Ruhe, okay, ich brauche euch nicht …“

Auch wenn er es bestimmt nicht mit Absicht gemacht hatte, ich war der festen Überzeugung, seine Stimme hätte einen leichten, zitterigen Unterton gehabt. Leicht, aber vorhanden … oder hatte ich mich da geirrt?

„Nein Tino. Du bist mein Freund und ich will wissen, was los ist. Vorher lasse ich dich nicht in Ruhe. Und Ben auch nicht, das kannst du uns glauben …!“

Tino versucht scheinbar seine Fassade aufrecht zu halten, aber ich konnte förmlich sehen, wie sie langsam Riss bekam … jetzt hieß es nicht klein beigeben, sondern am Ball bleiben …

„Fünf Minuten - und nicht länger“, knurrte er leise und wandte sich weiter dem Heimweg zu …

„Fünf Minuten ab jetzt oder angefangen, wenn wir bei dir sind?“

„Bei mir.“

Ja, auch mit wenigen Worten konnte man sich verständigen. Ich hielt es für die beste Lösung, einfach still zu sein … ich durfte ihn jetzt nicht verärgern.

Bei ihm angekommen fing es schon lustig an … Kaum hatte er den Schlüssel in der Tür, wurde selbige aufgerissen und seine wütende Mutter trat vor.

„Wo bleibst du denn, hast du etwa schon wieder getrödelt? Wir müssen in 20 Minuten los, zieh dich gefälligst um. Und …. WAS MACHT DER DENN HIER?“

„Shit … Ma, das ist nicht so wie du denkst … bitte … lass …“

„Theodor Weber, verlass sofort unser Grundstück und wenn ich dich nur noch einmal in der Nähe meines Sohnes sehen sollte, kannst du etwas erleben …“

Völlig verdattert stolperte ich rückwärts, um mich in Sicherheit zu bringen. Mann, die war wirklich stinkig, aber was hatte ich getan? Ich konnte mich beim besten Willen nicht erinnern …

Tino schien noch einen Versuch zu machen, seine Mutter zu besänftigen, aber ich bekam nur noch mit, wie sie ihn ins Haus zerrte. Was zum Teufel war das? Was wurde hier gespielt?

Ich stolperte einige Meter die Straße hinunter, an Fahren war nicht zu denken. Da wäre ich umgehend im nächsten Zaun gelandet … oder Schlimmeres.

Ich konnte einfach nicht begreifen, was „das“ grade gewesen war …

Als ich an einer Telefonzelle vorbeikam, parkte ich mein Rad und entschied mich kurz zu Hause anzurufen. Ich könnte jetzt noch bei Ben vorbeifahren, bevor ich mich auf den Weg zu Fabian machte. Nach Hause zu fahren lohnte sich nicht wirklich und abgesehen davon musste ich jetzt dringend mit jemandem darüber reden … mein Verstand wollte das Geschehene einfach nicht begreifen …

„Krass, aber ich kapier einfach nicht wieso?“

Ben war genauso verwirrt wie ich, zweimal musste ich ihm die Situation erklären, bis er bereit war zu glauben, was da passiert war …

„Tja, ich dachte das sagst du mir jetzt …“

„Ich meine, keiner von uns hat ihm was getan, keiner. Und schon gar nichts, wo ich jetzt sagen würde, dass seine Mutter deswegen auch noch sauer sein könnte …“

„Ben, wir müssen rausfinden, was da läuft. Das geht ja gar nicht mehr. Sowas darf nicht einfach im Raum stehen bleiben …“

Unser Gespräch zog sich noch lange hin, aber zu einem Ergebnis kamen wir nicht.

Außer, dass wir so schnell wie möglich noch mal mit ihm reden mussten … Morgen in der Schule würden wir ihn uns zur Seite nehmen … komme, was da wolle.

Als ich bei Fabian klingelte, war es schon weit nach 5 Uhr. Ich hatte einfach nicht bemerkt, wie schnell die Zeit bei Ben vergangen war …

Hoffentlich war Fabian jetzt nicht böse, dass ich so spät kam … Ich hatte zwar den ganzen Nachmittag kaum an ihn gedacht – aber vermissen tat ich ihn natürlich wahnsinnig.

Es war halt etwas ganz anderes, alleine mit ihm zu sein … als wenn noch x Schüler um uns herum wuselten. Ich wollte den richtigen Fabian kennenlernen, alles von ihm.

Ein wenig war ich sogar der Meinung, auch wenn er nicht schwul ist … ein bisschen bi könnte er ja vielleicht schon sein, oder?

Keuchend schleppte ich mich die letzten Stufen hoch, als ich Fabian an der Wohnungstür stehen sah. Sein Gesicht verriet mir, dass er nicht ganz erfreut war, mich zu sehen. Oder mich jetzt erst zu sehen …

Angriff ist die beste Verteidigung …

„Hi, sorry, dass ich jetzt erst komme. Ich war noch bei Ben … mit Tino lief es nicht so, wie erwartet, und da mussten wir uns erst mal beratschlagen … sorry …“

Seine Gesichtszüge wurden schon ein wenig freundlicher, zusammen traten wir in die Wohnung und ließen uns im Wohnzimmer auf dem Sofa nieder …

„Schon ok, ich dachte nur, du hättest vielleicht keine Lust mehr gehabt oder so …“

Sein Blick zeigte eindeutig seine Unsicherheit.

„Hey, nein, wirklich nicht. Ich hätte mich sonst auf jeden Fall gemeldet … Ich würde dich nie einfach so versetzen …“

Ohne etwas zu sagen stand Fabian auf und ging in die Küche. Ich hörte wie er mit Gläsern hantierte und leise zu sich selber sprach.

Ich stand auf und ging in sein Zimmer, ich wollte sehen, wie weit er noch mit dem Bild an der Wand gekommen war. Immerhin hatte ich meinen Teil dazu beigetragen und ein Recht drauf, das Ergebnis zu sehen.

Ganz fertig war er scheinbar noch nicht, die Ranken um das Bild herum waren nur zu gut 2/3 fertig. Was mir allerdings viel mehr ins Auge fiel, war eine der beiden Figuren. Ich hatte bei meinen Vorzeichnungen auf der Wand der weiblichen Figur doch „Rundungen“ verpasst, oder? Anders ausgedrückt „Brüste“. Gut, nicht sonderlich riesig, aber dennoch sichtbar … Jetzt schien es eher so, als hätte Fabian sie ganz weggelassen …

Ein Teil von meinem Herzen sprang aufgeregt im Dreieck … Eine Frau ohne Brüste … könnte ja auch ein Mann sein. Und wenn das zwei Männer sein sollten … NEIN, das wäre zu schön. Fabian ist vielleicht doch schwul? Der andere Teil meines Herzens zitterte, vielleicht gab‘s dafür auch einfach eine ganz simple Erklärung?

Ich hatte nicht bemerkt, wie Fabian sich unbemerkt dazugestellt hatte.

„Schönes Bild, fast fertig sieht es toll aus …“

„Meinst du? Also … dir … gefällt es wirklich?“  

Er schien mir nicht so richtig zu glauben, darum bemühte ich mich noch ein wenig mehr.

„Klar, die beiden geben ein sehr schönes Paar ab und sie wirken so … vertraut miteinander.“

Jetzt würde ich vielleicht erfahren, ob es sich hierbei echt um zwei Kerle handelte …

Ein wenig verlegen schaute Fabian nicht mehr mich, sondern das Bild an … er schien nach den richtigen Worten zu suchen …

„Ja, das finde ich auch …“ hauchte er kaum hörbar.

MIST, ein wenig mehr hätte er schon dazu sagen können … jetzt musste ich mir schnell etwas einfallen lassen …

„Oder sind sie kein Paar? Immerhin … sind das ja zwei Männer, oder?“

Ein wenig verärgert über meine Wortwahl war ich gleich, nachdem ich es ausgesprochen hatte … nur leider fehlte mir die Zeit um mir etwas Besseres zu überlegen. Und zu nervös zum Denken war ich zugegebenerweise auch noch. Es ging hier um die wichtigste Sache überhaupt … na ja gut, von Tino mal abgesehen.

Fabians Hände ballten sich schnell zu Fäusten und sein Atem wurde tiefer … irgendwie war ich nahe der Vermutung, dass dies nicht unbedingt ein gutes Zeichen sein sollte …

Er wandte mir den Blick zu und ich sah die Tränen, die sich in seinen Augenwinkeln gesammelt hatten …

„So denkst du also … hätte ich nicht von dir erwartet!“, schrie er mich an.

Vor lauter Überraschung und Unsicherheit stand ich starr da und brachte keinen Ton raus …

Meine Worte waren vielleicht nicht soooo der Bringer – aber waren sie so schlecht gewählt?

„Mit so einem wie dir will ich nichts zu tun haben … Ich hätte echt NIE erwartet, dass ausgerechnet du so intolerant bist …“

Mit jedem Wort wurde seine Stimme ein wenig leiser und begann mehr und mehr zu zittern …

Verzweifelt versuchte ich meine starre zu lösen und die Situation aufzuklären …

War er jetzt schwul? Oder war er nur „tolerant“ genug, um zu zeigen, dass ER kein Problem mit der Homosexualität hatte? Ich hatte Angst, mich ihm zu öffnen und am Ende enttäuscht zu sein …

„Fabian … ich …“

„Raus … verschwinde … RAUS“. Mit einem Satz schubste er mich Richtung Zimmertür.

Ich konnte mich grade noch auffangen und wusste, dass ich jetzt noch genau eine Chance hatte, bevor er mich endgültig zur Haustür jagen würde.

Mit einem Satz stand ich genau vor ihm und ergriff seine Hände, nicht dass er noch auf die Idee kam, mir eine davon ins Gesicht oder sonstige Körperteile zu schlagen.

Er wehrte sich und brüllte mich weiter an, aber ich blieb stark. Woher ich diese Kraft hatte, wusste ich selber nicht, aber ich war mehr als froh darüber …

Langsam versuche ich ihn an mich zu drücken, um meine Arme um seinen Körper zu legen. Ich wollte ihn einfach festhalten. Keine Worte. Nur halten und schweigen. Wahrscheinlich fand ich wieder nur die falschen Worte … noch einen Patzer konnte ich mir nicht erlauben.

Wie lange ich versuchte, ihn in meine Arme zu nehmen wusste ich nicht, irgendwann spürte ich nur, dass seine Abwehrversuche weniger und schwächer wurden, bevor er ganz regungslos und mit gesenktem Kopf vor mir stand.

Schnell ergriff ich meine Chance und zog ihn in meine Arme. Wir standen einfach nur da, eng aneinandergedrückt und still …

Nach einiger Zeit schob ich ihn sanft zum Bett und wir ließen uns einfach darauf fallen.

Auch wenn wir kein Wort sagten, so war ich mir sicher, dass ihm mindestens genauso viele Gedanken durch den Kopf gingen wie mir. Irgendwann schlief ich über meinen Gedanken ein.

Als ich meine Augen wieder öffnete, war es bereits dunkel draußen. Langsam wand ich mich aus seiner Umarmung und versuchte eine Uhr zu finden. Leider ohne Erfolg.

Ich tastete mich bis zur Küche vor und knipste das Licht an …

Puh, das war eindeutig zu viel Licht auf einmal … Als ich wieder halbwegs sehen konnte, fiel mein Blick auf die große Küchenuhr und ich erschrak. HALB ZWEI.

Meine Eltern würden mir den Kopf abreißen … ich musste sie zumindest anrufen und ihnen sagen, wo ich war. Zwar würde das ihre Laune nicht wirklich mildern, aber irgendwas musste ich tun und mitten in der Nacht nach Hause fahren, wollte ich auch nicht.

Klar wieso, oder? Ich konnte nicht ohne was zu sagen gehen, Fabian würde das nur wieder falsch verstehen … andererseits war ich noch immer müde und hatte keine Lust, mit dem Rad zu später Stunde zu fahren …

Bevor ich mein Handy aus der Hosentasche kramen konnte, fiel mein Blick auf einen Zettel … Er lag auf dem Küchentisch und schien für uns zu sein …

„Hallo Kinder, ich wollte euch nicht wecken.

Theo, deine Eltern wissen Bescheid, dass du heute hier übernachtest.

Sie erwarten dich morgen nach der Schule wieder zurück.

Monika“

Oh Mann, das hätte ich eher lesen sollen. Ich hätte mir die Gedanken sparen können.

Vorsichtig tapste ich zurück zu Fabians Zimmer. Gut nur, dass ich wusste, wo im Flur der kleine Schrank stand, den hätte ich sonst garantiert zielsicher getroffen.

Meine Gedanken machten sich wieder selbständig und ich fragte mich, wie der Morgen wohl werden würde. Würden wir uns anschweigen oder streiten? Würden wir so tun, als sei nichts gewesen? Immerhin gab es an sich einiges, worüber wir sprechen „sollten“, aber nicht „mussten“.

Er würde sich bestimmt fragen, wie ich nun zum Thema „Homosexualität“ stand und ich musste unbedingt wissen, wie er dazu stand.

Ohne eine Aussprache würde unsere grade begonnene Freundschaft sich schneller wieder verabschieden, als sie gekommen war …

Wobei mir das recht war … natürlich aus einer anderen Sichtweise – versteht sich.

Als ich die Zimmertür grade leise schließen wollte, hörte ich ein ganz leises Schluchzen aus Richtung Bett.

Ich schloss schnell die Tür und ließ mich auf der Bettkante nieder, vorsichtig tastete ich nach Fabian, der zusammengerollt in der hintersten Ecke des Bettes lag.

Als ich ihn berührte, erschrak er und richtete sich auf.

„Ich dachte, du wärst gegangen …“, flüsterte er leise und seine Stimme zitterte abermals.

Ohne zu überlegen drückte ich ihn sanft wieder auf das Bett zurück und legte mich neben ihn. Mein Arm zog ihn näher zu mir und wie für einander geschaffen, kuschelten sich unsere Körper aneinander. Behutsam strich ich ihm über die Haare, bis wir beide wieder einschliefen.

Der nächste Morgen begann … gar nicht schön.

Der Wecker klingelte ununterbrochen, bis Fabian sich umdrehte und ihm einen Schlag gegen die Wand verpasste. Endlich wieder Stille.

Fabian ließ sich wieder zurück ins Kissen fallen und dann trafen sich unsere Blicke.

Beide schauten wir uns eher unsicher an, es war klar, dass nun der Zeitpunkt der Aussprache gekommen war.

Fabian schien der erste von uns zu sein, der sich traute, etwas zu unternehmen. Er setzte sich auf und lehnte sich gegen die Wand am Kopfende des Bettes.

„Wegen gestern …ich …“

Er kaute nervös auf seiner Unterlippe und seine Hände schienen sich miteinander verknoten zu wollen. Klar war er nervös. War ich ja schließlich auch … und er hatte den Mut, den Anfang zu machen, das war schon mal eine sehr starke Leistung.

Deswegen beschloss ich auch, ihm ein wenig Unterstützung zu geben …

„Ja, blöd gelaufen … hm?“

„Mhm … ja“

Okay … soweit so gut. Und nun?

Nach kurzer Stille fand Fabian als erster seine Stimme wieder.

„Ich dachte, nach dem, was du gesagt hast … du … hättest vielleicht was gegen …“

„Schwule?“, ergänzte ich seinen Satz.

„Ja.“

Ich seufzte kurz auf und nahm meinen Mut zusammen.

„Nein, wieso sollte ich … immerhin … Fabian … ich weiß nicht, ob und wie du zu dem Thema stehst … ich für meinen Fall … könnte nie etwas gegen Schwule haben. Wie könnte ich etwas gegen mich haben.“

So, nun war es raus. Unwiderruflich und für immer. Er wusste es. Rücknahme ausgeschlossen. Nun kam es ganz auf ihn an … würde er mich enttäuschen?

„Du? … Du bist …. schwul?“

Fabian schien sichtlich verwirrt zu sein …

„Ich meine, du hattest doch was mit Maggi und vorher auch schon was mit Mädchen …“

„Mhm stimmt, aber das war nicht echt.“

Ich erzählte ihm alles, von meinen Beziehungen, von Maggi und wie ich verzweifelt versuchte, meine Fassade aufrecht zu erhalten, dass ich total ungeoutet war und schlichtweg Angst hatte vor der Reaktion meiner Umwelt. Auch erzählte ich ihm, dass ich bisher noch nie einen Freund hatte, noch nicht einmal Kontakt zu anderen Schwulen hatte und dass ich mir im Allgemeinen deswegen sehr einsam vorkam … auch wenn ich nicht alleine war, wenn man meine Freunde dazu nahm. Aber da sie es weder wussten, noch meine Lücken füllen konnten, fühlte ich mich alleine.

Fabian unterbrach mich nicht ein Mal, er nickte nur und man konnte ihm ansehen, dass er meine Ausführungen keinerseits abartig, uninteressant oder total daneben fand. Vielmehr spiegelte sich Interesse und Verständnis in seinem Blick …

Als ich zu Ende erzählt hatte, schaute ich verlegen zur Seite. Jetzt, wo alles raus war, fühlte ich mich erleichtert. Frei.

Aber dennoch sehr ängstlich. Wie würde er wohl reagieren?

Fabian legte vorsichtig seine Hand unter mein Kinn und zwang mich somit, mehr oder weniger ihn anzuschauen …

In seinen Augen konnte ich so vieles gleichzeitig sehen … da waren Freude, Zuversicht und Mut, aber gleichzeitig auch Angst und Zurückhaltung … Ich wünschte mir, dass ich den Mumm hätte, etwas zu sagen, aber es kam kein Ton über meine Lippen.

Um die Situation nicht noch unangenehmer werden zu lassen (was durch die Stille und die Ungewissheit für mich auf jeden Fall zutraf), strich ich ihm eine kleine Haarsträhne aus dem Gesicht. Nicht, dass sie ihn irgendwie hätte stören können, nein. Es war mehr ein Versuch meinerseits, ihm zu zeigen, dass ich ihn mochte. Ob er den Wink verstehen würde, wusste ich nicht, war zugegebenerweise auch nicht grade die beste Idee, aber mehr hatte ich in dem Moment nicht zu bieten.

Unsere Blicke trafen sich und ganz zögerlich, kaum zu erkennen, bewegten sich unsere Köpfe Millimeter für Millimeter aufeinander zu. Ich fasste an Fabians Nacken und zog ihn die letzten Zentimeter zu mir, bevor ich meine Augen schloss und seine Lippen auf meinen spürte.

Sie zitterten ein wenig, lösten sich aber kein bisschen von den meinen. Stattdessen legte er seine Hände an meine Hüfte und versuchte, die letzten verbleibenden Millimeter zwischen uns zu schließen.

Ich spürte, wie seine Zunge sanft über meine Lippen glitt und um Einlass bat. Das konnte ich ihr natürlich nicht verwehren und öffnete meinen Mund ein wenig. Unsere Zungen trafen sich und es fühlte sich an, als würden sie sich streicheln. Ganz zärtlich und ohne jede Form von Hektik.

Es kam mir vor, als hätten sich unsere Lippen erst nach Stunden voneinander gelöst. Wir hielten uns fest im Arm und ganz zärtlich streichelten meine Hände seinen Rücken und seine Hände lagen gefährlich nahe an meinem Hintern. Er ließ seine Hände sinken und fasste fest, aber dennoch zärtlich zu.

Ein leises Stöhnen kam aus meinem Mund, es war einfach wunderschön, seine Hände zu spüren …

Wir bekamen gar nicht mit, dass Monika zur Tür hineinkam und uns beobachtete. Wie lange sie schon dort stand, wussten wir nicht. Wir bemerkten sie erst, als sie sich zu räuspern begann.

Schnell lösten wir uns voneinander und starrten sie mit offenen Mündern an.

„Ich wollte euch nicht stören Jungs, aber es wird Zeit. Du musst noch deine Schulsachen von zu Hause holen, Theodor.“

Ihr Ton ließ keine Spekulationen zu, wir saßen immer noch wie versteinert da und wussten nicht, wie wir uns nun ihr gegenüber verhalten sollten …

„Was guckt ihr denn so?“

Gute Frage, Monika … ja, was gucken wir so? HALLO???

Sie schmunzelte und kam einen Schritt auf uns zu, Fabian erschreckte sich und zuckte merklich zusammen.

„Keine Angst, ich bin nicht enttäuscht oder so. Ich will nicht sagen, dass ich eine Mutter bin, die das schon immer irgendwie geahnt hat, aber nachdem ich euch gestern so im Bett gesehen hatte … da wurde mir einiges klar.“

Sie verstummte und, da von Fabian keine Reaktion kam, blickte noch kurz zu ihm, bevor sie sich zur Tür wandte.  

Unsicher schaute Fabian zu mir, ich nickte ihm nur kurz aufmunternd zu, bevor er langsam aufstand, einen Schritt zu seiner Mutter machte.

„Mum … ich … meinst du das ernst?“

Monika nickte und drehte sich wieder zu Fabian.

Ein lächeln huschte über ihr Gesicht und einen kleinen Augenblick später lagen sich die Beiden in den Armen.

„Ich hab dich doch lieb Fabian und ich werde dich immer lieb haben. Ganz gleich, wen du lieben solltest …“

Die letzten Worte konnte ich nicht mehr verstehen, sie gingen in einem leisen Schluchzen unter. Für Fabian war das scheinbar zu viel, er ließ sich komplett in ihre Arme sinken und hörte nicht mehr auf zu weinen …

Leise stand ich auf und schlich mich aus dem Zimmer. Auch wenn ich nicht aufgefordert wurde, so war ich mir sicher, dass die beiden einen kleinen Augenblick alleine sein wollten.

Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass ich mich beeilen musste, ich schrieb noch schnell eine kleine Nachricht und legte sie auf den Küchentisch, bevor ich langsam die Haustür hinter mir schloss.

„Ich fahre schnell nach Hause und hole meine Schulsachen.

Hoffe wir sehen uns gleich in der Schule?

In Liebe Theo“

In der Schule angekommen schaffte ich es grade noch, zusammen mit den anderen in die Sporthalle zu schlüpfen, als es klingelte. Das war knapp.

„Mensch Theo, wieder verschlafen?“

Ben …

„Ähm ja, fast.“

„Und die Ehre beim Sport zu erscheinen gibt uns der junge Herr auch, womit habe ich das nur verdient … „

„Ja, ja lach du nur, zieh dich warm an – gleich mach ich dich fertig …“

Auch wenn ich nicht wusste, was auf dem Plan stand, so war ich immer schon sportlicher als Ben und mir sicher, ihn schlagen zu können, egal was wir machen würden.

„……..“

Das war das einzige, was ich sagen konnte, als ich das riesen Teil von Trampolin mitten in der Halle stehen sah.

Die Meinung der Schüler war geteilt, einige freuten sich total, andere fanden die Idee nicht im Geringsten lustig.

Ich wusste noch nicht, ob ich mich freuen sollte oder nicht, bisher hatte ich noch nie auf so einem Ding gestanden … Aber ehe ich zu Ende denken konnte, kam Fabian aus der Kabine und stellte sich zu Ben und mir.

„Morgen Fabian, na auch verschlafen?“

„Ja, so in der Art …“

Sein Blick steifte kurz meinen und dann standen wir beide rum wie Falschgeld … Es schien aber weder Ben noch sonst irgendjemandem aufzufallen.

Wir wurden nacheinander auf das Trampolin geordert und mussten den Anweisungen des Sportlehrers Folge leisten. Ich stellte mich zum Glück gar nicht mal so dumm an und bekam am Ende noch ein Lob.

„Einmal sportlich, immer sportlich!“

Ich grinste Ben an, der sich auf dem Trampolin so gar nicht hatte halten können.

Er streckte mir die Zunge raus und boxte mir freundschaftlich in die Seite.

Der Rest der Stunde verging relativ schnell, ich war so abgelenkt, dass ich total vergaß, meine Aufräumdienste anzubieten, wie ich es sonst immer tat. Als ich in der Kabine stand, erstarrte ich und befürchtete, dass dieser Morgen noch allen in Erinnerung bleiben könnte.

Ich kramte zunächst ewig in meiner Tasche, um die Duschutensilien zu finden, Ben stand neben mir und schaute mir dabei zu.

„Du sag mal, Theo … wieso magst du eigentlich so ungerne nach dem Sport duschen?“

Mist, voll erwischt …

„Ich? Wieso?“

„Na ja ich habe dich zwar schon öfter drauf angesprochen, aber mal ganz im Ernst, ich weiß, dass du mich anlügst. Und das tut weh. Ich dachte immer, wir wären Freunde …“

Shit. Mist verdammter. Ich wollte nicht, dass er dachte, ich würde ihm nicht vertrauen … aber ich konnte ihm das doch nicht einfach so sagen … nicht so, nicht jetzt und hier schon gar nicht.

Aber wie durch ein Wunder wurde ich aus dieser Situation gerettet. Nicht etwa durch Fabian, der immer noch dem lieben Lehrer beim Abbauen des Trampolins behilflich sein durfte, nein, die Stimme, die ich hörte, war eine andere …

„Kommst du kurz mit raus, wir müssen reden …“

Ben und mir fiel im gleichen Augenblick die Kinnlade runter, als wir Tinos Worte hörten.

Ohne ein weiteres Wort verschwand Tino nach draußen.

„Was war das?“ Ben schaute irritiert Tino hinterher.

„Wenn ich das nur wüsste … Geh du schon mal duschen, ich geh mal schauen, was Tino möchte. Meinst du, er hat sich wieder etwas eingekriegt?“

Ich war froh, endlich eine Ablenkung für unser Duschthema gefunden zu haben … Ganz aus dem Wege gehen konnte ich dem Thema vielleicht nicht, aber wenigstens etwas, bis ich mir überlegt hatte, was ich Ben dazu sagen sollte …

Ben verschwand unter der Dusche und ich ging zu Tino.

„Und, was willst du?“

Mein Ton war unfreundlicher als ich geplant hatte und das tat mir im gleichen Augenblick wieder leid.

„Ich wollte dir nur helfen, tut mir leid, aber wenn du das nicht willst, dann geh ich wieder …“

HELFEN? Wie jetzt …

„Warte.“ Ehe er an mir vorbeirauschen konnte, fasste ich ihn am Arm und zwang ihn damit, stehen zu bleiben.

„Wobei wolltest du mir helfen?“

Ein wenig betreten schaute Tino zu Boden, riss sich aber merklich zusammen und blickte mir in die Augen.

„Wegen Ben … also dem Duschen … ich meine.“

„Ich versteh nicht, was du meinst …“

„Mann Alter, glaubst du ich bin blind? Du weigerst dich seit Wochen hier zu duschen und schwänzt ständig den Sport und das, obwohl du echt super bist und es dir Spaß macht. Meinst du nicht, das könnte deinen Freunden eventuell auffallen?“

Hm, nachdem Ben mich eben auch schon angesprochen hat … könnte ich eventuell doch nicht der Meister der Tarnung sein, wie?

„Und was genau ist dir aufgefallen?“ Meine Stimme versagte beinahe und es kam nur noch ein leises Flüstern über meine Lippen.

Gott, es klang so, als wüsste Tino mehr, als er bisher gesagt hatte. Wusste er ES etwa? War ich nicht immer vorsichtig genug gewesen?

„Theo … ich kenne dich besser als du denkst … mir ist schon lange aufgefallen, dass du nicht wirklich an den Mädchen interessiert bist … du versuchst es zwar zu vertuschen, aber wenn man dich kennt und genau beobachtet … Du bist schwul, Theo, habe ich recht?“

Fuck. Oh Herr im Himmel, hab Erbarmen mit mir … WIESO? Ich meine, ich war immer vorsichtig gewesen, wie zum Teufel kam er darauf?

Deswegen war er bestimmt in der letzten Zeit auch so komisch gewesen. Er ekelte sich bestimmt vor mir und konnte meine Nähe einfach nicht ertragen … verdammt!

Klar gab es auch die kleine Chance, dass er damit eventuell keine Probleme hatte, aber wieso war er in der letzten Zeit so komisch?

Statt einer Antwort schaute ich ihn mit zusammengekniffenen Lippen an. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte … ich war schlichtweg sprachlos.

„Du musst dazu nichts sagen, wenn du nicht willst. Ich wollte nur, dass du weißt, dass …“

Tino unterbrach den Blickkontakt zwischen uns und neigte den Kopf. Wieso sprach er nicht weiter? Was wollte er mit dem Gespräch jetzt bezwecken?

„Dass was???“

Meine Frage kam lauter und unhöflicher als geplant, aber Tino schien eher froh zu sein, dass ich das Gespräch wieder aufnahm.

„Theo, ich wollte dir nur sagen, dass ich kein Problem damit habe …“

„Ach, dann ist das nicht der Grund, dass du nicht mehr mit uns befreundet sein willst? Ich dachte, grade eine Schwuppe sei dir nicht gut genug … WAS ZUM TEUFEL HAST DU DENN???? Langsam kotzt mich dein Verhalten echt sowas von an …“

Entsetzt starrte Tino mich an. Es schien fast so, als wäre er erstarrt. Kaum mehr eine Regung kam von ihm …

Gut, meine Worte kamen auch nicht grade in „Zimmerlautstärke“ aus meinem Mund … aber Gott, ich war einfach sauer, hatte Angst und überhaupt keine Ahnung, was nun Sache war.

„Weißt du was, mach, was du willst, aber wenn du uns nicht mal genug vertrauen kannst … Mensch Tino, ich dachte immer, wir sind Freunde …“

Bei den letzten Worten verließ mich der wütende Tonfall und meine Stimme wurde immer leiser … Ob die letzten Worte überhaupt noch zu hören waren, wusste ich nicht.

Das Klingeln unterbrach uns und die meisten aus unserer Klasse strömten an uns vorbei Richtung Klassenzimmer.

„Theo … wir … wir sehen uns später …“

Und schwuppdiwupp war er weg … Mir stand ein großes Fragezeichen auf dem Gesicht und als Ben mir seine Hand auf die Schulter legte, zuckte ich vor lauter Schreck zusammen.

Wir gingen weiter zum Klassenzimmer und verloren vorerst kein Wort über mein Gespräch mit Tino. Das wollten wir lieber auf den Nachmittag vertagen, das war wirklich kein Gespräch, was wir zwischen Sport und Mathe diskutieren wollten. Dafür war es zu wichtig.

Leider hatte ich völlig verdrängt, dass Ben ja immer noch auf eine Antwort wartete. Sein Blick verriet mir, dass ich ohne eine Antwort wohl nicht davon kommen würde.

Zum Glück hatten die Lehrer heute viel Stoff im Unterricht zu besprechen und entsprechend dankbar war ich für diese kleine Verzögerung.

Heute Nachmittag würde ich mit Ben sprechen müssen – ob ich wollte oder nicht.

Gegen 15 Uhr kam Ben zu mir, Fabian war damit einverstanden, zunächst nicht dabei zu sein. Da wir endlich wissen wollten, was nun los war, und es ja ein offenes Geheimnis war, dass Tino auf Fabian nicht sonderlich gut zu sprechen war … wieso auch immer.

Über eine Stunde war vergangen, in der Zeit hatte ich Ben über das gesamte Gespräch informiert … Ja, über das Ganze …

Ich wusste, dass es keinen Sinn hatte, den Hauptteil des Gespräches (was da wäre, die Duschsituation und dass ich halt schwul bin) wegzulassen.

Ben hatte mich ja auch kurz vor Tino auf die Dusche angesprochen …

Ich habe nun wirklich nicht damit gerechnet, was Ben tat, als ich die wichtigsten Worte meines bisherigen Lebens ausgesprochen hatte.

„Ich weiß!“ Grins.

Mehr kam nicht von ihm. Zumindest nicht aus seinem Mund, denn Sekunden später sprang er von meinem Schreibtischstuhl auf und schmiss mich förmlich um. Wir landeten beide halb aufeinanderliegend auf meinem Bett und er drückte mich fest an sich.

„Ähmmm … ja?“

Gute Reaktion von mir, oder?

„Ach Theolein, für wie blöd hältst du mich denn? Du warst noch nie ein guter Schauspieler und seit längerem ist das echt sowas von auffällig … wie du immer den Jungs hinterher stierst, nicht duschen willst und dann erst dein ganzes Verhalten, wenn Fabian da ist … Das sieht ein Blinder, was da mit dir los ist …“

„Und … ich meine … wir sind noch Freunde?“

„Theo … spinnst du? Wieso sollte ich dir „deswegen“ die Freundschaft kündigen? Hallo? Ich habe nun wirklich nichts gegen Schwule … oder Lesben. Für mich ist das zwar keine Option, aber wen man liebt … das sollte nun wirklich egal sein …“

Ich merkte nicht, dass mir Tränen übers Gesicht liefen, bis zu dem Augenblick, als Ben begann mir selbige vorsichtig wegzuwischen …

„Theo, ich bin dein Freund und werde es bleiben … Ich war am Anfang nur enttäuscht, dass du nicht mit mir gesprochen hast. Wir haben uns doch immer alles gesagt … aber ich bin ja nicht blöd … ich habe im Internet recherchiert und festgestellt, dass es den Meisten wohl so geht wie dir. Sich zu outen ist auch ein großer Schritt und man weiß meistens nie 100%ig was die anderen sagen. Ich wollte dir einfach etwas Zeit geben …“

„und bist mir ständig mit dem Duschen auf den Geist gegangen“, kicherte ich.

„Na ja, ich dachte, dass du vielleicht einen kleinen Strohhalm brauchst, aber scheinbar warst du einfach noch nicht soweit. Das ist schon okay.“

„Hilfreicher gewesen wäre es, wenn du einfach mal gesagt hättest, dass du kein Problem mit Schwulen hast …“

„Ich dachte, das wüsstest du?“

„Mensch Ben, ich kann doch keine Gedanken lesen … woher sollte ich das wissen? Nur weil du nie gelästert hast? Dazu gab‘s ja auch noch nicht mal Anlass.“

„Hm, jetzt wo du es sagst … Ich würde sagen, ist ja auch Wurscht, wieso, weshalb, warum. Fakt ist, dass ich immer dein Freund bleiben werde.“

Dafür knuddelte ich ihn natürlich richtig durch und war einfach nur total happy, bis wir wieder langsam zum eigentlichen Thema zurückkehrten. Tino.

„Es schien mir echt nicht so, als dass er da ein Problem mit hätte. Dann hätte er sich komplett anders verhalten und hätte sich nicht still und leise einfach von uns abgewandt … Oder was meinst du, Ben?“

„Ja, das denke ich auch. Ich kann überhaupt nicht verstehen, wieso er so reagiert. Das kenne ich nicht von ihm, so war er noch nie ….“

In dem Augenblick rief meine Mutter von unten …

„Theo Schatz, kommst du mal bitte?“

Mann, ich hatte grade echt Besseres zu tun. Leider würde sie eine Abfuhr nicht ohne Folge vergehen lassen und noch mal Stress und im schlechtesten Falle (für mich) mit Taschengeldentzug … nein, danke.

Also stapfte ich angesäuert die Treppen hinunter und lief prompt nicht in ihre Arme, sondern in die von Tino.

„Du hier?“

Ich war echt sehr überrascht. Niemals hätte ich damit gerechnet, dass Tino freiwillig zu mir kommt … Er hatte zwar gesagt, wir würden uns sehen, aber so schnell und hier? Ich war gespannt wie ein Flitzebogen, was er zu sagen hatte … und Ben bestimmt auch.

„Darf ich kurz mit hoch … bitte?“

Aus seinen Worten konnte man 1-A heraushören, dass er sich nicht ganz wohl fühlte. Aber darauf konnte ich jetzt wirklich keine Rücksicht mehr nehmen.

Ich nickte ihm kurz zu und begab mich wieder auf den Weg in mein Zimmer. Dort angekommen ließ ich mich neben Ben aufs Bett fallen und schaute Tino erwartungsvoll an.

„Ähm … ich wollte nicht stören … ich komme wann anders wieder …“

Mit den Worten drehte er sich bereits um und wollte wieder gehen.

„Warte!“

Ben und ich waren beide im Begriff, aufzuspringen und ihn zurückzuhalten, als er sich erneut zu uns wandte.

„Theo … ich glaube, das sollten wir lieber alleine besprechen … nichts gegen dich Ben, aber ich glaube, Theo wäre das bestimmt auch lieber.“

Ben und ich schauten uns kurz an und grinsten.

„Nicht nötig, Tino … ich habe mit ihm gesprochen … er ist auch der Meinung, ich sei ein grottenschlechter Schauspieler …“

Bei den Worten musste ich unweigerlich lachen … Ben klopfte mir auf die Schulter und schmunzelte.

„Also los, setz dich und sprich … wir sind SEHR gespannt …“

Meine Worte und Bens Aufforderung schienen nun endlich Wirkung zu zeigen und er setzte sich auf den Schreibtischstuhl und schaute interessiert auf seine Hände. JA, in manchen Situationen haben Hände einfach eine magische Anziehungskraft fürs Auge.

Ohne aufzuschauen fing Tino an zu erzählen.

Er begann damit, dass er sich nicht von mir oder Ben abgewandt hatte, weil er die Gegenwart eines Schwulen nicht ertragen konnte. Im Gegenteil, es war ihm völlig egal, auf wen ich stand, solange es mir dabei gut gehen würde.

Gemerkt hatte er es bei mir, wie Ben auch, scheinbar schon länger. Und auch er wollte mich nicht drängen und mir die Zeit geben, die ich brauchen würde.

Eines Tages, kam das Gespräch zu Hause auf mich und mein damaliges Fernbleiben vom Sport. Seine Mutter konnte das genauso wenig nachvollziehen, wie jeder, der auch nur im Ansatz wusste, wie gerne ich Sport trieb. Tino hatte sich keinerlei Gedanken darüber gemacht, was seine Mutter von Schwulen hielt, als er seine Vermutung zur Sprache brachte. Er ging einfach davon aus, dass sie genauso tolerant wäre wie er selber. Fehlanzeige…

Sie regte sich ziemlich darüber auf und fragte, ob er auch einer von den „ekeligen Typen“ wäre. Auch wenn Tino dies zu Recht verneinte, verbot sie ihm sofort den Kontakt zu mir und zu allen, die mit mir befreundet waren. Denn so ein Verhalten durfte man nicht noch unterstützen! Das Beste kam aber noch … sie schleifte ihn ein paar Tage später zu einem Therapeuten, der ihm dabei helfen sollte, auf dem rechten Wege zu bleiben …

Mit seinem Vater traute er sich nicht, darüber zu sprechen, der war im Allgemeinen noch strenger als seine Mutter und er befürchtete, dass der Schuss nach hinten losgehen würde und dass er noch schlimmer bestraft werden würde …

Ich erinnerte mich an den Nachmittag, an dem ich ihn und seine Mutter in das Ärztehaus verschwinden sah. Jetzt machte es alles wieder Sinn.

Mit den Worten endete seine Erzählung …

Keiner von uns sagte ein Wort, wir saßen einfach stumm da und ließen seine Worte auf uns wirken. Das war echt eine Hausnummer… bisher fand ich seine Mutter immer sehr nett und konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, woher sie diese Ansichten hatte. Dass ich Tino glaubte, stand außer Frage. Dennoch kam ich darauf einfach noch nicht ganz klar.

Ben war der Erste, der seine Starre lösen konnte. Er stand auf und machte einen Schritt auf Tino zu. Mit einem Lächeln streckte er ihm die Hand entgegen und Tino ergriff diese vorsichtig, fast so, als hätte er Angst, es wäre nicht wirklich.

Ben zog Tino hoch und schloss seine Arme um ihn, fast so wie bei mir, nur nicht ganz so stürmisch.

Automatisch stand ich auf und schloss mich der Umarmung an, nun standen wir da. Drei Jungs im Halbkreis aneinandergekuschelt. War bestimmt ein selten schöner Anblick.

Wir lange wir da standen, weiß ich nicht mehr, es schien eine Ewigkeit gewesen zu sein, bis wir uns langsam wieder voneinander lösten.

„Ihr müsst mir versprechen, dass meine Mutter nichts davon erfahren darf … ich habe das Gefühl, sie nicht mehr zu kennen und weiß nicht, was sie dann noch macht, wenn ich mich nicht an ihre Anordnung halte … In der Schule geht das ja, aber danach können wir uns nicht mehr sehen … sie überwacht mich total.“

Klar, dass wir ihm das versprachen, wir waren ja heilfroh, dass unser Tino endlich wieder da war. Und noch mehr freute ich mich darüber, dass meine ersten beiden Outings so super geklappt hatten. Ich konnte mich wirklich glücklich schätzen, dass ich so gute Freunde hatte.

Als die beiden sich verabschiedet hatten, saß ich auf meinem Bett und wusste genau, was ich zu tun hatte. Ich wollte zu Fabian … ich musste zu ihm. Heute hatten wir kaum Zeit, ein Wort miteinander zu wechseln, und das ging gar nicht.  

Ein kurzer Blick in die Küche zu meiner Mutter und die Worte, ich würde gegen 22 Uhr wieder da sein, und weg war ich.

Ich glaube, ich brach beinahe den Streckenrekord – wenn es für die Strecke einen gegeben hätte. In Windeseile raste ich die Treppen hoch und hätte beinahe Monika umgerannt.

„Theo, willst du mich umrennen?“

„Ähm … nee, natürlich nicht.“

„Na los“, lachte sie, „rein mit dir, zu mir wolltest du bestimmt nicht.“

Ich streifte meine Schuhe ab, schmiss die Jacke auf den Haken und stürmte in Fabians Zimmer.

Fabian stand grade vor seinem Kleiderschrank und räumte seine Wäsche ein, als ich ihn einfach mit einem Satz aufs Bett beförderte und dem noch total verdutzen einen Kuss gab.

Sein Mund verzog sich zu einem Lächeln und wir machten genau da weiter, wo wir am Morgen aufgehört hatten …

Dieses Mal war der Kuss stürmischer und leidenschaftlicher als noch am Morgen. Wir lösten unsere Lippen keine Sekunde voneinander, sondern versuchten verzweifelt, unsere Körper so eng aneinander wie nur irgend möglich zu schmiegen.

Unsere Atmung wurde schneller und lauter, auch wenn wir wussten, dass Monika noch in der Wohnung war, nahmen wir keinerlei Rücksicht. Fabians Hände wanderten wieder zu meinem Hintern und krallten sich fest, das fühlte sich so wunderbar an. Ich wollte ihn nie wieder loslassen müssen.

Wir rieben unsere Körper aneinander und ich spürte schon, dass ich es nicht mehr lange aushalten würde. Fabian machte mich total verrückt. Ich schob ihn ein Stück von mir und ließ meine Hand beginnend von Fabians Brust Richtung Hosenbund sinken …

Fabian stöhnte leise auf und seine Hand führte meine weiter zur der Beule in seiner Hose … ich streichelte und massierte seinen Penis und wollte ihn richtig spüren.

Also sein bestes Stück ohne den störenden Jeansstoff, mehr wollte ich nicht. Für richtigen Sex war auch ich heute noch nicht bereit.

Ich schob die störende Hose und seinen Slip ein Stück nach unten und konnte nun endlich seinen prallen Penis in der Hand halten. Ich wichste ihn. Auf Grund meiner eigenen Erregung, die sich kaum noch steigern ließ, wurden meine Bewegungen schneller und schneller. Fabians stöhnen wurde lauter, aber um Monika nicht zu sehr auf unser „Treiben“ aufmerksam zu machen, drückte er sich seinen Handrücken auf den Mund. Aber genau wie mir, fiel es ihm sehr schwer, sich zusammenreißen zu müssen.

Seine andere Hand krallte sich in mein Shirt, bevor seine Muskeln sich kurz anspannten und sein Sperma auf meinem Shirt landete.

Keine Sekunde später kam auch ich, ich versuchte mein Stöhnen etwas abzuschwächen in dem ich mein Gesicht an Fabians Hals vergrub. Nebenbei musste ich ihm wohl noch einen Knutschfleck verpasst haben, wie mir später auffiel.

Keuchend und eng aneinander geschmiegt lagen wir da … wir streichelten uns gegenseitig den Rücken und küssten uns.

„Werde ich jetzt immer so stürmisch begrüßt?“ Fabian grinste mich verschmitzt an und leckte sich lasziv über die Lippen …

„Immer, wenn du willst … aber weißt du, was wir dann anders machen sollten?“

Fabian schaute mich fragend an und wurde dabei tatsächlich rot. „Ich hab‘ noch nicht so die Erfahrung … wenn ich was anders machen soll, musst du es mir sagen.“

„Hihi, quatsch nicht rum, bitte …“, es war einfach zu süß, wie verschämt er mich anschaute, als wenn er etwas falsch gemacht hätte.

„Das einzige was ich ändern möchte, ist, dass wir uns beim nächsten Mal vielleicht ganz ausziehen sollten … Ich habe dein Sperma am Shirt und meins … in der Hose.“

Wir lachten beide und beschlossen, dass ich erst mal unter die Dusche springen sollte. Fabian legte mir ein paar von seinen Sachen raus, da ich meine unmöglich wieder anziehen konnte.

Der Abend verging leider viel zu schnell, wir kochten noch etwas zusammen und aßen mit Monika. Die konnte sich die ganze Zeit über ihr Grinsen nicht verkneifen und freute sich sichtlich für uns.

Als wir uns verabschiedeten, legte ich Fabian noch ans Herz, mit seiner Mutter zu sprechen … Wahrscheinlich konnte sie sich jetzt denken, was bei dem Gespräch mit seinem Vater und seinem Bruder damals Thema gewesen war … aber es wäre besser, einen Abschluss machen zu können. Für beide.

Und ich hoffte, Monika würde dem Typen von Vater noch mal den Marsch blasen … er war schuld, dass sein Sohn tot war … er alleine. Hätte er anders reagiert, wäre die Situation nie so eskaliert.

Vielleicht war ich zu hart und lag falsch damit, aber das war mir derzeit ziemlich egal.

Einen Tag Schule noch, dann war endlich Wochenende …

Auf dem Heimweg kreisten meine Gedanken darum, was wir alles machen könnten …

Einerseits mussten wir dringend etwas wegen Tinos Mama unternehmen, denn so konnte es ja nicht weitergehen. Sie konnte ihm doch nicht verbieten uns zu sehen …

Andererseits wollte ich viel Zeit mit Fabian alleine verbringen … ich vermisste ihn jetzt schon wieder wahnsinnig.

Aber bevor all das passieren konnte, musste ich mit meiner Mutter und mit meinem Vater sprechen … Ein wenig Angst hatte ich ja schon, was, wenn sie genauso reagieren würden wie Tinos Eltern … aber eigentlich glaubte ich nicht daran … aber ein wenig Pessimismus ist in der Situation wohl erlaubt, oder?

Ich schloss die Haustür auf und während ich mich meiner Jacke entledigte, kam mein Vater um die Ecke.

„Du bist reichlich unterwegs in der letzten Zeit …“

Es klang jetzt nicht wie ein Vorwurf, eher wie eine Feststellung. Dennoch fühlte ich mich ein wenig in die Ecke gedrängt. Aber ich musste da durch … komme was da wolle.

„Ähm. Ja, doch. Ist Mama schon im Bett? Ich wollte noch kurz was mit euch besprechen …“

„Mama ist noch in der Küche, komm‘ mit, dann schauen wir mal, was unser Sohnemann auf dem Herzen hat.“

Hm, das klang nun sehr fürsorglich … gutes Zeichen, oder?

Wir setzten uns alle an den Küchentisch und meine Mutter stellte noch eine Kanne Tee auf den Tisch. Ich goss mir eine Tasse ein, um ein paar Sekunden Zeit zu haben meine Gedanken zu ordnen, bevor ich mit dem Vorhaben „Outing“ begann …

„Theo Schatz, es ist doch nichts Schlimmes, was du uns sagen möchtest, oder?“

Ja, meine Mutter … sie ging meistens in solchen Situationen vom Schlechtesten aus … dabei war ich doch gar nicht so schlimm … meistens jedenfalls.

Ok, jetzt Theo – ganz kurz und schmerzlos.

„Ihr habt mich ja immer mal wieder gefragt, ob ich eine Freundin habe …“

Auf dem Gesicht meiner Eltern zeichnete sich ein zaghaftes Lächeln ab. Vielleicht weil sie einfach nur froh waren, dass das Thema nicht so dramatisch werden sollte, wie befürchtet? Oder sie ahnten etwas, möglich …

„Also … zumindest könnte ich jetzt sagen, dass ich kein Single mehr bin …“

Langsam ließ ich meinen Blick über die Gesichter meiner Eltern wandern. Aus dem anfänglichen Lächeln war Verwunderung geworden.

Ich holte noch einmal tief Luft und beendete meinen Satz.

„ich bin mit jemandem zusammen … mit … Fabian!!!“

Kurzes Schweigen …

„Nun ja Theo“, begann mein Vater, „das … ist eine Überraschung … da hätte ich jetzt nicht mit gerechnet. Ich meine gut, ich habe wirklich kein Problem mit Homosexuellen, aber ein wenig überfahren bin ich doch grade.“

„Ja mein Schatz, ich auch …“, fügte meine Mutter leise hinzu. „Ich kann nicht glauben, dass ich das nicht eher gemerkt habe … ich bin doch deine Mutter …“

„Mama, Papa …. ich will auch nicht, dass ihr einen Freudentanz aufführt … ich will nur wissen, ob … ihr … ob ihr … mich immer noch lieb habt …“

Mein Satz kam nur sehr leise über meine Lippen, meinen Kopf hatte ich gesenkt, und meine Hände klammerten sich an der Teetasse fest – als würde sie mich unterstützen.

Ohne ein Wort zu sagen, stand mein Vater auf und hockte sich vor mich. Er legte mir seinen Arm auf die Schulter und zog mich zu sich heran.

„Theodor, du bist mein Sohn, auch wenn ich mich sehr gefreut hätte, später einmal Opa zu werden … so bin ich doch mehr als froh, dass du ein guter Junge geworden bist und wenn du mit Mädchen nun mal nicht glücklich werden kannst, dann werde ich das akzeptieren. Ich werde dich immer lieb haben, ich denke Mama und ich brauchen nur ein wenig Zeit, um das zu verarbeiten. Aber mach dir keine Sorgen, mein Junge. Lieb haben werden wir dich immer …“

Nach einem kurzen Gruppenkuscheln verzog ich mich auf mein Zimmer und hing noch ein wenig meinen Gedanken nach, bevor ich in einen traumlosen Schlaf fiel …

Am nächsten Morgen trottete ich müde in die Küche und lies mich auf den Stuhl fallen. Meine Mutter war schon munter und stellte mir gleich meinen Kaffee auf den Tisch.

Es war alles wie immer, wir sprachen nicht mehr viel über den gestrigen Abend, aber ich war froh zu merken, dass sie sich genau so verhielt wie immer.

Es war einfach wunderbar zu wissen, dass meine Eltern nicht so ein großes Problem mit dem Schwulsein zu haben schienen wie Tinos Mutter.

In der Schule hatte ich endlich mal einen Grund, mich zu freuen. Schon von weitem sah ich Tino, der bei Fabian und Ben stand. In der Schule konnte sie es ihm ja nicht verbieten, uns zu sehen. Dennoch war das Thema damit noch lange nicht erledigt. Wir würden schauen, wie wir die Situation wieder hinbekommen konnten. Tino war unser Freund und wir würden es nicht akzeptieren, dass er aus einem so dermaßen bescheuerten Grund von uns ferngehalten wurde. Jedem seine Meinung – aber das ging eindeutig zu weit.

Leider kamen wir vor dem Unterricht zu keinem Ergebnis. Tino war der festen Überzeugung, dass es keinerlei Sinn machen würde, mit seiner Mutter darüber zu sprechen. Er selber bezeichnete sie als „unberechenbar“ und außerdem wollten wir nicht, dass Tino durch ein Gespräch noch mehr Probleme mit seiner Mutter bekam.

Mitten in Erdkunde kam mir spontan ein Geistesblitz. Wenn wir nicht mit seiner Mutter sprechen konnten, dann vielleicht mit seinem Vater … gut, Tino meinte (und wir wussten das schließlich auch), sein Vater sei sehr streng, aber einen Versuch war es doch vielleicht Wert …

Würde ich Tino fragen, würde er nein sagen … also beschloss ich, es alleine zu tun. Ich wusste, wo sein Vater arbeitete und könnte ihn heute nach der Arbeit abpassen. Sollte ich damit total ins Fettnäpfchen treten, dann würden Tinos Chancen wahrlich nicht besser und wahrscheinlich würde er mich dann auf ewig hassen … aber was blieb uns übrig?

Klar, Tino könnte warten, bis er 18 wird und dann ausziehen, aber ohne Geld und ohne zu wissen, was wird? Auch keine Lösung. Würde Tino sich jetzt gegen seine Eltern auflehnen, kämen die vielleicht auch noch auf dumme Gedanken und würden ihn an einer anderen Schule anmelden oder etwas dergleichen …

Nach der letzten Stunde standen Ben, Tino, Fabian und ich noch beisammen und freuten uns, dass wir nun wieder Freunde waren.

Tino hatte sich am Morgen schon bei Fabian entschuldigt, dass er ihm gegenüber so fies gewesen sei und dass er ja nichts gegen ihn hätte und sich freuen würde, wenn auch sie Freunde werden würden. Fabian freute sich natürlich darüber.

Tino musste Bens Vorschlag, sich heute Nachmittag zusammenzusetzen, natürlich ausfallen lassen. Er wurde erneut von seiner Mutter dazu verdonnert, mit ihr zu der Psychologin zu gehen. Seine Freude hielt sich in Grenzen …

„Ich kann heute leider auch nicht, muss noch was für meine Ma erledigen“, log ich.

„Hm, na dann treffen Fabian und ich uns halt alleine …“

Falls Ben damit bezwecken wollte, dass ich eifersüchtig sein würde … Fehlanzeige.

Die anderen wussten noch nicht, dass Fabian und ich zusammen waren. Bisher hatte sich dazu noch keine Gelegenheit ergeben und abgesehen davon wollten wir die ersten Tage einfach in Ruhe genießen. In der Schule outen wollten wir uns auch noch nicht, wir hatten zwar Freunde, die hinter uns standen, aber wir wollten für die Schülerschaft auch nicht die Affen im Zoo sein … wobei vielleicht interessierten sich auch nur die wenigsten für unser Liebesglück?

Ich radelte also nach Hause, gab meiner Ma Bescheid, dass ich mich mit meinen Freunden treffen würde, schlang das Mittagessen runter und stieg wieder aufs Rad. Richtung Evers Werke. Das lag gute 45 Minuten mit dem Rad entfernt und ich hoffte, dass sein Vater immer noch zur gleichen Zeit Feierabend machte und ich ihn nicht verpassen würde …

Um 17:05 Uhr stellte ich mein Rad ab und trabte zum Hauptgebäude. Wenigstens wusste ich, dass er in der „Büro-Ecke“ arbeitete, da kam zumindest nur ein Gebäude in Frage.

Um halb 6 hatte ich die Hoffnung schon aufgegeben, bis ich sah, dass er bereits dabei war, in sein Auto zu steigen (der Parkplatz war direkt nebenan). Ich nahm die Beine in die Hand und stürmte in seine Richtung.

Als er seinen Namen hörte, schaute er verwundert in meine Richtung und blieb zu meinem Glück stehen.

Ich fragte ihn, ob er ein paar Minuten Zeit für mich hätte, ich müsste dringend über Tino mit ihm sprechen … Er wirkte sehr überrascht und verwundert, ließ sich aber darauf ein, sich in einem naheliegenden Cafè mit mir zu unterhalten.

Wir bestellten uns etwas zu trinken und nachdem die Kellnerin uns die Getränke serviert hatte, wurde es ernst.

„So Theodor, dann lass mal hören. Wieso wolltest du unbedingt unter vier Augen mit mir sprechen?“

„Ich weiß, dass es für sie komisch aussehen muss … ich bin mir auch immer noch nicht sicher, ob ich das Richtige tue. Wenn das hier nach hinten losgeht, dann weiß ich sicher, dass Tino mich hassen wird …“

„Gut, die Entscheidung kann ich dir nicht abnehmen, aber es ehrt dich sehr, dass du den Mut hast, mich überhaupt aufzusuchen und mit mir, über ein Problem Tino betreffend zu sprechen.“

Aus welchem Grund auch immer, dieser Satz lies mich hoffen.

„Ich … also ähm, ihre Frau … sie verbietet Tino seit einiger Zeit, sich mit uns zu treffen …“

„Das wird sie sicher nicht ohne Grund tun. Sie handelt eigentlich immer sehr fair. Mich wundert es nur, dass sie nicht mit mir darüber gesprochen hat.“

„Ja einen Grund hat sie dafür … scheinbar … also in ihren Augen zumindest. Sie ist der Meinung, dass wir, insbesondere ich, kein guter Umgang für Tino sind …“

„Und aus welchem Grund sollte das der Fall sein. Ich habe bisher noch nichts Negatives über dich gehört. Bisher warst du immer ein guter Junge, na ja bis auf kleinere Ausnahmen.“

Mit den Worten zwinkerte er mir zu.

„Ich weiß nicht, wie es bei Ihnen aussieht, aber Ihre Frau scheint ein sehr großes Problem damit zu haben, dass ich …. (längere Pause) schwul bin.“

Jetzt war es raus … verdammt. Egal was jetzt passieren würde, ich könnte es nie wieder zurücknehmen. Entweder er würde der gleichen Meinung sein wie seine Frau oder … Ja, oder was?!

„Ich weiß, dass es dir bestimmt nicht leicht gefallen ist, mir das zu sagen Theodor. Und ich danke dir sehr für deine Offenheit. Hat meine Frau das wirklich so gesagt, dass sie unserem Sohn den Kontakt verbietet, aus dem einzigen Grund, dass DU schwul bist?

„Ja … sie meint, es wäre ein schlechter Umgang und sie wollte scheinbar aufpassen, dass Tino sich nicht ansteckt oder so …“

„Hm, bisher haben wir uns nie darüber unterhalten, wie wir zu Homosexuellen stehen. Von daher kann ich nicht sagen, dass ich über ihre Haltung etwas gewusst habe. Ich werde mit ihr sprechen und dann sehen wir weiter. Ich hoffe du verstehst, dass ich mir auch ihre Meinung anhören möchte.“

Damit endete unser Gespräch und wir machten uns getrennt auf den Weg nach Hause. Ich hatte ihn noch gebeten, vorher mit Tino zu sprechen, er sollte ihm zuerst sagen, wie er zu dem Thema stand und dass ich mich an ihn gewandt hatte. Dem wollte er nur zu gerne nachkommen.

Als wir das Café verließen, war es bereits 18:20 Uhr, ich fuhr nach Hause und rief gleich bei Fabian an, dass er gerne noch vorbeikommen könnte. Ich für meinen Teil hatte heute genügend Kilometer hinter mir. Fabian versprach, sich gleich auf den Weg zu machen.

Die Zeit nutzte ich, um zu duschen und mich kurz zu meinen Eltern zu setzen. Ich wollte wenigstens kurz Bescheid sagen, dass Fabian käme und auch, dass er über Nacht hierbleiben würde.

„Mama, Papa, Fabian kommt gleich noch vorbei. Ähm …“

Eine Tomate war nichts dagegen … mein Kopf wurde rot, da konnte nun wirklich nichts mehr gegen anstinken.

„Süß, mein Sohn wird rot …“ Mein Vater schien das irre witzig zu finden.

„Dann sagt er uns hoffentlich kurz hallo und ihr verschwindet nicht gleich wieder nach oben …“

„Nee, klar … ich meine, das machen wir …“

Mein Vater schien zu bemerken, dass ich noch nicht so ganz fertig war …

„Und nein wir haben nichts dagegen, dass dein Fabian über Nacht bleibt … das war es doch, was du wissen wolltest, oder?“

„Mhm …“, mehr als ein Nicken brachte ich in diesem Moment nicht zustande.

Da erlöste mich zum Glück die Türklingel. Fabian! Endlich!

Mit einem Satz war ich an der Tür und nahm Fabian zur Begrüßung in den Arm, grade als ich ihm einen Kuss geben wollte, schob er mich zur Seite und schaute sich suchend um.

„Keine Sorge, meine Eltern sind in der Küche, ich hatte noch keine Gelegenheit gehabt, dir zu sagen, dass ich mit ihnen gesprochen habe … Sie brauchen zwar noch etwas Zeit um das soweit zu verstehen aber sie haben nichts dagegen und haben mich trotzdem noch lieb …“

„Uff, ich wollte nur nicht, dass es hier gleich Stress gibt …!“

„Keine Sorge, gibt es nicht. Und jetzt will ich verdammt noch mal meinen Kuss.“

Den ich auch bekam und der machte sehr große Lust auf mehr … aber zuerst mussten wir noch kurz meinen Eltern hallo sagen … versprochen ist versprochen.

Das verlief auch recht ereignislos, meine Eltern begrüßten ihn freundlich und sagten auch ihm noch mal, dass sie unsere Beziehung akzeptierten und uns alles Gute dafür wünschten.

In meinem Zimmer angekommen berichtete ich Fabian zunächst kurz von meinem Gespräch mit Tinos Vater. Er war nicht sehr überrascht und meinte, auch schon daran gedacht zu haben, dass jemand mit ihm sprechen sollte.

Nun konnten wir nur noch abwarten, wie das Gespräch mit Tinos Mutter laufen würde. Ich hatte zwar noch ein wenig Bedenken, ob Tino nicht vielleicht böse war, dass ich auf eigene Faust etwas unternommen hatte, aber Fabian meinte, ich würde mich nur unnötig verrückt machen. Besser hätte es doch nicht laufen können.

„Und nun …“, säuselte Fabian mir ins Ohr, „lenken wir den lieben Theo ein bisschen von seinen bösen, bösen Gedanken ab.“

Er fing an, ganz vorsichtig meinen Hals zu küssen und schlagartig vergaß ich alles um mich herum …

Als wir nach einer halben Stunde aneinandergekuschelt dalagen, war ich doch sehr froh, dass meine Eltern noch im Wohnzimmer saßen und fern sahen. Fabian und ich hatten es wieder nicht geschafft, die Lautstärke ein wenig zu senken … Es war aber auch einfach so unglaublich schön, dass ich in dem Augenblick an nichts anderes denken konnte.

Fabian schien meine Gedanken erraten zu haben und wurde ein wenig rot …

„Wir waren wohl wieder nicht ganz so leise … hm?“

„Nein, das waren wir nicht, aber meine Eltern sind noch im Wohnzimmer, da haben die bestimmt nichts mitbekommen …„

„Hoffentlich … sonst kann ich ihnen morgen nicht mehr in die Augen schauen …“

*klopf* *klopf*

„Ja?“

Oh, waren dies nun meine Eltern? Bevor ich aber zu Ende denken konnte, öffnete sich bereits die Zimmertür und …

„TINO!!!!!!!!“

Hektisch zogen Fabian und ich die Decke höher und schauten Tino mit weit aufgerissenen Augen an.

„Oh shit … könnt ihr nicht abschließen, Jungs … Das Bild werde ich doch jetzt nie wieder los …“

Sein Grinsen verriet uns aber, dass es ihm höchstens ein wenig unangenehm war, er drehte sich schnell wieder um und befahl uns, wenigstens was überzuziehen.

„Ich habe grade mit meinem Vater gesprochen, Theo … erst war ich total wütend auf dich, aber als er mir erzählt hat, wie er die Sache sieht und dass er kein Problem mit dir oder anderen Schwulen hat … da war ich einfach nur froh. Ich hoffe, dass mein Vater bei meiner Mutter Erfolg haben wird … das macht mir Angst …“

Ich rückte ein wenig von Fabians Seite und klopfte auf den nun freigewordenen Platz zwischen uns. Bei unserem Gruppenkuscheln überkam mich ein leichtes Déjà-Vu …

„Da seid ihr also echt zusammen und sagt keinen Ton … ihr seid mir ja welche …“, lachend schüttelte Tino den Kopf und knuffte uns in die Seite.

„Theo und ich sind auch noch ganz frisch zusammen … hatte sich einfach noch nicht so ergeben …“

„Hey, keinen Stress Fabi, ich finde es doch schön und abgesehen davon habe ich es bei Theos schmachtenden Blicken ja auch gehofft … die waren echt nicht mehr auszuhalten …“

„Na, mach mal halblang, so schlimm war ich nun auch wieder nicht …“, beleidigt zog ich einen Schmollmund.

„Oh doch, warst du“, Tino fing an zu lachen und ich nutzte die Gelegenheit und schmiss mich auf ihn. Der Gute war nämlich wahnsinnig kitzelig. Rache ist süß …

Am Ende sanken wir erschöpft auf dem Bett zusammen und Fabian grinste sich nur einen und freute sich, dass er nicht mein Opfer gewesen war.

„Dann pass mal auf, mein Lieber, dass das auch so bleibt.“

„Darf ich mal unterbrechen?“, Tino schaute uns kurz an und fragte uns, ob wir nicht noch mit auf Ellas Party kommen wollten. Es wäre doch schön, wenn wir endlich alle zusammen feiern könnten. Abgesehen davon gab es ja auch einiges zu feiern.

Wir nahmen Tino aber noch das Versprechen ab, keinem etwas von unserer so frischen Beziehung zu erzählen. Ben wollten wir noch einweihen, aber die anderen mussten es noch nicht unbedingt wissen.

Während Fabian und ich uns im Bad noch ausgehfertig machten, mussten wir beide feststellen, wie viel in den letzten Wochen passiert war.

„Jetzt bin ich einfach nur noch froh, hier zu sein … ich habe tolle Freunde, einen lieben Freund und meine Mutter hält zu mir … schöner könnte es nicht sein …“

Mit einem langen Kuss bestätigte ich Fabian, dass ich ähnlich dachte … manchmal bedarf es eben keiner Worte…

 *********** ENDE **********

Nachwort

So, das war‘s also. Meine erste Geschichte.

Ich hoffe, ihr seid nicht zu sehr enttäuscht worden.

Über Kommentare/Lob/wertvolle Kritik von euch würde ich mich sehr freuen. Zumal ich noch einige Ideen im Kopf habe und diese bei Zeiten auch zu Papier bringen möchte.

Ein ganz besonderes danke geht an „leyno“, der sich viel Zeit für die Korrektur nehmen musste (u.a. ist Zeichensetzung wirklich ein Thema, an dem ich noch arbeiten sollte …).

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