Stories
Stories, Gedichte und mehr
Regenbogenfamilie
Teil 81 - Ausflug ins Thermalbad
Der Lesemodus blendet die rechte Navigationsleiste aus und vergrößert die Story auf die gesamte Breite.
Die Schriftgröße wird dabei vergrößert.
Informationen
- Story: Regenbogenfamilie
- Autor: Sonntagskind55
- Die Story gehört zu folgenden Genre: Coming Out
Der dritte Tag des Bewerbungsevents startete mit einem Frühstück im Gesindehaus um sieben Uhr morgens, da heute die Vorstellungsgespräche bereits um acht Uhr beginnen sollten. Kurz nach halb acht Uhr kam Florian auf mich zu und fragte, ob wir bereits ins Gutshaus vorgehen könnten.
Unterwegs informierte er mich, dass er die Liste mit der Reihenfolge der Gespräche gestern Abend noch aufgehängt hätte und die Mädchen und die Jungs wüssten, ab wann sie im Gutshaus sein sollten.
Peter hat mich heute Morgen angesprochen und wollte wissen, wann er zu seinem Vorstellungsgespräch heute ins Gutshaus kommen soll. Du hättest ihm gestern Abend noch unmissverständlich klar gemacht, dass er heute ein weiteres Vorstellungsgespräch haben werde. Ich habe ihm gesagt, dass er mit dem letzten Kandidaten ins Gutshaus kommen soll.
Kurz vor acht Uhr kam Alexandra ins Besprechungszimmer und meinte, sie würde heute ohne Sebastian auskommen müssen, da er anderweitig beschäftigt sei. Florian meinte, wir haben eine Kandidatin und zwei Bewerber für die beiden offenen Stellung zur Ausbildung zum Hotelkaufmann. Er stand auf und holte die einzige Kandidatin aus dem Kinderheim in Kassel, Corinna Dorfner, zu uns in den Raum.
Die Gespräche liefen wie immer nach dem gleichen Schema ab. Corinna schlug sich wacker durch die Fragen von Alexandra und mir, nachdem sie uns vorher aus ihrem bisherigen Leben berichtet und uns ihren Berufswunsch näher erläutert hatte. Am Ende bedankte ich mich für das Gespräch und meinte noch, morgen würde sie erfahren, ob sie angenommen wird.
Der nächste Kandidat war Siegfried Schachtner aus Rosenheim, der ins Zimmer kam. Auch er durfte uns aus seinem Leben berichten und seinen Berufswunsch näher erläutern. Bei den Fragen war er nicht so souverän wie seine Vorgängerin Corinna. Am Ende dankte ich auch ihm und meinte, wir würden uns morgen Vormittag noch einmal sprechen.
Während Florian den letzten Kandidaten, Andreas Schwerdtfeger, aus dem Kinderheim in Kassel, ins Zimmer holte, grinste Alexandra und zeigte den Daumen nach oben. Sie hatte also meine Aussage an Siegfried richtig interpretiert.
Andreas meisterte sein Vorstellungsgespräch mit der gleichen Sicherheit, die wir vorher es schon bei Corinna erlebt hatten. Am Ende bedankte ich mich für das Gespräch und wie bei Corinna, erklärte ich ihm, dass er morgen erfahren würde, ob er angenommen wird.
Die anschließende Diskussion mit Alexandra war einseitig, da wir beide der gleichen Meinung waren, was die beiden Kandidaten anbetrifft, die eingestellt werden sollten. Wir waren uns einig darüber, dass Corinna und Andreas die beiden neuen Auszubildenden zum Hotelkaufmann werden sollen. Alexandra meinte, sie hätte meine Aussage an Siegfried richtig gedeutet, dass er in einem weiteren Gespräch ein Angebot für einen anderen kaufmännischen Beruf erhalten wird.
Die nächste Runde Bewerbungsgespräche ging an die IT-Abteilung, bei der wieder Philipp, Marcus und Bernhard für die Vorstellungsgespräche zuständig waren. Hier gab es derzeit nur zwei Bewerber auf die beiden ausgeschriebenen Stellen als IT-Kaufmann. Der erste Bewerber, Eberhard Borgmann aus Rosenheim, zeigte und gab alles, um einen der beiden Ausbildungsplätze zu erhalten.
Der zweite Bewerber Oliver Wegmann aus dem Kinderheim in Suhl schien etwas schüchtern und eher zurückhaltend zu sein. Erst in der Fragerunde brillierte er mit ordentlichen Antworten und Erläuterungen, hier zeigte er ein völlig anderes Gesicht. Da er sich bei seinen Ausführungen über sein Leben zurückgehalten hatte fragte ich nach, warum er im Kinderheim gelandet sei. Oliver meinte: „Darüber rede ich ungerne, da ich an diese Zeit nie wieder erinnert werden möchte. Ich möchte nur so viel dazu sagen, es geht um das Thema Kindesmissbrauch, sowohl bei meinen Eltern als auch in der Pflegefamilie. Darum möchte ich auch so weit wie möglich von Suhl weg, damit ich nicht ständig daran erinnert werde. Reicht dir das als Antwort, Peter?“
Ich antwortete ihm: „Die Antwort reicht mir, ich habe jedoch eine Zusatzfrage. Dir ist schon klar, dass du während deiner Ausbildung mit mehreren homosexuellen Kollegen zusammenarbeitest. Hast du keine Angst davor, dass einer von ihnen sich an dir vergreifen könnte? Ich würde das zwar nie in meinem Unternehmen dulden, aber ich kann dir auch keine Garantie geben.“
Er schaute mich an und meinte; „So wie ich die zukünftigen Kollegen oder Ausbilder bisher kennengelernt habe, gehe ich nicht davon aus, dass sie sich an mir vergreifen würden. Im Übrigen stehe ich selbst auf Jungs. Das ist auch mit ein Grund, warum ich mich bei euch beworben habe.
Wenn ich angenommen werde, will ich mich eurer schwulen Jugendgruppe anschließen. Ich habe jedoch eine Bitte, denn ich habe mich im Kinderheim bisher nicht geoutet und das soll so bleiben, bis ich meine Ausbildung bei euch beginnen kann.“
Ich schaute meine vier Jungs an und meinte: „Ihr habt es gehört, Olivers Outing bleibt in den vier Wänden und wird nicht nach außen getragen. Oliver, an dich habe ich eine Bitte, wenn du am Silvestertag mit Barbara vom Jugendamt in Rosenheim sprichst, sei ehrlich und erkläre ihr deine Situation. Sie wird deine Äußerungen auf alle Fälle diskret behandeln.“ Damit war er aus seinem Vorstellungsgespräch entlassen.
Als Oliver den Raum verlassen hatte meinte Bernhard: „Peter, du verblüffst mich immer wieder. -sicher ist mir aufgefallen, dass er mit Informationen zu seinem Leben sehr zurückhaltend war. Aber deine Schlussfolgerungen und daraus deine Fragen, erinnert mich daran, wie du Benjamin und mich damals durchschaut hast.“
Philipp meinte dann: „Wir nehmen auf alle Fälle alle Beide. Oliver hat bei seinen Antworten den besseren Eindruck hierlassen. Wenn du noch einen dritten Auszubildenden finden solltest, der in unsere IT passt, wir würden ihn ebenfalls nehmen. Wir haben uns gestern Abend kurz zusammengesetzt und festgestellt, dass wir noch einen weiteren IT-Kaufmann brauchen könnten.“
Ich erklärte ihm: „Ich habe bereits einen möglichen Kandidaten, der zu euch passen könnte. Die Entscheidung fällt morgen bei dem Zusatzgespräch, dass ich mit ihm führen werde.“
Damit hatten wir die Bewerbungsgespräche für die kaufmännischen Beruf abgeschlossen, bei denen wir von den Fachabteilungen unterstützt wurden. Ab sofort waren nur noch Florian und ich offiziell für die Entscheidungen zuständig. Was Florian bis jetzt noch nicht wusste, ich hatte Thomas als Verstärkung dazu gebeten.
Als es an der Tür klopfte und Thomas ins Besprechungszimmer eintrat, fing Florian zu grinsen an und sagte zu Thomas: „Darfst du uns jetzt bei den weiteren Gesprächen unterstützen oder willst du mir Peter entführen?“
Thomas antwortete ihm: „Ich würde dir Peter liebend gern entführen, aber er hat mich zwangsverpflichtet, euch bei den Bewerbungsgesprächen zu unterstützen. Auf in den Kampf, ich möchte mich heute Nachmittag ins Thermalwasser stürzen und keine Einstellungsgespräche mehr führen.“
Florian holte den ersten Kandidaten,Martin Bauernfeind, ins Besprechungszimmer. Ich erklärte kurz, dass er sich und sein Leben kurz vorstellen soll und dann erklären möge, weshalb und wo er eine kaufmännische Ausbildung absolvieren will. Ihm stünden zur Auswahl: Die J. Graf GmbH, die G. Bauer GmbH, der Handwerksbetrieb, die Stiftung Sonneneck und die Buchhaltung und Personalverwaltung bei der Gutshofverwaltung. Danach würden wir ihn noch ein paar Fragen stellen.
Martin erzählte uns aus seinem Leben Dinge, die wir bereits bei seinem Zwillingsbruder Josef gehört hatten. Er meinte, er würde gerne seine kaufmännische Ausbildung bei den Handwerkern absolvieren. Bei den Fragen, die hauptsächlich von mir kamen, zeigte er seine wahre Stärke. Im Endergebnis befanden wir, dass er für den Handwerksbetrieb geeignet erschien, was Florian sich gleich notierte.
Die nächste Kandidatin war Selina Becker aus dem Kinderheim in Gera, die entweder bei der J. Graf GmbH oder bei der G. Bauer GmbH ihre Ausbildung machen wollte. Sie erzählte uns, dass sie bereits mehrmals bei verschiedenen Pflegefamilien untergebracht wurde, aber immer wieder nach kurzer Zeit ins Kinderheim zurückgebracht wurde. Die fachlichen Fragen zu ihrem Berufswunsch beantwortete sie zwar immer kurz. Zumindest waren ihre Aussagen korrekt.
Ich fragte sie, warum sie immer wieder von den Pflegefamilien ins Kinderheim zurückgegeben wurde. Sie meinte: „In den meisten Fällen wollten die Paare ein Kind adoptieren und im Prinzip war es nur ein Probewohnen auf Zeit. Vermutlich entsprach ich nicht den Vorstellungen der zukünftigen Adoptiveltern, immerhin war ich beim ersten Vermittlungsversuch nicht ganz dreizehn Jahre alt. Nach meinem vierzehnten Geburtstag wurden die Versuche, mich bei einer Familie unterzubringen, aufgegeben.“
Ich schaute sie an und meinte: „Okay, ich habe verstanden. Ich weiß, wie schwer es ältere Kinder haben, in Pflege- oder Adoptivfamilien vermittelt zu werden. Du erfährst morgen, ob und in welchen deiner beiden Wunschunternehmen du deine Ausbildung machen kannst.“
Wir diskutierten kurz, wobei sich Florian vollständig aus der Diskussion heraushielt. Wir entschieden uns am Ende darauf, ihr einen Ausbildungsplatz in der J. Graf GmbH zu geben.
Unser nächster Kandidat war Peter Burgmeister aus Rosenheim, der sich eine Ausbildung zum Bürokaufmann bei den Handwerkern oder in der Stiftungsverwaltung vorstellen konnte. Er sah nach seinen vorgelegten Schulzeugnissen wie ein sicherer Kandidat für einen Ausbildungsplatz aus.
Bei seiner Vorstellung und unseren Fragen patzte er so einige Male, so dass ich ihn am Ende fragte: „Bist du dir sicher, dass du wirklich einen reinen kaufmännischen Beruf erlernen willst. Ich habe eher den Eindruck, dass du einen Verwaltungsberuf mit handwerklichem Hintergrund oder mit Bezug zur Natur suchst.“
Peter Burgmeister schaute mich überrascht an und sagte: „Ist das so einfach aus meinen Aussagen herauszulesen? Peter, du vermutest richtig, dass eine Tätigkeit, die in diese Richtung gehen könnte, mir weitaus besser gefallen würde. Nur habe ich auf dem Ausbildungsmarkt im Raum Rosenheim nichts in diese Richtung gefunden und von zu Hause wollte ich noch nicht ausziehen.“
Ich überlegte kurz und bot ihm dann an: „Wir könnten dir eine Ausbildung als Forstwirt anbieten. In diesem Beruf gibt es viele Verwaltungsaufgaben. Du hättest trotzdem einen Bezug zur Natur und bist viel im Waldbestand des Gutshofes unterwegs. Dazu gehören auch Aufgaben wie das Fällen von Bäumen und der Verkauf der Baumstämme. Könntest du dir etwas in diese Richtung vorstellen? Florian zeige ihm doch bitte kurz das Ausbildungsprofil zum Forstwirt.“
Florian öffnete in den Unterlagen das Ausbildungsprofil und zeigte es Peter. Der las sich den Inhalt durch und sagte anschließend: „Das Ausbildungsprofil kommt verdammt nahe an das heran, was ich mir als meinen zukünftigen Beruf vorstelle. Es hat einige kaufmännische Aspekte und es fordert mich körperlich heraus. Kann ich mich also umentscheiden und statt Bürokaufmann eine Ausbildung zum Forstwirt anvisieren? Ich muss das dann nur noch meinen Eltern erklären.“
Thomas erklärte: „Sicher kannst du dich umentscheiden. Unsere Vorstellungsgespräche dienen ja dem Zweck, entweder deine Eignung festzustellen oder dir Hinweise zu geben, was eher deinen Fähigkeiten und Neigungen entspricht. Genau das hat Peter versucht, dir im Gespräch nahezubringen. Da wir dir hier einen bisher nicht öffentlich ausgeschriebenen Ausbildungsplatz anbieten können, kannst du dich auch dafür entscheiden.“
Peter Burgmeister erklärte: Dann nehme ich euer Angebot zur Ausbildung zum Forstwirt an und ziehe meine Bewerbung als Bürokaufmann zurück.“
Ich sagte: „Florian notiert sich, dass du zum Forstwirt wechselst, und bereitet dir einen Ausbildungsvertrag vor. Du sprichst zwischenzeitlich bitte mit deinen Eltern und erklärst ihnen, dass du deine Pläne geändert hast und warum du dich für den Forstwirt entschieden hast.“
Unser nächster Bewerber bei den Vorstellungsgesprächen war Joshua Dick aus dem Kinderheim in Suhl. Bei der Zuordnung, wo er lernen wollte, erklärte er, dass er sich alle Bereiche vorstellen könne, mit Ausnahme der Buchhaltung.
Eine interessante Information, die ich anfangs nicht so richtig einordnen konnte. Mit seinen Erklärungen zu seinem Lebenslauf und bei der Beantwortung unserer Fragen, wurde mir klar, dass es sich bei ihm um einen echten Allrounder handelt, der in alle kaufmännischen Bereiche passen würde. Das Einzige, wo ich ihn ausschließen würde, war die von ihm genannte Buchhaltung, aber auch der Bereich Personalwesen.
Abschließend meinte ich, du erfährst morgen, wo dein endgültiger Ausbildungsplatz sein wird. Wir entscheiden das nach dem Abschluss der Vorstellungsgespräche.
Marina Kaufmann aus dem Kinderheim in Suhl war die Nächste, die Florian zum Vorstellungsgespräch zu uns holte. Sie war der Meinung, dass eine Ausbildung für sie entweder in der J. Graf GmbH oder der G. Bauer GmbH die beste Option wäre. Ihre Erklärungen zu ihrem bisherigen Leben waren eindeutig und sie erläuterte uns sogar ausführlich, warum sie in einem Kinderheim lebt. Ich bemerkte, dass Florian von ihren Aussagen ziemlich beeindruckt war. Es war das erste Mal, dass sich Florian auch bei den fachlichen Fragen erheblich mehr einbrachte als bei allen bisherigen Kandidatinnen und Kandidaten. In der anschließenden Diskussion waren wir uns sehr schnell einig, dass wir sie in der G. Bauer GmbH als Auszubildende unterbringen würden.
Der nächste in der alphabetischen Reihenfolge war Patrick Körber aus Rosenheim, der von Anfang an erklärte, dass er nur in der J. Graf GmbH seine Ausbildung absolvieren wolle, ein anderer Teilbereich der Gutshof-Gruppe käme für ihn überhaupt nicht in Frage. Auf meine Zwischenfrage, warum er sich nur auf die J. Graf GmbH festlegen wolle, erklärte er uns das, was wir schon vermutet hatten: „Ich will in der Firma lernen, bei der auch meine Mutter bereits seit Jahren beschäftigt ist.“
Damit hatte er schon einmal schlechte Karten an sich ausgeteilt, vor allem, nachdem sich während des Vorstellungsgesprächs immer mehr herauskristallisierte, dass er für die J. Graf GmbH völlig ungeeignet erschien. Am Ende des Vorstellungsgesprächs meinte Thomas: „Patrick, so leid es mir tut, aber einen Ausbildungsplatz bei der J. Graf GmbH sehe ich nicht für dich. Mit deinem Wissen und mit deiner Art mit Menschen umzugehen, könnte ich mir vorstellen, dass du in der Stiftungsverwaltung besser aufgehoben bist.“
Ich erklärte ihm: „Ich sehe das auch so wie Thomas. Du würdest bei der J. Graf GmbH nicht glücklich werden. Bei deinen Fähigkeiten sehe ich dich eher in der Stiftungsverwaltung oder vielleicht noch bei den Handwerkern. Sprich mit deiner Mutter, ich erwarte deine Entscheidung zu unserem Angebot bis zum Mittagessen. Ansonsten stell dich darauf ein, dass du von uns eine Absage bekommen wirst. Einen besonderen Bonus für Angehörige von Mitarbeitern gibt es in der Gutshof-Gruppe bei Einstellungen nicht.“
Mit stinkigem Gesicht verließ Patrick das Besprechungszimmer und ich meinte zu Thomas: „Aus meiner Sicht ist die Bewerbung von Patrick gelaufen. Wenn er nicht einsichtig ist und seine Meinung nicht ändern will, erhält er eine Absage.“
Thomas zeigte nur mit dem Daumen nach oben und damit konnten wir uns dem nächsten Kandidaten widmen. Das nächste Gespräch war für Thomas und mich eines der schwierigsten überhaupt. Der nächste war David Maurer, unser Adoptivsohn, und bei ihm mussten wir darauf achten, dass uns niemand Vetternwirtschaft vorwerfen konnte.
Florian hatte ihn inzwischen ins Zimmer geholt und ich erklärte ihm, was wir von ihm wissen wollen. David erklärte, dass er zukünftig gerne in der Stiftungsverwaltung mitarbeiten will, weil es sich um eine interessante und abwechslungsreiche Aufgabe handelt. Beim Lebenslauf meinte er frech, dass er uns da nicht viel mehr erklären könne als das, was wir bereit über ihn wüssten.
Ich erklärte ihm: „Zu deinem Lebenslauf kannst du Thomas und mir sicher nichts Neues erzählen. Aber Florian gehört mit zum Komitee, das die Entscheidungen trifft. Er hat keine Ahnung von deinem Vorleben, also solltest du ihm doch zumindest das Wichtigste aus deinem Leben erzählen.“
Das, was er Florian aus seinem Leben erzählte, fand ich in Ordnung. Er musste nicht unbedingt erklären, dass er bereits Erfahrungen auf dem Straßenstrich gesammelt hatte. Bei den Fragen, die wir ihm stellten, zog er sich achtbar aus der Affäre. Florians letzte Frage hatte es aber in sich. Er wollte wissen, ob es in seinem Leben einen dunklen Punkt gebe, den er ihm bei seinem Rückblick nicht angesprochen habe.
Jetzt war ich gespannt, wie er die Frage abarbeiten würde. Er schaute Florian an und meinte, es gebe einen schwarzen Punkt in seinem Lebenslauf, an den er jetzt nicht mehr so gerne erinnert werden möchte. „Florian, ich kenne dich jetzt schon ein paar Tage und ich denke, ich kann mit dir darüber sprechen. „ Er überlegte kurz, während Florian nur nickte, bevor er ihm erzählte: „Nachdem ich von meinen Eltern aus dem Haus geekelt wurde, lebte ich monatelang auf der Straße. Um zu überleben bin ich in München auf dem Straßenstrich gelandet, damit ich mir wenigsten hin und wieder etwas zum Essen oder neue Klamotten leisten konnte. Auch nach meiner Unterbringung in einem Kinderheim, bin ich mehrmals verschwunden und wieder zurück auf die Straße. Bei meinem letzten Aufgriff durch die Polizei landete ich über das Jugendamt auf dem Gutshof bei Peter und Thomas, die mich als Pflegekind aufnahmen und mir den Absprung aus meinem versauten Leben ermöglichen wollten. Das hätte ich beinahe vergeigt, weil ich Peter unterstellt habe, er wäre ein alter Lustgreis, der sich nur seinen eigenen Lustknaben halten wolle. „
Bei einem Gespräch nur mit Dennis und Peter erkannte ich noch rechtzeitig, dass Peter kein sexuelles Interesse an mir hat, sondern er und Thomas mir wirklich helfen wollen. Ich durfte mich entscheiden, entweder bei Peter und Thomas zu bleiben oder in Rosenheim in ein Kinderheim zu gehen. Ich habe mich für Peter und Thomas entschieden, die mich zwischenzeitlich adoptiert haben.“
Florian meinte: „Die Geschichte war jetzt aber heftig. Ich finde es gut, dass du dich für Peter und Thomas entschieden hast und dir jetzt ein neues Leben aufbauen kannst. Ich verstehe auch, warum du diesen Teil deines Lebens für immer aus deinem Gedächtnis löschen willst und würde es sicher auch so wollen, wenn ich in deine Lage gekommen wäre. Peter, bist du bereit, David den Ausbildungsplatz in der Stiftung zu geben? Fachlich hat er ihn auf alle Fälle verdient.“
Thomas grinste und ich antwortete: „Florian, deine Stimme für David war die Entscheidende. Wir wollten uns auf keinen Fall Vetternwirtschaft vorwerfen lassen.“ Damit war das Bewerbungsgespräch mit David beendet.
Als nächstes hatten wir wieder eine Kandidatin, Brigitte Schweiger aus Rosenheim. Sie meinte, sieh würde gerne entweder in der J. Graf GmbH oder bei den Handwerkern lernen. Ich wusste, dass wir dort noch jeweils eine Stelle zu vergeben hatten. Auch sie zeigte keine Schwächen bei unseren Fragen, so dass wir entschieden, dass sie den zweiten Ausbildungsplatz bei der J. Graf GmbH erhalten würde.
So langsam näherten wir uns dem Ende der Vorstellungsgespräche, noch hatten wir mindestens vier Gespräche vor uns, und morgen möglicherweise zwei Zusatzgespräche. Florian holte Nico Steiger zum Gespräch und er erklärte, dass er gerne seine Ausbildung in der neu im Unternehmen geschaffenen Abteilung Ausbildungsverwaltung antreten würde. In diesem Fall schien mir Florian derjenige zu sein, der als befangen gelten konnte.
Nico enttäuschte nicht bei der Vorstellung, die er uns ablieferte. Seine Antworten waren präzise, obwohl er meine und Thomas Fragen sicher nicht vorher mit Florian einüben konnte. Das zeigte mir, dass er sich zumindest ausgiebig mit der Materie auseinandergesetzt hatte. Am Ende meinte Florian, er würde sich bei der Abstimmung enthalten, diese Mal sollten wir die Last der Entscheidung tragen. Am Ende atmete er auf als wir zustimmten, dass Nico den Ausbildungsplatz erhalten sollte.
Jetzt war nur noch Peter Brunnmeier übrig, der jetzt zu seinem zweiten Vorstellungsgespräch kommen sollte. Florian holt ihn ins Besprechungszimmer und als er sich gesetzt hatte erklärte er: „Ich habe heute Morgen schon ein längeres Telefonat mit Mario geführt. Wir haben uns darauf geeinigt, dass ich Bürokaufmann lernen soll, wenn möglich in der Gärtnerei bei Manuel. Wir hoffen darauf, dass wir damit Vater austricksen können, mit der Aussage, dass ich in der Gärtnerei das kaufmännische und den Vertrieb lerne und zusätzlich beim Gemüseanbau eingesetzt werde. Vielleicht merkt Vater während meiner Ausbildungszeit dass Mario doch fähig ist, die Gärtnerei allein zu leiten, so dass ich nach meiner Ausbildung weiter als Bürokaufmann arbeiten kann. Wenn nicht würde ich mit Mario die Gärtnerei gemeinsam betreiben, ich im Büro und er als technischer Betriebsleiter. Mario meinte noch, er würde auf alle Fälle gerne mit Manuel zusammenarbeiten, vor allem einen gemeinsamen Vertrieb der angebauten Produkte und eine Spezialisierung auf wenige Gemüsesorten, dafür aber größere Mengen, kann er sich dabei gut vorstellen. Er denkt dabei auch an Personalaustausch, vor allem bei den Erntehelfern, die leider nicht immer gleichmäßig ausgelastet sind.“
Florian meinte: „Da habt ihr euch aber was Hübsches ausgedacht, wie ihr euren Vater austricksen wollt. Die Frage ist nur, ob Peter bei euren Plänen überhaupt mitspielen will.“
Ich grinste und meinte: “Ich telefoniere kurz mit Manuel und bitte ihn vorbeizukommen, um deinen Vorschlag mit ihm zu besprechen. Wenn er damit einverstanden ist, würde ich eurem Vorschlag zustimmen. Einen Versuch ist es zumindest wert.“ Bei meinem Telefonat stellt sich heraus, dass Manuel momentan im Hofladen anliefert und er, wenn er fertig ist, sofort zu mir ins Besprechungszimmer kommt.
Noch waren keine zehn Minuten vergangen, als Manuel ins Besprechungszimmer trat und sich zu uns setzte. Peter Brunnmeier erklärte Manuel, was er uns vorher schon erzählt hatte. Als Peter geendet hatte, lachte Manuel und sagte: „Netter Plan, den ihr da ausgeheckt habt. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass du ab September kommenden Jahres eine Ausbildung im Büro der Gärtnerei absolvieren könntest. Ich kenne da einen Auszubildenden, der in die Luft springen wird, wenn ich ihm erkläre, dass er ab September nicht mehr im Büro und im Verkauf mitarbeiten muss, sondern sich nur noch auf seine Gemüsepflanzen konzentrieren kann. Peter, ich bin dabei, wenn der Plan funktionieren sollte. Ich kann es gar nicht leiden, wenn Eltern so arrogant mit ihren Kindern umgehen. Bevor ich es vergesse, Mario hat mich vorher angerufen und angefragt, ob wir uns zusammensetzen können. Er würde gerne enger mit uns zusammenarbeiten und einen gemeinsamen Vertrieb aufbauen. Wir haben vereinbart, dass wir uns am zweiten Januar zu einem ersten Gespräch treffen wollen. Er kommt so gegen vierzehn Uhr zu uns in die Gärtnerei, wo ich mit ihm einen kleinen Rundgang machen will. Anschließend könnten wir uns in Peters Büro treffen.“
Florian grinste und meinte: „Ich kenne den Auszubildenden, der einen Luftsprung machen wird, wenn er von seiner Büro- und Verkaufstätigkeit entlastet wird. Peter Brunnmeier, darf ich dich ab sofort Pit nennen, sonst werde ich noch verrückt, wenn ich mit euch Peters in einem Raum bin?“ Er meinte, seinetwegen könnten wir ihn gerne Pit nennen.
Ich erklärte Manuel: „Okay ich bin bei diesem Termin dabei, da es mich als Geschäftsführer der Winter GmbH betrifft, wenn ihr ein neues Vertriebs- und Produktionskonzept auf die Beine stellen wollt. Ich habe nur nicht daran geglaubt, dass Mario so schnell auf unser gestriges Gespräch reagieren wird. Ihm scheint es eine Herzensangelegenheit zu sein, seinen Vater von seinen Fähigkeiten zu überzeugen.“
Bedeutet das, dass unser geplantes Gespräch für Abend um neunzehn Uhr damit abgesagt ist. Pit meinte nicht, dass er davon etwas wüsste.“
Pit telefonierte kurz mit seinem Bruder und sagte ihm, dass wir mit ihnen den Plan durchziehen wollen. Er meinte noch: „Es bleibt doch bei unserem Treffen heute Abend mit Peter, oder hat sich das erledigt. Mario meinte, er wäre um neunzehn Uhr bei uns, wie vereinbart. Dann können wir heute Abend auch über eure Pläne für eine Zusammenarbeit reden.“
Ich bat ihn, mir Mario zu geben und als er mir sein Smartphone in die Hand drückte fragte ich, was er morgen Abend vorhabe. Er meinte, für morgen seit bisher nichts geplant. „Dann bist du eingeladen mit uns im Gesindehaus an der großen Jahresendsause mitzufeiern. Notfalls kannst du auch hier im Haus übernachten, oder bei Manuel und Daniel im zweiten Gästezimmer im Verwalterhaus.“
Pit schnappte sich wieder sein Smartphone und erklärt ihm: „Du musst unbedingt mit dabei sein, fast nur junges Gemüse von zwölf bis zwanzig Jahre. Manuel hat auch schon sein erscheinen zugesagt. Peter und sein Thomas werden als einzige Erwachsene neben den drei Betreuern des Kinderheimes an der Veranstaltung teilnehmen. Auch ein großer Teil der aktuellen Auszubildenden der Gutshofgruppe wird zur Feier kommen.“
Mario erwiderte, er würde uns heute Abend sagen, ob er morgen mit dabei sein wird. Damit war das Gespräch beendet und ich sagte: „Wir sollten langsam ins Gesindehaus gehen zum Mittagessen, wenn wir nachher mit ins Thermalbad fahren wollen.“
Manuel meinte noch, dann sehen wir uns heute Abend bei dir in der Wohnung, Peter. Florian brachte seine Unterlagen in sein Büro und zu dritt gingen wir ins Gesindehaus zum Essen. Thomas war bereits drüben und meinte, er hätte meine und seine Badesachen mitgebracht.
Severin kam auf mich zu: „Ich darf dir unseren neuen Kollegen Konstantin Beham vorstellen, der seit gestern mit den beiden Jungs vom Chef bei uns ist. Gestern warst du so im Stress, da ist die Vorstellung von Konstantin völlig untergegangen.“ Ich drückte die Hand von Konstantin und wünschte ihm in den nächsten Tagen viel Spaß mit den Kids des Kinderheims.
Er lachte, schaute mich an und erklärte: „Hallo Peter, Severin hat mir schon einiges von dir erzählt. Er hat dich als Löwenbändiger bezeichnet, weil du unsere Kids so gut im Griff hast. Den Trick, sie mit Kinderpunsch zu bestechen, damit keiner irgendwelche Extratouren macht, ihnen aber gleichzeitig zu gestatten sich abzusetzen, sie sollten nur wieder rechtzeitig beim Bus sein, fand ich irgendwie originell. Wir sollten vielleicht auch gelegentlich solche Tricks anwenden, sofern sie bei uns überhaupt funktionieren.“
Severin fragte mich, ob er mir heute Nachmittag die beiden Gebauer-Brüder Jason und Ronald andrehen kann. „Wenn du mit den Jungs und Mädchen ins Thermalbad fährst oder habe ich da etwas vergessen und wir sind bei dem Ausflug nach Bad Aibling mit dabei.“
Ich lachte: „Nein, vergessen hast du nichts, aber trotzdem kommt ihr mit nach Bad Aibling in die Therme. Armin hat mich vorher angerufen und mir mitgeteilt, dass heute zwei Busse nach Bad Aibling fahren, weil der für heute geplante Ausflug für eure Kids gestrichen werden musste.“
Severin schaute mich an und sagte: „Dass der Ausflug für heute abgesagt wurde, wissen wir bereits seit gestern. Wir haben uns schon überlegt, wie wir unsere Kids alternativ beschäftigen können. Seit etwa einer halben Stunde geistert hier das Gerücht durchs Haus, dass wir heute Nachmittag nach Bad Aibling in die Therme fahren.“
Ich meinte, dass es an der Zeit wäre alle zu informieren, dass es heute Nachmittag in die Therma nach Bad Aibling geht und alle ihre Badesachen noch vor dem Mittagessen herrichten sollten.
Ich schnappte mir im Saal das Mikro und sagte: „Soeben habe ich von Severin erfahren, dass seit einer halben Stunde ein Gerücht im Haus herumgeistert, dass besagt, dass alle heute Nachmittag zum Baden in die Therma nach Bad Aibling fahren würden. Wer kann mir von euch erklären, wer das Gerücht in die Welt gesetzt hat?“
Alle schauten sich betroffen an, aber keiner wollte mich aufklären, woher er die Information habe. Ich meinte: „Schade, wenn keiner von euch eine Ahnung hat, wer das Gerücht in die Welt gesetzt hat. Dann kann ich denjenigen nicht zur Verantwortung ziehen, wenn ihr nachher alle mit dem Bus nach Bad Aibling zum Schwimmen fahren werdet. Los ab nach oben, holt eure Badesachen und bringt sie in die Hotelhalle, direkt nach dem Mittagessen rollen die beiden Busse vom Hof. Das gilt im Übrigen auch für unsere zukünftigen Auszubildenden. Ich will in einer Minute keinen mehr hier im Raum sehen, dessen Badesachen noch nicht in der Halle sind.“
Es dauerte dann doch etwas länger als diese eine Minute, aber trotzdem waren alle verschwunden. Also hatte vorher keiner seine Sachen für den Besuch im Thermalbad vorbereitet.
Nach rund zehn Minuten hatte die Küchencrew das Mittagessen vorbereitet und die ersten Rückkehrer konnten sich sofort anstellen und ihr Essen holen. Nach weiteren 15 Minuten waren alle wieder im Saal zum Mittagessen zurück, so dass wir sicher pünktlich um dreizehnuhrfünfzehn zur Therme starten können.
Während des Mittagessens kam Dennis zu mir an den Tisch und meinte, er hätte auf Nachfrage von drei Kids, was wir ihnen denn heute Nachmittag anstelle des abgesagten Ausflugs anbieten werden, nur erklärt, dass Armin umgeplant hat und sie ziemlich sicher mit den Bewerbern für die Ausbildungsplätze ins Thermalbad fahren würden. Dass daraus ein Gerücht wurde, dafür sei er aber nicht verantwortlich.
Ich lachte und erklärte ihm: „Dass die Kids die Information nur von dir haben konnten, war für mich so sicher wie das Amen in der Kirche, da Armin mir bei seinem Anruf bereits erklärt hatte, dass er dich vorab informiert habe, damit du Sebastian Bescheid geben kannst, dass wir deswegen etwas früher mit dem Mittagessen starten sollten.
Keine Sorge, du wirst deswegen nicht zur Verantwortung gezogen und musst die Kosten übernehmen. Ich wollte nur wissen, wieso die Information als Gerücht herumgegeistert ist. Die wahren Schuldigen sind die Kids, denen du die richtigen Informationen gegeben hast und die daraus das Gerücht entstehen ließen.“
Kurz nach dreizehn Uhr meinte ich, dass wir so langsam aufbrechen sollten, die beiden Busse würden draußen bereits auf uns warten. Plötzlich standen Jonas und Ronald, die beiden Jungs des Leiters des Kinderheims bei mir und bedankten sich dafür, dass ich zugestimmt habe, dass sie noch nach kommen und mit den Kids vom Kinderheim den Resturlaub verbringen dürfen.
Florian und Severin waren bereits vorab nach draußen gegangen und sammelten ihre Schäfchen für die beiden Busse ein. Florian, die Auszubildenden in Lauerstellung, und Severin, seinen wilden Haufen vom Münchner Kinderheim.
Da im Bus für die Auszubildenden bereits alle eingestiegen waren, ließ ich mir vom Busfahrer das Mikrofon geben und begrüßte alle Teilnehmer an Bord unseres Reisebusses, der uns in wenigen Minuten ins Thermalbad nach Bad Aibling bringen wird.
Ich erklärte weiter: „Ich habe eine positive Nachricht für euch, von den neununddreißig Bewerbern haben achtunddreißig bereits einen Ausbildungsvertrag sicher. Beim letzten Bewerber hängt es von seiner eigenen Entscheidung ab, ob er unser Angebot annehmen wird. Ich wünsche euch jetzt einen vergnüglichen Nachmittag in Bad Aibling.“
Während der Fahrt ins Thermalbad in Bad Aibling bat ich Florian, der neben mir Platz genommen hatte, heute Abend noch die Liste für Barbara vom Jugendamt vorzubereiten, welche der Jugendlichen aus den Kinderheimen einen Ausbildungsplatz bekommen haben und aus welchem Kinderheim sie kommen.
Ich meinte, er sollte vielleicht auch das Geburtsdatum hinzufügen, damit Barbara zumindest Kenntnis davon hat, welche Auszubildenden zu Ausbildungsbeginn noch nicht volljährig wären aber eventuell kurz davor sind. Auch informierte ich ihn, dass Barbara morgen um neun Uhr kommen wird und mit allen Heimkindern reden will. „Dafür hängst du bitte auch einen Zettel aus und teilst ihnen auf diesem Weg den Termin mit.“
„Nicht vergessen, wir beide haben Morgen noch zwei Gespräche zu führen. Einmal mit demjenigen, dem wir erklärt haben, dass wir ihm noch mitteilen, wo er seine Ausbildung machen wird und unserem Sturschädel, der nur in der J. Graf GmbH lernen will. Die beiden Gespräche führen wir am besten noch bevor Barbara ins Haus kommt.“
Nach einer Fahrzeit von knapp zwanzig Minuten standen die beiden Busse auf dem Parkplatz vor der Therme. Ich fragte, ob bei Severin alle dreißig Kids mitgekommen sind, oder ob einer fehlen würde.
Severin grinste und meinte: „Peter, du glaubst doch nicht, dass bei euren geplanten Ausflügen auch nur einer nicht mitkommen will. Trotzdem sind bei mir im Bus nur siebenundzwanzig Kinder und Jugendliche mitgefahren. Die fehlenden drei Jungs sitzen bei euch im Bus, bei den Bewerbern um einen Ausbildungsplatz. Wir hatten vorher bereit in unserem Bus nachgezählt, auch hier waren alle mitgekommen. Wir hatten neununddreißig Jugendliche an Bord.“
Ich ging voraus zur Kasse und zahlte den Eintritt für sechsundsechzig Kinder und Jugendliche sowie für acht erwachsene Begleitpersonen. Glücklicherweise hatte Armin gestern noch die Therme davon informiert, dass wir in einer größeren Gruppe eintreffen werden, so dass es keine Schwierigkeiten gab.
Die nächsten etwa dreieinhalb Stunden verbrachten wir in der Therme. Die Kinder und Jugendlichen verteilten sich gut auf die einzelnen Bereiche des Bades, so dass es nirgends zu auffälliger Rudelbildung kam.
Thomas und ich hatten uns in einem Ruhebereich mit Liegen zurückgezogen und beobachtete das muntere Treiben der Badegäste. Plötzlich stand Siegfried Schachtner neben meiner Liege und fragte, ob er sich zu uns setzen dürfe. Ich meinte, ich hätte kein Problem, wenn er sich ebenfalls ausruhen wolle.
Er sagte: „Du hast vorher im Bus erklärt, dass alle mit einer Ausnahme einen Ausbildungsplatz erhalten. Gehöre ich zu diesen und welche Ausbildung soll ich deiner Meinung nach machen, oder bin ich derjenige der sich erst noch entscheiden muss?“
Ich schaute ihn an und meinte: “Dich habe ich zu der Gruppe gerechnet, die einen Ausbildungsplatz erhält, da ich fest davon ausgehe, dass du einer Ausbildung zum IT-Kaufmann zustimmen wirst. Thomas und ich waren uns einig in der Beurteilung deiner Fähigkeiten und haben an dich den zusätzlich geschaffenen Ausbildungsplatz in der IT-Abteilung vergeben. Dich erwartet dort eine abwechslungsreiche Aufgabe mit viel Kundenkontakt, das kann ich dir heute bereits sagen. Bernhard hatte mir heute Vormittag noch erklärt, dass er für die Dokumenten- und Bauplanverwaltung noch einen weiteren Auszubildenden benötigen würde, zusätzlich zu den bereits beantragten Ausbildungsplätzen, da die Nachfrage nach diesem Produkt größer ist als ursprünglich von ihnen angenommen wurde. Ich hoffe, du gibst mir jetzt keine Absage.“
Er meinte: „Auch wenn ich von IT noch wenig Ahnung habe, bekommst du von mir keine Absage. Alles, was ich am Ende wissen muss, lerne ich bestimmt während meiner Ausbildung. Ich gehe davon aus, dass zu meinem Wissen auch der Einkauf von Servern und sonstigen notwendigen Gerätschaften mit dazugehört. Ich stelle mir das zumindest abwechslungsreicher vor, als wenn ich nur einfach Bürokaufmann lerne.“
Ich grinste und erklärte: „Da bin ich mir sicher, zusätzlich zum Wissen eines Bürokaufmanns kommt vor allem sehr viel fachliches Wissen aus dem IT-Bereich. Wenn du später in dem Bereich der Dokumenten- und Bauplanverwaltung bleiben willst, lernst du sehr viel über Datensicherheit und Zugriffsverwaltung auf die Daten, weil du das unter Umständen auch den Kunden erklären musst. Wir sind hier, um Spaß zu haben und keine tiefschürfenden Vorstellungsgespräche zu führen. Genieße lieber die Zeit, die dir noch in der Therme verbleibt.“
Er verabschiedete sich und verschwand in einem der vielen Themenbereiche der Therme. Keine Zwei Minuten später stand Severin neben mir und erklärte, dass er den Aufenthalt im Bad abbrechen muss, weil sich eines seiner Kinder verletzt habe. Ich meinte, er solle sich erst einmal beruhigen und mir erklären was passiert ist und wo der oder die Verletzte jetzt sei.
Er setzte sich auf die Liege und sagte: „Florian ist beim Laufen ausgerutscht und hat sich beide Knie aufgeschrammt. Er wird von der Bademeisterin gerade verarztet und darf anschließend nicht mehr ins Wasser steigen. Konstantin ist bei ihm und mein dritter Kollege versucht gerade die restlichen Kids zu versammeln. Ich denke es ist vernünftiger, wenn wir jetzt ins Gesindehaus zurückkehren, vor allem wegen Florian.“
Es gibt noch eine andere Möglichkeit, meinte ich zu Severin. Er schaute mich fragend an, so dass ich ihm erklärte: „Ihr bringt Florian, wenn er verarztet ist, direkt zu mir und er muss die restliche Zeit in meiner Nähe bleiben. Dem Rest der Meute erklärst du ganz einfach, wenn sich so ein Vorfall noch einmal wiederholen sollte, wird der Badeausflug abgebrochen und alle müssen nach Hause fahren, und damit meine ich auch unsere Bewerber um einen Ausbildungsplatz. Du kannst ihnen von mir ausrichten, wenn sie sich in der Therme nicht benehmen können, wird es für sie alle Konsequenzen haben, die dann aber auch alle Kids eurer Gruppe ohne Ausnahme treffen wird. Du kannst mich ruhig als den Buhmann vorschieben. Ich bin mir sicher, danach wird es zu keinen weiteren unüberlegten Handlungen deiner Kids kommen wird. Du kennst doch die Auswirkungen meiner Ansagen an eure Kids.“
Severin grinste und meinte: „Die kenne ich. Komischerweise, wenn du etwas ankündigst, dann spurt der Haufen und sie sind nicht wieder zu erkennen. Wenn wir doch auch nur so eine Wirkung auf die Kids hätten. Ich werde jetzt wieder zu den Kids gehen und ihnen deine Ansage überbringen. Konstantin soll Florian bei dir abliefern und uns danach wieder beim Flöhe hüten helfen.“
Severin entfernte sich und als er weit genug weg war, meinte Thomas: „Gratuliere, du hast Severin aber gewaltig den Wind aus den Segeln genommen, als er vom Abbruch des Badenachmittags gesprochen hat. Ich fand es auch etwas übertrieben, dass deswegen alle anderen Kinder und Jugendlichen darunter leiden sollten. Deine Ansage, er soll den Kids in deinem Namen Konsequenzen für alle ankündigen, für den Fall, dass sich noch einmal jemand danebenbenimmt, finde ich ganz schön mutig. An welche Konsequenzen hast du dabei gedacht?“
„Das Effektivste was ich ihnen als Konsequenz anbieten kann, ist ein Feierverbot nach Mitternacht für alle Kinder und Jugendlichen aus dem Kinderheim, während unsere Jugendlichen noch bis drei Uhr morgens weiterfeiern dürfen. Ich habe dabei nur ein Problem, denn ich weiß nicht, wie ich dabei mit den drei Bewerbern aus dem Münchner Kinderheim umgehen soll,“ erklärte ich Thomas.
Thomas schaute mich an und erklärte: „Ist doch ganz einfach, die Drei gehören nach deiner Aussage von vor ein paar Tagen zu den Bewerbern und nicht zum Kinderheim in dieser Zeit, also dürfen sie auch mit den Bewerbern mitfeiern.“
Im Augenwinkel erkannte ich, dass sich Konstantin mit einem etwa dreizehn- oder vierzehnjährigen blonden Jungen näherte, bei dem beide Knie mit einem Verband einbandagiert waren. Als sie neben mir standen meinte Konstantin: „Severin hat mich beauftragt, Florian bei dir abzuliefern und anschließend soll ich weiter mit ihm und unserem Kollegen den Sack Flöhe hüten.“
Ich sagte zu Florian, er soll es sich doch bitte auf der Liege neben mir gemütlich machen. Konstantin sagte noch: „Ich hatte eigentlich erwartet, dass wir mit unseren Kids zurück ins Gesindehaus fahren. Severin hat den Kids aber eben erklärt, wir bleiben noch hier und er soll ihnen von dir ausrichten, wenn sie nicht wüssten, wie sie sich in der Therme zu benehmen haben und es einen weiteren Vorfall gibt, dass es für alle Konsequenzen haben werde.“
Ich lachte und sagte: „Ja, das war meine Anweisung an ihn, euren Kids zu erklären, dass ein weiterer Vorfall, Konsequenzen nach sich ziehen würde. Wenn wir schon für vier Stunden bezahlen, dann fahre ich nicht nach einer Stunde wieder nach Hause, nur weil eines von euren Kids sich eine leichte Verletzung zugezogen hat. Florian ist gestraft genug, dass er nicht mehr mit den anderen im Wasser herumtollen kann und bis zur Abfahrt hier bei mir oder Thomas sitzen darf.“
Damit verschwand Konstantin wieder zurück zu seiner Aufgabe, den berüchtigten Sack Flöhe zu beaufsichtigen. Ich schaute Florian an und sagte: „Was machen wir jetzt mit dir? Willst du mir erzählen, wie es zu deiner Verletzung gekommen ist? Was hat die Bademeisterin gesagt, soll sich das noch ein Kinderarzt anschauen oder kann der Verband nach ein oder zwei Tagen einfach abgenommen werden?“
Er blieb stumm auf seiner Liege sitzen. Dafür meinte Thomas in meinem Rücken: „Ich werde einmal nach unseren jugendlichen Bewerbern sehen, was die so alles treiben und ob die sich besser benehmen können als die Kids vom Kinderheim. Wahrscheinlich werde ich auch gleich noch zusätzlich eine Runde schwimmen gehen.“
Damit stand er auf und ging in Richtung der nächsten Badelandschaft und ließ mich mit Florian allein, der in diesem Moment auftaute und zu mir sagte: „Die Bademeisterin hat gemeint, wenn keine weiteren Schmerzen auftreten, dann kann der Verband nach zwei Tagen abgenommen werden. Bei Schmerzen sollten wir auf alle Fälle einen Arzt aufsuchen oder notfalls ins Krankenhaus fahren. Wie das Malheur passiert ist, kann ich dir nicht einmal genau sagen, wir haben herumgetollt und ich habe nicht richtig aufgepasst, bis ich plötzlich in einer Wasserpfütze weggerutscht bin und mit beiden Händen und den Kniescheiben, auf dem Boden aufgekommen bin.“
Ich meinte: „Hast du Lust, mir etwas über dich zu erzählen und wieso du im Münchner Kinderheim lebst? Er lachte und antwortete: „Da gibt es nicht viel zu erzählen. Ich werde im Februar vierzehn Jahre alt, und lebe jetzt seit über zwei Jahren im Kinderheim, nachdem meine Mutter gestorben ist. Das Jugendamt wollte mich zuerst bei meinem leiblichen Vater unterbringen, aber er hat gegenüber dem Jugendamt erklärt, dass er mich nicht aufnehmen will, nachdem meine Mutter damals vor dem Familiengericht durchgesetzt hat, dass meinem Vater kein Besuchsrecht zusteht. Ich konnte mich auch gar nicht mehr an meinen Vater erinnern, da er meine Mutter bereits verlassen hat, kaum dass ich auf der Welt war. Meine Großmutter, die beim Tod meiner Mutter noch lebte, gab dem Jugendamt ebenfalls eine Absage, da sie wusste, dass sie bereits schwer krank sei und nicht mehr lange leben würde. Ein halbes Jahr später ist sie dann auch verstorben. Deshalb bin ich im Kinderheim gelandet. Man hat mir zwar erklärt, dass mein Vater mich zur Adoption freigegeben habe, aber die Chancen nicht sehr groß wären bei meinem Alter, eine Adoptivfamilie für mich zu finden. Immerhin wollten sie versuchen mich in einer Pflegefamilie unterzubringen, was bis zum heutigen Tag leider nicht funktioniert hat.“
Ich schaute ihn intensiv an und fragte ihn dann: „Willst du denn überhaupt noch adoptiert werden? Vor allem, wie stellst du dir deinen weiteren Lebensweg vor, weißt du schon was du einmal lernen und wo du leben möchtest?“
Er lachte und meinte: „Das sind jetzt viele Fragen auf einmal, ich werde sie dir in meiner Reihenfolge beantworten. Fangen wir mit meiner Ausbildung an, ich habe noch gut eineinhalb Jahre Schule vor mir, bis ich meinen Hauptschulabschluss machen kann. Ich habe in den letzten Tagen viel mitbekommen, welche Ausbildungs- und Unterbringungsmöglichkeiten während der Ausbildungszeit der Gutshof anbietet. Zum einen kann ich mir bei den handwerklichen Berufen das eine oder andere gut vorstellen, aber auch ein Ausbildungsplatz in eurer Gärtnerei könnte mir vermutlich gefallen. Da habe ich von Richie in den letzten zwei Tagen richtig viele Informationen bekommen und er schwärmt richtig für seine Berufswahl. Du kannst also damit rechnen, dass dir im Herbst nächsten Jahres meine Bewerbung für einen Ausbildungsplatz auf den Tisch flattern wird.
Damit hat sich die Frage nach einer Adoption fast schon von selbst erledigt. Warum sollte ich noch adoptiert werden, wenn ich mir schon sicher bin, dass ich in eineinhalb Jahren aus dem Kinderheim ausziehe und bei euch während meiner Ausbildung in eine der Jugendwohnungen einziehen kann.“
Er hat einen Plan. Das merkte ich an seiner Aussage. Nur wie erkläre ich ihm, wie er dann vorgehen wolle, wenn sein Plan doch nicht funktionieren sollte.
Ich meinte: „Dein Plan hört sich gut an, aber was machst du, wenn wir zu diesem Zeitpunkt keine neuen Auszubildenden suchen, weil möglicherweise kein Bedarf besteht. Dann ist dein schöner Traum geplatzt.“
Er schaute mich immer wieder an und überlegte angestrengt, bevor er mir antwortete: „Das wäre die größte Katastrophe für mich, wenn mein schöner Traum so zerplatzen würde. Ich kann nur hoffen, dass es nicht so weit kommt. Notfalls würde ich mich sogar für eine Ausbildung bewerben, die mir nicht so gut gefällt.“
Diesmal sagte ich zu ihm: „Dafür solltest du dir vielleicht doch einen Plan B zurechtlegen, damit du am Ende zumindest eine andere Lösung für deinen Lebensplan hast. Vielleicht könnte dein Plan B doch eine Adoption beinhalten und damit für dich andere Möglichkeiten eröffnen. Du solltest dir einfach Gedanken machen, welche Alternativen für dich noch in Frage kommen.“
Er schaute mich an und erklärte: „Kommen wir noch einmal auf das Thema Adoption zurück, Peter. Willst du und Thomas noch ein weiteres Kind adoptieren, zusätzlich zu David und Tobias?“
Jetzt musste ich doch meine Karten auf den Tisch legen: „Nein, Thomas und ich denken im Moment nicht daran ein weiteres Kind zu adoptieren. Aber ich kenne zwei Jungs, die vor kurzem geheiratet haben und ein Kind adoptieren wollen. Ich weiß nur nicht, wann sie adoptieren wollen und wie alt ihr Wunschkind sein soll. Vor allem sehe ich immer noch ein Hindernis in deinem Alter, da du im Prinzip gerade mal elf Jahre jünger bist als die Beiden. Ich will dir keine Hoffnungen machen, aber wenn du dir vorstellen kannst als Väter zwei Jungs zu akzeptieren, kann ich gerne mit den Zweien reden.“
Florian schaute mich an und fragte nach: „Würde ich durch eine Adoption direkt auf dem Gutshof wohnen oder nur irgendwo in der Nähe?“
Da ich ahnte, worauf er hinauswollte, antwortete ich ihm: „Ich kann es dir nicht garantieren. Wenn die Jungs dich adoptieren und die räumliche Situation es nicht zulässt. Doch ich hoffe, dass sie deswegen nicht vom Gutshof abwandern.“
„Okay“, meinte Florian und sprach weiter: „Ich wage den Angriff durch die Hintertür, um mein Ziel auf den Gutshof zu kommen zu erreichen.“
Ich lachte über seinen Ausspruch, aber im Grunde genommen war es genau das, was er damit auch sagen wollte, ich will in Zukunft im Gutshof Sonneneck leben und da ist mir jedes Mittel recht. Ich sagte: „Ich rede mit den Jungs und wenn sie interessiert sind, werde ich ein Treffen arrangieren, dass ihr euch vorab kennenlernen und danach entscheiden könnt, ob die Jungs für dich einen Adoptionsantrag stellen sollen.“
Florian Hübner antwortete mir: „Okay, rede mit den Jungs und wenn sie mich adoptieren wollen, dann bin ich mit dabei.“
Thomas war bei den letzten Worten von Florian nähergekommen und hatte nur noch „dann bin ich mit dabei“ gehört und wollte sofort wissen, wo Florian dabei sein will. Ich schmunzelte und wartete darauf, wie sich Florian da herausreden wird.
Florian überraschte mich, als er Thomas die ganze Geschichte erzählte. „Wir haben uns nett unterhalten und dabei habe ich Peter erklärt, dass ich in einem Jahr hier wieder als Bewerber für einen Ausbildungsplatz aufschlagen werde. Am Ende hat Peter mich gefragt, ob ich nicht doch lieber adoptiert werden möchte, weil mein Erzeuger mich zur Adoption freigegeben hat. Ich habe ihn gefragt, ob ihr ein weiteres Kind adoptieren wollt. Das hat er aber entschieden abgelehnt und gemeint, er wüsste aber vielleicht ein Paar, dass mich unter Umständen adoptieren könne. Peter hat mir gesagt, er wird die Jungs fragen, ob sie sich vorstellen können, einen vierzehnjährigen Jungen zu adoptieren. Wenn ja, wollte er ein Treffen arrangieren, bei dem wir uns beschnuppern sollen und dann gemeinsam entscheiden, ob ein Adoptionsantrag für mich gestellt wird.“
Thomas grinste und meinte zu ihm: „Du bist aber jetzt nicht etwa schwul?“ Florian lachte und meinte: „Nicht das ich wüsste. Peter hat mir schon verständlich erklärt, dass es sich bei dem Paar um zwei schwule Jungs handelt, die vor kurzem geheiratet haben und ein Kind adoptieren wollen. Ich habe kein Problem damit, mir ist es egal ob das Pärchen aus Mann und Frau oder zwei gleichgeschlechtlichen Partnern oder Partnerinnen besteht.“
Während Thomas sich noch mit Florian unterhielt, sah ich, dass sich Severin näherte. Er fragte Florian, wie es ihm in der Zwischenzeit gehe und ob er noch Schmerzen habe. Florian erklärte, die Salbe, die mir die Bademeisterin aufgetragen hat, kühlt angenehm und ich habe so gut wie keine Schmerzen mehr. An mich gewandt meinte Severin: „Du Löwenbändiger, unsere Kids sind seit deiner Ansage, die ich ihnen übermittelt habe, brav wie die Lämmchen. Ich kann immer noch nicht verstehen, wie du so viel positive Macht über unsere Kids hast. Wir können sagen, was wir wollen, eine Ansage von dir und es gibt keine Schwierigkeiten mehr, selbst wenn du sie ihnen nicht selbst sagst. Das war schon am ersten Nachmittag, als Armin deine Ansage übermittelt hat.“
Ich antwortete: „Frag mich lieber nicht danach, ich kann dir die Frage auch nicht beantworten. Ich kenne auch nicht das Geheimnis, dass da möglicherweise dahintersteckt. Aber eine andere Frage von mir, was treiben unsere Bewerber um einen Ausbildungsplatz, benehmen sie sich oder gibt es dort vielleicht Probleme.“
Er lachte und erklärte: „Die haben deine drei Auszubildenden Felix, Florian und Richie voll im Griff. Mir ist nicht aufgefallen, dass es bei deinen neununddreißig bisher zu Problemen gekommen wäre.“
Severin wollte schon wieder zurück zu seinen Kids gehen, als ich beim Blick auf die Uhr feststellte, dass es schon kurz nach siebzehn Uhr war. Ich sagte zu ihm: „Wir sollten so langsam alle Schäfchen einsammeln und uns für die Rückfahrt fertigmachen, damit wir rechtzeitig zum Abendessen im Gesindehaus sind. Ich denke, so dreißig Minuten werden wir schon gut brauchen, bis alle wieder mit trockenen Haaren in den Bussen sitzen.“
Severin meinte, er kümmere sich gleich darum, dass alle in die Umkleide verschwinden um pünktlich die Rückfahrt antreten zu können. Am Ende war ich überrascht, dass wir es sogar in kürzerer Zeit geschafft hatten, obwohl ich einige von den Jungs zurückschicken musste, dass sie ihre Haare trockenfönen sollten.
Kurz nach siebzehnuhrdreißig starteten die beiden Busse zur Rückfahrt zum Gutshof, wo wir wenige Minuten vor achtzehn Uhr eintrafen. Ich erinnerte die Jungs und Mädchen noch daran, gleich nach der Rückkehr ihre nassen Sachen zum Trocknen aufzuhängen.
Während alle bereits ins Gesindehaus stürmten, blieb ich noch bei den beiden Bussen und bedankte mich bei den Busfahrern für den sicheren Transport der Kids und übergab jedem ein großzügiges Trinkgeld. Thomas war mit unseren Sachen direkt im Gutshaus verschwunden, so dass ich beschloss, einen kurzen Abstecher ins Verwaltergebäude zu machen, bevor ich ins Gesindehaus gehen wollte.
Dort traf ich wie erwartet auf Manuel und Daniel und erzählte ihnen die Geschichte von Florian Hübner und seinem Wunsch auf dem Gutshof leben zu wollen. Am Ende fragte ich sie, ob sie sich vorstellen können den vierzehnjährigen Jungen zu adoptieren, wobei ich erklärte, dass auf alle Fälle vorher ein persönliches Kennenlernen stattfinden soll, bevor eine endgültige Entscheidung von beiden Seiten getroffen wird.
Manuel lachte und sagte: „Peter, du bist gut. Wir haben bisher noch nicht einmal einen Antrag auf Pflegschaft oder für eine Adoption beim Jugendamt eingereicht. Klar wollen wir ein oder zwei Kinder adoptieren. Aber wenn es dumm läuft, ist Florian bereits achtzehn bis unseren Antrag bei der Behörde jemand bearbeitet hat.“
Ich lachte und meinte: „Ich hoffe, ihr erinnert euch noch daran, wie lange der Vorgang bei uns beim Jugendamt in Bearbeitung war, als wir David und Tobias adoptieren wollten. Wir hatten vorher auch keinen Antrag gestellt und trotzdem war es nur eine Sache von wenigen Wochen. Immerhin gibt es bei Florian bereits eine Freigabe zur Adoption von seinem Erzeuger, die bei David erst noch beschafft werden musste.“
Daniel schaute seinen Manuel in die Augen und sagte: „Was solls, den Versuch können wir doch wagen und Florian wenigstens näher kennenlernen. Wir haben immer noch die Wahl, ob wir die Adoption für ihn beantragen und den ersten Schritt zur Adoption machen. Vielleicht will er gar nicht mehr von uns adoptiert werden, wenn er uns erst einmal kennengelernt hat.“
Manuel gab sich geschlagen und erklärte: „Okay, den Versuch mit dem Kennenlernen können wir zumindest angehen und danach sehen wir einfach weiter, wie unsere oder Florians Entscheidung aussieht. Peter glaubst du nicht, dass wir dem Jugendamt nicht zu jung sind für einen Vierzehnjährigen?“
Ich meinte: „Ich kann euch das nicht abschließend beantworten, aber wir können Barbara morgen Vormittag fragen. Sie kommt ins Haus wegen der Kinder aus den Jugendheimen, die ihre Ausbildung bei uns in der Gutshof-Gruppe machen. Wollen wir den Termin noch heute machen, dann können wir Barbara vielleicht morgen schon erklären, ob ihr Florian adoptieren wollt und sie euch beraten soll, wie es am besten funktioniert. Solltet ihr euch anders entscheiden, brauchen wir sie gar nicht erst anzusprechen.“ Daniel antwortete mit: „Logisch machen wir den Termin, gleich nach dem Abendessen.“
„Gut,“ meinte ich und sprach weiter, „dann treffen wir uns direkt nach dem Abendessen, am besten hier bei euch, dann kann er auch gleich seine zukünftigen sonstigen Mitbewohner im Verwalterhaus kennenlernen. Richie ist drüben im Gesindehaus, den bringe ich auch gleich mit. Wir sehen uns später, Jungs.“
Ich ging ins Gesindehaus, wo ich schon von Thomas erwartet wurde. Er fragte mich gleich, wo ich in der Zwischenzeit gesteckt habe. Ich erklärte ihm, dass ich nur kurz im Verwalterhaus gewesen bin und mit Manuel und Daniel wegen einer möglichen Adoption von Florian befragt habe. Wir treffen uns nach dem Abendessen wieder im Verwalterhaus zu einem unverbindlichen Kennenlernen seiner Adoptivväter und gleichzeitig soll er die Mitbewohner im Verwalterhaus zumindest kennenlernen.
Thomas schaute mich an und meinte: „Ich dachte, du hättest Philipp und Marcus im Visier, als du von zwei Kandidaten gesprochen hast, die ihn möglicherweise adoptieren könnten. Ich hatte mich schon gewundert, weil die beiden Jungs zwar davon gesprochen haben, dass sie ein Kind adoptieren wollen, sich aber noch nicht über den Zeitpunkt einig sind.“
Ich antwortete Thomas: „Genau deswegen habe ich überhaupt nicht an Marcus und Philipp gedacht. Es stimmt, die Beiden sind sich bis heute nicht einig geworden, warum sollte ich gerade die Zwei ansprechen. Kommst du auch mit zum Kennenlernen?“
Bevor Thomas mir antworten konnte, lief uns Richie über den Weg und ich stoppte ihn: „Richard, kommst du nach dem Essen mit mir und einem der Jungs aus dem Münchner Kinderheim mit, es geht um ein Kennenlernen mit diesem Jungen und allen Bewohnern des Verwalterhauses, und da gehörst du zumindest derzeit dazu.“
Er erklärte: „Kein Problem, ich wollte heute sowieso eher zu den Jungs im Verwalterhaus gehen als in den letzten Tagen, aber auch früher ins Bett. Morgen mit der Silvesterfeier wird es ein verdammt langer Tag, und da will ich gut ausgeschlafen sein.“
Thomas grinste und meinte, dass er wohl auch mitkommen werde. Er sei immerhin neugierig genug, um wissen zu wollen, wie das Kennenlernen mit den fünf Jungs im Verwalterhaus ablaufen wird.
Jetzt brauchte ich nur noch Florian. Nein, nicht meinen Ausbildungsbeauftragten, sondern den aus dem Münchner Kinderheim, damit ich ihm klarmachen kann, dass das geplante Treffen noch heute Abend stattfinden wird.
Inzwischen war es halbsieben Uhr und das Bufett wurde zum Abendessen freigegeben, so dass nach und nach sämtliche Gäste des Gesindehauses sich im Speisesaal versammelten. Als einer der letzten tauchte Florian auf und ich sagte nur kurz zu ihm, dass wir zwei nach dem Abendessen noch einen Termin hätten.
Er schaute mich zuerst etwas verwundert an. Er hatte wohl nicht damit gerechnet, dass ich das Kennenlernen so zügig angehen würde, grinste dann aber und sagte: „Peter, für dein Alter bist du noch ganz schön flott unterwegs. Ich hätte nicht gedacht, dass du vor übermorgen einen Termin mit den Jungs zustande bringst. Ich habe Zeit, heute Abend ist nichts mehr geplant. Wir sollen nur nicht zu spät ins Bett gehen und dürfen morgen sogar etwas länger ausschlafen, wegen der Silvesterfeier.“
Zusammen mit Florian stellten Thomas und ich uns ans Bufett und füllten unsere Teller, als wir endlich an der Reihe waren. Thomas und ich setzten uns an den Tisch der Betreuer, wo ich Severin kurz mitteilte, dass ich nach dem Abendessen Florian für eine oder eineinhalb Stunden entführen werde. Als er mich fragte warum, meinte ich nur, dass ist eine Vereinbarung zwischen Florian und mir. Er würde bei einem positiven Ergebnis zu gegebener Zeit von uns Beiden informiert werden. Bei einem negativen Ausgang bleibt es mein und Florians Geheimnis. Eines kann ich dir trotzdem jetzt schon sagen. Er hat mir heute anvertraut, dass er sich übernächstes Jahr um einen Ausbildungsplatz am Gutshof bewerben will. Der Punkt fällt übrigens nicht unter unsere Abmachung.“
Severin lächelt süffisant, wollte scheinbar noch etwas dazu anmerken, hielt dann aber doch seinen Mund. Als Thomas und ich mit dem Essen fertig waren standen wir auf, verabschiedeten uns von den Betreuern und brachten unser Tablett zum Abräumwagen und warteten in der Lobby auf Florian und Richard.
Der Erste, der aus dem Speisesaal kam war Richard, der sich zu uns setzte und meinte: „So wie es aussieht, ist Florian noch von Severin aufgehalten worden. Ich hörte nur, wie er ihn fragte, warum du ihn entführen willst, und Flo antwortete, dass er ihm das im Augenblick noch nicht erklären kann, weil er mit dir eine Abmachung getroffen habe.“
Es dauerte keine Minute, bis Florian vor uns stand und erklärte, er hole sich schnell noch seine Winterjacke, dann könnten wir los. Er eilte nach oben in sein Zimmer und gut drei Minuten später stand er mit seiner Winterjacke vor uns. Zu viert ging es ins Verwalterhaus, wo Richie einfach die Haustüre aufsperrte, und wir eintreten konnten. Er rief schon im Flur laut: „Ich habe Besuch mitgebracht, wo steckt ihr?“
Jonas antwortete ihm: „Wir sind alle im Wohnzimmer in der Essecke und warten schon auf euch.“ Wir entledigten uns der Wintermäntel und -jacken und folgten Richard ins Wohnzimmer. Die Jungs hatten zwischenzeitlich ebenfalls zu Abend gegessen, nur das schmutzige Geschirr stand noch am Esstisch. Jonas und Tim stellten gerade die Teller zusammen und meinten, wir schaffen nur kurz noch Ordnung und dann sind wir auch bei euch.
„Halt“ erklärte ich, „bevor ihr Zwei euch in die Küche verkrümelt. Ich will euch kurz Florian zumindest vorstellen und vor allem Florian erklären, wer von euch wer ist. Danach könnt ihr euch mit eurem schmutzigen Geschirr in die Küche zurückziehen.“
Ich blickte zu Florian und meinte, er solle sich den Jungs doch gleich selbst vorstellen. Er schaute mich und die Jungs an und sagte: „Ich bin Florian Hübner, im Moment noch dreizehn Jahre alt und lebe im Münchner Kinderheim, in dem auch David und Tobias gewohnt haben, seit meine Mutter verstorben ist. Mein leiblicher Vater, besser gesagt wohl mein Erzeuger, den ich vorher nie kennenlernte, weil meine Mutter ihm das Besuchsrecht verweigerte, hat beim Familiengericht erklärt, dass er mich jetzt, als knapp zwölfjährigen Jungen, auch nicht mehr haben will und mich zur Adoption freigegeben hat. Ich habe das sogar verstanden, da er inzwischen drei Kinder zwischen fünf und zehn Jahren hat.“
Als nächstes bat ich die vier Jungs sich der Reihe nach vorzustellen. Jonas begann und erzählte, dass er mein Neffe sei, der von seiner eigenen Mutter aus dem Haus geworfen wurde und von mir aufgenommen worden sei. Ich hätte ihm und seinem Freund Tim sogar angeboten langfristig den landwirtschaftlichen Bereich zu übernehmen. Tim und ich sind jetzt noch einundzwanzig und werden nächstes Jahr zweiundzwanzig.
Tim stellte sich als nächster vor und erklärte, dass sie Beide ursprünglich aus Hannover stammen, wo Jonas die letzten Monate vor dem Abitur bei ihm und seinen Eltern gelebt hat, bis sie vor zweieinhalb Jahren zuerst bei Peter und Thomas und ein knappes halbes Jahr später ins Verwalterhaus eingezogen sind. Sie studieren derzeit noch in Weihenstephan Landwirtschaft.
Der Nächste, der sich Florian vorstellte, war Daniel, der erklärte, dass er inzwischen fünfundzwanzig sei, zuerst eine Ausbildung in der Landwirtschaft gemachte hätte und vor zweieinhalb Jahren noch eine Ausbildung als Gemüsegärtner hinterhergeschoben hat, die er im vergangenen Sommer erfolgreich beendet habe. Er und sein Ehepartner Manuel kennen sich seit ihrer Berufsschulzeit und hätten vor gut vier Wochen geheiratet.
Jetzt musste Manuel sich vorstellen, der Florian erzählte: „Ich bin Manuel Winter, verheiratet mit Daniel und inzwischen sechsundzwanzig Jahre alt. Meinem Vater gehörte früher die Gärtnerei Winter, bei der ich jetzt als technischer Betriebsleiter beschäftigt bin. Als ich mich zuhause geoutet habe hat mich mein Vater sofort aus dem Haus geworfen und mir erklärt, dass ich die Gärtnerei nie erben werde.
Peter, den ich einen Tag vorher über Daniel kennengelernt hatte, fing mich sofort auf und bot mir einen Job als Gärtner an, da der Gutshof zusätzlich in den Gemüseanbau einsteigen wollte. Frag lieber nicht wie Peter es angestellt hat, meinem Vater die Gärtnerei abzukaufen. Er hat ihm beim Kauf eiskalt erklärt, dass er mich als technischen Betriebsleiter einsetzen werde, was meinen Vater arg gestört hat. Er meinte damals, ich könne mich auf dem Gärtnereigelände frei bewegen, jedoch in meinem Elternhaus will er mich nicht mehr sehen.
Inzwischen hat sich unser Verhältnis wieder etwas gebessert, wir können wieder ohne Probleme miteinander reden und zu unserer Hochzeit ist er sogar mein Trauzeuge gewesen. Er hat zwar immer noch Schwierigkeiten mit meinem Schwulsein, immerhin fängt er an es zu akzeptieren.“
Jonas und Tim, die es vorgezogen hatten während der Vorstellung von Daniel und Manuel, das schmutzige Geschirr in die Küche zu befördern, riefen von der Küche aus, dass sie gleich fertig seien und wieder zu uns dazukommen werden. Wir sollen noch einen kurzen Moment warten, bis sie wieder bei uns seien.
Ich hatte Richard die ganze Zeit angesehen, dass er sich geärgert hatte, weil ich nur die vier Jungs aufgefordert hatte sich vorzustellen. Ich meinte deshalb zu ihm, bevor du jetzt weiter sauer auf mich bist, erzähl Florian kurz deine Geschichte.
Richie grinste mich frech an und sagte: „Geht doch, Florian kann ruhig wissen, dass ich aus einem Kinderheim in Thüringen stamme und seit September meine Ausbildung in der Gärtnerei Winter absolviere. Ich bin aktuell siebzehn Jahre alt und habe den Gutshof heuer im Juli beim großen Zeltlager kennengelernt. Ich habe mich damals mit Felix nur kurz unterhalten, dass ich in Thüringen keinen Ausbildungsplatz zum Gemüsegärtner gefunden habe. Wenige Stunden später schleppte mich Felix zu einem Vorstellungsgespräch zu Peter und Manuel. Noch am gleichen Abend hatte ich die Zusage für den Ausbildungsplatz. Mit Hilfe von Barbara, vom Jugendamt in Rosenheim, die mich betreut, durfte ich bei den vier Jungs in eines der Gästezimmer einziehen, bis im nächsten Jahr die neuen Jugendwohnungen fertig sind. Ansonsten hätte ich im Kinderheim in Rosenheim unterkommen können, bis ich volljährig bin.“
Während Richard noch seinen letzten Satz von sich gegeben hatte, waren Jonas und Tim wieder in der Essecke aufgetaucht und hatten sich zu uns gesetzt. Ich übernahm wieder die Gesprächsführung und meinte, es gibt da noch mindestens drei Punkte, die Florian bei seiner Kurzvorstellung nicht erwähnt hat.
Bevor ich weiter ausholen wollte, meinte Florian, dass er das den Jungs gerne direkt erklären würde und sagte weiter: „Ich habe vor einigen Wochen in einer Gemüsegärtnerei, am Stadtrand von München ein einwöchiges Schulpraktikum durchgeführt. Mir hat der Beruf so gut gefallen, dass ich beschlossen habe, nach meinem Hauptschulabschluss eine Ausbildung als Gemüsegärtner zu beginnen. Als ich hier erfahren habe, welche Möglichkeiten bei euch geboten werden, war für mich klar, meine Ausbildung hier zu beginnen.
Der zweite Punkt, den Peter angesprochen hat, waren die Versuche des Münchner Jugendamtes mich bei zwei Familien unterzubringen, die einen Jungen adoptieren wollten. Am Ende sind diese Versuche gescheitert, weil ich den adoptionswilligen Eltern doch schon zu alt erschien.
Als Peter mich heute Nachmittag fragte, was mir wichtiger sei, eine Ausbildung als Gemüsegärtner oder eine Adoption, habe ich ihm geantwortet, im Grunde genommen wäre mir eine Adoption wichtiger, da ich gerne wieder in einer Familie leben will. Sicher waren meine Mutter und ich keine vollständige Familie, da mir ein Vater gefehlt hat, aber ich sehne mich nach der Geborgenheit in einer Familie zurück. Selbst seine Aussage, dass ich eventuell bei zwei Adoptivvätern leben könnte, hat mich nicht davon abgehalten einen neuen Versuch wagen zu wollen.“
Jonas schaute ihn an und sage: „Ich kann dich gut verstehen Florian, zwar war ich schon volljährig, als ich bei Tim und seinen Eltern unterschlüpfen konnte, aber erst nach unserem Umzug von Hannover in Peters Reihenhaus in Rosenheim, fühlte ich mich wieder richtig geborgen. Peter und Thomas haben uns wie ihren eigenen Sohn Philipp und seinen Freund Marcus behandelt.“
Manuel grinste und meinte: „Vermutlich verstehe ich jetzt, warum Peter an mich und Daniel gedacht hat, als er sich überlegte uns zu fragen, ob wir uns vorstellen zu können einen Dreizehnjährigen zu adoptieren. Allein bei dem Gedanken, mit Florian einen Sohn meinen Vater zu präsentieren, der auch noch Gemüsegärtner werden will, bin ich schon fast versucht endgültig ja zu sagen.“
Daniel grinste und erklärte Manuel: „Du solltest Peter inzwischen lange genug kennen, dass er immer versucht unglücklichen Kids oder Jungs zu helfen. Dass dabei auch manchmal Berechnung mit im Spiel ist, sollte dir längst klar sein. Du bist doch selbst ein Paradebeispiel dafür, dass er sich alle Schritte seines Planes wohlüberlegt. Er hat dich aufgefangen und dir als Job sofort angeboten, den geplanten Gemüseanbau des Gutshofes zu übernehmen. Er hat sich bei dir nicht anders verhalten, als er es jetzt bei Florian macht.“
Tim grinste und sagte: „Ich befürchte, dass es da bei uns ebenfalls Parallelen gibt, immerhin hat Peter, nachdem wir ihm unsere Studienpläne erzählt haben, uns die Übernahme des landwirtschaftlichen Betriebs angeboten.“
Ich lachte und erklärte: „Ich habe da noch so in Beispiel, das in den Bereich der Gärtnerei gehört. Ich denke da an Christian, der Gemüsegärtner bei der Gärtnerei Winter werden wollte und dessen Eltern die Ausbildung abgesagt haben, nachdem sie ihren Sohn in eine Psychiatrische Anstalt gesteckt haben. Nur durch meine Hartnäckigkeit seinem Bruder Benjamin gegenüber konnte er befreit werden und seine Ausbildung in der Gärtnerei Winter antreten.
Leute, es geht heute nicht darum, wem und wie ich in der Vergangenheit den verschiedensten Menschen geholfen habe. Es geht einzig und allein um Florian und seinem größten Wunsch wieder in einer intakten Familie glücklich zu sein. Dass sollten wir auf alle Fälle im Auge behalten.
„Florian, kannst du mir sagen, ob du noch die eine oder andere Frage an die Jungs hast, die nicht im Zusammenhang mit meinen guten Taten steht, sondern eher mit deinem Wunsch adoptiert zu werden“, fragte ich mit Blick auf Florian.
Dieser schaute zuerst mich, dann die Jungs an und erklärte: „Fragen hätte ich genug, ich bin mir nur nicht sicher, womit ich anfangen soll. Vermutlich ist es sowieso egal in welcher Reihenfolge ich meine Fragen stelle. Könnt ihr mir sagen, wo ich im Verwalterhaus untergebracht werde, wenn Daniel und Manuel mich adoptieren?“
Richie meinte, er müsste als Spaßvogel seine Meinung dazu abgeben und erklärte: „Soweit ich weiß, sind im Keller noch ein paar Kerkerzellen frei, eine davon wird dir sicher gefallen, vielleicht nimmst du ja die Zelle neben meiner.“
Manuel schaute Richard an und sagte: „Du kannst gerne eine der Zellen im Keller beziehen, dann kann Florian in dein Zimmer einziehen. Nonsens beiseite, wir haben im Dachgeschoß zwei Gästezimmer, in dem einen hat sich Richard derzeit wohnlich eingerichtet, bis er im Sommer nächsten Jahres in eine Jugendwohnung umzieht und das zweite Gästezimmer wäre für dich bestimmt. Ihr habt sogar ein eigenes Badezimmer auf eurer Etage. Wenn du willst, kann dir Richard kurz alles zeigen bevor wir weiterreden.“
Er nickt mit seinem Kopf und die beiden Jüngsten gingen ins Dachgeschoß, um sich Florians mögliches neues Reich anzuschauen. Währenddessen meinte Manuel: „Peter, du hast dir da wieder etwas einfallen lassen, wozu ich kaum nein sagen kann. Was ich bisher verstanden habe, Florian sucht eine Familie, bei der er sich zuhause fühlen kann. Bei uns bekommt er neben den beiden Vätern aber auch noch eine Wohngemeinschaft dazu. Ich bin da nicht so sicher, ob es genau das ist, was sich Florian vorstellt.“
Ich meinte zu Manuel, dass wir ihm das einfach sagen und ihn fragen, ob er damit ein Problem habe. Dann wüssten wir, wie er zu dieser Wohnform steht. Wir unterhielten uns noch ein wenig, ohne jedoch Dinge zu besprechen, die in unmittelbaren Zusammenhang mit der Adoption stehen könnten.
Nach zehn Minuten tauchten die beiden Jungs wieder im Wohnzimmer auf und bevor ich Florian fragen konnte, sprudelte er vor überschäumender Begeisterung los: „Das Zimmer ist der absolute Hit. Ich hatte schon befürchtet, dass es so ein kleines Dachkämmerchen sei, aber die Bude ist ja riesig. Richard hat mir sein Zimmer gezeigt, das mindestens genau so groß ist wie mein zukünftiges Zimmer. Selbst das Bad ist groß genug, damit auch einmal zwei gleichzeitig Platz finden.“
Ich erklärte Florian und meinte: „Kein Wunder, in den beiden Räumen haben die beiden Söhne des Pächters gewohnt. Es wurde kurz vor dem Einzug des Pächters extra ausgebaut, damit seine Jungs dort untergebracht werden konnten. Bevor wir wieder ins Frage- und Antwortspiel einsteigen, will ich von dir wissen, ob du ein Hindernis darin siehst, wenn neben deinen beiden zukünftigen Vätern auch Jonas und Tim hier wohnen. In der Wohngemeinschaft hast du wie in der Familie einige Pflichten zu erledigen. Wie die genau aussehen, kann ich dir nicht sagen, das können dir aber sicher die fünf Jungs beantworten.“
Er schaute mich an und erklärte: „Mir ist sehr wohl bewusst, dass ich einige Pflichten beim zusammen Wohnen habe, was mich aber nicht stören würde, da ich es sowohl von zuhause als auch vom Heim nicht anders kenne.“
Den nächsten Anlauf nahm Daniel und sagte zu Florian: „Würdest du jetzt mit mir knuddeln und mir gleichzeitige erklären, was du in dem Moment fühlst.“ Damit hatte er sich weit aus dem Fenster gelehnt. Ich war neugierig, wie Florian auf diese Aufgabe reagierte. Thomas grinste mich an, er hatte meine Reaktion als einziger bemerkt und fragte sich vermutlich ebenso, wie er reagieren würde.
Florian schaute zwar einen Moment etwas verwirrt auf Daniel, stand dann aber auf und ging zu ihm. Er setzte sich auf seinen Schoß und schmiegte sich an Daniels Brust, der wiederum legte einen Arm um ihn. Nach einiger Zeit des Genießens sagte er: „Es fühlt sich an, wie zuhause ankommen, mit einem Problem, das man nicht allein lösen kann. Dein starker Arm sagt mir, dass du mir helfen willst meine Ängste und Sorgen zu vertreiben. Das ist das, was mir im Kinderheim immer gefehlt hat.“
Thomas schaute mich an, er war ebenso überrascht von Florians Aktion und dem, was er zu Daniel gesagt hatte. Ich denke, mit der Aussage hat er sich eben in die Herzen der Beiden eingeschlichen. Florian schoss dann aber den Vogel ab, als er Manuel fragte, ob er auch mit ihm kurz kuscheln dürfe. Als dieser nur nickte, löse er sich von Daniel und ging zu Manuel und legte seinen Kopf auf Manuels Brust.
Richard, der alles bisher mit einem Kopfschütteln registriert hatte, sagte frech: „Dafür bin ich eigentlich noch nicht zu alt, mich nimmt keiner in den Arm, wenn ich einmal Trost brauche.“ Ich wollte schon reagieren und sagen, er soll doch zu mir kommen und sich an mich kuscheln, aber Daniel kam mir zuvor.
Er erklärte Richard: „Na, du großer Junge, wenn du jemanden zum Trösten brauchst, kannst du gerne zu uns oder Jonas und Tim kommen. Nur eines sollte dir von vornherein klar sein, adoptiert wirst du trotzdem nicht. Du bist in wenigen Monaten volljährig und bis dein Adoptivverfahren abgeschlossen ist, sind Manuel und ich längst in Rente.“
Alle lachten über Daniels Spruch, den er so trocken von sich gegeben hatte. Richard konterte rotzfrech: „Ich würde mich von euch zwei Milchbubis auch gar nicht adoptieren lassen, ihr seid mir als Erziehungsberechtigte viel zu jung. Da würde ich zwei gestandene Männer, wie Thomas und Peter, euch vorziehen.“
Das war jetzt für Thomas zu viel des Guten und er sagte an Richard gewandt: „Danke für die Blumen, aber vier Kinder reichen mir vollkommen. So ein Katastrophenkind wie dich würden meine und Peters Nerven sicher nicht mehr auf Dauer aushalten. Außerdem hatte ich mich als schwuler Mann eigentlich vor mehr als fünfundzwanzig Jahren schon damit abgefunden, nie eigene Kinder zu haben und inzwischen habe ich es doch auf vier Kinder gebracht.“
Florian hatte das Geplänkel der letzten Minuten mit großen Augen verfolgt und sich noch mehr an Manuel gekuschelt. Manuel schaute Florian in die Augen und erklärte: „An den Ton solltest du dich schnellstens gewöhnen, innerhalb der Gutshoffamilie, und dazu zähle ich mich auch, ist das völlig normal, wenn so locker miteinander umgegangen wird. Richard hat das glücklicherweise sehr schnell gelernt, sogar noch bevor er seine Ausbildung angefangen hat, da er schon Mitte August zu uns gekommen ist und den Jungs noch beim großen Zeltlager geholfen hat.“
Ich schaute Florian an und erklärte: „Die große Gutshoffamilie zählt inzwischen mehr als dreißig Köpfe. Enthalten sind alle Bewohner des Gutshauses und des Verwalterhauses, sowie alle Bewohner des Dachgeschoßes im Gesindehaus. Wenn ich mich nicht verzählt habe, würdest du das fünfunddreißigste Mitglied der Gutshoffamilie werden.
Wer von euch, also Manuel, Daniel und Florian, hat bereits jetzt eine Entscheidung in der Angelegenheit Adoptionsverfahren anleiern mit ja oder nein getroffen, der hebe bitte seine Hand hoch.“ Bei allen dreien ging so nach und nach eine Hand nach oben, was für mich bedeutete, dass wir uns vermutlich weitere Fragen und Antworten ersparen konnten.
Ich schaute die Drei an und meinte: „Wollt ihr eure Meinung in aller Öffentlichkeit verkünden oder soll ich vor die Türe gehen und einer nach dem anderen kommt zu mir und teilt mir seine Entscheidung mit? Letztere Variante würde zumindest bei einer Gegenstimme nicht offenlegen, wer sich für ein Nein entschieden hat“.
Die drei schauten sich an und meinten, für sie wäre es kein Problem, wenn die anderen wüssten, wie sie abgestimmt hätten. So bat ich sie die Hand zu heben, wenn sie sich für eine Adoption entschieden hätten. Fast wie zu erwarten, gingen alle drei Hände in die Höhe und damit war für es für mich eindeutig. Alle drei wollten es. Daniel und Manuel waren also bereit, die Verantwortung für Florian zu übernehmen.
Ich schaute die Drei noch einmal an und fragte: „Könntet ihr eure Entscheidung auch sachlich begründen, wenn Barbara euch fragen würde, warum ihr euch so entschieden habt.“
Manuel schaute mich an und meinte: „Peter, die Entscheidung, Florian eine Chance zu geben, ist bereits gefallen, bevor ihr zum Kennenlernen gekommen seid. Wir waren uns einig, wenn er sich beim ersten Kennenlernen nicht als Ekelpaket herausstellen sollte. Wir haben während des Abendessens auch mit Jonas und Tim über die Adoption gesprochen und sie haben uns erklärt, dass sie uns kräftig unterstützen wollen.“
Florian schaute Tim und Jonas etwas skeptisch an und ließ sich zu folgendem Ausspruch hinreißen: „Dann habe ich ja am Ende vier Väter, eigentlich würden mir auch zwei davon genügen.“ Ich dachte noch für mich, er fängt schon an zu lernen und unserer Art des miteinander Umgehens zu begreifen.
Mein Neffe Jonas meinte: „Florian, jetzt übertreib nicht. Du hast trotzdem nur zwei Väter, die dich adoptiert haben. Aber wenn wir dir bei schulischen oder sonstigen Problemen helfen können, kannst du immer auf uns zählen. Tim und ich wollen erst einmal unser Studium beenden und danach wird endlich geheiratet. Glaub mir, wenn du erst zur Gutshoffamilie gehörst, gibt es genügend Ansprechpartner, die dir weiterhelfen können und wollen.“
Ich erklärte: „So Jungs genug geblödelt. Lasst uns über ernstere Themen reden. Morgen kommt Barbara ins Haus wegen der Auszubildenden aus den Kinderheimen. Ich werde vorab mit ihr reden und später setzen wir uns mit ihr an einen Tisch und erarbeiten den Weg, wie Florian auf den Gutshof kommt.
Florian, wenn Severin dich ausfragen will, sag ihm einen schönen Gruß von mir und erklär ihm, dass du ohne Anwalt keinen Ton ausplaudern wirst, bis du von mir die Erlaubnis bekommst. Severin bekommt erst Informationen, wenn wir mit Barbara geklärt haben, wie du ein Mitglied der Gutshoffamilie wirst.
Das gilt im Übrigen auch für alle anderen. bis die Sache in trockenen Tüchern ist möchte ich keinen unnötigen Staub aufwirbeln, haben das alle verstandenß“ Da alle nickten hakte ich den Vorgang innerlich bis morgen früh ab.
Ich erklärte, dass ich Florian so langsam wieder im Gesindehaus abliefern will und dann mit Thomas ausnahmsweise einmal eher ins Bett verschwinden will, da auch für uns morgen ein verdammt langer Tag werden würde. Thomas und ich verabschiedeten uns von den vier Jungs und zogen uns im Flur wieder die Wintermäntel an.
Oh ja, Florian hatte wirklich schnell erfasst, was von einem Gutshofmitglied erwartet wird. Er verabschiedete sich von Manuel mit Gute Nacht Papa und bei Daniel meinte er gute Nacht Papi. Jonas und Tim fingen zu kichern an, als Florian sich so von seinen zukünftigen Adoptivvätern verabschiedete. „Okay“, meinte Florian in Richtung Tim und Jonas und redete weiter: „Den Kichererbsen wünsche ich natürlich auch eine gute Nacht.“
Bevor noch irgendeiner etwas sagen konnte, sauste Florian in die Diele und schnappte sich seine Winterjacke. Wir gingen zum Gesindehaus. Ich erinnerte Florian noch einmal, gegenüber keinem etwas von unserem Deal mit dem Umzug auf den Gutshof und der Adoption auszuplaudern. Am Eingang verabschiedeten wir uns von ihm und gingen zum Gutshaus und unsere Wohnung.
Beim Aufwachen wurde mir bewusst, dass heute der letzte Tag des alten Jahres angebrochen ist. Klar hatte bei uns der Wecker schon wieder um sieben Uhr morgens lautstark angekündigt, dass wir aus den Federn sollten. Barbara kam zwar erst in eineinhalb Stunden und mit den Kids aus den Kinderheimen würden wir uns erst gegen neunuhrdreißig treffen, da für sie heute Frühstück erst gegen neun Uhr angesagt war.
Durch die kurzfristige Verlegung des Frühstücks hatte ich übersehen, Barbara anzurufen und ihr den späteren Beginn der Veranstaltung mitzuteilen. Ich wollte jedoch die eine Stunde nutzen, um mit ihr über Florian Hübner und seinen Umzug, sowie über die Adoption durch Manuel und Daniel zu sprechen.
Deshalb ging ich als erstes direkt ins Bad. Unser Frühstück konnte ich anschließend immer noch vorbereiten. Es dürfte ausreichen, wenn wir spätestens kurz vor acht Uhr frühstücken würden. Thomas ließ ich noch so lange weiterschlummern, bis ich wieder vom Bad zurück sein würde. Wir müssen ja nicht zu zweit in der Küche stehen.
Nach einer ausgiebigen Duschsession, dem Rasieren und Zähneputzen weckte ich Thomas, während ich mich in unserem Schlafzimmer vollständig ankleidete. Er war bereits auf dem Weg ins Bad, als ich zu ihm sagte: „Ich muss spätestens um achtuhrdreißig im Gesindehaus sein, weil Barbara Wegmann vom Jugendamt kommt und wir den Termin mit den Jugendlichen von den Kinderheimen haben, die ab Sommer nächsten Jahres in eines der Jugendhäuser ziehen wegen ihrer Ausbildung. Zuvor will ich noch mit ihr über Florian Hübner sprechen.“
Thomas grinste und erklärte mir: „Ich beeile mich im Bad, ich will ja nicht schuld sein, dass du zu spät zu deinem Termin mit Barbara kommst. Was ist eigentlich mit Dennis und Felix, soll ich sie aufwecken, wenn ich im Bad fertig bin.“
Ich meinte: „Lass sie ruhig noch länger schlafen. Dennis braucht erst heute Nachmittag seinen Dienst anzutreten und er wird den längeren Schlaf gut gebrauchen können und Felix wird es sicher auch guttun länger liegen zu bleiben. Die kommende Nacht wird für alle vermutlich recht kurz sein.“
In der Küche startete ich wie immer als erstes die Kaffeemaschine, bevor ich im Esszimmer den Tisch eindeckte. Der nächste Weg führte mich zur Wohnungstür, wo mich bereits eine Stofftasche mit den frischen Semmeln und Brezeln erwartete. Wieder in der Küche kamen die Semmeln oder auch Brötchen, wie sie woanders genannt wurden, in ein Brotkörbchen, das ich zusammen mit frischer Milch, Butter, Wurst, Käse und leckerer Marmelade auf einem Tablett ins Esszimmer trug und auf dem Tisch abstellte.
Noch einmal ging es zurück in die Küche. Der Kaffee war inzwischen durchgelaufen, so dass ich ihn in eine Thermoskanne umfüllen konnte. Damit war zumindest gewährleistet, dass Felix und Dennis, wenn sie nicht zu spät aufstanden, noch heißen Kaffee vorfinden würden.
Ich hatte mich kaum an den Frühstückstisch gesetzt, als vom Flur kommend, Thomas ins Zimmer kam und erklärte: „Wenn wir noch fünf Minuten warten, können wir gemeinsam mit Dennis und Felix frühstücken. Die beiden kamen schon ins Bad als ich unter der Dusche gestanden bin, nachdem ich mir die Zähne geputzt und mich rasiert hatte.“
Thomas setzte sich neben mich und ich schenkte uns Beiden schon einmal eine Tasse Kaffee ein. Es dauert dann doch etwas länger als die von Thomas prognostizierten fünf Minuten, bis die beiden Jungs im Esszimmer erschienen und sich zu uns setzten. Da es erst kurz vor acht Uhr war, hatte ich noch genügend Zeit, bis ich ins Gesindehaus musste.
Kurz vor achtuhrdreißig verabschiedete ich mich von den Dreien und machte mich auf den Weg ins Gesindehaus. Ich sah, dass sich Barbara bereits mit ihrem Wagen näherte und wartete am Eingang bis sie neben mir stand. Gemeinsam gingen wir ins Gebäude und Barbara wundert sich, warum es um die Zeit noch so ruhig im Haus sei.
An der Rezeption erwartete uns Alexandra und meinte, sie seien noch nicht mit den Vorbereitungen fürs Frühstück fertig. Wir müssten uns leider noch knapp dreißig Minuten gedulden. Barbara meinte, sie sei nicht zum Frühstücken hier, sondern wegen der Kids aus den Kinderheimen, die als Auszubildende zu euch kommen.
Ich erklärte ihr, dass gestern am späten Nachmittag beschlossen wurde, wegen der abendlichen Silvesterfeier die Kids heute Morgen länger schlafen zu lassen, ich mit ihr aber vorab andere Sachen zu besprechen hätte. Ich fragte Alexandra, ob das Büro von unserem Sozialarbeiter frei wäre und ich mich mit Barbara dorthin zurückziehen könnten.
Alexandra nickte. SDo gingen Barbara und ich ins Büro von Marion und Michael. Wir setzten uns in die Besprechungsecke und Barbara fragte: „Was gibt es so Dringendes, dass du vergisst mich zu informieren, dass ich auch später kommen könnte?“
Ich lachte und meinte: „So kann man das auch sehen. Ich habe wirklich nicht mehr daran gedacht, dich zu informieren. Beim zu Bett gehen bemerkte ich es, beschloss aber die Gelegenheit zu nutzen vorab mit dir etwas zu besprechen.“
Ich erzählte Barbara die ganze Geschichte von Florian Hübner, angefangen bei seinem aufgeschrammten Knie, über unsere Gespräche bis hin zum Kennenlernen der Bewohner des Verwalterhauses, aber auch über seinen Wunsch adoptiert zu werden, damit er sich endlich wieder geborgen fühle, da das im Kinderheim nicht möglich sei. Am Ende meinte ich, immerhin haben sich alle drei Betroffenen, sowohl Florian als auch Manuel und Daniel dafür entschieden, eine Adoption anzustreben.
Barbara hatte mir aufmerksam zugehört und meinte: „Ich kann Florian sehr gut verstehen. Aus langjähriger Erfahrung ist mir bekannt, dass ein Platz im Kinderheim sehr oft nur ein Aufbewahrungsort für sie ist. Wenn ihr wollt, dass Florian möglichst schnell auf den Gutshof umziehen soll, rate ich euch von einer direkten Adoption ab, da das ganze Verfahren mit dem zuständigen Jugendamt in München abgewickelt wird und das kann Monate dauern.
Ich würde vorschlagen, entweder du und Thomas oder die beiden Jungs stellen einen Antrag ihn als Pflegekind aufzunehmen und wenn Florian dann von uns betreut wird, ziehen wir das Adoptionsverfahren durch. Beim Weg über die Pflegefamilie könnte Florian, wenn alles glatt verläuft, spätestens in vierzehn Tage oder drei Wochen hier am Gutshof leben. Bei dir und Thomas könnte das Verfahren noch schneller ablaufen, da ihr bereits als Pflegeeltern bei uns registriert seid.“
Ich schaute Barbara fragend an und stellte fest: „Bedeutet das, dass Florian bereits nach den Ferien hier zur Schule gehen könnte.“ Ich überlegte kurz und erklärte: „Barbara, so einfach ist das nicht, Thomas und ich haben in der Wohnung kein freies Zimmer, wo wir Florian unterbringen können, daran wird dein Vorschlag scheitern.“
Barbara lachte und erklärte mir: „Offiziell wohnt er bei euch, zusammen mit Daniel und Tobias. Spätestens, wenn der Adoptionsantrag gestellt ist, kann er ohne Probleme sofort im Verwalterhaus bei den Adoptivvätern wohnen. Dir ist schon bekannt, dass ich bei euch schon manchmal beide Augen geschlossen halte, wenn es um das Wohl eines Sorgeberechtigten geht. Ich erinnere dich da nur an Christian oder Richard.
Ich meinte, lass mich mit Manuel telefonieren und ihn von deinem Vorgehen informieren. Ich wählte die Nummer von Manuel und als er das Gespräch annahm fragte ich, ob er frei antworten könne oder jemand in seiner Nähe sei. Er meinte, kein Problem ich sitze gerade im Lieferwagen mit der frischen Ware für den Hofladen und für Sebastian.
Ich erklärte ihm kurz, welche Vorgehensweise Barbara vorgeschlagen habe, um Florian so schnell wie möglich einen Umzug auf den Gutshof zu ermöglichen. Als ich geendet hatte lachte er kurz auf und meinte: „Ich sehe schon, da sitzen wieder einmal die beiden Schlitzohren beisammen, die einen Plan schmieden, um einen Heranwachsenden kurzfristig glücklich zu machen. Meinen Segen habt ihr für euer Vorgehen.“
Wir vereinbarten, dass er und Daniel gegen Mittag ins Gesindehaus kommen und wir alles Weitere zusammen mit Barbara und Florian abklären. Wir beendeten unser Gespräch und Barbara meinte anschließend: „Wenn ich das richtig verstanden habe, hätte Manuel nichts gegen meinen Vorschlag einzuwenden, damit Florian so kurzfristig wie möglich zum Gutshof umziehen kann.“
Ich grinste und sagte zu Barbara: „Warum glaubst du wohl, dass ich erst mit dir allein reden wollte. Wir zwei finden immer Mittel und Wege, um eine Angelegenheit zu beschleunigen. Barbara, wollen wir im Speisesaal noch gemütlich eine Tasse Kaffee trinken, bevor wir uns in die Arbeit mit den Kids stürzen? Wir haben sechzehn Auszubildende, die aus Kinderheimen kommen und einen Ausbildungsvertrag erhalten, drei aus München, fünf aus Gera, vier aus Kassel und vier aus Suhl. Alle Bewerber aus Kinderheimen haben alle einen Ausbildungsplatz erhalten.“
Barbara schaute mich an und meinte, dass meine Rechnung mit sechzehn Kids nicht so ganz stimmen könne, alle wären nach ihrer Meinung fünfzehn aus den Kinderheimen in Thüringen und Hessen und den drei Bewerbern aus München.
Ich klärte Barbara darüber auf, dass ein Bewerber aus Gera komme, der jedoch nicht im Kinderheim lebt und eine Bewerberin aus Suhl wegen einer kurzfristigen Erkrankung nicht angereist sei. Ich erklärte ihr schmunzelnd, achtzehn aktuelle oder ehemalige Heimkinder sind es, wenn du David und Tobias noch dazurechnest.
Lachend erklärte sie mir, sie würde jetzt doch lieber mit mir einen Kaffee trinken, bevor wir hier weitere unsinnige Berechnungen aufstellen. Wir gingen in den Speisesaal, holten uns am Tresen jeweils einen Kaffee und setzten uns zu den drei Betreuern des Münchner Kinderheimes an den Tisch.
Severin fragte mich, ob Florian jetzt reden dürfe, was wir Beide ausgeheckt hätten. Ich antwortete ihm, dass er immer noch nicht darüber sprechen darf. Von mir erfährst du vorab nur so viel, wir werden im neuen Jahr einen Antrag auf Übernahme einer Pflegschaft für Florian stellen. Mit Barbara ist bereits alles besprochen und sie befürwortet unseren Antrag.
Grinsend meinte Severin: „Florian ist aber jetzt nicht schwul geworden, damit ihr ihn als Pflegefamilie aufnehmt.“ Ich lachte und erklärte: „Nein ist er nicht, trotzdem bekommt er von uns die Chance auf ein normales Leben in einer Familie. Mehr werde ich dazu auch nicht erklären.“
Wenn das so ist, meinte Severin, spricht Barbara am besten mit meinem Chef, Herrn Gebauer, über diese Angelegenheit. Er kann euch sicher helfen, den Vorgang beim Münchner Jugendamt zu beschleunigen. Er kennt dich inzwischen persönlich und da wird er euch sicher bei eurer Aktion unterstützen. Glaube mir, ich freue mich für jedes unserer Kinder, wenn es in eine Pflegefamilie kommt oder adoptiert wird.
Barbara schaute mich fragend an und so erklärte ich, dass Herr Gebauer am Heiligen Abend mit seiner Familie mit uns Weihnachten gefeiert hat und wir ein längeres Gespräch über die Arbeit der Stiftung geführt haben. Übrigens, seine beiden Söhne sind seit zwei Tagen wieder hier im Gesindehaus mit den Kids aus dem Kinderheim, weil ihnen zuhause die Decke auf den Kopf fallen würde vor lauter Langeweile.
Ich informierte die drei Betreuer, dass ich für heute Nachmittag eine weitere Wanderung eingeplant habe, wo ich den Kids und unseren zukünftigen Auszubildenden, die schönsten Plätze meiner Kindheit zeigen werde. Severin meinte, ist vielleicht ganz gut so, wenn ab vierzehn Uhr der Speisesaal gesperrt ist, weil alles für die Silvesterfeier vorbereitet wird, bevor unseren Kids auch noch die Decke auf den Kopf fällt.
Inzwischen war es kurz vor neunuhrdreißig und ich erinnerte daran, dass wir uns jetzt mit den Auszubildenden aus den Kinderheimen im großen Gruppenraum gegenüber treffen würden. Gleichzeitig kündigte ich meine Wanderung für heute Nachmittag an zu den schönsten Plätzen meiner Kindheit, an der alle teilnehmen können.
Als Florian die Tür zum Gruppenraum zufallen ließ, zählte ich kurz durch und kam auf achtzehn Auszubildende im Raum. Ich meinte zu Barbara, so dass alle mich hören konnten: „Wir haben jetzt doch achtzehn Kandidaten hier sitzen, die scheinbar davon überzeugt sind in einem Kinderheim zu leben.“
Barbara lachte und erklärte: „Ich habe schon festgestellt, dass sich zwei Ex-Heimkinder in die Versammlung geschmuggelt haben, für die ich jedoch nicht tätig werden kann, um den Umzug in eine der Jugendwohnungen am Gutshof zu organisieren.“
Ich begrüßte alle zukünftigen Auszubildenden und erklärte, das Barbara Wegmann vom Rosenheimer Jugendamt ihnen jetzt den weiteren Ablauf vorstellen wird, bis sie im Sommer kommenden Jahres ihre Jugendwohnungen im Gutshof beziehen können und wie es dann für sie weitergehen wird in Abhängigkeit davon, ob sie zu dem Zeitpunkt bereits volljährig sind oder nicht.
Barbara selbst stellte sich als stellvertretende Leiterin des Jugendamtes Rosenheim vor und dass ihr Schwerpunkt bei ihrer Arbeit ab dem kommenden Jahr alle Jugendlichen sein werden, die in den neuen Jugendwohnungen untergebracht werden und die zuvor in Kinderheimen gelebt haben. Sie erklärte den Kids, dass zu den sechzehn Jugendlichen hier, noch voraussichtlich drei Jugendliche aus einem Kinderheim in Rosenheim dazukommen, die wegen der Volljährigkeit das Kinderheim verlassen müssen und ein Jugendlicher aus dem Traunsteiner Kinderheim, der eine Ausbildung in Rosenheim antreten wird.
Im nächsten Schritt versuchte sie den Ablauf zu erklären: „Sobald eure unterschriebenen Ausbildungsverträge hier vorliegen, beginnt die eigentliche Arbeit. Kontaktaufnahme mit dem abgebenden Jugendamt, Umzugsorganisation für jeden einzelnen von euch, wobei ich in Abstimmung mit den abgebenden Jugendämtern in München, Kassel, Suhl und Gera versuchen werde, alle Jugendlichen eines Kinderheimes an ein Tag umzuziehen, da damit doch einiges an öffentlichen Mitteln eingespart werden kann.
Zu der Frage, welche der Wohnungen euch zugewiesen wird, kann ich euch noch anbieten, wenn euch Peter die Pläne zeigt, könnt ihr aus Gebäude eins und zwei auswählen welches Appartement euch gefallen würde, Gebäude drei bleibt derzeit noch unbesetzt. Florian soll eure Wünsche aufschreiben und darauf achten, dass keine Wohnung doppelt belegt wird.
Wichtig für euch, ihr bleibt in der Wohnung bis zum Ende eurer Ausbildung. Danach habt ihr üblicherweise sechs Monate Zeit, euch eine eigene Wohnung zu suchen und anzumieten. Wer im Einzelfall keine Wohnung findet, kann eine Verlängerung der Übergangsfrist beantragen.
Ihr könnt immer bei Peter oder seinen Mitarbeiter der Immobilienverwaltung anfragen, ob sie euch aus ihrem Bestand eine Wohnung zur Miete anbieten können. Wer nach sechs Monaten nicht ausgezogen ist, zahlt ab dem siebten Monat den Preis, der sich aus der rechnerischen ortsüblichen Miete und einem Verwaltungsaufschlag ergibt. Sie ist damit sicher teurer als sonstige Wohnungen.
Bisher war es so, dass wir quer über das Stadtgebiet verteilt Wohnungen angemietet haben und die Jugendlichen am Ende ihrer Ausbildung in den Wohnungen bleiben konnten, wenn sie den Mietvertrag übernehmen. Dafür waren wir ständig beschäftigt neue Wohnungen für die Jugendlichen zu suchen. Die neuen Gebäude werden fester Bestandteil eines Konzepts, dass Unterkunft nur während der Ausbildung bietet und danach für neue Anwärter freigeräumt wird. Gibt es dazu noch Fragen von eurer Seite?“ wollte Barbara wissen.
Da sich noch keiner meldete, erklärte ich, dass wir das mit den Wohnungen morgen früh um sieben Uhr klären können. Einer meldete sich und meinte, ob es nicht noch ein wenig früher ginge, dann würde er nach der Silvesterfeier seine Wohnung aussuchen und anschließend schlafen gehen.
Ich erklärte, bei dir habe ich zumindest mein Ziel erreicht. Ich wollte nur testen, ob ihr bereits eingeschlafen seid bei Barbaras Vortrag. Ich denke es reicht, wenn wir uns gegen zehn Uhr treffen und ihr die Wohnungen aussucht. Florian und ich erwarten euch im Gutshof in dem Raum, wo eure Bewerbungsgespräche stattgefunden haben. Am Nachmittag findet hier die Übergabe der Ausbildungsverträge an euch statt.
Barbara meinte, sie schickt heute noch eine oder zwei Seiten an Florian, die er ausdruckt und euch mit dazulegt, dort findet ihr die Hinweise für eure Betreuer und für das Jugendamt, an wen sie sich wenden können, wegen der Übernahme nach Rosenheim. Wenn jetzt keine Fragen mehr gibt, dann wars das für heute und von mir. Ich freue mich schon darauf euch im Sommer wieder hier begrüßen zu können.
Florian öffnete wieder die Saaltür und nach und nach verschwanden unsere sechzehn Auszubildenden. Übrig blieben am Ende nur meine beiden Jungs David und Tobias, die Barbara fragten: „Hast du mit so vielen Kids gerechnet, die du ab dem kommenden Sommer betreuen darfst, weil sie hier eine Ausbildung machen.“
Barbara lachte und sagte: Ehrlich gesagt nein. Vor allem, wenn ich mir die Belegung anschaue, sind mehr als die Hälfte, der uns zur Verfügung stehenden Wohnungen schon wieder belegt. Ich komme auf einundzwanzig von achtunddreißig Wohnungen.“
Ich erklärte: „Ich schaue mal, ob ich Florian finden kann und ob Manuel und Daniel schon eingetroffen sind, damit wir bis Mittag alles geschafft haben.“ Ich ging in die Lobby, fand dort aber keinen von den Gesuchten. Mir liefen zwei jüngere Kids über den Weg und ich fragte, ob sie wüssten, wo Florian Hübner stecke. Sie meinten, der müsste in seinem Zimmer sein. Ich bat sie ihn zu holen und in den Gruppenraum zu schicken.
Ich griff zum Telefon und rief Manuel an, er meinte nur kurz, wir sind in fünf Minuten bei euch. Inzwischen tauchten auch die beiden Kids mit Florian im Schlepptau auf. Ich bedankte mich bei den beiden Kids und ging mit Florian in den Gruppenraum zu Barbara. Meine beiden Jungs, die sich noch immer mit Barbara unterhielten, erklärte ich, dass sie uns bitte allein lassen sollen und Manuel und Daniel, wenn sie eintreffen, sofort zu uns zu schicken.
Florian fragte mich, ob ich schon mit Barbara alles besprochen hätte. Ich erklärte ihm, wir haben uns heute Morgen bereits unterhalten und alles geklärt, wundere dich nicht darüber, was Barbara ausgeklügelt hat, dass du möglichst schnell im Gutshof einziehen kannst. Severin habe ich kurz informiert, dass du als Pflegekind im Gutshof aufgenommen wirst und er hat empfohlen, dass Barbara mit Herrn Gebauer Kontakt aufnehmen soll, um das Verfahren beim Münchner Jugendamt zu beschleunigen.
Es klopfte und Manuel und Daniel betraten den Gruppenraum. Sie begrüßten Barbara recht herzlich und setzten sich zu uns. Manuel meinte, er hätte Daniel schon von dem Vorschlag Barbaras informiert.
Barbara meinte, ich erkläre kurz noch einmal, was ich mit Peter besprochen habe. Um Florian möglichst kurzfristig und problemfrei auf den Gutshof umzusiedeln, schieben wir Peter und Thomas als seine Pflegeeltern vor. Damit ist es möglich, dass du aller Wahrscheinlichkeit nach sofort nach den Ferien hier zur Schule gehen kannst, da die Beiden bereits als Pflegeeltern bei uns registriert sind.
Gleichzeitig beantragen Manuel und Daniel sowohl die Pflegschaft und die Adoption für dich beim Jugendamt in Rosenheim. Das Verfahren wird dann in etwa acht bis zehn Wochen abgeschlossen sein und dann sind die Beiden deine Väter.
Florian schaute Barbara und erklärte: „Bedeutet das, dass ich anfangs bei Peter und Thomas wohnen soll?“
Barbara antwortete: „Offiziell lebst du bei Peter und Thomas, zusammen mit Daniel und Tobias in einem Zimmer, aber wie ich Peter heute früh schon gesagt habe, dass ich bei Aktionen in Zusammenarbeit mit Peter nicht immer so genau hinsehe, ob alles so läuft wie es auf dem Papier steht. Du kannst selbstverständlich sofort ins Verwalterhaus bei Manuel und Daniel einziehen. Ihr Antrag auf Pflegschaft kann bedeutend schneller bearbeitet werden und damit wechselt du einfach zwischendurch deine Pflegeeltern.“
Verwundert schaute Florian zu Barbara und sagte: „Mit der Aussage habe ich jetzt verstanden, was mir Peter vorher verdeutlichen wollte. Er meinte, ich solle mich nicht wundern über den Plan, den du, Barbara, für meinen Umzug zum Gutshof entworfen hast. Auf diese Art und Weise kann ich noch früher zum Gutshof zurückkehren, als ich es mir in meinen kühnsten Träumen vorgestellt habe.“
Daniel erklärte: „Von dem Plan hat mir Manuel berichtet, ich wollte ihm fast nicht glauben, dass ihr auf so eine verrückte Idee gekommen seid, um unseren zukünftigen Adoptivsohn innerhalb kürzester Zeit auf den Gutshof zu holen. Barbara, damit hast du dir meine absolute Hochachtung ehrlich verdient. Ich dachte immer, beim Jugendamt sitzen auch nur Beamte, die stur ihre Arbeit an den Paragrafen des Gesetzes ausrichten.“
Barbara fragte mich: „Willst du, wie von Severin vorgeschlagen, mit Herrn Gebauer direkten Kontakt aufnehmen, um das Verfahren mit Florian zusätzlich zu beschleunigen? Ich bin mit der Vorgehensweise einverstanden, wenn Du verbindlich erklärst, dass Thomas und du nicht auch einen Adoptionsantrag stellen werden.“
Ich schaute Daniel an und meinte: „Thomas und ich werden keinen Adoptionsantrag stellen, mit einer möglichen Ausnahme. Solltet ihr Beide vom Jugendamt als Adoptionseltern abgelehnt werden, was ich jedoch nicht glaube, würden Thomas und ich notfalls einen eigenen Antrag einreichen oder Florian bleibt eben als Pflegekind auf Dauer bei euch, wenn er mit dieser Lösung leben kann.
Ich fragte Barbara, ob sie noch zum Mittagessen hierbleiben würde, dann sollten wir die Besprechung jetzt beenden. Barbara grinste und meinte: „Logisch bleibe ich zum Essen hier, ich kann mir doch nicht die gute Gelegenheit entgehen lassen, wieder einmal euer hervorragendes Kantinenessen zu genießen.“
Der Lesemodus blendet die rechte Navigationsleiste aus und vergrößert die Story auf die gesamte Breite.
Die Schriftgröße wird dabei vergrößert.