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Regenbogenfamilie
Teil 97 - Zwei verrückte Tage
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Informationen
- Story: Regenbogenfamilie
- Autor: Sonntagskind55
- Die Story gehört zu folgenden Genre: Coming Out
Der Dienstag war eher ein normaler und ruhiger Tag, nachdem der Montag, mit den vielen Besprechungen und der erneuten Hilfsaktion für einen schwulen Jugendlichen nicht unbedingt einen normalen Arbeitstag darstellte.
Immerhin konnte ich mein normales Tagespensum abarbeiten. Nur am Nachmittag war wieder einmal ein Besuch bei der Bank fällig, damit wir für Kevin ein Girokonto eröffnen konnten. Glücklicherweise hatte mir Barbara schon am Vormittag die Unterlagen über die Pflegschaft für Kevin geschickt.
Ich hatte Kevin am Morgen das Angebot mit der Ausbildung zum Bürokaufmann in unserer neuen Dokumenten- und Bauplanverwaltung GmbH unterbreitet und er hatte sich sofort hingesetzt und eine Bewerbung mit allen notwendigen Unterlagen erstellt. Ich war mit ihm dann bei Florian, unserem Ausbildungsbeauftragten, dem er seine Bewerbungsunterlagen überreichte.
Ebenfalls am Vormittag erklärte ich ihm, dass er spätestens im Laufe des Monats März in eines der Appartements im Dachgeschoss einziehen könne, weil die beiden derzeitigen Bewohner demnächst in eine größere Wohnung im IT-Gebäude umziehen würden. Er wollte von mir wissen, ob er sich das Appartement anschauen könne, in das er demnächst umziehen kann.
Ich ging mit ihm zu Benjamin und bat ihn, Kevin seine zukünftige Unterkunft zu zeigen, wobei ich ihm noch erklärte, dass die vorhandenen Möbel im Appartement verbleiben würden. Er sollte sich in den nächsten Tagen eine Liste anfertigen, was er für sein Appartement brauchen würde, da wir am Samstag nach München fahren und er dort sich Geschirr, Töpfe, Besteck und eben alles, was er für sein Appartement brauchen würde, einkaufen könne.
Als er mich verzweifelt anschaute, erklärte ich ihm, dass ich ihm seine notwendigen Anschaffungen vorfinanzieren werde und er sie so nach und nach monatlich zurückzahlen kann. Er lachte und erklärte: „Peter, danke, dass du mir die Einkäufe vorfinanzieren willst, aber von meiner Ausbildungsvergütung wird das einige Zeit dauern. Zumindest, wenn mein Erspartes übertragen wurde, kann ich dir einen ersten Teil sofort erstatten.“
Zusätzlich erfuhr er, dass am Samstag nicht nur er, sondern auch Benjamin und Bernhard, sowie Noah und Simon mit dabei sein werden, weil die vier Jungs ihre neue Wohnungseinrichtung kaufen werden, für die Wohnungen im IT-Gebäude. Benjamin verriet ihm auch, dass die Jungs aus dem zweiten Appartement bis Ende März ebenfalls ins IT-Gebäude umziehen werden und das dann leerstehende Appartement irgendwann wieder vermietet wird.
Benjamin ging mit Kevin ins Gesindehaus und zeigte ihm das Appartement. Es dauerte längere Zeit, bis die beiden Jungs wieder zurückkehrten. Stolz zeigte mir Kevin eine Liste, in der er sich aufgeschrieben hatte, was er für das Appartement einkaufen will. Benjamin habe ihm dabei geholfen, die Liste zusammenzustellen, anhand dessen, was bei den beiden Jungs vorhanden war und in ihre neue Wohnung mitgenommen wurde.
Kurz vor dem Mittagessen rief ich bei Barbara an und informierte sie, dass sie sich nicht mehr um einen Ausbildungsplatz für Kevin bemühen müsse, weil ich Kevin eine Ausbildungsstelle zum Bürokaufmann in der DoPlaSo GmbH vermittelt habe. Sie meinte: „Peter, du nimmst mich doch auf den Arm. Da steckt doch sicher wieder eines der Unternehmen dahinter, die zur Gutshofgruppe gehört.“
Ich lachte und erklärte ihr: „Offiziell heißt die Firma Dokumenten- und Bauplanverwaltungs-Software GmbH, und klar ist sie ein Unternehmen der Gutshof-Gruppe. Wir haben uns intern auf die Kurzform DoPlaSo GmbH geeinigt, weil der volle Name einfach zu lange ist. Mit diesem Unternehmen werden wir die von Jason und Bernhard entwickelte Bauplan- und Dokumentenverwaltungssoftware in der Öffentlichkeit vermarkten.
Die Firma startet demnächst mit Bernhard, Ludwig, Noah und jetzt eben auch Kevin als Auszubildendem zum Bürokaufmann. Mit dem neuen Ausbildungsjahr kommen weitere Auszubildende hinzu. Unter anderem mit Simon Merk und Michael Gruber als Auszubildende zum Programmierer und drei oder vier weiteren Auszubildenden als IT-Kaufmann oder Support-Mitarbeiter.
Am Wochenende fällte die Entscheidung, ob wir im Allgäu eine neue Außenstelle des neu gegründeten Unternehmens errichten. Dort werden weitere Ausbildungs- und Arbeitsplätze entstehen.“
Barbara lachte und erklärte: „Mit dir zusammen zu arbeiten macht immer mehr Spaß, weil du mir bei den Kids und Jugendlichen, die bei euch unterkommen, gleichzeitig die Arbeit abnimmst, mit ihnen nach Ausbildungsplätzen zu suchen.
Mittags ging ich mit Kevin in die Kantine und erklärte ihm: „Mit dem Transponder, den du von mir erhalten hast, wird dein Mittagessen bezahlt. Solange du unser Pflegesohn bist, wird das Mittagessen über Thomas und mich abgerechnet. Ab dem Zeitpunkt, wo deine Ausbildung beginnt, wird dir ein kleiner Teil der Kosten von deiner Ausbildungsvergütung einbehalten.
Zusätzlich erhältst du von Thomas und mir eine Zuzahlung auf dein Konto, damit du dir Frühstück und Abendessen in deinem Appartement leisten kannst. Wahlweise kannst du aber auch zu uns zum Frühstück und Abendessen kommen, dann fällt die Zuzahlung geringer aus. Vergünstigt kannst du im Hofladen einkaufen. Du bekommst dort einen Personalrabatt auf alle Waren, die nicht einer Preisbindung unterliegen.“
Wir versorgten uns an der Essensausgabe mit unserem Mittagsmenü und setzten uns an einen der Tische. Zehn Minuten später tauchten sämtliche Kids, die zur Schule gingen, in der Kantine auf. Als sie mich mit einem jungen Mann am Tisch sitzen sahen, kamen sie zu uns an den Tisch und schoben weitere zwei Tische für jeweils vier Personen dazu.
Als sich alle gesetzt hatten, sagte ich: „Jetzt sitzen alle derzeit schulpflichtigen Mitbewohner des Gutshofgeländes mit uns am Tisch. Jungs, hier neben mir sitzt Kevin, ein neues Mitglied der Gutshoffamilie. Er wohnt vorübergehend hier im Gesindehaus bei Michael und Andreas.“
Danach stellte ich Kevin die Jungs vor: „Da hätten wir die beiden Brüder Raphael und Stephan, Söhne unserer zweiten Sozialarbeiterin, sie leben ebenfalls im Dachgeschoss des Gesindehauses. Daneben sitzt Kevin, mein Enkel. Er lebt mit seinen Eltern und seiner jüngeren Schwester in der zweiten Etage des Gutshauses. Neben ihn sitzt Rafael, ein Spanier, der bei seinem Onkel und dessen Lebensgefährten im Dachgeschoss des Gutshauses lebt.
Der nächste in der Reihe ist Florian, aus einem Münchner Kinderheim, der von unseren Gärtnern Manuel und Daniel adoptiert wurde. Neben ihm sitzt Klaus, ebenfalls von den beiden adoptiert. Sein Nachbar ist Peter, Spitzname Pete, eines unserer Pflegekinder. Die drei Genannten sind im Verwaltergebäude untergebracht.
Weiter geht es mit einem weiteren Peter, Spitzname Pit, der im Gutshaus in der zweiten Etage bei meinem Sohn Philipp und seinem Ehepartner Marcus untergebracht ist. Daneben sitzen die Brüder Randolf und Gero, ebenfalls bei meinem Sohn untergebracht. Alle drei gehören ebenfalls zu unseren derzeitigen Pflegekindern.
Die letzten beiden sind David und Tobias, unsere beiden Adoptivsöhne, die bei uns in der Wohnung leben. Ebenfalls mit uns in der Wohnung leben noch Dennis und sein Freund Felix, beide Auszubildende im Unternehmen. Die beiden sind weder Pflegekinder noch adoptiert. Sie werden im Sommer in eine der Wohnung umziehen, die derzeit errichtet werden.
Da Kevin sein Mittagessen bereit beendet hatte, fragte ich ihn, ob er den Jungs kurz erzählen würde, warum er bei uns untergekommen ist. Kevin nickte und erzählte: „Ich komme aus Miesbach und meine Eltern haben mich vor etwa einem halben Jahr, als ich mich bei ihnen geoutet habe, in ein Sanatorium gesteckt, wo ich von meinem „schwul sein“ geheilt werden sollte.
Gestern wurde ich von einer Mitarbeiterin des Jugendamtes und zwei Polizisten dort herausgeholt, nachdem dem Jugendamt ein anonymes Schreiben zugespielt wurde, dass ich dort, gegen meinen Willen und weil ich schwul sei, festgehalten werde. Ich vermute, dass mein Freund inzwischen herausgefunden hatte, wo meine Eltern mich untergebracht hatten und er der Verfasser der anonymen Nachricht ist.
Die Mitarbeiterin des Jugendamtes, Leni, erklärte mir, dass wir uns mit einem ehemaligen Mitstudenten von ihr aus dem Landkreis Rosenheim treffen werden, da er eine Möglichkeit wüsste, wo ich als schwuler Junge ohne größere Probleme untergebracht werden könne. So sind wir gestern Abend hier angekommen und wurden von Peter, Michael, Heiko, Ryan, Benjamin, Andreas und Christian, sowie Barbara Wegmann vom Rosenheimer Jugendamt empfangen. Ich war schon etwas verwundert, dass ich von so vielen Leuten erwartet wurde.
Ich war schwer verwundert, als Peter Christian bat, mir von seinem Schicksal zu erzählen, weil er vermute, ich käme unter den gleichen Voraussetzungen hierher. Als er seine Geschichte erzählte, war ich überrascht, dass seine Eltern ihm dasselbe angetan haben.“
Peter, alias Pete, meinte: „Da kann ich ja vom Glück reden, dass meine Mutter nicht auf die gleiche Idee gekommen ist. Sie hat hier am Gutshof herumgetobt und gemeint, dass alle Schwulen vergast gehörten und noch weitere, ähnliche Nettigkeiten. Barbara, die mit einem riesigen Polizeiaufgebot hier am Gutshof auftauchte, nachdem sie von David verständigt wurde, erreichte, dass meinen Eltern die Erziehungsberechtigung entzogen und ich bis zur Volljährigkeit oder zum Ende meiner Ausbildung hier am Gutshof als Pflegekind bei Peter und Thomas leben kann. Das alles passiert vor wenigen Wochen, als mich meine Mutter am Ende des Bewerbungsevents abholen wollte.“
Gero meinte: „Wenn Pete euch schon erzählt hat, warum er hier ist, kann Kevin auch gleich erfahren, warum Randolf und ich hier gelandet sind. Ich bin mit meiner Schulklasse nach den Weihnachtsferien ins in Schullandheim gefahren. Da meine Eltern sich den Schullandheimaufenthalt nicht leisten konnten oder wollten, meinte unser Lehrer, dass ich mich bei Peter bedanken soll, weil er mit seiner Stiftung meinen Aufenthalt ermöglicht hat.
Mit dabei war mein bester Freund, der ebenfalls gesponsert wurde. Wie und warum Peter bemerkte, dass bei uns etwas nicht in Ordnung sei, ist mir bis heute noch rätselhaft. Er bat uns unter einem Vorwand in sein Büro zu kommen, weil er mit uns etwas besprechen will. Wir gingen in sein Büro und dort forderte mich mein Freund auf, mit Peter über mein Problem zu sprechen.
Als ich erklärte, dass ich meinen Oberkörper freimachen will, weil das alles erklären würde, stoppte er mich und holte sich einen neutralen Beobachter zu dem Gespräch. Im Beisein von Ludwig durfte ich meinen Oberkörper freimachen und als die beiden meine Striemen am ganzen Oberkörper entdeckten, bot mir Peter sofort jede mögliche Hilfe an. Ich erklärte ihm, dass ich diese nur annehmen kann, wenn meinem kleinen Bruder die gleiche Hilfe zuteil wird. Nachdem er mir versichert hatte, dass er Randolf ebenso helfen werde, kam Barbara ins Spiel. Auch sie durfte meinen mit Striemen bedeckten Körper bewundern und setzte sich sofort mit dem Münchner Jugendamt in Verbindung, um meinen kleinen Bruder bei meinen Eltern herauszuholen. Noch am selben Abend war Randolf hier.
Er hat uns dann berichtet, dass zwei Mitarbeiter vom Jugendamt, zwei Polizisten und ein Amtsarzt in unserem bisherigen Zuhause auftauchten. Er wurde vom Amtsarzt untersucht und da er ebenfalls Spuren einer körperlichen Misshandlung aufwies, wurde meinen Eltern das Sorgerecht für uns entzogen und seitdem sind wir bei Peter und Thomas als Pflegekinder.“
Ich meinte: „Jungs, so leid es mir tut, aber wir müssen an dieser Stelle abbrechen. Denn ich muss zurück in mein Büro, weil dort Heiko und Ryan bereits auf mich warten, zu einer weiteren Lektion in Sachen Jugendlagerorganisation. Kevin, begleitest du mich?“
„Klar“, antwortete mein Enkel, „ich muss sowieso meinen Schulranzen noch aus deinem Büro holen.“
Ich grinste und meinte: „Kevin, mein Enkel, tut mir leid, aber in diesem Fall warst nicht du gemeint, sondern unser Neuzugang am Gutshof.“
Kevin, unser bis dato letzter Neuzugang, grinste und meinte: „Ich weiß, wie lästig das ist, wenn zwei mit dem gleichen Namen in einem Raum sind. Zur besseren Unterscheidung könnt ihr mich auch Alex-Kevin nennen, ich hatte in der Schule ständig das Problem, weil es viele Jahre einen zweiten Kevin in der Klasse gab. Ich wurde von meinen Freunden immer Alex-Kevin gerufen.“
Kevin, mein Enkel meinte: „Gott sei Dank, dass keiner auf die Idee gekommen ist, dass ich zukünftige immer der kleine Kevin bin. Danke Alex-Kevin, dass du angeboten hast, dass wir dich mit deinem bisherigen Spitznamen anzusprechen dürfen.“
Da inzwischen alle mit dem Mittagessen fertig waren, gingen wir zu acht ins Gutshaus, wo die Jungs ihre Schultaschen aus meinem Büro holten. Alex-Kevin setzte sich mit mir zu Heiko und Ryan in die Besprechungsecke, wo er den beiden Jungs sofort erklärte, dass er ab sofort Alex-Kevin sei, damit sich keine weiteren Verwechselungen mit meinem Enkel ergeben können.
Bevor wir in die Jugendzeltlagerorganisation einsteigen konnten, schaute mich Kevin an und meinte: „Peter, ich glaube, es ist das Beste, was mir passieren konnte, von Leni bei euch im Gutshof untergebracht zu werden. Ich bin von allen Jungs hier bisher freundlich aufgenommen worden. Andi und Michael haben mir gestern erklärt, dass ich hier nichts zu befürchten habe und auch von keinem schief angeschaut werde, weil ich auf Jungs stehe.
Was mich schon etwas verwundert hat, dass Peter und Gero einfach so über ihr Problem sprechen konnten. Kannst du mir verraten, wie viele Sorgenkinder bisher bei dir und Thomas als Pflegekinder untergebracht wurden? Ich habe von Michael gehört, dass dein größtes Sorgenkind Noah sei. Er wollte mir aber noch nicht verraten warum.“
Ich meinte: „Wenn du wissen willst, wie vielen Kids ich schon geholfen habe, ich kann es dir nicht sagen und ich fange da auch nicht an zu zählen. Du hast Noah angesprochen. Ja, er ist ein Sorgenkind der besonderen Art. Derzeit lebt er noch in einem betreuten Wohnen, für leicht geistig oder körperlich behinderte Jugendliche, da er wegen seiner Asperger-Erkrankung, einer leichteren Form von Autismus, sehr introvertiert lebt. Er kam vor zwei Wochen zu uns, weil er ein genialer Programmierer ist, der aber bei seinem bisherigen Arbeitgeber wegen seiner Behinderung ausgemustert wurde. Seit er hier bei uns arbeitet, ist er aufgeblüht, verkriecht sich kaum noch in sein Schneckenhäuschen. Letzte Woche habe ich seinem Betreuer angeboten, dass Noah in eine der Wohnungen im Dachgeschoss der IT einziehen könne, damit er zukünftig keinen Fahrdienst benötige, der ihn morgens zur Arbeit fährt und abends wieder abholt.
Nach langer Diskussion einigten wir uns darauf, mit Noah ein Experiment zu versuchen, ob eine gewisse Selbständigkeit bei ihm möglich sei. Ich habe ihn am letzten Wochenende mit einigen Jungs mitgenommen ins Allgäu, zu einer Projektbesichtigung. Dort lernten wir Simon, einen sechzehnjährigen Jungen kennen, der wie er am Asperger-Syndrom leidet. Der Clou war dann, dass Simon, wie schon bei Noah erlebt, aus seinem Schneckenhaus herauskam und am Ende uns die beiden Jungs erklärten, dass sie sich ineinander verliebt hatten. Simon kommt am kommenden Wochenende mit seinen Eltern zum Gutshof, um sich anzusehen, wo ihr Sohn untergebracht wird, während er bei uns seine Ausbildung zum Programmierer absolviert. Er will mit Noah zusammen in eine Wohnung einziehen.
Bis zu diesem Wochenende wussten wir nicht, dass Noah auf Jungs steht. Er hat sich nie offiziell geoutet. Ich vermute, dass seine Umgebung mit vielen schwulen Menschen diese positive Auswirkung auf ihn hatte. Noah selbst hat erklärt, dass wir ihn positiv beeinflussen und er deswegen sich aus seinem Schneckenhaus heraus traut. Eine weitere Aussage von ihm ist, dass er sich hier wohl fühlt, weil er so angenommen wurde, wie er eben ist.“
Da uns heute nicht die Zeit blieb, ausgiebig ein Thema zu bearbeiten, fragte ich die Jungs, ob sich auf Grund unserer mailings bereits erste Reaktionen gezeigt hätten. Heiko erklärte: „Inzwischen trudeln so langsam die ersten Reaktionen auf unsere mailings ein. Was auffällig ist, dass bisher in erster Linie Anfragen und Anmeldungen von Institutionen und Gruppen kommen, die bereits im vergangenen Jahr hier beim Zeltlager mit dabei waren. Wir haben zwei Anfragen aus Thüringen von Kinderheimen und eine Anfrage aus Hessen. Viele Anfragen kommen vom THW, dort scheint eure Zeltlagerorganisation so gut angekommen zu sein, dass von dort verstärkt Anfragen kommen, sogar aus den nördlichen Bundesländern. Da scheint jemand gut Werbung für unser Zeltlager zu betreiben.“
Ich schaute ihn an und erklärte: „Ich denke, du vermutest richtig. Das liegt aber daran, dass ein eigener Versuch des THW ein Zeltlager auf die Beine zu stellen, im vergangenen Jahr in die Hose gegangen ist. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass sie sich an unsere gute Organisation eines Zeltlagers wieder anhängen wollen. Wenn euch von den Anmeldern bereits konkrete Teilnehmerzahlen vorliegen, tragt sie doch bereits in eure Listen ein, damit ihr für jede Woche den Überblick bekommt, wie ausgelastet ihr bereits seid. Das könntet ihr heute Nachmittag durchführen. Ich werde jetzt mit Kevin zur Bank fahren, um für ihn ein Girokonto zu eröffnen.“
Kevin schaute mich verwundert an und meinte: „Ich habe doch bereits ein Konto bei der Sparkasse in Miesbach-Tegernsee. Warum brauche ich ein neues Konto?“
Ich erklärte Kevin: „Bei deinem bei der Sparkasse in Tegernsee bestehenden Konto sind deine Eltern als Erziehungsberechtigte eingetragen. Da sie nicht mehr erziehungsberechtigt sind, müssten wir dort die Eintragungen ändern. Einfacher ist es, hier ein neues Konto zu eröffnen und das Guthaben von deinem alten Konto einziehen zu lassen. Solltest du ein Sparkonto bei der alten Bank besitzen, sollten wir das auch einziehen lassen. Falls es derzeit nicht in deinem Besitz sein sollte, muss Leni das bei deinen Eltern beschlagnahmen lassen, so wie alle deine persönlichen Unterlagen und Dokumente.“
Kevin grinste und sagte: „Gut, dass du das gerade erklärt hast. ich habe noch nicht einmal eine Girocard für mein bisheriges Konto bei der Sparkasse, die liegt auch bei meinen Eltern. Können wir ein Konto eröffnen und das alte Konto einziehen lassen?“
Ich meinte: „Ich gehe davon aus, dass du im Besitz deines Personalausweises bist, der reicht auf alle Fälle für die Kontoeröffnung. Wenn du deine alte Kontonummer oder die IBAN auswendig kennst, dürfte dem Einzug des Kontos nichts im Weg stehen. Wie gesagt, nur für das Sparbuch brauchen wir eine entsprechende Unterlage.“
Ich sagte Petra Bescheid, dass ich mit Kevin auf dem Weg zur Bank bin. In der Bank wurden wir, wie immer, von Herrn Huber empfangen. Er meinte: „Ich hätte nicht erwartet, dass sie so schnell wieder hier auftauchen und für ein weiteres Pflegekind ein Konto benötigen.“
Ich erklärte ihm: „Dieses Mal benötigen wir ein normales Girokonto für den jungen Mann. Er fängt am ersten März eine Ausbildung zum Bürokaufmann bei uns an. Mit der gleichen Ausstattung wie bei den anderen Jungs. Hinzu kommt, dass er bei der Sparkasse Miesbach-Tegernsee bereits ein Konto besitzt, das eingezogen werden soll. Weiter gibt es ein Sparbuch, dass noch bei seinen Erzeugern ist.“
Er ließ sich den Personalausweis von Kevin geben und fertigte die vollständigen Unterlagen für die Kontoeröffnung mit allem notwendigen Daten aus. Danach fragte er Kevin nach seiner Kontonummer bei der Sparkasse. Er fertigte dann auch die Unterlagen für den Einzug des vorhandenen Girokontos aus und bat darum, ein vorhandenes Sparkonto ebenfalls zu übertragen.
Er erklärte: „Wir versuchen ,es mit deinem Sparkonto wenn es funktioniert, dann wird es an uns übertragen. Ansonsten starten wir einen weiteren Versuch, wenn dir das Sparbuch vorliegt. Wir gehen jetzt gemeinsam die Zettel durch, die der Drucker ausgespuckt hat. Ich erkläre dir alles, was wichtig ist und anschließend unterschreibst du und Herr Maurer die Unterlagen. Eine Kopie der Unterlagen bekommst du zum Mitnehmen.“
Nachdem er jedes Dokument erklärt und von uns unterschrieben war, übergab er Kevin in einer Mappe, die für ihn bestimmten Unterlagen. Er meinte: „Deine neue Girocard wird dir in den nächsten Tagen mit der Post und deinen Pin bekommst du mit gesonderter Post zugeschickt. Bitte die Unterlagen gut gesichert aufbewahren und keinem anderen deinen Pin geben.
Sollte noch etwas unklar sein, kannst du jederzeit anrufen. Ich werde dir alle Fragen nach bestem Wissen und Gewissen beantworten. Die Einrichtung und Nutzung deines Kontos mit dem Smartphone und wie du deine Kontoauszüge digital speicherst, können dir deine Pflegegeschwister sicher besser erklären als ich.“
Auf dem Rückweg zum Gutshof fragte mich Kevin: „Peter, kann ich dich etwas sehr persönliches fragen?“
Ich meinte: „Kommt darauf an, was du fragen willst. Es gibt Dinge aus meinem Privatleben, über die ich nicht sprechen werde. Für den Fall, dass du danach fragen willst, ob ich schon jemals mit einem der Jungs ein Verhältnis oder eine Liebelei hatte, kann ich dir im Vorfeld schon erklären, dass ich meinem Thomas liebe und für uns beide ein Techtelmechtel mit einem minderjährigen Jungen oder auch einem volljährigen Schutzbefohlenen, wie es so schön heißt, niemals in Frage kommen würde.
Das hätte dir aber auch klar sein müssen, als Gero erzählt hat, dass er seinen Oberkörper entblößen wollte und ich erst einen neutralen Zeugen hinzugezogen habe. Gut, in seinem Fall wäre das nicht nötig gewesen. Aber ein guter Ruf ist schnell ruiniert, wenn Gero und sein Freund nur behauptet hätten, ich hätte ihn aufgefordert, seinen Oberkörper freizumachen.“
Kevin grinste und meinte: „Keine Sorge in die Richtung geht meine Frage überhaupt nicht. Das war gestern Abend schon klar für mich, als du mich unter vier Augen sprechen wolltest und einen neutralen Beobachter als Begleiter vorgeschlagen hast. Ich wollte fragen, wie du und Thomas, euch kennengelernt haben. Du warst doch verheiratet und hattest zwei Kinder, als du ihn kennengelernt hast.“
Ich antwortete ihm: „Kevin, das ist eine sehr lange Geschichte. Ich werde versuchen sie dir in Kurzform zu erzählen. Nach dem Tod meiner Frau, war ich schwer depressiv und habe in meinem Beruf lange Zeit nur noch funktioniert. Mein damaliger Boss hat dann Thomas eingestellt, dass er mich bei der täglichen Arbeit unterstützen sollte. Ich hatte eher die Befürchtung, dass er mich ersetzen soll.
Auf einer Weihnachtsfeier des Unternehmens trank er reichlich Alkohol und erzählte mir, dass er sich unsterblich verliebt habe, aber er sich sicher sei, dass diese Liebe niemals erwidert werden würde. An diesem Abend war er so betrunken, dass mein Chef mich bat, dass ich Thomas nach Hause bringen soll. Vor seiner Haustür stellte er fest, dass er seinen Schlüsselbund in der Firma vergessen hat.
Es gab zwei Möglichkeiten. Zurück in die Firma, um den Schlüssel zu holen oder Thomas in unserem Gästezimmer übernachten zu lassen. Die Entscheidung fiel für das Gästezimmer aus, denn zu mir nach Hause waren es noch fünf Minuten Fahrt, in die Firma und wieder zurück mindestens eine ganze Stunde.
Am nächsten Morgen entdeckten meine beiden Kinder Thomas in unserem Gästezimmer. Sie meinten, er müsse unbedingt mit uns zum geplanten Besuch des Weihnachtsmarktes mitkommen. Meine Kinder luden dann Thomas ein, mit uns Weihnachten zu feiern, damit er nicht so allein wäre. Es dauert noch weitere eineinhalb Jahre, bis wir beide uns langsam näherkamen.
Wenn Thomas hin und wieder bei uns übernachtete, schlief er immer im Gästezimmer. Auch als wir uns bereits nähergekommen waren, verschwand er am frühen Morgen regelmäßig ins Gästezimmer. Eines Tages funktionierte der Wecker nicht, genau genommen hatten wir vergessen den Wecker einzuschalten, und so fanden uns meine beiden Kinder gemeinsam im Bett.
Wenige Wochen später ist dann Thomas endgültig bei uns eingezogen. Meine beiden Kinder hatten kein Problem damit, dass ich mit Thomas glücklich war. Sie hatten ihn längst in ihr Herz geschlossen. Probleme gab es nur mit den Eltern meiner verstorbenen Frau, die jahrelang nicht mehr mit mir geredet haben. Das war so die Geschichte in Kurzform, wie ich mit Thomas zusammengekommen bin.“
Wir waren inzwischen wieder am Gutshof angekommen und beim Aussteigen meinte Kevin: „Hätte ich jetzt nicht gedacht. ich habe eher vermutet, dass du dich von deiner Frau getrennt hast, nachdem du dich in Thomas verknallt hast. Mir war nur nicht klar, warum deine Kinder bei dir lebten.“
Ich meinte: „Nein, es war ein langwieriger Prozess, bis ich mir selbst eingestehen konnte, dass ich in Thomas mehr als einen Arbeitskollegen sehe, dass ich ihn brauche, um mit ihm gemeinsam durchs Leben zu gehen.“
Da es bereits nach siebzehn Uhr, fragte ich ihn, ob er bei uns zu Abend essen will, oder er bei Andy und Michael essen würde. Er meinte, er sage den beiden kurz Bescheid, dass ich bei euch zum Abendessen eingeladen bin. Ich stand gerade vor der Wohnungstür, als Kevin schon die Treppe heraufstürmte und meinte: „Alles erledigt, Michael habe ich noch in seinem Büro angetroffen.“
Wir gingen in die Wohnung und ich fragte ihn, ob er mir bei den Vorbereitungen für das Abendessen helfen will. Als er zustimmte, gingen wir durchs leere Wohnzimmer in Richtung Küche. Im Esszimmer saßen die Jungs noch immer über ihren Hausaufgaben und ich lästerte: „Immer noch nicht fertig mit euren Hausaufgaben, Jungs. Habt ihr wieder zu lange über unwichtige Dinge gequatscht und habt dabei eure Hausaufgaben vergessen?“
David grinste und erklärte: „Hausaufgaben sind längst erledigt. Wir sitzen jetzt über den Unterlagen, die wir heute für die Prüfungsvorbereitungen erhalten haben und mit denen wir uns in den nächsten Wochen und Monaten beschäftigen dürfen.“
Ich wünschte den Jungs noch viel Spaß und ging mit Kevin in die Küche. Ich bat Kevin, aus der obersten Schublade Messer und Gabeln für sieben Personen herauszuholen, nachdem ich mich versichert hatte, dass Dennis auch zum Abendessen hier sein würde. Während ich unseren Kühlschrank plünderte, sollte Kevin die Getränke aus dem Vorratsschrank holen und zum Besteck auf das Tablett stellen.
Nach zehn Minuten kamen David und Tobias in die Küche und fragten, ob sie uns bei den Vorbereitungen für das Abendessen helfen könnte. Ich meinte: „Einer von euch kann sich schon das Tablett mit dem Besteck und den Getränken nehmen und den Tisch für sieben Personen eindecken. Der andere kann in der Zwischenzeit bereits das Brot aufschneiden und uns beim Herrichten helfen.“
David schnappte sich das Tablett und verschwand im Esszimmer. Tobias holte verschiedene Brotsorten aus dem Schrank und schnitt sie auf. Plötzlich meinte er: „Peter, bevor ich es vergesse. Philipp hat während deiner Abwesenheit angerufen und gemeint, dass Bernhard morgen früh, so gegen acht Uhr, zu dir ins Büro kommt, um Kevin seine technische Ausstattung zu übergeben.“
Kevin schaute mich an und fragte: „Tobi, was meinst du mit technischer Ausstattung?“
Ich musste grinsen, als ich im Gesicht von Kevin eine leichte Panik bemerkt. Tobi erklärte ihm: „Kevin, hat dir Peter noch nicht erklärt, dass jeder Junge, der zu uns kommt, eine elektronische Fußfessel bekommt, damit er sich nicht so ohne weiteres wieder aus dem Staub machen kann? Wenn bei dir keine Fluchtgefahr mehr besteht, wird dir das Ding wieder abgenommen.“
Ich hatte Kevin genau beobachtet und fing laut zu lachen an als ich sah, wie seine Kinnlade nach unten kippte und er mich erschrocken anblickte. Als ich mich wieder etwas beruhigt hatte, erklärte ich: „Kevin, du glaubst doch nicht jeden Blödsinn, den dir ein Anderer erklärt. Wir haben noch nie einen daran gehindert wegzulaufen, wenn er der Meinung war, dass es ihm hier nicht gefallen würde. Tobias hat dich nur verarscht, schau dir doch sein Gesicht an. Er freut sich kindisch, dass er dich mit seiner Aussage hereinlegen konnte.
Technische Ausstattung bedeutet, du bekommst ein Smartphone und ein Notebook wie alle Jugendlichen, die bei uns untergebracht sind. Ich hoffe, dass die IT-Jungs daran gedacht haben, dass du eine andere Ausstattung bekommst wie die Schüler. Immerhin bist du demnächst als Auszubildender im Unternehmen, in deinem Fall also Dienst-Smartphone und Dienst-Notebook.“
Kevin grinste und sagte in Richtung Tobi: „Mein ist die Rache, spricht der Herr!“ Also freu dich schon einmal darauf, wenn ich dir einen Bären aufbinde. Der Tag wird kommen, an dem du in meine Falle läufst.“
Thomas war in die Küche gekommen und grinste, als er Kevins Ausspruch vernahm. Er sagte zu Tobias: „Schön, dass da einer ist, der dir Revanche androht. Ich weiß zwar nicht warum, aber wenn ihm das gelingt, steht er in meiner Hochachtung ganz weit oben.“
Ich meinte dazu: „Thomas, da bin ich ganz deiner Meinung, Tobi wollte ihm, als technisches Equipment für Kevin, statt eines Smartphones und einem Notebook, Fußfesseln unterjubeln, dass er nicht türmen könne. Ich bin der Meinung, wir sollten die Fußfesseln mal bei Tobias ausprobieren, damit er selbst erleben kann, wie unangenehm es sein kann, wenn man sich zu weit vorwagt.
Wobei, für sein loses Mundwerk sollten wir es vielleicht mit einer Maulsperre oder einen Maulkorb versuchen, damit er nicht so viel Müll von sich geben kann. Ich werde David mal auffordern, seinen Straßenköter an die Leine zu nehmen und vernünftig zu erziehen.“
Kevin kicherte, als ich das sagte und meinte zu Tobias: „Tobi, meine Rache ist gestrichen. Peter hat dich voll erwischt, mit seiner Aussage dir einen Maulkorb zu verpassen. Du hättest dein Gesicht sehen sollen, als er erklärte, dass dich David an die Leine nehmen soll. Der Augenblick ist besser als jede Rache, die ich mir vermutlich einfallen lassen könnte.
Sag mir, ist Peter immer so schlagfertig und kreativ, dann sollte ich mich in Acht nehmen, damit er mich nicht auch abschießt. Du siehst aus, als wenn du von Peter nicht zum ersten Mal eine volle Breitseite abbekommen hättest.“
Thomas legte nach und sagte zu Tobias: „Ich möchte dich da nur an unsere Hochzeitsfeier erinnern, wo du und David voll in eure geöffneten Messer gelaufen seid.“
Ich schaute Thomas an und meinte: „Kannst du mir erklären, wie ich das verstehen soll, dass die beiden voll in ihr geöffnetes Messer gelaufen sind?“
Ich fing zu lachen an, denn meine schmutzige Fantasie ging mit mir durch. Thomas forderte Tobias auf Kevin zu erklären, wie das gemeint sei. Als er sich weigerte, erklärte Thomas, dann werde ich, Kevin die nette Episode mit euch erzählen.
Tobias meinte schließlich: „Heute kann ich darüber lachen. Aber damals war das so was von peinlich für uns zwei. David und ich waren übermütig und haben Thomas und Peter bei der Damenwahl auf ihrer Hochzeitsfeier zum Tanzen aufgefordert. Das erste Lied ging noch, aber danach spielte der Discjockey drei Stehblues hintereinander. David und ich, ganz ahnungslos, hatten schon nach kurzer Zeit mit einem gewaltigen Aufstand in unseren Hosen zu kämpfen. In der Mitte des zweiten Stehblues ließen uns die Beiden einfach auf der Tanzfläche stehen. David wollte mit mir weiter tanzen, in der Hoffnung, dass damit der Aufstand in unseren Hosen niedergeschlagen wird. Das Gegenteil war der Fall und der Rückweg zu unserem Tisch war fast wie ein Spießrutenlauf.“
Kevin grinste und meinte: „Jetzt weiß ich, was Thomas mit dem Messer andeuten wollte, was du mit Aufstand in deiner Hose bezeichnet hast. dein Klappmesser ist ohne Vorwarnung aufgesprungen. Ich kenne das auch und weiß, wie peinlich das sein kann.“
Ich meinte: „Jungs, wir wollen zu Abendessen und nicht irgendwelche Stories erzählen oder Peinlichkeiten verbreiten. Also los, bringt die Platten mit dem Käse und der Wurst ins Esszimmer, Thomas und ich bringen den Rest mit.“
Wir setzen uns an den Esstisch. Die Gespräche beim Abendessen drehten sich um alle möglichen Themen. Kevin beantwortete so manche Frage. Auch unsere Jungs gingen offen mit ihm um. Verwundert waren Thomas und ich, als David erzählte, dass er als vierzehnjähriger in München auf dem Straßenstrich gelandet sei, als er von seinen Eltern aus dem Haus geworfen wurde.
Als David mit: „Dass ich wieder in die richtige Spur zurückgefunden habe, verdanke ich Peter und Thomas“, geendet hatte, meinte Kevin: „Wow, so krass hätte ich dein bisheriges Leben nicht eingeschätzt. Dass du regelmäßig aus dem Kinderheim verschwunden bist, kann ich nicht verstehen, muss ich aber auch nicht. Was mich nur wundert, dass du bei Peter und Thomas nicht mehr verschwunden bist lag wohl an den Fußfesseln, die sie dir verpasst haben!“
David lachte und erklärte: „Wer hat dir denn so einen Müll erzählt?“
Kevin grinste frech und meinte: „Tobias hat mir in der Küche vorher erzählt, dass ich ab morgen Fußfesseln bekomme, damit ich mich nicht aus dem Staub machen kann, bis ich mich hier eingewöhnt habe.“
Dennis und Felix fingen zu lachen an und konnten sich kaum mehr beruhigen, bis Kevin sie fragte: „Was ist daran so lustig? Ich finde es nicht lustig, wenn mich jemand daran hindern würde zu gehen, wenn es mir nicht gefällt.“
Dennis erklärte: „Wir lachen nicht wegen der Fußfesseln als solche, wir haben uns nur gerade vorgestellt, wie das ausgesehen hätte, wenn Tobias oder David monatelang mit solchen Dingern herumgelaufen wäre. Wir können uns jedenfalls nicht dran erinnern, die beiden jemals mit einer Fußfessel gesehen zu haben.“
Thomas meinte: „Jungs, es reicht jetzt. Wenn ich noch einmal das Wort Fußfessel höre, bekommt derjenige den Maulkorb, den ich vorher Tobias angedroht habe. Haben wir uns verstanden? Zur Strafe dürfen Tobias und Kevin gemeinsam den Tisch abräumen.“
Damit stand Thomas auf und ich folgte ihm ins Wohnzimmer. Wir setzten uns auf das Sofa und warteten ab, was jetzt geschehen würde. Nach fünf Minuten kamen Dennis und Felix ins Wohnzimmer und grinsten. Felix erklärte, dass David und Tobias gemeinsam mit Kevin den Esstisch abräumen und die Küche aufräumen würden. Felix fragte: „Wollen wir heute mit Kevin noch einen Spieleabend veranstalten?“
Thomas schaute ihn an und meinte frech: „Ihr könnt wählen. Spieleabend oder Filmabend mit kuscheln. Wenn die Mehrheit für einen Spieleabend plädiert, ist das auch okay für mich.“
Wir warteten auf die drei Jungs und als sie endlich im Wohnzimmer waren, sagte ich: „Felix hat vorgeschlagen, heute Abend wieder einmal einen Spieleabend zu veranstalten und Thomas hat als Alternative ein Filmabend mit Kuscheln angeboten. Da wir heute zu siebt sind, haben wir nicht so viel Auswahl an Spielen. Außer wir bilden Zweierteams, die ausgelost werden. Einer müsste dann immer allein spielen.“
Felix grinste und meinte: „Wir haben doch Elfer Raus doppelt. Wenn wir die Karten zusammennehmen, haben wir achtmal die Möglichkeit eine Elf auszuspielen. Ist eine interessante Variante, weil man nie genau berechnen kann, wo man blockieren soll oder kann, da jede Karte zweimal im Spiel ist und ein Gegner möglicherweise andere Ziele verfolgt.“
Wir schauten die Jungs an und warteten auf eine Entscheidung. Spieleabend, war zumindest das Ergebnis meiner Umfrage. Bei Elfer raus mit doppelten Karten ergab sich eine Mehrheit von fünf zu zwei. Damit stand fest, wir würden den Vorschlag von Felix nutzen und Elfer Raus spielen. Ich meinte zu Kevin: „Schnapp dir unser Telefon und wähle die drei eins sieben sechs, dann solltest du bei Michi und Andi landen. Sag ihnen, dass wir einen Spieleabend machen und sie gern vorbeikommen können.“
Wir gingen zurück ins Esszimmer. Felix holte aus unserem Schrank die beiden „Elfer raus“ Boxen und legte sie auf den Esstisch. Kevin hatte sein Gespräch beendet und meinte: „Wir sollen schon anfangen, die beiden werden erst in einer Viertelstunde hier sein. Sie freuen sich schon auf den Spieleabend mit uns.“
Die erste Runde, die wir noch ohne Michi und Andi spielten, hatte es in sich. Immer wieder versuchte einer eine Reihe zu blockieren und wurde von einem der anderen Spieler überrascht, der dann genau diese Karte ausspielte. Am Ende gewann Kevin das erste Spiel, der meinte, seine Taktik sei aufgegangen, er habe nichts blockiert und deshalb gewonnen.
Wir wollten gerade neu verteilen, als Michael und Andreas ins Esszimmer eintraten. Sie setzten sich zu uns an den Tisch lachten, als sie das doppelte Elfer Raus erkannten. Michi meinte: „Wer ist denn auf die Idee gekommen, mit doppeltem Kartensatz zu agieren. Ich kenne das, ist eine sehr fiese Variante, da du nie sicher kannst, wenn du versuchst eine Reihe zu blockieren.“
Zwischendurch spielten wir auch die Variante, wo anstelle der Elf die Eins und die Zwanzig als erstes abgelegt werden durften. Gegen einundzwanziguhrdreißig verkündete Andy, dass wir die letzte Runde spielen, da er morgen wieder um halb fünf aufstehen müsse, weil er diese Woche die Frühschicht habe und so langsam ins Bett müsse.
Nach dem Spiel verabschiedeten sich die drei Jungs und gingen zurück in ihre Wohnung im Gesindehaus. Wir saßen noch einige Zeit am Esstisch und unterhielten uns. So kurz nach zweiundzwanziguhrdreißig verzogen wir uns in unsere Betten.
Am Mittwoch hatte ich mir vorgenommen wieder eher aufzustehen. Ich wollte zeitig im Büro sein, damit ich schon einiges erledigt hatte, bis Kevin so kurz nach acht Uhr bei mir auftauchen würde. Kurz vor sechs Uhr klingelte mein Wecker und mein erster Weg führte mich in die Küche, um Kaffee zu kochen.
Um halb sieben Uhr saßen Thomas und ich bereits im Esszimmer und frühstückten. Wir schauten uns verwundert an, als Dennis und Felix sich zu uns setzten. Dennis meinte nur, dass er heute um sieben Uhr im Gesindehaus sein müsse, deshalb sei er hier. Felix erklärte nur, dass er heute eher anfangen will, damit er in Ruhe einiges vorbereiten könne für Heiko und Ryan, nachdem er gestern nicht mehr dazugekommen wäre.
Dennis war der Erste, der sich kurz vor sieben Uhr verabschiedete und wenige Minuten später gingen wir drei nach unten, Thomas zu seinem Auto, um in die Stadt ins Büro zufahren, Felix und ich gingen in unsere Büros.
Ich war gerade dabei meine Mails zu sichten, als mein Smartphone sich bemerkbar machte. Ich schaute aufs Display und stellte fest, dass eine mir unbekannte Mobilrufnummer angezeigt wurde. Ich nahm das Gespräch entgegen und sagte nur Hallo.
Es meldete sich ein Frederik Kornweger und erklärte: „Mein Freund hat vorgestern gemeint, wenn ich Probleme hätte, sollte ich mich an diese Rufnummer wenden. Dort könne mir geholfen werden.“
Ich war einen Moment überrascht und überlegte, wer von meinen Jungs meine Mobilnummer weitergegeben haben könnte. Ich sagte: „Ich denke schon, dass ich dir helfen kann, aber dazu solltest du mir erklären um was es geht, damit ich dir helfen kann.
Der Anrufer erklärte: „Ich habe mich heute Morgen bei meinen Eltern geoutet und jetzt ist genau das passiert, was ich immer schon befürchtet habe. Sie haben mir erklärt, dass sie mich nicht länger bei sich dulden würden und ich so schnell wie möglich ausziehen soll. Ich weiß nicht, was ich jetzt machen soll.“
Ich meinte: „Erst einmal Ruhe bewahren, dass ist das Wichtigste. Wo wohnst du, wie alt bist du, gehst du noch zur Schule?“
Er erklärte mir: „Ich bin achtzehneinhalb Jahre alt, wohne in Miesbach und gehe nicht mehr zur Schule. Ich habe eine abgeschlossene Ausbildung zum Verkäufer und wollte jetzt noch weitermachen bis zum Einzelhandelskaufmann.“
In dem Moment stand für mich fest, dass ich Kevins Freund am Telefon haben musste. Ich sagte: „Okay, du bist Kevins Freund, das habe ich jetzt verstanden. Hast du einen Führerschein und einen fahrbaren Untersatz?“
Frederik antwortete: „Ja ich habe Beides.“
Ich sagte: „Jetzt hör mir gut zu! Als erstes meldest du dich bei deinem Arbeitgeber und teilst ihm mit, dass du krank bist und heute nicht zur Arbeit kommen wirst, bevor ich dir weitere Anweisungen geben kann. Sind deine Eltern noch in deiner Nähe oder bist du irgendwo unterwegs?“
Frederik erklärte mir, dass er noch zu Hause sei, weil er heute zur Spätschicht im Supermarkt eingeteilt sei. Seine Eltern hätten vor wenigen Minuten das Haus verlassen und sind wie jeden Morgen zur Arbeit gefahren.
Ich erklärte weiter: „Okay, das hört sich doch schon einmal gut an. Du packst nach dem Anruf deine Klamotten und deine privaten Unterlagen wie Ausweise, Zeugnisse und so weiter. Nimm alles mit, was dir wichtig erscheint. Wenn du alles eingepackt hast, schreibst du deinen Eltern einen Zettel, mit dem du ihnen mitteilst, dass du auf ihren Wunsch das Haus umgehend verlassen hast, du jedoch demnächst noch einmal bei ihnen auftauchen würdest, um dein restliches Eigentum abzuholen.
Wenn du alles, was du mitnehmen willst, ins Auto eingeladen hast, kommst du nach Rosenheim. Gib im Navi des Smartphones Gutshof Sonneneck als Zieladresse ein. Bevor du losfährst, ruf bitte wieder bei mir an, damit ich weiß, bis wann du etwa ankommen wirst. Wenn du im Gutshof angekommen bist, rufst du mich noch einmal kurz an, dann hole ich dich vom Parkplatz des Restaurants ab.“
Frederik meinte: „Wahnsinn, machst du so etwas öfter, so präzise wie du mir alles erklärt und Anweisungen gegeben hast muss ich fast davon ausgehen. Ich denke, dass ich in etwa einer oder eineinhalb Stunden alles gepackt und in mein kleines Auto eingeladen habe. Wenn ich losfahre, melde ich mich wieder kurz bei dir.“
Ich meinte: „Wenn du hier bist, werden wir uns gemeinsam überlegen, was wir mit deinem bisherigen Arbeitsplatz machen. Die Krankmeldung ist nur eine kurzfristige Lösung, bis wir wissen, wie es bei dir weitergehen wird. Bis später, Frederik.“
Auch er verabschiedete sich und ich konnte mich erst einmal wieder meiner Arbeit widmen. Dachte ich zumindest, aber Felix kam zu mir ins Büro und fragte mich, was das eben für ein komischer Anruf gewesen sei.
Ich grinste und meinte: „Das war der Anruf von Frederik, Kevins festem Freund, mit dem ich jedoch nicht so schnell gerechnet habe. Er hat sich heute Morgen oder gestern Abend bei seinen Eltern geoutet und sie haben ihm nahegelegt, so schnell wie möglich auszuziehen, da sie einen schwulen Sohn nicht in ihrem Haus dulden würden. Ich wusste von Kevin, dass diese Gefahr bestand und dass seine Eltern ihn raus werfen würden, wenn er sich outen würde. Du fragst dich jetzt sicher, woher Frederik meine Nummer hatte. Kevin durfte ihn in meinem Beisein am Montagabend angerufen und mitteilen, dass er nicht mehr im Sanatorium sei, aber auch nicht mehr im Landkreis Miesbach. Er erklärte ihm, mit meiner Zustimmung, dass er sich bei der angezeigten Mobilnummer melden könne, wenn er Probleme haben sollte.“
Felix grinste und meinte: „Peter, du bist mir so einer. Du denkst immer bereits im Voraus an die nächsten Schritte, was passieren könnte. Hast du auch schon einen Plan, wo du ihn unterbringen willst?“
Ich antwortete: „Eine vorläufige Unterkunft habe ich noch nicht, aber ab Anfang März können Frederik und Kevin in das Appartement von Benjamin und Bernhard einziehen. Die beiden Jungs ziehen bis dahin ins IT-Gebäude um. Weil wir gerade von freien Appartements sprechen, auch Ludwig und Christian werden ins IT-Gebäude umziehen. Wollt ihr ab April in deren Appartement einziehen? Da sich die vier Jungs mit neuen Möbeln eindecken sind beide Appartements im Gesindehaus zukünftig möbliert.“
Felix grinste und meinte: „Willst du uns etwa loswerden, weil du uns das Appartement anbietest? Ich will das zumindest mit Dennis besprechen, bevor wir dir zu- oder absagen. Ich sage mal, wahrscheinlich eher nicht, weil wir bereits mit unserer Zwei-Zimmer-Wohnung planen, die im Sommer fertiggestellt wird.“
Ich sagte: „Los werden will ich euch auf keinen Fall. War nur so ein spontaner Gedanke von mir. Wenn ihr lieber im Sommer in eine größere Wohnung einziehen wollt bleibt es dabei.“
Felix ging wieder zurück in sein Büro, da Ludwig, Heiko und Ryan eingetroffen waren. Diesmal schloss er die Tür zu meinem Büro, so dass ich mich endlich wieder meiner Arbeit widmen konnte. Die nächste die störte, war Petra als sie ins Büro eintrat und meinte, ob es etwas Besonderes geben würde.
Ich grinste und antwortete: „Ja und nein, nur ein neuer Notfall mit einem schwulen, achtzehnjährigen Jugendlichen, den seine Eltern vor die Tür gesetzt haben. Ich denke, er wird so zwischen zehn und elf Uhr hier aufschlagen. Ich bin noch nicht dazugekommen nachzusehen, ob heute wichtige Termine anstehen. Am besten du versuchst, alle Vormittagstermine auf den späten Nachmittag zu verschieben.“
Petra grinste mich freudestrahlend an und erklärte mir, dass glücklicherweise bisher für heute keine Termine eingetragen seien.
Petra war kaum in ihr Büro zurückgekehrt, als Kevin ins Büro stürmte und sich sofort entschuldigte, dass er mit Verspätung bei mir erscheine. Er habe verschlafen, nachdem Andy und Mich ihn heute Morgen nicht geweckt hatten, weil sie früher zur Arbeit verschwunden wären.
Ich lachte und meinte: „Soll ich dich jetzt um einen Kopf kürzer machen, nur weil du verschlafen hast? Wenn du in zwei Wochen deine Ausbildung beginnst, solltest du pünktlich erscheinen. Bis dahin sieht das keiner so eng. Setz dich ruhig schon einmal in die Besprechungsecke, wir müssen gleich ein wichtiges Gespräch führen.“
Kevin reagierte sofort: „Habe ich einen Fehler gemacht, weil du mit mir ein wichtiges Gespräch führen willst?“
Ich lachte und antwortete: „Jetzt warte doch erst einmal ab. Nur weil ich mit dir ein wichtiges Gespräch führen will, bedeutet das noch lange nicht, dass du etwas falsch gemacht hast. Es gibt genügend andere Gründe, warum ich mit dir ein wichtiges Gespräch führen möchte. Gedulde dich einen Moment, ich bin gleich bei dir.“
Als ich die Mail fertiggestellt und versandt hatte, stand ich auf und setzte mich zu ihm in die Besprechungsecke. Er meinte: „Peter, ich bin davon ausgegangen, dass ich einen Fehler gemacht habe. Immer, wenn meine Eltern mit mir ein wichtiges oder ernstes Gespräch führen wollten, wurden mir immer irgendwelche Fehler vorgeworfen. Das steckt noch so in mir drin.“
Ich sagte: „Kevin, vergiss einfach was früher war. Kommen wir lieber zu dem, was ich mit dir besprechen will. Vor ungefähr einer dreiviertel Stunde hatte ich einen Anruf von einem jungen Mann, der sich Frederik nannte. Er hat mir erzählt, dass er sich inzwischen bei seinen Eltern geoutet hat und sie ihn unmissverständlich aufgefordert haben, so schnell wie möglich sein Elternhaus zu verlassen, weil sie mit einem schwulen Sohn nichts mehr zu tun haben wollen.
Kevin unterbrach mich und fragte: „Und was hast du zu ihm gesagt? Wie schnell muss er aus seinem Elternhaus verschwinden?“
Ich grinste und meinte: „Wenn du mich nicht unterbrochen und abgewartet hättest, was ich dir noch alles sagen wollte, hätten sich deine Fragen von selbst erledigt. Du musst lernen, einem Menschen zuzuhören und nicht sofort immer mit Zwischenfragen vorzupreschen. Also weiter im Text.
Zuerst habe ich ihn beruhigt, dann habe ich ihm verschiedene Anweisungen gegeben, die er der Reihe nach abarbeiten soll. Anschließend soll er sich in sein Auto setzen und zum Gutshof kommen. Ich denke, er wird so zwischen zehn und elf Uhr hier auftauchen.
Noch weiß er nicht, dass du hier bist. Er vermutet unter der Rufnummer, die wir ihm zukommen ließen, einen professionellen Sozialarbeiter, der ihm weiterhelfen wird. Er vermutet das, weil ich ihm präzise Anweisungen gegeben habe, wie er sich verhalten und was er erledigen soll, bevor er hierherkommt. Er wird mich anrufen, wenn er in Miesbach losfährt. Für mich steht damit endgültig fest, dass ihr beide Anfang März in das Appartement von Bernhard und Benjamin einziehen werdet. Wir brauchen jetzt eine Lösung dafür, wo Frederik bis dahin unterkommen kann. Dann wäre da noch, er ist gelernter Verkäufer, hat seine Ausbildung abgeschlossen und wollte jetzt weitermachen zum Einzelhandelskaufmann. Also brauchen wir eine Möglichkeit, wo er seine Anschlussausbildung machen kann.“
Kevin schaute mich verdattert an und brauchte etwas, bis er meine Informationen verdaut hatte. Er antwortete: „Wok, Peter, jetzt verstehe ich, dass es wirklich ein wichtiges Gespräch ist, das wir beide führen müssen. Ich denke, wir sollten mit Andy und Mich sprechen, ob Frederik für die kurze Zeit bei mir unterkommen kann, bis wir beide in das Appartement umziehen können.
Wegen seiner Ausbildung kann ich dir nicht weiterhelfen. Denn ich kenne mich in Rosenheim überhaupt nicht aus. Vielleicht kann er bei seinem bisherigen Arbeitgeber nachfragen, ob er in Rosenheim eine Möglichkeit wüsste. Er wird kaum er jeden Tag nach Miesbach fahren können um seine Ausbildung dort fortzusetzen. Vor allem weil seine Mutter regelmäßig in dem Laden einkauft, wo er seine Ausbildung gemacht hat.“
Ich meinte: „Interessanter Vorschlag, den werden wir mit Frederik besprechen, wenn er nachher bei uns ist.“
Mein Telefon klingelte. Ich stand auf ging zum Schreibtisch und meldete mich. Petra meinte, da ist eine Frau Bauer am Telefon, dich ganz dringend wegen einem Simon sprechen will. Ich meinte, sie soll das Gespräch durchstellen.
Ich begrüßte sie und fragte sie wie ich ihr weiterhelfen kann. Sie erklärte mir, dass Simons Zustand bis gestern noch unverändert war, aber seit heute Morgen hat er sich wieder in sein Schneckenhaus verkrochen. Ich weiß nicht, was ich machen soll, die letzten beiden Tage waren so eine Erleichterung für uns alle.
Ich fragte sie, ob sie sich auf ein kleines Experiment einlassen würde. Vielleicht hilft es Simon wieder aus seinem Schneckenhaus herauszuholen, was ich ihr aber nicht garantieren könne. Sie überlegt kurz und meinte, wenn es hilft, sei sie bereit, es mit meinem Experiment zu versuchen.
Ich erklärte ihr, dass nächste Woche doch Faschingsferien wären und wir Simon die ganze Woche dabehalten würden. Das gleiche werden wir mit Simon auch in den Oster- und Pfingstferien durchziehen, wen sie und ihr Mann zustimmen würden. Wenn sie beide sich zu diesem Experiment durchringen, erklären sie ihm, dass er seine restlichen Ferien jeweils bei Noah am Gutshof verbringen dürfe.
Ich vermute, dass ihn das sofort wieder aus seinem Schneckenhaus herausholen könne und vielleicht reicht es aus, dass die Wirkung bis zum Wochenende anhält. Mit etwas Glück reichen die drei Intervalle, bis Simon im Sommer zu uns umzieht. Sie meinte noch, dass sie das sofort mit ihrem Mann besprechen wird und sich morgen wieder melden wird.
Ich ging zurück zu Kevin, der mich fragend anblickte. Ich meinte: „Kevin, das ist eine komplizierte Geschichte, die ich dir und Frederik zusammen erzählen will. Sonst muss ich das Frederik noch einmal gesondert erklären.“
Mein Smartphone klingelt und anhand der Nummer erkannte ich, dass Frederik am Telefon ist. Ich deute Kevin an, dass er sich still verhalten soll und nahm das Gespräch entgegen. Frederik erklärte mir, dass er meine Liste abgearbeitet hätte und jetzt gleich losfahren würde. Das Navi meine, dass er in gut einer halben Stunde in Rosenheim am Gutshof-Restaurant eintreffen werde.
Ich verabschiedete mich und legte auf. Kevin erklärte ich, dass Frederik in einer halben Stunde am Gutshof eintreffen wird, er wäre bereits unterwegs. Damit war meine Planung, dass er erst nach zehn Uhr eintreffen wird, hinfällig. Mit Blick auf die Uhr stand fest, dass er bereits um halb zehn Uhr hier sein wird.
Ich rief bei Michael an und fragte an, ob er so gegen viertel vor zehn Uhr bei mir im Büro sein könne, da ich mit ihm eine dringliche Angelegenheit besprechen will. Michi meinte, wenn es dringlich ist, kann ich gleich bei dir vorbeikommen. Ich erklärte ihm, dass ich momentan noch anderes zu erledigen habe und die Zeit bis viertel vor zehn Uhr bereits verplant ist.
Als ich aufgelegt hatte, meinte Kevin: „Peter, auf der einen Seite ist es dringlich, dann aber Michael erklären, dass deine Zeit bis zum Termin bereits verplant sei, widerspricht sich das nicht?“
Ich grinste und erklärte: „Ist kein Widerspruch, etwas kann dringlich sein. Trotzdem ist es so, wenn ich einen Termin dafür vereinbare und der Termin schließt sich an bestehende Termine an, dann ist er ein dringlicher Termin unter weiteren dringlichen Terminen.“
Kevin fing zu lachen an und sagte, als er sich beruhigt hatte: „Peter, den Satz muss ich mir merken. Deine Logik in Sachen Dringlichkeit ist umwerfend. Aber jetzt Spaß beiseite, wie geht es jetzt weiter mit Frederik?“
Ich meinte: „Was fragst du mich? Hellseher bin ich noch nicht. Auch ich kann auch nur Schritt für Schritt vorwärts gehen. Der nächste Schritt ist die Ankunft von Frederik. Dann lernen wir uns persönlich kennen. Danach kommt Michi dazu und wir machen den nächsten Schritt. Wieder Gespräche mit Frederik, damit sehen wir was als nächstes kommt.“
Kevin ließ mich in Ruhe arbeiten, bis Frederik wieder anrief.
Als ich aufgelegt hatte sagte ich zu Kevin: „Zisch ab und hol deinen Freund, lasst seine Sachen aber noch im Auto. Ich glaube kaum, dass ihr die Sachen mehrmals durch die Gegend tragen wollt.“
Nach fünf Minuten stand er mit Frederik in meinem Büro und strahlte über das ganze Gesicht. Dass sie sich überaus glücklich nach über einem halben Jahr endlich wieder gegenüberstanden, war ihnen anzusehen. Ich meinte: „Jungs, Handbremse anziehen, ihr müsst euch jetzt nicht gleich auffressen. In ein paar Minuten kommt Michael, der sagt gleich nein, wenn er euch so sieht.“
Kevin meinte: „Peter, ich glaube dir fast alles. Aber dass Michael sofort nein sagt, wenn er uns so sieht, das glaube ich dir nicht. Aber wir sollten uns erst einmal auf das Wichtigste konzentrieren und das ist Frederik, und wie es mit ihm weitergehen soll.“
Ich meinte: „Frederik, erst einmal herzlich willkommen im Gutshof Sonneneck. Ich hoffe du warst nicht enttäuscht, dass ich dir Kevin geschickt habe und dich nicht selbst in Empfang genommen habe. Jetzt ist erst einmal wichtig, dass wir alles klären, was für dich wichtig ist.
Gleich kommt Michael, in dessen Gästezimmer Kevin untergekommen ist. Es geht darum, ob du die nächsten gut zwei Wochen mit bei Kevin unterkommen kannst. Anfang März könntet ihr dann im gleichen Gebäude in eines der möblierten Appartements einziehen.“
Weder Kevin noch Frederik konnten mir antworten, da es klopfte und Michael trat ins Büro ein. Ich bat alle, sich in die Besprechungsecke zu setzen. Ich erklärte: Michael, das ist Fredrik Kornweger, der Freund von Kevin. Er ist achtzehn Jahre alt und hat eine abgeschlossene Ausbildung als Verkäufer.
Da Bernhard und Benjamin in den nächsten vierzehn Tage ins IT-Gebäude umziehen, könnten die beiden Jungs ab ersten März in dieses Appartement einziehen. Wir brauchen bis dahin für Frederik eine Unterkunft, da ihm seine Eltern erklärt haben, dass er umgehend ausziehen soll, nachdem er sich als schwul geoutet hat. Ich hoffe, dass er für die kurze Zeit auch noch bei euch unterkommen kann.“
Michael grinste und sagte: „Da es sich um einen absehbaren Zeitraum handelt, sehe ich da kein Problem. Was mich wundert ist die Tatsache, dass du nicht vorher schon versucht hast, das mit mir und Andy zu klären.“
Ich grinste zurück: „Michi, ich war auch überrascht, als er mich heute Morgen kurz nach sieben Uhr angerufen hat und mir mitteilte, dass er mehr oder weniger auf der Straße steht. Wenn es nach meiner Planung gegangen wäre, hätten sich die beiden Jungs in drei bis vier Wochen das erste Mal hier getroffen und zu dem Zeitpunkt wäre Kevin bereits in das Appartement umgezogen. Da wäre das kein Problem mehr gewesen.
Du fragst dich jetzt sicher, woher er meine Nummer hatte; das ist schnell erklärt. Im Vier-Augen-Gespräch mit Kevin gestand er mir, dass er davon ausgeht, sein Freund hätte den anonymen Brief an das Jugendamt geschrieben. Er vermutete das anhand der Fakten, die Leni genannt hatte. Ich meinte, er solle ihn anrufen und mitteilen, dass er, Kevin, in Sicherheit sei und sie sich in wenigen Wochen sehen können, Er durfte ihm auch sagen, dass er, wenn er schwerwiegende Probleme habe, sich an diese Nummer wenden könne.“
Michael schaute die beiden Jungs an und fragte, ob sie das bestätigen können. Kevin nickte nur und Frederik ergänzte: „Kevin hat mir noch gesagt hat, dass er nicht mehr im Landkreis Miesbach leben wird. Als ich Herrn Maurer heute morgen anrief, war ich anhand seiner präzisen Anweisungen, die er mir gab, der Überzeugung, dass er nur eine Anlaufstelle für Jugendliche ist, die in Schwierigkeiten stecken und er mich nur weitervermittelt. Ich war komplett überrascht, als mich Kevin am Auto abholte und mir sagte, dass er hier lebt.“
Michael grinste und sagte: „Peter, eigentlich wäre das eher meine oder die Aufgabe des Jugendamts als anonyme Anlaufstelle für Kids in Schwierigkeiten in Erscheinung zu treten. Zumindest hast du bei Frederik den Eindruck erweckt, als wäre das so. Wie geht es jetzt weiter, sollen Frederik und Kevin sofort das Auto ausräumen und alles nach oben in unsere Wohnung bringen?“
Ich antwortete: „Ich denke, es ist besser, wenn die beiden Jungs das nach dem Mittagessen erledigen. Es gibt doch noch so einige Dinge, die bei Frederik geklärt werden müssen, die wir nur mit ihm zusammen erledigen können.“
Michael verabschiedete sich und erklärte den Jungs, dass er in seinem Büro erreichbar wäre, wenn es noch Fragen gebe.
Frederik sagte: „Wow, das war jetzt aber einfach. Läuft das immer so ähnlich ab, wenn ein Jugendlicher bei euch unterkommen soll?“
Ich antwortete: „Ja und nein. Bis Ende letzten Jahres gab es kaum Jungs, die hier am Gutshof untergekommen sind. Seit Anfang Januar bist du jetzt der Neunte, den wir irgendwie unterbringen. Florian und Klaus wurden adoptiert und leben bei ihren Vätern Daniel und Manuel im Verwalterhaus, Pit, Gero und Randolf sind bei meinem Sohn in den Gästezimmern untergekommen.
Mario, der auch volljährig ist, lebt inzwischen in der Betriebsleiterwohnung der Gärtnerei Grubmüller. Pete wohnt ebenfalls im Verwalterhaus und teilt sich ein Zimmer mit Richie. Kevin und du werden vorerst bei Michi und Andy leben. Drei der Jungs, die im Sommer eine Ausbildung beginnen, ziehen dann in ein Jugendwohnheim im Gutshofgelände um, dass derzeit im Bau ist.
Du wirst alle in den nächsten Tagen kennenlernen. Die meisten kennt Kevin bereits, nach dem einen Tag, den er hier ist. Kevin startet seine Ausbildung zum Bürokaufmann am ersten März bei unserer IT-Truppe.“
Erneut störte uns das Bürotelefon und ich nahm das Gespräch entgegen, nachdem ich erkannte, dass Bernhard mich anrief. Bernhard meint,e er würde jetzt bei mir vorbeikommen und Kevin sein technisches Equipment aushändigen und ihm kurz alles zeigen. Ich fragte, ob sie für ihn eine dienstliche Ausrüstung vorbereitet hätten. Bernhard erklärte: „Was denkst du, ich mache doch nicht alles doppelt? Wenn er am ersten März seine Ausbildung beginnt, braucht er ein Dienst-Smartphone und ein -Notebook. Ich habe auch seinen Transponder vorbereitet.“
Ich erklärte ihm, dass er für einen Frederik Kornweger auch noch einen Transponder vorbereiten solle, Abrechnung vorerst über mich. Bernhard meinte dann, dass er in zehn Minuten mit allem mein Equipment Büro überfallen werde.
Frederik fragte sofort, wofür der Transponder gut sei, den ich für ihn angefordert hätte. Kevin erklärte: „Mit dem Transponder bezahlen alle Mitarbeiter und Bewohner des Gutshofes ihr Mittagessen, dass sie in der Kantine zu sich nehmen können. Mittags stürmen die schulpflichtigen Mitbewohner Peters Büro, etwas mehr als die Hälfte deponiert seine Schultaschen und dann verschwinden sie geschlossen ins Jugendhotel zum Essen. Wenn ich mich nicht verzählt habe, waren das gestern mindestens zwölf Leute.“
Ich ergänzte: „Wir haben das eingeführt, damit die Mütter oder Väter der Kinder nicht extra für ihre Kids mittags kochen, auf Fertiggerichte oder auf ungesundes Fastfood ausweichen müssen.“
Erneut klopfte es an der Bürotür und Bernhard stürzte überfallartig ins Büro. Er stoppte abrupt, als er neben Kevin einen weiteren Jugendlichen entdeckte. Ich erklärte: „Kevin kennst du ja bereits, und der andere junge Mann ist sein Freund Frederik Kornweger, der ab heute ebenfalls zur Gutshoffamilie gehören wird. Den Transponder für Frederik kannst du hierlassen, am besten Kevin und du geht ins Besprechungszimmer und du erklärst und zeigst ihm dort, wie er mit seinem technischen Equipment umzugehen hat.“
Kevin konnte es nicht bleiben lassen und fragte Bernhard frech: „Hast du auch die Fußfesseln mitgebracht, die ich vorerst zu tragen habe, bis bei mir keine Fluchtgefahr mehr besteht, so wie Tobias mir das gestern Abend angekündigt hat?“
Ich musste laut lachen, als ich in die ungläubig blickenden Gesichter von Bernhard und Frederik blickte, aber auch Kevin grinste. Bernhard antwortete trocken: „Nein, die wurden bei uns nicht in Auftrag gegeben. Soll ich für dich Fußfesseln organisieren?“
Frederik legte jetzt noch einen drauf: „Kevin, wenn du Fußfesseln bekommst, dann will ich auch welche haben, denn bei mir könnte ja auch Fluchtgefahr bestehen.“
Jetzt lachten alle, bis Kevin erklärte: „Tobias hat gestern Abend Peter die Nachricht überbracht, dass ich heute meine technische Ausrüstung erhalten solle. Als ich nachfragte, was damit gemeint sei, hat er mir doch eiskalt erklärt, dass ich wegen Fluchtgefahr vorerst Fußfesseln tragen müsste. Ich habe noch nicht einmal bemerkt, dass er mich damit verarschen wollte. Am besten war Peters Reaktion, der im Gegenzug Tobias einen Maulkorb verpassen wollte.“
Frederik meinte: „Ich brauche kein Notebook und auch kein Smartphone, ich habe bereits die entsprechende Ausrüstung, die ich verwenden kann.“
Bernhard erklärte: „Mit beiden Geräten darfst du aber nur maximal ins Gästenetzwerk, aber auf keinen Fall ins Firmen- oder Familiennetzwerk. Wenn du hier am Gutshof eine Arbeit findest, wirst du automatisch mit einem dienstlichen Smartphone und Notebook ausgestattet. Ich denke, dass es sinnvoll ist, dein bisheriges Smartphone abzumelden, und nur den Leuten deine neue Nummer zu geben, die für dich in Zukunft noch vertrauenswürdig und wichtig sind.“
Frederik meinte: „Ich werde über deinen Vorschlag bezüglich des Smartphones nachdenken, klingt zumindest sehr vernünftig.“
Bernhard und Kevin zogen sich ins Besprechungszimmer zurück. Damit war ich mit Frederik allein im Büro. Ich meinte: „Als nächsten wichtigen Punkt sollten wir uns um das Thema Arbeitsplatz kümmern. Dazu meine Frage, willst du weiterhin jeden Tag nach Miesbach zu deinem bisherigen Arbeitgeber fahren oder würdest du einen Arbeits- und Ausbildungsplatz in und um Rosenheim oder im Gutshof bevorzugen.“
Frederik schaute mich an und erklärte: „Daran habe ich noch keinen Gedanken verschwendet. Mir war erst einmal wichtig, so schnell wie möglich bei meinen Erzeugern auszuziehen. Bevor ich es vergesse, ich habe meinen Eltern keinen Zettel hinterlassen, dass ich irgendwann noch einmal vorbeikommen werde und den Rest abholen werde. Ich habe alles, was mir oder zu meinen persönlichen Unterlagen gehört bereits mitgenommen. Es gibt damit keinen Grund, noch einmal dorthin zurückzukehren. Meine Hausschlüssel habe ich ihnen in der Essecke auf den Tisch gelegt. Wenn ich ehrlich zu mir bin, ich würde gern in Miesbach weiterarbeiten. Aber auf der anderen Seite habe ich Angst davor, dort immer wieder meiner Mutter zu begegnen, die dort regelmäßig zum Einkaufen geht. Wahrscheinlich wird es besser sein, wenn ich mir hier etwas Neues suche.“
Ich meinte: „Okay, das habe ich zumindest schon vermutet, nachdem mir Kevin vorher mitgeteilt hat, dass deine Mutter dort regelmäßig einkaufen würde. Also brauchen wir für dich einen neuen Arbeitsplatz in der näheren Umgebung. Kevin hat vorgeschlagen mit deinem Chef zu sprechen, ihm deine Situation zu erklären und zu fragen, ob er uns ein Unternehmen empfehlen könne, wo du deine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann fortsetzen kannst. Wenn du nichts dagegen hast, würde ich das Gespräch mit deinem Chef gerne gemeinsam mir dir führen.“
Da Frederik nur nickte, bat ich ihm die Rufnummer und den Namen seines Chefs aufzuschreiben. Ich wählte die von ihm angegebene Nummer und als sich eine freundliche Dame meldete bat ich sie, mich mit ihrem Chef Herrn Köllner zu verbinden.
Als er sich mit seinem Namen meldete, sagte ich: „Hallo, mein Name ist Peter Maurer, ich rufe sie an bezüglich ihres Mitarbeiters Frederik Kornweger.“
Er unterbrach mich und sagte: „Der ist heute nicht hier, er hat sich für heute krankgemeldet.“
Ich antwortete: „Das ist mir bekannt. Frederik sitzt hier in meinem Büro. Es geht um seine berufliche Zukunft. Was sie bisher nicht wissen: Er wurde von seinen Eltern heute Morgen aufgefordert, die elterliche Wohnung so schnell wie möglich zu verlassen, als er sich bei ihnen als schwuler junger Mann geoutet hat. Er hat mich angerufen und ich habe ihm geraten sich für heute krank zu melden und zu mir ins Büro zu kommen. Wenn sie nichts dagegen habe, würde ich jetzt auf Lautsprecher schalten, damit sich Frederik am weiteren Gespräch beteiligen kann.“
Er meinte, dass sei kein Problem, er würde ebenfalls auf Lautsprecher schalten, da sein Partner und sein Lebensgefährte gerade hier im Büro wäre. Frederik sagt brav zu seinen Chefs hallo und er und der Lebensgefährte erwiderte ebenfalls mit einem hallo.
Herr Köllner erklärte: „Frederik, du hättest mit deinem Problem auch zu uns kommen können. Dir ist doch bekannt, dass ich schwul bin. Ferdinand und ich hätten für dich sicher auch eine Lösung finden können.“
Frederik erklärte: „Das war mir schon bewusst, aber bei Herrn Maurer vom Gutshof Sonneneck ist mein Freund Kevin untergekommen, nachdem er mit Hilfe des Jugendamtes aus einem Sanatorium herausgeholt wurde, wo schwule junge Menschen angeblich geheilt werden können. Deshalb habe ich mich an ihn gewandt, da ich meinen Freund wieder in die Arme schließen wollte.“
Dieses Mal sprach Ferdinand: „Frederik, okay, dann kann ich verstehen, warum du dich nicht an uns gewandt hast mit deinem Problem. Ich vermute, dass du nicht mehr hierher zum Arbeiten kommen willst, weil dir regelmäßig deine Mutter über den Weg laufen könnte, wenn sie weiterhin zu uns zum Einkaufen kommt.“
Ich meinte: „Genau das ist der springende Punkt, um den es eigentlich geht. Wir wollten ihnen erklären, dass Frederik nicht mehr bei ihnen arbeiten wird. Wir wollten sie zum einen damit vorwarnen, dass sie in den nächsten Tagen seine Kündigung erhalten, aber gleichzeitig anfragen, ob sie uns einen toleranten Laden im Raum Rosenheim nennen können, wo Frederik seine Ausbildung fortsetzen kann.“
Ferdinand meinte: „Empfehlen können wir ihnen keinen Einzelhändler im Raum Rosenheim. Wir sind mit EDEKA im Gespräch, um im Raum Bruckmühl oder Bad Aibling einen neuen Markt zu errichten, aber der wird frühestens Ende nächsten Jahres eröffnet. Das wäre zumindest nicht so weit weg von Rosenheim.
Bevor sich die Beiden von uns verabschiedeten erklärte Herr Köllner: „Frederik, uns reicht deine mündliche Kündigung, ich lasse heute noch deine Papiere fertigmachen. Wenn du mir deine neue Anschrift gibst, lasse ich dir deine Unterlagen an deine neue Anschrift senden. Die Personaleinkaufsberechtigung lasse ich sofort sperren.“
Ich erklärte: „Die Unterlagen schicken sie am besten direkt an mich, Peter Maurer, Gutshof Sonneneck 1 in Rosenheim, ich werde sie Frederik aushändigen.“
Sie wünschten Frederik noch viel Glück und bedauerten es sehr, dass er nicht wieder kommen würde. Ich legte auf, da das Gespräch beendet war und Frederik fragte sofort, warum sie die Unterlagen an mich schicken sollten.
Ich erklärte: „Ganz einfach, damit verschleiere ich deine wahre Anschrift. Sie wissen damit nicht genau, wo du wohnst. Damit wird verhindert, dass aus Versehen deine Adresse an dritte Personen weitergegeben wird.
Zumindest wissen wir jetzt, dass sie uns keine Empfehlung abgeben können. Ich habe einige Möglichkeiten im Kopf, die ich dir kurz vorstellen möchte. Ich nehme an, du hast bei der Anfahrt im Einfahrtsbereich gesehen, dass wir dort einen Hofladen betreiben. Dazu gehört auch das danebenliegende Hofcafé mit Bäckerei und Konditorei, die unter der Federführung von meiner Tochter geleitet werden. Vermutlich im März wird es einen weiteren Hofladen in der Gärtnerei Grubmüller geben, die ebenfalls zur Gutshofgruppe gehört. Wenn du dich für eine der Möglichkeiten interessieren solltest, können wir mit meiner Tochter ein Gespräch führen.“
Frederik grinste und meinte: „Bist du dir sicher, dass ein kleiner Hofladen das richtige für mich sein könnte?“
Ich grinste und meinte: „Ich wäre vorsichtig an deiner Stelle, wenn du von einem kleinen Hofladen sprichst. Du solltest dir das zumindest anschauen, bevor du dir so ein Urteil erlaubst. Sicher ist es kein Supermarkt, aber das Angebot ist trotzdem umfangreich.“
Frederik meinte, dann lasse ich mich einfach überraschen. Wir zogen unsere Jacken an, ich meldete mich bei Petra ab, und wir sagten Kevin und Bernhard, dass wir zum Hofladen gehen.
Wir traten in den Hofladen ein und Frederik blieb schlagartig stehen, dass ich ihn fast überrannt hätte. Gerade noch rechtzeitig kam ich zum Stehen. Er meinte: „Peter das ist kein Hofladen, das ist ja ein kleiner Supermarkt. Ich bin komplett überrascht, was ihr alles in diesem Hofladen anbietet.“
Ich grinste und meinte: „Das ist noch nicht alles. Das kann dir alles meine Tochter viel besser erklären. Martina näherte sich, und als sie neben uns stand, fragte sie: „Papa, kann ich euch helfen? wer ist dein Begleiter, der so überwältigt scheint von unserem Angebot?“
Ich antwortete: „Der junge Mann an meiner Seite ist Frederik Kornweger. Er hat seine Ausbildung als Verkäufer abgeschlossen und ist auf der Suche nach einem Arbeitsplatz, wo er seine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann abschließen kann. Er gehört ab sofort zur Gutshoffamilie und wird zusammen mit seinem Freund Kevin vorübergehend bei Michi und Andi wohnen, bis die beiden Anfang März in das Appartement von Bernhard und Benjamin einziehen können. Ja, er ist überrascht davon, dass ein kleiner Hofladen, so wie er es bezeichnete, eine so riesige Auswahl anbietet.“
Martina meinte, dass sie ihm gern alles zeigen will. Zu mir meinte sie, dass ich mich doch in der Zwischenzeit ins Café setzen soll, bis sie mit der Führung fertig sei. Ich ging ins Café und bestellte mir einen Käsekuchen und einen Cappuccino. Nach zwanzig Minuten kamen Martina und Frederik ins Café und setzten sich zu mir, nachdem sie für sich und Frederik bestellt hatte.
Frederik schwärmte mir vor: „Peter, der Laden ist ein Traum für einen Auszubildenden oder einen Verkäufer. Martina hat mich gefragt, ob ich mir zutrauen würde, den neuen Hofladen in der Gärtnerei Grubmüller zu führen, wo ich nebenbei auch meinen Einzelhandelskaufmann machen könne. Sie hat mir Fotos vom bisherigen Laden und die Modellzeichnung von der geplanten Einrichtung gezeigt, die in einer Woche angeliefert und aufgebaut werden soll. In drei Wochen soll die Eröffnung des Hofladens erfolgen. Wir brauchen nicht mehr nach einer Alternative zu suchen, die Chance werde ich mir sicher nicht entgehen lassen.“
Inzwischen hatten wir unsere Tassen geleert, so dass wir uns von Martina verabschiedeten und in mein Büro zurückgingen. Unterwegs meinte er: „Peter, ich muss mich bei dir für meine abfällige Bemerkung „kleiner Hofladen“ entschuldigen. Könnten wir im neuen Hofladen nicht auch die Backwaren und die Torten verkaufen?“
Ich meinte: „Das solltest du besser mit Martina besprechen, sie ist die Verantwortliche in unserem Unternehmen für diesen Bereich.“
Wieder einmal hörte ich, dass mein Smartphone einen neuen Anrufer ankündigte. Ich nahm das Gespräch entgegen und meinte: „Barbara, was kann ich für dich tun?“
Barbara erklärte: „Peter, am nächsten Wochenende kommt doch der Chef vom Jugendamt Eutin, wegen des Kennenlernens zu euch. Heute Vormittag hat mich ein Anruf vom Leiter des Jugendamts des Landkreises Ostallgäu in Markt Oberdorf erreicht. Er hat von einem Bürgermeister des Landkreises die Unterlagen über unser Projekt Jugendwohnungen erhalten.
Er erklärte mir, dass er sehr daran interessiert sei, dass dort so ein Gebäude von einer Stiftung Sonneneck errichtet werden soll. Ich konnte ihn überzeugen, am gleichen Wochenende nach Rosenheim zu kommen, da wir bereits einen Termin mit einem Kollegen aus Eutin haben, der das gleiche Konzept in Scharbeutz umsetzen möchte. Mit Alexandra habe ich bereits die Unterbringung abgeklärt.“
Ich meinte: „Oha, das ging aber flott. Ich habe am erst am Montag mit dem Bürgermeister gesprochen und er hat mir schon signalisiert, dass der Landkreis Interesse hätte. Dass er sich so schnell meldet, hätte ich nicht erwartet, vor allem nicht auf dem Umweg über das Jugendamt in Rosenheim.“
Barbara lachte und erklärte: „Dann hättest du besser im Dokument das Jugendamt Rosenheim geschwärzt. Er wollte von mir nämlich wissen, ob die Stiftung unser volles Vertrauen genießt, wegen dieses gemeinsamen Projekts. Ich habe ihm erklärt, dass die Häuser bereits im Bau seien und im Sommer die ersten Jugendlichen dort einziehen würden. Er war überrascht, dass wir gleich zu Beginn vierzehn Auszubildende aus Kinderheimen in München, Thüringen und Hessen unterbringen, die alle in einem Unternehmen der Gutsgruppe, zu der die Stiftung gehört, einen Ausbildungsplatz erhalten haben. Das hat ihn überzeugt.“
Ich bat Barbara, die Daten an Petra zu schicken, damit sie alles vorbereiten kann und verabschiedete mich von ihr.
Frederik, der einen Teil meines Gespräches mitbekommen hatte und schaute mich fragend an. Ich erklärte: „Ich denke, das vernünftigste wird sein, dass du und Kevin die nächsten zwei Tage bei mir im Büro sitzt, damit ihr einen Eindruck bekommt, was die Gutshof-Gruppe und die Stiftung auf die Beine gestellt hat. Dort drüben auf der Baustelle entstehen, unter anderem, die drei Gebäude, in denen die Jugendwohnungen entstehen sollen.“
Im Büro angekommen rief ich Florian an und bat ihn in mein Büro zu kommen. Keine Minute später stand er im Büro und setzte sich zu uns in die Besprechungsecke. Ich erklärte ihm, wer der junge Mann sei und dass er ab sofort seine Ausbildung zum Einzelhandels-Kaufmann bei uns fortsetzen wird. Er aber nicht als reiner Auszubildender zu führen sei, da er bereits eine abgeschlossene Ausbildung als Verkäufer besitze. Er müsse ihn in der Berufsschule in Miesbach abmelden und an der Berufsschule Rosenheim anmelden. Die notwendigen Daten gebe ihm Frederik direkt.
Frederik erklärte: „In Miesbach kannst du mich nicht abmelden. Dort gibt es keine Klasse für die Einzelhandelskaufmänner. Wir konnten damals wählen zwischen München oder Rosenheim. Ich habe mich damals für München entschieden, weil man von Miesbach aus bequem mit dem Zug nach München fahren kann. Vielleicht wäre es sinnvoller, ich bleibe bis zum Sommer und meinem Abschluss in der Berufsschule in München. Von Rosenheim aus ist München sehr gut zu erreichen. Ich müsste der Schule nur meinen neuen Ausbildungsbetrieb mitteilen.“
Ich sagte: „Jungs, um das abzuklären braucht ihr mich sicher nicht. Frederik, geh mit Florian in sein Büro und handelt das untereinander aus und klärt das mit den notwendigen Daten.“
Ich nutzte die Gelegenheit und schaute zu den beiden Jungs ins Besprechungszimmer. Kevin wollte sofort wissen, was sich bei unserem Besuch im Hofladen ergeben hätte. Ich meinte, er solle doch Frederik fragen, da ich nicht beim Gespräch und bei der Besichtigung dabei gewesen wäre.
Im Gegenzug wollte ich wissen, wie weit die beiden in ihrer Einweisung gekommen sind. Bernhard meinte: „Es läuft ganz gut, Kevin weiß bereits, wie er sein Onlinekonto einrichtet und wo und wie er seine digitalen Dokumente speichern kann. Grundsätzliches Wissen über Computer bringt er mit. Das erleichtert vieles. Er weiß auch schon, wo er zukünftig die Dokumente der neuen DoPlaSo GmbH speichern kann.“
Ich fragte Bernhard, wie das bei der Personal- und Ausbildungsverwaltung ist. Ob dort jemand, der bereit fest angestellt, ist eine Ergänzungsausbildung machen könne, wie eben zum Beispiel bei Frederik, mit seinem Einzelhandelskaufmann. Er meinte: „Ich kann mir nur vorstellen, dass man ihn als Auszubildenden anlegt. Bei der Vergabe der Vergütung kann man das eingeben, was mit dem Auszubildenden vertraglich vereinbart wurde. Eine Begrenzung nach oben ist nicht vorgesehen. Anhand der hinterlegten Dokumente sieht man, welche Abschlüsse der Auszubildende bereits habe.
„Ich kann mir das noch einmal anschauen und mit Florian optimieren. Dazu werde ich Florian nachher ansprechen. Wir brauchen nicht mehr lange, dann kommt Kevin wieder zu dir. Es ist gleich Mittagszeit und ich bekomme langsam Hunger.“
Zurück in meinem Büro erledigte ich einige Arbeiten, die dringend erledigt werden mussten. Kurz vor dreizehn Uhr standen Kevin und Frederik mit Florian im Schlepptau bei mir im Büro und meinten, dass wir so langsam Mittagessen gehen könnten. Ich meinte: Ihr könnt schon vorausgehen, ich warte noch auf die Jungs, die in ein paar Minuten mit dem Bus aus der Schule zurückkommen würden.Sie meinten, dass sie mit mir auf die Kids warten wollten und wir mit ihnen gemeinsam in die Kantine gehen können. Ich fragte Florian, ob er mit Bernhard gesprochen hätte, wegen der Problematik fest angestellter Mitarbeiter und trotzdem Auszubildender.
Florian grinste und meinte: „Ich habe Frederik einfach als Auszubildenden angemeldet. Als Brutto-Ausbildungsvergütung habe ich das eingetragen, was in seinem Arbeits- und Ausbildungsvertrag angegeben war und Frederik mir durch Gehaltsabrechnungen nachgewiesen hat. Ich hoffe, das geht so in Ordnung.“
Ich nickte und damit war dieser Punkt abgehakt. Frederik und Kevin bestätigte ich, dass beide die nächsten beiden Tage meine Anhängsel wären und Frederik ab nächsten Montag auf seine Aufgaben im Hofladen der Gärtnerei und in unserem Hofladen im Gutshof vorbereitet wird. Kevin wird ab Montag in der IT, bei Bernhard und Noah, oder bei Ludwig, sein.
Bevor unsere Kids das Büro stürmten, meinte ich noch, dass sie, wenn sie Frederiks Sachen in das Gästezimmer getragen und in die Schränke verstaut hätten, wieder zu mir ins Büro kommen sollten. Außerdem sollten sie Michael davon informieren, dass beide Jungs heute wieder bei uns zum Abendessen wären.
Fast pünktlich auf die Minute, standen alle Schüler bei mir im Büro und David fragte sofort, wer denn der Neue sei. Kevin erklärte: „Das ist mein Freund Frederik, dem ich zu verdanken habe, dass ich nicht mehr in diesem Sanatorium stecke. Er hat das Jugendamt anonym informiert, dass ich von meinen Eltern gegen meinen Willen dort festgehalten werde. Jetzt steckt er selbst in Schwierigkeiten und deshalb ist er heute Vormittag, nachdem er mit Peter telefoniert hatte, hierhergekommen.“
Gemeinsam ging es ins Gesindehaus in die Kantine zum Essen. Während des Essens vereinbarten die Jungs, dass sie Kevin und Frederik helfen werden beim Hochtragen seiner Sachen. Das zeigte mir, dass sie die beiden Neuen sofort in ihre Mitte aufgenommen haben.
Besonders überrascht war ich von Stephan und Raphael, Marions Söhnen, die meinten, dass die beiden Jungs, wenn alles oben ist, kurz mit zu ihnen kommen sollten, damit sie ihrer Mutter ihre neuen Mitbewohner im Dachgeschoss vorstellen können. Vor allem, nachdem Kevin erzählt hatte, dass sie Anfang März in das Appartement von Bernhard und Benjamin umziehen.
Nach dem Essen gingen wir gemeinsam zum Auto von Frederik und ich stellte fest, dass Frederik nicht geschummelt hatte, das Auto war bis unters Dach und in den letzten Winkel mit seinen Sachen gefüllt, er musste wirklich alles in sein Auto gepackt haben.
Florian ging mit mir in mein Büro, da er noch ein paar Fragen wegen unseren beiden Neuzugängen an mich habe, die er nicht in ihrem Beisein ansprechen wollte. Bevor er mir seine Fragen stellte, meinte er: „Ich bewundere den Mut und die Entschlossenheit von Frederik, seinem Freund Kevin zu helfen, indem er das zuständige Jugendamt auf diesen Missstand hingewiesen hat. Was ich jedoch nicht verstehe, warum er das anonym getan hat und nicht direkt beim Jugendamt vorstellig wurde.“
Ich meinte: „Das kann die verschiedensten Gründe haben, warum er diesen Weg gewählt hat. Einer wäre zum Beispiel, dass Kevins Eltern erfahren könnten, wer hinter der ganzen Aktion gesteckt hat. Andererseits befürchtete er vielleicht, dass seine Eltern auf diesem Weg herausfinden könnten, dass er selbst schwul ist. Ich fand es viel mutiger, dass er seinen Eltern erklärt hat, dass er auf Jungs steht und sich in einen Jungen verliebt hat, obwohl ihm bewusst war, dass sie ihn vermutlich aus dem Haus werfen würden.“
Florian antwortete: „Ich denke, die Entscheidung wurde ihm erleichtert, als er erfuhr, dass Kevin in Sicherheit ist. Da Kevin ihm erklären durfte, dass er sich an die angezeigte Telefonnummer wenden könne, wenn er in Schwierigkeiten stecken würde, habt ihr ihm doch einen Rettungsring zugeworfen, den er nur noch ergreifen musste.“
Ich grinste Florian an und sagte: „Sehr gut kombiniert junger Sherlock Holmes, ich hatte nur nicht damit gerechnet, dass er so schnell dahinter steigt, dass wir ihm diesen Strohhalm hingeworfen haben. In der Beziehung habe ich ihn unterschätzt, was mir aber wiederum zeigt, dass er gut kombinieren kann. Glaube mir, Martina hätte ihm die Leitung des neuen Hofladens nie vorgeschlagen, wenn sie nicht seine Qualitäten erkannt hätte und das ohne mein Eingreifen.
Auf dem Rückweg vom Hofladen hat er mich gefragt, ob sie nicht im neuen Hofladen auch die Backwaren und die Produkte der Konditorei verkaufen könnten, die dort bisher nicht eingeplant waren. Ich meinte dazu nur, dass er das direkt mit meiner Tochter besprechen soll.“
Florian meinte: „Dass er clever ist, hat er mir gezeigt, als ich seine Daten erfassen wollte. Er meinte er holt kurz einen Ordner, wo alle wichtigen Unterlagen aufbewahrt sind. Peter, so etwas habe ich noch nie bei einem jungen Menschen gesehen. Wie er alle Unterlagen sortiert und abgelegt hat, davon könnte ich sogar noch etwas lernen. Ich durfte alles einscannen was wichtig ist und er hat sich sofort dafür interessiert, wie die Dokumente bei uns gespeichert und gesichert werden.“
Florian wollte gerade seine Fragen an mich stellen, als er unterbrochen wurde, weil die Kids mein Büro stürmten und ihre Schultaschen holen wollten. Tobias meinte: „Peter, wir mussten alle mindestens zwei Mal noch oben laufen, bis alles im Gästezimmer war. Da waren ein Fernseher und eine geile Soundanlage dabei. David wollte beide Jungs zum Abendessen bei uns einladen, worauf sie ihm erklärten, dass du sie bereits eingeladen hättest.“
Kaum hatten die Kids mein Büro verlassen, traten Heiko und Ryan ein und meinten, dass ich jetzt mit dem Lagermanagement weitermachen könne, sie wären jetzt bereit. Florian schaute mich kurz an und meinte: „Ist wohl vernünftiger, wenn wir zwei uns morgen früh zusammensetzen, ich will nicht schuld daran sein, wenn die beiden Jungs am Ende behaupten, dass sie ständig während des Unterrichts gestört wurden. Ich grinste nur und Florian ging in sein Büro zurück.
Heiko erklärte, dass er eine Pivot-Auswertung der wochenweisen Belegung erstellen will, er aber noch nicht so richtig dahinter gestiegen sei, wie er diese einrichten soll. Er fragte, ob ich ihnen dabei helfen könne. Ich erklärte ihm, dass ich selbst noch nie eine Pivot-Auswertung gemacht hätte und ihnen da nicht weiterhelfen könne.
Petra, die das scheinbar mitbekommen hatte, stand plötzlich bei uns und fragte, ob sie den Jungs weiterhelfen könne, da sie in der Vergangenheit für ihren ehemaligen Chef mehrmals Auswertungen dieser Art erstellt habe.
Ryan erklärte ihr, was sie sich vorgestellt hätten. Petra schaute sich kurz die Ausgangsdaten der Jungs an und erklärte ihnen Schritt für Schritt wie sie vorgehen sollten. Nach nur wenigen Schritten hatten sie das Ergebnis, dass sie sich vorgestellt hatten. Sie bedankten sich bei Petra und diese erklärte ihnen, wenn sie weitere Hilfe bei Excel benötigen würden, dass sie sie gern ansprechen können, da sie früher viele Auswertungen mit Excel erstellt hat.
Heiko durfte mir das Ergebnis ihrer Bemühungen präsentieren. Er erläuterte, dass in den ersten vier Wochen bereits für fast fünfzig Prozent der erlaubten Kapazität Anfragen von den verschiedensten Gruppen vorliegen.
Ich meinte, dann sollten wir den nächsten Schritt gehen und den Anmeldern eine Bestätigung senden, dass wir ihre Anmeldung für den gewünschten Zeitraum vorgemerkt hätten und für sie bis Mitte April reserviert seien. Bis dahin sollten sie uns eine verbindliche Zusage senden, ansonsten würden die Plätze neu vergeben werden.
Ich meinte: „Ihr könnt ihnen die Teilnehmerlisten mit allen wichtigen Daten zum Ausfüllen gleich mitsenden und dass diese bis spätestens vier Wochen vor der Anreise einzureichen wären. Damit gebt ihr ihnen bereits das Handwerkszeug in die Hand, die Daten bei den Teilnehmern abzufragen. Die Wichtigkeit dieser Daten wird euch Felix sicher schon erklärt haben, ansonsten kann ich das gern übernehmen.“
Ryan grinste und meinte: „Felix hat uns zwar erklärt, dass die Daten von extremer Wichtigkeit sind, aber nicht warum.“
So erklärte ich den beiden Jungs: „Die Daten werden in mehrfacher Hinsicht gebraucht. Ein Grund ist zum Beispiel, dass die Stiftung als Nachweis für die Ausgaben eine vollständige Teilnehmerliste benötigt, zum einen als Nachweis, wer damit gefördert wurde. Auch aus steuerlicher Sicht ist das nötig, da die Gesamtausgaben auf einzelne Teilnehmer heruntergerechnet und der durchschnittliche Wert auf Plausibilität geprüft wird.
Das waren jetzt, aus der Sicht der Stiftung, die Gründe für diese Liste. Verschiedene Daten sind während des laufenden Betriebs des Zeltlagers wichtig. Die Abfrage nach Unverträglichkeiten oder Allergien ist zum einen für Sebastian wichtig, dass er diese Stoffe nicht beim Kochen verwendet oder darauf hinweisen kann, dass solche Stoffe in einem Essen vorkommen können. Andererseits sind diese Daten für einen behandelnden Arzt wichtig, um gezielter eine Diagnose zu erstellen.
Ebenso wichtig ist die Angabe der Ansprechpersonen, wenn es zu Problemen kommen sollte. Sie sind in erster Linie wichtig für die Betreuer. Sie könnten aber auch von uns gebraucht werden, wenn in dem Moment keiner der Betreuer zur Verfügung steht.
Das Geburtsdatum könnt ihr nutzen, um dem jeweiligen Kind oder Jugendlichen zum Geburtstag zu gratulieren und ein kleines Geschenk zu überreichen. Denkt daran, dass es nur eine Kleinigkeit sein soll. Nicht, dass am Ende die Kinder und Jugendlichen sich benachteiligt fühlen, die nicht während des Ferienaufenthalts ihren Geburtstag feiern können.
Jetzt überlegt selbst, welche Daten noch wichtig sein könnten, die ihr abfragt und warum sie wichtig sind.“
Heiko erklärte: „Hausarzt beziehungsweise Kinderarzt sind wichtig für Rückfragen des behandelnden Arztes. Aber warum bestimmte Impfungen und Kinderkrankheiten abgefragt werden, erschließt sich mir nicht so ganz.“
Ryan antwortete: „Doch, ich habe da eine Vermutung. Bei bestimmten Kinderkrankheiten müssen die Kinder in eine Art Quarantäne. Bei nicht Geimpften oder Kindern, die bisher nicht daran erkrankt waren, wird vermutlich regelmäßig geprüft, ob sie sich angesteckt haben. Ich vermute, es gibt so eine Art Sorgfaltspflicht für den Veranstalter, um eine größere Verbreitung auszuschließen.“
Ich erklärte: „Das ist richtig. Eine Entscheidung wird immer mit dem behandelnden Arzt gemeinsam getroffen und kann dazu führen, dass alle Teilnehmer nach Hause fahren dürfen. Das kommt nur sehr selten vor, aber auch damit muss gerechnet werden. Ein weiterer Grund kann sein, besondere Hygiene-Maßnahmen zu treffen. Auch das wird immer mit dem Arzt gemeinsam entschieden.“
Heiko meinte: „Okay, soweit habe ich das jetzt verstanden. Ich überlege nur, wer ist bei den Kindern und Jugendlichen aus den Kinderheimen als Ansprechpartner eingetragen?“
Ich grinste und meinte: „Wundert euch nicht, wenn in der Liste das Jugendamt angegeben ist, aus dessen Landkreis die Kinder sind. Ignoriert diese Information sofort. Grundsätzlich sind die ersten Ansprechpartner in diesem Fall immer die mitgereisten Betreuerinnen oder Betreuer. Nur wenn diese ebenfalls ausgefallen sind, ist das entsprechende Jugendamt zu informieren.
Da fällt mir gerade etwas ein, worüber ihr euch ebenfalls nicht zu wundern braucht. Es gibt ein Phänomen, das wir sowohl beim Zeltlager aber auch im Jugendhotel bereits feststellen konnten. Den Kids ist es egal, mit wem sie bei den Spieleabenden zusammenspielen. Wichtig ist für sie nur, dass es gleichgesinnte Kinder oder Jugendliche sind. Da spielt noch nicht einmal das Alter eine Rolle.“
Den Rest des Nachmittags bestätigten sie den bisherigen Anmeldern, dass sie ihre Gruppen für den gewünschten Zeitraum eingetragen haben. Wir hatten im Vorfeld noch den Text gemeinsam entworfen und alle mit zu sendenden Unterlagen festgelegt.
Kurz nach siebzehn Uhr tauchten Kevin und Frederik in meinem Büro auf und erklärten mir, dass sämtliche Klamotten von Frederik ordentlich aufgeräumt wären. Die Dinge, die sie erst in ihrem Appartement brauchen würden, wurden nach Absprache mit Andy in einer Ecke des Gästezimmers gelagert.
Kevin meinte: „Andy lässt anfragen, ob er und Michael heute wieder zu einem Spieleabend erscheinen sollen.“ Ich antwortete: „Ich denke nicht, dass wir heute Abend wieder einen Spieleabend veranstalten werden. Eher vermute ich, dass heute ein Serien- und Kuschelabend angesagt sein könnte. Oder wir sitzen nur zusammen und ihr werdet mit Fragen von den Jungs gelöchert. Neugierig sind sie sicher und sie wollen bestimmt wissen, wie ihr euch kennengelernt habt.“
Ich meinte noch, morgen gäbe es auch keinen Spieleabend, denn morgen treffen sich die schwulen Jungs zu ihrem Gruppenabend im Jugendhotel, der von Michael geleitet wird. Danach ging es nach oben in die Wohnung, wo ich die beiden Jungs bat mir bei den Vorbereitungen für das Abendessen zu helfen.
Kevin lachte und erklärte: „Frederik, für dich ist es heute eine Premiere. Ich hatte gestern schon das Vergnügen mit Peter und Dennis das Abendessen vorzubereiten. Peter, Frederik und ich fangen am besten direkt im Esszimmer an, den Tisch einzudecken. Frederik, du gehst erst mit Peter in die Küche und besorgst das Besteck.“
In der Küche zeigte ich Frederik die Schublade, wo er das Besteck finden würde. Ich meinte, sie sollten für acht Personen den Tisch eindecken. Er schaute mich zuerst komisch an, griff sich dann doch acht Gabeln und Messer, mit denen er ins Esszimmer ging. Ich ging zum Kühlschrank und begann die Sachen herauszuholen, die wir benötigen würden.
Im nächsten Schritt bereitete ich zwei verschiedene Salate vor. Dazu sollte es gebratene Streifen von der Rinderlende geben. Nach gut fünf Minuten kamen die beiden Jungs in die Küche und Frederik meinte: „So einen großen Esstisch habe ich noch nie gesehen. Wieso habt ihr euch den riesigen Tisch für mindestens sechzehn Personen gekauft?“
Ich erklärte: „Den Tisch hatten wir schon in unserem Reihenhaus stehen. Für größere Familienfeiern war es immer praktisch, einen so großen Tisch zu haben. Selbst hier kann es sehr schnell voll werden am Tisch. Beim Spieleabend gestern saßen wir immerhin zu neunt am Tisch. Es kann schon mal passieren, dass am Samstag oder Sonntag, wenn alle Pflegekinder zu uns zum Frühstück eingeladen sind, am Ende bis zu zwölf Personen am Tisch saßen. Bei Familienfeiern war er oftmals fast zu klein.
Wer von euch traut sich zu, die Rinderlende in schmale Streifen zu schneiden und anschließend in der Pfanne anzubräunen? Der andere von euch sollte Brot in Scheiben schneiden und in die beiden Körbchen verteilen. Außerdem können die fertigen Platten mit Wurst und Käse bereits auf dem Esstisch verteilt werden. Damit nicht alles einzeln ins Esszimmer getragen wird, nehmt den vorbereiteten Servierwagen und schiebt ihn ins Esszimmer.“
Frederik bestimmte, dass er die Lende in feine Streifen schneiden wird, da er das in der Fleischabteilung des Supermarktes gelernt hätte. Zum Anbraten bräuchte er aber Hilfestellung, da zuhause immer seine Mutter alles vorbereitet und auf den Tisch gebracht hätte. Er war gerade fertig mit dem Schneiden des Fleisches, als Tobias in die Küche kam. Ich bat ihn, Frederik zu zeigen, wie das Fleisch anzubraten und zu würzen sei. So konnte ich meine Salate in Ruhe zu Ende machen.
Als nächster tauchte Thomas in der Küche auf. Ich meinte, er solle alle zusammentrommeln, da wir in Kürze fertig sind und gleich essen können. Plötzlich tauchte aus dem Esszimmer Dennis mit dem Servierwagen auf und beschwerte sich, dass keiner an Getränke gedacht hatte. Ich meinte: „Na und, ist doch kein Beinbruch, wir wären sicher nicht verdurstet.“
Fünf Minuten später saßen wir am Esstisch. Außer den üblichen Bitten, nach Dingen, die man selbst nicht erreichen konnte, war es am Esstisch ungewöhnlich Ruhe. Tobias pflaumte mich an: „Peter, du hast vergessen den Neuen vorzustellen und dem Neuen den Rest deiner Mitbewohner.“
Ich pflaumte zurück: „Wenn du dich daran störst, warum hast du nicht diese Aufgabe übernommen, anstatt mich anzumeckern. Zum einen bist du alt genug und kennst alle Personen, die am Tisch sitzen, selbst den Neuen kennst du mit seinen Namen.“
Zuerst schaute mich Tobias grimmig an, dann grinste er und erklärte: „Na gut, dann übernehme ich heute Abend die Vorstellung. Der junge Mann neben Kevin ist sein Freund Frederik Kornweger aus Miesbach, achtzehneinhalb Jahre alt, gelernter Verkäufer. Er gehört nicht zur Familie, wird aber trotzdem im Gutshof wohnen und seine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann bei uns beenden. Nach mir vorliegenden Information ist er vorerst bei Michi und Andy untergebracht, bis die beiden Anfang März in das Appartement von Bernhard und Benjamin einziehen können, die demnächst ins IT-Gebäude umziehen werden.
Neben Peter sitzt Thomas, die beiden sind seit Ende November verheiratet, waren aber vorher schon ewige Zeiten verpartnert, und sind meine und Davids Adoptivväter. Neben David, den du bereits heute Mittag kennengelernt hast, sitzt Dennis, ebenfalls noch keine achtzehn. Er ist Auszubildender im Jugendhotel und im Restaurant. Neben ihm sitzt Felix, sein Freund, bereits volljährig und er ist Auszubildender in der Stiftungsverwaltung. Die beiden werden im Sommer in eine der neuen Wohnungen einziehen, aber nicht ins Jugendwohnheim.“
Ich reckte den Daumen nach oben, um Tobi zu signalisieren, dass ich mit seiner Vorstellung mehr als zufrieden war, was er mit einem Grinsen quittierte. Natürlich blieb die Frage nicht aus, warum die beiden bei uns wohnen würden. Diese Frage beantworteten Dennis und Felix sehr ausführlich und mit vielen Details.
Kurz vor neunzehn Uhr, wir saßen immer noch am Esstisch, als Ludwig und Christian ins Esszimmer eintraten. Ludwig meinte: „Oh, ihr sitzt noch beim Abendessen, sind wir doch etwas zu früh bei euch eingefallen.“
Tobias antwortete: „Du täuscht dich Ludwig, wir sind bereits fertig, wir unterhalten uns nur noch. Ich gehe davon aus, dass ihr unseren neuen Mitbewohner bisher noch nicht kennengelernt habt. Neben Kevin, denn ihr sicher schon kennt, sitzt sein Freund Frederik Kornweger. Er ist achtzehneinhalb Jahre, wohnt vorerst bei Michi und Andy und beide werden demnächst eure Nachbarn im jetzigen Appartement von Bernhard und Benjamin.
Frederik, der lange Lulatsch ist Ludwig, arbeitet noch in der Stiftungsverwaltung und wechselt nächsten Monat in die IT. Der kleinere ist Christian, der Bruder von Benjamin und Auszubildender in der Gärtnerei Winter.“
Christian grinste und meinte: „Nett erklärt von dir. Aber es gibt noch eine Neuigkeit, die scheinbar bei dir noch nicht angekommen ist. Ludwig und ich werden Ende März ebenfalls in eine Zwei-Zimmer-Wohnung ins Dachgeschoß der IT wechseln. Das zweite Appartement bleibt vermutlich erst einmal frei.“
Ludwig sagte: „Peter, wir wollten mit dir und Thomas wegen Samstag reden. Können wir uns ins Wohnzimmer zurückziehen?“
Ich grinste und meinte: „Ludwig, glaubst du das hilft etwas, wenn wir uns ins Wohnzimmer zurückziehen, bei meinen neugierigen Jungs? Denen fällt alle paar Sekunden ein, dass sie etwas aus dem Wohnzimmer brauchen. Da es um Samstag und den Einkauf in München geht, sollten Kevin und Frederik dabei sein, sie sind am Samstag mit dabei. Unsere vier Mitbewohner können den Tisch abräumen und in der Küche für Ordnung sorgen.“
Dennis, Felix, David und Tobias standen auf und räumten den Tisch ab. Ludwig und Christian setzten sich zu uns an den Tisch.
Ludwig erklärte: „Am Samstag ist doch Großeinkaufstag für die Möbel im Dachgeschoss der IT. Wir haben uns gestern Abend überlegt, dass wir mitkommen und unsere Möbel gleichzeitig einkaufen wollen. Keine Sorge, wir wollen nicht gleichzeitig umziehen. Wir wollen nur alles einkaufen und in die Wohnung bringen. Wir helfen Noah und Simon, aber auch Benjamin und Bernhard beim Aufbau ihrer Möbel und beim Umzug. Wenn Kevin und Frederik unsere Hilfe in Anspruch nehmen wollen helfen wir ihnen auch beim Umzug.
Danach würden wir anfangen so langsam unsere Möbel aufzubauen und uns einzurichten um Mitte März umziehen zu können. Christian hat mit es Manuel heute schon abgeklärt. Wir könnten am Samstag sowohl den kleinen als auch den großen Transporter nutzen. Den kleinen kann ich mit meinem Führerschein fahren, für den großen bräuchten wir einen eigenen Fahrer, der einen Sieben-Komma-Fünf-Tonner fahren darf.“
Ich meinte: „Wir sollten erst einmal nachrechnen, wie viele Leute mit nach München wollen. Wir hätten da Simon mit seinen Eltern drei Personen, Bernhard, Benjamin, Ludwig und Christian, weitere vier Personen, Noah, Kevin, Frederik und meine Wenigkeit, noch einmal vier Personen. Wenn Thomas und unsere beiden Jungs noch mitkommen, wären wir insgesamt vierzehn Personen.
Zwei Transporter und zwei Autos sollten ausreichend sein, um alle nach München und wieder zurückzubringen. In den beiden Transportern bringen wir vermutlich alle Möbel unter. Das hängt allerdings ganz davon ab, wie groß die drei Sofas und die Matratzen ausfallen. In den Kofferräumen der beiden Personenwagen können wir noch die kleineren Sachen einladen. Wobei ich eher dazu tendiere, den Galaxy zu nehmen und die beiden hinteren Sitze auszubauen. Ich sehe eher ein Problem, dass wir nach unserer Rückkehr aus München die Transporter nicht mehr ausleeren können. Es sei denn, dass euch genügend Helfer zur Verfügung stehen. Überschlägig gerechnet könntet ihr etwa dreißig Personen zusammenbringen, die mit euch die Sachen nach oben ins Dachgeschoss schleppen.
Dreißig Personen, die die Möbel in zwei Wohnungen aufbauen, das gibt nur eine Katastrophe. Die Erfahrung beim Aufbau der Möbel in Marios Wohnung brauchen wir nicht zu wiederholen. Mehr als sechs Helfer sind eindeutig zu viel. Nächste Woche können Noah und Simon, aber auch bei Bernhard und Benjamin zumindest die Schüler mithelfen, sie haben in dieser Woche Ferien.
Ich denke, wir können uns auf dieses Abenteuer einlassen und für drei Wohnungen die Möbel einkaufen. Da Kevin und Frederik keine eigenen Möbel benötigen, können sie euch beim Zusammensuchen der Möbelbauteile helfen. Thomas und ich werden in der Zwischenzeit die Sachen an der Warenausgabe abholen und einladen, damit wir nicht zu viel Zeit verlieren.“
Frederik sagte: „Klar helfen wir euch beim zusammensuchen eurer Möbelbauteile. Schwieriger wird es für uns beim Aufbau der Möbel. Denn ab Montag darf ich bereits im Hofladen mitarbeiten und ab Donnerstag bin ich vermutlich in der Gärtnerei Grubmüller, wenn die Ladeneinrichtung pünktlich angeliefert und aufgebaut wird.“
Ich meinte noch: „Denkt bitte daran drei verschiedenfarbige fette Faserschreiber zu beschaffen, damit die einzelnen Pakete beschriftet werden, in welcher der drei Wohnungen das Paket abzustellen ist. Nach den Erfahrungen bei Mario würde ich sogar vorschlagen auch den Raum mit anzugeben, was die Zuordnung zu den Zimmern erleichtern würde.
Es bleibt dabei, übermorgen entscheidet sich endgültig, wer in welche Wohnung einziehen wird. Wenn Simon und Noah die Drei-Zimmer-Wohnung nehmen, könnt ihr noch aus beiden Zwei-Zimmer-Wohnungen auswählen. Nehmen die beiden die Wohnung, die Noah bereits ausgesucht hat, bleibt für euch nur die noch verbliebene Wohnung.
Ich werde bei Alexandra für zwanzig Uhr das Nebenzimmer für ein gemeinsames Abendessen reservieren, egal ob bis dahin alles ausgeladen wurde. Wenn wir bis dahin mit dem Ausladen nicht fertig sein sollten, wird am Sonntag weiter ausgeladen und danach mit dem Aufbau begonnen. Abfahrt wird am Samstag gegen acht Uhr sein, damit wir ausreichend Zeit zum Einkaufen und Einladen haben werden. Am Samstag gibt es bei uns in der Wohnung für alle Frühstück um sieben Uhr.“
Beim Verabschieden meinte Ludwig: “Wir werden gleich noch mit Bernhard und Benjamin reden und alles mit ihnen absprechen. Frederik und Kevin, kommt ihr gleich mit ins Gesindehaus?“ Kevin meinte: „Wenn Peter uns nicht mehr braucht, kommen wir gleich mit.“
Ich sagte den Jungs dass sie ruhig gehen können, wir uns aber morgen früh um acht Uhr in meinem Büro treffen. Unsere vier Mitbewohner hatten bei geöffneter Küchentür alles von Anfang an mitbekommen und saßen schon wieder eine Weile mit am Esstisch. Als die Vier verschwunden waren meinte David: „Tobi und ich werden Noah und Simon beim Aufbau der Möbel helfen.“
Wir saßen noch mehr als eine Stunde im Esszimmer zusammen und sprachen darüber, wie wir uns den Ablauf am Samstag und Sonntag vorstellen könnten. Wie immer bei theoretischer Planung konnte keiner erahnen, was uns am Samstag in der Wirklichkeit erwarten wird.
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