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Regenbogenfamilie

Teil 42 - Die Zeit vergeht wie im Flug

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Informationen

 

Die nächsten Wochen verliefen weiterhin turbulent. Trotzdem hatten wir bis Anfang August einiges geschafft. Anfangs waren wir vornehmlich mit scannen alter Unterlagen, der Indizierung und Zuordnung zu den Zugriffsgruppen beschäftigt. Klaus unterstützte uns ab Anfang Juni zuerst noch intensiv bei der Digitalisierung der Dokumente, aber je näher der erste Juli rückt, desto mehr beschäftigte er sich mit der Einrichtung der Buchhaltungen für die Winter GmbH und für den Gutshofbetrieb.

Zuerst wurde die Buchhaltung für die Gärtnerei eingerichtet, bei der wir am Ende nicht nur ab Juli buchen konnten. Wir brauchten für den Jahresabschluss auch sämtliche Daten und die Saldovorträge aus dem Vorjahr. Ich führte dazu einige Gespräche bis wir endlich alle relevanten Daten vom bisherigen Steuerberater von Fritz Winter erhielten, die wir dann in unsere Buchhaltung einspielen konnten.

Parallel dazu wurde die Immobilienverwaltung und die Anlagenbuchhaltung eingerichtet und, nach und nach, die Wohnungen, Gewerbeeinheiten und das Inventar erfasst, so dass wir langsam, aber sicher, einen Überblick erhielten was alles zum Vermögen des Gutshofes gehört. Dabei tauchten noch einige Überraschungen auf, mit denen vorher wir nicht gerechnet hatten.

Gerade das Inventar zeigte sich dabei als eine Art Wundertüte, nachdem wir vom Steuerberater die vollständigen Unterlagen erhalten hatten. Immerhin wusste ich vorher bereits dass der gesamte landwirtschaftliche Fuhrpark, den der Pächter nutzte, im Eigentum des Gutshofes stand. Hinzu kamen noch einige landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge, die von meinem Vater an einen Unternehmer vermietet waren, die dieser als Lohnunternehmer bei verschiedenen Landwirten im Einsatz hatte.

Schwierig wurde es für mich in dem Moment, als Ende September die Kündigung der Mietverträge für diese Fahrzeuge ins Haus flatterten. Der Unternehmer erklärte mir, dass er aus Altersgründen seine kleine Firma aufgeben will. In zähen und langwierigen Verhandlungen konnte ich mit dem Unternehmer erreichen, dass er sein Lohnunternehmen an mich verkaufte und wir ab Januar den kleinen Betrieb mit allen bisherigen Mitarbeitern übernahmen und unverändert weiterführten.

Immerhin hatte die Aktion auch eine positive Seite. Die Mitarbeiter saßen nicht auf der Straße und waren sehr bemüht, neue Auftraggeber für den bisher vernachlässigten Teilbereich Winterdienste zu finden. Wir hatten das Glück, dass ein bisher ausschließlich auf diesem Gebiet tätiger Landwirt sich aus dem Geschäft zurückzog und wir damit seine Kunden und Maschinen übernehmen konnten.

Mutter konnten wir überreden für mindestens drei Monate nach Mallorca zurückzufliegen und dort ihren Haushalt endgültig aufzulösen. Sie sollte zumindest noch so lange auf der Insel bleiben, bis die Wohnung, die für sie und Elisabeth geplant wurde, im Gutshaus fertiggestellt war. Unser einziges Problem war, sie dürfte erst Ende September zurückkommen, da ihre Wohnung, die sie sich langfristig mit Elisabeth teilen wollte, zwar zuerst umgebaut wurde, jedoch erst ab Ende September bezugsfertig sein würde.

Zusätzlich tauchten neue Schwierigkeiten auf, da auch Elisabeth, Thomas Mutter, bereits zu diesem früheren Zeitpunkt auf den Gutshof umziehen wollte, weil die beiden alten Damen beschlossen hatten, gleichzeitig in die gemeinsame Wohnung einzuziehen. Geplant hatten wir ursprünglich, dass Thomas Mutter erst Ende November, in etwa zeitgleich mit uns, umziehen sollte. Sie hatte allerdings ihren Mietvertrag bereits rechtzeitig zum ersten Oktober gekündigt, so dass für sie keine zusätzlichen Kosten anfallen sollten.

Thomas, ich, Philipp und Marcus wären dann an der Reihe spätestens ab Mitte November ins Gutshaus umzuziehen.

Ich selbst war bereits in der zweiten Junihälfte für knapp zwei Wochen auf Mallorca, um den Kauf der Wohnungen, den Vater noch vorbereitet hatte, zu beurkunden. Meine Mutter hatte gemeint, es würde weitaus mehr Sinn machen, wenn ich das selbst in die Hand nehme.

Mutter war zwar noch Geschäftsführerin, wollte aber mit den anfallenden Arbeiten zukünftig nichts zu tun haben. Sie kündigte an, dass sie sich aus der Geschäftsführung zurückziehen will und nur als Gesellschafterin bleibt. Gleichzeitig mit dem Kauf der Wohnungen unterschrieb ich die notwendigen Dokumente für ihr Ausscheiden aus der Geschäftsführung, welche von meiner Mutter während ihres Aufenthalts auf Mallorca unterzeichnet wurden.

Gleichzeitig regelte ich mit Pedro Garcia alles bezüglich der Vermietung der Finca ab Ende September sowie den Wohnungen auf der Insel. Ich vereinbarte mit ihm, dass er uns zukünftig Kopien der Vermietungen in digitaler Form zur Verfügung stellt. Wenn möglich sollten alle Verträge zweisprachig sein, damit sie für unsere Buchhaltung und die Immobilienverwaltung problemlos zu verstehen sind.

Weiter vereinbarte ich mit ihm, dass wir ab Anfang des kommenden Jahres alle Mieten der fest vermieteten Wohnungen direkt von den Mietern auf das spanische Konto einziehen würden. Er sollte mit den Mietern eine Einzugsermächtigung vereinbaren. Ihm verbliebe danach noch die Abwicklung der regelmäßigen Vermietung der Ferienappartements und der Finca.

Alle Zahlungen gingen auf ein Konto bei einer spanischen Bank, über das ich nach meiner Rückkehr von Mallorca online verfügen konnte, nachdem ich bei der Bank die Umstellung auf digitale Kontoführung beantragt hatte. Diese Daten sollten zukünftig in unsere Buchhaltung einfließen.

Die Kaufverträge für sämtliche Wohnungen wurden mir direkt nach Deutschland ins Büro geschickt, damit wir sie in unsere Immobilienverwaltung einbringen konnten. Alejandro und Jorge, die ich gelegentlich traf, berichteten mir von den Fortschritten, die ihren Umzug nach Deutschland betrafen und versicherten mir, noch vor Weihnachten bei uns zu sein.

Der junge Mann, den er als Nachfolger für seinen Poolservice ins Auge gefasst hatte, hatte sich bereit erklärt, den Poolservice von Alejandro zu übernehmen und das Unternehmen weiterzuführen, nachdem ihm Alejandro bei der Bezahlung des Kaufpreises mit einer Teilzahlung und monatlichen Raten großzügig entgegengekommen war.

Kurz nach meiner Rückkehr nach Deutschland starteten bereits die ersten Umbaumaßnahmen im Gutshofgebäude, in dem zukünftig die Wohnungen für die Familie zu finden sind. Vor allem im Bürobereich, im Erdgeschoss des Gebäudes, war an manchen Tagen ein vernünftiges Arbeiten fast nicht mehr möglich, da der Baulärm teilweise unerträglich war. Der ehrgeizige Plan war, spätestens bis Anfang November alle Wohnungen fertig zu haben.

Vor meinem Abflug nach Mallorca hatte wir noch die beiden Arbeitsverträge für Klaus Brunner und Andreas Kowalsky, sowie die beiden Ausbildungsverträge für Daniel Burghart und Bernhard Kowalsky ausgefertigt und unterschrieben. Die Ausbildungsverträge wurden der Industrie- und Handelskammer zur Eintragung in die jeweiligen Ausbildungsverzeichnisse vorgelegt. Dort gab es erwartungsgemäß keinerlei Probleme, da wir ausreichend qualifizierte Ausbilder nachweisen konnten.

Klaus startete, wie vereinbart, am ersten Juni mit der Einrichtung der Buchhaltungen, so dass er ab Anfang Juli sofort mit den Buchungen des Gartenbaubereichs beginnen konnte. Er musste die Buchhaltung so gestalten, dass die Winter GmbH und die spanische Firma jeweils als eigener Mandant geführt wurden, da für diese jeweils gesonderte Jahresabschlüsse zu erstellen waren. Der Rest der Buchhaltung lief über den Gutshof. Er wollte jedoch einen sogenannten Konzernabschluss erstellen und dafür benötigte er eine übergeordnete Firma, in der statistisch alle Einzelergebnisse zusammengefasst wurden. Er erklärte mir noch, dass die Struktur damit auch zukunftsfähig sei, sofern ich in der Zukunft weitere Gesellschaften übernehmen will.

Wir hatten uns frühzeitig für die Buchhaltungs-Software der Firma DATEV entschieden, weil es für die Immobilien- und Mietverwaltung, für die Personalverwaltung, für den gastronomischen Bereich und für den Hofladen sowie die Gärtnerei bereits geeignete Programme gab, die sofort eingesetzt werden konnten und die ihre Umsatzdaten ebenfalls direkt in die Buchhaltung lieferten.

Sehr früh wurde auch schon die mandantenfähige Personalverwaltungssoftware in Betrieb genommen und als erstes mit den Stammdaten der Mitarbeiter der Gärtnerei und der neuen Mitarbeiter des Gutshofes versorgt, damit spätestens Ende Juli die ersten Gehaltsabrechnungen erstellt werden und die Gehälter zur Auszahlung gelangen konnten. In einem weiteren Schritt folgten die vorhandenen Mitarbeiter, die wir vom bisherigen Pächter übernommen haben.

Die Buchhaltung für den landwirtschaftlichen Bereich wurde, wie bisher, mit den normalen Buchhaltungsprogrammen erledigt. Lediglich die Ausgangsrechnungen sollten ab Januar über die gleiche Software, die in der Gärtnerei eingesetzt ist, erstellt und an die Buchhaltung übergeben werden.

Selbst für die Verwaltung des hotelähnlichen Betriebes, also für das Gesindehaus, gab es ein Programm, das alle Ergebnisse direkt in die Buchhaltung lieferte. Diese Software wird allerdings erst ab Sommer nächsten Jahres zum Einsatz kommen.

Immerhin hatten wir Ende Juli von der Telekom die versprochene Breitbandanbindung erhalten, so dass unsere Server, egal ob im Gutsgebäude oder noch in unserem Wohnhaus, schnell von außen erreicht werden konnten.

Die Anbindung der Gärtnerei wurde gleichzeitig erheblich verbessert, so dass wir dort einen leistungsfähigeren Internetanschluss erhielten und Manuel damit immer mehr Arbeiten direkt in seinem Büro in der Gärtnerei erledigen konnte. Er musste nicht immer erst zum Gutshof fahren, um seine Daten zeitnah einzugeben oder zu pflegen. Damit wurde es einfacher, die Lieferscheine zu erstellen und sowohl die Lieferscheine, als auch die dazugehörigen Rechnungen, vor Ort auszudrucken.

Ich darf nicht vergessen, Mitte Juli sind Jonas und Tim endgültig von Hannover nach Rosenheim in unser Gästezimmer umgezogen und blieben dort bis zum endgültigen Umzug ins Verwalterhaus Ende Oktober.

Unsere Dokumentensammlung hatte inzwischen einen Umfang angenommen, wie von Bernhard prognostiziert. Langsam, aber sicher, wäre sie immer unübersichtlicher geworden Sie konnte jedoch mit Hilfe der neuen Dokumentenverwaltung immer noch vernünftig verwaltet werden.

Der erste große Schwung an alten und noch aufbewahrungspflichtigen Dokumenten war digitalisiert. So konnten wir den zweiten gemieteten Scanner bereits im Oktober wieder zurückgegeben. Den Rest würden wir mit unserem eigenen Scanner auch noch bewältigen, da wir gemeinsam, wenn etwas ruhigere Momente waren, die alten Dokument aufbereiten und scannen könnten. Auch die Eintragung der Zugriffsberechtigungen war bereits in einem guten Stadium angekommen, so das mir fast nur noch die Freigabe der Dokumente blieb.

Anfang Juli wurde unser Buchhaltungsteam um zwei weitere Mitarbeiter verstärkt, da die Immobilienverwaltung mehr Aufwand erforderte, als ursprünglich von mir gedacht wurde. Wenn alles im Fremdauftrag durchgeführt wird, sieht man nicht immer sofort, welcher Arbeitsaufwand wirklich dahintersteckt. Damit die Immobilienverwaltung aussagekräftiger wurde waren bei allen Objekten zusätzliche Informationen und Grundrisspläne hinterlegt. Ich brauchte einige Tage, bis ich so langsam die Zusammenhänge erkannte.

Ich versuche einfach euch das Ganze zu erklären. Das Erste, das anzulegen war, ist das Grundstück. Jedem Grundstück wiederum wurde ein oder mehrere Gebäude zugeordnet. Danach konnten die Mieteinheiten angelegt werden und den Häusern zugeordnet werden. Der nächste Schritt war die Stammdaten des Mieters ins System zu bringen. Nun konnte jeder Mieter mit seinem Mietvertrag einer der Mieteinheiten zugeordnet werden.

Wenn ihr mich jetzt fragen wollt warum extra Mieterstammdaten, das habe ich auch erst verstanden, als es mir mit folgendem Beispiel erläutert wurde. Nehmen wir einmal an Mieter B wohnt in einem Appartement mit der Nummer 114. Er heiratet, und braucht, weil er bereits seinen Nachwuchs mit einplant, zukünftig eine Drei-Zimmer-Wohnung. Er fragt an, ob im gleichen Haus oder in den Nachbarhäusern in nächster Zeit eine größere Wohnung frei wird.

Daher besteht die Möglichkeit, ihm im Nachbarhaus eine Wohnung in der richtigen Größe anbieten. Beim Umzug zieht der Stammsatz des Mieters mit auf die neue Wohnung, muss also nicht erneut angelegt werden. Gleichzeitig hinterlegt die Software in der Historie, dass der Mieter bisher, bis zum Zeitpunkt X, eine andere Wohnung angemietet hatte. Für die Nebenkostenabrechnung brauche ich diese Daten noch, da für den Zeitraum ab ersten Januar bis zum Tag seines Auszugs die Nebenkosten noch nachträglich bei ihm abgerechnet werden müssen.

Die Pläne für das Restaurant und den Neubau des Küchentraktes waren inzwischen von der Gemeinde und dem Landratsamt genehmigt, so dass Ende August mit den Bauarbeiten, also mit dem Aushub für den Neubau, begonnen wurde. Die Fertigstellung sollte erst Mitte nächsten Jahres erfolgen, da erst während der Bauarbeiten teilweise entschieden wird, welche Einbauten vorgenommen werden müssen. Die Umbauten an dem Gebäude für den Hofladen und das Gutshof-Café waren ebenfalls wenige Tage vorher angelaufen.

Die Planungen für den Umbau des Gesindehauses waren abgeschlossen. Die Bauarbeiten sollten dort erst beginnen, wenn die anderen Gewerke wie Gutshaus und Hofladen mit Café weitestgehend abgeschlossen sind, da sie gut in den Wintermonaten durchgeführt werden konnten. Einige der einheimischen Handwerker mussten zum Teil kurzfristig ihre Belegschaft verstärken. Diese bestand hauptsächlich aus Leiharbeitern, die teilweise einige hundert Kilometer weit entfernt wohnten und unter der Woche direkt auf der Großbaustelle in angemieteten Wohncontainern übernachteten.

Den Umbau des Bürotraktes im Gutshof wollten wir erst im kommenden Jahr durchführen, wenn wir für den Umbauzeitraum alternative Räumlichkeiten auf dem Gelände zur Verfügung hatten oder wenn die Büros in ein anderes Gebäude ausgelagert werden könnten. Die Planungen für die Umbauten der sonstigen Gebäude, zum Beispiel für den Wohnbereich der Erntehelfer, waren im vollen Gange. Hier würden wir auch die Wintermonate für den Umbau nutzen, soweit es zeitgleich möglich war.

Mit Jason und Jennifer als unsere Architekten und mit Jasons Vater im Hintergrund, hatten wir ein Dreigespann, dass unsere Wünsche verstand und gut in den Plänen und in der Ausführung umsetzte. Inzwischen hatte mir Max Schreiber, mein ehemaliger Mitbewohner während des Studiums in der Wohngemeinschaft, auch erzählt, warum er seinen Job in einem der größten renommierten Münchner Architekturbüros aufgegeben hatte und in die Heimat zurückgekehrt war.

Zum einen hatte sein Vater den Rückzug aus dem Architekturbüro angekündigt und gleichzeitig wollte er weg von einer feinen Gesellschaft, die zu viel Geld besaß und ihrem geradezu langweiligen Geschmack in Sachen Architektur.

Hier auf dem Land konnte er endlich wieder ein richtiger Architekt sein, der mit seinen Kunden gemeinsam das Traumhaus plante. Er hatte sich inzwischen zusätzlich einen hervorragenden Ruf damit erarbeitet, dass er nicht nur Neubauten plante, sondern gerade bei Renovierungen und Umbauten, moderne Technik mit alter Bautradition kombinieren konnte, wie es auch bei unserem Projekt der Fall war. Dafür gab es nicht so viele Spezialisten. Die meisten Architekten hatten sich auf die reine Neubauplanung beschränkt.

Wie schon gesagt, Jonas und Tim waren nach ihrem Abitur wieder bei uns eingezogen und verbrachten die meiste Zeit entweder auf dem Gutshof oder in der Gärtnerei bei Manuel. Auch sie halfen bis zum Beginn des Studiums fleißig mit unsere alten Dokumente zu digitalisieren. Jonas meinte sogar, dass es für ihn interessant ist, in den alten Dokumenten zu stöbern, da er bereits einiges über die Landwirtschaft in der Vergangenheit und über die damals noch beschwerliche und personalintensive Arbeit lernen konnte.

Manuel wohnte ab Juli vorübergehend für einige Monate bei Daniels Eltern, da sich der Umzug in eine gemietete Wohnung für die beiden nicht mehr rechnete, weil auch sie spätestens Ende November ins Verwalterhaus umziehen würden. Jonas und Tim würden fast zeitgleich mit den beiden ins Verwalterhaus einziehen, genaugenommen spätestens zu dem Zeitpunkt, an dem unsere Wohngemeinschaft im Reihenhaus in Rosenheim aufgelöst werden sollte.

Auch Thomas und ich, sowie Philipp und Marcus durften sich langsam Gedanken zum Umzug ins Gutshaus machen. Die wenigen Wochen und Monate würden schneller vorbeigehen, als wir glaubten. Martina und Christoph mit ihren beiden Kindern wollten erst im Januar oder Februar umziehen, da für sie eine regelmäßige Anwesenheit erst ab dem Zeitpunkt der Fertigstellung des Hofladens und des Cafés erforderlich war.

Das größte Problem, das noch nicht endgültig geklärt war, war der Wunsch des Pächters, bereits Anfang Oktober die Beendigung des Pachtvertrages durchzuführen, da in den Spätherbst- und Wintermonaten bis Dezember am Gutshof bereits die Weichen für die Bewirtschaftung der Ackerflächen für das kommende Jahr gestellt werden.

In den gleichen Zeitraum fiel auch der Beginn des Studiums von Tim und Jonas. Deswegen war ich nicht besonders glücklich über den Wunsch des Pächters. Ich hatte mir schon im Vorfeld überlegt, ob wir mit Hilfe von Christian und Andreas, in den ersten Monaten den Ausfall des Pächters überbrücken könnten.

Die dazu nötigen Gespräche hatte ich bisher noch nicht geführt. Ich wollte diese Besprechung schnellstens hinter mich bringen, damit der offene Punkt endlich abgehakt werden konnte. Ich bat die beiden, sowie Jonas und Tim, deshalb für eine wichtige Besprechung in mein Büro.

Während des Gesprächs erklärte ich ihnen, dass der Pächter an mich herangetreten sei, die technische Übergabe der Anbauflächen an uns bereits Ende September über die Bühne zu bringen, da wir dann den Anbau der Feldfrüchte selbst steuern könnten, vor allem in welchen Mengen und auf welchen Flächen. Er stellt uns seine Pläne der letzten Jahre zur Verfügung, damit wir uns an der Fruchtfolge orientieren könnten.

Gleichzeitig versicherte er mir, dass er seine finanziellen Verpflichtungen aus dem bis zum Jahresende laufenden Vertrages erfüllen würde, da er in dieser Zeit noch die Einnahmen aus der Milch- und Fleischverwertung hat und er diese in seiner Kalkulation der Zahlungen eingeplant hat.

Ich sagte deshalb zu Christian: „Du bist schon seit einigen Jahren dabei und hast einiges an Erfahrung sammeln können und Andreas hat auf einem anderen Hof ebenfalls eigene Eindrücke gesammelt. Mit eurem gemeinsamen Wissen sollten wir doch in der Lage sein, die Planung für das nächste Jahr durchzuführen und die Aussaat, die noch in diesem Jahr zu erfolgen hat, auf die Felder zu bringen. Wenn wir weitere Arbeitskräfte benötigen, sagt es mir und vor allem helft mit, die notwendigen Fach- oder Hilfskräfte zu finden. Ihr könnt euch gern mit euren Kollegen zusammensetzen und alles besprechen. Wenn ich zu dem Gespräch mit dazukommen soll, gebt mir rechtzeitig Bescheid. Gemeinsam werden wir die Herausforderung annehmen und die Weichen für das kommende Jahr stellen; ich vertraue da voll auf euch“.

Nach langer Diskussion einigten wir uns darauf, dass Christian und Andreas, zusammen mit Tim und Jonas, die Felder bereits ab Anfang Oktober übernehmen, um unsere eigenen Vorstellungen, welche Produkte wir im kommenden Jahr benötigen, umzusetzen.

Gemeinsam entwarfen sie den Flächennutzungsplan, den sie sich von mir absegnen ließen. Da uns Daniel ab Anfang September wegen seiner Ausbildung in der Gärtnerei nicht mehr zu hundert Prozent zur Verfügung stand und Jonas und Tim wegen ihres beginnenden Studiums nur eingeschränkt zur Verfügung standen, einigten wir uns zusätzlich darauf, mit zwei bewährten Erntehelfern Kontakt aufzunehmen und sie für die Bestellung der Felder in den Monaten Oktober bis Dezember als zusätzliche Hilfskräfte zu beschäftigen.

Manuel hatte zum ersten Juli seine Aufgabe in der Gärtnerei übernommen und in den nächsten Wochen standen die Verhandlungen mit den Abnehmern unserer Gemüseprodukte an. Glücklicherweise erledigte Manuel von Anfang an seine Aufgabe als technischer Beauftragter im vollen Umfang, so dass bei mir hauptsächlich nur finanzielle Entscheidungen hängen blieben.

Die Verhandlungen mit den Abnehmern wollten wir gemeinsam bestreiten. Ich merkte schnell, dass Manuel sehr viel von seinem Vater gelernt hatte. Bei manchen Verhandlungen hätte ich lieber beim Preis etwas nachgegeben, aber Manuel verstand es geschickt auf seinem Standpunkt zu bestehen.

Da wir bereits zwei neue Abnehmer hatten, erklärte er mir, entweder sie akzeptieren unseren Vorschlag so wie er ist, oder sie sollen sich doch einen anderen Lieferanten suchen. Wenn die Qualität nicht gleichbleibend gut ist, die sie sich einkaufen, kommen sie spätestens in einem Jahr wieder angekrochen und wollen mit uns wieder neue Verträge haben.

Manuel erklärte mir: „Ich erinnere mich noch gut, vor drei Jahren war einer der Abnehmer ausgestiegen und schon wenige Monate später tauchte er wieder auf und wollte wieder unsere Produkte in sein Sortiment aufnehmen. Auf Grund der günstigen Witterung konnten wir ihm zumindest in kleineren Umfang entgegenkommen und unsere Überschuss-Produktion an ihn verkaufen.

Inzwischen beliefern wir ihn mit unseren Produkten wieder exklusiv und bei den Verhandlungen diskutieren wir nur über seine Abnahmemengen, kaum noch über Preise. Da wir bisher auf den begrenzten Flächen nicht mehr produzieren können, störte es uns nie, wenn ein kleinerer Kunde dafür einmal ausfiel.“

Den noch fehlenden Arbeitsvertrag mit Michael, unserem Sozialpädagogen, werden wir spätestens im Dezember unterzeichnen und gleichzeitig auch den Mietvertrag für die Drei-Zimmer-Wohnung im Dachgeschoss des Gesindehauses, die spätestens mit der Fertigstellung der Umbaumaßnahmen im Gesindehaus bezugsfertig sein würde. Andreas und er hatten beschlossen, erst nach der Fertigstellung ihrer Wohnung eine gemeinsame Wohnung zu beziehen und bis dahin bei den Eltern zu bleiben.

Im Dachgeschoss des Gesindehaus würden drei weitere Wohnmöglichkeiten, zwei Appartements und eine Vier-Zimmer-Wohnung entstehen, die für zukünftige Mitarbeiter des Gutshofes vorgesehen waren.

Eines wurde mir in diesen Wochen klar aufgezeigt. In den nächsten zwölf bis fünfzehn Monaten würde es mir sicherlich nie langweilig werden. Für jedes noch so kleine Problem, das gelöst werden musste, würde ich noch oft genug in Anspruch genommen werden. Ich war froh, dass wir in der Umsetzung der Ideen inzwischen weit vorangekommen waren. Bis alles endgültig fertig sein würde, werden trotzdem noch einige Monate ins Land gehen. Eine erste finanzielle Zwischenbilanz können wir sowieso erst Ende nächsten Jahres ziehen, wenn alle Bereiche am Laufen sind.

Bis zum Sommer des kommenden Jahres war einiges geschehen. Die Wohnungen waren alle rechtzeitig fertig, so dass wir noch vor Weihnachten einziehen konnten. Vor allem Jorge und Alessandro haben von der Fertigstellung Ende November profitiert. Sie hatten Anfang Dezember ihren Wohnsitz in Spanien aufgelöst und standen drei Tage später mit dem Transporter und dem Auto meiner Eltern vor dem Gutshaus. Meine Mutter war froh endlich wieder ein eigenes Fahrzeug zu haben und nicht ständig auf eines unserer Autos angewiesen zu sein.

Auch der Umzug von Thomas und mir, sowie von Marcus und Philipp, den wir extra auf ein Wochenende gelegt hatten, lief ohne größere Schwierigkeiten ab. Wir konnten unser erstes Weihnachtsfest auf dem Gutshof feiern. Wobei, für meine Mutter und mich war es nicht wirklich das erste Weihnachtsfest, da ich als Kind auf dem Gutshof aufgewachsen war und Mutter bis zum Umzug nach Mallorca jedes Jahr ihr Weihnachtsfest auf dem Gutshof verbracht hatte.

Wie geplant, zogen Martina und Christoph mit ihren beiden Kindern erst Ende Februar auf den Gutshof. Zu dem Zeitpunkt war der Umbau des Hofladens und des Hofcafés noch voll am Laufen. Martina plante zuerst die Einrichtung für den Hofladen und anschließend das Hofcafé und die angeschlossene Backstube für die Konditorwaren. Gleichzeitig fing sie an nach Mitarbeitern für das Café, die Backstube und den Hofladen zu suchen. Rechtzeitig hatte ich die Einrichtung für die Backstube bestellt, die auch termingerecht eingebaut wurde. Für die Regalwände im Hofladen erhielt ich von Martina sehr spät die Liste, trotzdem wurde alles noch vor der geplanten Eröffnung geliefert und aufgebaut, so dass die Eröffnungsfeier für den Hofladen nicht verschoben werden musste.

Mit dem Mobiliar im Hofcafé hatte sie leider kein so glückliches Händchen, so dass anfangs Kuchen und Torten nur im Hofladen mit verkauft werden konnten. Nachdem zumindest die Kühltheke in der Konditorei eingebaut war, konnten wir auch sonntags Kuchen und Torten verkaufen. Im Hofladen war dies nicht möglich, da nur Bäckereien, Konditoreien, Blumenläden, Cafés und Gaststätten sonntags verkaufen dürfen.

Martina war wegen der Möbel, für die sie sich entschieden hatte,so genervt, weil diese eine ungewöhnlich lange Lieferzeit hatten und zuletzt geliefert wurden. Die Eröffnungsfeier war ein Riesenerfolg und schon nach kurzer Zeit wurde an mich der Wunsch herangetragen, ob wir unsere Räumlichkeiten in den Abendstunden für weitere Vereine oder Gruppierung für deren Veranstaltungen zur Verfügung stellen könnten. Nach Rücksprache mit Martina erklärte sie mir, dass wir es einfach versuchen sollten. Der zusätzliche Umsatz würde dafür sorgen, dass sie früher aus den roten Zahlen kommen würde.

Was mich im Nachhinein gewundert hatte, dass der Außer-Haus-Verkauf der Kuchen und Torten von Anfang an gut angenommen wurde. Martina hatte scheinbar mit der Qualität und dem angebotenen Sortiment eine Lücke gefunden. An manchen Sonntagen standen die Kunden teilweise in einer langen Schlange vor dem Laden. Auch der Hofladen, in dem nicht nur Produkte von unseren eigenen Betriebsbereichen angeboten sondern auch Produkte von anderen Landwirten mit verkauft wurden, war von Anfang an ein Erfolgsmodell.

Sebastian schaffte es fast, den Mitarbeiter des Lieferanten für seine Kücheneinrichtung, in den Wahnsinn zu treiben. Immer wieder versuchte dieser Sebastian zu erklären, so wie er sich seine Küche vorstelle, könne dort niemals vernünftig gekocht werden. Irgendwann sagte Sebastian zu ihm: „Wen sie mir eine Küche nach meinen besonderen Vorstellungen nicht liefern können oder wollen, dann werde ich mir einen anderen Lieferanten suchen, der besser auf die speziellen Wünsche seines Kunden eingehen kann. Ich habe mir lange und reiflich überlegt, wie ich eine Küche einrichte, die sowohl Massengastronomie und individuelle Gastronomie ermöglicht und die Doppel-Beschaffung von Küchengeräten und Küchenmaschinen vermeidet. Für unsere Kantine und den Speisesaal im Gesindehaus wird vormittags und nachmittags das Essen in der Großküche zubereitet, mittags und abends nutzen wir die gleiche Küche für die individuelle Gastronomie im Restaurant. Das erspart nicht nur Geräte, sondern auch die Mitarbeiter haben ihre Vorteile aus der geplanten Küche. Wir arbeiten damit im Zwei-Schicht-Betrieb, eine Schicht für Vormittag und Mittag, die andere Schicht für Nachmittag und Abend. Damit entfällt die in der Gastronomie oft übliche lange Pause zwischen Mittag und Abend.“

Erst nach dieser Ansage lenkte der Vertreter des Lieferanten ein, wobei er mir erklärte: „Okay, wenn ich mir das Konzept ihres Küchenchefs genauer betrachte, sind seine konkreten Vorstellungen nicht von der Hand zu weisen. In seiner bisherigen Berufslaufbahn sei ihm bisher kein Küchenplaner oder Küchenchef untergekommen, der eine derartige Kombiküche geplant hätte. In Fällen, wo beides benötigt wurde, sind immer zwei getrennte Küchen geplant und aufgebaut worden. Uns als Lieferanten hat das natürlich gefreut, weil in diesem Fall die beiden Küchen zusammen sicher zwischen dreißig und vierzig Prozent teurer waren als Sebastians Vorstellung von einer Kombiküche.“

Ich wandte mich an den Lieferanten und erklärte ihm: „Genau deswegen habe ich mich für jüngere Mitarbeiter in führenden Positionen entschieden. Sie sind noch nicht so festgefahren in ihren Arbeitsabläufen und trauen sich neue Wege in Angriff zu nehmen. Bei den Planungen für den Gutshof habe ich, nach dem Tod meines Vaters, auf die junge Generation gesetzt und bin bis jetzt nicht von ihnen enttäuscht worden. Sebastian ist ein typisches Beispiel dafür. Er hat Koch gelernt. Nachdem ich ihm erklärt habe, dass er alles vergessen soll was er gelernt habe, wenn er eine bessere Idee hat. Genau das hat er sich überlegt und will das in seiner neuen Küche umsetzen.“

An meinem vierundfünfzigsten Geburtstag, gut drei Wochen vor der geplanten gemeinsamen Weihnachtsfeier, kündigte sich die nächste größere Herausforderung in meinem Leben an. Mein ehemaliger Chef, Johannes Graf, der Inhaber der J. Graf GmbH, hat mich auf meiner Geburtstagsfeier angesprochen, ob ich mir vorstellen könne die Firma zu übernehmen, da er sich langsam, aber sicher, zur Ruhe setzen will.

Er hat mir erklärt, er hätte schon mit einigen potentiellen Käufern verhandelt, aber bei keinem hatte er bisher ein gutes Gefühl. Bei zwei Unternehmen war er sich sogar sicher, dass sie eigentlich nur an seiner Kundendatei interessiert waren, über kurz oder lang wären alle Mitarbeiter arbeitslos gewesen. Ich bat ihn um eine vierundzwanzig stündige Bedenkzeit.

Nach Ablauf der Bedenkzeit sagte ich ihm zu, die Firma zu übernehmen und in die Gutshoffamilie zu integrieren. Wir vereinbarten absolutes Stillschweigen über unsere Gespräche bis zur Weihnachtsfeier am letzten Wochenende vor den Feiertagen. Gemeinsam wollten wir allen Mitarbeitern während dieser Feier die Übernahme zum Gutshof mitteilen.

Die einzige Person, die wir in unser Geheimnis einbinden mussten, war Johannes’ Assistentin Petra, die vor allem Johannes den Rücken freihalten sollte, wenn wir uns zu den Besprechungen trafen. Wir verdonnerten sie zu absolutem Stillschweigen und drohten ihr mit sofortiger fristloser Kündigung, sofern etwas in der Firma oder am Gutshof bekannt werde. Unsere Verhandlungen fanden grundsätzlich weder am Gutshof noch in der J. Graf GmbH statt, damit wir keinerlei Anhaltspunkte für irgendwelche Spekulationen oder Gerüchte liefern würden.

Da gleichzeitig die Vorarbeiten für die neue Stiftung in Deutschland liefen, mit der Integration der spanischen Gesellschaft, die nach Mutters Tod in eine Stiftung umgewandelt werden sollte, machte ich Johannes den Vorschlag, zum ersten Januar nur die GmbH zu übernehmen, die als eigenständiges Unternehmen weitergeführt wird.

Im folgenden Jahr, wenn die neue Stiftung ihren Betrieb aufgenommen hat, sollte der Verkauf des Bürogebäudes, das sich im Privatbesitz von Johannes und seiner Frau befindet, direkt an die Stiftung erfolgen, da die Mieteinnahmen eine weitere Einkunftsquelle für die Stiftung werden sollte. Er stimmte diesem Vorgehen zu, nachdem ich ihm die Ziele und Grundlagen unserer neuen Stiftung ausführlich geschildert hatte.

Schwierig wurden unsere Verhandlungen als Johannes mir vorschlug, ich sollte Thomas als Geschäftsführer einsetzen. Ich argumentierte damit, dass man mir Vetternwirtschaft vorwerfen würde, wenn ich Thomas, meinen Lebenspartner, als Geschäftsführer einsetzen würde. Er versuchte mich lange davon zu überzeugen, dass Thomas aus seiner Sicht der geeignetste Kandidat in seinem Unternehmen wäre. Er meinte, wenn ich Thomas nicht als Geschäftsführer wolle, bliebt mir nur die Möglichkeit extern einen geeigneten Kandidaten zu finden oder ich selbst übernähme die Aufgaben der Geschäftsführung.

Eines war für mich von Anfang an eindeutig klar gewesen. Ich würde nicht den Posten des Geschäftsführers übernehmen, denn damit würde eine zusätzliche Belastung auf mich kommen, die ich mir nicht antun wollte. Ein externer Kandidat wäre zumindest eine alternative Lösung gewesen. Nur, in der Kürze der Zeit, würde ich wohl keinen brauchbaren Geschäftsführer auf dem Markt finden.

Schweren Herzens, und überzeugt durch die Argumente von Johannes, stimmte ich zwei Tage vor der Weihnachtsfeier seinem Vorschlag zu; sofern Thomas überhaupt bereit wäre diese neue Aufgabe in der Firma zu übernehmen.

Damit ließ ich mir zumindest noch ein kleines Schlupfloch übrig. Wegen unserer Geheimhaltungsvereinbarung konnte ich mich nicht mit Thomas vorher austauschen oder ihn vorwarnen. Ich musste mich darauf verlassen, dass ich die Entscheidung zwar am Ende getroffen habe. Da aber da der Vorschlag dazu von Johannes gekommen ist, müsste ich mir somit keine Vetternwirtschaft vorwerfen lassen.

Die gemeinsame Weihnachtsfeier des Gutshofs und der Firma von Johannes war gleichzeitig mein Ausstand zum vor zwanzig Monaten erfolgten Ausstieg aus der Firma von Johannes. Bei meinem Rückblick auf das vergangene Jahr konzentrierte ich mich bei den Vorbereitungen auf meine Rede auf die positive Entwicklung und die Meilensteine der abgeschlossenen Umbaumaßnahmen. Die geplante Vorschau auf das kommende Jahr strich ich aus meinem Entwurf und baute die abgeschlossenen Verträge für die Abnahme unserer Gemüseprodukte aus der Gärtnerei bereits in den Rückblick mit ein. Ich konnte nur hoffen, dass es nicht auffällt, dass ich mich beim Blick in die Zukunft, zurückgehalten habe.

Erst mit Johannes’ Rückblick, genauer bei seinem Blick in die Zukunft, sollte der Verkauf seines Unternehmens angesprochen und der Verkauf an den Gutshof bekanntgemacht werden. Gleichzeitig sollte er Thomas als seinen Wunschkandidaten für die Nachfolge als Geschäftsführer präsentieren. Ich würde dem Vorschlag zustimmen, wie schon vorher angedeutet, wenn von Thomas keine Ablehnung erfolgen sollte.

Dass die Übernahme der J. Graf GmbH von Johannes als der Auslöser für weitere unvorhersehbare Ereignisse dienen sollte, konnte zu diesem Zeitpunkt noch keiner ahnen. Hätte ich zu diesem Zeitpunkt bereits gewusst, was noch alles in kürzester Zeit auf uns zukommen würde, hätte ich wahrscheinlich auf die Übernahme der J. Graf GmbH sogar verzichtet.

Na, sagen wir mal, ich hätte vielleicht verzichtet, immerhin war meine Hauptmotivation für die Übernahme die Tatsache, dass ich meine ehemaligen Kollegen nicht im Regen stehen lassen wollte.

Wie turbulent und chaotisch die nächsten achtzehn Monate wirklich werden, davon ahnten weder ich noch einer der sonstigen Mitarbeiter zu dem Zeitpunkt im Dezember etwas. Das war auch gut so, denn wenn nur einer etwas davon geahnt hätte, wäre vermutlich die große Panik im Unternehmen ausgebrochen.

Der Auslöser für einen Teil dessen was uns in diesen achtzehn Monaten überrollte, war mit dem Kauf der J. Graf GmbH in Zusammenhang zu bringen. Aber viele andere Ereignisse waren eher überraschend auf uns zugekommen oder aus einer Art Kettenreaktion von vorangegangen Überraschungen entstanden. Ich muss gestehe, auch ich habe meinen Anteil dazu beigetragen, dass wir in so manche schwierige Situation geraten sind.

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