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Regenbogenfamilie

Teil 105 - Ein fast ruhiger Sonntag

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Informationen

 

Der Samstag begann wie jeder andere Samstag, an dem alle zuhause waren. Da nur Thomas und ich früher aufgestanden waren, frühstückten wir ohne die Jungs. Ich war für neun Uhr dreißig mit Eberhard in meinem Büro verabredet, was für mich bedeutete, dass ich meine wichtigsten Verpflichtungen im Haushalt größtenteils vorher erledigen musste.

Überpünktlich war ich kurz vor neun Uhr dreißig vor meinem Büro, wo bereits Benjamin auf mich wartet. Er fragte sofort, was mit Felix sei, der seine Teilnahme doch zugesagt habe. Ich meinte: „Felix wird vermutlich in Kürze hier auftauchen. Die Jungs sind erst kurz vor neun Uhr aufgestanden. Vermutlich wird er jetzt klären, wer seine samstäglichen Arbeiten im Haushalt übernimmt, beziehungsweise wer Dennis unterstützt. Ich bin mit Thomas bereits sehr früh aufgestanden. Wir haben unseren Teil so gut wie abgearbeitet, den Rest übernimmt Thomas für mich mit.“

Ich setzte mich an meinen Schreibtisch, startete mein Notebook und suchte die Präsentation über die Stiftung, die Felix, vor einigen Wochen, für unseren Besuch im Allgäu aktualisiert hatte. Ich sagte: „Benjamin, ich denke, wir sollten doch ins Besprechungszimmer gehen. Die Präsentation macht sich auf dem großen Bildschirm erheblich besser als nur am Notebook. Könntest du kurz die Getränkevorräte überprüfen und eventuell auffüllen? Ich schaue mal, ob ich Kaffee im Restaurant ordern kann.“

Benjamin meinte: „Peter, das ist nicht notwendig. Ich setze sofort eine große Kanne auf, bevor ich die alkoholfreien Getränke prüfe. So groß ist der Aufwand nicht für mich. Ich werde vorsichtshalber noch frische Tassen und Untertassen mitbringen. Wir sehen uns gleich im Besprechungszimmer.“

Ich schaute Benjamin kurz an und erwiderte: „Okay, ich werde dich nicht aufhalten. Bevor du loslegst, wie war gestern Abend euer Abendessen mit Noah, Simon und dessen Eltern?“

Benjamin grinste und erzählte: „Wir haben mit den beiden Jungs gemeinsam gekocht. Sie wollten Simons Eltern mit einem kompletten Menü überraschen. Das Essen war ein voller Erfolg. Bruno und Babsi wollten uns nicht glauben, dass die beiden Jungs gekocht haben und Bernhard und ich nur assistierend beiseite gestanden sind.

Wir sind nach dem Essen noch lange zusammengesessen und haben über alles Mögliche gesprochen. Gegen einundzwanzig Uhr gesellten sich mein Bruder Christian mit Ludwig zu unserer Runde hinzu. Es war bereits nach Mitternacht als endlich Ruhe einkehrte und alle ins Bett gingen.“

Ich meinte: „Haben sie euch erzählt, dass David und Tobias die Pfingstferien bei Simon in Landsberg und auf dem Campingplatz im Allgäu verbringen wollen?“

Benjamin sagte: „Davon haben die zwei Jungs gestern Abend gesprochen. Nur glauben wollten wir es nicht, bis Bruno bestätigte, dass das bereits beschlossene Sache für die Familie ist. Bruno erzählte, dass er an Ostern wegen Verpflichtungen nicht hätte mitkommen können, so dass die Entscheidung auf die Pfingstferien fiel. Ostern und die gesamten Sommerferien werden Simon und Noah hier am Gutshof verbringen, bis im September Simons Ausbildung beginnen wird.

Peter, ich bin nicht so überzeugt davon, dass der Plan der beiden Jungs ohne größere Probleme aufgehen wird. Ich hätte viel zu viel Angst davor, dass die beiden sich während dieser Zeit wieder in ihrem Schneckenhaus verkriechen könnten.“

Ich schaute Benjamin ernsthaft an und erklärte: „Diese Gefahr sehe ich nicht. Sie werden sich in dieser Zeit gegenseitig stützen, was verhindern wird, dass sie wieder abtauchen. Ich sehe eher Vorteile darin. Simons Eltern erhalten die Chance, den Wunsch-Lebensgefährten ihres Sohnes besser kennenzulernen. Dafür erhält Noah wiederum die Gelegenheit, die Eltern seines Partners näher kennenzulernen.“

Benjamin meinte, dass er jetzt doch schnellstens im Besprechungszimmer alles vorbereiten sollte, bevor Felix und Herr Vogler eintreffen würden. Er war kaum aus meinem Büro in die Kaffeeküche verschwunden, als Felix ins Büro eintrat. Prompt fragte er, ob Benjamin und Herr Vogler noch nicht eingetroffen sei, da es jetzt genau neun Uhr dreißig wäre.

Ich sagte: „Benjamin ist hier. Er kümmert sich um Kaffee und Getränke für die Besprechung im Konferenzraum. Du kannst dir inzwischen mein Notebook schnappen und ihn an den großen Monitor anschließen. Deine Präsentation macht sich auf dem Monitor sicher besser als auf dem kleinen Bildschirm des Notebooks. Ich denke, Eberhard wird vermutlich jeden Moment eintreffen.“

Felix schnappte sich mein Notebook und ging in den Konferenzraum. Das Telefon im Büro fing zu klingeln an und ich nahm das Gespräch entgegen. Ich hatte Alexandra in der Leitung, die mir mitteilte: „Herr Vogler will noch kurz frühstücken und anschließend zu dir ins Büro kommen. Scheint wohl gestern Abend sehr spät geworden zu sein, bis unsere Gäste ins Bett gekommen sind, da die ganze Familie nach seiner Aussage verschlafen hat. Gut, dass am Wochenende das Frühstücks-Buffet länger zur Verfügung steht, sonst hätte er jetzt ohne Frühstück bei dir erscheinen müssen.“

Ich bedankte mich bei Alexandra für die Information und verabschiedete mich von ihr. Dann stand ich auf, ging zu den beiden Jungs und erklärte: „Alexandra hat mich gerade informiert, dass unser Besucher erst in fünfzehn Minuten kommen wird, weil Familie Vogler verschlafen hat und Eberhard noch schnell frühstücken will. Also keine Hektik Jungs, wir haben noch viel Zeit.“

Benjamin meint: „Der Kaffee wird gleich durchgelaufen sein. Wenn er jetzt erst frühstückt, hätte ich vermutlich weniger Kaffee aufbrühen können. Ich werde kurz schauen, ob die Maschine durchgelaufen ist.“

Zwei Minuten später stand er mit zwei Thermoskannen im Konferenzraum und stellte sie auf dem Sideboard ab. Zur Unterscheidung stellte er je ein kleines Schild mit den Aufschriften Kaffee und heißes Wasser vor die jeweilige Kanne. Er nahm an meiner rechten Seite Platz, da Felix sich links von mir gesetzt hatte.

Ich erklärte den Jungs, dass wir zwei Besprechungspunkte hätten. Erstens die Stiftungsverwaltung und, als zweiten Punkt, bin ich Eberhard noch eine Erklärung schuldig, was im Allgäu abgelaufen ist in punkto des abgelehnten ersten Bebauungsplanes, und warum danach unser Architektenteam den Auftrag erhalten hat. Da ihr damals dabei gewesen seid, sollte euch die Geschichte bekannt sein, so dass ihr bei dem Teil des Gespräches nicht mehr anwesend zu sein braucht.“

Benjamin meinte: „Stimmt nicht ganz, wir haben Einiges mitbekommen. Aber was sich während der Besprechung zwischen dir, dem Chef des Campingplatzes und den Leuten von der Gemeinde ereignet hat und von dem Gespräch mit dem Architekten wissen wir so gut wie nichts. Wenn es dich nicht stört, würden wir uns deine Argumente doch anhören wollen.“

Ich erwiderte: „Wenn ihr euch die Geschichte anhören wollt spricht nichts dagegen, wenn ihr bei dem Teil unserer Gespräche als Zuhörer dabeisitzt.“

Mit fast zwanzig Minuten Verspätung hörten wir Eberhard im Flur auf mein Büro zugehen. Ich rief, er solle doch in den Konferenzraum kommen, dort würden wir ihn erwarten. Ich erklärte noch hinterher, der Konferenzraum liege schräg gegenüber von meinem Büro, er könne ihn nicht verfehlen.

Nach wenigen Sekunden stand er in der Tür und sagte: „Ich hoffe, man hat euch informiert, dass wir heute Morgen hoffnungslos verschlafen haben und ich noch kurz beim Frühstück war. Wir habe uns gestern Abend noch fast zwei Stunden mit unseren Jungs unterhalten, nachdem sie uns auf dem Weg ins Jugendhotel unmissverständlich erklärt haben, dass sie ihre Ausbildung bei euch in einem der vielen Unternehmen absolvieren wollen.

Was uns dabei am meisten geschockt hat, war ihre Aussage, dass, wenn es in diesem Jahr nicht mehr möglich sein sollte, sie eben im kommenden Jahr ihre Ausbildung anpeilen würden. Als Irina sie fragte, warum sie hier ihre Ausbildung unbedingt hier machen wollen, antwortete uns Marc, dass sie endlich selbstständiger werden wollen und das wäre bei uns nicht möglich.

Meine Frau und ich haben noch lange im Bett darüber gegrübelt, warum sie uns das unterstellt haben, wobei Irina die Vermutung geäußert hat, dass sie in uns so etwas wie Helikoptereltern sehen. Ich habe keine Ahnung, wie wir uns gegenüber unseren Jungs in so einem Fall verhalten sollen.“

Felix meinte: „Eberhard, bei mir zuhause war es ähnlich. Dort war es aber nur meine Mutter, die meine Schwester und mich ständig überwacht hat. Endgültig genug hatte ich ab dem Zeitpunkt, als meine Mutter meine Entscheidung einen kaufmännischen Beruf zu erlernen, zu kritisieren anfing und mir jeden Tag erklärte, dass ich studieren soll.

Meine Eltern haben ein Bestattungsunternehmen und sie sind lange davon ausgegangen, dass ich eines Tages das Unternehmen weiterführen solle. Ich hatte schon sehr früh erklärt, dass ich das nicht wolle. Erst sehr spät, als meine Schwester erklärte, dass sie gern Bestatterin werden will und das Familienunternehmen weiterführen will, fällte mein Vater die Entscheidung, dass sie ins Familienunternehmen einsteigen darf.

Seit rund zehn Monaten lebe ich jetzt bei Peter und Thomas im Gästezimmer, anfangs noch ohne meinen Dennis. Der Grund, warum ich von zuhause geflüchtet bin, weil ich konnte und wollte mir nicht mehr länger täglich die Vorwürfe meiner Mutter anhören, was ich meinem Vater bei meinem Auszug auch sehr deutlich gesagt habe.“

Eberhard schaute Felix lang und intensiv an, bevor er meinte: „Willst du mir damit sagen, dass auch nur ein Elternteil dafür verantwortlich sein kann? Wenn ich darüber nachdenke, befürchte ich, dass deine Andeutung den Nagel auf den Kopf treffen könnte. Ich bin beruflich so eingespannt, dass ich meine beiden Jungs in den letzten Jahren oft nur am Wochenende gesehen habe, da sie, wenn ich spätabends nach Hause gekommen bin, bereits im Bett lagen und schliefen.“

Ich erklärte: „Eberhard, so langsam ahne ich, warum sich deine Jungs bei ihrem Aufenthalt mit ihrer Schulklasse danebenbenommen haben. Diese fünf Tage im Schullandheim, die ohne jegliche Überwachung durch Irina abliefen, haben sie ausgenutzt. Sie waren davon ausgegangen, dass ihr nie erfahren werdet, was sie hier abgezogen haben.

Ihnen jetzt auf einen Schlag alle Freiheiten einzuräumen, wird ihre Einstellung dazu nicht von heute auf morgen verändern. Pubertät bedeutet, dass sich die Kids langsam körperlich in Erwachsene verwandeln, aber auch, dass sie anfangen, sich von ihren Eltern abzunabeln. Das war immer schon so. Und zu allen Zeiten gab es Eltern, die das nicht so einfach akzeptieren konnten.

Für mich war immer wichtig, dass meine Kinder in alle wichtigen Entscheidungen mit eingebunden werden. Denn wenn es auch ihre Entscheidung ist, fühlen sie sich in gewisser Weise ihren Alternativen verpflichtet. Ihr könnt versuchen, ihnen schrittweise mehr Verantwortung zu übertragen, damit sie sich langsam daran gewöhnen können. Das wird auch das Verhältnis zu ihnen wieder verbessern.

Ein erster großer Schritt wäre aus meiner Sicht, wenn eure Jungs neue Klamotten brauchen, dass nicht ihre Mutter diese besorgt, sondern die Jungs selbst im Laden einkaufen gehen und frei wählen können. Dass sie dabei übers Ziel hinausschießen kann durchaus vorkommen. Dem sollte man keine große Bedeutung beimessen. Wenn du jetzt wissen willst, warum ich gerade das anführe, kann ich dir nur erklären, so wie deine Jungs herumlaufen, waren sie beim Einkaufen ihrer Klamotten noch nie persönlich dabei.

Ich nehme da als Maßstab David, Tobias oder andere gleichaltrige Kids, die sich ganz andere Kleidungsstücke eingekauft haben. Vielleicht solltet ihr heute Nachmittag mit den Jungs ins Rosenheimer Einkaufszentrum fahren, ihnen zweihundert oder dreihundert Euro in die Hand drücken und sie zum Einkaufen losschicken. Ihr setzt euch inzwischen in ein kleines Café und gönnt euch einen ruhigen Nachmittag oder kauft für euch ein.“

Felix grinste und erklärte: „Peter, das erinnert mich an den ersten Einkauf von David und Tobias, wo ihr am Anfang beim Einkauf der festlichen Kleidung für eure Hochzeit dabei gewesen seid, und die Jungs beraten habt. Was sie am Ende ausgewählt haben, war dann ihre Entscheidung.

Du bist doch sicher der gleichen Meinung wie ich, dass das, was die Jungs ausgesucht hatten, ihnen manchen bewundernden Blick auf der Hochzeitsfeier eingebracht hat. Meist zwar eher von der Damenwelt, was die zwei aber überhaupt nicht gestört hat.“

Ich antwortete: „Ich denke wir sollten an dieser Stelle das Thema abbrechen, vor allem, weil wir höchstens Ratschläge geben können. Für die Umsetzung, oder einer Entscheidung den Jungs mehr Freiheiten einzuräumen sind wir nicht zuständig, dass ist die Aufgabe von Irina und Eberhard. Es sind ihre Jungs, nicht meine und auch nicht deine!

Unser erstes und wichtigstes Thema ist das Interesse von Eberhard an unserer Stiftung. Danach haben wir den gestern vertagten Punkt, Marktoberdorf, erster unglücklicher Bebauungsplan und Architektenwechsel. Felix, du hast die Präsentation erstellt. Ich denke, du solltest Eberhard alles Wichtige über die Stiftung vorstellen.“

Felix grinste, schnappte sich mein Notebook und startete die Präsentation. Wie immer, erklärte er souverän die Historie, die Ziele und unseren Weg bisher. Seine Präsentation und seine Ausführungen dauerten etwas mehr als eine halbe Stunde, da er auch die neuesten Entwickelungen zur Sprache brachte. Er endete mit der Aussage: „Peter, wir sollten die Präsentation demnächst wieder auf den neuesten Stand bringen.“

Eberhard sagte: „Felix, deine Präsentation zur Stiftung ist gelungen, auch wenn sie deiner Meinung nach nicht auf dem neuesten Stand ist. Ich wäre froh, wenn ich solche Mitarbeiter wie dich hätte, die ihre Ausarbeitung so sicher präsentieren. Vor allem dein historischer Überblick hat mich fasziniert. Du beschreibst darin, dass Peters Vater ursprünglich auf Mallorca damit begonnen hat und das zu einem späteren Zeitpunkt Peter und ein Gerhard Bauer eine deutsche Stiftung dazu gründeten.

Mit der Verschmelzung der beiden Stiftungen ist daraus eine internationale Stiftung geworden, die derzeit in Deutschland, Österreich und in Spanien arbeitet. Sehr gut herausgearbeitet ist der Teil, der eine Ausweitung auf andere Länder in Europa vorsieht. Euch fehlen dazu nur noch die notwendigen Mittel und entsprechende Objekte in den Ländern.

Was mir besonders wichtig erscheint, du hast alles so gut erklärt und beschrieben, dass ich dir noch nicht einmal ergänzende Fragen stellen kann. Peter kannst du mir erklären, wie du an so gute Mitarbeiter kommst?“

Ich erklärte: „Definitiv kann ich dir kein Rezept dafür geben. Eines kann ich dir jedoch sicher sagen, vieles hat mit dem Bereich Mitarbeiterführung zu tun. Ich versuche alle Mitarbeiter dahin zu bringen selbstständig zu arbeiten und eigene Entscheidungen zu treffen. Mit Felix hast du eines unserer Musterbeispiele vor dir. Er hat sich Anfang Juni letzten Jahres bei uns für einen Ausbildungsplatz beworben und das, genaugenommen reichlich spät, für eine am ersten September beginnende Ausbildung.

Am nächsten Morgen schleppte ich ihn mit nach München, wo wir mit der riesigen Erbschaft für die Stiftung überrascht wurden. Dabei trafen wir auf die Mitarbeiter der Immobilienverwaltung, die heuer im September auf den Gutshof umziehen. Eine Woche später fragte ich ihn, ob er sich die Organisation des Zeltlagers zutraue. Als er ja sagte, übertrug ich ihm diese Aufgabe, die er mit Bravour meisterte. Er hat, von Anfang an, bei mir gelernt eigene Entscheidungen zu treffen. Ich will nur gefragt werden wenn Probleme auftauchen, bei denen der Einzelne überfordert ist.“

Felix meinte: „Peter, im Großen und Ganzen stimme ich dir zu. Es gibt jedoch auch Situationen, in denen du aktiv eingreifst, wenn dir auffällt, dass etwas aus dem Ruder läuft oder uns durchgerutscht ist. Ich erinnere dich da nur an das Zeltlager, wo dir als erster auffiel, dass alle Kids mit ihren Smartphones angereist sind, wir aber keinerlei Möglichkeiten anbieten, wo die Kids ihre Geräte aufladen können.

Noch am gleichen Abend hast du uns zusammengetrommelt und gemeinsam haben wir nach einer Lösung gesucht, die möglichst kurzfristig umgesetzt werden kann. Für zweihundertfünfzig Kids sollte die Möglichkeit bestehen über Nacht ihre Smartphones aufzuladen. Das WLAN hatte die IT-Abteilung so großzügig erweitert, dass datentechnisch keine Engpässe auftreten konnten.

Eine mögliche Lösung hatte Bernhard nach kurzer Zeit ausgearbeitet. Was noch fehlte war, am Wochenende die Technik aufzutreiben, die dazu benötigt wird. Dir fiel ein, dass du die private Nummer unseres IT-Lieferanten hast und hast bei ihm angefragt, wie schnell er entsprechendes Equipment beschaffen und liefern könne. Er prüfte seine Bestände und meinte, er habe zehn Fünffach-USB-Ladestationen auf Lager, die er uns am Sonntag liefern könne.

Die restlichen vierzig Stück könnte er bis Montag liefern, da beim Großhändler genügend auf Lager sei. Zumindest ab Montagabend hätten damit alle die Möglichkeit erhalten ihre Smartphones täglich aufzuladen, sofern in jedem Zelt zwei Ladestationen stehen würden. Mit Hilfe von Alejandro und einigen Zeltlagerteilnehmern wurde für jedes der fünfundzwanzig Zelte ein Ablagebord für die Smartphones gebaut.

Die am frühen Sonntagvormittag angelieferten Ladestation wurden zuerst im Büro des Aufenthaltszeltes aufgebaut und ab Mittag konnten die Kids ihre Handys zum Laden abgeben. Mit freiwilligen Helfern aus den Reihen der Kids, sowie Bernhard, Benjamin, Dennis und mir wurden alle Smartphones bis zum späten Abend aufgeladen. Ab Montagnachmittag konnten die Smartphones in den jeweiligen Zelten aufgeladen werden.

Ein weiterer Punkt ist die Ausbildungsabteilung. Als dir Mitte September auffiel, dass in der Personalabteilung und in den einzelnen Firmen absolutes Chaos herrschte, hast du den Bereich neu organisiert und die zentrale Ausbildungsabteilung geschaffen, die im Gutshaus angesiedelt ist.“

Eberhard schaute mich an und erklärte: „Von deiner Art Mitarbeiter zu führen, habe ich bisher nichts gehört. Das, was Felix gerade erklärt hat, hört sich für mich schwer risikobehaftet an. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich so das Unternehmen führen könnte.“

Ich grinste und sagte: „Keineswegs, ist nicht schwerer risikobehaftet wie jede andere Form. Mir gibt es Freiräume, mich auf die wichtigen Entscheidungen zu konzentrieren. Das funktioniert seit fast drei Jahren zu meiner vollen Zufriedenheit. Wie gesagt, wenn ich das Gefühl habe, da könnte etwas schief gehen, schaue ich mir alles genauer an und greife notfalls ein.

Ich bemerke sowohl bei den Mitarbeitern, aber auch bei Außenstehenden, wenn bei ihnen etwas im privaten Bereich nicht stimmt. Gero ist so ein Fall. Da fiel mir auf, dass bei ihm etwas nicht stimmt. In einem Gespräch im Beisein von Holger erzählte er von seinem Problem. Gero hat die ihm angebotene Hilfe in Anspruch genommen und deshalb lebt er jetzt am Gutshof. Er hätte mit seinem Bruder auch in ein Kinderheim gehen können.

Ich weiß nicht, woher ich diese Fähigkeit habe. Aber sie hilft mir bei der Führung des Unternehmens, so wie ich es dir geschildert habe. Um auf unser späteres Thema zurückzukommen, auch da hatte ich bei dem mir vorgelegten Bebauungsplan ein komisches Gefühl. Alles weitere dazu nachher.

Du hast gesagt, du hast keine Fragen, nach dem ausführlichen Vortrag von Felix. Mich würde interessieren, warum du überhaupt mit uns darüber sprechen wolltest.“

Mir fiel auf, dass Eberhard schwer mit sich kämpfte, bevor er sich dazu entschloss zu erklären: „Peter, ich will ehrlich sein. Die Stiftung hat mich schon interessiert. Aber ich war eher neugierig und wollte zum einen den Mann kennenlernen, dem wir den ausgezeichneten Bebauungsplan verdanken, zum anderen war ich nach den Andeutungen von Herrn Sandmeier neugierig, warum die Gemeinde den Architekten gewechselt hat und warum dieser Schritt vollzogen wurde.

Diese Frage wollten mir weder Herr Sandmeier vom Bauamt, noch der Bürgermeister, Herr Schaffelhuber, beantworten. Mit meinen Versuchen von anderen Mitarbeitern des Bauamtes Hinweise zu bekommen, bin ich hoffnungslos gescheitert. Meine letzte Hoffnung war ein Herr Maurer von der Stiftungsverwaltung, der aus Sicht der Gemeinde, den Anstoß gegeben hat, dass neu geplant wurde. Ich habe die Stiftung vorgeschoben, um schnell einen Termin bei dir zu bekommen.“

Ich antwortete: „Sehr gut, dass du dich durchringen konntest, uns deine wahren Beweggründe zu erklären, warum du so schnell einen Termin bei mir haben wolltest. Verraten hat dich auf alle Fälle dein Zögern, dass mir gezeigt hat, dass hinter deiner Anfrage mehr stecken könnte. Vor allem, nachdem du keine Fragen zum Vortrag von Felix hattest.“

Er lachte und antwortete: „Peter, ich hatte im Grunde genommen keine andere Wahl mehr. Nachdem ich wusste, dass du, wie man so schön sagt, den Braten riechen könntest, wenn dir die Unwahrheit gesagt wird. Vermutlich hättest du entschieden, mir den Vorgang eben so wenig zu erklären, wie die Stadtverwaltung von Marktoberdorf.“

Ich erwiderte: „Hätte ich vermutlich. Da steckt meines Erachtens mehr dahinter, als du uns bisher gesagt hast, das sagt mir zumindest mein Gefühl. Ich erwarte deshalb von dir, dass du mir alles ehrlich offenlegst, wenn du die ganze Geschichte von mir erfahren hast.

Ich gehe davon aus, dass wir das Thema Stiftung und Stiftungsverwaltung damit abschließen können. Wenn alle der gleichen Meinung sind, können wir den Teil unseres Meetings als abgeschlossen betrachten und uns dem Thema „neue Erstellung eines Bebauungsplans für das Grundstück östlich des Camping- und Ferienhausparks“ widmen.“

Ich schaute in die Runde. Von meinen beiden Mitarbeitern der Stiftung erwartete ich keine Reaktion. Eberhard antwortete: „Wenn wir die Zeit dazu haben, kannst du bitte auch erklären, warum ihr überhaupt damit in Berührung gekommen seid und wie eure Pläne für das Projekt entstanden sind. Vielleicht verstehe ich dann, warum ihr euch so stark engagiert habt.“

Ich erzählte: „Mit dem Camping- und Ferienhauspark sind wir in Berührung gekommen, weil Robert und seine Frau, die derzeitigen Eigentümer, langfristig ein Nachfolgeproblem hatten. Robert rief bei uns an und erklärte Ludwig, einem unserer Mitarbeiter der Stiftung, wie er auf uns gekommen sei, weil er von unserem großen Zeltlager im Gutshof erfahren habe. Er will uns den Platz anbieten, damit wir auf einer großen freien Fläche des Grundstücks jedes Jahr ein Zeltlager veranstalten könnten.

Im Stiftungsrat fiel die Entscheidung, dass wir uns das zumindest anschauen sollten. Ablehnen konnten wir immer noch, wenn das Grundstück nicht als geeignet erschien. Wir sind als dreizehnköpfige Gruppe angereist, die auch entsprechend von uns avisiert wurde. Mit dabei war Gerhard, Mitglied des Aufsichtsrats der Stiftung mit seiner Gattin. Hinzu kamen meine beiden Adoptivsöhne, die bei der Besichtigung des Hotels an der Ostsee gute Arbeit geleistet hatte. Mitgenommen haben wir je zwei Mitarbeiter der IT und vom Handwerksbetrieb. Weiter gehörten drei Mitarbeiter der Stiftungsverwaltung dazu. Ergänzend kam noch Christian dazu, ein Auszubildender vom Gartenbaubetrieb, wegen der Außenanlagen.

Wir reisten am Freitagnachmittag an und konnten uns noch am ersten Tag einen ersten Eindruck von der gesamten Anlage machen. Am Samstagvormittag führte Robert eine kleine Gruppe offiziell übers Gelände, Unsere Handwerker hatten von mir den Auftrag erhalten, sämtliche festen Gebäude zu begutachten, vor allem aber die sanitären Anlagen unter die Lupe zu nehmen.

Unsere Mitarbeiter der IT trafen sich mit Herrn Fischer, der bisher die IT-technischen Anlagen des Campingplatzes betreut und erhielten alle Informationen, die für die Anbindung an unser IT-System notwendig waren. Der Rest konnte sich entweder uns anschließen oder auf eigene Faust losziehen, wofür sich Einige auch entschieden haben.

Mittags setzten wir uns zusammen und mit den Informationen, die sich angesammelt hatten, fiel die Entscheidung, dass wir das Projekt Allgäu angehen sollten. Ich hatte vorher bereits Robert gebeten, ein Treffen mit dem Bürgermeister zu arrangieren um abzuklären, was machbar wäre.

Im Rahmen der am Nachmittag veranstalteten Mitarbeiterversammlung, wo wir unsere Pläne vorstellten, erklärte Robert, dass der Bürgermeister um einen dringlichen Termin gebeten habe. Warum wussten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Nach der Mitarbeiterversammlung trafen wir uns mit dem Bürgermeister und zwei Mitarbeitern des Bauamtes. Dort berichtete er von den Plänen, östlich des Campingplatzes ein größeres Neubaugebiet auszuweisen, und dass der Architekt in einer Stunde hier wäre, um uns die Planung vorzustellen.

Korbinian zeigte mir einen verkleinerten Plan des Neubaugebietes und als ich mir das zu Gemüt führen durfte, habe ich den Gemeindemitarbeitern erklärt, dass aus meiner Sicht der gesamte Plan nur auf Profitgier basiert. Als ich ihnen erklärte warum und wieso, kam nur die Frage, woher ich mich so gut mit Bauplänen auskennen würde. Gerhard, unser Vorsitzender des Aufsichtsrats erklärte, dass die Stiftung und der Gutshof Immobilien im Wert von mehr als einer halben Milliarde verwalten würden und daher die guten Kenntnisse stammen.

Ich durfte erklären, was ich bei so einer Planung alles anders machen würde. Immer noch, ohne zu viel Details unserer Planung zu verraten. Beim Zusammentreffen mit dem Architekten und seinen beiden Mitarbeitern, durfte ich erklären, was ich an der Planung auszusetzen hätte und unsere Vorstellungen dazu erläutern. Irgendwann stellte ich die Frage, ob der vom Architekten geplante massive Gebäuderiegel nicht auf der anderen Straßenseite stehen könne.

Das lehnte der Architekt vehement ab. Als der Bürgermeister fragte, warum das nicht möglich sei, fing der Architekt zu stottern an, was mich erst recht stutzig machte. Ich erklärte, dass ich ahne, warum seine Planung so ausgefallen sei und durfte meine Vermutung dazu äußern. Mit jedem Satz, den ich ihm sagte, fiel er immer mehr in sich zusammen. Er bestätigte, dass ich mit meiner Vermutung ziemlich nahe an der Wahrheit bin.

Es war angedacht, das gesamte Baugelände der Gemeinde abzuluchsen, mit einem Tiefbauunternehmen die Erschließung durchzuführen und anschließend die Grundstücke überteuert an die Käufer abzugeben. Daran sollte vor allem der Tiefbauunternehmer am Gewinn beteiligt sein. Noch interessanter wurde es als herauskam, dass der Bauunternehmer den Leuten einen überteuerten Bauvertrag für das Gebäude andrehen will, an dem er und der Architekt gut verdient hätten.

Als Grund nannte der Architekt finanzielle Schwierigkeiten, in denen er stecke. Wir boten an, wenn er seine betrügerischen Partner offenlegt, ihn zu unterstützen, damit er aus seinem Finanzdilemma herauskommen könne und er eine neue Planung nach neuen Vorgaben erstellen soll. Das lehnte er ab und gab den Auftrag an die Gemeinde zurück. Da ich angeboten hatte unseren Architekten damit zu beauftragen, gab es den Auftrag für das Architekturbüro Schreiber in Rosenheim, die den neuen Plan entworfen haben, in dem auch unsere Ideen und Vorstellungen berücksichtigt wurden.

Das sind die Informationen, die ich zu diesem Thema geben kann. Im Nachhinein stellten wir fest, dass es von eurer Seite Vorgaben und Wünsche gab, die im Bebauungsplan auch nicht berücksichtigt waren. Ich denke da insbesondere an die Eigentumswohnungen und Wohnungen im sozialen Wohnungsbau.

Dass aus meiner Sicht die Gemeinde eine gewisse Mitschuld trägt, ergibt sich für mich aus der Tatsache, dass sie eure Vorgaben und Wünsche noch nicht einmal kannten. Sonst hätte sie den vorgelegten Bebauungsplan schon im Vorfeld ablehnen müssen. Herr Sandmeier, der Leiter des Bauamtes, hatte keine Ahnung davon, welche Unterlagen in euren Ordnern für das auszuweisende Baugebiet vorhanden sind. Erst unsere Architekten haben eure Unterlagen gründlich studiert und den Bebauungsplan mit euren Wünschen und meinen Verbesserungsvorschlägen realisiert.“

Eberhard schaute mich immer noch verwundert an, als ich mit meinen Ausführungen geendet hatte. Benjamin erklärte: „Wenn mich meine Kenntnisse des deutschen Rechts nicht täuschen, würde ich von der Tatsache einer Bildung einer kriminellen Vereinigung ausgehen, mit dem Ziel die potenziellen Bauherren in betrügerischer Absicht zu schädigen.

Dass der Architekt in seinem Plan die Wünsche und Vorschläge nicht berücksichtigt hat, könnte auch daran liegen, dass er die übergebenen Unterlagen gar nicht angeschaut hat, denn sonst hätte ihm doch auffallen müssen, dass er mit seiner Planung völlig am Bedarf vorbei geplant hat.

Das du der Gemeinde eine gewisse Mitschuld einräumst, sehe ich auch so. Sie hätten zumindest im Vorfeld prüfen müssen, ob der ihnen vom Architekten vorgelegte Bebauungsplan dem entspricht, was vor Ort benötigt wird. Dass diese Prüfung nicht stattgefunden hat, ist wahrscheinlich damit begründet, dass sie bisher mit dem Architekten sehr gut und vertrauensvoll zusammengearbeitet haben.“

Ich erklärte: „Mit der Vermutung liegst du sicher richtig. Deswegen lege ich immer Wert darauf, dass die Baupläne, die umgesetzt werden, von unserer Seite überprüft werden, ob alle internen Regeln und Vorgaben beachtet wurden.“

Eberhard erklärte: „Es gibt noch eine andere Erklärung, warum der Architekt nur Einfamilienhäuser und Doppelhaushälften vorgesehen hat. Es gibt ein weiteres, erheblich kleineres, Baugebiet, wo von der Gemeinde die Vorgabe kam, dass dort keine Mehrfamilienhäuser gebaut werden dürfen, um den dörflichen Charakter nicht zu zerstören. Das haben wir dort akzeptiert, da dort nur zwischen fünfzig und sechzig Einheiten errichtet werden sollen.

Ich will damit sagen, dass er diese Vorgaben eins zu eins in den Bebauungsplan für Marktoberdorf übernommen hat, ohne zu prüfen, welche Vorgaben für das Baugebiet zu beachten sind. Was mich an dem neuen Bebauungsplan verwundert hat, dass euer Architekt einen Kindergarten vorgesehen hat, der von unserer Seite nicht ausdrücklich gefordert war. Es ist Aufgabe der Gemeinde eine ausreichende Anzahl von Kindergartenplätzen zur Verfügung zu stellen.“

Ich antwortete: „Das war ein Wunsch von unserer Seite, den wir nach Absprache mit der Gemeinde eingebracht haben. Die Gemeinde war froh darüber, dass wir angeboten haben den Kindergarten zu errichten und zu betreiben. Es hätte ansonsten bestehende Kindergärten erweitert oder ein weiterer Kindergarten an anderer Stelle gebaut werden müssen.

Unsere Vorgaben sehen vor, dass dort ein integrierender Kindergarten errichtet wird, der von behinderten und nichtbehinderten Kindern besucht werden kann. Wir selbst sind nach Absprache mit der Stadt Rosenheim dabei, auf dem Gutshofgelände einen integrierenden Kindergarten zu planen und zu errichten, der jedoch größer ausfallen wird als der Kindergarten in Marktoberdorf. Ich gehe davon aus, dass bei uns bereits in vier bis fünf Monaten der Baubeginn sein wird.“

Eberhard meinte: „Ist das ein weiteres Betätigungsfeld, das durch die Stiftung in Angriff genommen wird, um benachteiligten Kindern und Jugendlichen zu helfen?“

Diesmal regierte Felix schneller als ich, der meinte: „Ja, dieser Teilbereich ist noch neu für die Stiftung. Peter hat aber nicht uns, sondern unseren Mitarbeiter für die Auszubildenden und unsere beiden Sozialarbeiter mit der Planung beauftragt. Dass im Allgäu ein weiterer integrierter Kindergarten geplant wird, höre ich heute zum ersten Mal. Auf der anderen Seite, ob ein oder mehrere Kindergärten ist sowieso egal.“

Ich erklärte: „Felix, du hast nicht erklärt, warum Florian, unser Mitarbeiter für die Auszubildenden damit betraut wurde. Von ihm stammte die Idee, einen Betriebskindergarten im Gutshof einzurichten. Beim ersten Gespräch mit dem Architekten stellte sich heraus, dass die Stadt an ihn herangetreten ist, bei mir nachzufragen, ob wir eine geeignete Fläche im Bereich des Gutshofes zur Verfügung stellen könnten.

Im Gespräch mit der Stadtverwaltung konnten wir unseren Vorschlag durchsetzen, einen integrierten Kindergarten zu errichten, unter der Voraussetzung, dass wir auch als Träger des Kindergartens agieren würden. Da das von unserer Seite schon so vorgesehen war, erhielten wir den Auftrag. Als Erweiterung wurde unser Angebot angenommen, im gleichen Gebäude einen Kinderhort für die schulpflichtigen Kinder unterzubringen. Als besonderen Bonus erhielten wir die Zusage, im Obergeschoss des Kindergartens, Wohnraum für die Mitarbeiter zu schaffen.“

Eberhard sagte: „Peter, wir schweifen zu weit vom Thema ab. Deine Enthüllungen haben in mir den Verdacht geweckt, dass der Architekt, zusammen mit dem Bauunternehmer, bei dem kleineren Baugebiet die gleiche Masche abziehen könnten, so wie sie es für Marktoberdorf geplant hatten.

Mit dem heutigen Wissen kann ich meinen Mitarbeitern den Kauf der Grundstücke und Häuser nicht mehr empfehlen, denn sonst würde ich mich zum Handlanger der betrügerischen Machenschaften des Architekten und des Bauunternehmers machen. Siehst du eine Möglichkeit, das zu verhindern, ohne dass ich Strafanzeige gegen den Architekten und Unbekannt stellen muss, da mir über den Bauunternehmer keinerlei Informationen vorliegen.“

Ich erklärte: „Eberhard, das hängt am Ende davon ab, ob sie es dort ebenfalls versuchen und vor allem, wie weit sie dort bereits gekommen sind. Du kannst dich mit der Gemeindeverwaltung in Verbindung setzen und anfragen, ob die erschlossenen Grundstücke von der Gemeinde verkauft werden oder ob ein weiterer Partner den Verkauf durchführt. Wenn sie dir erklären, dass ein Bauunternehmer das Grundstück ankaufen will und der Verkauf vom Gemeinderat beschlossene Sache ist, oder er das Grundstück bereits erworben hat, solltest du die Reißleine ziehen und deinen Mitarbeitern vom Kauf abraten.

Falls noch nicht verkauft sein sollte, kannst du der Gemeinde von den betrügerischen Machenschaften erzählen und gleichzeitig erklären, dass du deinen Mitarbeitern aus diesem Grund vom Kauf der Grundstücke abraten würdest.

Einen Teil der Familien deiner Mitarbeiter würden wir, von der Planung her gesehen, noch in unserem Baugebiet unterbringen, notfalls mit einer weiteren Verdichtung der Bebauung durch mehr Doppelhaushälften. Nur sollte die Stadtverwaltung Marktoberdorf kurzfristig erfahren, dass der Betrugsversuch bei einem weiteren Baugebiet durchgezogen wird und deshalb der Bebauungsplan noch einmal angepasst werden sollte, um deinen Mitarbeiter die Chance zu geben, ohne überteuerte Preise zu ihrem neuen Eigenheim zu kommen.“

Eberhard schaute mich an und nach einigen Minuten des Überlegens, antwortete er: „Peter, wenn wir die Stadtverwaltung Marktoberdorf schon einbinden müssen, damit sie über mögliche Erweiterungspläne informiert sind, warum gehen wir nicht gleich direkt diesen Weg. Der Bürgermeister könnte mit seinem Kollegen sprechen und ihn vorwarnen, dass dieses Vorgehen des Architekten und des Bauunternehmens, bei ihm gerade noch verhindert werden konnte.

Wenn ich bei der Gemeinde Biessenhofen anrufe, werde ich aller Wahrscheinlichkeit nach, die gewünschte Auskunft nicht bekommen. Selbst wenn ich ihnen genau erklären würde, warum diese Auskunft so wichtig sei. Ich bin der festen Überzeugung, dass ein Gespräch von Bürgermeister zu Bürgermeister effektiver ist. Wir sind doch nur Fremde, die dort nicht ihren Wohnsitz haben.“

Benjamin gab seine Meinung kund: „Peter, ich unterstütze Eberhards Vorschlag, den Bürgermeister von Marktoberdorf auf das Problem anzusetzen. Er kennt seinen Kollegen sicher besser, denn auf Kreisebene treffen sie doch immer wieder aufeinander. Das hätte zudem den Vorteil, sofern eine Bebauungsplanänderung notwendig werden sollte, der Architekt schon in den nächsten Tagen aktiv werden kann.

Korbinian hat dir doch seine private Rufnummer gegeben, unter der du ihn jederzeit bei Problemen und Schwierigkeiten anrufen kannst. Ich sehe das als einen Notfall ab, der dir erlaubt, ihn auch an einem Samstag zu stören.“

Da ich keinen Bedarf an weiteren Diskussionen zu diesem Thema hatte und die Besprechung so schnell wie möglich beenden wollte, gab ich nach und erklärte, dass wir sofort bei Korbinian anrufen und danach beenden wir unsere Besprechung mit Eberhard.

Ich suchte mir aus dem Smartphone die Rufnummer von Korbinian aus und wählte die Nummer. Nach vier- bis fünfmaligem klingeln wurde das Gespräch entgegengenommen. Eine sehr junge Stimme meldete sich und nannte den Familiennamen Schaffelhuber. Ich meldete mich mit meinem Namen und fragte, ob ich seinen Papa oder seinen Opa Korbinian Schaffelhuber in einer dringlichen Angelegenheit sprechen könne.

Er erwiderte: „Moment, ich gehe kurz ins Wohnzimmer und frage meinen Opa, ob er das Gespräch annehmen kann.“

Ich hörte Schritte auf einem gefliesten Boden und kurze Zeit später eine sich öffnende Tür. Ohne Vorwarnung rief der Kleine: „Opa, da ist ein Maurer aus Rosenheim, der dich dringend sprechen möchte. Hast du Zeit oder rufst du ihn später zurück und soll ich dir die Nummer aufschreiben.

Ich hörte Korbinian antworten: „Ich nehme an, du hast einen Herrn Maurer aus Rosenheim am Telefon, der mich sprechen will. Ich nehme das Gespräch an, Wenn Peter anruft, dann ist es vermutlich sehr dringlich. Gib mir den Hörer. Ich gehe rüber ins Büro, wo ich mich in aller Ruhe mit ihm unterhalten kann.“

Ich bekam mit wie der Hörer weitergereicht wurde und Korbinian sich meldete: „Peter, einen Moment, ich gehe ins Büro, dort ist es ruhiger.“

Wieder öffnete sich eine Tür und nur Sekunden später hörte ich: „So Peter, ich bin im Büro, was ist so dringlich, dass du mich am späten Samstagvormittag sprechen willst.“

Ich meinte: „Bevor ich dir unser Anliegen vortrage, würde ich gern auf Lautsprecher schalten. Bei mir sind meine beiden Mitarbeiter Benjamin und Felix aus der Stiftungsverwaltung und Eberhard Vogler aus München. Letzterer sollte dir zumindest namentlich bekannt sein. Ihr hattet unter der Woche telefoniert.“

Ich schaltete auf Lautsprecher und alle begrüßten Korbinian. Ich erklärte: „Wir sitzen hier zusammen, weil Eberhard die Stiftung kennenlernen wollte und hat mich nebenbei gefragt, ob ich ihm erklären würde, warum der Bebauungsplan des Architekten Wiesner durch den neuen Plan des Architekturbüros Schreiber ersetzt wurde. Er wollte detaillierte Informationen, die ich ihm auch gegeben habe.

Am Ende erklärte er mir, dass er jetzt ein großes Problem hat, da vom gleichen Architekten auch der Bebauungsplan für die Einfamilienhäuser und Doppelhaushälften in Biessenhofen stamme. Er hat mir gegenüber, den Verdacht geäußert, dass in Biessenhofen eine ähnliche Abzocke versucht wird, wie sie in Marktoberdorf geplant war. Er könne seinen Mitarbeitern unter diesen Umständen nicht zum Kauf der Grundstücke und Häuser in Biessenhofen raten.

Könntest du bei deinem Amtskollegen nachfragen, wie bei ihnen der Stand der Bereitstellung der Grundstücke sei und wie die Verkäufe bei ihnen abgewickelt werden. Falls an die Gemeinde der Wunsch herangetragen wurde, das Gesamtgrundstück zu übernehmen und die Erschließung und Aufteilung vorzunehmen, kann man mit fast einhundertprozentiger Sicherheit davon ausgehen, dass dort hohe Profite abgeschöpft werden sollen.“

Da in Marktoberdorf die Verkehrsflächen erheblich reduziert wurden, könnten bei einer weiteren Verdichtung der Bebauung etwa sechzig Prozent der Wohnungssuchenden nach Marktoberdorf umgeswitcht werden. Dazu muss nur der Bebauungsplan entsprechend angepasst werden.“

Als ich geendet hatte, blieb es auf der anderen Seite erst einmal ungewöhnlich still, bis Korbinian sagte: „Das darf doch nicht wahr sein. Ich bin bisher davon ausgegangen, dass nur wir betroffen sind. Euren Überlegungen, einen Teil der Wohneinheiten in unserem Bebauungsplan unterzubringen, kann ich nicht so ohne weiteres zustimmen. Inzwischen laufen bereits die Planungen für die Nahwärmeversorgung und es wurden anhand des Bebauungsplanes die bereitzustellenden Wärmemengen ermittelt.

Ich werde gleich nach dem Gespräch Kontakt mit meinem Kollegen aufnehmen und nachfragen, was bei ihm geplant sei, aber auch um ihn zu warnen, der kriminellen Bande auf den Leim zu gehen. Sobald ich Informationen für euch habe, melde ich mich bei dir. Es kann unter Umständen aber erst Morgen oder am Montag sein. Zudem werde ich Hubert von deinem Anruf berichten. Vielleicht kann er von seinem Bauamtskollegen in Biessenhofen die entscheidenden Informationen einholen.“

Ich meinte: „Korbinian, am sichersten erreichst du mich, wenn du entweder meine Handynummer anwählst oder die direkte Durchwahl von meinem Büro verwendest. Diese ist am Wochenende auf das Smartphone umgeleitet. Ich werde deine Informationen an Eberhard weiterleiten, der dann seine eigenen Rückschlüsse ziehen kann. Ich wünsche dir trotzdem ein schönes Wochenende.“

Er verabschiedete sich und wir beendeten das Gespräch. Ich meinte: „Jetzt bleibt uns nur abzuwarten, bis sich Korbinian meldet und uns mit den entscheidenden Informationen versorgt. Felix, Benjamin, für euch ist ab sofort Wochenende angesagt. Wir setzen uns am Montagmorgen kurz zusammen, wenn Korbinian bis dahin angerufen hat.“

Eberhard erklärte: „Euch erst einmal ein herzliches Dankeschön für die Informationen, die ich über euch zur Stiftung bekommen habe. Peter, ich hätte da eine Frage an dich zum Thema Kindergarten. Wir planen einen Betriebskindergarten, der auf dem Firmengelände entstehen soll. Mit deiner Aussage, dass ihr integrierende Kindergärten betreiben wollt, hast du mein Interesse geweckt.

Kannst du dir vorstellen, dass die Firma den Bau des Kindergartengebäudes übernimmt, ihr dann als Träger des integrierten Kindergartens den laufenden Betrieb sicherstellt. Damit würde der angedachte Betriebskindergarten aufgewertet und könnte für manchen Bewerber zu den entscheidenden Pluspunkten bei ihrer Entscheidung beitragen.“

Die beiden Jungs schauten mich an und warteten auf meine Antwort: „“Ob wir einen, zwei, drei oder mehr integrierte Kindergärten betreiben ist nicht die Frage. Wir müssen vorher eine neue Organisation aufbauen, die sich mit dem Teilbereich Kindergarten beschäftigt und die Verwaltung aller Kindertagesstätten übernimmt. Wir haben noch Zeit, bis die zwei geplanten Kindergärten im Bau sind. Trotzdem sollten wir uns jetzt bereits darüber Gedanken machen.“

Eberhard schaute mich an und sagte: „Peter, soll ich das als ein Ja interpretieren, dass die Stiftung die Trägerschaft für unseren Betriebskindergarten übernimmt? Ich finde eure Idee, einen integrierenden Kindergarten unseren Mitarbeitern anzubieten, besser. Ich denke bereits darüber nach, auch auf anderen Gebieten mit der Stiftung enger zusammenzuarbeiten.

Ihr habt das Seminarhotel erwähnt. Können wir als Unternehmen unsere Schulungen und sonstige Weiterbildung dort abhalten? Das wäre ein Punkt, wo wir die Stiftung unterstützen können. Besteht die Möglichkeit im Raum Kaufbeuren oder Marktoberdorf ebenfalls ein Seminarhotel zu betreiben? Wir würden es regelmäßig für unsere Kundenveranstaltungen buchen.“

Ich antwortete: „Sicher kannst du meine Aussage als Zustimmung betrachten. Ich wollte damit nur zum Ausdruck bringen, dass wir in Zukunft auch auf diesem Gebiet weiter investieren werden. Ich würde dir nur empfehlen, wenn du einen integrierenden Kindergarten willst, beauftrage einen Architekten, der sich mit der Problematik und den Anforderungen ans Gebäude, verdammt gut auskennt.

Unsere Architekten haben die Pläne für den Kindergarten im Gutshof und im Allgäu erstellt. Du könntest sie ansprechen, wenn du keinen anderen Architekten mit den dringend erforderlichen Kenntnissen findest. So, jetzt ist aber endgültig Schluss für heute, meine Familie möchte auch noch etwas von mir haben.

Über deinen Vorschlag, ein Seminarhotels in Schwaben zu betreiben, denke ich erst nach, wenn uns ein geeignetes Objekt angeboten wird. Felix und Benjamin kennen deinen Wunsch jetzt und können sich entsprechend umsehen, ob sie ein passendes Objekt finden.“

Eberhard grinste, stand aber auf und verabschiedete sich von mir und den Jungs. Ich meinte: „Felix, Benjamin, das gilt auch für euch, ich will den anderen nicht meine gesamten Pflichten im Haushalt aufbürden.“

Die Jungs standen auf, wir räumten noch kurz den Besprechungsraum auf und Felix und ich gingen nach oben in die Wohnung. Dort wartete die nächste Überraschung auf mich. Eberhards Zwillinge und unsere beiden Jungs fanden wir im Wohnzimmer beim Konsolenspiel vor. Als ich sie fragte, wie weit sie gekommen seien mit ihren samstäglichen Aufgaben, grinsten beide und David sagte: „Papa, alles erledigt. Wir müssen später nur noch den Trockner leerräumen und die Wäsche zusammenlegen und verteilen.

Thomas ist noch beim Einkaufen, sollte aber in Kürze wieder zuhause sein. Er wollte nur in den Hofladen gehen, da sich die Fahrt zum Supermarkt, wegen ein oder zwei Sachen nicht rentieren würde. Er hat erklärt, dass das Mittagessen heute ausfallen wird. Gegen vierzehn Uhr gibt es Kaffee und Kuchen und abends will er mit uns wieder einmal in die Stadt zu Francesco zum Essen gehen. Einen Tisch für uns vier hat er vorher bestellt.“

Ich wollte gerade nachschauen, was noch zu erledigen ist, als mir Thomas im Flur über den Weg lief. Er verkündete: „Peter, ist alles bereits erledigt. Du kannst mir höchstens noch beim Verstauen der Einkäufe aus dem Hofladen helfen. Heute Mittag wird nicht gekocht, es gibt nur Kaffee und Kuchen gegen vierzehn Uhr. Für achtzehn Uhr habe ich einen Tisch bei Francesco für uns Vier bestellt.“

Ich ging mit Thomas in die Küche und fing zu lachen, als er seine Einkaufstüten leerte. Ein großes Päckchen enthielt nur die Kuchen- und Tortenstücke für den Kaffee und in seiner zweiten Einkaufstasche waren genau fünf Sachen, die in die Schränke zu räumen waren.

Thomas sagte: „Schatz, wir brauchen nicht mehr für das Wochenende. Am Montag kannst du wieder alles frisch einkaufen. Für heute sind wir versorgt. Morgen zum Frühstück werden die frischen Semmeln und Brezeln geliefert. Mittags sind wir von Simons Eltern zum Essen ins Restaurant bei Sebastian eingeladen. Da ihre Entscheidung zu Gunsten von Simon ausgefallen, ist braucht es kein weiteres offizielles Gespräch. Danach geht es für Simon wieder zurück nach Landsberg bis zu den Osterferien.“

Ich meinte: „Warum nehmen wir Noah, Simon und Simons Eltern nicht heute Abend mit zu Francesco? Es wäre etwas Neues für die beiden Jungs und ich kann sie dabei beobachten, wie sie sich in einer für sie unbekannten Situation verhalten. So häufig bietet sich diese Gelegenheit nicht. Am Gutshof ist Noah inzwischen in einer für ihn gewohnten Umgebung, mit der er sehr gut zurechtkommt.“

Thomas erwiderte: „Meinetwegen, eigentlich spricht nichts gegen deinen Vorschlag. Peter, klärst du das mit Bruno und seiner Familie ab. Ich hatte angedacht, dass wir spätestens gegen siebzehn Uhr in die Stadt fahren, ein wenig durch die Fußgängerzone bummeln und zwischen achtzehn Uhr dreißig und neunzehn Uhr bei Francesco aufkreuzen zum Essen. Mit dem Stadtbummel bietet sich dir eine weitere Gelegenheit, das Verhalten der beiden Jungs in der Öffentlichkeit zu beobachten.“

Meine Reaktion: „Okay, hört sich interessant a. Bin schon neugierig, wie Simons Eltern zu unserem Vorschlag stehen. Am besten ich rufe sofort an, damit wir bei Francesco rechtzeitig einen größeren Tisch bestellen können.“

Während ich mit Bruno telefonierte und ihm unsere Einladung zum Stadtbummel mit anschließenden Abendessen in einem Lokal in der Innenstadt übermittelte, war Thomas zu den Jungs ins Wohnzimmer entschwunden. Als er nachfragte, wo wir essen würden, erklärte ich ihm, dass das Lokal von Sebastians Vater Francesco und Sebastians Schwester Miriam bewirtschaftet wird und wir in der Vergangenheit, genauer gesagt vor unserem Umzug auf den Gutshof, häufig dort zum Essen waren.

Bruno sagte zu, dass sie mit uns gemeinsam in die Stadt fahren und dort essen gehen. Er informierte mich, dass er und Babsi heute Vormittag mit den beiden Jungs in einem Supermarkt beim Einkaufen war. Die Jungs sollte dort alles einkaufen, was sie im Hofladen nicht kaufen konnten oder wollten.

Er erzählte: „Peter, ich war dagegen, mit den Jungs in den Supermarkt zu fahren, da ich erwartete, dass sich Simon so verhalten würde, wie es in den vergangenen Jahren der Fall war. Babsi hat sich durchgesetzt. Also musste ich in den sauren Apfel beißen und mit meiner Familie in den Supermarkt fahren.

Wir sind ständig kreuz und quer durch den Supermarkt gelaufen bis wir alles, was die Jungs kaufen wollten, im Einkaufswagen hatten. Was die beiden ausgewählt hatten, ist nach Meinung von Babsi in Ordnung, wobei sie noch meinte, dass immer noch das eine oder andere fehlen würde. Ich, für meinen Teil, war nur angenehm überrascht, dass Simon keinen Augenblick in sein früheres Verhalten in Supermärkten zurückgefallen ist.

Wenn Noah oder beide Jungs im Supermarkt einkaufen sollten, reicht es aus, wenn sie eine Mitfahrgelegenheit haben, um in den Markt zu kommen. Einkaufen ist kein Problem und wahrscheinlich schneller erledigt als heute, da sie uns auf dem Heimweg erklärt haben, dass sie jetzt wüssten, wo sie alles um Supermarkt finden und sich beim nächsten Mal einen Einkaufszettel erstellen, mit der Reihenfolge, wie es am effektivsten einzusammeln ist.

Ich wundere mich immer wieder darüber, wie sich unser Sohn in letzter Zeit verändert hat. Genau so wenig verstehe ich, wie so etwas möglich ist. Ich kann und will jetzt nur hoffen, dass es ein dauerhafter Zustand bleibt.“

Ich meinte: „Mit eurem Entschluss, Simon seinen Traumberuf als Programmierer erlernen zu lassen und ihm gleichzeitig ermöglicht, mit seinem Traumpartner dauerhaft zusammenzuleben, habt ihr mit dazu beigetragen, dass er sich geöffnet hat. Solange niemand seine großen Träume zerstört, wird sich vermutlich wenig an seiner Euphorie ändern. Aus meiner Sicht ist wichtig, dass ihr in den nächsten Monaten sein Selbstbewusstsein stärkt, das wirkt sich immer positiv bei ihm aus.“

Wir verabredeten uns bis später und mit dem Ende des Gesprächs ging ich ins Wohnzimmer. Einer der beiden Zwillinge telefonierte mit seinem Vater, wie ich einzelnen Gesprächsfetzen entnehmen konnte. Ich bekam mit, dass sie sich darauf einigte, dass sie am Ende der aktuellen Spielrunde ins Jugendhotel kommen würden.

Er hatte kaum aufgelegt, als er zu schimpfen begann: „Verdammt nochmal, können unsere Alten nicht einmal etwas ohne uns unternehmen. Wir sind doch keine kleinen Kinder mehr, die ständig zu beaufsichtigen sind. Peter, mein Entschluss steht damit endgültig fest, ihr bekommt von mir am Montagnachmittag meine Bewerbungsunterlagen per Mail übermittelt.

Ich kann nur hoffen, dass ihr für mich noch eine Ausbildungsmöglichkeit findet, ich halte das nicht mehr länger zuhause aus. Soll doch mein Alter die Kosten für das Jugendappartement während meiner Ausbildung übernehmen. Ich will nur so schnell wie möglich weg von zuhause.“

Thomas und ich grinsten, bis David meinte: „Alter, was regst du dich so auf, ihr seid doch selbst schuld an eurer Misere. Ihr habt euch im Skilager eurer Schule wie zwei bockige Kleinkinder aufgeführt und jetzt wunderst du dich darüber, dass sie euch wie solche behandeln. Ich denke, wenn Tobi und ich uns so benehmen würden, würden unsere beiden Väter ähnlich reagieren.“

Sein Zwillingsbruder reagierte: „Du Depp, gerade benimmst du dich genau so, dass man in dir ein bockiges Kleinkind erkennen kann. Du solltest langsam erkennen, dass das die falsche Taktik ist, um deine Ziele zu erreichen. Selbst mir gegenüber benimmst du dich so. Du willst um jeden Preis einen Ausbildungsplatz auf dem Gutshof. Mit der Masche wird das nie was werden.

Dass du mir damit auch alle Chancen raubst, bemerkst du nicht einmal. Ich kann dich verstehen, wenn du von zuhause weg willst, mir geht es doch ebenso. Ich will auch einen Ausbildungsplatz am Gutshof, aber eher deswegen, weil ich gestern erkennen konnte, dass hier viel für die Auszubildenden getan wird. Kapier endlich, dass du deine Freiheiten erst bekommst, wenn du dich wie ein Erwachsener oder zumindest wie ein Heranwachsender benimmst.“

Thomas schaute den jungen Mann an und sagte: „Wie ich die Sache sehe, bist du bereits auf dem richtigen Weg. Du hast verstanden, dass Ausbildung nicht gleich Ausbildung sein muss. Ich kann dir nur bestätigen, in allen Betrieben, die zur Gutshofgruppe gehören, werden Auszubildende gefördert und gefordert, denn sie sind die Zukunft dieses Unternehmens. Je besser die Ausbildung und die Leistungen, desto größer die Chancen in eine Führungsrolle hineinzuwachsen.

So ihr zwei, jetzt schwingt die Hufe und seht zu, dass ihr zu euren Eltern kommt. Ich möchte nicht erleben, dass ihr durch eure eigene Dummheit die Chance verpasst, in den Osterferien verschiedene Ausbildungsberufe kennenzulernen, denn das setzt eure Aussichten auf annähernd null Prozent. Eure Bewerbungsunterlagen könnt ihr gern am Montag einreichen, eine Entscheidung wird frühestens am Ende der Osterferien gefällt. Und Tschüss!“

Die beiden schauten grimmig zu Thomas, standen jedoch anstandslos auf und verabschiedeten sich von David und Tobias. Ohne Thomas oder mich zu grüßen, verließen sie das Wohnzimmer. Als die Wohnungstür ins Schloss gefallen war meinte David: „Mit dem Abgang hätten sie jetzt bei mir verschissen, solche nervenden Möchtegerns brauchen wir nicht als Auszubildende, sie würden nur das Betriebsklima stören.“

Bevor ich antworten konnte, reagierte Thomas: „Ehrlich gesagt, besser so, als wenn sie jetzt angefangen hätten mit mir zu diskutieren. Zumindest der eine der beiden Jungs, scheint auf einem guten Weg zu sein, warum soll er nur deswegen keine Chance bekommen? Ich behaupte sogar, dass du vermutlich die gleiche Reaktion gezeigt hättest, wenn du aufgefordert wirst, die Wohnung zu verlassen.“

Ich erklärte: „Die beiden Jungs werden sich gleich noch gewaltig wundern, ich vermute ihre Eltern wollen mit ihnen Klamotten kaufen gehen. Ich habe Eberhard vorgeschlagen, dass sie mit ihren Jungs ins Einkaufszentrum fahren sollen und sie mit Geld losschicken sollen, damit sie ihre Kleidung selbst einkaufen. Bisher hat immer ihre Mutter die beiden Jungs eingekleidet. Ähnlich wie wir es mit euch beiden getan haben, Geld in die Hand drücken und Abmarsch in einen ersten oder weiteren Schritt Selbstständigkeit.“

David meinte: „Peter, da bin neugierig, ob dein Schuss nicht nach hinten losgeht. Wenn die beiden so unselbstständig sind, kann der Einkaufsbummel nur in einer gewaltigen Entladung enden. Thomas, ich habe über deine Worte nachgedacht. Vermutlich hätte ich mich vor lauter Wut auch nicht verabschiedet. Ich war so sauer auf die Jungs, dass ich mich nicht hinterfragt habe, wie ich reagiert hätte.“

Der Rest des Nachmittags blieb ohne weitere Störungen. Kurz vor siebzehn Uhr gingen wir nach unten, wo bereits Familie Bauer mit Noah auf uns warteten, mit zwei Autos fuhren wir in die Stadt, wo wir, in unmittelbarer Nähe zu Francescos Café, ohne Probleme zwei Parkplätze fanden.

Während des Stadtbummels beobachtete ich Simon und Noah aufmerksam. Zwischendurch gingen sie neben mir her und ich fragte: „Ich habe gehört, dass ihr heute in einem Supermarkt für euren Haushalt einkaufen gewesen seid. Wie ist es euch so ergangen in einem für euch ungewohntem Umfeld.“

Beide kicherten und Simon erzählte: „Peter, das war richtig lustig. Vor allem deswegen, weil wir, wenn uns wieder einfiel, was wir kaufen wollten, los gerannt sind und danach gesucht haben. Ich denke, wir sind durch jede Regalreihe mindestens fünfmal gelaufen, bis wir alles im Einkaufswagen hatten. Wir haben gelernt, dass es besser ist, sich alles aufzuschreiben was wir einkaufen wollen, am besten in der Reihenfolge wie wir durch den Laden laufen. Wir haben mehr als doppelt so lange gebraucht, bis wir alles hatten. Wir hatten unseren Spaß, während Mama und Papa am Ende genervt wirkten.

Immerhin wissen wir jetzt, wo alles im Laden steht. Beim nächsten Einkauf versuchen wir einen Rekord im Schnelleinkauf aufstellen. Mama und Papa nehmen wir aber nicht mehr mit, nicht das Papa einen Herzinfarkt bekommt, während wir durch den Laden flitzen. Übrigens, eine gute Idee, mit uns einen Stadtbummel zu machen und danach bei Sebastians Papa zum Essen zu gehen.

Nicht so langweilig wie bei uns zuhause. Die einzige Abwechselung ist da auch nur der Campingplatz und da ist um die Jahreszeit auch nicht viel los.“

Den Rest des Weges bis zu Francescos Café waren sie wie eine gewöhnliche Gruppe Heranwachsender, die die Fußgängerzone unsicher machen. Babsi meinte zwischendurch: „Peter, wie ich die Sache sehe, brauchst du dir über Simon und Noah keine Gedanken machen, die beiden sind schon den ganzen Tag so aufgedreht. Nichts kann sie aus der Ruhe bringen oder erschrecken. Wenn ich nicht wüsste, dass das euer Einfluss ist, würde ich felsenfest behaupten, dass Simon ausgetauscht wurde.“

Wir wurden unterbrochen durch das laute Klingeln meines Smartphones. Beim Blick aufs Display, sah ich, dass mich Korbinian aus Marktoberdorf anruft. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass er sich heute noch melden würde. Ich meinte: „Leute, entschuldigt mich kurz, aber das Gespräch muss ich entgegennehmen.“

Ich blieb stehen und nahm das Gespräch an. Korbinian meinte; „Peter, entschuldige, ich wollte mich erst morgen bei der melden. Mein Bürgermeisterkollege von Biessenhofen hat mich angerufen und will morgen früh um sieben Uhr mit mir zusammen nach Rosenheim kommen und dich aufsuchen. Er bringt seinen Mitarbeiter vom Bauamt mit, weil er einfach nicht glauben kann, was ich ihm über den Architekten Wiesner erzählt hat.

Vermutlich werden wir so gegen zehn Uhr bei euch in Rosenheim sein. Ich hoffe, ich bringe dich dadurch nicht in Schwierigkeiten. Er wusste nicht einmal, dass Dieter nach der Aufdeckung durch dich, seinen Auftrag zurückgegeben hat und wir jetzt einen genialen Bebauungsplan des Architekturbüro Schreiber aus Rosenheim haben.

Als er mich endlich zum Reden kommen ließ, meinte ich: „Keine Panik, ihr kommt morgen und wir werden das Kind schon schaukeln. Mittags gehen wir zum Essen ins Restaurant und wenn alles geklärt ist, geht es für euch wieder nach Hause ins Allgäu.“

Korbinian erklärte: „Peter, meine Frau hat mir die Hölle heiß gemacht, weil wir dir nicht einmal den Sonntag als Ruhetag gönnen.“

Ich antwortete: „Bring doch deine Gattin einfach mit. Wir werden ihr den Tag am Gutshof so abwechslungsreich gestalten, dass sie es nicht bereuen wird.“

Ich verabschiedete mich von ihm und meinte noch, wir sehen uns morgen. Ich beschleunigte wieder und erreichte meine Begleiter kurz bevor wir vor Francescos Café standen.

Am Tisch erzählte ich Thomas und meinen Jungs, dass Korbinian, Bürgermeister von Marktoberdorf, angerufen hat und morgen mit einem ungläubigen Amtskollegen aus der Gemeinde Biessenhofen zu uns kommen wird. Er will von mir persönlich erfahren, was ich dem Architekten entlocken konnte. Vielleicht bringt er seine Gattin mit, die ansonsten den Tag allein zuhause verbringen müsste. David, Tobias, traut ihr euch zu, die Gattin des Bürgermeisters durch den Gutshof zu führen und ihr alles zu zeigen.

Die Jungs grinsten und David meinte: „Peter, bist du dir sicher, dass wir die Richtigen sind, die ihr alles zeigen sollen?“

Ich grinste zurück und antwortete: „Sicher bin ich mir sicher. Mit eurem Charme wickelt ihr sie um den Finger, damit ihr Groll gegen ihren Mann sich in Luft auflöst.“

Tobias sagte: „Peter, wir sind ja schon einiges von dir gewöhnt. Aber eine Frau, die unsere Oma sein könnte, in gute Laune zu versetzen, hatten wir noch nie. Dürfen wir sie bei unserem Rundgang auf deine Kosten ins Hofcafé einladen?“

Thomas lachte und meinte: „Tobi, du bist mir einer. Daran erkennt man, dass du reichlich Erfahrung mit älteren Damen hast und genau weißt, wie du sie um den Finger wickeln kannst. Logisch dürft ihr die Gattin des Bürgermeisters auf unsere Kosten ins Hofcafé entführen, sofern sie überhaupt mitkommt und nicht allein zu Hause versauern will.“

Der Rest des Abends ist schnell erzählt, bevor wir zum Gutshof zurückfuhren, meinte Babsi: „Ich glaube langsam zu wissen, woher Sebastian seine hervorragenden Kochkünste hat. Das Essen schmeckt hier fast so vorzüglich wie im Restaurant im Gutshof, das hatte ich nicht erwartet.“

Am Gutshof angekommen, verabschiedete ich mich vorsichtshalber sofort von Familie Bauer, da nicht absehbar war, ob ich mich morgen noch von ihnen verabschieden kann. An Simon gewandt sagte: „Wir sehen uns wieder während der Osterferien. Bis dahin kannst du deinen Lehrerinnen und Lehrern beweisen, dass du doch besser bei uns deine Ausbildung als Programmierer absolvierst und nicht in einer Einrichtung für geistig und körperlich behinderte Menschen arbeitest.“

Noah sagte: „Peter, ich bin mir sicher, dass das bestens funktioniert. Simon und ich haben vereinbart, dass wir uns jeden Abend via Bildtelefonie austauschen, wie unser Tag so gelaufen ist.“

Wir trennten uns. Simon und Noah gingen in ihre Wohnung, Simons Eltern ins Jugendhotel Gesindehaus und wir in unsere Wohnung in die erste Etage im Gutshaus. David und Tobias nutzten die Gunst der Stunde und kuschelten noch mit Thomas und mir bei ruhiger Musik, bevor wir gegen dreiundzwanzig Uhr in unsere Betten verschwanden.

Der Sonntag begann mit einem gemütlichen Frühstück, bei dem auch meine beiden Enkel, Katharina und Kevin, zugegen waren. Tobias frage die beiden, ob sie Lust hätten, später mit ihnen, den Gattinnen von zwei Bürgermeistern den Gutshof zu zeigen. Das Ergebnis hatte ich nicht erwartet. Kevin bestand darauf, dass sowohl unser Spanier Rafael, sowie Stephan und sein Bruder Raphael mit dabei sein sollten, sofern sie durften.

Es war immerhin fast neun Uhr dreißig, als wir die Frühstücksrunde beendeten. Kevin hatte zwischenzeitlich die Zusagen von den drei fehlenden Jungs, dass sie bei der Führung dabei sein würden. Thomas meinte flüsternd zu mir: „Schatz, da hat Tobi eine Lawine losgetreten, als er die beiden fragte, ob sie ihn begleiten würden. Sehr glücklich sieht er mit dem Ergebnis nicht aus.“

Nur kurze Zeit später klingelt mein Smartphone und Korbinian meinte, dass sie in etwa fünf Minuten am Gutshof, eintreffen würden, weil sie schneller als geplant unterwegs waren. Ich machte mich fertig, um die Gäste auf dem Parkplatz in Empfang zu nehmen und ging mit David und Tobias nach unten. Bereits im Treppenhaus setzte die dreiköpfige Rasselbande, bestehend aus Kevin, Rafael und Katharina, zum Überholen an und schossen an uns vorbei.

Tobias meinte: „Ich kann mich in den Arsch beißen. Hätte ich nur nicht gefragt, ob sie uns begleiten wollen. Jetzt haben wir die fünfköpfige Rasselbande an den Hacken und dürfen auch noch auf sie aufpassen.“

Wir hatten kaum das Haus verlassen, als zwei protzige Limousinen eines im Raum Stuttgart beheimateten Autobauers auf den Parkplätzen des Restaurants einparkten. Als sich jeweils vier Türen öffneten, wunderte ich mich erst, als ich jedoch vier Frauen in Begleitung von vier Männer erblickte, ahnte ich, dass nicht nur Korbinians Gattin mit von der Partie waren, sondern alle vier ihre Frauen mitgebracht hatten.

Ich konnte Korbinian und Hubert erkennen, der Rest war neu für mich. Wir gingen zu den acht Besuchern und ich begrüßte sie aufs herzlichste im Gutshof. Höflich, wie ich immer bin, stellte ich ihnen meine sieben minderjährigen Begleiter vor. David und Tobias als meine Adoptivsöhne, Kevin und Katharina als meine Enkel, Stephan und Raphael als die Söhne unserer Sozialarbeiterin am Gutshof und unseren Spanier als Adoptivsohn von Alejandro und Jorge, unseren spanischen Mitarbeitern vor.

Korbinian übernahm es seine Begleiterinnen und Begleiter vorzustellen. Allen voran seine Gattin Barbara, dann Elisabeth, die Ehefrau von Hubert. Dann folgte der Bürgermeister von Biessenhofen, Fritz Schwabhauser mit seiner Gattin Marianne, und dem Leiter des Bauamts Peter Brummer mit seiner Gattin Elisabeth.

Korbinian meinte: „Peter, ich hoffe es stört nicht, dass wir unsere Ehefrauen mitgebracht haben. Meine Frau war gestern Abend noch so hinterlistig und hat die Gattinnen unserer Mitreisenden zu diesem Ausflug eingeladen. Bis heute Morgen wusste keiner von uns Männern, dass sie uns nach Rosenheim begleiten würden.“

Ich grinste und erwiderte: „Stört mich nicht in geringster Weise. Auch ich konnte nicht ahnen, dass ich damit eine Lawine lostreten würde, als ich zu dir sagte, du sollst deine Gattin mitbringen. Meine Damen, ich überlasse euch jetzt meiner siebenköpfigen Rasselbande, die mit euch einen Rundgang durch den Gutshof machen und euch alles zeigen werden. Ich hoffe, dass sie kein Problem damit haben, dass ihnen die zukünftige Führungsriege im Gutshof alles erklären wird.“

Elisabeth antwortete: „Keineswegs, wir haben nur nicht damit gerechnet, dass wir vom Nachwuchs betreut werden. Ich hatte eher die Befürchtung, dass wir von deiner Gattin betreut werden. Mit den Kids ist es mit Sicherheit interessanter als von einer Gleichaltrigen herumgeführt zu werden.“

Ich sagte: „Das mit Sicherheit, sie sind mit Leib und Seele, Bewohner des Gutshofes. Mit einer Gattin hätte ich ihnen auch nicht dienen können. Inzwischen sind fast zwanzig Jahre vergangen, das meine Frau verstorben ist. Damit ist mir auch klar, dass euch Korbinian nicht erzählt hat, dass ich seit mehr als fünfzehn Jahren mit einem Mann glücklich zusammenlebe und mit ihm verheiratet bin.

Ich entführe euch jetzt eure Ehemänner, gegen zwölf Uhr dreißig sehen wir uns dann im Restaurant zum Mittagessen. Wir gehen ins Gutshaus, zu unserem geplanten Meeting im Konferenzraum.“

Ich bat meine beiden Jungs, bei Alexandra das Nebenzimmer zu reservieren und für siebzehn Personen vorzubereiten. Die Kids seien ebenfalls zum Mittagessen eingeladen, sie sollen aber bitte ihre Eltern rechtzeitig in Kenntnis setzen.

Auf dem Weg ins Gutshaus rief ich bei Eberhard an und fordert ihn auf, innerhalb der nächsten zehn Minuten ins Besprechungszimmer im Gutshaus zu kommen, ich hätte eine große Überraschung für ihn. Im Gutshaus wurden wir von Thomas empfangen, den ich als meinen Ehepartner und Geschäftsführer der J. Graf GmbH, einem Unternehmen der Gutshofgruppe vorstellte. Er meinte: „Im Konferenzraum ist alles vorbereitet, ich habe frischen Kaffee gekocht und die Getränkebestände aufgestockt, so wie wir es besprochen hatten.“

Ich bat unsere Gäste sich zu bedienen und als sich alle gesetzt hatten, erklärte ich: „Bevor wir uns in die unangenehme Materie stürzen. Wir warten noch auf einen weiteren Beteiligten, den ich erst kurzfristig informieren konnte. Noch etwas, was ihnen als Allgäuer vermutlich einfacher fallen wird. Ich bin es gewohnt, mit allen Geschäftspartnern einen partnerschaftlichen Umgang zu pflegen und da gehört es dazu, sich mit Vornamen anzusprechen.

Mit Korbinian und Hubert ist das bereits geklärt, seit wir zur Besichtigung des Campingplatzes angereist sind, jenem Wochenende, an dem die Wahrheit über die Planung des Architekten Wiesner in Zusammenarbeit mit einem Bauunternehmer und einem Tiefbauunternehmen aufgedeckt wurde.“

Es klopfte und auf mein „Herein“ betrat Eberhard den Raum. Ich stellte ihn als Eberhard Vogler vor, dem Geschäftsführer des Unternehmens, das ausschlaggebend dafür war, dass im Landkreis drei Baugebiete ausgewiesen werden sollten, für die Mitarbeiter seines Unternehmens, dass seinen Stammsitz nach Kaufbeuren verlegt.

Korbinian sagte: „Freut mich, endlich den Mann persönlich kennenzulernen, für dessen Belegschaft wir die Baugebiete ausweisen sollten. Wir haben bisher ein oder zweimal miteinander telefoniert.“

Ich forderte Eberhard auf, der Runde zu erzählen, warum er sich an mich gewandt hat. Eberhard erklärte: „Zuerst erhielt ich den Bebauungsplan von Biessenhofen, der zwar nicht zu einhundert Prozent unseren Wünschen und Vorgaben entsprach. Ich akzeptierte ihn trotzdem, da es eines der kleineren Baugebiete war, und dort nach Vorgabe der Gemeinde, nur Doppelhaushälften und Einfamilienhäuser errichtet werden durften.

Auffällig war, dass ich vor wenigen Wochen von Marktoberdorf eine Planung vorgelegt bekam, die das gleiche Grundmuster wie in Biessenhofen aufwies. Als ich anrief und meinte, dass das nicht den Vorgaben und Wünschen entspricht, sagte man mir, dass sei inzwischen bekannt und ich würde in absehbarer Zeit einen neuen Plan erhalten. Letzte Woche habe ich den neuen Bebauungsplan erhalten.

Er wurde von einem Rosenheimer Architekten erstellt und zeigte genau das, was in unseren Wünschen und Anregungen gefordert wurde. Im Grunde genommen war der Plan sogar erheblich besser, da er auch zukunftsweisende Planelemente enthielt. Auch die von uns geforderten Eigentums-, Miet- und Sozialwohnungen waren enthalten. Das Highlight war ein Kindergarten, der mit eingeplant wurde. Besonders imponiert hat mir die vorgesehene Nahwärmeversorgung.

Auf Rückfrage, warum ein anderer Architekt den Bebauungsplan erstellt hat, erhielt ich nur ausweichende Antworten. Damit wurde meine Jagdlust geweckt, da ich merkte, dass etwas nicht stimmig war. Auf Umwegen habe ich herausgefunden, dass ein Teil des Bebauungsplans, nämlich das Gebäude entlang des Campingplatzes von der Stiftung Sonneneck errichtet werden soll. Ich erhoffte mir, dass ich von dort die detaillierten Hintergründe erfahren würde.

Ich bin mit meiner Familie bereits am Freitagnachmittag angereist und gestern Vormittag erfuhr ich von Peter die gesamte Geschichte. Als ich ihm erklärte, dass ich unter diesen Umständen, meinen Mitarbeitern abraten müsste, die Grundstücke in Biessenhofen zu kaufen, da sie vermutlich ebenso übervorteilt werden könnten, wie es in Marktoberdorf geplant war. Wir vereinbarten, Korbinian vorzuschicken, um herauszufinden, ob bereits ein Angebot eines Bauunternehmers für das Gesamtgrundstück vorliegt, den das wäre ein sicheres Indiz dafür, dass dort die gleiche Abzocke stattfinden sollte.“

Peter, der Leiter des Bauamts Biessenhofen erklärte: „Uns liegt ein Angebot eines Bauunternehmers vor, der das Gesamtgrundstück erwerben, auf seine Kosten die Erschließung durchführen will und dann die Grundstücke bebauen und an die Käufer weiter verkaufen will.“

Ich erklärte: „Das ist leider nicht die volle Wahrheit. Dahinter steckt ein perfider Plan des Bauunternehmers, der das Grundstück ankauft, die Erschließung durchführt und dann den Bauwilligen das Grundstück zu überhöhten Preisen verkaufen will. Damit soll vor allem der Tiefbauer seinen Profit machen.

Im nächsten Schritt bietet er den Kunden die Übernahme der Bebauung in Zusammenarbeit mit einem Architekten an, die Architektenleistungen sollen direkt mit jedem Bauherrn abgerechnet werden, da der Architekt in diesem Fall höhere Beträge abrechnen kann, als wenn er für den Bauunternehmer die Gesamtplanung erstellt. In diesem Fall ist es der Architekt, der das Geld einschiebt.

Der letzte in der Kette der Abzocker ist der Bauunternehmer, der zu überteuerten Preisen die Bauausführung übernimmt, so nach dem Motto, die Münchner kennen nur so hohe Preise, also fällt es nicht auf. Genau diese Vorgehensweise habe ich an diesem besagtem Nachmittag Dieter Wiesner entlocken können.“

Eberhard erklärte: „Ich weiß nicht, warum und woher Peter dieses Gespür hat, wann er von einem Partner belogen oder versucht wird, ihn für dumm zu verkaufen. Auch mich brachte er gestern in eine peinliche Situation. Ich hatte ihn nicht absichtlich belogen, sondern nur einen Grund vorgeschoben, warum ich mich mit ihm treffen wollte.

Er sagte mir direkt ins Gesicht, dass dies nicht der wahre Grund meines Besuches sei und wenn ich ihm nicht die Wahrheit erzähle, ist die Besprechung an dieser Stelle beendet. Mir blieb nichts mehr anderes übrig, als meine wirklichen Absichten offenzulegen, was Peter mir weniger verübelte und mit seiner Aktion über Korbinian helfen wollte herauszufinden, was ich meinen Mitarbeitern sagen könne.“

Korbinian erklärte: „Hubert und ich war Zeugen, als Peter Dieter in Einzelteile zerlegte. Ich hätte es nie für möglich gehalten, was ich in der Stunde erlebte. Er hat Dieter Schritt für Schritt dazu gebracht seine Vermutungen zu bestätigen oder zurückzuweisen. Peter hatte nur eine Frage gestellt, warum es aus Dieters Sicht nicht möglich sei, das langgezogene Gebäude mit den Läden und den Supermarkt auf der andere Straßenseite zu errichten und einer anderen Nutzung zuzuführen. Dieter hat nur noch gestottert, konnte mit keinem Satz eine plausible Erklärung liefern und damit hatte er ihn in die Enge getrieben.“

Der Rest war dann nur noch ein Kinderspiel, da Dieter völlig eingebrochen ist. Obwohl Peter ihm anbot, wenn er alles offen auf den Tisch legt, vor allem wer die beiden weiteren Profiteure wären, würde er ihm eine Chance geben, einen ordentlichen Bebauungsplan vorzulegen und ihm bei der Behebung seines finanziellen Engpasses zu helfen. Dieter blieb stur und meinte nur, er gebe den Auftrag zurück.

Ohne die Beharrlichkeit von Peter wären wir fast blindlings in einen Riesenskandal gerutscht. Ich bin heilfroh, dass er uns an diesem Wochenende die Augen geöffnet hat. Hätte ich kein schlechtes Gewissen bekommen, als mir Robert erklärte, dass er den Campingplatz verkaufen will, wäre der Kontakt nicht einmal zustande gekommen. Eigentlich wollte ich Robert vor einem möglichen Schaden bewahren, weil der Käufer nachträglich vom Kauf hätte zurücktreten können, wenn unsere Pläne bekannt würden.“

Fritz erklärte, in dem er seinen Bauamtsleiter genau anschaute: „Peter, kannst du dir vorstellen, dass bei uns dieselbe Masche abgezogen werden soll? So, wie Peter das eben geschildert hat und wie es vom Architekten bestätigt wurde, kann man von einer kriminellen Vereinigung ausgehen? Wie wollen wir uns davor schützen, in die Sache mit hineingezogen zu werden? Ich frage mich vor allem, was geschieht mit den Baugrundstücken, wenn sie nicht von den Zuzügen, die aus München kommen sollen, übernommen werden, weil Eberhard seinen Mitarbeitern vom Kauf der Grundstücke abrät.“

Peter, der Bauamtsleiter erklärte: „Vorstellen kann ich mir alles. Immerhin liegt uns das Angebot des Bauunternehmers vor, alles auf seine Kosten zu erstellen und an die Bauwilligen zu veräußern, was bereits bedeutet, dass sie ihre Gaunerei in unserer Gemeinde durchziehen wollen. Wir sollten auf alle Fälle die Verträge sehr genau prüfen, dass die Gemeinde am Ende nicht auf einer Bebauungsplanruine und den überhöhten Kosten sitzen bleibt.“

Ich unterbrach an dieser Stelle und fragte nach: „Kann es sein, dass ihr dem Bauunternehmer bereits eine mündliche Zusage gegeben habt? So verstehe ich zumindest die Aussage, dass ihr die vorliegenden Verträge genau prüfen wollt.“

Peter und Fritz schauten sich sehr intensiv an und Fritz antwortete: „Bevor ich mich von Peter in Einzelteile zerpflücken lasse, da er meine Ausreden sicher erkennen würde, ja, wir haben eine mündliche Zusage gegeben, vorbehaltlich der Zustimmung durch den Gemeinderat, was normalerweise nur eine Formalität ist. In der nächsten Gemeinderatssitzung, die nächste Woche stattfindet, sollte darüber abgestimmt werden.“

Ich sagte: „Interessante Aussage von dir. Hat allein die Andeutung, dass ich Lügen entlarven könnte, bereits ausgereicht, sofort die Wahrheit auf den Tisch zu legen. Das bedeutet, wäre Eberhard nicht an diesem Wochenende hier gewesen und hätten wir nicht sofort Korbinian um Schützenhilfe gebeten, wäre bis Ende der nächsten Woche alles über die Bühne gegangen.

Damit wäre nicht ein einziges Grundstück an die Münchner verkauft worden, den Eberhard hat gestern eindeutig erklärt, wenn ein Vertrag mit dem Bauunternehmer vorhanden ist, seinen Mitarbeitern alles auf den Tisch zu legen, da er sich nicht mitschuldig machen will.

Euch bleibt jetzt nur noch der Weg, dass der Gemeinderat den Antrag ablehnt. Ich kann nur für euch hoffen, dass ihr im Vertrag einen Punkt findet, der dem Gemeinderat einen Grund bietet, das Angebot abzulehnen.

Als einzige Alternative sehe ich noch die Möglichkeit, Dieter davon zu informieren, dass ihr von uns, von ihren Plänen erfahren habt und darauf zu hoffen, dass der Bauunternehmer sein Angebot von sich aus zurückzieht. Meine Bitte, ihr nennt uns den Namen des Bauunternehmers, damit wir sicherstellen können, dass er in Marktoberdorf keines der Gebäude errichten wird.“

Fritz meinte: „Dazu brauche ich euch keinen Namen zu nennen. Es reicht, wenn ich erkläre, dass er aus Kempten kommt und dort eines der größeren Bauunternehmen ist, das sowohl bei uns als auch in Marktoberdorf bereits im Einsatz war.“

Korbinian grinste und damit war bereits geklärt, vor wem wir warnen mussten. Er sagte: „Komischerweise sprichst du von genau dem Unternehmen, das Hubert und ich im Verdacht hatten. Nur wollte uns Dieter seine Partner leider nicht verraten.“

Ich meinte: „Leute, wir beschäftigen uns inzwischen bereits mehr als zwei Stunden mit diesem Thema. Von unserer Seite haben wir alle uns bekannten Fakten auf den Tisch gelegt. Eine Entscheidung in dieser Angelegenheit kann nur die Gemeinde und der Gemeinderat von Biessenhofen treffen. Wenn keine weiteren Fragen vorhanden sind, würde ich sagen, dass wir den offiziellen Teil hiermit beenden. Ich habe aber noch ein paar neue Informationen für Marktoberdorf.“

Da keiner widersprach, erklärte ich: „Wie ihr den Plänen entnehmen könnt, ist vom Architekten ein Kindergarten im Neubaugebiet geplant. Ich biete euch über die Stiftung an, die Trägerschaft dafür zu übernehmen und ihn als integrierenden Kindergarten zu planen. Wir sind mit der Stadt Rosenheim bereits einig, dass auf dem Gutshofgelände eine größere integrierende Kindertagesstätte errichtet wird, für die die Stiftung ebenfalls die Trägerschaft übernimmt.

Was es in Marktoberdorf nicht geben wird, dass im gleichen Gebäude ein Kinderhort für schulpflichtige Kinder und Jugendliche eingerichtet wird. Es sei denn, die Gemeinde sieht Bedarf in dieser Richtung.

Eberhard wird auf dem Werksgelände in Kaufbeuren ebenfalls einen integrierenden Betriebskindergarten planen, für den ich ihm die Zusage gegeben habe, auch dort die Trägerschaft zu übernehmen. Die integrierenden Kindergärten können von der Stiftung bezuschusst werden, weil behinderte und benachteiligte Kinder zu ihrer Zielgruppe gehören.

Der zweite Punkt, den ich noch habe, ich habe von Herrn Abele vom Jugendamt in Marktoberdorf die Zusage, dass wir das geplante Jugendwohnheim mit etwa zwanzig Appartements und Kleinwohnungen errichten dürfen und ihre Klientel dort mit untergebracht wird.

Die angedachten Wohnungen für die Mitarbeiter werden in einem der Mehrfamilienhäuser entlang der Straße geplant, zusammen mit den Sozialwohnungen, die nicht von der städtischen Wohnbaugesellschaft übernommen werden. Das waren die Neuigkeiten von unserer Seite:“

Korbinian schaute mich an und meinte: „Wir haben schon festgestellt, dass eine Kindertagesstätte im Bebauungsplan vorgesehen ist. Uns ist bewusst, dass es bei einem Neubaugebiet in dieser Größenordnung notwendig ist einen Kindergarten neu zu planen oder bestehende Kitas zu erweitern. Mit deiner Ankündigung, die Trägerschaft dafür zu übernehmen und ihn als integrierenden Kindergarten zu errichten, werden wir uns um die notwendigen staatlichen Bauzuschüsse in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt kümmern.

Den Punkt Kinderhort können wir so nicht beurteilen. Bisher gibt es in Marktoberdorf an der Grundschule eine Mittagsbetreuung, die aber bereits um fünfzehnuhrdreißig endet. Zum Kinderhort sollten wir Eberhard befragen, wie er und seine Mitarbeiter die Nachfrage einschätzen.“

Eberhard schaute ihn an und meinte: „Das Problem meiner Mitarbeiter liegt grundsätzlich darin, dass die Öffnungszeiten der Kindertagesstätten eher arbeitnehmerunfreundlich sind. Es hilft keiner Mitarbeiterin oder keinem Mitarbeiter, wenn er bis spätestens sechzehn Uhr sein Kind aus dem Kindergarten abholen darf.

Gerade in Marktoberdorf kommen bei einem achtstündigen Arbeitstag, einer halben Stunde Pause und der Hin- und Rückfahrt sehr schnell zwischen zehn und elf Stunden zusammen. Das bedeutet, dass der Kindergarten ab sieben Uhr morgens geöffnet sein sollte und mindestens bis siebzehn Uhr dreißig die Abholung möglich sein sollte. Deswegen auch der eigene Betriebskindergarten.“

Ich erklärte: „Wir haben geplant, den Kindergarten im Gutshof mit erweiterten Öffnungszeiten zu betreiben. Bisher sind die Öffnungszeiten noch nicht festgeschrieben, aber ich gehe davon aus, dass wir um sechs Uhr dreißig öffnen und spätestens gegen neunzehn Uhr den Kindergarten wieder schließen.

Das fordert erhöhten Personalaufwand und ein gutes Zeitmanagement bei der Personalplanung. Machbar ist das mit Ganztagskräften und Teilzeitkräften, die mit versetztem Arbeitszeitbeginn arbeiten. In den ersten und den letzten beiden Stunden kann vermutlich mit geringerer Mitarbeiterzahl geplant werden. Leider gibt es so gut wie keinen Kindergarten, der bereits erweiterte Öffnungszeiten in dem von uns geplanten Umfang anbietet, um auf dessen Erfahrungswerten aufzubauen.

Ich muss jetzt auf das Ende der Besprechung drängen. Wir wollen doch eure Ehefrauen nicht zu lange auf uns warten lassen. Mein Vorschlag, der für beide Gemeindeoberhäupter und ihre Mitarbeiter vom Bauamt gilt. Wenn noch Gesprächsbedarf besteht, ruft mich an und ich werde die noch offenen Fragen mit euch klären.“

Eberhard stand zuerst auf und als er sich verabschiedete, meinte er zu mir: „Wir sehen uns spätestens zu Beginn der Osterferien, wenn ich meine Zwillinge zum Betriebspraktikum bei euch abliefere, ansonsten bleiben wir telefonisch in Verbindung.“

Als Eberhard den Raum verlassen hatte, sagte Fritz: „Peter, noch einmal danke, dass du uns heute empfangen hast und uns über die Details der Gaunerei informiert hast. Die Marktoberndorfer dürfen dankbar sein, dass sie zu einem sehr frühen Zeitpunkt, mit deiner Hilfe herausgefunden haben, welche Gaunerei mit den Baugrundstücken geplant wurde.

Jetzt heißt es für uns schnell handeln, um den Gaunereien und Betrügereien einen Riegel vorzuschieben, bevor wir am Ende ein unverkäufliches Baugrundstück im Bestand haben.“

Inzwischen waren die anderen ebenfalls aufgestanden und wir setzten uns Richtung Restaurant in Bewegung. In der Eingangshalle wollten die Gäste bereits das Haus verlassen. Ich stoppte sie und zeigte ihnen den direkten Weg innerhalb des Gebäudes. Im Nebenzimmer trafen wir auf die vier Ehefrauen und die siebenköpfige Gruppe, die die Führung durch den Gutshof absolviert hatte.

Ich schaute die Kids an und meinte: „Alles paletti, ihr habt eure Eltern davon informiert, dass ich euch als Dankeschön für euren Gutshofrundgang mit den Gästen zum Mittagessen eingeladen habe?“

Kevin grinste und antwortete: „Nur bei Katharina und mir gab es Probleme, weil Mama meinte, wir wären so oft am Sonntag bei euch zum Frühstück, da hättest du uns nicht auch noch zum Mittagessen einladen müssen. Ich habe frech geantwortet, sie hätte uns doch erlaubt, die Gäste über den Gutshof zu führen und nun müsse sie eben mit den Konsequenzen leben, dass alle Kids von dir zum Mittagessen eingeladen wurden.“

Ich wandte mich an die Damen und fragte sie: „Ich hoffe, euch hat der Rundgang über den Gutshof gefallen und die Kids haben euch alles gezeigt, was sehenswert ist?“

Korbinians Gattin Barbara antwortete: „Einen Gutshof haben wir uns ganz anders vorgestellt. Wir waren komplett überrascht, was uns eure Kids alles gezeigt und dazu erklärt haben. Begonnen hat der Rundgang im ehemaligen Gesindehaus, das als Jugendhotel umgebaut wurde. Der junge Mann an der Rezeption hat uns herumgeführt und alles gezeigt.

Er erklärte uns, dass es im Dachgeschoss zwei Appartements gebe, sowie eine Zwei- und eine Dreizimmerwohnung. In den beiden Wohnung leben die beiden Sozialarbeiter, die am Gutshof angestellt sind. In einem der Appartements ist ein Auszubildender zum Koch untergebracht, der aus München stammt, das zweite Appartement wird von einem Pflegekind Peters und seinem Freund bewohnt. Frederik wird den neuen Hofladen in der Gärtnerei Grubmüller führen und Kevin eine Ausbildung in der IT-Abteilung absolvieren.

Interessant fand ich die Familienzimmer, die durch ein gemeinsames Bad miteinander verbunden sind. Überrascht hat auch der Speisesaal für die Hotelgäste, der unter der Woche gleichzeitig als Kantine für die Mitarbeiter genutzt wird. Raphael hat uns dazu erklärt, dass sie, wenn sie mittags von der Schule zurückkommen, dort ebenfalls eine Mahlzeit bekommen.

David hat uns erklärt, wie das abgewickelt wird. Alle hätten einen Chip, mit dem registriert wird, was sie essen. Bezahlt wird das von den Eltern der Kinder, da sie nicht extra für ihre Kids zu kochen bräuchten oder diese sich selbst überlassen bleiben. Entscheidend sei aber, dass das Essen vorzüglich schmeckt und sie deswegen gern dort essen.

Weiter ging es zu einem Tümpel, der vor vielen Jahren ein schöner Dorfteich zum Baden gewesen sein soll, inzwischen aber ziemlich überwuchert und nicht mehr nutzbar sei. Tobias erklärte uns, dass im Frühjahr wieder ein Badeteich entstehen soll für die Hotelgäste, der gleichzeitig von der Bevölkerung unentgeltlich genutzt werden darf, so wie es zu Peters Kinderzeit gewesen sei.

Der weitere Weg führte uns zu den Stallungen. Wir waren überrascht, dort nicht nur Kühe oder Schweine anzutreffen, nein, es gibt dort auch Hühner, Schafe, Ziegen, Hasen und mehr zu bestaunen. Dabei erzählten uns die Kids, dass sie in den Sommermonaten auch mit auf die Felder und im Bulldog mitfahren dürfen. Das gilt auch für eure jugendlichen Gäste im Hotel.

Weiter ging es bis zur Zufahrt, wo sie uns die Bäckerei und Konditorei zeigte, den Hofladen und das Hofcafé. Einen Hofladen in dieser Größenordnung habe ich bisher nirgends gesehen. Vor allem die Auswahl an regionalen Produkten überzeugt.

Als wir fragten, wieso die Leute vor dem Hofcafé Schlange stehen, erfuhren wir, dass das jeden Sonntag so sei, da der Kuchen- und Tortenverkauf außer Haus, wegen der guten Qualität und den günstigen Preisen, explodiert sei. Sie wollten uns zum Testen ins Hofcafé einladen, was wir aber abgelehnt haben, im Hinblick auf die Einladung zum Mittagessen.

Weiter ging es entlang der Zufahrtsstraße, wo uns erklärt wurde, dass der Gutshof ab Herbst über eine eigene Bushaltestelle verfügen wird, die dort in der Nähe der Neubauten errichtet wird. Nur wenige Meter weiter findet sich eine Tiefgarageneinfahrt, die unter den Wohngebäuden errichtet wurde und reichlich Platz für Mieter und die Gäste des Hotels oder des Restaurants bieten wird.

Die beiden großen Jungs erklärten uns, dass hier Mietwohnungen für Mitarbeiter, Sozialwohnungen für Bedürftige und in drei Gebäuden ein Jugendwohnheim für Auszubildende errichtet wird. Untergebracht werden dort auswärtige Auszubildende, die aus Kinderheimen oder größerer Entfernung kommen, oder die aufgrund des Arbeitsbeginns oder des Arbeitsendes Probleme mit der An- oder Abfahrt beim öffentlichen Nahverkehr haben.

Ab Sommer werden rund sechzehn Jugendliche aus Kinderheimen einziehen, die aus München, Hessen und Thüringen kommen und in einem der Gutshofbetriebe ihre Ausbildung beginnen. Dazu kommen etwas mehr als zehn Jugendliche, die im Hotel an der Ostsee ihre Ausbildung absolvieren. Während der Generalsanierung dieses Hotels an der Ostsee wird hier ihre Ausbildung weitergeführt.

Das Nächste, was sie uns zeigten, war das ehemalige Verwalterhaus, in dem derzeit acht Personen leben, die beiden Gärtner mit ihren Adoptivsöhnen Florian und Klaus, der Neffe von Peter mit seinem Freund, die für den gesamten landwirtschaftlichen Bereich zuständig sind, dazu Richie ein Auszubildender in der Gärtnerei, der aus einem Kinderheim in Thüringen kommt, sowie ein weiteres Pflegekind von Peter und Thomas.

Danach ging es zum Gutshaus, wo uns die Jungs erklärten, dass im Erdgeschoss die Büros der gesamten Buchhaltung, der Stiftungsverwaltung und der Ausbildungsbeauftragte untergebracht sind. Weiter gäbe es noch das Büro von Peter und seiner Assistentin Petra. Demnächst soll der Facility Manager ebenfalls untergebracht werden. Damit seien alle Büros belegt. Die IT-Abteilung ist vor wenigen Wochen erst in ihre neuen Räumlichkeiten umgezogen.

Sie erklärten, dass in den oberen Etagen je zwei Wohnungen existieren. Im ersten Obergeschoss leben Peter und Thomas mit ihren Adoptivsöhnen, sowie die Mütter von Thomas und Peter. In der zweiten Etage wohnen Kevin und Katharina mit ihren Eltern sowie Onkel Philipp mit seinem Freund und drei Pflegekindern von Thomas und Peter. Im Dachgeschoss sind Sebastian, Chef der Küche, und seine Lebensgefährtin Alexandra, die den Restaurant- und Hotelbetrieb managt. Der kleine Spanier wies darauf hin, dass er mit seinen beiden Adoptivvätern ebenfalls im Dachgeschoss wohnen würde.“

Die Tür zum Nebenzimmer öffnete sich und Alexandra blickte herein. Sie sagte leicht vorwurfsvoll: „Warum hat mich keiner informiert, dass ihr bereits vollzählig seid. Jetzt setzt euch endlich, damit ich eure Getränkebestellungen aufnehmen kann. Die Speisekarten liegen bereits auf euren Plätzen. Wenn wir die Getränke liefern, werden wir eure Bestellungen zum Essen aufnehmen.“

Wir setzten uns an die Tische und als wir unsere Getränkewünsche geäußert hatten, verließ Alexandra wieder den Raum. Korbinian meinte: „Wenn ich das geahnt hätte, dass ihr eine so abwechslungsreiche Führung über den Gutshof bekommt, wäre ich lieber mit euch mitgegangen. Meine Anwesenheit bei der Besprechung wäre nicht unbedingt erforderlich gewesen.

Peter, wenn ich richtig mitgerechnet habe, gehören zu deiner Familie neben deinem Ehemann Thomas, deine beiden Kinder aus der Ehe mit deiner Frau und ihren Ehepartner, den beiden kleinen Kevin und Katharina, eure Adoptivsöhnen David und Tobias, sowie verteilt auf drei Wohnungen fünf Pflegekinder. Bekommst du keine Schwierigkeiten mit dem Jugendamt, wenn die Pflegekinder nicht in eurer Wohnung untergebracht sind?“

Ich grinste und gestand: „Nein, unsere Betreuerin ist sogar glücklich darüber, dass wir diese vielfältigen Möglichkeiten haben die Jungs unterzubringen. Dazu solltest du wissen, dass zwei der Jungs schwul sind und ungern in einem Kinderheim aufgenommen werden, wenn es bereits bekannt ist. Dazu kommt, dass vier Jungs in diesem Jahr ihre Ausbildung beginnen und im Sommer ins Jugendwohnheim umziehen dürfen. Nur der jüngste der fünf bleibt dann noch übrig und der wird, von seinem Bruder getrennt, bei uns in der Wohnung mit einziehen.

Um zu verstehen, warum die Jungs hier sind, werde ich euch kurzen Überblick geben. Zwei Jungs sind hier, weil sie von ihrem Vater schwer körperlich misshandelt wurden. Nummer drei ist ein Spezialfall. Er wurde vom Jugendamt aus einem Sanatorium herausgeholt wurde, in das er von seinen Eltern eingeliefert wurde, damit man ihn dort von seiner Homosexualität heilen solle.

Der Vierte im Bunde hat ein Problem. Er ist schwul und seine Mutter wollte ihn nie wieder sehen. Sein Vater hat uns gebeten, ihn aufzunehmen. Inzwischen hat der junge Mann von sich aus beantragt, dass wir als Pflegeeltern für ihn eingesetzt werden, da sein Vater, aus beruflichen Gründen, nicht in der Lage sei sich vernünftig um ihn zu kümmern.

Der fünfte im Bunde ist ebenfalls ein sehr spezieller Fall. Er wurde von seinem Vater gezwungen eine Ausbildung in einer Gärtnerei anzustreben, um später den väterlichen Betrieb zu übernehmen. Dazu solltet ihr wissen, dass sein älterer Bruder bereits Gärtner gelernt hat und einen Meistertitel besitzt. Durch einen schweren Verkehrsunfall ist er körperlich leicht eingeschränkt. Die beiden Brüder hatten beschlossen, gemeinsam die elterliche Gärtnerei zu übernehmen und weiterzuführen.

Bis heute lehnt der Vater diesen Vorschlag ab und beharrt darauf, dass sein Wille durchgesetzt wird. Die beiden sind von zu Hause geflüchtet und haben bei uns Unterschlupf gefunden; der Minderjährige mit Zustimmung des Jugendamts. Sein großer Bruder wohnt inzwischen in der Gärtnerei Grubmüller, für die er die Leitung übernommen hat. Er sollte die vorläufige Vormundschaft für seinen jüngeren Bruder übernehmen. Da der Minderjährige weder seiner Mutter noch seinem Vater vertraut und seinen Bruder nicht als Vormund akzeptierte, wurden wir auf seinen Wunsch hin als Pflegeväter bestimmt.“

Fritz schaute mich an und sagte: „Ich war schon überrascht von deiner Persönlichkeit, die ich in unserer Besprechung kennengelernt habe. Doch was jetzt noch hinzugekommen ist, macht mich sprachlos. Einen Mann, der sich so für seine Mitmenschen und für benachteiligte Kinder und Jugendliche einsetzt, habe ich bisher nicht kennengelernt. Dein soziales Engagement ist bewundernswert, das muss ich neidlos gestehen.“

David erklärte, ohne aufgefordert zu sein: „Ihr glaubt doch nicht wirklich, dass ihr bereits alles über Peters Hilfe wisst. Da gibt es noch viele weiter Geschichten, einschließlich meiner eigenen.“

Fritz meinte: „Jetzt hast du mich aber neugierig gemacht, ich kann mir nicht vorstellen, dass du mit deiner Geschichte das toppen kannst.“

Thomas grinste und erklärte: „Fritz, da wäre ich mir an deiner Stelle nicht so sicher. David ist derjenige, der aus meiner Sicht, die schlimmsten Erfahrungen in seinem bisherigen Leben gesammelt hat.“

Glücklicherweise wurde in diesem Moment das Mittagessen serviert, so dass ich sagte: „Wenn ihr Davids Geschichte hören wollt, dann könnt ihr sie nach dem Mittagessen hören. Ich wünsche euch einen guten Appetit und hoffe, dass das gewählte Essen nach eurem Geschmack ist.“

Nach dem Essen durfte ich mir anhören, wie gut ihnen das Essen geschmeckt hat. Glücklicherweise kam Sebastian ins Nebenzimmer und fragte nach, ob alle mit ihrem Essen zufrieden waren. So konnten sie ihm direkt mitteilen, dass sie sehr positiv vom Essen und den Portionen überrascht waren. Klar freute sich Sebastian über so viel Lob für die Kochkünste, wies aber auch darauf hin, dass er ohne seine Küchenmannschaft nicht in der Lage wäre, die Gäste in so kurzer Zeit zu versorgen.

Fritz sagte in Richtung David: „Die Aussage von Thomas hat nicht nur mich neugierig auf deine Geschichte gemacht, jetzt wollen wir sie auch hören.“

David stand auf, kam zu uns an den Tisch und setzte sich mit einem Stuhl an die schmale Seite des Tisches. Er erzählte: „Ich bin inzwischen sechzehn Jahre alt und lebe erst seit gut fünf Monaten hier am Gutshof. Mit dreizehn Jahren wurde mir bewusst, dass ich auf Jungs stehe und mit Mädchen nichts anfangen kann. In der Hoffnung, bei meinen Eltern Beistand zu bekommen, outete ich mich bei ihnen.

Leider war meine Hoffnung ein Trugschluss, den ich wurde von meinen eigenen Eltern deswegen gemobbt. Kurz nach meinem vierzehnten Geburtstag hielt ich es nicht mehr aus und bin von zuhause abgehauen. Um mich über Wasser zu halten, landete ich nach kurzer Zeit auf dem Straßenstrich in München. Ja, ich bin anschaffen gegangen, um etwas zu essen zu bekommen oder vielleicht eine Nacht in einem vernünftigen Bett, statt unter einer Brücke zu schlafen.

Eines muss ich mir zugutehalten, ich ließ mich nie auf Drogen ein. Das ging auch rund neun Monate gut. Eines Tages wurde ich von der Polizei hopsgenommen, da ich noch minderjährig bin. Ich wurde dem Münchner Jugendamt übergeben und da, nach Überprüfung meiner Angaben feststand, dass meine Eltern froh waren mich los zu sein, wurde ich in ein Münchner Kinderheim gebracht und sollte wieder zur Schule gehen.

Nach nur wenigen Wochen verschwand ich aus dem Münchner Kinderheim und bin wieder auf dem Straßenstrich gelandet. Die nächsten Monate immer wieder das gleiche Spiel, aufgegriffen werden, zurück ins Kinderheim, erneute Flucht aus dem Kinderheim.

Im September vergangenen Jahres, hatten sich mich wieder einmal erwischt. Doch dieses Mal ging es nicht zurück ins Kinderheim. Mir wurde gesagt, dass ich am kommenden Tag nach Rosenheim gebracht werden sollte, wo weiter über mich entschieden werden wird.

Am frühen Abend wurde ich wieder in ein Polizeifahrzeug verfrachtet und der erste Weg führte ins Kinderheim. Ich dachte schon, dass ich doch dortbleiben kann, aber falsch gedacht, wir waren nur dort, um meine Bekleidung und meine persönlichen Sachen aus dem Kinderheim abzuholen.

Die nächste Info, dass ich die Nacht in einer Zelle der Polizeistation Rosenheim verbringen darf. Unterwegs erhielten die beiden Beamten einen Anruf, der am Ende dazu führte, dass ich von meinen beiden Begleitern hier am Gutshof bei Peter und Thomas abgeliefert wurde, wo ich von sechs Leuten in Empfang genommen wurde.

Barbara, die Sachbearbeiterin vom Jugendamt, Michael, der Sozialarbeiter am Gutshof, Peter und Thomas, sowie die beiden Mitbewohnern Felix und Dennis, einem schwulen Pärchen, erwarteten mich. Barbara erklärte mir, dass das wohl meine letzte Chance sei, mein verkorkstes Leben wieder in den Griff zu bekommen.

Ich könne wählen zwischen Thomas und Peter als Pflegevätern, die, da selbst schwul, kein Problem mit meiner Veranlagung hätten. Alternativ würde ich in einem Kinderheim in Rosenheim untergebracht werden, denn solange ich in München sein würde, würde ich immer wieder aus dem Kinderheim verschwinden.

Peter erklärte, er wolle mit mir ein Gespräch unter sechs Augen führen will, bevor ich eine Entscheidung treffen soll. Der Vorschlag wurde von Barbara angenommen und Peter forderte Dennis auf, uns zu begleiten. Ich war vorher der festen Überzeugung, dass er Thomas als dritte Person wählen würde.

Wir gingen zu dritt in das Zimmer, das zukünftig meine Bleibe sein sollte. Wir unterhielten uns. Ich erzählte Peter viel über mein bisheriges Leben. Irgendwann rutschte mir raus, dass ich doch nur hier sei, um für Peter und Thomas den Lustknaben abzugeben. Dennis meinte dazu, dass das der größte Humbug sei, den er jemals gehört hätte. Ich hätte von den Beiden nichts in diese Richtung zu erwarten. Er erklärte mir, dass ich wohl der größte Idiot sei, den er bisher kennengelernt habe, wenn ich die mir angebotene Chance auf ein normales Leben ablehnen würde.

Peter meinte dazu nur, ich könne mir das bis Morgen überlegen. Solange würde ich in der Zelle bei der Polizei untergebracht werden, und das wolle er auch so den Anwesenden mitteilen. Wir gingen zurück ins Wohnzimmer und, bevor Peter seinen Vorschlag unterbreiten konnte, erklärte ich, dass ich mich entschlossen hätte, doch hier zu bleiben und die mir angebotene Unterstützung und Hilfe bei der Rückkehr in ein neues Leben anzunehmen.

Bevor Barbara ging, sagte sie noch, dass ich jederzeit in ein Kinderheim wechseln könne, wenn ich mit meinen beiden Pflegevätern nicht klarkommen würde. Nach zwei Tagen war ich endgültig überzeugt, dass ich mich richtig entschieden habe. Vor allem deswegen, weil mich beide von Anfang wie einen Sohn behandelt haben und mir damit den Einstieg gewaltig erleichtert haben.

Heute behaupte ich, mir hätte nichts besseres widerfahren können. Beide waren nach ganz kurzer Zeit mehr Eltern für mich als meine Erzeuger in den vierzehn Jahren, die ich bei ihnen verbringen durfte. Um zum witzigen Ende zu kommen. Drei Tage später war Barbara bei uns, hat mich gefragt, wie es mir geht und wie ich mit meinen Pflegevätern zurechtkomme.

Dass ich schwer zufrieden war, sagte ich auch so. Bei dieser Gelegenheit fragte sie, ob wir einen weiteren Jungen aus dem Münchner Kinderheim als Pflegekind aufnehmen würden. Eigentlich fühlte ich mich nicht angesprochen. Peter bestand darauf, dass ich als Familienmitglied ein Mitspracherecht zu haben.

Es stellte sich heraus, dass es dabei um Tobias ging, der sich mit mir angefreundet hatte. Er hatte im Kinderheim angekündigt, dass er sich demnächst vom Acker machen will, um mich zu suchen, da ich nicht mehr ins Kinderheim zurückkehren würde. Man befürchtete, dass er auf der Suche nach mir ebenfalls auf dem Straßenstrich landen würde.

Bevor er verschwinden konnte, wurde er abgefangen und ihm mitgeteilt, dass er das Wochenende bei einer Pflegefamilie verbringen dürfe, um sich gegenseitig kennenzulernen. Man erklärte ihm, dass er damit die Chance habe, mich, David in der Schule zu treffen, da ich ebenfalls im Kreis Rosenheim leben würde.

Knapp zwei Stunden später traf er am Gutshof ein. Bereits nach dem ersten kurzen Gespräch entschied er sich dafür bei den Pflegevätern leben zu wollen, selbst wenn er mich doch nicht finden würde.

Was glaubt ihr was das für ein Hallo war, als er mir beim Abendessen endlich gegenüberstand und erfuhr, dass wir beide in der gleichen Pflegefamilie gelandet sind. Dass Peter und Thomas uns inzwischen adoptiert haben, ist der Beweis, dass wir uns bestens in die Familie eingefügt haben. Im Sommer mache ich meinen Schulabschluss und beginne meine Ausbildung als Bürokaufmann in der Stiftung Sonneneck.“

Fritz Ehefrau Marianne erklärte: „Thomas hat nicht übertrieben damit, als er meinte, du hättest schlimme Erfahrungen in deinem Leben gemacht. Das war heftig, was du uns erzählt hast. Was ich an dir bewundere, dass du frei und offen über dein verkorkstes Leben berichten kannst, was aber zeigt, dass du sehr viel Selbstbewusstsein hast, war das immer schon so?“

David erwiderte: „Nein, dass wir nicht immer so, erst Thomas und Peter haben mich dazu bewegt so selbstbewusst zu werden, wie ich heute bin. Aber nicht nur mir haben sie das Selbstbewusstsein eingetrichtert, auch Tobias, genau genommen alle Pflegekinder der Beiden leiden darunter!“

Fritz meinte: „Wenn ich deine launische Aussage betrachte, bist du und die anderen eher glücklich über diese Situation, dass eure Adoptivväter oder Pflegeväter euch in diese Richtung unterstützen.“

Marianne erklärte: „Jungs bleibt so wie ihr seid, ich habe euch heute als nette liebenswerte Kerle kennengelernt. Es war eine Freude mit eurer lustigen Truppe die Besichtigungstour am Gutshof zu erleben. Was mir imponiert hat, dass sich keiner in den Vordergrund gedrängt hat, sondern jeder seinen Beitrag leisten durfte.

Peter, eine Frage, wir würden euch alle gerne zu einem kleinen Kaffeekränzchen in eurem Hofcafé einladen, als kleines Dankeschön für die nette Unterhaltung bei der Führung und für die Einladung zum Mittagessen. Wir vier Damen sind uns einig, dass der Tag ein gelungener Tagesausflug war. Peter, an dich der Dank, dass du Barbaras Mann überzeugt hast, seine Frau mitzunehmen.

Dass wir uns angeschlossen haben, war frech. Aber wir haben schon lange keinen so interessanten Tagesausflug gemacht. Wenn ihr wieder einmal im Allgäu seid, schaut doch bei uns vorbei. Ich freue mich schon auf euch und bringt ruhig eure Jungs mit.“

Ich erklärte: „Marianne, heute ist Premierentag. Ich bin noch nie von einer Frau zum Kaffeetrinken eingeladen worden. Ich nehme eure Einladung, auch im Namen der Kids, gerne an. Auf dem Weg dorthin machen wir noch einen Abstecher ins IT-Gebäude. Die Jungs haben es ausgelassen, weil sie keinen Zutritt zu diesem Gebäude haben. Es gibt dort drei Wohnungen im Gebäude, die bewohnt sind. Sie wollten die Jungs sonntags nicht stören.“

Auf dem Weg ins IT-Gebäude rief ich bei Noah an und fragte, ob Simon bereits auf dem Heimweg sei. Er erklärte mir, dass Simons Eltern gerade hier sind und seinen Koffer ins Fahrzeug einladen. In wenigen Minuten wollen sie losfahren, immerhin müsse Simon morgen wieder in die Schule. Ich bat ihn, die drei noch kurz aufzuhalten. Weil ich mit einer Gästegruppe zu ihnen unterwegs sei, kann ich mich noch kurz verabschieden. Er könne, wenn er will, kurz die Gäste durchs IT-Gebäude führen und ihnen ein wenig erklären.

Schon von weitem konnte ich erkennen, dass alle vier am Auto von Simons Eltern standen und Bruno gerade einen Koffer in den Kofferraum packten. Beim Näherkommen erblickte uns Simon und rannte auf uns zu. Er umarmte mich und sagte laut, dass alle es hören konnten: „Peter, schön, dass du doch noch gekommen bist, um dich von mir zu verabschieden. Leider beginnt morgen wieder die Schule und ich muss zurück nach Hause.

Nach mir mussten David und Tobias in den sauren Apfel beißen, Simon umarmte die zwei und er sagte dasselbe, was er vorher zu mir gesagt hatte. Den Kids drückte er nur die Hand und lief wieder zu seinen Eltern zurück. Inzwischen standen wir ebenfalls neben dem Auto und ich wünschte ihnen eine gute Heimreise. Korbinian schaute Bruno und Babsi an und sagte dann: „Irgendwoher kenne ich euch. Mir fällt gerade nicht ein, wo wir uns schon getroffen haben.“

Bruno grinste und antwortete: „Sie sind der Bürgermeister von Marktoberdorf, wir haben uns schon mehrmals getroffen, meist immer nur sehr kurz. Wir sind Dauercamper auf dem Campingplatz, der in den nächsten Jahren viele neue Nachbarn bekommt. Dort sind wir uns gelegentlich über den Weg gelaufen.“

Marianne meinte: „Dann ist der junge Mann, der Peter und seinen beiden Jungs um den Hals gefallen ist, sicher euer Sohn Simon.“

Simon rief dazwischen: „Ja, der bin ich.“

Marianne sprach weiter: „Ich habe dich doch einige Zeit nicht mehr gesehen. Du bist inzwischen ganz schön groß geworden. Was mir auffällt, du bist nicht mehr so schüchtern und zurückgezogen, wie ich dich kennengelernt habe. Ich erinnere mich, dass deine Eltern uns damals erklärt haben, dass du am Asperger-Syndrom leidest und die meiste Zeit sehr in dich gekehrt bist. Du wirkst auf mich so verändert.“

Bruno erklärte: „Frau Bürgermeister, das geht nicht nur ihnen so. Seit Peter mit seiner Truppe auf dem Campingplatz war, kennen wir unseren eigenen Sohn nicht wieder. Simon war jetzt eine Woche hier am Gutshof, weil er ab September eine Ausbildung zum Programmierer machen will. Er hat seinen Ausbildungsvertrag und wird mit dem Ende der Schulzeit hierher umziehen.

Er wird bei Noah wohnen, dem jungen Mann neben Simon. Noah leidet wie er am Asperger-Syndrom. Die beiden Jungs sind sich bereits vor über zehn Jahren bei einer Untersuchung in einem Münchner Krankenhaus begegnet und vor wenigen Wochen haben sie sich am Campingplatz wiedergetroffen. Seit dem Zeitpunkt ist er richtig aufgeblüht. Er ist so glücklich, dass er jetzt doch Programmierer werden kann und nicht in einer Werkstatt für Behinderte zu arbeiten braucht.

Aber nicht nur Simon ist aufgeblüht. Seit Noah vor einigen Wochen zum Gutshof kam und dort eine Chance bekam, in seinen erlernten Beruf als Programmierer zu arbeiten, hat auch er sich positiv verändert. Mit Bernhard haben die beiden einen Chef, der hervorragend mit den beiden Jungs umgehen kann, obwohl er nur gut zwei Jahre älter als Simon und sogar jünger als Noah ist.“

Wie gerufen tauchte Bernhard in diesem Moment in der Haustür auf und meinte: „Noah hat mich angerufen und gebeten, mit ihm zusammen und einigen Gästen von Peter eine Führung durch unsere heiligen Hallen zu veranstalten.“

Er blickte zu den Kids und meinte: „Wollt ihr auch mitkommen oder wartet ihr vor der Tür bis wir wieder zurückkommen?“

Stephan erklärte frech: „Logisch kommen wir mit. Wir wollen endlich sehen, wie es bei euch aussieht. Allein dürfen wir nicht ins IT-Gebäude, wir könnten ja Unfug machen. Uns interessiert auch, wo und wie ihr jetzt wohnt, seit ihr aus dem Gesindehaus ausgezogen seid.“

Simon und seine Eltern waren inzwischen ins Auto eingestiegen, Bruno hatte den Motor gestartet und langsam rollte der Wagen vom Vorplatz des IT-Gebäudes. Wir winkten noch kurz hinterher und betraten dann den Eingangsbereich des Gebäudes.

Bernhard erklärte: „Im Erdgeschoss haben wir auf der einen Seite unser neues Rechenzentrum, dass mehr als sechs Mal so groß ist, wie das Alte im Gutshaus.

Auf der anderen Seite sind die Büros der Wohnungs- und Mietverwaltung. Vollständig besetzt werden diese Büros erst ab Ende September, wenn die Münchner Mitarbeiter auf den Gutshof umziehen werden. Eine Bitte habe ich an alle, im Rechenzentrum bitte keine Knöpfe drücken oder Schalter betätigen. Ich habe keinen Bock darauf, dass jemand das System lahmlegt und Großalarm bei allen IT-Mitarbeitern ausgelöst wird.“

Nach der Besichtigung des Rechenzentrums ging es in die erste Etage. Bernhard sagte: „Hier im Flur haben wir zwei Besprechungszimmer, die nicht nur von der IT, sondern auch von der Hausverwaltung genutzt wird. Es besteht aber die Möglichkeit, dass auch andere Abteilungen, die nicht im Haus sind, die Räumlichkeiten nutzen.

Links ist die allgemeine IT, wie Netzwerktechniker, Webprogrammierer, die kaufmännischen Mitarbeiter und die Beschaffungsabteilung untergebracht. Auf der anderen Seite entstehen die Büros des Bereichs Bauplanverwaltung und Dokumentenmanagement. Hier werden alle Mitarbeiter, wie Programmierer, der Kundenverwaltung und des technischen Supports untergebracht. Startschuss ist Anfang März. Das wird auch der Bereich der IT, der in den nächsten Monaten den größten Personalzuwachs haben wird.“

Er zeigte uns noch das Büro, in dem er mit Noah arbeitet und wo ab September Simon hinzukommen würde. Anschließend ging es ins Dachgeschoss, wo plötzlich Noah die Führung übernahm und erklärte: „Hier gibt es drei Wohnung, zwei mit zwei Zimmer und eine mit drei Zimmern. Bernhard und Benjamin haben die große Wohnung, eine Wohnung teile ich mir zukünftig mit Simon und in der dritten Wohnung leben Ludwig und Christian.

Christian und Benjamin sind Brüder. Benjamin arbeitet in der Stiftungsverwaltung. Christian ist Auszubildender im Gemüseanbaubetrieb. Ludwig arbeitet bisher in der Stiftungsverwaltung und wird Anfang März kaufmännischer Leiter und Prokurist im Bereich Bauplanverwaltung und Dokumentenmanagement. Bernhard wird technischer Leiter und ebenfalls Prokurist.

Noah öffnete seine Wohnung und meinte, schaut euch ruhig um, noch ist nicht alles perfekt, aber ich wohne gerade einmal eine Woche hier. Die Möbel wurden vor einer Woche aufgebaut. Ich hörte, wie eine der Frauen meinte, dass hier sehr ordentlich aufgeräumt sei, was Noah damit erklärte, dass alle Menschen mit Asperger-Syndrom lieber in einem aufgeräumten und übersichtlichen Umfeld leben wollen.

Bevor Bernhard seine Wohnungstür öffnete, warnte er gleich vor, dass bei ihm und Benjamin nicht so perfekt aufgeräumt sei, sie sich aber gerne umschauen dürfen, aber ohne auf die Idee zu kommen, aufräumen zu wollen. Zum dritten Zimmer erklärte er: „Benjamin und ich haben beschlossen, wenn wir verheiratet sind ein Kind zu adoptieren. Bis dahin haben wir Peter angeboten, dass er eines seiner Sorgenkinder bei uns unterbringen könne.“

Inzwischen war es bereits nach vierzehn Uhr dreißig, als wir aufbrachen und ins Hofcafé gingen. Noch immer herrschte reichlich Betrieb im Straßenverkauf. Das Café war bis auf wenige Plätze unbesetzt. Als sich alle gesetzt hatten und Kaffee und Kuchen, oder Kakao für die Jüngeren, vor sich hatten, meinte Elisabeth, die Gattin des Leiters des Bauamts von Biessenhofen: „So langsam verstehe ich, warum sich so viele Jugendliche aus Kinderheimen bei euch um einen Ausbildungsplatz bewerben.

Ich möchte behaupten, dass in allen Unternehmen der Gutshofgruppe ein überragendes Betriebsklima herrscht, was sich herumspricht und euch so attraktiv für die Jugendlichen, aber auch für sonstige Mitarbeiter macht. Dazu die umfangreichen sozialen Leistungen, die die Betriebe bieten. Dass ihr den auswärtigen Auszubildenden auch noch eine Unterkunft anbietet, gibt es nur noch in sehr wenigen Betrieben.

Thomas erklärt: „Die Aussage wird durch eine sehr niedrige Fluktuationsrate bestätigt. Aber auch dadurch, dass neu ausgeschriebene Stellen in kürzester Zeit besetzt werden können.“

Korbinian erklärte: „Ich habe mich, als Peter uns damals seine Pläne erläuterte, darüber gewundert, dass er Wohnungen für Mitarbeiter errichten will. Es scheint ein Teil seiner Strategie zu sein, seinen Mitarbeiter soziale Leistungen anzubieten, die ihn als Arbeitgeber überaus attraktiv erscheinen lassen.“

Thomas sagte dazu: „Peter hat einmal erklärt, dass er in den Unternehmen keine riesigen Gewinne erwirtschaften muss, da er keine Aktionäre im Nacken hat, die jedes Jahr höhere Dividenden erwarten. Deshalb könne er sich auch den Luxus erlauben, mehr soziales Engagement gegenüber den Mitarbeitern zu zeigen.

Betrachten wir dabei die Stiftung, hier zeigt sich das am deutlichsten. Die Überschüsse werden aufgeteilt, fünfzig Prozent gehen in die Leistungen der Stiftung, die restlichen fünfzig Prozent werden für Neuinvestitionen verwendet. Da nirgends Fremdkapital eingesetzt wird, fallen Kosten für Dritte von vornherein weg. So hat bereits sein Vater gewirtschaftet und vermutlich gibt es eine Reihe von Vorfahren, die das genauso gehandhabt haben.

Wie mir Peter erzählt hat, ist Robert auf die Stiftung zugekommen und hat ihr den Campingplatz angeboten, weil er erkannt hat, dass damit ein langfristiger Erhalt des Campingplatzes gesichert wird. Bei Käufern, die mit anderen Beweggründen den Kauf anstreben, wäre das nicht immer gesichert.

Peter hat Robert am Ende damit überrascht, dass er mit seinen Investitionsplänen nicht nur den Fortbestand des Campingplatzes sichert, sondern die Attraktivität des Standorts aufwertet. Genau genommen profitiert auch die Stadt Marktoberdorf von den Investitionen, durch höhere Gewerbesteuereinahmen. Mit der Trägerschaft für den geplanten integrierenden Kindergarten unterstützt er die Stadt bei der Erfüllung ihrer gesetzlichen Verpflichtungen.“

Korbinian antwortete: „Thomas, ich sehe das wie du. Mit dem Jugendhotel wird der Ort aufgewertet. Aber Peter besteht darauf, dass alles energieeffizient gebaut wird und will eine Nahwärmeversorgung. Damit treibt er den weiteren Ausbau unserer bereits bestehenden Nahwärmeversorgung voran. Ohne seine Anregung Sozialwohnungen zu errichten, wären wir nie auf die Idee gekommen, diese im neuen Baugebiet auszuweisen.

Inzwischen ist die städtische Wohnungsgesellschaft mit ins Projekt eingestiegen. Sie werden vermutlich einen Teil oder sogar alle Sozialwohnungen übernehmen. Die Mitarbeiter sind sie gerade in der Prüfung der Pläne des Rosenheimer Architekten. Erst mit Peters Vorschlägen und seinen Plänen wurde aus dem geplanten Vorhaben ein vorbildliches Projekt. Mit dem Jugendwohnheim bekommen wir eine weitere Einrichtung, die wir uns finanziell eigentlich nicht leisten können. Private Investoren haben im Regelfall kein Interesse, da dort keine großen Gewinne zu erwarten sind.

Im Grunde genommen ist es kein gutes Zeichen für eine Gemeinde, wenn ein Außenstehender die Impulse setzen muss, die für ein zukunftsträchtiges Neubaugebiet notwendig sind. Hätte Robert nicht seinen Campingplatz an die Stiftung verkaufen wollen, wäre das Neubaugebiet im üblichen Stil errichtet worden und eine gute Möglichkeit in die Zukunft zu investieren wäre in diesem Augenblick hinfällig gewesen.

Dass er uns dabei noch vor größerem Schaden bewahrt hat, ist dabei nicht einmal berücksichtigt. Es war für uns der absolute Glücksfall, dass gerade er zur richtigen Zeit am richtigen Ort war.“

Ich meinte: „Leute, lasst die Lobhudelei, denn ich habe nur das getan, was ich aus unternehmerischer Sicht immer mache. Mein Ziel ist, wie bringe ich die Stiftung voran, um noch mehr benachteiligten Menschen zu helfen und was ist notwendig, um zufriedene Mitarbeiter im Unternehmen zu haben. Dabei sollte das Ergebnis so umweltfreundlich wie möglich sein. Ich habe nichts anderes getan, als mich an meine von mir selbstgesteckten Ziele zu halten.“

Fritz lachte und sagte: „Peter, so einen Investor, der das Wohl von benachteiligten Mitmenschen im Focus hat, könnten wir in unserer Verwaltungsgemeinschaft und in der Gemeinde dringend benötigen. Können wir dich und die Stiftung Sonneneck überreden, auch bei uns in sozialen Projekten einzusteigen oder mitzuwirken?“

Ich meinte: „Grundsätzlich können wir immer über entsprechende Projekte nachdenken. Vergiss aber dabei nicht, dass ich nicht nur helfen will, sondern gleichzeitig die Stiftung vorantreiben und in die Zukunft führen will. Mein wichtigstes Ziel in der Stiftung Sonneneck ist es, möglichst vielen benachteiligten Kinder und Jugendlichen, ohne oder mit ihren Eltern, einen ein- oder zweiwöchigen unbeschwerten Urlaub zu ermöglichen. Meldet euch einfach, wenn ihr eine gute Idee habt und wir schauen, wie wir euch bei der Umsetzung unterstützen können.“

Inzwischen war es fast sechzehn Uhr und Korbinian meinte: „Wir sollten so langsam aufbrechen. Immerhin haben wir noch den Heimweg vor uns. Aus meiner Sicht war es für alle Beteiligten ein erfolgreicher Tagesausflug. Du Fritz, kennst die genauen Hintergründe der Gaunereien, die auf euch zukommen. Dazu hast du einiges über einen sozial eingestellten Investor erfahren. Wie ihr in der Sache neues Baugebiet vorgeht, liegt jetzt in eurer Hand.

Dass unsere Frauen, die uns begleitet haben, ebenfalls einen interessanten Tag erlebt haben, hatten wir so nicht erwartet. Dazu möchte ich mich bei den Kids bedanken, die sie bei einer grandiosen Führung durch den Gutshof begleitet haben. In mir ist die Erkenntnis gereift, dass erst ein Ortsfremder kommen musste, um unser Neubaugebiet und die Planung dazu in die bestmögliche Richtung zu lenken.“

Fritz zahlte für alle, wie es seine Frau bereits angekündigt hatte und wunderte sich nur, dass seine Rechnung niedriger ausgefallen sei, als er sie erwartet hatte. Als er sich bei der Servicemitarbeiterin danach erkundigte, erhielt er nur die Auskunft, dass von der Rechnung ein zehnprozentiger Personalrabatt abgezogen sei. Er erhöhte großzügig das Trinkgeld, so dass er am Ende doch den vollen Preis bezahlte.

Wir gingen zurück zum Gutshaus, wo wir uns von ihnen verabschiedeten, wobei sich die Kids für den gesponserten Kuchen und das Getränk bedankten. Anschließend stiegen sie in ihre Autos und die traten Heimreise an. Unsere beiden Jungs gingen mit uns nach oben in die Wohnung, der Rest der Kids ging zu sich nach Hause.

Das Wochenende war nicht gerade nach meinen Plänen abgelaufen. Erholen konnte ich mich trotzdem, denn der ungeplante Sonntag war ruhiger und entspannter über die Bühne gegangen, als ich noch am Samstagabend befürchtet hatte.

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