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Der Traum

Teil 3

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Sie saß auf der Couch und ich wartete stehend auf eine Antwort. Ihr Blich durchbohrte mich, erriet offensichtlich meine Gedanken und bezwang meine seelische Gelassenheit. Nervosität ließ meinen Körper schwitzen. Es war Angstschweiß. Ja, ich sah gerade meiner größten Angst in die Augen: Meine Mutter zu verlieren.

Eine einzelne Träne entwich unbemerkt meinen Augen und verlor sich in meinem Gesicht. Ich fühlte mich wie ein kleines Kind, das verletzt worden war und Trost bei seiner Mutter suchte, aber Angst hatte abgewiesen zu werden und nun um so trauriger und ängstlicher war.

Während sie in meinem leeren Blick meine wichtigsten Gedanken und tiefsten Gefühle erforschte, streckte sie eine Hand nach mir aus, sonst rührte sie sich nicht. Wie unter Trance ergriff ich sie und setzte mich unwillkürlich neben meine Mutter. Auch wenn ich in diesem Augenblick am liebsten vor Freude geweint hätte, so tat ich es doch nicht, denn ein Blick genügte um alles Glück meinerseits auszudrücken.

Plötzlich sagte sie: »Was soll denn sein? «

»Ka... Keine... Ahnung. Bin... bin... ich immer noch...? Hast du mich noch lieb?«, fragte ich verzweifelt und hatte nicht gewußt wie ich es besser hätte sagen können.

»Nun... Ja und Nein! Ja, weil du mein Sohn bist und ich dich immer lieben werde und nein, weil ich dich nicht mehr so lieben kann wie vorher, denn es hat sich nun alles verändert. Ich brauche Zeit um es zu verstehen und zu verarbeiten, doch du kannst mit meiner Unterstützung immer rechnen. Trotzdem solltest du mir in den nächsten Wochen aus dem Weg gehen, vor allem mit Patrick, denn ich möchte mit dem Thema «Schwulsein» nicht mehr direkt konfrontiert werden.«

»Verstanden«, antwortete ich kurz.

»So! Da das geklärt wäre,«, sagte sie und ihr Gemütszustand wechselte sich schlagartig, » können wir nun über deinen «Freund» reden!?«

Wow! Das aus dem Mund meiner Mutter zu hören war natürlich ziemlich gut, aber ich musste mich dennoch zusammenreißen um nicht vor Freude das Haus zu verwüsten. Statt dessen blieb ich sitzen und erzählte ihr alles über ihn. Seine wahre Herkunft ersparte ich ihr und sagte, dass er ein Waisenkind sei und zur Zeit bei Pflegeeltern lebt. Auch meine Gefühle ihm gegenüber wurden an diesem Tag meiner Mum offenbart, aber auch einiges an seelischen Problemen.

»Was ist nun eigentlich mit Andrea? Wie willst du ihr das alles erklären und wann?«

»Ich weiß nicht! Sie bedeutet mir viel und ich möchte unsere Freundschaft nicht gefährden, deshalb wäre es gut wenn sie – noch nichts – erfährt. Allerdings ist es auch nicht richtig, dass ich sie belüge, wenn mir die Freundschaft wirklich soviel bedeutet. Wie du siehst, kann ich mich nicht entscheiden. Was würdest du machen?«, ärgerte ich mich.

»Was ich machen würde ist nicht wichtig, da es nicht meine Sache ist. Du musst in der Lage sein deine Probleme selbst lösen zu können. Das Heißt aber nicht, dass du vollkommen allein dagegen ankämpfen musst. Ich werde dir helfen, wie ich es dir gesagt habe!«

»Also! Was soll ich denn nun tun?«

»Das musst du dir selbst beantworten!«, antwortete sie barsch, »Ich kann dir nun einen Rat geben: Wie deine Entscheidung auch immer ausfallen mag, so sollte sie schnell fallen, denn je mehr Zeit vergeht, desto schlimmer werden die Probleme.«

Nun, nach diesem gut gemeinten Rat war ich genauso schlau wie vorher, aber sie hatte in allen Punkten Recht. Wenn ich Andrea die Sache lange vorenthalte, wird sie später sehr verletzt sein, weil ich mich ihr nicht anvertraut und sie belogen habe. Für mich galt es nun eine gute Lösung zu finden und zwar schnell.

Die Wochen vergingen und es wurde Winter. Meine Mutter hatte sich mit ihrem »neuen Sohn«, wie sie es bezeichnete abgefunden und ich war auch zufrieden. In ihrer Überwindungsphase hatte sie sich oft tonnenweise Informationsmaterial besorgt und versucht mich erneut aufzuklären. Zwar lernte ich einiges, was ich nicht wußte und meine Mutter auch, aber es war irgendwie albern.

Patrick hatte ich selten gesehen, Andrea dafür um so mehr und jedes Mal lastete mein schlechtes Gewissen mehr auf mir. Ich hatte ihr noch nicht gebeichtet, dass ich nun ein neues Leben begonnen hatte. Zudem tat ich auch noch so, als wären wir immer noch ein glückliches Paar, obwohl ich sie nur noch als gut Freundin ansah.

Chris sah ich ebenfalls häufig, da er mich zu verfolgen schien. ER war überall wo ich war. Im Herbst z.B. sah ich ihn in den Bäumen, wie er kopfüber an den Ästen hing. Er sah dabei wie eine Fledermaus aus, auf der die Schwerkraft keine Wirkung hatte. Ständig blickte er mich an und ich fühlte es. Manchmal »saß« er in der Luft mit dem Rücken an den Wänden der gegenüberliegenden Gebäude, wenn ich in den oberen Stockwerken der Schule Unterricht hatte. Andere waren nicht in der Lage ihn zu sehen und wenn ich ihn ansah, lächelte er mir durchtrieben zu. Ich hasste ihn und hatte auch Angst vor ihm, aber er hatte etwas, das mich magisch anzog. Oft war mir so, als würde er in mir den Jagdinstinkt eines Tieres wecken, wild, böse und zu allem entschlossen. Wir trafen uns auch in der Schule »zufällig« und ein Treffen blieb mir besonders in Erinnerung. Es war ca. drei Wochen nach den Herbstferien, als es passierte:

‚Wie geht's dir heute?», fragte mich jemand von der Seite, als ich aus einem der Räume kam.

Natürlich war ich etwas überrascht und wollte wissen wer es war, doch als ich mich dann umdrehte und es erfuhr, war ich nicht mehr so begeistert.

‚Hi, Chris! Was möchtest du? Ich hab's eilig, also mach schnell!‘

‚Langsam. Du hast so viele Vorurteile mir gegenüber. Warum denkst du immer, dass ich etwas von dir will, wenn wir miteinander plaudern?‘

‚Weil es meistens stimmt!‘, übertrumpfte ich ihn.

‚Na schön. Du hast Recht. Komm mal mit.‘, sprach er und lief den Gang entlang, genau in die Richtung, in die ich nicht wollte.

‚Hab ich dir nicht gesagt, dass ich für deinen Blödsinn keine Zeit habe?‘

‚Ruhig Blut!‘, sagte er ruhig ohne mich anzusehen, ‚WIR haben alle Zeit der Welt.‘

Ich wusste zwar nicht was er vorhatte, aber wenn ich wegen ihm Ärger bekommen würde, dann wird er es demnächst schwer mit mir haben. Chris führte mich zu den Klassenräumen am Ende des Ganges.

‚So! Da wären wir.‘

‚Ja, und? Darf ich dich erinnern, dass dieser Raum, vor dem wir gerade stehen, abgeschlossen ist?‘

Er antwortete nicht, sondern grinste nur frech, dann legte er seine Hand auf die Klinke der Tür. Mit einem leisen Klick machte das Schloss deutlich, dass es nun offen war. Ich war verblüfft und erwartete sehnsüchtig, was Chris mir zu sagen hatte. Als wir den Raum betreten hatten, schloss sich die Tür hinter uns selbständig.

Chris setzte sich auf den Lehrertisch und ich nahm auf einem gegenüberliegenden Tisch Platz und sah ihm fest in die Augen.

‚Fang‘ an!‘, befahl ich.

‚OK!‘, erwiderte er erneut mit einem Grinsen, ‚Da du inzwischen die ganze Geschichte um mich und Aréas – entschuldige, ich meine »Patrick« – kennst, wird es einfacher. Ich muss dir sagen, dass ich nicht sehr erfreut darüber bin, dass ihr zusammen seid, aber vorerst kann ich nichts dagegen tun. Ich habe nämlich herausgefunden wie du mir vor einiger Zeit schwer zusetzen konntest und dieses Wissen hält mich davon ab mich zwischen euch zu stellen. Soll ich dir das Geheimnis verraten?... Gut, ich mach's. Es ist eine der stärksten psychischen Mächte, die es gibt: die Liebe. Du hast Patrick schon geliebt bevor ihr euch das erste Mal gesehen habt. Diese Liebe hat dich damals im Park beschützt, obwohl du nur ein Mensch bist. Natürlich wird dieser Schutz allein durch deine Verbindung zu Patrick erreicht. Ein Mensch ist nicht dazu in der Lage »Wunder« zu vollbringen, aber mit Patrick, der es kann, konntest du deine Gefühle stärken und umwandeln, zu meinem Pech. Doch schützt dich das nicht immer!‘

Er hüpfte vom Tisch und kam langsam näher, ich war wie gelähmt. War es sein Werk oder wollte ich nicht weg? Als er ganz dicht an mir angelangt war, berührte er mit seiner Hand meine Wange. Es war eine zarte, schöne Berührung und zum ersten Mal empfand ich nichts schlechtes ihm gegenüber.

‚Wie du sehen kannst, passiert jetzt nichts, denn du wirst nur von der Bosheit geschützt. Begegne ich dir mit Hass, Hinterlist, Argwohn oder Hintergedanken, dann bist du sicher. Wenn ich aber...‘, er machte eine Pause und streichelte meine Wangen, wobei ich die Auge schloss und mich gehen ließ, ‚einfühlsam zu dir bin, geschieht uns beiden nichts.‘

Da ich die Augen nicht wieder aufgemacht hatte, konnte ich nicht sehen, was er tat, doch plötzlich spürte ich seine Lippen auf den Meinen. Sie waren weich und geschmeidig und der Kuss raubte mir die Sinne, mich zu wehren brächte nichts, dachte ich, denn ich wollte es geschehen lassen. Wir küssten uns mit immer mehr Hingabe und ich hatte das Verlangen nach mehr. Er seinerseits umarmte mich und zog mich zu sich ran. Sein Körper fühlte sich stark an, doch er selbst war sehr sanft und warm. Meine Erregung wuchs mit jedem Augenblick und ich konnte durch unsere Position erraten, dass es ihm auch so ging.

Auf einmal trat er einen Schritt zurück und schwang schnell die Arme durch die Luft, worauf die Rollos der Fenster runter gelassen wurden, das Deckenlicht ging schwach an und verlieh dem Raum eine geheimnisvolle Atmosphäre. Ohne dass ich es wirklich wahrnahm, zog er mit die Klamotten vom Oberkörper aus. Dann begann er mich mit Küssen zu übersähen. Tiefer und tiefer wanderte er mit seinem Kopf und jede Berührung seiner Lippen ließ mich zusammenzucken. Dann hauchte er leicht und leise etwas an dem Reißverschluss meiner Hose und obwohl der Stoff dazwischen war, spürte ich es gänzlich. Als er sich auch von seiner Kleidung oberhalb befreit hatte, konnte ich ihn mit meinen eigenen Händen berühren und es war ein unbeschreibliches Gefühl.

Nachdem wir uns gegenseitig die Hosen ausgezogen hatten, schwang Chris erneut seine Arme und die Stühle flitzten an die Wände ran, während die Tische sich aneinander schoben um einen großen Tisch zu ergeben. Für mich war das eine Einladung mich hinzulegen. Die Tische waren ungewöhnlich warm und irgendwie weich, so dass sie fast eine Art Bett ergaben. Wir lagen beieinander und waren nur in Unterwäsche gehüllt, aber es dauerte nicht lange und auch diese fanden sich auf dem Boden wieder. Gänzlich nackt wie wir waren, machte die erotische Verführung des Anderen viel mehr Spaß und so merkte ich bald wie er mit seinen Lippen mein Glied liebkoste. Da ich ihm dieses Vergnügen nicht vorenthalten wollte, wechselten wir die Stellung und so hatten wir kurzerhand beide Oralsex.

Alles schien Stunden zu dauern und jede Sekunde bestand aus reiner Ekstase. Schließlich verlor ich die Beherrschung, bekam dafür aber einen Schönen Orgasmus und wurde kurz danach von Chris auf die gleiche Weise »belohnt«. Wir lagen noch lange zusammen da und ich vergaß alles um mich herum.

Irgendwann entschieden wir uns zu gehen und zogen uns an. Gerade als ich fertig war und nicht hinsah verschwand Chris. Er war ohne ein Wort gegangen. So blieb ich mit meinen Gedanken und unbeantworteten Fragen einsam zurück. Im gleichen Augenblick fanden die Möbel eigenständig ihre ursprünglichen Positionen und die Fenster ließen wieder das Tageslicht herein. Als ich den Raum verlassen hatte, schloss sich die Tür hinter mir. Ich stellte überrascht fest, dass nicht eine Sekunde vergangen war und begriff was er meinte als er sagte wir hätten alle Zeit der Welt. Kaum dass ich mich wieder auf dem Flur befand, nahm die Zeit ihren gewohnten Lauf, sonst passierte an diesem Tag nichts besonderes.

In der Gegenwart von Patrick kam ich mir nun immer schuldig vor, als ob ich etwas grauenvolles getan hatte. Ich habe es ihm auch erzählt, denn es war mir nicht möglich ihn zu belügen, dafür bedeutete er mir zuviel. Verständnisvoll nahm er es hin und meinte es sei nicht meine Schuld.

»Lothiass ist zu vielem in der Lage und dich zu betrügen ist für ihn ein Kinderspiel. Mach dir mal keine weiteren Gedanken darüber. Ich weiß doch, dass du dich niemals freiwillig mit ihm abgeben würdest.«, beruhigte er mich, doch ich war nicht sicher ob es stimmte was er sagte. Hätte ich mich je dazu entschlossen mit ihm zu schlafen, wenn er mich nicht beeinflußt hätte? Hat er mich überhaupt kontrolliert oder nicht?

Seit dem »Erlebnis« mit Chris war mir in die Nähe von Andrea sehr unpassend, weil ich nun vollkommen sicher war, dass nur Jungs mich wirklich glücklich machen konnten. Ich entschied mich ihr die ganze Wahrheit zu sagen. So geschah es dann am Anfang Dezember also doch noch. Es war an einem Wochenenden und ich war bei ihr, weil ich ihr etwas wichtiges zu sagen hatte.

»Andrea wir haben ein Problem!«, brachte ich direkt zur Sprache.

»Was meinst du? Es ist doch alles in Ordnung.«

»Ich meine unsere Beziehung.«

»Die läuft doch prima. Ich liebe dich auf jeden Fall und so wie es in der letzten Zeit lief, beruht es auf Gegenseitigkeit. Oder bist du anderer Meinung?«, sagte sie leichtem Zorn.

»Ich meine...«

»Was!?«

»Ich bin..«

»...fremdgegangen!? Stimmt's nicht? Wer ist sie?«

»Nein, falsch! Du irrst dich. Es ist ganz anders.«, versuchte ich sie zu besänftigen.

»Was dann? Sag‘ mir die Wahrheit und red‘ nicht um den heißen Brei.«

»Ich... weiß nicht wie ich es sagen soll, aber... ich befürchte, dass... es zwischen uns nicht mehr funktioniert. Ich meine... Ähm... wir sollten die Beziehung beenden... und nur gute Freunde bleiben.«

»Bitte? Mit welcher Begründung?«, fragte sie und glühte nun vor Zorn.

»Nun... ich habe in den letzten Wochen einige... neue Erfahrungen gesammelt und festgestellt, dass... ich eher auf Jungs stehe.«

»Du tust WAS!? Willst du damit sagen, dass...!?«

»Ich bin schwul. Genau das.«, bemerkte ich entschlossen und die einzige Reaktion von ihr war ein verwirrtes auflachen.

»Hab‘ ich richtig verstanden? Du hast in den letzten Wochen, während wir noch zusammen waren, nebenbei mit Jungs rumgemacht?«

»Nein!... Nicht ganz. Es hat sich alles einfach ergeben und... von da an waren wir nicht mehr richtig zusammen, auch wenn du es nicht wußtest.«

»Das ist einfach widerlich. Wie lange treibst du dieses doppelte Spiel mit mir?«

»Wenn ich recht überlege«, sagte ich, »noch vor dem ersten Schultag. Damals habe ich dir gesagt, dass ich mich in letzter Zeit nicht gut fühle und du warst der Meinung, dass es nicht so wichtig sei.«

»Und wer ist der Glückliche, wenn ich fragen darf?«

»Das geht dich gar nichts an! Du musst nicht alles wissen und so wie du dich aufführst, hast du es auch nicht anders verdient!«

»Es ist sehr wohl auch mein Problem, schließlich hast du mich die ganze Zeit belogen und betrogen. Spuck's aus! Das bist du mir schuldig.«

»Es ist... Patrick!«

»Ich wußte es! Dieses Arschloch! Und ich fand ihn auch noch so nett! Dieser Perversling hat dich höchstwahrscheinlich zu all dem verleitet, oder?«

»Hör‘ auf so über ihn zu reden! Er hat dir nichts getan und er hat mich nie zu etwas gezwungen. Meine Gefühle sind nun mal einfach entstanden und sie werden nicht verschwinden! Wenn es dir nicht passt, dann sag es mir oder halt den Mund!«

»Schön, wenn du's so haben willst!... VERSCHWINDEN aus diesem Haus und wage es nie wieder einen Fuß über die Türschwelle zu setzen!!! Verpiss‘ dich du DRECKIGE SAU!!!«, schrie sie und ich begriff, dass man nicht mehr ruhig mit ihr reden konnte.

Ich verließ sofort das Zimmer, doch bevor ich ganz ausgetreten war, blieb ich stehen und sagte ohne mich umzudrehen: »Leb‘ wohl Andrea!«

Das war also mein »Gespräch« mit meiner ehemaligen Freundin und ich konnte nur hoffen, dass sie mir noch etwas Zeit lässt, bevor sie es allen in der Schule erzählt. Doch so wie sie sich benommen hatte, konnte ich nicht damit rechnen.

Als ich daraufhin zu Hause ankam, war ich stinksauer und schmiss zuerst die Haustür heftig ins Schloß. Meine Mutter trat in den Flur und wollte gerade fragen, was es mit meinem Verhalten auf sich hatte, doch als sie mir ins Gesicht sah überlegte sie es sich anders und verschwand wieder im Wohnzimmer.

Im meine Zimmer angelangt, begann ich umgehend die Sachen zusammen zu räumen, die mich an Andrea erinnerten. Dabei ging ich nicht gerade sanft vor, denn alles was mit dieser widerwärtigen »Person« in Zusammenhang stand, wollte ich zerstören. Da waren Briefe, Fotos, Geschenke, Plüschtiere, Klamotten, CD's usw. Mir war es egal ob ich einige der Dinge später vermissen würde oder ob sie noch sehr nützlich waren. Meine Wut machte mich absolut blind. Erst als ich mich an einem Glasscherbe schnitt, kam ich wieder zur Vernunft. Es handelte sich dabei um die Glasscheibe eines Bilderrahmens. Er war binnen Sekunden in meiner Hand zersprungen, denn in meiner Wut hatte ich ihn ein wenig zu fest gepackt. In dem Rahmen befand sich ein Foto von uns beiden, dass in den letzten Sommerferien gemacht worden war. Wir verbrachten unseren Urlaub in Frankreich und wir waren glücklich. Zum ersten Mal seit unseres Streits fing ich an mich schlecht zu fühlen. Ich begann zu weinen und wünschte mir mehr denn je jemanden, den ich liebe, in meiner Nähe zu haben, doch ich war allein. Die Zeit verging rasend, aber ich saß trotzdem geknickt da, meine Hand blutete und ich weinte bittere Tränen. Irgendwann kam meine Mum ins Zimmer und kümmerte sich um mich. An weitere Geschehnisse dieses Tages konnte ich mich nicht mehr erinnern.

Das Wochenende verging und eine neue Woche brach an. Es war ein ungewisser Montag, als ich aufwachte und ein leises Gefühl des Unbehagens beschlich mich. Auch wenn ich es nicht wollte, so musste ich mich irgendwann doch meiner Angst stellen.

In der Schule angekommen, wurden meine schlimmsten Befürchtungen Wirklichkeit. Andrea schien eine ganze Ecke früher angekommen zu sein, als ich und hatte allen die »neue, frohe« Botschaft verkündet. Ob diese Leute mich kannten oder nicht, war ihr dabei völlig schnuppe, Hauptsache die Menge hat jemanden, den sie wie Dreck behandeln und über den sie lästern kann. In solchen Momenten werden Freunde zu Feinden, treue Anhänger zu argen Verrätern, nur um nicht aus der Gruppe ausgeschlossen zu werden, anders zu wirken oder gar für jemanden, der schon anders ist, Partei zu ergreifen. Viel die ich kannte distanzierten sich von mir oder ignorierten mich. Andere waren direkt und beschimpften mich, während sich andere wiederum einfach lustig machten. Selten sah ich an diesem Tag jemanden, dessen Augen mir Mitgefühl (kein Mitleid) und wahre Freundschaft entgegenbrachten und selbst wenn, dann schwiegen sie, um nicht in die Sache Verwickelt zu werden. Mir ging es schrecklich und darüber hinaus. Oft stellte ich mir die Frage, wieso die »ach-so-moderne« Gesellschaft so intolerant war.

Der Schultag verlief - den Umständen entsprechend- eher ruhig ab, denn ich wurde zwar beschimpft, rumgeschubst, verachtet, blöd angeguckt, ignoriert und fertig gemacht, aber geschlagen wurde ich nicht, zumindest noch(!) nicht.

Ich verließ als aller Erster die Schule und machte mich eilig auf den Heimweg. Ein riesiger Wunsch Patrick wiederzusehen packte mich bald und ich eilte um so mehr. Aus irgend einem Grund nahm ich erneut den Weg durch den Park. Wahrscheinlich hoffte ich ihn dort zu treffen! Ich begann zu rennen.

Der Park war wieder leer und obwohl außer mir niemand da war, spürte ich die Anwesenheit von jemandem oder etwas! Ich wurde langsam nervös und bekam Angst. Aus tiefer Verzweiflung bildete ich mir ein, dass es Patrick sein konnte, der sich versteckt um mir einen Streich zu spielen.

»Patrick? Patrick! Wenn du es bist, dann komm raus, es ist nicht lustig.«, rief ich und drehte mich in alle Richtungen, weil ich ihn erwartete.

»Patrick komm her sofort!«, Stille, meine Angst wuchs auf unerklärliche Weise, »PAATRICK!!! Du sollst erscheinen! Du hast gesagt, wenn ich dich brauche soll ich nach dir rufen und nun ist es soweit!!!... ICH BITTE DICH!!! Lass mich nicht allein.«

Die letzten Worte flüsterte ich mehr zu mir, als dass ich sie herausschrie. Heulen war das einzige was ich in diesem Augenblick tun konnte. Mit jeder Träne verlor ich die Kontrolle über mich, fühlte mich schwach, mein Geist war gebrochen, mein Körper schwach. Wie ein schwerer Sack fiel ich auf alle Viere zu Boden. Ich begann mit der rechten Faust gegen die harte, kalte Erde zu schlagen, mit jedem Schlag setzte ich mehr Kraft ein, doch der Schmerz, die Verzweiflung und Die Einsamkeit stiegen ebenfalls.

»Warum!? Warum lässt du mich jetzt im Stich!? Ausgerechnet jetzt, wo ich dich doch am meiste brauche! Wo bist du!?«, brüllte ich mit zusammengekniffenen Augen mitten im Park am hellichten Tag, »Hast du mich vergessen!? Bin ich dir egal!? Hasst du mich!?«

Niemand antwortete und meine Tränen nahmen mich langsam den Atem. Ich war wütend. Wütend auf mich, meine Dummheit, mein Leben und alles um mich herum. Ich verfluchte mein Schicksal und bereute es auf der Welt zu sein, verdammt das zu sein was ich bin: ‚Eine elende **********!‘, wie es ein paar Mitschüler ausdrücken würden.

»VERDAMMT NOCH MAL!!! PAAAATRIIIIICK WOOOOO BIIIST DUUU!!!«, schrie ich gegen den Himmel mit aller Kraft.

Von einem Moment auf den Anderen verlor ich das Bewußtsein und als ich wieder aufwachte befand ich mich immer noch im Park, aber es war bereits dunkel geworden. Eine schattenhafte Gestalt stand vor mir. Viel erkennen konnte ich nicht, denn ich war noch sehr benebelt.

»Bist du endlich aufgewacht?«, fragte eine bekannte Stimme, »Ich hätte dir ja gerne geholfen, aber du hast so süß ausgesehen, als du geschlafen hast. Übrigens: Wenn du ein «schwaches Herz» hast, solltest du nicht so krampfhaft schreien. Das bekommt dir nicht gut.«

»Ch... ris... was ist... passiert?«, schnaufte ich hervor, während ich mich mit Mühe aufrichtete.

»Kurz gesagt: Du hast nach deinem Liebsten gerufen, weil du Angst hattest und dann bist du umgekippt. Ich hätte dir nicht so einen großen Schrecken einjagen sollen. Aber wer hätte gedacht, dass ausgerechnet du sowenig verträgst.«

»Du hast...«

»Ja, Ich habe ein bißchen mit den Bäumen gespielt!«

»Hast du auch...?«

»Nein! Die Sache zwischen dir und deiner Freundin ist dein Werk gewesen. Ehrlich! Du kannst mich schlecht für alle deine Probleme verantwortlich machen. Auch in deiner Schule habe ich nicht rumgepfuscht! Jeder Einzelne hat eigenständig gehandelt und dich provoziert. Die Menschen können sooo grausam sein; ich musste diese Lektion auch schon auf die Harte Tour lernen.«

»Weißt du wo Patrick ist?«, fragte ich, als ich wieder einigermaßen wieder zu Kräften gekommen war.

»Natürlich!«

»Sag‘ es mir sofort!«

»Selbst wenn ich es dir sage, so wird es dir nicht weiter helfen. Er befindet sich an einem Ort, den du nicht erreichen kannst.«

»Wie bitte? Ich verstehe nicht.«

»Es ist eigentlich ganz einfach!«, grinste er, »Aréas befindet sich in einer ganz anderen Dimension. Einer Welt der reinen Leere. Dort herrscht weder Chaos noch Ordnung, es gibt weder Licht noch Schatten, Alles und Nichts sind gleichermaßen vorhanden. Es ist ein Universum, in dem alles vernichtet wird, was nicht in der Lage ist sich eigene «Naturgesetze» zu schaffen.«

»Aber was wird aus Pa... Aréas?«

»Er und ich... WIR können dort aufgrund unserer Kräfte mühelos überleben. Mit unseren Mächten steht uns die Möglichkeit offen die Leere zu überwinden und ungehindert weiter zu existieren.«

»Schön für dich!«; knurrte ich, »Bring‘ mich zu ihm!«

»Keine Angst! Das hatte ich sowieso vor. Wir haben noch ein Hühnchen miteinander zu rupfen und die Leere wäre der ideale Ort um dies zu tun!« Er packte mich plötzlich so fest am Arm, dass es enorm schmerzte. Wind zog auf und es wurde um uns kalt. Ich konnte schon bald meine Augen nicht mehr offen halten. Als ich sie wieder öffnete fühlte ich mich seltsam.

Die gesamte Umgebung war pechschwarz und doch war es mir möglich zu sehen, auch wenn es nichts war. Es gab weder Umrisse, noch andere Anzeichen, dass hier je etwas existiert hat oder existieren wird und dennoch hatte diese unendliche Leere eine gewisse Tiefe. Ich fühlte mich leicht und schwer zugleich, das heißt: Ich war mir im Klaren, dass ich ein Gewicht hatte, doch war es nicht mehr spürbar, dennoch war ich nicht schwerelos, vielmehr »hing« ich in der Leere ohne in eine Richtung zu fallen oder mich hingezogen zu fühlen. Egal wie ich mich drehte und wendete, es erschien mir immer die richtige Haltung zu sein und nie kam mir das Gefühl, ich würde auf dem Kopf stehen. Wenn ich sprach, wußte ich was ich sagte und in meinen Ohren fanden sich die Worte wieder, aber meine Stimme schien meine Kehle überhaupt nicht zu verlassen. Jeder Atemzug fühlte sich normal an, auch wenn keine Luft da war, die ich hätte einatmen können. Auf der anderen Seite gab es auf kein Vakuum, das mich auseinander reißen könnte. Insgesamt wirkte diese Welt auf mich verwirrend und ...

»Faszinierend1 Nicht wahr?«, sprach Chris, der aus dem Nichts auftauchte, »Willkommen in der Dimension der Leere. Du wirst gemerkt haben, dass viele Gesetze, die du kennst hier nicht gelten, andere wieder gelten, weil du sie hergebracht hast oder du sie dir erdacht hast. Zum Beispiel die Fähigkeit mich zu sehen: Normaler Weise kann man ohne Licht nichts sehen und hier ist es nicht vorhanden. Ohne Licht kann man auch nicht beurteilen was Dunkelheit ist. Du hingegen schufst dir die Fähigkeit selbst ohne Licht sehen zu können und du ließest alles in Dunkelheit versinken, weil das deine Vorstellung von dem endlosen Nichts ist, Verstehst du?«

Mehr oder weniger verstand ich tatsächlich was er meinte, doch sicher war ich mir nicht.

»Wieso bin ich noch hier? Sagtest du nicht, die Leere würde alles verschlingen, was nicht in der Lage sei sie und ihre Gesetze zu umgehen?«

»Stellst du dich gerade dumm? Denk etwas nach! Wenn du noch hier bist, kann das nur bedeuten, dass du diese besondere Fähigkeit hast.«

»Gut und was sollen wir nun hier und wo ist Patrick?«

»Ihn findest du zu deiner Rechten, sieh genau hin.«

Ich versuchte etwas zu erkennen, doch da war nichts. Dann wünschte ich mir innig Patrick zu sehen und strengte mich etwas mehr an, worauf er tatsächlich erschien. Es sah so aus, als wäre er an einer Mauer gekettet, doch eine Mauer gab es nicht und Ketten schon gar nicht. Sein Körper hing dennoch leblos da, er bereitete mir Sorgen.

»Was hast du ihm angetan?«, schrie ich und kochte innerlich.

»Ich habe ihn schlafen lassen! Er wird solange nicht erwachen, bis wir fertig sind.«

»Womit?«

»Habe ich vergessen es dir zu sagen? Ups! Sorry, ehrlich! Hör zu: du wurdest von mir hergebracht, damit wir endgültig entscheiden wer künftig zu Aréas bzw. Patrick gehören wird.«

»Und wie soll das ablaufen? Mit Armdrücken?«

»Scherzkeks. Nein! Wir werden kämpfen, denn wir beide verfügen über ähnliche Fähigkeiten und in dieser Welt sind wir beide nicht durch die Naturgesetze eingeschränkt. Hier ist sogar ein schwächlicher, kleiner Mensch in der Lage Großes zu vollbringen, wenn er es richtig anfängt.«

»Was passiert mit dem Verlierer?«, wollte ich wissen, die Sache war mir nicht geheuer.

»Wir kämpfen bis einer von uns keine Kraft mehr hat. Wenn es dann soweit sein sollte, wird der Verlierer zu schwach sein, um sich gegen die zerstörerische Leere zu wehren, und wird einfach ausgelöscht!«

»das ist absolut grausam! Da mache ich nicht mit. Vergiss es!«

»Tja, ändern kannst du es nicht und ich lasse dich nicht mehr weggehen. Los wehr‘ dich!«, sprach er und flog mir auf einmal mit ausgestreckter Faust blitzschnell entgegen. Rechtzeitig schaffte ich es noch meine Arme schützend vors Gesicht zu stellen, bevor ich die unheimliche Wucht der Aufpralls zu spüren bekam.

Die Energie, die der Schlag freisetzte, schleuderte mich unfreiwillig weg, mein Flug und seine extreme Geschwindigkeit wollte auch kein Ende nehmen. Ich fragte mich, wie lange ich wie ein geschleuderter Ball duch die Leere sausen würde.

‚Werde ich je zum Stillstand kommen?‘, war mein letzter Gedanke, bis mir die rettende Lösung kam, ‚Er hatte gesagt: Alles, was man sich erdenkt, wird hier wahr. Demnach müsste...‘

Wie durch Zauberhand blieb ich stehen und hatte nun auch den Dreh raus, aber bevor ich mich freuen konnte, vernahm ich einen heftigen Schmerz in meinem Kreuz.

»Du solltest dich in Acht nehmen! Ich kann überall auftauchen!«, sprach Lothiass hinter mir, kurz bevor er mich auf eine neue, ungewollte Reise schickte. An seiner Stimme konnte ich erkennen, dass ich es nicht mehr mir Chris zutun hatte, sondern mit seinem wahren Ich.

Allerdings war ich nun vorbereitet und auch wenn der Schlag unerwartet kam, so hatte ich noch ein As im Ärmel. Da ich durch den Tritt in eine nicht annehmbare, ungeschützte, liegende Position geraten war, kümmerte ich mich durch eine schnelle Vorwärtsrolle drum und gleichzeitig drehte ich mich wie eine Schraube, um zum Schluß in die Richtung zu Blicken, aus der ich gekommen war. Viel Zeit hatte ich für meinen Plan nicht, denn er folgte mir, ich musste mich beeilen. Ich streckte Arme und Beine vom Körper weg, richtete meine Augen auf mein Ziel und wartete.

»Komm‘ endlich her oder hast du Angst vor mir?«, provozierte ich ihn. Er nährte sich mir.

Die erwartete Reaktion blieb nicht lang aus: »Du wirst gleich erfahren wer von uns Angst habe sollte!!!«

‚Noch ein wenig näher!‘, dachte ich, ‚Ja, gleich!... JETZT!‘

»Erfreu‘ dich DARAN«

Kaum das die letzte Silbe ausgesprochen war, erstrahle ein gleißendes Licht zwischen uns, direkt vor seinen Augen. Während ich davon unberührt blieb, es erleuchtete mich nicht mal, blendete es ihn wie die Sonne und sorgte – so wie ich es wollte – dafür, dass es sich kurzfristig nicht mehr rühren konnte. Jetzt hatte ich genug Zeit mir eine Sichere Stelle zu suchen und mich zu verstecken, so gut es im puren Nichts möglich war.

»Du lernst schnell! Zugegeben – DAS habe ich nun wirklich nicht erwartet!!! Aber es hilft dir doch nicht! Aréas wird mir gehören!«, sprach er und nun wußte ich, dass er seinen Mund wieder bewegen konnte und der Rest würde auch folgen.

»Er gehört niemandem! Mir nicht und dir schon gar nicht! Verstehst du denn überhaupt, was ich sagen will?«

»Hör auf zu laben, mich interessiert dein Gequatsche nicht! Sei dir sicher, dass, wenn ich hier gleich weg kann, du etwas mehr zittern musst als bisher! «

»Schön, schön! Aber du solltest mich nicht vollkommen ignorieren, denn ich habe dir so einiges zu sagen.«, sprach ich und versuchte, mich für ihn unsichtbar zu machen, »Ich habe nie «Besitzanspruch» an Aréas gestellt, werde es nie tun, noch wäre es mir das wert zu sterben.«

»Willst du ihn beleidigen! Natürlich ist er es wert, dass man für ihn stirbt!!! Doch du liebst ihn nicht genug um das zu verstehen!«

Mit großen Anstrengungen befreite er sich von der Starre. Er sah sich einige male um und seine Wut stieg ins Unermessliche. Ich erkannte mittlerweile, dass seine Haar sich allmählich aufstellten, wie bei einer Katze. Seine Augen flackerten auf, als wäre er ein Tier, dass seine Beute jagt.

»Wo bist du? Wo hast du dich versteckt? Zeige dich! Du Feigling! Wieso kann ich dich nicht sehen?«

»Du bist blind! Die Wahrheit ist vor deinen Augen , aber du siehst sie nicht,«, antwortete ich, »sonst würdest du einsehen, dass der Tod eines von uns Aréas nur schaden würde. Es ist zwar schön zu wissen, dass du dich für ihn opfern würdest, aber das ist keine wahre Liebe, denn du missachtest seine Gefühle.«

»HALT'S MAUL!«, brüllte er, sein Kopf schmerzte scheinbar und er krallte sich an seinen Haaren fest, »Dir kann es doch eh egal sein! Mit uns beiden hast du nichts zu schaffen«

Er entspannte sich dann doch und begann, zu meiner Verwunderung, sich zu drehen. Wie ein wahnsinniger Kreisel, schwebte er dahin. Um ihn herum bildeten sich Ringe aus rotem, feurigem, hellem Licht. Man konnte die starke Energie spüren, die von ihnen ausging. Sie weiteten sich zunehmend, ich wusste nicht was mich erwartete. Sie nährten sich mir und als der »Kontakt« hergestellt war, verblasste mein Schutz und ich wurde wieder sichtbar.

»Ich hab dich gefunden!«, sprach er. Ich musste mir etwas einfallen lassen, sonst würde ich echt in Schwierigkeiten geraten.

‚Lass dir was einfallen. Streng dein Köpfchen an. MACH SCHON! DU MUSST PATRICK HELFEN!‘

Nur noch einige Sekunden und Lothiass würde mich das Fürchten lehren und das Einzige, was gut daran war, war die Tatsache, dass es zu schnell vorbei sein würde, als dass ich es mit bekommen würde.

‚Schnell?... SCHNELL! Das ist es. Ich muss nur... Konzentriere dich Felix!‘

Mit zusammengeballten Fäusten und geschlossenen Augen sammelte ich alle Energie, die ich zur Verfügung hatte. Gerade als Lothiass mir eine verpassen wollte, wich ich ihm aus und begann mit atemberaubender Schnelligkeit um ihn herumzulaufen. Ein Wirbel entstand und Lothiass verlor den Überblick, konnte nur noch dastehen und verblüfft zusehen. Der Wirbel unterbrach auf meinen gedachten Wunsch seine Bewegung und an seine Stelle traten zahlreiche Klone meiner selbst. Alle standen in einem Kreis um ihren gemeinsamen Rivalen, bewegten sich absolut synchron und blickten fest zum Mittelpunkt.

»Jetzt wirst du mir zuhören müssen!«, sprachen die Klone wie aus einem Munde.

»Für mich ist das kein Hindernis!«, lachte er, »Ich muss nur einen Weg finden deine billigen Kopien auszulöschen. Mit meinen Fähigkeiten wird das kein Problem .«

»Sei nicht so überzeugt von dir, das bekommt dir nicht gut.«

»Was meinst du damit?«

»Deine Kräfte sind mir bekannt, da ich oft von dir damit reingelegt wurde! Also habe ich sie in meinen kleinen Trick mit eingerechnet! Du wirst deine Mühe haben alle auf einmal ohne deine «Zauberei» verschwinden zu lassen:«

»Das glaube ich dir nicht! Das ist unmöglich! Du lügst!«

»Probiere es ruhig aus.«, grinste ich.

Er tat wie ihm befohlen wurde und ließ Blitze auf alle gleichzeitig herab, doch es geschah nichts.

»Siehst du. Ich lüge nicht. Wir befinden uns in einer ernsten Lage und Lügen bringen uns nicht weiter, also hörst du mir jetzt zu.«

»Nein! Schnauze!«, wehrte er sich und fing an nach jedem Klon zu treten Ein jeder, der getroffen wurde verschwand, aber zwei neue nahmen seinen Platz wieder ein. Je mehr da waren, desto schneller trat Lothiass zu und desto wütender wurde er.

»Chris!«, rief ich, »Ich liebe Patrick und du liebst Aréas, das lässt sich nicht ändern. Ebenso lässt es sich nicht ändern, dass es sich um eine Person handelt. Allein die Beziehung zwischen dir und mir lässt sich noch ändern, zum Guten hoffe ich. Kämpfen, Hass und Tod helfen uns nicht, denn es geht um die Liebe und die lässt sich nicht erobern. Einzig und allein Patrick bzw. Aréas kann entscheiden wen er liebt und wer nur sein Freund sein muss. Mir persönlich ist beides willkommen! Natürlich hätte ich ihn gerne immer in meiner Nähe und würde mich an seiner Liebe erfreuen, aber wenn er sich jemals für dich entscheiden sollte, so wäre es auch in Ordnung!«

»LÜGNER! Elender Lügner! Du willst ihn mir wegnehmen! Du willst mich leiden sehen! Du willst das ich einsam bin! Nein, deinem Gerede kann ich nicht vertrauen! Du wirst auch Aréas verletzen, ihn betrügen und dann im Stich lassen, wo er dir doch alles erdenkliche für dich tun würde!«, meinte er und sagte dann ganz leise zu sich, »Genau wie ich alles für ihn.«

‚Daher weht der Wind.‘, grübelte ich, ‚Er liebt ihn wirklich, kann aber nicht ausdrücken was er fühlt – zumindest nicht so wie es sein sollte oder er sich das vorstellt.‘

»Vermutungen , die leider nicht richtig sind. Chris ich habe nun endlich verstanden was deine Sorge ist! ...«

»Sei ruhig! Du hast doch keine Ahnung!«, schrie er mir entgegen. Die Schläge und Tritte, die er austeilte brachten immer mehr Doppelgänger hervor. Inzwischen waren es Tausende und Lothiass verließ die Kraft.

»... Du bist verwirrt, stimmt's!? Deine Gefühle verursachen ein inneres Chaos und du hast weder Kontrolle, noch Ahnung wie du sie verarbeiten sollst. Seit dem Tag, als Aréas in deinen Armen starb, geriet alles in dir ins Schwanken. Du warst zornig und dein Hass machte dich unsicher, wühlte deine Emotionen noch mehr auf. Durch das ganze Böse, dem du auf deiner ganzen Reise begegnet bist, konntest du dich nicht mehr so ausdrücken wie du es wolltest, da der Hass dann Schmerzen in dir erzeugte. Diese Schmerzen erinnerten dich daran, dass du von der Liebe verletzt wurdest. Und als du dann Aréas erneut sahst, bekamst du Angst. Angst dich wieder zu verlieben, verletzt zu werden und ihn noch ein Mal zu verlieren. Deine Angst wurde zu Unsicherheit, sogar Wahnsinn. Du wolltest eine Lösung finden, aber das Böse in dir, das sich gesammelt hatte, ließ dich glauben, dass mein Tod der einzige Weg wäre mit Aréas glücklich zu werden. ...«

»Lass mich in Ruhe! Ich will das nicht hören!«

»... Schließlich wurde es noch schlimmer! Patrick lernte mich kennen und verliebte sich in mich. Wieder mal dachtest du, dass du ihn verlierst, an mich. ...«

»Ja, alles ich deine Schuld!!!«

»... Falsch! Niemand trägt die Schuld. Deine Zweifel und die Bosheit führten dich auf die falsche Bahn, du verlorst dein wahres Ziel: Eine Lösung für dein Gefühlschaos zu finden. Dabei ist es so einfach! ...«

»Woher willst du das wissen! Du hast ... ...«

»... RECHT!«, beendete ich seinen Satz

»Ja, aber...«, stammelte er. Sein Blick wurde glasig, er ließ seine Arme hängen, die Schulten sinken.

»All die Jahre, die du hier auf der Suche verbracht hast, haben dir wenig gebracht. Du erfuhrst nur, dass die Menschen leichter ihre Gefühle äußern können und du gabst den Regeln eurer Welt die Schuld dafür, dass du dazu nicht in der Lage warst. Die Lösung war jedoch IMMER greifbar nahe...«

»Was!? ... Was ist es? Sag es mir bitte.«, flehte er. Seine Stimme zitterte und er war psychisch am Ende.

Noch konnte ich es ihm nicht sagen – etwas fehlte noch. Ich musste warten, so sehr es mir auch schwerfiel ihn ansehe zu müssen, denn er war mitleiderregend hilflos.

...

»Hilf mir, bitte.«, bettelte er mitleidig.

...

»Komm schon. Lass mich nicht im Stich.«, er sprach fester.

...

»Rück mit der Sprache raus!«, brachte er Zornig heraus.

...

»VERDAMMT!!! Ich bringe dich um wenn du es mir nicht SOFORT verrätst!!! WAS ist das Geheimnis!!!«, brüllte er, seine Augen glühten, sein Gesicht war verzerrt, er jagte mir Angst ein, aber ich musste standhaft bleiben.

...

»AAAARRRRR«, stieß er hervor. Es war ein Schmerzensschrei, aber die Stimme klang, wie die eines Monsters: Wild, knurren, kalt, bitter, »Quäl‘ mich nicht!... Es schmerzt!... Hilf mir...!«

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