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Regenbogenfamilie
Teil 50 - Möbelkauf und Erbstreitigkeiten
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Informationen
- Story: Regenbogenfamilie
- Autor: Sonntagskind55
- Die Story gehört zu folgenden Genre: Coming Out
Als ich am Samstagmorgen so kurz nach halb sieben erwachte und in die Küche ging um unser Frühstück vorzubereiten, erlebte ich bereits die erste Überraschung. Christian stand schon wieder in der Küche und hatte bereits mit den Vorbereitungen begonnen.
Ich meinte: „Was ist los mit dir, dass du schon in der Küche stehst?“ Er erklärte mir, dass er vor lauter Aufregung schlecht geschlafen habe und deshalb beschlossen habe das Frühstück vorzubereiten. Gemeinsam erledigten wir die restlichen Vorbereitungen und kurz vor sieben Uhr bat ich ihn, die Jungs und Thomas aufzuwecken.
Er war unsicher, was das Wecken von Thomas anbetraf, und so meinte ich zu ihm, mehr als dich ins Bett zu ziehen und zu vernaschen könne ihm nicht passieren. Er grinste. Damit war klar, dass er verstanden hatte, dass er Thomas bedenkenlos aufwecken konnte.
Nur kurze Zeit später saßen alle am Esstisch. Während des Frühstücks wurde noch wenig gesprochen. Als alle fertig waren verschwanden die Jungs direkt ins Bad. Thomas und ich deckten den Tisch ab und räumten in der Küche alles auf. Inzwischen waren die Jungs wieder aus dem Bad und Thomas und ich verschwanden, um uns frisch zu machen.
Um fünf vor acht Uhr standen Philipp und Marcus im Flur und meinten, wir sollten so langsam losfahren. „Sehr witzig deine Bemerkung“, meinte Christian, „wir stehen uns schon die Beine in den Bauch, weil ihr Zwei nicht aus den Betten kommt und dann hier einen auf Hektik machen.“
Thomas fragte, ob wir zwei oder drei Fahrzeuge brauchen würden. Ich beschloss: „Wir nehmen am besten drei Fahrzeuge. So können wir das Kleinzeug in den Autos mitnehmen und im Transporter die großen Teile.“ Bernhard und Benjamin erklärten sofort, dass sie bei Thomas mitfahren würden, Christian sollte bei mir mitfahren, da ich ansonsten allein unterwegs gewesen wäre.
Während der Fahrt nach München klärte ich mit Christian die Frage, ob wir beide die Möbel für sein Appartement und Thomas mit Benjamin und Bernhard, die Möbel für deren Appartement zusammensuchen.
Philipp und Marcus würden sowieso ihre eigenen Wege gehen, da sie für ihre Wohnung so einige Kleinigkeiten besorgen wollten. „Klar“, entgegnete Christian. „Warum sollte ich nicht mit dir die Einkaufstour machen. Vor allem geht es schneller, wenn wir getrennt einkaufen und einsammeln gehen.“
Auf Grund des geringen Verkehrsaufkommen an diesem Samstagmorgen standen wir bereits vor der Ladenöffnung auf dem Parkplatz des schwedischen Möbelhauses. Philipp und Marcus brauchten mit dem Transporter ebenfalls nur wenig länger als wir und pünktlich, als der Möbelladen öffnete, standen sie neben uns. Wir erklärten ihnen noch, dass wir in drei Gruppen einkaufen werden, damit die Vorauswahl der Möbel schneller ginge, wie wenn wir alle gemeinsam unterwegs wären.
Marcus und Philipp meinten, dass sie sich in der Ausstellung ebenfalls teilen würden und einer bei uns und der andere mit dem Rest unterwegs sein wird, erst wenn es unten ans Einkaufen ginge, würden sie auf eigene Faust weitermachen.
Auf dem Weg durch die Ausstellung machte sich Christian reichlich Notizen, wo er später die benötigten Teile finden würde. Für den Kleiderschrank gab es Computerarbeitsplätze, an denen der Schrank bis ins kleinste Detail geplant wird. Am Ende wird eine Liste mit allen benötigten Teilen und wo diese zu finden sind, für den Kunden ausgedruckt.
Alles andere waren Einzelmöbel oder Deko, die auf seiner Liste landeten. Selbst beim Bett war er schnell bei seiner Auswahl und bereits mittags meinte er: „Wir sind hier fertig und könnten uns an die Aufgabe des Einsammelns seiner Auswahl machen.“
Ich telefonierte kurz mit Thomas und erfuhr, dass die Beiden in einer halben Stunde auch so weit wären. Ich erklärte Thomas, dass wir im Restaurant auf sie warten und uns derweil eine Kleinigkeit zum Essen holen würden.
Nach gut einer halben Stunde tauchten die Vier auf und meinten, sie wären inzwischen ebenfalls hungrig und würden, so wie wir, nur schnell eine Kleinigkeit essen. Thomas brachte mir eine Tasse Kaffee mit und so konnten wir die Wartezeit, bis die Vier gegessen hatten locker überbrücken. Ich drückte Thomas einen schwarzen, dick schreibenden Filzstift in die Hand und bat ihn, alles, was in Bernhards und Benjamins Appartement gehört mit einem großen B zu kennzeichnen.
Wir würden Christians Sachen mit einem großen roten C beschriften, damit beim Ausladen und Hochtragen alles gleich in die richtigen Appartements gebracht werden könne und wir zu Hause nicht lange sortieren müssten, wohin was gehört. Thomas schaute mich an und sagte: „Das hast du dir wieder einmal vorher bereits überlegt. Aber du hast recht.,Wenn alles im Transporter liegt und nichts gekennzeichnet ist, muss alles erst erneut sortiert werden.“
Wir gingen eine Etage tiefer und Christian und ich holten uns zwei Einkaufswagen für die kleineren Dinge, die er auf seiner Liste stehen hatte. In der ersten Abteilung fanden wir Geschirr, Gläser Töpfe und alles, was in der Küche so gebraucht wurde. Am Ende der Abteilung war der erste Einkaufswagen von Christian schon fast gefüllt.
Die nächsten gut eineinhalb Stunden wurden beide Einkaufswagen immer voller und am Ende hatten wir alles, was auf Christian Einkaufsliste stand, zusammengesucht. Was noch fehlte waren die Möbel. Die sollten als nächstes an die Reihe kommen. Ich schlug vor: „Bevor wir uns jetzt auf die Möbel und Möbelteile stürzen, sollten wir das, was bereits eingekauft ist bezahlen und bereits in die Autos bringen. In einem zweiten Durchgang werden wir mit weiteren Einkaufswägen die Möbelteilen einsammeln.“
Wir gingen zu den Kassen und hatten Glück. Es gab keine langen Warteschlangen, so dass wir zügig vor unseren Autos standen und alles einräumen konnten. Da ich mit dem Kombi gefahren war, legten wir die Rückbank um und konnten die Ausbeute der Jungs locker in den beiden Autos verstauen.
Für die Sitzgelegenheiten und Matratzen hatte wir extra Kaufverträge, die wir ebenfalls bereits bezahlt hatten und so bat ich Philipp und Marcus diese an der Warenausgabe bereits abzuholen und einzuladen, während wir ins Möbelhaus zurückgingen und uns auf die Suche nach den Möbelteilen machten.
Wieder hatten wir je zwei große Einkaufswagen, auf denen die Teile aufgeladen werden konnten. Mit Hilfe der Listen füllten sich die vier Transportwagen sehr rasch und als Philipp und Marcus zu uns kamen, brachten sie vorsichtshalber zwei weitere Transportwägen mit.
Mit Hilfe der Beiden waren auch diese Wagen schnell gefüllt und nachdem die Jungs noch einmal geprüft hatten ob alles auf ihren Listen abgehakt ist, ging es ein zweites Mal an die Kassen. Diesmal war mehr los und es dauerte etwas länger, bis wir mit unseren sechs Transportwagen vor dem Transporter standen.
Die beiden Sitzgelegenheiten und die Matratzen für die Betten nahmen schon reichlich Platz weg, aber Philipp erklärte, wir bringen trotzdem alles ganz locker im Transporter unter, wir müssen nur umräumen und die Matratzen zum Schluss auf die Möbelteile legen. Wir räumten die Matratzen wieder aus dem Wagen und die Kartons mit den Möbelteilen wurden nach Größe sortiert aufeinandergestapelt.
Zuletzt kamen die beiden Matratzen oben auf die Kartons und wir konnten uns so langsam auf den Heimweg machen. „Ihr werdet vor uns ankommen. Wir brauchen mit der schweren Ladung fast eine halbe Stunde länger und werden erst gegen halb sechs ankommen. So könnt ihr in der Zwischenzeit bereits eure Autos ausladen und die Päckchen nach oben tragen. Vor allem solltet ihr kräftige Helfer zum Schleppen der Möbelkartons organisieren damit es nicht so lang dauert.“
Von Unterwegs rief ich Manuel an und erklärte ihm, dass wir gegen fünf Uhr eintreffen und spätestens ab halb sechs Uhr viele Helfer benötigen, um alles schnellstens nach oben zu bringen. Wer vorher schon Zeit hat, kann uns beim Ausladen der beiden Autos helfen, wenn wir das Kleinzeug rauftragen. Ich bat ihn, auch Alejandro und Jorge zu informieren, damit sie ebenfalls helfen können. Michael und Andreas wollten wir ansprechen, wenn wir angekommen sind.
Mit Christian besprach ich während der Rückfahrt, dass sie heute mit dem Aufbauen wahrscheinlich nicht mehr beginnen können, weil vermutlich alles erst nach halb sieben oben sein wird. Ich hatte beschlossen, dass wir mit allen Helfern zum Essen zu Sebastian gehen und wenn sie danach noch etwas tun wollen, würde ich sie nicht davon abhalten.
Schlauer wäre es sicher morgen früh mit dem Aufbau zu beginnen, wenn sich alle wieder etwas erholt hätten und mit voller Konzentration arbeiten könnten. Der Einkauf war doch ordentlich anstrengend und ich für meinen Teil wollte am liebsten nur noch relaxen. Christian überlegte und meinte dann, im Grunde genommen sei er auch schon ganz schön fertig. Er stimmte zu: „Vermutlich ist es besser morgen aufzubauen, bevor wir alles zweimal aufbauen müssen, weil uns die nötige Konzentration fehlt.“
Nach unserer Ankunft übergab ich Bernhard die Schlüssel, um die beiden Appartements aufzusperren und beauftragte ihn gleichzeitig, seinen Bruder und Michael zu akquirieren, damit sie helfen, alle Möbelpakete nach oben zu bringen. Wir holten die ersten Kartons aus den Autos und folgten Bernhard nach oben.
Wir waren noch nicht ganz oben angekommen, als Bernhard uns bereits wieder entgegenkam und uns zurief: „Andy und Michael ziehen sich nur kurz um. Dann kommen sie helfen, und, wenn ich das richtig verstanden habe, würden Alejandro und Jorge auch gleich hier sein.“
Da wir in meinem Auto nur die Sachen von Christian transportiert hatten, brauchte ich nicht lange nachdenken, wohin ich mit meiner Kiste sollte. Unten traf ich auf Andy und Michael, die meinten, sie würden Benjamin und Bernhard helfen, dann könnten Alejandro und Jorge mit euch die Sachen für Christian hochbringen.
Ich war kaum wieder oben als die Beiden zusammen mit Christian die nächsten Pakete und Kisten mit den Geräten für die Küche brachten. Alejandro meinte zu mir:,Bleib’ lieber hier oben und versuche die Sachen von Christian zu verstauen, damit wir nachher noch die ersten leeren Kartons entsorgen können, bevor Sebastian die Kartonpresse abschaltet.“
Immer mehr Karton standen in der Küche und ich befürchtete, dass alles gar nicht Platz finden würde.
Christian stand neben mir und meinte, Philipp sei zwischenzeitlich mit dem Transporter angekommen. „Wir leeren jetzt erst den Transporter. Könntest du die Möbelpakete, die nach oben gebracht werden, in die richtigen Appartements dirigieren? Die Pakete werden in rascher Folge hier sein, denn die Vier aus dem Verwalterhaus sind jetzt auch beim Ausladen und Hochtragen dabei.“
So stellte ich mich in den Flur und dirigierte die Möbelpakete in die jeweils richtigen Appartements, bis irgendwann die Matratzen und die Sitzmöbel nach oben gebracht wurden. Christian, der wieder mit Päckchen für die Küche kam, berichtete dass der Transporter bereits leer sei. Nun würden nur noch die beiden Fahrzeuge leergeräumt und dann wären sie fertig für heute.
Ich meinte: Noch einen kleinen Tipp von mir. Stellt die Möbelpakete, die zusammen gehören, gleich jetzt zusammen, sonst geht morgen die Sucherei los, welcher Karton zu welchem Möbel gehört. Vor allem würde ich alle Pakete, die zum Kleiderschrank gehören gleich im Flur sammeln, wo er auch aufgebaut wird.“
Er ging noch einmal nach unten und brachte seine Liste mit den Informationen, welche Pakete zusammengehören, mit, und fing an, seine Pakete zu sortieren.
Inzwischen waren alle restlichen Päckchen oben in den Appartements und Thomas meinte, wir sollten unsere Autos in die Garage bringen. Bevor ich mit Thomas nach unten ging, bat ich alle auf den Flur und erklärte ihnen, dass ich sie in einer viertel Stunde im Restaurant erwarte. „Ich lade euch alle zum Essen ein, für eure Mithilfe beim Hochtragen der Möbel heute und dafür, dass ihr morgen beim Zusammenbau mithelft, damit die Jungs bald in ihr neues Domizil einziehen können.“
Wir fuhren unsere Autos vorsichtshalber in die Garage, für den Fall, dass es nachts doch wieder empfindlich kalt werden sollte. Dann gingen wir Beide ins Restaurant und meinten zu Alexandra, dass sie gleich mit einem Ansturm an fleißigen Helfern rechnen könne. Ich habe sie für heute zum Essen eingeladen. Wir bräuchten Platz für rund fünfzehn Personen, ob das Nebenzimmer frei wäre oder ob wir hier im großen Gastraum sein sollten.
In diesem Moment kam Sebastian aus der Küche, und, als er uns erblickte, meinte er: „Ihr habt wohl keine Lust selbst zu kochen? Wo stecken eure drei Schützlinge? Müssen die sich ab sofort selbst versorgen?“ „Nein“, meinte ich. „Du wirst in Kürze die Invasion ihrer Helfer und sie selbst erleben, denn ich habe alle zum Essen eingeladen.“ „Ihr könnt hier in der Gaststube bleiben. Heute Abend wird nicht viel los sein. In der Stadt ist heute Weihnachtsmarkt und da ist in allen Restaurants wenig los.“
Wir stellten drei Tische zusammen, damit wir alle an einer großen Tafel sitzen konnten. Thomas und ich hatten uns kaum gesetzt, als die Meute das Restaurant stürmte. Sie setzten sich zu uns an den Tisch und redeten die ganze Zeit nur davon, wie sie morgen die beiden Appartements mit den Jungs einrichten würden.
Ich erklärte ihnen, dass wir hier zum Essen sind und nicht Pläne für morgen geschmiedet werden. Alexandra nahm die Bestellungen für Getränke entgegen. Sie hatte gleichzeitig die Speisekarten verteilt und alle waren damit beschäftigt ihr Essen auszuwählen. Nachdem alle mit ihren Getränken versorgt waren, notierte sie die Bestellungen für unsere Essen.
Inzwischen wurde vor allem über die geplante Silvesterfeier im Restaurant, über den Besuch von Jonas Vater mit seinen Geschwistern und von Tims Eltern gesprochen. Philipp meinte zu Christian: „Du hast in kürzester Zeit die einmalige Gelegenheit fast den gesamten Familienclan kennenzulernen.“
Er fragte: „Womit willst du dich beschäftigen, bis du mit deiner Ausbildung starten kannst?“ Er überlegte nicht lang und erklärte: „Keine Ahnung, bis jetzt weiß ich noch nicht, was ich bis dahin anfangen soll.“ Philipp meinte: „Sprich einfach mit Peter darüber, der wird schon eine Lösung für dich finden.“
Die bestellten Speisen wurden zügig aus der Küche an unseren Tisch gebracht und während alle mit beißen und kauen beschäftigt waren, verstummten die Gespräche an unserer Tafel. Zwischenzeitlich hatten sich doch noch weitere Gäste eingefunden und wurden ebenfalls von Alexandra und ihren Servicemitarbeitern versorgt.
Wobei, für einen Samstagabend waren es schon wenig Gäste. Vor allem, wenn ich berücksichtige, dass wir eine größere Gruppe waren. Vermutlich ging es in der Küche und beim Service besonders schnell, was andererseits für zufriedene Kunden sorgen würde.
Wir waren inzwischen alle fertig mit dem Essen und als unsere leeren Teller abgeräumt wurden, fragte uns Alexandra, ob wir mit unserem Essen zufrieden waren und ob wir noch weitere Wünsche hätten. Ich bestellte mir einen Cappuccino, ebenso mein Thomas. Bei den anderen war es hauptsächlich ein Auftrag, die leeren Gläser erneut zu füllen. Wieder funktionierte es im Service hervorragend und nur kurze Zeit später hatten alle wieder volle Gläser vor sich stehen.
Jetzt drehten sich die Gespräche darum, wann morgen mit dem Aufbau der Möbel begonnen werden solle. Was aber eher daran lag, dass die Ersten so langsam aufbrechen und nach Hause wollten. Dabei hatte keiner weite Wege zurückzulegen, bis er in seinen eigenen vier Wänden gewesen wäre.
Bevor es zu einer großen Meinungsverschiedenheit und womöglich Streit kommen würde, meinte ich: „Vor neun Uhr will ich keinen in den Appartements sehen. Ihr solltet morgen ausschlafen. In der nächsten Woche wird sicher noch einmal Einiges anfallen, was dann kurzfristig verwirklicht werden muss, bevor wir am Freitag für eine Woche offiziell die Büros dichtmachen.
Manuel, Daniel, Jonas, Tim, Alejandro und Jorge waren dann auch die Ersten, die verschwanden. Jonas meinte noch, sie müssten trotz allem früh aus den Betten, denn die Tiere in den Ställen müssen versorgt und die Kühe gemolken werden. In der Gärtnerei stand an, die die Lieferung für Montag vorzubereiten. Wir werden sicher nicht um neun Uhr zum Möbel aufbauen auf der Matte stehen, rechnet besser nicht vor zehn Uhr mit uns.
Die Nächsten, die aufbrechen wollten, waren Andreas und Michael, wobei ich Michael fragte, ob seine Eltern morgen vorbeikommen würden. Er meinte: „Geplant sei es nicht. Aber da morgen Andreas Eltern da sein würden, wird er nachfragen, ob sie auch kommen wollen. Sie hatten sich schon längere Zeit nicht mehr gesehen und kommen sicher, wenn sie hören, dass Andreas Eltern auch hier sind.“
Wir wünschten auch ihnen eine gute Nacht. Bernhard rief ihm noch nach: „Brüderchen, stell dich darauf ein, dass du um Punkt neun Uhr zum Möbel aufbauen zur Verfügung stehst.“ Andi antwortete ihm: „Du spinnst wohl, ich habe morgen meinen freien Tag und da lasse ich mich sicher nicht von dir hetzen. Wenn ich wach bin, komme ich, um dir und Benjamin zu helfen, keine Minute früher. Hast du das verstanden?“
Der verbliebene Rest, alles Bewohner des Gutshauses, beschlossen dann ebenfalls die Runde langsam aufzulösen. Ich ging zu Alexandra und meinte, ich würde gerne bezahlen. Sie machte die Rechnung fertig und ich zahlte, wie üblich, mit meiner Kreditkarte. Wir gingen alle nach oben. Philipp und Marcus in die zweite Etage in ihre Wohnung, während Thomas und ich mit den Jungs schon in der ersten Etage am Ziel waren.
Wir setzten uns noch ins Wohnzimmer und die Jungs überlegten, was sie heute alles vergessen haben könnten bei ihrem Einkauf im schwedischen Möbelhaus. Christian meinte: „Ich habe bestimmt noch das eine oder andere nicht gekauft für meine Wohnung. Aber das wird mir wahrscheinlich erst in den nächsten Tagen und Wochen auffallen, was ich alles übersehen habe. Ich kann das alles so nach und nach noch besorgen.“
Bernhard meinte, wenn er unser Wohnzimmer so ansieht, dann fällt ihm schon auf, was ihm noch fehlen würde. Das hätte es alles nicht im Möbelgeschäft gegeben. Dazu hätten wir noch einen Abstecher in einem Elektronik-Markt machen müssen. Wenn er demnächst seine Playstation von zu Hause mitbringt, braucht er noch einen Fernseher, an den er sie anschließen kann. Dazu brauche er auch noch eine Musikanlage, damit der Sound so richtig zur Geltung komme.
Christian meinte, er solle doch abwarten. „Wenn ihre Eltern alles, was ihnen gehöre, Barbara und ihrem Mann mitgegeben haben, dann bekommt ihr eine satte Sound-Anlage die Benjamin gehört. Kaufen braucht ihr da sicher keine. Mit dem Ding kannst du sämtliche Nachbarn aus den Betten holen.“
Benjamin sagte: „Ich glaube nicht, dass ich alles ausgehändigt bekomme, was mir gehört. Eher muss Barbara noch einmal gehörig Druck machen oder ich kann mir einen Rechtsanwalt suchen, der vor Gericht mein Eigentum heraus klagen muss. Wobei, wenn es mit Barbaras Hilfe funktioniert, hätte ich nichts dagegen. Sie muss ihnen nur klarmachen, dass das Jugendamt am längeren Hebel sitzt. Sie kann ihnen ja anbieten, dass sie für dich keinen Unterhalt einfordern, bis du deine Ausbildung abgeschlossen hast. Wir beide schaffen das auch ohne das Geld unserer Eltern, da bin ich mir sicher und, so wie ich Peter einschätze, lässt er uns Beide nicht untergehen.“
Ich sagte zu ihnen: „Jetzt wartet einfach ab, was Barbara heute erreicht hat. Danach können wir immer noch überlegen welche Schritte zu unternehmen sind. Ich denke, wir sollten langsam in die Betten verschwinden. Morgen wird sicher ein anstrengender Tag.“ Gut eine halbe Stunde später lagen wir in unseren Betten.
Thomas und ich kuschelten uns aneinander und nach dem langen Tag mit der großen Einkaufstour konnte ich ewig nicht einschlafen. Was mich wunderte war die Tatsache, dass mein Problem nicht der Einkauf war. Ich beschäftigte mich mit der Erbauseinandersetzung mit meiner Schwester, die inzwischen äußerst kuriose Facetten angenommen hatte.
Bei all den sonstigen Ereignissen, die in den letzten Monaten auf uns zukamen, hatte ich eines der wichtigsten Themen zwischenzeitlich, über die ich euch berichten wollte, aus den Augen verloren. Das lag aber auch daran, dass mich dieses Theater mehr als zwölf Monate immer wieder aufs Neue beschäftigte.
Angefangen hatte das Spielchen meiner Schwester etwa zwei Monate nach Vaters Tod. Ich erhielt von ihrem Rechtsanwalt ein Schreiben, in dem er mich aufforderte, für die Erbauseinandersetzung den aktuellen Immobilienwert durch einen Gutachter feststellen zu lassen. Der Wert sollte zum Todestag meines Vaters, für alle noch beim Gutshof verbliebenen Immobilien und der Immobilien auf Mallorca ermittelt werden. Auf Anraten meines Anwalts ließ ich durch einen Gutachter für jedes noch vorhandene Immobilienobjekt ein eigenes Wertgutachten erstellen. Diese Unterlagen, und auch die Information über die spanischen Immobilien, die derzeit im Besitz eines Unternehmens mit Sitz in Spanien sind und nicht zur Disposition stünden, da sie langfristig bereits einer Stiftung zugesprochen wurden, übermittelte mein Anwalt dem Rechtsverdreher meiner Schwester. Diese Bezeichnung hat er sich bei mir zwischenzeitlich aufgrund seiner Aktionen redlich verdient.
Etwa zwei Monate später kam von diesem Rechtsanwalt erneut ein Schreiben, in dem er uns aufforderte etwa zwei Millionen Euro an meine Schwester zu überweisen, da sie bisher aus dem von ihm ermittelten Gesamtwert aller Immobilien zu wenig erhalten hätte.
Ich besprach die Angelegenheit mit meinem Bruder Dieter. Dabei stellten wir fest, dass sowohl seine Immobilien, die er im Vorfeld bereits erhalten hatte, als auch die Immobilien des Gutshofes mit dem aktuellen Verkehrswert zum Todestag berücksichtigt waren, während die Immobilien, die meine Schwester im Laufe der Jahre bereits erhalten hatte, nur mit dem Wert zum jeweiligen Zeitpunkt der Übergabe berücksichtigt waren.
Bei dem Gespräch mit meinem Rechtsanwalt, erklärte er Dieter und mir, dass er sofort Strafanzeige gegen seinen Kollegen stellen werde, da dieses Vorgehen in betrügerischer Absicht erfolgte und er zumindest wegen Beihilfe belangt werden könne. Er werde ihm noch eine kurze Frist einräumen, entweder die aktuellen Daten vorzulegen, um eine korrekte Auswertung zu ermöglichen oder das Mandat umgehend niederzulegen.
Nachdem der Rechtsanwalt kurzfristig sein Mandat niederlegte, beauftragten Dieter und ich einen Gutachter, um aktuelle Wertgutachten über die Immobilien zu erstellen, die meine Schwester und ihr Schwager bereits erhalten hatten. Ich hatte mit meinen Jungs sämtliche Verträge aus den alten Unterlagen der Immobilien, die im Laufe der Jahre an sie übertragen wurden, herausgesucht.
Dabei stellten wir fest, dass sie in ihrer aktuellen Zusammenstellung fast ein Viertel der an sie übertragenen Immobilien überhaupt nicht berücksichtigt hatte. Entweder war sie nur schlampig vorgegangen oder sie hatte dabei in betrügerischer Absicht gehandelt.
Bevor wir mit dem Rechtsanwalt unser weiteres Vorgehen abstimmen wollten, bat ich meinen Schwager Martin kurzfristig bei mir und Dieter vorbeizukommen, da wir ihn in einer dringlichen Angelegenheit sprechen müssten. Unter Umständen sei nicht nur sein guter Ruf in Gefahr, auch für sein Autohaus könnten sich negative Auswirkungen ergeben.
Zwei Tage später saßen mein Schwager Martin und mein Bruder Dieter in meinem Büro. Wir erzählten ihm die ganze Geschichte und was wir bis zum heutigen Tag in diesem Zusammenhang herausgefunden hatten. Martin hatte unseren fast zweistündigen Enthüllungen sprachlos zugehört. Selbst, als wir ihm erklärten, dass wir gegen ihn und seine Gattin eine Strafanzeige wegen versuchter betrügerischer Machenschaften erstatten werden.
Da wir ihm gleichzeitig auch sämtliche Beweismittel vorgelegt hatten, die das entsprechend dokumentierten, war seine erste Bemerkung: „Diese Frau ruiniert mich noch mit ihrer Homophobie. Wenn ich mir eure Unterlagen und die ganzen Beweismittel so betrachte, wird mir klar, dass ich vor einem guten halben Jahr den größten Fehler meines Lebens gemacht habe. Ich hätte nach dem Vorfall beim Leichenschmaus eures Vaters bereits den Stecker bei unserer Ehe ziehen sollen und keine Rücksicht auf meine beiden älteren Kinder nehmen sollen.“
Er verglich noch einmal die Liste mit den von ihrer Seite erstellten Angaben zu den in ihrem Besitz befindlichen Immobilien und unsere Liste, der an sie von meinen Eltern übergebenen Immobilien. Plötzlich brüllte er los: „Verdammt, ich stecke ganz schön tief in der Scheiße. Die fehlenden Immobilien hat Gerlinde mit meiner Zustimmung unseren beiden Kindern Manuel und Sabine vor etwa drei Monaten übertragen. Damit hängen unsere beiden ältesten Kinder mit in dieser Betrugsangelegenheit.“
Dieter und ich schauten ihn an, bis ich Martin erklärte: „Martin, ich schlage dir vor, du telefonierst mit deinen beiden Kindern und forderst sie auf, am Wochenende hier zu erscheinen. Dann setzen wir uns als Familienrat mit unseren fünf Kindern zusammen und versuchen gemeinsam eine Lösung zu finden, um dich und deine beiden ältesten Kinder aus der Schusslinie zu holen. Am besten du erklärst ihnen nicht sofort, worum es wirklich geht. Sie sollen jedoch bitte die Übertragungsverträge mitbringen. Du hast eben am eigenen Leib erlebt, welchen Schock die Angelegenheit bei dir ausgelöst hat. Ich werde auf alle Fälle unseren Rechtsanwalt dazu einladen, vielleicht kann er uns bei der Lösung eurer Probleme helfen. Einfach wird es für euch sicher nicht werden, da bin ich mir ziemlich sicher.“
Vor dem nächsten Schritt hatte ich definitiv mehr Angst als vor der Aufgabe Martin und seine Kinder aus der Schusslinie zu holen. Am nächsten Abend haben Martin und ich meine Mutter und damit seine Schwiegermutter von den Machenschaften ihrer Tochter in Kenntnis gesetzt und ihr alle Fakten vorgelegt.
Als wir geendet hatten schaute sie uns einige Minuten verzweifelt an, bis sie meinte: „Ich bin nur froh, dass das euer Vater nicht mehr miterleben musste. Ich denke, er hätte versucht rückwirkend alle Übertragungsvereinbarungen für nichtig zu erklären. So haben wir unsere Tochter nicht erzogen. Peter, du und dein Bruder Dieter seid im Vergleich mit eurer Schwester eigentlich Engel, während sie wie der Teufel ist.“
Ich schmunzelte bei dem Vergleich, sagte jedoch zu ihr: „Mit der von dir angedeuteten Nichtig-Erklärung hätte Vater einen weitaus größeren Schaden anrichten können. Damit wäre die gesamte Existenz von Martin und dem Autohaus in Hannover gefährdet gewesen. Martin und seine Kinder sollen in diesem Fall nicht für die Fehler ihre Mutter oder seiner Frau haften müssen. Wir brauchen eine Lösung, die deine Enkelkinder und deinen Schwiegersohn schützt.“
Ich erklärte ihr, dass wir uns spätestens am Wochenende zu einer großen Familienkonferenz treffen wollen, bestehend aus dir, Mutter, Dieter, Martin, Peter und mit allen fünf Enkelkindern. Dort werden wir das Ganze aufarbeiten und gemeinsam beschließen, wie wir gegen Gerlinde vorgehen werden. Wenn sie keine Kehrtwende in ihrem Verhalten hinlegt, wird sie mit Sicherheit einige Zeit in einem deutschen Gefängnis verbringen.
Die nächsten beiden Nächte war Martin unser erster Gast im neu eingerichteten Gästezimmer im Gutshaus. Er hatte noch am selben Abend mit seinen beiden Kindern telefoniert und sie gebeten, am Wochenende dringend zum Gutshof zu kommen und die Übertragungsverträge im Original mitzubringen. Glücklicherweise hatten sie nicht groß nachgefragt, sondern nur angekündigt, dass sie am Freitagnachmittag eintreffen werden.
Am Donnerstagabend haben Martin und ich uns mit seinem Sohn Jonas und meinen beiden Kindern, Martina und Philipp, in unserer Wohnung zusammengesetzt. Dieses Mal war auch Thomas dabei, der in diesem Rahmen zum ersten Mal von mir über den Stand der Erbauseinandersetzung informiert wurde. Als wir unsere Ausführungen beendet hatten schauten wir in vier ungläubige Gesichter.
Martin meinte noch ergänzend: „Ich sehe in euren Gesichtern, dass ihr an unseren Erklärungen zweifelt. Ich wollte das am Anfang ebenso wenig glauben wie ihr. Nur die Fakten und Unterlagen, die mir Peter und Dieter vorgelegt haben, sprechen eine eindeutige Sprache. Sie beweisen Stück für Stück mit welcher Akribie dieser Betrug an den eigenen Geschwistern von meiner Frau vorbereitet wurde.
Allein die Tatsache, dass sie Immobilienbesitz unterschlagen hat den wir erhalten haben, indem sie ihn auf unsere beiden Ältesten übertragen hat, spricht für sich. Sie hat damit bewusst die Geschwister von Jonas in arge Schwierigkeiten gebracht. Für mich steht jedenfalls fest, damit hat sie eine rote Linie mehr als gewaltig überschritten. Ich werde zumindest meine Konsequenzen daraus ziehen und mich von meiner Frau scheiden lassen, egal wie die Sache am Ende ausgehen wird.“
Sein Sohn Jonas schaute ihn an und erklärte: „Papa, ich vermute, dass meine Mutter in ihrem Wahn euch in ihre Rachepläne mit einbezogen hat, da ihr bisher immer hinter mir gestanden seid. Sie will euch absichtlich Schaden zufügen und erwartet von euch, dass ihr hinter ihren kriminellen Machenschaften steht, um Peter und mir eins auszuwischen.
Dass sie damit eure Existenz gefährdet, sieht sie in ihrer Verbohrtheit nicht. Mich hat sie damit endgültig als meine Mutter verloren, obwohl ich immer noch die Hoffnung hatte, dass sie eines Tages zur Vernunft kommen könnte.“
Martin schaute seinen Sohn mit großen Augen an und meinte: „Aus der Sicht habe ich das noch gar nicht betrachtet. Was will sie damit erreichen, dass frage ich mich verzweifelt.“
Thomas, der sich alles bis dahin ruhig angehört hatte, sage in die Runde: „Ich denke, ihr Vorgehen ist nicht unbedingt rational ausgelegt. Sie erhofft sich, wobei, ich würde eher sagen, sie versucht euch damit zu erpressen, dass ihr euch hinter sie stellt und mit ihr zusammen den Betrug durchzieht, in der Hoffnung, dass keiner ihre wirklichen Pläne durchschaut und etwas gegen sie unternimmt. Auch finde ich, Peter und Dieter haben richtig gehandelt, indem sie dich von Gerlindes Absichten informiert haben und damit verhindern wollen, dass du ihretwegen in den Knast gehst. Dass du am Ende selbst herausgefunden hast, dass die Immobilienübertragung an eure beiden Ältesten Teil ihres Planes sein musste, zeigt mir wiederum, dass du ihre wirklichen Absichten nicht gekannt hast.“
Philipp, der bisher nur stumm dagesessen hatte schaute zu Jonas und sagte zu ihm: „Jonas, du kannst nur froh darüber sein, dass deine Mutter nicht auf die Idee gekommen, dir auch einige Immobilien unterzujubeln, denn damit hätte sie vermutlich die vertrauensvolle Basis zwischen dir und Peter gewaltig zerstören können. Du wärest in diesem Falle ebenfalls wegen Beihilfe beim Betrugsverfahren angeklagt worden, wenn das eines Tages aufgeflogen wäre.“
Jonas lachte und meinte: „Die Übertragung der Immobilien an mich wäre nie passiert. Dazu ist ihr Hass auf mich zu groß. Außerdem hätte sie damit rechnen müssen, dass ich Peter von der Übertragung der Immobilien informiert hätte. Ich bin mir sicher, Peter wäre wahrscheinlich sofort aufgefallen, dass da etwas nicht mit rechten Dingen abläuft. Ich denke das Risiko war ihr einfach zu groß.“
„Wir sollten jetzt keine Mutmaßungen in die Welt setzen und uns grundsätzlich nur auf die vorhandenen Fakten stützen, entgegnete ich. „Manuel und Sabine kommen morgen Nachmittag. Abends setzen wir uns zum Familienrat, auch mit Dieter und unserer Mutter zusammen und besprechen die Angelegenheit. Am Samstagvormittag ist ein weiteres Treffen mit unserem Rechtsanwalt eingeplant, mit dem wir dann das weitere Vorgehen besprechen werden.“
Ich stoppte kurz und sprach dann weiter: „Wir beenden jetzt unsere Zusammenkunft. Es dient zu eurer Information. Bei der Familienkonferenz morgen werden dann nur noch die beiden Kinder von Martin von unseren Rechercheergebnisse überrascht. Ihr könnt euch bis morgen schon Gedanken machen, wie wir weiter vorgehen wollen. Dieter und ich haben bereits einen Gutachter beauftragt, für alle Immobilien, die an Gerlinde und Martin übertragen wurden, ein aktuelles Wertgutachten zu erstellen. So wie es von Gerlinde über ihren Rechtsverdreher von Dieter und mir gefordert wurde. Da er auf Anraten unseres Anwalts inzwischen sein Mandat niedergelegt hat, warten wir darauf, welchen Nachfolger sie uns demnächst präsentieren wird.“
Während die Jugend wieder in ihre eigenen Wohnungen zurückkehrten, blieben Thomas, Martin und ich noch im Wohnzimmer sitzen und unterhielten uns noch weiter über das Thema.
Irgendwann erklärte er: „Ich befürchte, dass es nicht so einfach sein wird, dass ich und meine beiden Kinder ohne gröbere Blessuren aus den von meiner Gattin geschmiedeten Plänen herauskommen werden. Wenn ich mir ihren perfiden Plan so betrachte, ist sie mit einer Naivität vorgegangen, als wenn sie und wir dabei nur die Gewinner sein könnten. Scheinbar hat das auch ihr bisheriger Rechtsanwalt so gesehen, denn sonst hätte er nie das Mandat übernehmen dürfen.“
Er überlegte einige Sekunden, bevor er sagte: „Normalerweise müssten bei ihr doch sämtliche Alarmglocken klingeln, wenn ihr von ihrem Rechtsanwalt erklärt wird, dass er sein Mandat niederlegt. Ich zumindest würde mich fragen, warum er sein Mandat niedergelegt hat. Ich kann jetzt nur noch hoffen, dass sie die bisherigen Rechnungen des Rechtsanwalts von ihrem Privatkonto beglichen hat. Sollten die Zahlungen über unsere Firmenkonten gelaufen sein sollten sieht das so aus, als wenn ich hinter ihren Plänen stehen würde.“
Ich überlegte kurz, bevor ich versuchte ihm zu erklären: „Martin, wenn sie die Zahlungen von eurem Firmenkonto veranlasst haben sollte, kannst du, genauer betrachtet, musst du gegen deine eigene Frau gerichtlich vorgehen. Dazu müsstest du eine Strafanzeige wegen Veruntreuung von Firmengeldern stellen. Es wäre vielleicht sinnvoll vorher zu prüfen, ob sie weitere Zahlungen vom Firmenkonto getätigt hat, die eigentlich Privatausgaben sind. Ich denke da zum Beispiel an die Kosten für die Übertragung der Immobilien an deine Kinder. Zum anderen kann dir von staatlicher Seite Steuerhinterziehung vorgeworfen werden, wenn du private Ausgaben als Betriebsausgaben deklarierst.“
Martin schaute mich an und erwiderte: „Peter, du machst mir Angst. Wenn Gerlinde wirklich so weit gegangen ist brauche ich einen verdammt cleveren Anwalt, der mich aus dem Schlamassel wieder herausboxen kann. Für mich steht definitiv fest, dass ich mit Gerlinde keinen weiteren Tag in unserem gemeinsamen Haus verbringen kann. Ich werde nach meiner Rückkehr nach Hannover, in die leerstehende Betriebsleiterwohnung auf dem Gelände des Autohauses umziehen.“
Wieder überlegte er und sagt dann: „Ich habe keine Ahnung, wie ich das alles meinen Eltern erklären soll. Sie wissen bis heute nicht, dass Jonas von seiner eigenen Mutter aus dem Haus geworfen wurde, weil er auf Männer steht. Wir haben ihnen nur erklärt, dass Jonas in Weihenstephan in Bayern studiert. Genauso wenig wissen sie, dass er auf dem Gutshof seines Großvaters wohnt.“
Thomas schaute mich an und sagte zu Martin: „Schwager, da gibt es nur noch eins. Du musst sie schonungslos mit der vollen Wahrheit konfrontieren. Jetzt verstehe ich auch, warum Jonas und Tim immer nur Tims Eltern besuchen, wenn sie alle paar Monate in Hannover sind. Ich höre immer nur, dass sie bei Reinhard und Gabriele von dir und seinen Geschwistern besucht wurden.“
Ich unterbrach Thomas und meinte: „Martin, fällt dir nichts auf, bei dem was du eben von Thomas gehört hast? Jonas ist in Hannover und besucht seine Großeltern nicht. Entweder sie wissen, dass Jonas schwul ist, und wollen ihn nicht sehen. Andererseits behauptest du sie wüssten nichts davon. Das passt einfach nicht zusammen. Ich werde der Sache jetzt auf den Grund gehen.“
Ich rief im Verwalterhaus an und als Tim das Gespräch entgegennahm, bat ich ihn kurzfristig mit Jonas zu uns zu kommen, da wir dringend etwas mit ihnen klären möchten. Keine fünf Minuten später standen beide bei uns im Wohnzimmer. Ich fragte sie, ob sie bei ihren Besuchen in Hannover auch Jonas Großeltern besuchen würden.
Jonas schaute mich an und sage: „Ich werde mich hüten, meine Großeltern zu besuchen. Meine Mutter hat mir bereits beim Leichenschmaus von Opa erklärt, dass meine Großeltern mich nicht mehr sehen wollen, weil ich schwul bin.“
Martin schaute seinen Sohn an und sagte: „Ich glaube es nicht. Muss mir erst Peter die Augen öffnen, dass da etwas nicht passt. Meines Wissens haben deine Großeltern keine Ahnung davon, dass du schwul bist. Von Gerlinde und mir haben sie nur erfahren, dass du in Bayern studierst. Ich rufe jetzt sofort meine Eltern an, ich will jetzt sofort Klarheit haben, was wirklich Sache ist.“
Er schnappte sich sein Smartphone und wählte die Rufnummer seiner Eltern. Er hatte auf Lautsprecher gestellt, so dass wir mithören konnten. Es meldete sich sein Vater und er begrüßte ihn herzlich. Danach fragte er ihn ob es einen besonderen Grund gäbe, warum Jonas sie seit fast einem Jahr nicht mehr besucht hat. Sein Vater erklärte ihm, dass er keinen Grund kenne,warum sie Jonas nicht mehr besucht.
Jonas rief dazwischen: „Opa, ich habe euch nicht mehr besucht, nachdem Mama mir erklärt hat, dass ihr mich nicht mehr sehen wollt, weil ich schwul bin.“
Seine Opa war kurz sprachlos als er das hörte und fragte seine Frau, ob sie Gerlinde gesagt hätte, dass uns Jonas nicht mehr besuchen darf, weil er schwul sei. Sie antwortete ihm, ich habe noch nie gehört, dass mein jüngster Enkel schwul sein soll. Wrum sollte ich dann behaupten, dass ich ihn nicht mehr sehen will. Mir ist es doch egal wen er liebt, Hauptsache er ist glücklich.
Ich hatte genug gehört und mischte mich ein: „Hallo, hier ist Peter, der Schwager von Martin. Wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, habt ihr beide kein Problem damit, dass euer Enkel Jonas schwul ist. Wäre es von eurer Seite möglich, so schnell wie möglich zu uns zu kommen. Manuel und Sabine kommen schon morgen Nachmittag zum Gutshof nach Martinskirchen, in der Nähe von Rosenheim.“
Während Jonas Großeltern noch überlegten hatte Jonas seinen großen Bruder Manuel angerufen und ihn gefragt, ob er oder seine Schwester morgen ihre Großeltern mitbringen können, da Peter sie kurzfristig eingeladen hätte.
Jonas Großvater, der das offenbar mitgehört hatte, meinte nur: „Die Angelegenheit muss ganz schön dringlich sein, wenn ihr uns sogar eine Mitfahrgelegenheit besorgen wollt. Wir werden mit unserem eigenen Auto anreisen, vielleicht machen wir anschließend ein paar Tage Urlaub bei euch.“
Jonas der das mitbekommen hatte, sagte zu seinem Bruder: „Manuel, du brauchst Opa und Oma nicht mitzunehmen. Sie kommen direkt mit ihrem eigenen Auto zu uns und bleiben vielleicht ein paar Tage länger hier. Tschüss, wir sehen uns dann morgen Nachmittag.“
Martin sprach noch kurz weiter mit seinem Vater, bis ich hörte: „Wir sehen uns spätestens morgen Nachmittag bei Peter auf dem Gutshof.“ Damit beendete er sein Telefonat.
„Wieder eine verdammte Lüge deiner Mutter, dass deine Großeltern nichts mehr von dir wissen wollen, was will sie dir noch alles zerstören?“ meinte Tim.
Jonas schaute ihn an und erklärte: „Tim du darfst das nicht so verbissen sehen. Es ist nun einmal ihr Hass auf alles, was schwul zu sein scheint. Mich würde eher interessieren, was in ihrem früheren Leben diese Aggressivität bei ihr ausgelöst hat. Es muss ein Erlebnis geben, dass sie so geprägt hat.“
Martin meinte, ihm wäre nichts bekannt, dass zu dieser Ablehnung und zu dem Hass geführt haben könnte.
Ich überlegte lange, bevor ich sagte: „Ich kann mir vorstellen, was zu ihrem Verhalten geführt haben könnte. Sie war lange vor Martin in einen hübschen Jungen verknallt, der aber nie etwas von ihr wissen wollte. Sie hat lange, aber vergeblich, um ihn gekämpft. Jahre später haben wir erfahren, dass er sich das Leben genommen hat, weil er nie mit seiner Homosexualität zurechtgekommen ist. Aber das hilft uns in diesem Fall auch nicht weiter. Es ist nur eine Vermutung von mir.“ Kurze Zeit später verabschiedeten sich die beiden Jungs und Jonas meinte noch: „Wir sehen uns morgen Nachmittag. Und ich freue mich darauf, meine Großeltern nach so langer Zeit endlich wiederzusehen.“
Am nächsten Morgen begleitete mich Martin in mein Büro und setzte sich in die Besprechungsecke. Er wollte von mir wissen, wie weit wir mit unseren Plänen zur Umgestaltung des Gutshofes vorangekommen seien. Ich erklärte ihm, dass alle geplanten Sachen derzeit in Arbeit seien. Vieles würde im Laufe des Jahres fertiggestellt werden. Dazu gehört das Restaurant, das Gesindehaus, der Hofladen und das Hofcafé. Die Gärtnerei läuft bereits seit Juli letzten Jahres über den Gutshof und der landwirtschaftliche Bereich ist seit Mitte Oktober in unserer Verwaltung.
Gegen zehn Uhr dreißig klopfte es an meiner Bürotür und ich rief herein. Bernhard öffnete und meinte zu mir: „Peter, hier im Flur steht ein älteres Ehepaar, die wollen entweder zu dir oder einem gewissen Martin. Sie wussten nicht, wo sie dich oder Martin finden können.“
Martin war aufgestanden und eilte zur Tür, als er dort seine Eltern entdeckte sagte er: „Hallo Mama, hallo Papa, dann kommt erst einmal in Peters Büro. So früh haben wir mit euch Beiden noch nicht gerechnet. Wir sind eher davon ausgegangen, dass ihr erst im Laufe des Nachmittags eintreffen werdet.“
Ich war ebenfalls aufgestanden und ging ihnen entgegen. Martin sagte zu seinen Eltern: „Darf ich euch meinen Schwager Peter vorstellen, ihr habt euch bis heute nicht kennengelernt. Peter konnte damals bei der Hochzeit seiner Schwester nicht dabei sein, da er im Krankenhaus lag.“
Höflich begrüßte ich meine Gäste und erklärte: „Ich freue mich, euch endlich kennenzulernen.“
Nach der ausgiebigen Begrüßung hatten wir uns in der Besprechungsecke niedergelassen und Martin fragte sie: „Wieso seid ihr schon hier? Wir haben, wie schon gesagt, euch erst im Laufe des Nachmittags hier erwartet.“
Albert erklärte uns: „Nach eurem Anruf gestern Abend, hat Bettina sofort unsere Koffer gepackt und wir sind sehr früh ins Bett gegangen. Wir hatten uns den Wecker auf fünf Uhr gestellt. Um zwei Uhr waren wir Beide wieder wach und haben beschlossen aufzustehen und nach einem guten Frühstück loszufahren.
Kurz vor drei Uhr saßen wir bereits im Auto. Unterwegs war, zumindest bis sechs Uhr morgens, kaum Verkehr auf der Autobahn, so dass wir sehr gut vorangekommen sind. Selbst danach hielt sich das Verkehrsaufkommen in Grenzen. Eigentlich war geplant, dass wir gegen Mittag ankommen werden.“
Anschließend besprachen wir, wo wir sie für die Zeit ihres Aufenthalts im Gutshof unterbringen könnten. Ich machte einfach den Vorschlag, dass ich mit meiner Mutter reden will, ob wir beide nicht in ihrem und Elisabeths Gästezimmer einquartieren können.
Bettina, Martins Mutter, meinte dazu: „Warum nicht? Ich habe Gerlinde seit der Hochzeit unserer Kinder nur sehr selten gesehen. Eigentlich immer nur dann, wenn sie und ihr Mann bei Martin zu Besuch war. Seit sie auf Mallorca lebten, haben wir die Beiden im Grunde genommen nie mehr getroffen.“
Ich rief bei Mutter an und fragte sie, ob sie in mein Büro kommen könne; ich hätte ein kleines Attentat auf sie vor. Fünf Minuten später stand sie mit Elisabeth in meinem Büro und wollte wissen, welches Attentat ich geplant hätte.
Ich erklärte ihr, dass ich gerne zwei Gäste bei ihnen im Gästezimmer unterbringen möchte. Als Mutter bemerkte, dass Albert und Bettina bei mir in der Besprechungsecke saßen, grinste sie und wollte nur wissen, wie lange sie bei ihnen bleiben wollen.
Ich übernahm es, Martins Eltern die Begleiterin meiner Mutter vorzustellen: „Darf ich euch die Mitbewohnerin meiner Mutter, Elisabeth Müller vorstellen. Sie ist die Mutter meines Lebensgefährten Thomas. Die beiden haben nach Vaters Tod und nachdem feststand, dass die ganze Familie Maurer auf den Gutshof umzuziehen will, vereinbart hier im Haus eine Wohngemeinschaft zu gründen.“
Martin meinte: „Du brauchst meinen Eltern nicht extra deine Lebensgeschichte erzählen. Sie wissen seit vielen Jahren, dass du ein abnormaler Mensch bist, der sich von einem Schwulen verführen hat lassen. Was glaubst du wie oft deine Schwester über euch Beide bei meinen Eltern gelästert hat und ihnen erklärt hat, dass sie nie wieder etwas mit diesem elenden Schwein von Bruder zu tun haben will.“
Ich grinste ihn an und meinte: „Dann kann ich ja richtig froh sein, dass die Beiden trotzdem meine Einladung angenommen haben und ihren schwulen Enkel und seinen Freund Tim am Gutshof besuchen wollen.
Bettina meinte: „Peter, keine Sorge, Albert und ich haben nichts gegen Schwule und Lesben. Wir sind im Grunde genommen froh darüber, dass sich gestern Abend Martin und du bei uns gemeldet haben und wir endlich wissen, warum uns Jonas nicht mehr besucht hat. Wir haben jetzt die Gelegenheit unseren Enkel wieder öfter zu sehen und er besucht uns hoffentlich wieder, wenn er in Hannover ist.“
Meine Mutter erklärte: „Ich gehe schon einmal wieder in meine Wohnung und werde gleich für uns ein Mittagessen kochen. Martin, Peter, kommt ihr auch zum Essen zu uns?“
Ich schaute sie an und erklärte: „Martin und ich werden nicht zu euch zum Essen kommen. Wir haben gestern Abend bereits vorgekocht für heute Mittag. Zudem haben nicht damit gerechnet, dass Albert und Bettina so früh ankommen werden. Zum Kaffee treffen wir uns nachher bei uns. Und danach können wir gleich mit der Familienkonferenz beginnen. Entweder wir essen heute Abend kalt. Dann können wir bei uns essen. Aasonsten würde ich mit euch zu Francesco in die Stadt fahren.“
Es klopfte und Sebastian unser zukünftiger Küchenchef trat ins Büro ein. Er schaute verwundert in die Runde. Ich sagte zu ihm: „Meine Mutter und Elisabeth kennst du bereits, dort sitzt mein Schwager Martin und die beiden anderen Personen sind seine Eltern, Bettina und Albert Strohwinkel. Der Eindringling in mein Büro ist unser zukünftiger Chefkoch Sebastian Weber.“
Er begrüßte alle und meinte: „Eigentlich wollte ich nur kurz bei dir vorbeischauen. Ich bin auf dem Weg in unsere zukünftige Wohnung. Ich muss für unseren Möbeleinkauf für das Gästezimmer heute Nachmittag sicherheitshalber noch etwas ausmessen.“
Ich meinte zu ihm: „Dann lass dich von uns nicht aufhalten, bevor ich noch Ärger mit Alexandra bekomme. Habt ihr für morgen Mittag schon etwas vor? Wenn nein, könntest du für uns mittags ein kleines Menü kochen? Wir sind dann, mit euch Beiden, mindestens einundzwanzig oder zweiundzwanzig Personen. Kochen könntest du auf alle Fälle in unserer Küche. Du kannst kochen worauf du Lust hast, da du selbst alles einkaufen musst.“
Er schaute mich an und sagte: „Das passt, wir wollten morgen Nachmittag zum Streichen der Wände im Wohnzimmer hier sein, da voraussichtlich Ende nächster Woche unsere Wohnzimmermöbel geliefert werden. Wir kommen einfach früher und nach dem Kochen arbeiten wir in unserer Wohnung weiter. Dafür kommen gerne wir am Nachmittag zum Kaffee zu euch.“
Meine Mutter und Elisabeth waren bereits wieder verschwunden. Als Sebastian sich verabschiedet hatte saßen wir wieder zu viert in meinem Büro. Wir unterhielten uns wieder, bis Albert meinte: „Mich würde interessieren was ihr hier alles plant auf dem Gutshof. Ich interpretiere deine Aussage, dass Sebastian euer Chefkoch sein wird, dass ihr hier ein neues Restaurant eröffnen wollt.“
Ich schaute ihn an, lachte und erklärte ihm: „Was hier geplant ist und sich derzeit in der Realisierungsphase befindet ist weitaus mehr als nur ein gutes Restaurant. Um dir das alles in aller Ruhe vorzustellen, brauchen ich vermutlich mehr als zwei Stunden. Ich mache auch gerne eine Führung durch den gesamten Gutshof und zeige euch, wo die einzelnen Projekte entstehen.“
Ich machte eine kurze Pause, trank von meinem Kaffee, und sprach weiter: „Unser erstes Projekt läuft bereits seit über acht Monaten. Wir konnten im letzten Sommer eine Gärtnerei übernehmen, die direkt an unsere Grundstücke angrenzt. Dort werden große Mengen an Gemüse, Salate und Kräutern in biologischem Anbau produziert und derzeit noch zu fast einhundert Prozent an den Handel ausgeliefert. Mit der Eröffnung des Restaurants und des Hofladens geht ein ordentlicher Anteil der Produktion zukünftig in die Küche und in den Hofladen.“
Kurz vor zwölf Uhr holte Martin mit seinem Vater die beiden Koffer aus seinem Auto und wir gingen gemeinsam nach oben. Wir lieferten Albert und Bettina bei meiner Mutter ab und ich meinte: „Ihr könnt nach dem Essen gerne zu uns kommen. Ich wohne direkt gegenüber.“
Gegen vierzehn Uhr klingelte es. Albert und Bettina standen vor der Tür. Ich fragte, ob sie Lust auf einen kleinen Spaziergang hätten. Dann könnten wir bei Jonas und Tim vorbeischauen. Sie holten sich aus Mutters Wohnung ihre Mäntel und schon waren wir unterwegs.
Vor dem Verwalterhaus blieben wir stehen und ich erklärte: „Hier im Verwalterhaus wohnen Jonas und Tim und unser Betriebsleiter der Gärtnerei mit seinem Lebensgefährten.“
Ich klingelte und Daniel öffnete die Haustür. Ich fragte: „Wir sind auf der Suche nach Jonas und Tim. Sind die beiden schon von der Uni zurück?“ Daniel lachte und meinte, die beiden wären heute nicht in Weihenstephan. Die Weihnachtsferien haben doch begonnen. Er bat uns ins Haus und rief nach Tim und Jonas.
Mit den beiden Jungs tauchte auch Manuel im Flur auf. Als Jonas seine Großeltern erblickte, rannte er zu ihnen und umarmte zuerst seine Großmutter und danach seinen Großvater. Er meinte: „Oma und Opa, darf ich euch meinen Freund Tim vorstellen.“ Er winkte Tim zu sich und auch Tim begrüßte die Großeltern von Jonas.
Anschließend stellte er noch Manuel und Daniel als ihre Mitbewohner vor und erklärte, dass Manuel Gärtnermeister ist und derzeit die Gärtnerei leitet. Er zeigte seinen Großeltern und Martin das ganze Haus, während ich mit Manuel darüber sprach, dass ich in den nächsten Tagen mit Jonas Großeltern die Gärtnerei besichtigen will.
Als sie von der Besichtigungstour zurückkamen fragte Bettina, ob es in einem Vier-Männer-Haushalt nicht gelegentlich zu Problemen komme. Jonas erklärte ihr: Die letzten vier Monate, seit wir hier eingezogen sind, läuft alles reibungslos. Das liegt aber vor allem daran, dass wir von Juni bis November in einem Sechs-Männer-Haushalt bei Peter und Thomas gelebt haben und von den Beiden gründlich auf die Wohngemeinschaft vorbereitet wurden.“
Martin schaute mich an und sagte: „Ich habe gerade eine Nachricht erhalten, dass meine beiden anderen Kinder am Gutshof eingetroffen sind. Wir sollen sie doch bitte vor dem Gutshaus einsammeln.“
Ich meinte: „Martin, kommst du bitte mit mir. Wir werden die Beiden einsammeln. Während du mit ihnen zum Verwalterhaus zurückkehrst, gehe ich nach oben und werfe die Kaffeemaschine an. Deine Kinder werden im Verwalterhaus, in den beiden Gästezimmern, untergebracht. Ihr kommt dann bis fünfzehn Uhr in die Wohnung zum Kaffeetrinken.“
Wir begrüßten seine beiden Kinder. Manuel hatte diesmal seine Freundin Julia Wagner mitgebracht und ich schickte sie zusammen mit Martin ins Verwalterhaus. Als ich oben in der Wohnung eintraf,fand ich Thomas bereits in der Küche beim Kaffee kochen.
Da Martin und ich den Kaffeetisch bereits mittags eingedeckt hatten, konnte ich mich mit Thomas in die Küche setzen und erzählte ihm kurz, dass Martins Eltern bereits am Vormittag eingetroffen waren und inzwischen auch die beiden Geschwister von Jonas angekommen seien.
Kurz vor fünfzehn Uhr klingelte es an der Wohnungstür und die ersten Gäste, Familie Strohwinkel, traten zum gemeinsamen Kaffeetrinken in die Wohnung. Kurze Zeit später standen die Bewohner der zweiten Etage, Philipp, Marcus, Martina, Christoph und die beiden Kinder im Esszimmer. Meine Mutter und Elisabeth klingelten wieder an der Wohnungstür, als sie zum Kaffee kamen. Philipp, der sich noch nicht hingesetzt hatte, öffnete ihnen die Tür.
Da wir damit vollzählig waren konnten wir die gemütliche Kaffeerunde starten. Dieter hatte sich vorher gemeldet, dass er später kommen und seine Frau mitbringen würde. Kurz vor sechzehn Uhr, wir hatten bereits das Kaffeegeschirr abgeräumt und Erfrischungsgetränke auf den Tisch gestellt, kam Dieter mit seiner Frau Sandra.
Ich eröffnete die Familienkonferenz und erklärte: „Zuerst die formellen Dinge, die wir beachten sollten. Abstimmungsberechtigt sind folgende Personen: Martin, Sandra, Manuel und Jonas vom Strohwinkel-Clan. Von unserer Seite, meine Mutter, Dieter, Martina, Philipp und ich. Alle anderen sind in erster Linie Zuhörer. Sie können sich natürlich an der Diskussion beteiligen und Vorschläge einbringen. Da wir ein kleines Ungleichgewicht bei den Familien haben, schlage ich vor, dass ein Vorschlag als angenommen gilt, wenn mindestens sieben der neun Abstimmungsberechtigten für einen Vorschlag stimmen. Sieben deswegen, weil ich befürchte, dass Jonas aus bestimmten Gründen manchmal nicht unbedingt die Meinung seiner Geschwister oder seines Vaters vertreten wird.“
Thomas meinte: „Dann stimmen wir jetzt darüber ab, ob dieser Vorschlag von Peter angenommen wird. Wer für den Vorschlag stimmt, hebt jetzt seine Hand.“ Als alle Hände der Abstimmungsberechtigten nach oben gingen, sagte Thomas: „Da seid ihr euch zumindest alle einig, dass ein Vorschlag nur angenommen wird, wenn mindestens sieben Familienmitglieder zugestimmt haben. Ich denke es ist in eurem Sinn, wenn ich als Protokollführer in Erscheinung trete.“ Wieder hoben alle die Hand und damit hatte sich Thomas den Job des Protokollführers eingehandelt.
Ich schaute zu Martin und bat ihn, aus seiner Sicht zu schildern,wieso es überhaupt notwendig geworden ist, diese Familienkonferenz einzuberufen. Gut dreißig Minuten erklärte er den Anwesenden, wie die Sache angefangen hatte. Wie Gerlinde versucht hat, ihre beiden Brüder zu betrügen und dabei nicht einmal Rücksicht auf ihre eigene Familie genommen hat. Welche Forderung sie gegen ihre Brüder aufgestellt hatte und dass sie deshalb sogar ein Viertel aller Immobilien unterschlagen habe, die sie auf Zwei ihrer Kinder übertragen hatte.
Als er geendet hatte meinte Albert, Martins Vater: „Wow, das hätte ich Gerlinde nicht zugetraut, dass sie so stümperhaft bei der ganzen Angelegenheit vorgegangen ist. Sie musste doch damit rechnen, dass ihr ihre angegebenen Daten überprüft und dabei Differenzen feststellen werdet. Allein die Tatsache, dass sie von Peter und Dieter den aktuellen Wert zum Todestag fordert, ihre eigenen Immobilien aber nur mit dem Wert bei der Übertragung vor teilweise fünfzehn bis zwanzig Jahren ansetzt, ist schon äußerst dreist. Dass sie dabei auch noch einen Teil der Immobilien unterschlägt, verbessert nicht gerade ihre Ausgangslage.“
Er legte eine kurze Pause ein und sprach dann weiter: „Dass sie dich und zwei eurer Kinder mit ihrer Aktion mit der Übertragung von Immobilien zu Mittätern macht, verstehe ich überhaupt nicht mehr. Sie kann mit diesem Vorgehen sämtliche Erbansprüche verlieren und würde dich und das Autohaus in die Insolvenz treiben. Immerhin sind viele der Immobilien an die Bank abgetreten, um deine Investitionen abzusichern.“
Ich mischte mich ein und erklärte Albert: „Albert, genau deswegen gibt es diese Familienkonferenz. Wir wollen Wegen suchen, wie wir deine beiden Enkel und hoffentlich auch Martin aus der Schusslinie holen. Mutter hat schon erklärt, wenn Vater das noch mitbekommen hätte, er hätte sie rückwirkend, wegen ihrer kriminellen Machenschaften, enterbt und die Rückgabe sämtlicher Immobilien gefordert. Den Schritt könnte Mutter ebenfalls unternehmen. Nur, damit ist weder Martin noch deinen beiden Enkeln geholfen.“
Manuel schaute seinen Vater an und erklärte: „Papa, wenn du dich immer noch von meiner Mutter scheiden lassen willst, ich werde mich nicht mehr dagegen aussprechen. Sie hat mit dieser Aktion den Bogen weit überspannt. Lieber verzichte ich auf meinen Erbanteil an dem Vermögen meiner Eltern, bevor ich deswegen mein restliches Leben als vorbestraft gelte.“
Sandra schaute ihren Bruder verwundert an, erklärte dann aber: „Ich befürchte, ich muss mich da deiner Meinung anschließen. Kann mir einer von euch vernünftig erklären, wie sie auf so eine verrückte Idee gekommen ist, zu versuchen, Dieter und Peter auf diesem Weg um ihre Erbansprüche zu betrügen?“
Ich schaute kurz in die Runde, bevor ich sagte: „Ich denke, dass kann dir niemand der hier Anwesenden erklären. Ich denke, sie hatte sich Hoffnungen gemacht, nach Vaters Tod das Familienoberhaupt zu werden. Sie wusste anscheinend genau, dass Dieter seinen Erbanteil bereits in etwa derselben Höhe erhalten hatte wie sie. Wenn ich Vater vor seinem Tod richtig verstanden habe, hat sie ihm gegenüber des Öfteren ihren Anspruch geltend gemacht, mit der Begründung, er könne doch solchem Abschaum wie mich nicht als Familienoberhaupt bestimmen.“
Ich machte eine Pause und äußerte dann die Vermutung: „Vater hat wahrscheinlich geahnt, dass sie sich nicht an seine Wünsche und seinen Willen, was den Fortbestand des Gutshofes anbetrifft, halten wird. Vermutlich hat er sich vor allem deshalb gegen sie entschieden.
Er hat zu mir und Thomas einmal gesagt, ich sei der Einzige von euch drei Geschwistern, der ihn nie um Geld angehauen habe, wenn er in einer finanziellen Schieflage steckte.“
Meine Mutter erklärte: „Ich kann Peters letzte Aussage nur bestätigen. Er war der Einzige, der nie den Wunsch geäußert hat, vorab einen Teil seines Erbes ausgezahlt zu bekommen. Gerlinde hat immer noch versucht mehr aus Vater herauszuholen, selbst, nachdem sie bereits rund ein Drittel des Erbes erhalten hatte. Warum glaubt ihr, haben wir sämtliche spanischen Immobilien in eine Gesellschaft eingebracht, die nach meinem Tod als gemeinnützige Stiftung weitergeführt wird und der unser Sohn Peter zukünftig als Geschäftsführer vorstehen wird!“
Sandra schaute sie an und sagte: „Es gibt also Immobilien, die nur Peter erbt, weil ihr sie aus dem normalen Vermögen herausgenommen habt, das ist aber eine Bevorteilung Peters, die die Aktion meiner Mutter rechtfertigen könnte.“
Ihr Großvater Albert schaute sie an und erklärte ihr: „Da liegst du völlig daneben. Eine gemeinnützige Stiftung hat nichts mit einer Erbschaft für eine Person zu tun. Das ist eine eigenständige Gesellschaft, deren Gelder nur für den Zweck verwendet werden dürfen, der im Stiftungsvertrag festgelegt ist. Martin hat vorher erklärt, dass die Gelder der Stiftung nur für benachteiligte Jugendliche verwendet werden dürfen. Peter bekommt nur ein angemessenes Gehalt als Geschäftsführer, dass er nicht einmal selbst festlegen kann. Sein Gehalt wird immer vom Stiftungsrat, einer Art Aufsichtsrat, festgelegt.“
Er schaute mich an und fragte mich: „Beziehst du bereits ein Gehalt aus der Gesellschaft, die nach Mutters Tod in eine Stiftung umgewandelt wird? Wie bestreitest du deinen Lebensunterhalt?“
Ich blickte in die Runde und erklärte: „Ich empfinde es derzeit als unangemessen, mir ein Gehalt aus der spanischen Gesellschaft auszuzahlen, da der Aufwand, den ich damit habe, in keinem Verhältnis dazu steht. Ich bin derzeit so etwas wie ein ehrenamtlicher Geschäftsführer.
Meinen Lebensunterhalt verdiene ich aus den Einkünften des Gutshofes. Dort agiere ich derzeit noch als Verwalter des Gutshofes. Mein monatliches Gehalt entspricht ziemlich exakt dem, was ich in meiner früheren Tätigkeit als Prokurist erhalten habe, obwohl ich jetzt eine weitaus größere Verantwortung habe als in meiner früheren Tätigkeit.“
Albert grinste und sagte: „Das entspricht in etwa dem, wie ich dich inzwischen eingeschätzt habe. Dir ist nicht dein persönlicher Vorteil wichtig, und dass ist für mich auch der Grund, warum dein Vater dich zum Familienoberhaupt bestimmt hat.“
Ich erklärte in die Familienrunde: „Ich finde es gut, dass Vater meinen beiden Geschwistern bereits ihr anteiliges Erbe ausgezahlt hat. Wenn er alle noch vorhandenen Immobilien einschließlich des Gutshofes in die Stiftung eingebracht hätte, müsste ich jetzt meinen Anteil an der Erbschaft bei meinen beiden Geschwistern einklagen. Ich denke, wir sollten uns nicht mit unnötigen Gedankenspielen beschäftigen. Wichtiger erscheint mir unser eigentliches Anliegen, Martin und die beiden Geschwister von Jonas aus der Mitverantwortung,für die Machenschaften von Gerlinde, herauszuholen. Die Tatsache, dass meine Schwester mit erheblicher krimineller Energie an diesem versuchten Betrug gearbeitet hat, lässt sich nicht leugnen. Ich für meinen Teil kann es zumindest nicht verantworten, dass, aus meiner Sicht, drei Unschuldige dabei in Mitleidenschaft gezogen werden.“
Albert versuchte uns zu erklären: „Ich sehe Sandra und Manuel, als nicht so gefährdet an, da sie eigentlich nur passiv von ihrer Mutter in die Angelegenheit involviert worden. Bei Martin sehe ich das kritischer, da er die Übertragung mitunterschrieben hat. Wenn Gerlinde gegenüber dem Staatsanwalt erklärt, dass sie in Absprache mit euch gehandelt hat, müsst ihr das Gegenteil beweisen, was vermutlich nicht so einfach sein wird, da ihr eine Familie seid. Ich denke, das sollten wir morgen mit Peters und Dieters Anwalt besprechen, da dieser besser beurteilen kann, wie die hiesige Staatsanwaltschaft tickt.“
Meine Mutter meinte: „Wenn ich den Vertrag richtig im Kopf habe, gehört mir nach Walters Tod die Hälfte des Gesamtvermögens. Den drei Kindern gehört die andere Hälfte, was bedeutet, dass jeder bisher nur auf ein Sechstel seinen Anspruch erheben kann. Da Dieter und Gerlinde bereits jeweils ein Drittel erhalten haben, könnte ich doch jeweils die Hälfte von den Beiden zurückfordern und damit Peter sein Sechstel zukommen lassen.“
Ich versuchte Mutter zu erklären, dass sie mit dieser Vorgehensweise für Martin erhebliche Schwierigkeiten finanzieller Art heraufbeschwören würde, da eine Halbierung des Immobilienwertes den von der Bank eingeräumten monetären Spielraum erheblich einengen wird. Zusätzlich hätten wir eine erneute Erbauseinandersetzung, wenn sie eines Tages versterben werde. Ich meinte, dass ich nicht sonderlich begeistert davon sei, wenn ich mich in einigen Jahren, erneut mit meiner Schwester um das Erbe streiten müsste.
Martin der lange geschwiegen hatte, sagte: „Ich habe mir das gerade im Kopf durchgerechnet, ich würde etwa ein Drittel des bisherigen Kreditrahmens, den mir die Banken eingeräumt haben, verlieren. Damit müssten Manuel und ich die derzeit geplanten Expansionspläne auf Eis legen.“
Manuel lachte und erklärte: „Mit einem behördlichen Baustopp könnte ich leben, ich fürchte nur die Auswirkungen auf den Umsatz, wenn bekannt wird, dass wir aus finanziellen Gründen unsere Expansionspläne stillgelegt haben. Oma, ich denke nicht, dass das in Opas Sinn wäre, wenn meine Schwester und ich, zusammen mit unserem Vater, diesen Weg beschreiten müssten.“
Ich schaute auf die Uhr und meinte: „Ich denke, wir sollten für heute abbrechen. Sinnvolle Schritte zur Behebung der Probleme sind bisher nicht zustande gekommen. Vielleicht ergeben sich morgen, zusammen mit unserem Rechtsanwalt, bessere Lösungsvorschläge. Der Anwalt kommt morgen gegen zehn Uhr, wir setzen die Diskussion zu diesem Zeitpunkt fort.“
Martina und ihr Anhang verabschiedeten sich als erste und meinte noch, morgen kommt sie definitiv allein zur Besprechung. Ich erinnerte sie daran, dass Sebastian und Alexandra da sein würden und für uns alle zum Mittagessen kochen werden. Die nächsten beiden waren Philipp und Marcus, die nach oben in ihre Wohnung verschwanden.
Kurze Zeit später verabschiedeten sich meine Mutter und Elisabeth, wobei sie noch meinte, Albert und Bettina sollten in spätestens dreißig Minuten nachkommen, weil bis dahin das Abendessen fertig sei.
Gleichzeitig meinte auch mein Bruder Dieter, dass er mit seiner Frau nach Hause fahren werde und morgen ebenfalls allein erscheinen wird.
Thomas und ich erklärten, dass wir in unsere Küche verschwinden, um das Abendessen vorzubereiten, für uns und den Rest der Familie Strohwinkel, die bei uns mitessen würden. Während Thomas und ich in der Küche für das Abendessen vorbereiteten, hörte wir immer wieder wie im Esszimmer heftig und lautstark diskutiert wurde.
Kurz vor Ablauf der halben Stunde, standen Albert und Bettina in der Küche und verabschiedeten sich von uns. Albert erklärte noch, sie blieben definitiv bis Mittwoch. Sie wollen uns von mir noch erklären und zeigen lassen, was alles geplant ist und wie weit die Umsetzung der Pläne bereits gediehen sei.
Der nächste, der in der Küche stand, war Martin, dem wir jedoch erklärten, dass er mit dem Rest der Meute im Esszimmer bereits den Tisch für acht Personen eindecken solle, da wir gleich mit den Vorbereitungen fertig sind.
Nach dem Abendessen verabschiedeten sich die beiden Jungs und ihre Gäste und gingen hinüber ins Verwalterhaus. Martin. Thomas und ich setzten uns ins Wohnzimmer und redeten miteinander. Irgendwann traute ich mich doch ihn zu fragen, worüber sie vorher im Esszimmer so heftig diskutiert hätten.
Martin lachte und erklärte dann: „Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass ich mich eines Tages mit einem meiner Kinder um die alte leerstehende Betriebsleiterwohnung über der Werkstatt streiten werde. Ich hatte kaum erklärt, dass ich im Laufe der nächsten Woche aus unserem gemeinsamen Haus ausziehen werde und zumindest vorübergehend in die Wohnung über der Werkstatt einziehen will, als Manuel uns erklärte, dass er den gleichen Plan habe. Mein Vater habe uns angegrinst und gemeint: Zwei Dumme, ein Gedanke.
Immerhin haben wir uns durch Vermittlung meiner Eltern, am Ende darauf geeinigt, dass wir beide in die Wohnung einziehen und eine Wohngemeinschaft bilden bis zumindest bis die Scheidung gelaufen sei. Sabine will zuerst noch bei ihrer Mutter wohnen, wobei ich mir überhaupt nicht sicher bin, ob das eine gute Idee ist.“
Thomas meinte: „Solange sie sich nicht von der Homophobie und dem Hass auf den Bruder ihrer Mutter anstecken lasse, sehe ich keine Schwierigkeiten. Ich denke Sabine ist alt genug, um zu wissen, dass sie sich damit nur selbst Schaden zufügen würde. Das einzige Problem, dass ich dabei erkenne, wäre in diesem Fall, dass sie für dich und Manuel in der Firma nicht mehr als Mitarbeiterin und Mitinhaberin des Autohauses tragbar wäre.“
Martin schaute ihn an und antwortete: „Daran will ich gar nicht denken. Ich hoffe erst einmal darauf, dass wir morgen mit eurem Rechtsanwalt eine vernünftige Lösung finden.“
Der Samstag begann eigentlich wie jeder Samstag, spätes Frühstück, doch danach wurde es hektisch. Ich hatte vergessen mit Sebastian auszumachen, wann er für die Vorbereitung des Mittagessens ins Haus kommt. Deshalb fiel ich aus allen Wolken, als es um acht Uhr dreißig an der Tür klingelte und ich beim Öffnen erkannt, dass Sebastian und Alexandra mit voll bepackten Taschen davorstanden.
Ich schaute die beiden an und meinte: „Ihr kommt aber jetzt noch nicht zum Kochen?
Sebastian grinste und meinte: „Warum sollten wir den sonst um diese Zeit mit voll bepackten Taschen vor deiner Wohnungstür stehen. Wäre es dir lieber, ich würde dir erklären, ich bin schwul und zuhause rausgeflogen und brauch dringend einen Schlafplatz?“
Ich lachte und erwiderte: „Soweit ich informiert bin, ist für dich zwei Etagen höher ein Schlafplatz reserviert. Solltest du aber von Alexandra an die frische Luft gesetzt worden sein, würde ich dir empfehlen ein Stockwerk tiefer dein Glück zu versuchen.“
Alexandra hat mich angeschaut und meinte zu ihrem Freund Sebastian: „Dummer Spruch, noch dümmere Antwort. Du solltest doch Peter inzwischen lang genug kennen, um zu wissen, dass er immer mit einem noch dümmeren Spruch kontern kann. Sag ihm doch einfach, dass wir nur die Taschen abgeben wollten und in zwei Stunden zum Kochen kommen. In der Zwischenzeit haben wir in der Wohnung noch einiges zu erledigen.“
Ich meinte: „Bringt eure Sachen in die Küche. Den Kühlschrank findet ihr hoffentlich selbst. Wir sehen uns später.“ Ich ging zurück ins Esszimmer zu Thomas und Martin, die mich fragend anschauten. Ich meinte, um es in Sebastians Worte zu kleiden, der Lieferservice hat zugeschlagen.
Kaum hatten Sebastian und Alexandra die Wohnung wieder verlassen, hörten wir wieder ein Klingeln. Erneut ging ich zur Tür und wollte schon fragen, ob Sebastian etwas vergessen habe, als ich feststellte, dass diesmal Sabine, Martins Tochter vor der Tür stand. Ich bat sie herein und ging mit ihr ins Esszimmer zu ihrem Vater.
Martin schaute seine Tochter an und fragte zuerst einmal, ob sie allein gekommen sei. Da sie nur nickte meinte er, was sie zu dieser frühen Stunde zu uns führt. Sie setzte sich neben ihren Vater und erklärte: „Ich konnte die letzte Nacht keine Ruhe finden, das Verhalten meiner Mutter hat mich nicht einschlafen lassen. Ich kann mir nicht vorstellen, wie sie sich so in ihren Hass auf Peter und Jonas hineinsteigern konnte, um ein derart kriminelles Verhalten zu zeigen.“
Martin schaute sie an und versuchte zu erklären: „Das konnte sich keiner von uns vorstellen, wir müssen mit dieser Tatsache zurechtkommen. Wenn Peter und Dieter mir nicht alle Beweise für ihr Treiben auf den Tisch gelegt hätten, wäre ich auch versucht, das alles anzuzweifeln. Allein die Tatsache, dass sie die uns übertragenen Immobilien bei der Erbauseinandersetzung nur mit dem Wert angesetzt hat, der zum Zeitpunkt der Übergabe gültig war, bei Peter und Dieter aber den Wert der Immobilien zum Todestag von Walter ansetzt, ist schon zweifelhaft und deutet auf Betrug hin. Dass sie dabei, die Immobilien unterschlägt, die sie vor kurzem an euch übertragen hat, verbessert die Angelegenheit in keiner Weise.“
Er legte eine Pause ein und wartete auf eine Reaktion von ihr. Da sie nicht reagierte, sprach er weiter: „Ich bin froh darüber, dass Peter und Dieter mich von Gerlindes Vorhaben unterrichtet haben. Sie hätten genauso gut einfach Strafanzeige gegen die Familie Strohwinkel erstatten können, wegen gemeinschaftlich begangenen Betrugs.
Das dein Bruder Jonas nicht beteiligt ist, wäre spätestens dann aufgeflogen, wenn herausgekommen wäre, dass er nicht zu dem begünstigten Personenkreis zu zählen ist, der von dem versuchten Betrug profitiert hätte. Dich und Manuel hätte es erwischt, da ihr die Übertragung der Immobilien auf euch zugestimmt habt. Dafür können wir mit einer Gefängnisstrafe von bis zu zehn Jahren rechnen.“
Sie schaute ihren Vater an und sagte: „Soll ich das so deuten, dass uns meine Onkels nicht als Täter, sondern ebenfalls als Opfer von Mutters Treiben betrachten.“
Ich schaute sie an und meinte: „So in etwa kannst du das Sehen. Immerhin hattet ihr den Mut hinter eurem Bruder Jonas zu stehen und seine Homosexualität nicht als etwas Unnatürliches zu betrachten. Außerdem war es dein Vater, der uns, bei unserem ersten Treffen darauf hingewiesen hat, dass die unterschlagenen Immobilien mit seiner Zustimmung auf dich und deinen Bruder übertragen wurden. Wäre er Mittäter, hätte er uns das sicher nicht so freiwillig erzählt.“
Diesmal klingelte mein Smartphone und Jonas war in der Leitung. Er erzählte mir aufgeregt, dass seine Schwester verschwunden sei und sie keine Ahnung hätten, wo sie stecken könne. Manuel vermute sogar, dass sie sich etwas angetan haben könnte, weil sie möglicherweise die schmerzlichen Tatsachen nicht verkraften konnte.
Als er ausgesprochen hatte, meinte ich zu ihm, dass ich Entwarnung geben könne. Seine Schwester sei wohlbehalten bei uns und spräche gerade mit eurem Vater. Ich spürte direkt wie erleichtert Jonas meine Nachricht aufnahm und sofort in die Runde weitergab. Er meinte nur noch, wir sähen uns später, Gott sei dank wäre seiner Schwester nichts passiert.
Inzwischen war es schon fast neun Uhr dreißig und wieder machte sich ein Klingeln an der Wohnungstür bemerkbar. Ich warf einen verzweifelt Blick nach oben. Diesmal ging Thomas raus, um nachzusehen wer jetzt vor der Wohnungstür stand.
Thomas kam mit unserem Anwalt zurück, der meinte, dass er Neuigkeiten für uns habe, die er uns noch vor der anberaumten Besprechung mitteilen müsste. Er erklärte: „Ich habe vom Gutachter gestern Mittag die vorläufige Aufstellung der aktuellen Werte der Immobilien erhalten, die an deine Schwester übertragen wurde. Er kommt für den Todestag eures Vaters auf einen Wert, der mindestens vierzig Prozent der gesamten Erbmasse ausmacht, wobei er betonte, dass das nur vorsichtig geschätzte Werte sind, die bei der vorläufigen Aufstellung angesetzt sind. Ich sollte damit rechnen, dass der Wert noch auf bis zu fünfundvierzig Prozent ansteigen könne. Damit habe sie keinerlei finanziellen Ansprüche und muss sogar noch einen Ausgleich an euch zahlen, wobei du, Peter, derjenige bist, dem fast die gesamte Summe zustehen wird, da Dieters Anteil mit derzeit gut dreiunddreißig Prozent ziemlich exakt einem Drittel entspricht. Der vorläufig errechnete Ausgleich beträgt rund drei Millionen Euro.“
Martin schaute den Anwalt und mich an und erklärte: „Peter, das kann weder Gerlinde noch ich finanzieren, wenn du die Summe in bar haben willst. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Rückforderung noch erhöhen kann, wenn der Wert der Immobilien, die wir im Besitz haben wirklich bis fünfundvierzig Prozent ansteigt. Wir können das nur ausgleichen, wenn wir dir Immobilien im errechneten Wert übertragen. Das Ergebnis ist vermutlich fast dasselbe, wie wenn deine Mutter ihren halben Anteil, an den Immobilien zurückfordert und an dich weitergibt.“
Erneut klingelte es an unserer Wohnungstür. Thomas meinte: Ich habe doch die Wohnungstür sperrangelweit offengelassen, damit keiner mehr klingeln muss, sondern einfach hereinkommen kann. Ich schau kurz nach wer sich nicht traut, einfach in die Wohnung zu kommen.“
Nach einer Minute kam er mit Martins Eltern zurück ins Wohnzimmer. Albert schaute seinen Sohn an und sagte: „Welche Laus ist dir heute Morgen schon über die Leber gelaufen, du siehst aus wie drei Tage Regenwetter.“
Martin grinste und antwortete ihm: „Peters Anwalt ist mir als Laus über die Leber gelaufen. Er hat erklärt, dass der Gutachter den Wert der Immobilien, die Gerlinde und ich bereits erhalten haben, vorsichtig geschätzt bei über vierzig Prozent der gesamten Erbmasse zum Todestag von Walter liegen und der Wert sich noch bis auf fünfundvierzig Prozent steigern kann. Wenn Gerlinde ihre Drohung wahrmacht und ihren Anteil zurückfordert, bleiben von einem aktuellen Wert von rund dreißig Millionen Euro, am Ende etwa zwölf Komma fünf Millionen Euro übrig.“
Albert kommentierte das wie folgt: „Aktueller Wert eurer Immobilien, dreißig Millionen, sollten eigentlich nur fünfundzwanzig Millionen sein, Ergo fünf Millionen zu viel im Vorfeld erhalten, oder stärker im Preis gestiegen wie der Rest. Egal warum, ihr habt zu viel erhalten und müsst an die anderen Erben abgeben. Wenn Gerlinde erfährt, was sie mit ihrer Aktion ausgelöst hat, wird sie sich noch wundern. Sie hat sich noch mehr Geld erhofft, jetzt muss sie sogar noch Immobilien zurückgeben und darf dafür auch noch einige Jahre ins Gefängnis.“
Inzwischen waren alle eingetroffen und wir setzten uns an den Esstisch, um mit dem Rechtsanwalt das weitere Vorgehen zu besprechen. Durch die massiv veränderte Ausgangslage zu Gunsten von Dieter und mir, waren die Gespräche nicht einfacher geworden. In der Diskussion ging es an manchen Stellen heftig zur Sache. Am Ende gab es nur wenige Übereinstimmungen, die wir erzielen konnten.
Einig waren wir uns darüber, dass Dieter und ich auf alle Fälle Klage einreichen wegen der Unterschlagung von diversen Immobilien und auf Herausgabe der zu viel erhaltenen Erbmasse zum Todestag unseres Vaters.
Unser Rechtsanwalt wird Strafanzeige stellen gegen Gerlinde, da sie die mutmaßliche Haupttäterin war. Welche Aktionen von Seiten Martins Familie durchgeführt werden, ließen wir offen, das sollte durch die Familie entschieden werden.
Martin kündigte zumindest an, dass an der Scheidung kein Weg vorbeiführt und diese auch kurzfristig durchgezogen wird. Ich erklärte dazu, wenn er in finanzielle Schwierigkeiten kommen solle, dann werden Dieter und ich ihn unterstützen, notfalls mit einer Ausfallbürgschaft. Ihm war bewusst, dass er sich damit in eine gewisse Abhängigkeit uns gegenüber begeben würde.
Die beiden im Vorfeld begünstigten Kinder erklärten, dass sie ihre Immobilien nicht an ihre Eltern zurückgeben werden. Diese sollten nach der Scheidung und der Erbauseinandersetzung ebenfalls als Sicherheit für die finanzierenden Banken des Autohauses dienen. Mit diesem Vorgehen sollte sichergestellt werden, dass unsere Schwester durch die Scheidung finanzielle Verluste hinnehmen müsse.
Das alles war vor mehr als zehn Monaten. Dieters und mein Anwalt hatten sofort unsere Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft eingereicht. Die Ermittlungen in diesem Verfahren laufen aktuell noch. Über unseren Anwalt haben wir erfahren, dass im kommenden Jahr das Verfahren gegen Gerlinde eröffnet wird.
Kurz nachdem sämtliche endgültigen Wertgutachten für die Immobilien vorlagen, verklagte der Anwalt Martin und Gerlinde Strohwinkel auf Herausgabe der zu viel übertragenen Immobilien, die im Zuge der stattfindenden Erbauseinandersetzung ermittelt wurden.
Gerlinde versucht noch mit allen legalen Mitteln, die Rückgabe zu verhindern, da Martin sich bei Gericht einsichtig zeigte und der Rückübertragung zustimmte, wurde vom Gericht zu unseren Gunsten entschieden. Gerlinde kochte vor Wut, als bei der Urteilsverkündung zu unseren Gunsten entschieden wurde. Dabei beleidigte sie den Vorsitzenden Richter, der daraufhin ein Verfahren wegen Beleidigung gegen sie einleitete.
Auf Anraten unseres Anwalts verklagte Jonas, noch vor unserer Erbauseinandersetzungsklage, seine Eltern darauf, ihm ebenfalls einen gleichwertigen Anteil an Immobilien zur übertragen. Mit der Begründung, dass er von seinen Eltern wegen seiner Homosexualität benachteiligt wird. Er hatte sich vorher mit seinen beiden Geschwistern abgestimmt. Auch diesen Prozess verloren Martin und Gerlinde, nachdem Gerlinde bei Gericht ihren Jüngsten als schwulen Abschaum bezeichnet hatte und von der Richterin eine weitere Beleidigungsklage angestrengt wurde.
Im Grunde genommen läuft aktuell, aus Familiensicht, nur noch das Scheidungsverfahren zwischen den Eheleuten, bei dem durch Gutachter ermittelt werden soll, wie der Zugewinn-Ausgleich aussehen soll, da sie keine Gütertrennung vereinbart hatten. Da das Autohaus eine GmbH ist und sich aktuell noch im Eigentum seiner Eltern befindet, bleibt es beim Zugewinn-Ausgleich unberücksichtigt.
Manuel ist vor kurzem aus der Betriebsleiterwohnung wieder ausgezogen und wohnt inzwischen mit seiner Freundin in einer der Wohnungen, die ihm von seinen Eltern übertragen wurden. Auch Sabine wohnt nicht mehr bei ihrer Mutter. Sie ist, wie ihr Bruder Manuel, in eine der sich in ihrem Besitz befindlichen Wohnungen eingezogen.
Übrig sind damit noch die beiden Verfahren gegen Gerlinde wegen Beleidigung und das Strafverfahren wegen des versuchten Betrugs, wenn wir das Scheidungsverfahren nicht berücksichtigen.
Erst gegen drei Uhr morgens bin ich endlich eingeschlafen. Mir war zu dem Zeitpunkt schon bewusst, dass der Sonntag wieder ein anstrengender Tag für mich würde, bei dem wenigen Schlaf, den ich noch bekommen würde.
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