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Sehnsucht

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Vorwort:

Liebe Leser, ich bin absoluter Schreiber-Neuling und hoffe, dass ihr etwas Nachsicht mit mir habt. Die ganze Geschichte ist eine TrueStory, die sich genau so abgespielt hat. Einzig die Namen sind geändert.

 

Der Sommer geht zu Ende. Vor allem sind drei Wochen Urlaub vorbei, in dem man doch ein bisschen relaxen und sich etwas Erholung gönnen konnte. Trotzdem ist morgen ein Montag und somit früh aufstehen und zur Arbeit gehen angesagt. Irgendwie hab ich überhaupt keinen Bock, vor allem weil sich der Alltag sofort wieder einstellt und der Sinn dieser Wiederholung nicht erkennbar ist. Wie auch immer, rauskommen kann ich aus diesem Rad zumindest nicht und stelle den Wecker auf 7:00 Uhr. Wenigstens gibt es Mittwoch eine kleine Abwechslung von einer ganz normalen Woche, in Form eines Außendienstes. Da bei einem Kunden eine Neuinstallation und eine Reparatur anstehen, habe ich mich bereit erklärt, meinen Kollegen aus Deutschland zu helfen. Da ich den Techniker schon kenne und wir uns gut verstehen, wird einem der Kundentermin etwas verschönert. So ganz lief das aber nicht, zwei Tage vor dem Termin bekomme ich die Info, dass ein anderer Techniker kommen würde, ein Herr Maurer. Na ganz toll..... Ich glaube den auch schon mal bei einer Technikerschulung in Deutschland gesehen zu haben. Naja, ich sehe vor Augen einen etwa 45-Jährigen, bärtigen, korpulenten Typen, der mir nicht besonders sympathisch in Erinnerung ist. Was soll‘s, absagen kann ich jetzt auch nicht mehr und wäre auch unkollegial von mir. Mit den gleichen Gedanken sehe ich mit einem halb offenen Auge Mittwoch früh auf den Wecker und erschlage diesen fast, um endlich dieses Gepiepe loszuwerden. Noch kurz umgedreht und noch paar Minuten im Bett gelegen, na gut, es waren dann doch eher 20 Minuten, also aufstehen, schnell noch unter die Dusche und bald ein passendes T-Shirt finden, welches zur Hose passt, und ab in den morgendlichen Schwerverkehr. Vorher noch schnell tanken und ein Sandwich besorgen. Durch das ganze Herumgebrodle eh schon wieder viel zu spät dran, versuche ich etwas Zeit auf der Autobahn wettzumachen, mit dem Erfolg eines drei Kilometer Staus vor der Nase. Immerhin regnet es nicht und die Sonne scheint, was die Stimmung etwas hebt, und das Radio spielt lautstark coole Songs. Nach über dreistündiger Fahrt endlich am Ziel angekommen, noch schnell einen Parkplatz suchen und schauen wo der Herr Maurer steckt, ah, am Display ein Anruf in Abwesenheit von +49 384 ..... na wer das wohl sein kann. Grad beim Versuch eines Rückrufes, läutet das Handy von derselben Nummer.

"Hallo, ja bitte."

"Ähm hallo, Maurer hier, ich wäre schon da und wollte fragen, wann Sie ankommen."

"Eigentlich bin ich schon da, 50 Meter vom Haupteingang."

"Ah, da stehe ich auch gerade, dann wart ich auf Sie."

Noch kann ich niemanden ausmachen, der meiner Erinnerung entspricht, dafür fällt mir ein süßer Typ so Anfang 20 mit hellblauem Polospieler, schwarzer Jeans und Skaterschuhen unter den Leuten auf, der irgendwie unbeholfen dasteht und irgendetwas in seiner Hosentasche kramt. Warum auch immer geh ich genau auf diesen Typen zu, kurz vor ihm bleibe ich stehen und sage: "Herr Maurer?", und der süße Typ sagt: "Ja". Welch freudige Überraschung, meine Stimmung hebt sich schlagartig und er sieht mich verdutzt an und meint, dass er sich noch schnell in der Cafeteria etwas zu trinken holen möchte. Da er nicht weiß, wo diese ist, gehen wir kurzentschlossen gemeinsam hin. Erstmals kann ich ihn, als er bei der Kasse ansteht, genauer mustern. Man, der ist wirklich süß, sehr süß. Mit Werkzeugkoffer bewaffnet gehen wir in Richtung Gebäude E, um unsere Reparaturen anzufangen, spät genug ist es eh schon und ein Hotelzimmer hab ich nicht gebucht, da ein halber Tag eigentlich ausreichen müsste, um fertig zu werden. Erst mal Licht in den Raum bringen, Werkzeug herrichten und Notebook hochfahren, schon legen wir los und fangen mit den Reparaturarbeiten an. Es ist wahnsinnig schwer, sich auf seine Arbeit zu konzentrieren, wenn man ständig seine Augen und Gedanken ganz woanders hat, aber der Typ fesselt mich total und ich kann einfach nicht anders. So fallen meine Blicke immer wieder auf ihn und ich finde es extrem süß, wenn seine Zunge ein bisschen zwischen seinen Lippen zu sehen ist, wenn er sich konzentriert. Ja ok, klingt vielleicht seltsam, aber genau diese Kleinigkeiten machen mich verrückt. Ich muss raus hier, eine rauchen und für einen Moment alleine sein, um einen klaren Gedanken zu fassen. Ständig entdecke ich Neues, das mir an ihm gefällt, es sind teilweise sehr kleine Dinge, die man aber bei der engen Zusammenarbeit oft nur wenige Zentimeter entfernt entdecken kann. Dem aber nicht genug, ab und zu berühren sich unsere Hände und man kann fast ein Kribbeln in den Fingern spüren. Deo hat er keines drauf, aber sein Geruch wirkt trotzdem oder gerade deswegen betörend und macht mich völlig irre, wie ein Rennpferd in der Startbox kurz vor dem Startschuss. Es heißt ja, zwischen zwei Menschen muss die Chemie stimmen, anders ist das alles nicht erklärbar. Vielleicht nicht jedermanns Traumboy, aber für mich stimmt einfach alles. Er ist ein bisschen größer als ich, so 185 groß, hellbraunes Haar, normale Figur und irre süß. Könnte er auf so Typen wie mich stehen, habe zwar kein Waschbrettbauch, dennoch sportlich und mein mittlerweile jahrelanges Krafttraining könnte sich ruhig auch mal bezahlt machen. An der Zeit wäre es, mir ein bisschen Glück verdient zu haben. Die letzten Jahre tendierte mein Beziehungsparameter gegen Null. Träume, wenn ich nur an sein Lächeln denke, seine ganze Art einfach, sein ganzes Wesen. Beim Kramen im Werkzeugkoffer schiebt sich sein Poloshirt ein Stückchen hinauf und ein kleines Stück Haut seines Rückens wird freigegeben. Es ist eigentlich absurd, doch liebe ich jetzt schon jeden Quadratzentimeter von ihm. Das geht den halben Vormittag so und inzwischen ist es schon zwei Uhr Nachmittag und fertig sind wir noch lange nicht, dafür macht sich der Hunger bemerkbar. Eigentlich hab ich überhaupt keinen Hunger, aber er sicher, also biete ich ihm mein halbes Sandwich an und er nimmt es dankend an. Juhu, er frisst mir aus der Hand, na wenn das so einfach wäre. Nach der kurzen Pause machen wir weiter, und Problem A ist repariert, da geht B nicht mehr und wir sind schon wieder am Demontieren. So geht das bis zum Abend und mich stört es interessanterweise nicht, hier eventuell die ganze Nacht zu verbringen. Zu guter Letzt taucht noch ein Softwareproblem auf, welches auch mittels telefonischen Supports nicht in den Griff zu bekommen ist. Dabei beobachte ich ihn natürlich beim Telefonieren und überlege, was ich bloß machen soll. Wie soll man es anstellen, ihm näher zu kommen, herauszufinden ob er überhaupt auf Jungs steht, tausend Gedanken, die einen beschäftigen. Bin kurz davor, hier und jetzt über ihn herzufallen. Ruhig bleiben, nachdenken, überlegen, er fährt doch erst morgen zurück, also wird er heute noch im Hotel übernachten hmmmm.....Ein Abendessen wird er mir doch nicht abschlagen, ein paar private Worte wechseln und vielleicht ja doch irgendwie.......... So, Softwareproblem ist nur mit Bugfix zu lösen und das haben wir nicht dabei. Weiter können wir nichts mehr tun und beschließen Feierabend zu machen. Räumen noch schnell das Werkzeug weg und frage ihn, ober er nicht Lust auf ein Abendessen hätte. Und schon schlendern wir durch die Stadt auf der Suche nach einem netten Biergarten, der sich sogar nach längerer Wanderung finden ließ. Zwei Bier bitte, ah das tut jetzt gut. Wir sitzen gemütlich gegenüber und genießen den herrlichen Spätsommerabend. Endlich kann ich ungehemmt in seine Augen sehen, in denen man versinken und nie wieder auftauchen möchte. Jede Sekunde, die vergeht, zieht mich näher an ihn. Der Rest der Welt existiert nicht mehr und die Zeit scheint still zu stehen. Wir plaudern über alles Mögliche und Unmögliche und es wird Zeit, die wirklich interessanten Fragen zu stellen. Er ist viel mehr unterwegs im Außendienst als ich, ergo nie einfach mit Familie, Kinder, Freundin, Freund!? unter einen Hut zu bringen. Nach dieser Frage kam auch schon die Antwort, die man nicht hören möchte, er hat eine Freundin. NEIN BITTE NICHT, ich will das gar nicht gehört haben. Der Funken Chance, dass es anders ist, ist damit weggeblasen und das Gerüst der Hoffnung bricht in sich zusammen. War das nicht zu erwarten? Ja war es und trotzdem ist es deshalb kein bisschen einfacher, mit der Realität umzugehen. Die Enttäuschung ist groß, aber auch nicht zu ändern. Es ist nun mal so, dass es viel mehr Heteros auf der Welt gibt und die Chancen eher gering sind. Diese nüchterne Erkenntnis bringt weder ein bisschen Trost, noch macht sie den Wunsch nach einem Happyend geringer. Das mit der Chemie ist ja auch so eine Sache, müssen nicht beide Stoffe zueinander passen? Wieso passt seiner so zu mir, aber meiner nicht zu ihm? Weshalb so ausgeklügelte Systeme, wenn sie dann ohnehin nicht funktionieren. Ein bisschen plauderten wir noch, tranken dann aus und bezahlten und für mich wurde es Zeit, heimzufahren. Er fragte mich noch, ob ich auch im Hotel übernachten würde, das ich dann verneinte, aber tun hätte können. Ich wollte nur mehr weg von hier, jede Minute länger hätte alles nur noch schlimmer gemacht. Also verabschiedeten wir uns und ich machte mich auf den Weg nach Hause. Weit bin ich nicht gekommen, da bereute ich es schon, nicht doch dageblieben zu sein. Wer weiß, stimmt das mit der Freundin und selbst wenn, könnte er auch bi sein oder vielleicht hat er noch nicht entdeckt, dass er schwul ist. Fuck, der Punkt ist wieder da, an dem man es drehen und wenden kann wie man will und das Ergebnis mehr als unzufrieden stellend ist. War diese Entscheidung richtig oder nicht, gibt man zu schnell auf oder nicht, wo liegt der Fehler? Das ist leider kein Problem, das mit einer Reparatur zu lösen ist. Am Navi kann ich ablesen, wie schnell ich mich von ihm entferne, Kilometer um Kilometer und es tut weh. Wäre es anders gelaufen, wäre es dann besser? Eine tolle Nacht und dann? Knapp 900 km würden uns trennen, aber spielt das wirklich eine Rolle? Wieso wollte er wissen, ob ich auch im Hotel übernachte? Krampfhafte Versuche, die Gefühle logisch zu bewältigen, scheitern, aber schneller als sie gedacht sind. Bin kurz davor, ihm eine eindeutige SMS zuschreiben, lasse den Gedanken aber wieder fallen. Im Radio dudelt irgendetwas Sentimentales, mir steckt ein Kloß im Hals, kann nur mehr flach atmen und die Gedanken drehen sich im Kreis. War er jetzt der Auslöser, geht es wirklich um ihn oder ist es nicht mehr die Sehnsucht nach Zärtlichkeit, Geborgenheit und körperlicher Wärme, jemandem etwas zu bedeuten, jemandem nahe zu sein. Bin ich deshalb so schnell aus der Bahn zu werfen, würden andere das wesentlich cooler sehen als ich? Es wird dunkel, völlig unkonzentriert auf der Autobahn unterwegs stecke ich mir die nächste Zigarette an, die Gefühle von Liebe und Schmerz vermischen sich zu etwas Undefinierbarem. Könnte jemanden anrufen, bin mir aber nicht sicher, ob ich jetzt Kommentare dazu hören möchte. Ich fühle mich wie eine Wüste, die nach Wasser lechzt und nur darauf wartet, dass es endlich regnet um zu leben. Selten, aber doch, kommen sogar dunkle Regenwolken, nur ziehen diese bis auf wenige Tropfen einfach vorüber. 3:17 Uhr. Mittlerweile bin ich zu Hause, schreibe seit Stunden an dieser Story oder Tragödie, wie auch immer man das nennen soll, um das Erlebte etwas zu verarbeiten. Es hat eben nicht sein sollen und so bleibt nur der Traum, die Sehnsucht irgendwann wahr werden zu lassen.

Nachwort:

Ich hoffe, dass diese Story, auch wenn es kein Happyend gibt, irgendwen berührt und etwas mit mir fühlen kann. Falls es etwas gibt, das ihr mir sagen oder erzählen wollt, bitte macht es, würde mich darüber sehr freuen. Vielleicht ist ja auch die eine oder andere Lebensweisheit dabei, die den Alltag erträglicher macht.

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