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Disco on 2007

Teil 1

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Informationen

Vorwort

Diese Geschichte ist frei erfunden. Sie hat keinerlei Bezug zum Autor. Oder doch?

 

Die Musik dröhnte noch im Ohr, als ich aus der Disco ging. Geile Mucke, eigentlich. Aber wieder 70€, die im Liberty blieben. Hatte sich aber gelohnt. Zwei Typen angetanzt, zwei flachgelegt.

„Schlampe“, schrie mich plötzlich Marc an. Ihn hatte ich eben noch in der Toilette genagelt.

Ich drehte mich nicht mal um, steckte mir eine Zigarette an, stieg in mein altes, kleines, weißes Auto und fuhr Richtung Haustür. Er hatte wohl viel mehr in die Sache reininterpretiert. Für ihn war es das erste Mal. Für mich war es EIN Mal. Und ein zweites würde es nicht geben.

Auf der Kreuzung Schillerstraße/Bonner Allee kamen mir einige Plakate entgegen.

Machs mit

Kondome schützen

Auf jede Gurke anwendbar

Wieder diese dämliche Anti-Aids-Kampagne. Ich würde eh nie ohne Gummi ficken. Was da unten im Liberty rum läuft, war der letzte Abschaum. Aber Abschaum müsste man keine großen Gefühle vormachen. Zumal bleibt ein Loch ein Loch. Auch wenn es ein billiges war.

Oft wollten die Typen nicht mehr als was trinken oder einfach nur hören: Deine Augen hauen mich um. Dann hatte ich auch schon gewonnen und nur in den seltensten Fällen kam es nicht zum Fick.

„Warst du wieder im Liberty?“, fragte mich Nicklas, mein schwuler Mitbewohner, als ich in die Tür rein kam. Ich gab ihm einen Kuss auf die Wange und knallte mich aufs Sofa, griff nach der Fernbedienung und aß ein paar Chips, die von Nicks Geburtstag noch auf dem Couchtisch standen. „So geht das nicht weiter, Philipp. Ich mache mir jedes Mal Gedanken, wenn du cruisen gehst. Das hast du doch gar nicht nötig. Seit Leons Tod bist du so. Warum?“

Ich schwieg. Was sollte ich da auch nun sagen? Dass bei mir alles toll ist und ich einfach nur meinen Schwanz in die anderen Typen stecke, damit es mir besser geht, um den Tod zu verarbeiten?

Leon war mittlerweile 8 Monate tot. Er fehlte mir. Wenn ich mit den Scheißschwuppen aus der Disco fickte, dann bedeuteten sie mir nichts. Es war keine Liebe, kein Empfinden, kein Gefühl. Es machte nicht mal wirklich Spaß. Aber in dem Moment, wo ich sie fickte, war ich dennoch zufrieden.

„Nicklas, kümmere dich um deinen Kram. Ich bin 21. Mit wem ich vögel, geht nur mich etwas an!“ Er verstand es und ging beleidigt in sein Zimmer. Mir tat es irgendwie Leid, denn immerhin hatte er bloß Angst um mich. Er und Leon waren ebenfalls befreundet gewesen. Beide hatten sich aus der Schule gekannt. Ich kannte Nick von meinem Bruder. Und über Nick hatte ich wiederum Leon kennen gelernt. Er fühlte sich immer schon wie ein Beschützer.

Ich ging zu seiner Zimmertür, klopfte an und ging hinein. „Das hatte ich eben nicht so gemeint. Morgen bleib ich bei dir und wir machen uns einen schönen Abend, okay?“

Er knurrte mich an: „Ja ok. Aber warum nimmst mich nie mit ins Liberty?“

Ich war überrascht. Was wollte Nick denn dort? Es war bestimmt kein Ort für einen so sensiblen Kerl wie ihn. Aber ich dachte mir nichts weiter. „Ok, dann gehen wir morgen Abend tanzen. Ich muss nun schlafen, es ist schon nach 3 Uhr. Bis morgen, schlaf gut.“

Ich ging ins Bett, konnte aber nicht schlafen. Mir gingen einige Gedanken durch den Kopf. Irgendwann schnarchte ich aber dann doch. Ich fiel immer dann in den Schlaf, wenn ich es nicht mehr kontrollieren konnte. Von jetzt auf gleich.

Von jetzt auf gleich… Genauso könnte man Leons Tod beschreiben.

Wir waren im Urlaub. An der Nordsee. Ich weiß noch, es war der Tag an dem wir aus St. Peter-Ording wieder kamen. Der Tag war schön. Leon wollte in unserem Wohnmobil, das wir uns zusammengespart hatten, etwas kochen. Ich sollte draußen bleiben, es war ja eine Überraschung. Ich wusste aber, dass er mir Wiener Schnitzel machen wollte. Ich liebe Schnitzel.

Ich lief über den Campingplatz. In der Zeit, wo er kochte, schaute ich mir den See an, an dem wir campten. Ein großer Teich. Kein richtiger See, aber mit klarem Wasser und schönen Stegen und künstlichem Ministrand. Ein schöner Ort, um mit seinem Freund die Ferien zu verbringen. Ich hatte zwei Wochen frei, die Versicherung, in der ich arbeitete, ließ die Überstunden nur abbauen, keine Auszahlung. So konnte ich allein mit Überstunden vier Tage Urlaub machen. Leon war Student und hatte weniger Probleme, sich frei zu nehmen. Die drei Monate Semesterferien waren wie geschaffen, um an die Nordsee zu fahren und zu campen.

Ich ging zurück zum Wohnmobil. Aber was ich sehen sollte, werde ich nie mehr vergessen. Ich betrat den Innenraum und sah Leon tot auf dem Boden liegen. Verzweifelt versuchte ich die Wiederbeatmung, rief Krankenwagen und andere Camper um Hilfe. Aber es war zu spät.

Der Notarzt sagte mir, dass Leon einen allergischen Schock erlitten habe. Eine Wespe stach ihn während des Kochens. Er hatte den Stich wohl kaum wahrgenommen. Innerhalb von wenigen Sekunden setzte die Lähmung von Armen und Beinen, dann die der Atmung ein.


Der Wecker klingelte und machte mich wach. Widerwillig stand ich auf und ging unter die Dusche. Plötzlich stand Nick vor mir, ich war nackt. „Philipp, schau mal. Ich habe Post vom Gericht bekommen. Was bedeutet das?“

Ich las den Brief durch. „Du hast geerbt. Dein Onkel Johannes ist gestorben.“ „Onkel Johannes?“ Nicklas sah mich entsetzt und fragend an. Er kannte keinen Onkel Johannes. Weder sein Vater noch seine Mutter hatten einen Bruder namens Johannes. „Ok, dann geh einfach zum Notar. Da regelt sich alles. Vielleicht bist du ja jetzt Millionär und kannst dann endlich mal dafür sorgen, dass wir 'ne Küche mit ganzer Zeile bekommen.“ Wir beide lachten. Nun bemerkte Nick auch, dass ich nackt war. Noch nie hatten wir uns darüber Gedanken gemacht, immerhin kannten wir uns schon ewig und hatten uns öfter freizügig gesehen. „Heute ist ein schöner Tag“, sagte er und blickte auf meinen halbsteifen Pullermann. „Raus, du Ferkel“, lachte ich und Nick grinste mich an.

„Wann wollen wir denn heute Abend gehen?“, fragte er mich. „Ich komme um 18 Uhr von der Arbeit. Will mich dann noch stylen und zurecht machen. Was hältst du von 20 Uhr?“ Er nickte und schmierte sich ein Butterbrot für die Uni.

Im Büro war es heiß wie Sau und den ganzen Tag kamen nur Schadensmeldungen. Ich war genervt. In der Mittagspause hatte ich keinen Hunger und machte durch. Dafür wollte ich früher gehen. Aber ich verließ erst gegen 17.30 Uhr das Büro. Genauso wie immer. Ich hielt unterwegs noch schnell bei 'nem Burger-Restaurant an und schob mir einen Cheeseburger und 'ne Coke rein. Mein Abendessen war von je her spartanisch.

„Hallo Schatz“, begrüßte ich Nick, gab ihm einen Kuss, zog die Schuhe aus und setzte mich aufs Sofa. „Du Hase, die Szene… Was sollte das?“ fragte mich Nick mit erstarrtem Gesichtsausdruck. Ich hatte nicht an ihn, sondern an Leon gedacht, als ich rein kam. „Oh sorry, kommt nie wieder vor“, entschuldigte ich mich. Machte mich dann auch schon fertig.

Im Liberty zahlte Nick mir den Eintritt. „Danke, ich revanchiere mich gleich!“, sagte ich. „Ist schon okay. Ich gehe so selten weg und zudem wohne ich zu einem Spottpreis bei dir. Woanders könnte ich mir das nicht so leisten.“ Nick zahlte 100€ an mich. Eigentlich ein Spottpreis für eine solche Stadt. Ich wollte auch bloß nicht alleine sein und Nick brauchte ein Zimmer. Zudem tat uns beiden das Zusammenwohnen gut. Er war wie ein Bruder für mich und sorgte dafür, dass mein Alltag geregelt war. Er kochte, putzte und ging Einkaufen. Und ich, ich brachte das Geld nach Hause. Papa und Mama eben. Es fehlte nur noch das Kind. Dann hätte ich eine Familie gehabt…

„Zwei Cola, bitte!“ sagte ich und gab eine an meinen Kumpel. „Laut hier“, fiel ihm auf. „Ja, aber nur wenn man versucht, der Musik zuzuhören…!“

„Wie meinst du denn das?“ fragte er mich verwirrt. „Schau dich mal um!“

Auf der Tanzfläche ging es zu wie in einem billigen Porno. Kaum einer war alleine am Tanzen. Die Typen hatten alle ihren „Partner“ im Arm oder waren am Knutschen. Man sah auch deutlich, wie viele auf „Toilette“ verschwanden.

„Machst du das auch so?“, giftete mich Nicklas an. Ich sah zu ihm und grinste breit. „Ach Phil, was soll da nur aus dir werden. Bla bla bla…“ Ich hörte ihm schon nicht mehr zu. Inzwischen kam Toto, Thorsten Jinx, der Traum von einem Boy, ins Liberty. Er sah zu mir und nickte fragend. Es sagte: Willst du mich jetzt und hier? Und ja, ich wollte ihn jetzt und hier. Ich ging auf ihn zu und tanzte mit ihm.

Plötzlich stand Nick neben mir und schlug ab. „Herr Philipp, wenn du nicht mal einen Abend auf dein Rumgeficke verzichten kannst, dann kann ich ja auch gehen, schönen Abend!“

„Wer ist denn die kleine Zicke?“ fragte Toto in einem völlig schwuchteligen Ton. Es war das erste Mal, dass ich seine Stimme hörte. Sie klang ätzend. Ich wollte gerade was sagen, da fuhr Nicklas ihn an: „Ich schlafe mit ihm, ficke aber nicht mit ihm. Ich koche und putze für ihn, bekomme aber kein Geld, ich lebe mit ihm, bin aber nicht sein Freund! Ich bin aber nicht deine kleine Zicke, du Schwuchtel!“

Das hatte gesessen. Die Musik wurde plötzlich leise. So hatte noch nie einer mit Toto gesprochen und schon gar nicht in diesem Ton. Man spürte die Majestätsverletzung tief in Thorstens Gesicht. „Äh ähh ähhh…“, stammelte er nur noch rum, doch Nicklas holte zum zweiten Schlag aus: „Sei still und geh spielen, du Mädchen. Bist du 'ne Muschi.“

Jetzt hatte er Toto nicht nur beleidigt, sondern gedemütigt. Ich selbst war auch baff. Nick wollte gerade das Liberty verlassen und ich ihm folgen, da fiel mir ein: Du musst ja noch Toto ficken. Der stand aber wie angewurzelt auf der Tanzfläche und sagte kein Wort mehr.

Ich hin zu Thorsten, flüsterte ihm noch schnell was ins Ohr, von wegen: „Nächstes Wochenende holen wir es nach!“, legte einen Blauen für die Getränke auf die Theke und folgte Nick aus dem Lib.

Er war wütend. Richtig sauer.

„Was fährst du hier für einen Film?“ Nicklas guckte mich zornig an, holte viel Luft und schrie:

„Du bist voll der letzte Wichser, Phil. Nur weil es dir schlecht geht, kannst du nicht einfach übersehen, dass alle um dich rum für dich da sind. Aber wenn du für jemand anderen als für dich da sein sollst, dann geht das nicht. Ich wäre doch da drin vergammelt. Und zudem tut es mir weh, wie du da diese billigen Ficknummern abschleppst. Egal, ob du den Typen geil findest. Ich liebe dich immerhin…“

LIEBE?

Nick liebte mich? Hatte ich das richtig gehört? Oder war das wieder ein Satz, den man ungewollt dazu hörte?

„Hast du gerade gesagt, du liebst mich?“ „Ja, du Flachwichser… Das tu ich. Sehr sogar. Aber gegen deine Billigficks wirke ich so bedeutungslos. Komm, geh schon wieder rein und bums dir das Hirn aus dem Kopf. Was würde Leon dazu sagen? Du bist so ein Versager. Du bist der einzige Mensch, der seinen Freund betrügt, selbst wenn er tot ist.“

Die Worte trafen mich, hart, unfair und direkt. Ich wurde zornig und wütend. Ich holte aus und schlug ihm auf die Nase. Er fiel zu Boden. Dann fing seine Nase an zu bluten. Ich beugte mich nach unten, denn im selben Moment tat es mir schon leid. Doch er…

Nachwort

Tja, bis hier her und nicht weiter. Wie es weitergeht, erfahrt ihr im 2. Teil. Wann der veröffentlicht wird? Das liegt an meiner Zeit. Bitte drängt mich nicht dazu, mich mit der Fortsetzung zu beeilen, lasst euch soviel gesagt sein: Phil und Nicklas werden noch einmal ins Liberty gehen :)

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