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Sommeropening
Trouble in Florida Teil 1
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Informationen
- Story: Sommeropening
- Autor: Steven Lerch
- Die Story gehört zu folgenden Genre: Fan Fiction, Lovestory
Es war fast eine Woche vergangen und Kai musste sich sehr zusammenreißen. Denn er hatte sich vorgenommen Lester einige Zeit nicht zu sehen, das war ein Fehler. Er hatte bis jetzt jede Nacht von ihm geträumt und in seinen Träumen ging es wirklich zur Sache, nun konnte er sich sicher sein, dass es nicht nur eine Laune war, sondern ein echtes Gefühl.
Mittags war auch seine Mutter da und er setzte sich zu ihr an den Couchtisch.
„Mum, was ist Liebe zu einem Anderen, zu einer anderen Person, mein ich?“, es war ihm irgendwie peinlich darüber zu reden, auch wenn es seine Mutter war, aber sie war eh die Einzige, mit der er über so etwas reden würde!
Sie schaute ihren Sohn ungläubig an, mit solch einem Satz von ihm hätte sie in den nächsten Jahrzehnten nicht gerechnet. Aber in letzter Zeit hatte er sich ja schon des öfteren selbst übertroffen.
Sie drehte sich zu ihm, legte das eine Bein hoch und starrte ihn fröhlich an.
„Was schaust du mich so an?“, fragte Kai etwas verängstigt.
“Wann, wo hast du sie kennen gelernt, wie sieht sie aus, was macht sie?“, strömte die Flut an Fragen auf Kai ein.
Kai, der eigentlich weder ängstlich noch scheu, selbst vor seiner Mutter, war, war etwas mulmig zumute, da er ihr eigentlich nicht erzählen wollte, wer sein Herz wahrhaftig im Sturm erobert hatte. Besonders die Tatsache, das es ein er und keine sie war.
„Also, na ja, ich wollte halt nur mal fragen, wie es sich anfühlt, weil ich sicher sein möchte, bevor ich es versuche!“
„Wie versuchen und wieso willst du deiner armen, alten Mutter nicht erzählen, wer die Flamme in deinem Herzen ist?“, sie lächelte ihn verschmitzt an. „Hast du kein Vertrauen zu deiner guten Mutter?“, sie verzog nun ihr Lächeln zu einem wehmütigen Schluchzen.
Kai hasste es, wenn sie so was machte, denn dagegen konnte er sich nicht wehren, doch er wollte seine Liebe nicht preisgeben.
„Mensch, Mama! Weißt du, ich bin noch nicht soweit, es jemandem zu erzählen!“, gab er zu, versuchte aber nicht allzu verlegen zu klingen.
Sie schürzte die Lippen und fixierte ihn mit einem Hundeblick.
“MUTTER!!“, als er sie flehend anschrie, schaute er trotzig weg und verschränkte die Arme.
„Ist ja schon gut, sei nicht gleich wieder eingeschnappt!“, sagte sie ruhig, das gehörte zu den üblichen Spielchen um Informationen aus ihm rauszuholen.
„Was willst du dann eigentlich von mir, wenn du mir nix erzählen willst?“, sie zeigte ihm die kalte Schulter und verschränkt ebenfalls die Arme.
So saßen sie eine Weile, die Katze schlenderte gemütlich vorbei, zu ihrem Kratzbaum, doch dann löste Kai das Schweigen.
„Also, ich wollte nur wissen, wie es sich anfühlt, wenn man verliebt ist!“
„Hmm!“, grummelte seine Mutter. „Hoffentlich gut genug um in der Schande seiner Mutter leben zu können!“, sagte sie trotzig.
„Ja!“, erwiderte Kai im selben Ton.
Beide fingen an zu lachen und kullerten sich auf der Couch.
„Ach, du bist dir also noch unsicher!“, stellte sie nochmals fest.
„Ja!“, sagte Kai etwas traurig. „Aber seit ich die Person, das allererste Mal gesehen habe, muss ich immer wieder an diese denken! Ich träume sogar schon davon das wir... .“, er versuchte sich gekonnt auszudrücken, doch als er merkte, dass er von seinen Träumen erzählen wollte, stoppte er.
„Das ihr?“, bohrte seine Mutter künstlich lang nach. Auch wenn sie genau wusste, worauf er anspielte, als Junge in seinem Alter.
„ZUSAMMEN KUSCHELN!“, beendete er rasch, dabei wurde er leicht rot.
„Ja sicher!“, meinte sie ironisch. „Schon klar!“, hing seine Mutter noch hinten dran.
„Was dachtest du denn?“, fuhr er sie künstlich an.
Seine Mutter kicherte nur dazu.
„Na ja, wie fühlt sich Liebe an, also als ich deinen Vater traf, da war es wie ein Feuerwerk, wir spürten es Beide und bei uns dauerte es auch nicht lange, bis wir unsere Liebesschwüre austauschten. Das Gefühl, dass lässt sich schwer sagen, na ja, Flugzeuge im Bauch waren es nicht gerade, aber ein kribbeln und wenn ich in seiner Nähe war, da fühlte ich mich richtig wohl, geborgen, sicher und na ja, das ist alles so schwer zu sagen.“, ihr liefen einige Tränen über die Wangen.
„Ach, es war eine herrliche Zeit mit deinem Vater.“, schluchzte sie. Kai nahm sie in den Arm.
„Schon gut!“, beruhigte er sie. Doch Kais Mutter konnte die Tränen nicht halten, so schmerzhaft war die Erinnerung. Kai, der eh selten weinte oder geweint hatte, auch für einen Jungen, blieb hart und verzog kaum seine Miene, nur ein besorgter und wohltuender Blick mit Mitgefühl, zeigte er seiner Mutter. Doch diese ließ sich erst nach einigen Minuten wieder beruhigen.
„Entschuldige, ich weiß, es ist nicht leicht für dich!“, sie stemmte sich wieder in einen aufrechten Sitz.
„Schon ok!“, sagte Kai gelassen.
Sie wuschelte ihm durchs Haar und zwang sich zu lächeln. „Nun gut, also, nach meiner genauen Beschreibung, was glaubst du?“, fragte sie ihn.
'Das ich ihn sehen sollte', dachte sich Kai.
„Dass es sich stark nach Liebesschwärmerei anhört!“
„Oh ja! Und wie und ich will so schnell wie möglich wissen wer es ist!“, bohrte sie wieder.
Kai seufzte, doch seine Mutter fing mit Theorien an. „Ist das die süße Kleine, die letztens mit euch rumgezogen ist?“, sie meinte Hiromi, die Klassensprecherin seiner Klasse.
„Nein!“, sagte er stur und schaute seine Mutter vorwurfsvoll an.
„Ach ja, da fällt mir ein, Max hat uns in den Ferien, in den letzten Wochen, nach Florida zu seiner Mutter in das Landhaus am Strand eingeladen!“, lenkte er ab.
„Echt? Und willst du mit?“, Kais Mutter fiel auf das Ablenkmanöver rein.
„Ja, ich würde schon gerne, aber willst du auch mit? Wir haben noch einen Platz frei und wissen nicht, wen wir noch mitnehmen sollen.“, fragte er.
„Kai, du weißt doch, ich muss wieder arbeiten gehen, zwar hast du genug Geld, aber ich will, dass du noch etwas mehr hast, wenn ich mal nicht mehr bin!“, sagte sie mit einem melancholischen Unterton und lehnte sich in die Couch.
„Ach, stimmt ja, na ja ... Schade!“
„Wieso Schade? Also hör mal, weißt du wie uncool das kommt, wenn du mit deiner alten Mutter und deinen Freunden, die sicher niemanden sonst mitnehmen, verreist, das wäre doch bescheuert! Wie wär’s ... .“, sie überlegte kurz. „Wenn du deine Flamme fragst, ob sie nicht mitkommen will!“
Er schluckte kurz, das war genial, denn 11000 Meter über dem Meer, da konnte Lester ihm nicht entkommen!
„Und was ist romantischer, als im warmen Florida, am weißen Strand bei Sonnenuntergang spazieren zu gehen und im faden Licht des Mondes einander die Liebe zu gestehen!“, schwärmte seine Mutter.
Kai stellte sich das gerade bildlich vor und musste sofort wieder an seinen Traum denken, was man seinen Gesichtszügen ansah. Seine Mutter musste wieder breit grinsen.
„Ich werde mal was zu Essen machen.“, dabei stand sie auf und marschierte in die Küche.
Auch Kai erhob sich, aber er wollte nicht in die Küche. „Mum, ich bin nochmal weg!“
„Was, um die Uhrzeit, es ist bald sechs!“, rief seine Mutter. Doch Kai war schon lange aus der Tür, sie seufzte, sie konnte sich denken, wohin er gehen wollte, besser gesagt zu wem, zu seiner Flamme.
Ja, Kai war auf dem Weg in die kleine Eisdiele am anderen Ende des großen Parks. Denn Lester hatte ja gesagt, dass er dort donnerstags bis 20 Uhr arbeitete und das wollte Kai ausnutzen, als er nach einer Weile des Rennens, endlich dort ankam, setzte er sich an seinen Lieblingstisch, schaute sich aber schnell um, doch entdeckte er weder die Kellnerin, die es so oft schon auf ihn abgesehen hatte, noch Lester.
Es war Sommer und deshalb war der kleine Laden gut besucht und auch der Abend, der noch sonnig hell dahin trottete, war ein schöner Abend, nicht nur für das Eis essen, sondern allgemein.
Denn es war noch recht warm und nur ein laues Lüftchen wehte, aber es war nicht heiß, auch wenn Kai leicht schwitzte, da er hierher gerannt war und da er nicht, wie Lester, gleich um die Ecke wohnte, war es ein schöner Dauerlauf gewesen.
Auch die ersten Sterne, die Vorboten der Nacht, tauchten auf und Kai schaute deshalb einmal in den schönen Himmel.
Doch bemerkte er nicht, dass ein junger Kellner mit dunkelblondem Haar und blauen Augen, dessen Namen Kai wohl bekannt war, ihn leicht verwundert anschaute und fragte: „Was möchten sie bestellen?“
Kai drehte sich, entzückt von der warmen Stimme, um und strahlte Lester freudig entgegen.
„Na ja, was können sie mir empfehlen?“
„Das Bananeneis und der Milchshake sind toll, aber schmeckt eigentlich alles, kommt auf den eigenen Geschmack an. Wenn sie etwas Herzhaftes wollen, bring ich ihnen unsere Extra-Speisekarte!“, sagte er mit einem überlegendem Gesichtsausdruck.
„Wieso redest du mich mit SIE an?“, fragte Kai leicht geschockt.
„Weil DU, ein Kunde bist und wir uns so nicht kennen!“, sagte er gelassen.
„Können wir uns einfach so unterhalten?“
„Ich arbeite gerade, also willst du was bestellen oder den Stuhl warm halten?“, fragte Lester zynisch.
„Stell mir doch was zusammen! Ist mir auch egal, was?“
“Wie viele Kugeln?“
“Drei, muss ja auf meine Linie achten!“, scherzte Kai und grinste. „Ach ja und dann noch drei für dich!“, hängte er an.
„Für mich? Ich bin im Dienst, ich kann jetzt kein Eis mit dir essen!“, es klang wie ein kleiner Vorwurf.
„Ach nicht? Wieso nicht, ich bezahl auch dafür!“
„HEY, ich bin kein Stricher!“, sagte Lester sauer. „Ich hab noch andere Kunden!“
Einige Passanten und auch Kunden schauten zu dem lustigen Verkaufsgespräch.
„Ich mach dir deine Bestellung!“, etwas genervt ging er rein und gab die Bestellung ab, auch der Chef, der jeden Tag persönlich hinterm Tresen stand, hatte die Szene gesehen und gewährte dem Jungen eine Pause.
Grummelnd kam Lester dann mit zwei Bechern Eis an Kai's Tisch und setzte sich.
„Mein Gott!“, murmelte er und stellte Kai sein Eis hin. „Bitte sehr!“, sagte er mit einem verbissenen Lächeln.
Kai grinste nur. „Siehste und gleich ne Pause!“, eine andere Kellnerin bediente gerade einen Tisch hinter ihnen und erleichtert stellt Kai fest, dass es nicht die besagte Kellnerin war.
„Lucy ist heute nicht da!“, grinste Lester.
„Wer?“, fragte Kai perplex, weil er mit dem Namen nichts anfangen konnte.
„Das ist die Kollegin, die so oft über dich gestolpert ist!“, sein Grinsen wurde breiter.
„Achso!“
Kai nahm sich seinen Löffel und steckte ihn in das Eis, langsam fing er mit dem Essen an.
„Ich hätte dich früher erwartet, dachte, du wolltest täglich vorbei kommen!“, das war ein Vorwurf, denn Kai schmerzlich quittierte.
„Hatte keine Zeit!“, log dieser.
„Aha, na ja, Schade, ist auch egal!“
Auch das verursachte bei Kai einen schmerzlichen Stich ins Herz. „Ich komm dafür nächste Woche! Ach nein, Mist, da fahr ich mit meiner Mutter weg! Aber die Woche darauf, ach nee, da hab ich Intensivtraining. Aber dann die vierte Woche! Da.... ach nee, da fliegen wir ja nach Florida!“, überlegte Kai und zählte auf.
„Nach Florida?“, fragte er überrascht. „Wie kommt ihr denn dahin?“
„Na ja, Max hat uns eingeladen und es geht am Sonntag los!“
„Cool, wir lange fahrt ihr denn?“
„Wir fliegen, glaub ich, zwölf Stunden und bleiben zwei Wochen, das heisst, du musst dir ausreichend Sachen einpacken!“
„Wie?“, Lester war geschockt, hatte er richtig gehört?
„Na du kommst mit! Mach dir keine Sorgen, wir können bei Max die Wäsche waschen und dort unten wird sie auch recht schnell trocken!“
Lester schaute ihn verdattert an, Kai, der das nicht ohne Grund so aufgezogen hatte, erwartet das Lester ihn jetzt freudig um den Hals fiel. Doch Lester stand noch etwas unter Schock und fragte wieder nach.
„Ich komme mit? Wieso? Aber, ist das euch denn recht?“
„Du kommst mit, weil ich das will!“, er schob sich einen Löffel Eis rein. „Hmm, lecker. Warum, na ja, ich will einfach, dass du mitkommst und ob das den Anderen recht ist, ist mir egal, wir haben einen Platz frei und wenn alles nichts hilft, sitzt du einfach auf meinem Schoss!“
Lester, der das Eis vergessen hatte, schaute immer noch, als wäre er aus allen Wolken gefallen. „Aber, ich kann nicht, mein Job, welche Woche war das?“
„Die vierte und fünfte!“, sagte Kai gelassen und aß weiter an seinem Eis.
„Na gut, da könnte ich es noch deichseln, aber sicher, dass es keinen Ärger gibt?“, Lester reizte es schon, mal ins Ausland zu fliegen, er war noch nie ausserhalb Japans gewesen! Und dann gleich Florida?
„Also nehm ich das als ein ja, oder?“
„Ja schon!“, Lester stand auf und räumte an einem Tisch neben ihnen, der gerade verlassen wurde, ab.
Kai war fertig mit seinem Eis und sah zu dem von Lester. „Hast du keinen Hunger, wär schade, wenn’s schmilzt, ich ess es einfach!“, er grinste breit, als er Lester so perplex sah. Zwar hatte er sich etwas anderes ausgemalt, aber so ging’s auch. Aber eine Umarmung wäre ihm doch lieber, er tröstete sich mit dem Eis.
Nach einer Weile, Kai hatte bei einer Kollegin bezahlt, es ging gerade auf 20 Uhr zu, saß Kai immer noch auf seinem Platz und sah Lester beim arbeiten zu, was ihn sehr glücklich machte, besonders wenn er sich bücken musste. Aber Lester hatte, seitdem Kai ihn mit der Reise überrascht hatte, kein Wort mehr zu ihm gesagt, deswegen war er sich noch unsicher und wollte nochmal mit ihm reden, bevor er ging.
Lester war gerade in ein Gespräch mit seinem Chef vertieft und kam dann zehn nach acht, die Kollegen räumten schon die Tische rein, raus und ging zu Kai.
„Also, hast du es dir überlegt?“, fragte ihn Kai mit einer sehnsüchtigen Erwartung, er versuchte seine Stimme tief zu halten, damit er nicht wie ein winselnder Hund klang.
„Ich wiederhol mich nicht!“, sagte er, er hatte seine normale Kleidung an, ging dann langsam an ihm vorbei, er versuchte so ruhig zu bleiben wie nötig und in seiner Stimme legte er einen Hauch von Arroganz.
„Gut, ich hol dich dann mit dem Taxi ab! Wir sehen uns dann in der vierten Woche!“, grinste er hinterher und freute sich wie ein kleines Kind, natürlich innerlich, er mochte es nicht zeigen. Doch Lester zeigte er noch ein verführerisches Lächeln.
Aber dieser, der immer noch nicht daran glaubte, dass man ihn gerade zu einem Flug nach Florida eingeladen hatte, blieb weiterhin skeptisch und winkte das Lächeln salopp ab.
Als er weg war und Kai noch so da saß und von den umsitzenden Frauen förmlich hechelnd begutachtet wurde, grummelte er nur leicht, da er sich eigentlich auf eine heiße Umarmung, wie in seinen Träumen, gefreut hatte.
'Ich muss mich unbedingt vorbereiten, auf zur Buchhandlung und ich wette im Internet gibt es noch viel mehr, den Laptop muss ich auch noch mitnehmen, genau!' schmiedete er seine Pläne, ja gedanklich rieb er sich die Hände und praktisch leckte er sich über die Lippen.
Lester hatte all seine Sachen in einen alten, braunen, mit Schlieren verzierten Koffer verstaut. Dieser stand wartend an der Tür.
Noch einmal sah er sich in seiner Wohnung um, bis er den Koffer nahm und sie verliess.
Unten an der Eingangstür stand er dann und sah sich um. Kein Taxi, kein Kai und kein Flug nach Florida!
Aber wieso hatte er das nur geahnt? Wieso machte er sich auch etwas vor? Wieso stand er überhaupt hier mit gepackten Sachen? Es war doch ganz klar, dass niemand ihn abholen würde.
Er atmete tief aus.
Schon kam ein gelbes Gefährt an ihm vorbeigerauscht. Nicht unweit bremste es und ein graublau haariger, athletisch gebauter und leicht gebräunter Mann mit einem verheißungsvollem Lächeln stieg aus. Dieser trug ein weißes Hemd, welches grün-graue Streifen hatte, die geschickt seinen Körper betonten. Davon waren auch noch die ersten Knöpfe von oben und unten geöffnet, damit man von oben einen leichten Einblick auf den Brustansatz und einen großzügigeren auf den Hals hatte. Ebenfalls bekam man einen Einblick auf den Bauch, wenn der Wind günstig wehte, und auf die dort befindlichen Muskeln. Ein Stück tiefer schmiegte sich eine Röhrenjeans in einem klassisch blauen Look um die Beine des Mannes.
Natürlich war es Kai, der sich diesen Moment seit einigen Wochen gewünscht hatte. Endlich war es für ihn soweit. Endlich konnte er ihn in die Arme nehmen, doch halt, er hatte sich informiert und wusste genau, wie er sich am besten verhalten musste, damit der Urlaub kein Desaster wurde.
Er hatte gelesen, gesehen und gehört, um vorbereitet zu sein. Auch wenn er meinte, noch nicht genug zu wissen, doch war er begierig, dass was er wusste, so schnell wie möglich anzuwenden. Auch wusste er nun, durch diverse Ratgeber, dass es auf den richtigen Moment ankam, um einer Person die Liebe zu gestehen, empfohlen waren romantische Plätze und Orte, ein Spaziergang zu zweit im Sonnenuntergang oder eine Essen bei Kerzenschein. Wichtig, so wurde es immer wieder beschrieben, war es, dass man zu ZWEIT, also mit der geliebten Person allein sein sollte.
Aber laut einer Zeitung, sollte man sachte ran gehen, besonders in der Öffentlichkeit, was für ihn, einem Publikumsmagneten, ohnehin wichtig war. Besonders bei einer Person des gleichen Geschlechts.
Deswegen ging er locker und mit einem nicht all zu anzüglichen Lächeln zu ihm.
„Hi, hast du schon lange gewartet?“, fragte er Lester, der ihn schon ziemlich skeptisch ansah.
„Na ja, eigentlich nicht. Bin gerade erst runter.“, dabei warf er einen Seitenblick auf seinen Koffer und die geschlossene Haustür.
„Aber wenn du nochmal fragst, würde ich sagen, dass ich schon eine geschlagene Stunde hier stehe.“, meinte er in einem beiläufigen Ton.
„Sehr witzig.“, lächelte Kai ihm zu.
„Aber nun genug der Scherze, das Taxi wartet!“, er machte eine lässige Geste Richtung Taxi.
Dann ging er auf ihn zu, nahm Lesters Koffer und schleppte diesen zum Taxi, der Taxifahrer öffnete die Heckklappe und half die Gepäckteile zu verstauen. Lester trollte sich langsam, mit wachsamen Augen auf seine Wertsachen und Habseligkeiten, zu den Beiden und bemerkte den anderen Koffer.
Leicht verdutzt über die anscheinend wenigen Sachen von Kai, setzte er sich in das Taxi auf die Rückbank direkt hinter den Fahrer.
Auch Kai kam auf die Rückbank, weswegen Lester ihn fragend ansah.
„Was?“, fragte Kai auf den Blick hin.
„Na ja, ich dachte du sitzt vorn, wunder mich nur, dass du dich mit hier hinten hin quetschst. Wollt mich schon hier so richtig breit machen! Menno!“, scherzte er.
„Ach so, na toll!”, er konnte sich wieder ein Lächeln nicht verkneifen. Irgendwie brachte Lester ihn heute zum lächeln, so oft hatte er noch nie aus einem Spaß heraus an einen Tag fast lachen müssen. Er wusste ja, Lester war etwas besonderes, etwas einzigartiges.
„Und hättest du etwas dagegen, wenn ich einfach mal mit dir reden möchte, wir haben uns doch lange nicht mehr gesehen, ist dass denn so verwunderlich?“, er sah ihn ruhig an.
„Nein, eigentlich nicht, ach, auch egal. Dann erzähl mal!“, er versuchte recht gleichgültig zu wirken, doch sah man ihm an, dass er sich freute, dass Kai sein Versprechen anscheinend doch halten würde.
„Ich wette, so viel aufregendes ist bei dir nicht gelaufen?“, er drehte seinen Kopf zum Fenster und sah auf den Park, mit einem Winken verabschiedete er sich von seinem Park und seiner Wohnung.
„Was ist mit dir? Ist dir nicht gut?“, Kai sah Lester besorgt an. Er hoffte, dass es sich Lester nicht doch noch anders überlegt hatte, dass wäre furchtbar für ihn.
“Nein, nein, alles OK!“
Mit einem Lächeln an Kai, ein kleines, aber dennoch entzückendes, sagte er noch: „Ich wollte mich nur nochmal verabschieden, ich bin noch nie geflogen und wenn man sich so umhört.
Ich will jetzt nichts heraufbeschwören, aber es könnte ja sein, dass das Flugzeug von Terroristen entführt wird und dann irgendwo gegen schmiert. Es könnte aber sein, dass es einfach so vom Himmel fällt, irgendwas explodiert, ein Passagier ausflippt, der Kapitän nicht ausgeschlafen ist, der Tank alle ist, ein Handy an bleibt, ein Satellit aufs Flugzeug fliegt, es von Aliens entführt wird oder Schlimmeres.“
Kai bemerkte den leicht panischen Ton, zögernd sah er sich in den Augenwinkeln um, keiner sah sie, beruhigend legte er die Hand auf Lesters Schulter. Ein warmes Kribbeln ging durch seine Finger und seine Hand, direkt zu dem, was er für sich als sein Herz definierte. Ein wunderschönes Gefühl und da ihm Lester nicht schlug oder anderweitig angiftete, sondern ihn eher beruhigt ansah.
„Mach dir keine Sorgen, Terroristen nehmen selten einen Jet in Gewahrsam, die Piloten sind ausgeschlafen, die Flugbegleiter sind gut ausgebildet, Außerirdische interessieren sich nicht für Flugzeuge und der Rest wäre Pech. Aber mach dir keine Sorgen, ich bin ja da!“
Doch das letzte Argument schien Lester nicht so ganz zu überzeugen. Misstrauisch besah er sich Kai, seine Statur und seine Hand auf seiner Schulter.
„Was du nicht sagst.“, sagte er leicht belustigt und atmete tief durch, doch tat er nichts, um die Hand auf seinen Schulter los zu werden.
„Du wolltest doch über die Ferien reden? Was hattest du noch gleich gemacht?“
Kai der immer noch leicht gebannt unter der Berührung litt, nahm seine Hand langsam zurück, genüsslich schloss er sie zu einer Faust und legte sie auf seinen Schoss.
„Na ja, also.“, mit der anderen Hand kratzte er sich am Kinn. „Ich war einerseits im Trainingslager mit den Anderen, also meinen Freunden, wirst sie schon noch kennenlernen. Und sonst?“
Kurz musste er überlegen. „Ja, ich war ja noch mit meiner Mutter weg. War schön.“
„Wo warst du denn mit deiner Mutter und bei deinem Training, habt ihr nur trainiert?“, Lester zeigte reges Interesse für seinen Reisesponsor, was diesen natürlich freute.
Das Taxi bog um eine Ecke, vorbei an Hochhäusern, Anwesen mit kleinen Gärten, Geschäftshäusern und anderen Bauten. Doch keinen der Beiden interessierte dies besonders. Sie redeten, wie Freunde, über die letzten Wochen, wobei Kai wesentlich mehr erzählte als Lester, auch wenn dieser anscheinend interessiert Kais Worten lauschte.
Vor dem Eingang des großen Airportes hielt das Taxi an und lies die Beiden aussteigen. Kai half Lester seine Koffer raus zu holen.
„Hier, deine Sachen, komm schnell, wir werden sicher schon erwartet.“
“Erwartet? Von wem denn?“
Kai musste auf diese Bemerkung seufzen. „Wir fliegen nicht allein, meine Freunde kommen mit uns.“
Nur kurz zeigte er seine Enttäuschung.
Lester fiel es nicht auf. Viel mehr interessierte er sich für den Flughafen.
Der größte der Flughäfen, er war modern und schick dekoriert und wies auf den Sommer hin. Der Platz war voller Menschen, die hin und her liefen, rein und raus, über ihnen flogen die Flugzeuge. Der Junge war vollkommen gefesselt.
Kai schaute nur um sich, er suchte jemanden. Doch noch fand er nicht das, was er suchte. Er stellte sich enger zu Lester, der immer noch nur über den Trubel staunte.
„Ah! Kai! Da bist du ja!“, es war Kenny der auf die Beiden zu kam.
Kai, der endlich Kenny erblickte, wunderte sich, denn dieser kam allein mit seinen Koffern.
„Ähm, wo ist Tyson?“, das nervte ihn schon wieder an, wo war dieser Kindskopf wieder?
„Du kennst doch unseren Tyson, der hat sicher verschlafen.“, Kenny versuchte ihn beschwichtigend anzulächeln.
Doch Kai wollte sich nicht beruhigen, er schloss die Augen und wollte schon losbrüllen, dass dieser Idiot von einen Beyblader es nicht einmal schaffte, pünktlich irgendwo zu erscheinen.
So weit kam er aber nicht, da ihn Lester unterbrach.
“Kommt dieser, ähm, wie hieß er noch gleich, immer zu spät?“
“Tyson!“, half Kenny aus.
“Wieso weckt ihr ihn nicht früher, sagt einfach es geht eine Stunde eher los.“
“Tja!“, sagte Kai. „Das haben wir schon gemacht. Aber der Herr schafft es dennoch, später zu kommen.“
Ein ziemliches Getöse war zu hören, Reifen quietschten und einige Türen wurden zugeknallt. Kenny und Kai sahen sich vielsagend an. Nur Lester wunderte sich, was da angerannt kam.
Ein gut gebauter Blauschopf, mit offener Jacke, die Ärmel hochgekrempelt. Mit wilden Haaren, einer schlaksigen Jeans und einer riesigen Sporttasche auf dem Rücken, die er mit einer Hand trug.
Dieser rannte auf die Dreiergruppe zu und kam keuchend vor ihnen zum stehen.
„TYSON!“, fuhr ihn Kai an. „Wo warst du! Wir warten schon ewig!“
“Sorry, ich hab...“
„Verschlafen.“, beendete Kenny für ihn. Dieser sah seinen blauhaarigen Freund vorwurfsvoll an.
„Das ist nichts Neues...“, wieder einmal begann eine Debatte.
Kai, der wieder mal eine Mordswut auf Tyson hatte, brach diese vom Zaun. Tyson ging natürlich prompt darauf ein. Beide genossen es fast, sich zu streiten. Das taten sie bei so gut wie jeder kleinen Gelegenheit. Dabei versuchte Kenny meist zu schlichten, auch Rei fungierte oft als Richter, Max amüsierte sich meist nur und hielt sich raus oder diskutierte mit. Doch heute hatte Kenny keine Hilfe und musste so allein versuchen, die Beiden auseinander zu bekommen.
Dem Vierten im Bunde interessierte es herzlich wenig, was die Anderen unter sich ausmachten. Gemütlich schlenderte er weiter. Er lies seine Tasche bei den Anderen stehen und sah sich weiter um. Es gab noch viel, was er sich beschauen wollte, die Anderen merkten nicht, dass er allein marschierte, zu sehr waren sie mit sich selbst beschäftigt.
Lester fand die Bauweise des Hauses beeindruckend.
Er lief weiter, besah sich den Platz vor dem Flughafen. Dort befanden sich einige Bäume und Bänke, diese standen um einen großen Brunnen. Es war kein Kunstwerk, wie die Brunnen in Rom oder anderen großen Städten. Nein, er war klein und postmodern gehalten. Ein wahrer Klotz in der Umgebung, aus dem zufällig Wasser heraus strömte. Aber gut genug, um als Sitzplatz für Erschöpfte zu dienen, wie Lester einer war.
Prompt setzte er sich hin. Die Streithähne, die noch einige Meter weit ab standen, keiften immer noch über Tyson und nun auch, warum Lester so kurzfristig mitkam. Doch das interessierte Lester nicht im geringsten, er hatte genug davon, dort herumzustehen, er genoss die kühle Luft am Springbrunnen.
Am Rande des Parks stand ein großer schwarzer Kleintransporter. Die Fenster waren verdunkelt, damit man nicht in das Innere des Wagens sehen konnte. An dem Wagen gelehnt stand ein Mann mit Dreitagebart und einem mürrischen Ausdruck im Gesicht. Dieser besah sich die drei Stars, die sich vor dem Flughafeneingang stritten. Der Mann bemerkte auch, dass sich Lester von der Gruppe entfernt hatte und nun am Brunnen saß und in den Himmel schaute. Er lächelte verschmitzt zu sich selbst und stieß sich vom Wagen ab. Sein Schritt ging Richtung Lester, der unschuldig dreinblickend am Brunnenrand saß.
„Na, Hallo Kleiner! Wie geht’s? Kann ich dir helfen?“, fragte der Mann mit einem halbwegs freundlichen Lächeln. Zwar war sein Erscheinungsbild alles andere als freundlich, doch gab er sich reglich Mühe.
Doch Lester interessierte es gar nicht. Ab und zu sah er zu den drei Jungs, die sich erstaunlicherweise immer noch über das gleiche Thema zankten, nur waren sie jetzt dazu übergegangen, sich auch noch über die Unpünktlichkeiten der letzten Jahre auszulassen.
Als ihn der Fremde ansprach, würdigte er ihm nur einen kurzen Blick. Wandte diesen aber schnell wieder ab, als er ihn gesehen hatte. Innerlich dachte er sich, dass dieser Mann von allein gehen würde, wenn Lester ihn ignorierte, weiterhin glaubte er, dass der Andere ein Perversling wäre und wollte somit nicht auf diesen eingehen. Demonstrativ drehte er sich in die andere Richtung und sah zur Autobahn.
„Hey, schau mich doch an! Wieso schaust du weg? Hey du, sag doch was!“, er wollte wenigstens Blickkontakt mit den Jungen aufbauen. Immer wieder sah er sich unsicher um. Doch als sich Lester nach einer Weiler immer noch nicht als kooperativ erwies und keiner zu ihnen sah, schnappte er sich den linken Arm Lesters und zog ihn mit sich. Dabei hielt er ihm den Mund zu, damit er nicht schreien konnte.
Doch hatte der Entführer nicht mit Lesters Sturheit gerechnet und auch nicht damit, dass er kräftiger war, als er schien. So konnte er sich für einen Moment los reißen und nach Hilfe rufen.
„HILFE!!“, schrie Lester.
Der Mann fluchte leise und verschloss Lesters Mund wieder mit seiner Hand. Lester strampelte wie eine Katze, die man ins Wasser tunken wollte. Die Hintertür des Transporters wurden geöffnet und zwei Männer winkten den Mann eiligst zu sich. Dieser beschleunigte auch seine Schritte.
Nun sollte man nicht denken, dass Kai kein wachendes Auge über Lester hatte, auch wenn er sich ergiebig mit Tyson stritt. Denn kaum hatte Lester gerufen, sprintete Kai los. Die Wut sprach aus seinen Augen, seine Mimik kalt und bösartig. Wutentbrannt rasste er auf den Mann zu. Der hastig versuchte, mit Lester das Weite zu suchen. Doch Kai konnte man nicht entkommen. Niemand würde ihm seinen Schatz wegnehmen. Er fing den Mann vor dem Transporter ab. Mit einem zornigen Blick schlug er den Fremden mit einem Hieb nieder. Dieser lies Lester fallen, welcher sanft von Kai in Windeseile aufgefangen wurde. Die anderen Männer wollten schon zu ihrem Kollegen eilen, doch genügte der wutfunkelnde Blick Kais, um diese auf Distanz zu halten.
Lester erschrak förmlich vor Kai.
„KAI!“, sagte er schockiert, er sah ihn mit geweiteten Augen an.
Nun kam auch der Rest angerannt, samt Gepäck. Sie sahen Kai mit verwundertem Gesichtsausdruck an, so wütend sah man ihn nicht alle Tage, deswegen hielten sie erst ein wenig Abstand.
Kai atmete noch einige erregte Schnaufer aus und versuchte seinen Blick wieder milder wirken zu lassen. Er lies Lester noch nicht los, sanft hielt er ihn auf seinen Armen. „Ja?“, er versuchte den Anderen anzulächeln.
Derweilen traten die Anderen näher. Tyson wagte als erster ein Wort und versuchte die Situation mit einem Gag zu lockern. „Hey, die haste aber super in die Flucht geschlagen! Na ja, bei dem Blick hättest du auch einen Grizzly in die Flucht schlagen können!“; grinste er. Kenny schüttelte nur den Kopf und bekam vom Blauschopf einen entrüsteten Blick.
„Lester, geht es dir gut?“, Kai klang unsicher, aber seine Stimme hatte auch einen besänftigenden Ton inne.
„Ich hoffe, dich hat der Typ nicht zu grob angefasst und du hast dich nicht zu sehr erschreckt!“
Lester sah noch ziemlich verwirrt aus, tatsächlich hatte er sich wahnsinnig erschrocken, doch wusste er selbst nicht, ob der vermeintliche Entführer oder der wutentbrannte Kai ihn mehr verunsicherten.
„Boa, hör dir das an Kenny. Kai kann auch freundlich, fast nett, klingen! Ist das nicht erstaunlich?“, fragte Tyson mit einem Schmunzeln.
Kais Gesichtszüge entglitten wieder ins wütende und er korrigierte seine Halteposition von Lester, auch wenn er etwas schwerer war, als dass was er sonst so trug, konnte er ihn noch halten, Kai genoss es, ihn so im Arm zu haben. Jedoch war die Bemerkung von Tyson für ihn schon wieder zu viel, auch wenn Tyson noch einen Spruch auf der Zunge hatte, darüber dass Lester in seinen Armen lag.
Das einzige was Beide davon abhielt, sich verbal und nonverbal an die Kehle zu gehen, waren Kenny und Lester.
Denn Kai wollte weder Lester loslassen noch wollte Tyson Kenny über den Haufen rennen, da dieser sich zwischen die Beiden stellte. Dabei hielt der Computerspezialist beschwichtigend die Arme hoch.
“Tyson, nun lass deine Sticheleien, kümmere dich bitte um die Koffer!“
Der Weltmeister wollte schon zu einen Wort ansetzen, doch stoppte ihn Kenny bevor er etwas sagen konnte.
„Bitte!“, sagte er nachdrücklich und Tyson lief murrend zu dem Gepäck und sammelte es zusammen, damit alle umgehend weiter konnten, denn bald würde ihr Flug starten.
Nun hatte sich Lester langsam wieder beruhigt und schüttelte seine Scheu von sich ab.
„Ähm, also mir geht’s gut. Du kannst mich, wenn du willst, ruhig runterlassen, ich hab mich nur etwas erschrocken.“, gab der Kleinere in den Armen des Graublauhaarigen zu.
Kai war etwas verdattert über die Bitte und sah ihn verwundert an. Denn dem Halbrussen gefiel diese Körpernähe. Doch ermahnte er sich, ließ Lester runter und wuschelte ihm etwas durch sein Haar.
“Tschuldige, ich hatte mir nur Sorgen gemacht!“ Zwar wurde Kai nicht rot, doch waren seine Gesichtszüge ungewöhnlich weich und er schaute an Lester vorbei. Dieser war nicht der Einzige der den Anderen schief ansah, nicht nur weil er ihm durchs Haar wuschelte.
Tyson bekam beinahe den Mund nicht mehr zu, er wusste was das hieß, er hatte den Anderen enttarnt, da war er sich nun sicher. Das musste so sein, er hätte es auch nicht anders gemacht. Es ergab alles einen Sinn. Sein Blick glitt flüchtig zu Kenny und zu den Gedanken, wie er es in Kais Situation anstellen würde, besser wie er es ja auch fast schon tat. Ein verschwörerisches Grinsen durchlief sein Gesicht. Doch konnte er ihn ja wegen so was nicht offen fragen, was war wenn das an die große Glocke kam? Nein, auf jeden Fall war jetzt noch nicht die Zeit dafür. Tyson musste sich ja auch um seine Angelegenheiten kümmern.
Doch Kenny, der ebenfalls ungläubig da stand, fragte verdattert: „Kai, ist alles ok?“
Lester sah Kenny darauf fragend an. „Wieso soll etwas nicht mit ihm ok sein?“
Kai starrte schon fast wütend auf den Brillenträger. Bevor dieser nun sein Statement abgeben konnte, schnappte sich der breit grinsende Tyson Kenny.
„Ich glaub wir sollten nun langsam zum Flugzeug. Sonst wird es noch ohne uns starten.“
Kenny wusste gerade nicht, was ihn nun mehr verwundern sollte, Kais Verhalten oder das was Tyson auf einmal an den Tag legte.
Auch Kai wunderte sich, dass keine Bemerkung vom quirligen Japaner kam. Dieser drehte sich nur um und warf Kai einen zweideutigen Blick zu.
Der dunkelblonde Junge und sein sportlicher Retter standen nun allein rum.
„Ähm, ich denke, wir sollten doch mitgehen, oder?“, fragte der Kleinere von Beiden.
Kai nickte nur und nahm den Anderen am Arm und schleifte ihn hinter sich her. Lester lies es ohne Protest geschehen. Er war noch etwas von den Ereignissen eingeschüchtert und wagte es nicht, sich dem Anderen zu widersetzen.
So schafften es die Vier zum rechtzeitigen Einchecken. Die Koffer waren nun allesamt auf dem Weg zur Maschine und die Gruppe auf dem direkten Weg zum Flieger.
„Ähm, könnte ich einen Platz am Fenster bekommen?“, fragte Lester etwas scheu. Denn er traute sich kaum irgendwelche Forderungen zu stellen, da er ja nicht mal wirklich etwas zum Urlaub beitrug.
Kenny schaute auf die Flugtickets.
„Hmm, dann sitzen wir so, vom Fenster aus: Lester, ich, Tyson und Kai.“
“Was!“, sprang der nun wieder ruhige Junge mit den graublauen Haaren darauf an. „Also ... .“ Er überlegte kurz, wie er es formulieren konnte, ohne direkt darauf anzuspielen, dass er unbedingt neben Lester sitzen wollte.
“Ich will auf keinen Fall neben dem sitzen, erst recht keine 12 Stunden!“, sagte er hektisch und mürrisch.
Tyson, der erst erbost reagieren wollte, sah dann zu Lester, der sich schon bunt ausmalte am Fenster zu sitzen, entschied sich mit einem kurzen grinsen, darauf energisch, aber kompromissbereit einzugehen.
“Ey, was soll das heißen? Denkst du, ich will die ganze Zeit neben so einen sturen und missmutigen Typen sitzen?“
„Jungs!“, versuchte sich Kenny einzumischen.
Bevor jedoch Kai sich nochmal dazu melden konnte, kam Tyson mit seinen Vorschlag. „Mir wär es viel lieber Kenny, wenn du mit Kai tauschst und zwischen mir und ihm sitzt!“
Kenny horchte auf, sein Blick durch die Reflexion der Brille verschleiert. „Oh, OK! Dann also, sitzt Kai eben neben Lester und ich zwischen euch, aber schlaf nicht immer ein, du stützt immer den Kopf auf meine Schultern und du bist schwer!“
Tyson grinste zufrieden und warf den Vorwand mit einem einfachen: „Ja, ja!“, ab.
Nachdem die Reihenfolge geklärt war und sich alle auf ihre Plätze setzen konnten, Lester sah sich alles, wie ein kleines Kind, fasziniert an, begann das Flugpersonal mit der Einweisung der Passagiere.
„Schau mal! Hier! Cool, eine Zeitung! Die ist von Heute! Und hier, ein Katalog! Die denken echt man kauft den teuren Kram. Schau mal aus dem Fenster...!“
So ging es die ganze Zeit.
Tyson musste fast belustigt kichern, Kenny schüttelte ebenfalls amüsiert den Kopf, nicht nur darüber, dass Lester sich für jede Kleinigkeit, wie den ausklappbaren Tisch des Sitzes vor ihm, so begeistern konnte, nein eher belustigte sie Kai. Denn dieser lächelte ab und zu und ging auf den Beobachter neben sich ein. Machte ihn auf einiges aufmerksam, bot ihm auch an, etwas für ihn zu kaufen oder erklärte ihm, warum er eine Rettungsweste unterm Sitz hatte.
Doch dann versuchte er Lester zu beruhigen, da die Stewardessen schon mit der Einweisung begonnen hatten.
Als endlich alles und jeder angeschnallt war, setzte sich die riesige Maschine in Bewegung. In Lesters Bauch fing es an zu kribbeln und in diesen Moment, nachdem die Damen des Services alles erklärt hatten, wie sie bei Druckverlust die Masken aufsetzen mussten, bei Notfällen die Ruhe bewahren sollten oder bei einen Absturz die Rettungswesten anlegen konnten, hatte er doch Angst bei dem Gedanken daran, dass dies sein erster Flug war und was noch so alles verdammt schief gehen konnte.
Langsam stieg in ihm die Panik hoch. Die diffusesten Szenarien liefen durch seinen Kopf. Dass Terroristen das Flugzeug kaperten, dass die Maschine Feuer fing, dass ein Triebwerk ausfiel, dass sie einfach so vom Himmel fielen, dass Aliens sie entführten, dass sie ein Blitz traf oder sie erschlagen wurden, durch eine Kompression des Flugzeugs.
Sein Atem wurde schneller und das immer schneller werden des Flugzeuges machte ihn nervös.
„Kai! Kai!“, sagte er aufgeregt.
„Ja, was ist?“ Er drehte sich um und sah zu dem Nervenbündel neben sich, welches schon die Finger in den Sitz gekrallt hatte und schwer atmete. „Lester?! Was ist denn los?“
Auch die anderen Beiden, die nur so da saßen, sich die anderen Passagiere und das Personal ansahen oder aus den Fenster schauten, drehten sich zu den Beiden, als sie die panische Stimme Lesters und die besorgte von Kai hörten.
“Ich glaub ihm ist nicht gut. Ist dir schlecht, Lester?“, fragte Kenny nun auch besorgt und zog eine Tüte für Erbrochenes heraus.
„Ach, mir war auch beim ersten Flug schlecht, ich musste kotzen wie ein Weltmeister, ich brauchte drei von den Tüten, das war was, sag ich dir!“, lachte Tyson.
„Das war aber auch nur, weil du vorher so viel essen musstest, Tyson!“, sagte Kenny streng.
Lester schüttelte nur den Kopf.
Das Flugzeug beschleunigte wieder, bald würden sie in die Lüfte starten.
„Du, ich glaub er hat Flugangst; Lester fliegst du das erste Mal?“, fragte Kenny.
Kai war sich unschlüssig, er wusste, dass Lester zum ersten Mal flog, doch was sollte er jetzt tun. Am Liebsten hätte er dieses zitternde Häufchen Elend in den Arm genommen. Aber das war ihm zu aufdringlich, was würden die Anderen denken, wenn er ihn jetzt umarmen würde.
Auf jeden Fall musste er ihm helfen.
„Ja, ist es!“, sagte Kai mit trübsinniger Stimme für den verängstigten Lester.
„Du musst seine Hand nehmen und ihn beruhigen!“, sagte Tyson fix.
Kai sah ihn verblüfft an. Er wusste nicht direkt, ob der Andere das wirklich ernst meinte. Derjenige nickte aber nur. Immer noch war sich der Sitzende neben Lester nicht sicher, er sah zu Kenny, der ebenfalls verwundert zu Tyson sah.
Doch dann ging er auf den Vorschlag ein.
Kai leckte sich über die Lippen, er würde nun Lesters Hand nehmen. Ein historischer Augenblick, die Hand seines Geliebten, er würde sie einfach so nehmen und alle Welt sah zu. Er fragte sich wie es sein würde, warm müsste sie sein und weich und sanft, wie eine Feder oder ein Fell. Die Haut des Jungen neben ihm war so schön. Langsam streichelten die Finger über die zarte Haut, wie in Zeitlupe kam es Kai vor, sachte schloss er die Hand um Lesters. Tatsächlich, sie war warm, und weich fühlte sich die Haut an, wie Samt, ein schönes Gefühl. Ein angenehmes Kribbeln, welches nix mit dem Flugzeug zu tun hatte, rauschte durch seinen Körper. Er freute sich, er genoss es.
Aber es blieb nicht lange bei dem sanften Druck der zittrigen Hand. Denn das Flugzeug hob ab und Lester fühlte sich eingedrückt und dachte es würde ihm immer enger um Brustkorb und Bauch, ebenfalls baute sich langsam ein Druck im Ohr auf, der immer größer und schmerzhafter wurde.
Nun krallte er sich in die Hand von Kai und hielt sie eisern fest. Kai stutzte, mit so einer Kraft hatte er nicht gerechnet, wie ein Schraubstock schloss sich die eigentlich doch weiche und sanfte Hand, um die seine.
„Ähm, Lester...?“
Doch dieser antwortete nicht, er war zu sehr damit beschäftigt mit dem leichten Schwindel der Angst und dem Rauschen in den Ohren klar zu kommen, wobei er mit den Händen nicht locker ließ.
Der Pilot flog eine kleine Kurve und näherte sich der Flugroute und der waagerechten Flugposition.
„Du musst ihn beruhigen!“, schwichtete Kenny ihm zu.
„Ja, streichel seine Hand!“, empfahl Tyson.
„Ach, dachtest du, dass ich mir das nicht denken kann?!“, fuhr er Tyson an, auf die Idee wäre er auch selber gekommen.
Den Schmerz seiner eingequetschten Hand verdrängend, streichelte er erst sanft mit dem Daumen, dann, als er dachte seine Hand stirbt langsam ab, nahm er die andere Hand, um über den Handrücken Lesters zu streicheln.
Es fühlte sich gut an, er umschloss mit beiden Händen die Hand des Anderen.
„Lester, es wird alles gut, es ist bald vorbei, ich bin ja bei dir, ganz ruhig!“, versuchte er ihn zu beruhigen und wiederholte dies immer wieder wie eine Zauberformel.
Die anderen Beiden sahen gespannt zu, ob es erfolgreich war.
Anscheinend ja, die Angst verflog langsam, die Stimme Kais wurde für Lester immer kräftiger und er sah ihn mit seinen großen blauen Augen an. Kai glaubte, er würde auf der Stelle dahin schmelzen.
„Geht es wieder?“, fragte Kai, während er weiter die Hand des Anderen streichelte.
Lester nickte nur und sah in die Augen des Anderen. Es war ein intensiver Blickaustausch, Kai hatte das Gefühl sich wieder einmal in dem Blick des Anderen zu verlieren. Jetzt müsste doch der perfekte Augenblick sein. Gerade wollte er ansetzen um dem Anderen seine Liebe säuselnd zu gestehen, da zuckte dieser zusammen, zog die Hand weg und griff sich an die Ohren.
„AHH! Tut das weh!“, jammerte er schmerzerfüllt.
„Was?!?“; Kai war völlig aus dem Konzept.
„Was tut dir weh, Lester?“, fragte Kenny.
„Der Kopf, die Ohren, es drückt so!“
„Das ist der Druckunterschied, du musst da am Besten… .“
Da schaltete sich Tyson ein. „Kai, du musst ihn küssen!“
Perplex starrten alle den Blauschopf an, Lester mit etwas verkniffenen Augen.
Kai wusste nicht ob er nun wütend oder zum Spaß aufgelegt sein sollte. Doch etwas darauf erwidern konnte er nicht, jeder andere wäre nun kirschrot geworden.
„Wie bitte? Tyson, wo hast du das den wieder her?“, fragte ihn Kenny, „Du solltest etwas lutschen, Lester.“
Tyson blickte nur entschuldigend zu allen. Als Kenny das Wort ‚Lutschen’ erwähnte, lief Kai doch etwas rot an. Er musste dabei an seine Zunge denken, wie er sie sachte und liebevoll in Lesters Mund schob. So als würde er Kais Gedanken erahnen, grinste Tyson Kai an, als er dessen Gesicht sah.
„Ich hab nix zum Lutschen!“, klagte Lester.
Kenny überlegte angestrengt und Kai hing seinen Gedanken nach.
„Nimm doch einfach Kais Finger! Das ist am einfachsten und klappt auch, glaub mir!“
Wieder verdutzte Gesichter.
„Ah, Meinst du?“, fragte Lester leidvoll.
Tyson nickte nur.
Kai sah ihn erschrocken und wütend an. So wollte er das aber ganz und gar nicht. Kenny war unfähig, zu dieser Aussage Stellung zu nehmen, anscheinend hatte er gerade ganz andere Gedanken.
Lester, der für alles dankbar wäre, damit der Schmerz wegging, nahm sich eine Hand von Kai und fing an am Zeigefinger zu lutschen. Er wurde dabei knallrot und sah schüchtern weg.
Aber nicht nur Lester, sondern auch Kai wurde puterrot. Ihm war das ziemlich peinlich, wie der Kleinere an seinem Finger nuckelte. Doch gefiel es ihm, es war wunderbar, er traute sich nicht einmal sich zu bewegen, alles spannte er an, um den Blick auf den Mund des Anderen zu behalten, am liebsten hätte er den Finger bewegt, um den Mund des Anderen zu erforschen. Doch wollte er Lester nicht überrumpeln und so ließ er es.
Auf jeden Fall tat diese Wärme, diese Feuchtigkeit und dieser Sog so gut, es löste eine wahre Erleichterung aus, aber ebenfalls eine Begierde nach mehr. Die Reaktion seines Körpers blieb nicht aus. Kai spürte wie sich nicht nur bewusst alle Muskeln sich anspannten, sondern auch die Hose im Schritt an Spannung dazu bekam. Dabei hoffte er nur, dass es niemand bemerken würde. Doch überwog das Gefühl der Lust, alles andere, die Sorgen und die Peinlichkeiten, wurden davon geschwemmt von dem warmen Speichel an der Spitze seines Fingers. Würde er sich nicht zusammenreißen, so würde er jetzt anfangen laut aufzukeuchen. Doch konnte er es auf ein schweres Atmen unterdrücken.
Kenny schwamm in seinen eigenen geheimen Fantasien, welche zu Tyson's Freude auch ein wunderbares Rot auf das Gesicht des brilletragenden Jungen erscheinen ließ, Lester war voll damit beschäftigt am Finger zu lutschen und an nichts zu denken und dem Blick des Fingerinhabers auszuweichen und Kai verglühte in der Tätigkeit an seinem Finger und Tyson amüsierte sich über das Bild in seiner Sitzreihe und schien genau über die Gefühle der Anderen Bescheid zu wissen. Der, der sonst immer so grob und unaufmerksam schien, hatte die volle Übersicht über alles.
Als Lester dann den Finger wieder aus dem Mund nahm und sich schnell hinter einer Zeitung versteckte, musste er zu seiner Erleichterung feststellen, dass die Kopfschmerzen weg waren.
So sah er aber auch nicht, dass Kai, mit dem Rücken zu den Anderen, sich langsam seinen Finger in den Mund steckte, so den Geschmack des Anderen in sich aufnahm und sich dabei dachte, so würde ein Kuss von ihm schmecken.
Tyson musste lachen, auch wenn er nicht sah, was Kai da machte, konnte er es sich denken, da die leicht gewölbte Hose des Halbrussen ein klares Indiz war. Sein Lachen schreckte Kenny aus seinen süßen Träumen und störte auch Kai, der etwas mürrisch den Finger aus dem Mund nahm und zu Tyson blickte. Kai wischte sich den Finger, der nur noch seinen Speichel hatte, an der Hose ab.
Eine ganze Weile sprachen die Vier kein Wort mehr. Kai sah mürrisch nach vorn und dachte an den schönen Moment, wo er die Hand Lesters hielt und seinen Finger im Mund des Anderen hatte. Tyson grinste vor sich hin und feierte innerlich. Kenny sah nur etwas verwirrt zu allen, besonders zu dem sich hinter der verkehrt herum haltenden Zeitung versteckenden Lester, der so tat, als würde er etwas furchtbar spannendes lesen.
Nun waren es nur noch 8 Stunden und etwa 45 Minuten, bis sie Florida erreichen würden.
Etwa in 11000 Meter Höhe befand sich das Quartett, welches gerade zu Mittag gegessen hatte und sich nun einem sanften Nickerchen hingab.
Sie waren noch etwa dreieinhalb Stunden von Miami entfernt.
Es war relativ ruhig, denn Lester und Kenny schliefen. Tyson war gerade wieder aufgewacht und Kai starrte schon die ganze Zeit durch die Gegend. Ein ungeübtes Auge würde sagen, er schaute aus dem Fenster, doch in Wirklichkeit fixierte er Lester, der sanft neben ihm schlummerte.
Er fand es so süß, wie der Kleine neben ihm eingenickt war, die Zeitung fallen ließ und mit dem Kopf auf Kais Schulter fiel. Kai hatte sachte, ohne den auf seinen Schulter ruhenden Kopf zu verlieren, die Zeitung wieder aufgeräumt und in den Stuhl vor Lester gesteckt.
Nun betrachtete er wohlig sein Dornröschen.
Auch Tyson war neben seinem Beyblade-Partner aufgewacht, er besah sich den Schlafenden. Ein sanftes, freundliches Lächeln zeigte sich in seinem Gesicht. Dies entging auch nicht Kai, der durch den aufwachenden und rummorenden Tyson auf ihn aufmerksam wurde.
Er sah ihn schief an.
„Was?“, flüsterte Tyson. „Sag bloss, es stört dich?“, er grinste. „Mich stört es nicht!“
Dabei tätschelte er sachte den Kopf von Kenny.
“Was meinst du?“, fragte Kai unverhohlen laut.
“Pscht! Das weißt du doch sicher! Ich sag nur, Lester!“
„Was hat er denn damit zu tun, ja? Also mach ihn nicht schlecht sonst...!“, der heißblütige Halbrusse senkte nicht seine Stimme, bis Lester sich leicht bewegte und aufzuwachen schien. Doch der schlief weiter. „Sonst verpass ich dir eine Tracht Prügel ...!“
„Kai, Kai, beruhig dich doch!“, er musste aber dadurch, dass sich Kai wie eine Glucke vor ihre Kinder, also vor Lester, stellte, nur noch mehr grinsen. „Mensch, das mein ich nicht, sondern ... ach wir klären das, wenn wir mal allein sind, so was bespricht man nicht in einem Passagierflugzeug.“
Kai war verwirrt, was meinte Tyson? Wusste er es? War alles aus? Würde er es Lester sagen? Aber wenn ja, wieso nicht jetzt? Würden seine Pläne scheitern? Wieso wollte er in Ruhe mit ihm reden? Warum half er ihm, immer so viel Kontakt mit Lester aufzubauen? Das mit dem Finger ablecken war ja seine Idee gewesen. Hatte das einen Grund?
Viele Fragen strömten auf ihn ein.
„Kai....“, säuselte Tyson wieder über Kennys Kopf hinweg.
„Du musst ihn ein bisschen streicheln, wenn er das mag....“, er deutete auf Kenny, der sich leicht in die kraulende Hand des Blauhaarigen schmiegte. „Dann hast du schon so gut wie grünes Licht!“
Und schon wieder ein Tipp von Tyson, der nicht nur immer in den letzten fast 5 Jahren täglich zu spät kam. Von dem Tyson, der immer alles so gefühllos und tollpatschig anging und keine Ahnung hatte wie ROMANTISCH geschrieben wurde. Der Tyson hatte ihm gerade, ohne es zu verschlüsseln, was man sonst eigentlich in solch einer Situation gemacht hätte, ihm, Kai, den er anscheinend ja kaum leiden konnte, einen offensichtlich romantischen Hinweis zur Liebe gegeben.
Wenn man sich da nicht überfahren fühlen durfte, dann wusste Kai auch nicht mehr. Er sah Tyson total entgeistert an.
Dieser nickte nur und deutete mit einer Kopfbewegung zu Kenny.
Kai brauchte eine Weile, etwa eine halbe Stunde, bis er endlich, a) den Mut fand Lesters Haupthaar zu berühren, aber auch b) zu akzeptieren, dass Tyson ihm einen solchen Tipp gegeben hatte. Wenn er das jemanden erzählen würde, man würde ihn ins Irrenhaus stecken.
Tyson legte derweil seinen Kopf auf den von Kenny, nahm sich eine Hand des Kleineren und drückte sie leicht.
Kai streichelte sachte das Haar von seinem Lester, ein warmes Kribbeln lief durch seinen Bauch, er spürte richtig, wie es ihm selbst gefiel. Es war nicht so erregend, wie dass was Lester mit seinem Finger angestellt hatte, doch war es fast genauso schön wie das Händchenhalten. Das Kribbeln breitete sich aus und er fühlte sich sehr wohl, sein Blick wurde weich und warm und richtete sich voll und ganz auf den Kopf und seine Hand, die diesen sanft überflog. Er ließ einige Haare sanft zwischen seinen Finger gleiten, sie waren so schön, etwas weicher sogar als das Fell seiner Katze. Er liebte es. Leicht beugte er sich runter und roch daran, er musste es frisch gewaschen haben, es roch fein nach Seifenschaum, süß, ob es immer so roch, hmm vielleicht noch etwas verschwitzter. Na ja, seine Katze roch ja auch kaum.
Der sonst so kühle Junge musste grinsen, solche Gedanken kamen ihm nicht oft.
Kai sah Tyson kurz zu und überlegte, ob er das auch tun sollte. Doch er ließ es, er war dem Geigenspieler sicher zu schwer. Er genoss es lieber den warmen Kopf auf seinen Schultern zu tragen und sein Haar zu streicheln.
Und wieder war fast eine Stunde vergangen. Bald würden sie auf dem Airport landen. Dann würde es zur Villa von Max’ Eltern gehen. Sicherlich wartete der Blondschopf schon auf die Vier, nein, eigentlich nur auf die Drei, denn von seinem Mitbringsel wusste Max ja nichts.
Kai hatte die ganze Zeit den Kopf des Anderen gestreichelt und nix anderes getan, dabei war seine Körperhaltung mehr als nur unangenehm, doch wurde es von dem schönen Gefühl der Liebe überdeckt.
Langsam wachte alles wieder auf, bis auf die Beine, die bei den Meisten noch eingeschlafen waren.
Auch Tyson und Kenny erwachten. Kenny als Erster, er bemerkte den Kopf an seinem und ein wohl bekanntes Schnarchen. Mit einem Lächeln sah er zu Tyson, als dieser ihn müde ansah und zurück lächelte, Kenny schaute weg und weckte den Rest.
„Oh, wir sind bald da!“, rief er
Lester wachte plötzlich auf und sah sich fragend um. Kai musste flink seine Hände wegziehen, damit Lester nichts bemerkte. Dieser blinzelte müde.
“Wo bin ich?“
“Im Flieger nach Florida!“, sagte Kai sanft, er fand es süß, wie Lester ihn so verschlafen ansah. Am liebsten hätte er sich auf ihn geworfen und ge... .
„WAS! IN EINEM FLUGZEUG!“, Lester war noch nicht ganz da.
Panisch wackelte er mit den Armen und schlug wild aus und traf doch glatt Kai's Nase. Getroffen von der Hand seines Liebsten fing er an zu bluten.
„Volltreffer Lester!“, feierte Tyson.
“Tyson!“, mahnte Kenny diesen und reichte Kai ein Taschentuch.
Der angeschlagene Kai, das Taschentuch unter seine blutenden Nase haltend, versuchte Lester zu beruhigen. Was auch nach einiger Zeit gelang, doch hatte Kai nun große blutige Flecken auf seinem Shirt. Er fragte sich, ob jedes Treffen mit Lester zur Folge hatte, dass er sich irgendwie dreckig machte und sich somit vor Lester total zum Obst machte.
Doch lies sich der Halbrusse nicht anmerken, dass es ihm peinlich war, nein, er überspielte es mit Ärger und nicht Ärger auf jeden, nein er konzentrierte es auf den lachenden Tyson und funkelte ihn wütend an.
Das Flugzeugpersonal bereitete alle wieder auf das Landen vor. Kenny bestellte vorsichtshalber etwas zum Lutschen für Lester, wobei Kai eigentlich gehofft hatte ... aber Lester war es zu peinlich, noch einmal den Finger des Anderen in Anspruch zu nehmen.
Zum Glück hatte Kenny Tyson den Mund verboten, weil der sonst etwas gesagt hätte, was Lester sonst hätte lutschen sollen.
Langsam legte sich das Flugzeug in den Landeanflug. Immer tiefer ging es, der Erdboden kam immer näher. Der Tag hatte sich in die Nacht verwandelt, es war dunkel und der Airport von Miami leuchtete in voller Pracht. Selbst die Palmen waren angestrahlt.
Es war ein klobiger Bau, viel Glas. Doch das war nicht wichtig, Kai sah etwas ängstlich und besorgt zu Lester, der mühsam an einem Bonbon lutschte, am liebsten hätte er ihm seinen Finger in den Mund gesteckt, oder lieber den von Lester.
Lesters Hand suchte verängstigt etwas, wo sie sich festhalten konnte, bald fand er die Hand Kai's und klammerte sich dort fest. Kai musste lächeln, er hatte sie sich von allein genommen, es machte ihn glücklich. Mit diesem sanften Gesichtsausdruck sah er Lester an und ihm damit tief in die so wunderschönen blauen Augen.
Lester sah etwas verängstigt zurück, doch versuchte er auch zu lächeln. Er erwiderte den Blick und versuchte sich dabei von der holprigen Landung abzulenken.
Als das Flugzeug endlich festen Boden unter den Rädern hatte und stillstand, fing die Menge an zu klatschen, auch Kenny und Tyson.
Lester und Kai wären sich am liebsten um den Hals gefallen, Kai, weil er einfach Lester am liebsten in den Arm genommen und geküsst hätte, Lester, weil er so unfassbar glücklich war, endlich wieder Boden unter den Füßen zu haben.
Nun war es nur noch eine Tortur bis sie endlich all ihre Sachen hatte, sich im Gemenge der Massen zurechtfanden und den Ausgang entdeckten, sie die Formalitäten einer Einreise nach Amerika erledigt und sich ein Taxi Richtung Miami Villenviertel genommen hatten, wo schon Max auf sie warten würde.
Für Lester war es, im Gegensatz zu den Anderen, ein heiden Trubel. Noch nie hatte er sich durch so einer Menge kämpfen müssen, noch nie war er in Miami und noch nie war er so müde gewesen! Noch oft ging er verloren, noch so oft musste Kai ihn an der Hand packen, damit er nicht verloren ging. Dazu kam noch, dass Lester furchtbar müde war. Er konnte es sich gar nicht erklären warum, hatte er im Flugzeug doch lange geschlafen.
Als sie im Taxi waren, schlief er schon wieder, Kai musste ihn wecken, als der Fahrer hielt.
„Hey, Lester!“, säuselte er fast in das Ohr des Anderen. „Aufwachen, wir sind da!“
Das Erste was der verschlafene Lester sah, war das sanfte Lächeln eines sonst so gefühlskalten Jungen, der graublaues Haar auf dem Kopf trug und ihn sanft an der Wange streichelte.
„Boa, der Kleine ist ja eine noch größere Schlafmütze als Kenny!“
„Tyson, hey!“, Kenny fühlte sich auf dem Schlips getreten. Doch konnte er ja kontern.
„Wer schläft von uns mehr am Tag? Hä?!“, fragte er leicht provokativ.
Kai rollte mit den Augen und half Lester aus dem Wagen.
Es war eine schöne und noble Gegend. Die Häuser standen Zaun an Zaun, nur mit einem Abstand von Haus zu Zaun von mehreren Metern. Das Haus, vor dem sie hielten, war so groß, dass man unmöglich daran vorbeischauen konnte.
Es war komplett weiß, zum Eingang führte eine breite Treppe und auf der obersten Stufe trugen zwei Säulen das Vordach. Wasserspeier waren an den Enden der Regenrinnen angebracht und die untersten Fenster waren fast so groß wie die Wand, es war fast wie eine flache, gotische Kapelle gebaut, doch kam es einem halt immer noch als ein Wohnhaus vor.
Lester war beeindruckt.
Von der Eingangstür trabte ein blondhaariger, blauäugiger, mit einem breiten Lächeln versehener Junge an, der sie mit einem derben amerikanischem Dialekt begrüßte.
„Hey, Jungs! Hi! Wie geht’s euch?“
„Boa, weißt du, dass man deinen Slang voll raushört!“, bemerkte Tyson.
“Ja, schon nach einer Woche!“, kicherte Kenny.
“Was so schlimm schon? Ich red halt nur Englisch mit meiner Mum!“, verteidigte sich Max grinsend. „Los kommt rein und... wer ist das? Ist das nicht, ähm, wie war dein Name?“
Der Blondschopf kam auf Lester zu, dieser schaute nur verdutzt.
„Ich bin...“ , da schnitt Kai ihm das Wort ab. “Max, das ist Lester, ich habe ihn eingeladen, das macht dir doch nichts aus?“, fragte er mit einer recht kalten Stimme.
„Nein, nein! Dann kommt mal, Rai wartet schon auf euch. Mensch der hat euch vermisst, das sag ich euch.“, immer breiter schien das Grinsen des Anderen zu werden.
Die drei fingen an, sich in ein Gespräch zu verheddern.
Lester und Kai, wobei Kai wieder die Sachen Lester’s trug, gingen hinter ihnen. Vertrauensvoll wandte sich Lester an Kai.
„Wer ist Rai?“
„Ach, nur noch einer aus unserem Team!“
„Ah, euer Team, mit den Kreiseln?“, Lester musste anfangen zu lachen.
Kai, dem die klare Stimme und dieses weiche, klirrende Lachen ja eigentlich gefiel, dem aber der Anlass doch unpassend erschien, legte sachte eine Hand auf den Mund des Anderen. Dieser sah ihn sofort verwundert an.
“Hör mal, lass mal bitte das Lachen, auch wenn du es lustig findest, aber für alle hier Anwesenden ist das Sport. Lach lieber nicht so darüber, ich will nicht, dass sie schlecht über dich denken.“, das sagte Kai so voller Liebe und Fürsorglichkeit, dass sich Lester wirklich etwas schlecht dabei fühlte, dass er gelacht hatte. Etwas traurig sah er ihn an, wie ein kleines Kind, dass verbotener Weise einen Keks aus der Dose genommen hatte.
Er entschuldigte sich und ging ohne einen Mucks mit den Anderen in das riesige Haus.
Auch von innen war es pompös. Doch eher in einem postmodernem Stil. Hier und da ein Gemälde, öfters ein Schrank, aber ansonsten recht moderne Türen aus Stahl oder mal aus einem edlen Holz.
“Wir gehen ins Wohnzimmer, die Taschen bringen wir später hoch, ich wette Rai will euch erstmal sehen, er ist auch erst seit einer Stunde hier!“
Das nun fünfköpfige Gespann rauschte Richtung Wohnzimmer, was sich quasi am Ende des Ganges, vorbei an zwei parallel gestellten Wendeltreppen, befand und abgetrennt war mit riesigen Türflügeln aus Mahagoni. Doch ließen sie sich erstaunlich leicht öffnen.
Nicht nur weil alle, bis auf Kenny und Lester, absolute Muskeltypen waren, die meist nur trainierten, nein, die Türen und Scharniere waren für leichtes Öffnen geschaffen.
Das Wohnzimmer war in einem Beige gehalten, zart und angenehm. Von der Tür aus konnte man direkt raus sehen, denn auch auf dieser Seite waren die Fenster groß gehalten. Das Zimmer war halb so groß wie ein Saal und mit den feinsten Dingen ausgestattet. Einem Kamin aus Backstein, einfach gehalten, davor ein normaler Teppich mit zwei Sesseln. Ein paar Meter daneben die Fernsehcouch an der Wand davor ein kleiner Tisch und vor den riesigen Fenstern ein ein Meter mal einen halben Meter hoher Flachbildschirmfernseher. Zwischen den beiden Fenstern war ein Durchgang nach draußen, wie der Haupteingang, und davor stand ein großer Tisch, mit edlen Holzstühlen und stoffüberzogenen Sitzflächen. Am anderen Ende des Raumes reihten sich die Regale mit Büchern und einer weiteren kleinen Sitzecke mit Stehlampen für den Bedarf an.
In einem dieser Sessel, einem Ohrensessel aus rotem Stoff, saß ein langschwarzhaariger Junge mit einem Buch in der Hand, der sich umdrehte und begeistert in einem etwas schrillen Ton „KAI!“ rief und sofort auf denjenigen stürmte.
„Kai, toll! Wir haben uns ewig nicht mehr gesehen, oder?“, sagte der Schwarzhaarige.
Die Anderen sahen belustigt zu den Beiden. Kai sah furchtbar mürrisch aus, als der Andere ihn ungeniert umarmte. Lester sah nur verblüfft zu den Beiden. Das hätte er nicht erwartet, kannte er Kai doch den Anderen gegenüber eher distanziert und abweisend.
„Rai!“, murrte Kai und schob den Anderen weg.
„Ja.“, bemerkte er tonlos zu der Frage.
„Tyson, Kenny, ja euch hab ich auch ewig nicht mehr gesehen!“; herzig umarmte er die anderen Beiden, aber bei weitem nicht so leidenschaftlich. Dann sah sich der lächelnde Chinese den letzten der Truppe an, Lester.
„Wer ist das?“
„Das ist Lester!“ Kai wandte sich damit von Rai ab und legte einen Arm um Lester. Dieser sah nur verwirrt auf den Arm.
Der Braunhaarige war zu müde, als das er was dagegen sagen konnte. Doch einen Schritt nach vorn, dem Arm entfernend, konnte er gehen.
“Ja, mein Name ist Lester, Kai hat mich eingeladen.“ Und als wollte er sicher gehen, dass er den Richtigen meinte, zeigte er mit gestreckten Finger auf Kai.
Dieser grinste kaum merkbar, er sah Rai, der nicht wie die Anderen nur verdattert, sondern schon fast entsetzt guckte.
Kai wusste als Einziger mit Gewissheit, dass Rai etwas von ihm wollte. Er erinnerte sich, dass nach einem Wettkampf gegen den schwarzhaarigen Jungen er doch ziemlich angeschlagen war, der Andere zu ihm kam und ihn aufbauen wollte. Dabei beichtete er ihm seine Liebe und versuchte ihn rumzubekommen. Damals war er aber noch recht grob, so schlug er ihn von sich und sagte nur, er solle das hier vergessen. Heute, wo er glaubte solche Gefühle für seinen Lester zu empfinden, würde er sicher etwas sanfter mit ihm umspringen. Aber nicht zu sanft, so dass der Andere dachte, er hätte Chancen.
„Achso?“, fragte Rai. Er war etwas entsetzt.
Tyson und Kenny gähnten müde.
„Ähm, Max, hättest du was dagegen, wenn wir uns hinlegen könnten, der Jetlag. Du verstehst?“, fragte Tyson.
„Du hast doch geschlafen!“, murrte Kai.
„Ja, aber schaut euch Kenny an, der hat 3 Stunden durchgeschlafen und er gähnt wie ein Hund! Und ich will das schon mal mit den Zimmern klären. Max, wie hast du es dir eigentlich gedacht?“
Ungläubig musterte Rai noch Lester, dieser stützte sich, davon unbekümmert, müde an einen Sessel. Ihm war es egal wo er schlafen konnte. Ihm war schwummrig. Doch wollte er es keinem sagen. Kenny sah gespannt zu Max, was keiner wusste, insgeheim wünschte er sich mit Tyson in ein gemeinsames Zimmer zu kommen und zwar allein.
„Na ja, wir haben genug Platz. Für jeden ein Zimmer, dachte ich.“, Max stockte, als er die enttäuschten Gesichter von Tyson und Kenny sah.
Die beiden schauten sich an. Dann schauten sie scheu weg und Tyson pfiff vor sich her.
„Macht es doch einfach, wie ihr wollt, oder? Ich zeig euch die Zimmer!“, versuchte Max zu überspielen.
Alle nickten.
Rai überlegte sich schon, aus welchem Grund er Kai in ein Zimmer mit sich bekommen könnte.
Doch grübelte er auch noch über den Neuen. Wer war er, wieso war er mitgekommen und warum hatte Kai ihn eingeladen, einen Fremden!
Die Truppe lief los. Das Haus war so riesig wie es aussah. Lester schleifte sich hinterher.
„Lester, soll ich dich tragen?“, fragte Kai etwas besorgt.
Rai murrte, Kai hätte ihn so was nie gefragt und wenn er auf dem Zahnfleisch gelaufen wäre, am liebsten hätte er gefragt, ob Kai ihn tragen könnte, aber nach der Abfuhr vor einem Jahr wusste er, dass Kai ihn gnadenlos abweisen würde. Er musst es geschickt angehen.
„Nein schon gut, es geht noch!“, lächelte Lester müde. Das Kai ihm das anbot, fand er nett, aber auch irgendwie anzüglich. Für ihn war dies sehr intim, getragen zu werden.
Tyson unterhielt sich mit Max. Die beiden besten Freunde hatten ihren Spaß über die Ereignisse während des Fluges zu reden. Kenny gab ab und zu ebenfalls einen Kommentar ab.
„Sag mal, wo ist deine Mutter, Max?“, fragte Kenny, der bis jetzt die Herrin des Hauses noch nicht entdecken konnte.
„Ach, Mum und Dad sind in Urlaub gefahren. Mum zeigt ihm die Vereinigten Staaten. Das findet er natürlich super toll!“, grinste Max.
„Bekommen wir das auch?“, fragte Tyson nur so aus Spaß.
„Ja, wenn du es bezahlst, Ty!“, hakte sich Max ein.
„Von deinem Geld gern, oder spendest du mir was, Rai? Kai brauch ich ja erst gar nicht fragen, dem sitzt die Brieftasche so eng, wie seine Hose!“, scherzte der Blauhaarige und umarmte Rai mit einem Arm und grinste wie ein Affe.
Kenny schüttelte nur den Kopf.
„Was soll das heißen!“, fragte Kai mit einem ärgerlichen Ton.
„Er ist nicht geizig!“, meldete sich Lester. Der daraufhin von allen unerwartet angestarrt wurde.
Alle sahen ungläubig zu dem doch so schweigsamen Jungen, der auf einmal Partei ergriff und zu Kais Freude zu seiner Partei. Das freute ihn sehr, was er auch zeigte und neue, stumme Bewunderung erntete, denn Kai lächelte. Vor allem, nicht nur vor Lester. Lester sah ihn matt lächelnd an, er kannte Kai ja, auch mit einem Lächeln im Gesicht.
Rai hätte sich am liebsten in den Hintern gebissen. Kai lächelte selten und noch nie hatte er so für einen von ihnen gelächelt. Vielleicht für alle zusammen, oder ein höhnisches Lächeln, aber kein so liebes und freudiges für einen. Dazu war es noch so ein Neuling, ein Unbekannter. Das passte dem Chinesen gar nicht.
Max räusperte sich. Sie waren am ersten Zimmer angekommen.
„Also, das dachte ich für Tyson!“ Er öffnete die Tür.
Es war ein schönes Zimmer, weiß, groß, mit weißen Schränken, die sich farblich von den Wänden unterschieden, da sie etwas dunkler waren. In der Mitte war ein großes Himmelbett, in einem hellen Beige. Dahinter ein weiteres großes Fenster.
„Boa, ist das hell!“, bemerkte Tyson. Der sich symbolisch die Hände vor die Augen hielt.
Lester wurde etwas munterer und musterte das Zimmer. „Ja, sehr schick, das sieht aber teuer aus.“ Und er zeigte auf einen Spiegel, der in der Wand eingelassen war.
“Ach, geht schon!“, sagte Max etwas verlegen zu Lester.
Lester schaute sich weiter um. Die Schränke waren leer.
“Eigentlich ist das ein Zimmer fürs Personal, aber die meisten haben Urlaub und ich finde es schick und ich wusste ja nicht, dass ihr wirklich nicht jeder ein Zimmer haben wollt, deswegen. Aber wir können auch noch weiter schauen! Ich würde dann auch noch eine Liege holen.“, sagte Max.
„Wenn es nach mir geht, brauchen wir keine Liege... .“, sagte Tyson unverständlich so dass Max und Rai nachhaken wollten, doch Kenny unterbrach sie mit einem Satz. Er klang ziemlich aufgeregt und wollte ganz offensichtlich von Tyson ablenken.
Kai und Lester hörten eh nicht zu. Kai zeigte Lester einige Besonderheiten des Zimmers, die er schon entdeckt hatte und der Andere noch nicht.
„Ähm, also ja, hol dann bitte eine, also ähm, ich finde das Zimmer toll! Ich bleib hier!“, er war ziemlich laut und ließ demonstrativ die Koffer fallen.
„Ok!“, sagte Max resigniert. Er fand, dass sich alle sehr eigenartig verhielten und es ärgerte ihn, dass er nicht eingeweiht wurde.
„Kai! Kai!“, sagte Rai aufgeregt.
Der Angesprochene drehte sich langsam mit dem Kopf zu Rai. Kai hatte gerade einen Arm über die linke Schulter Lesters gelegt, um auf ein schönes Muster des Schranks zu zeigen. Dementsprechend böse, wegen der Störung, sah er Rai an.
„Ja?! Was hast du?“
„Äh, also... Ich find das auch voll schick!“, sagte Rai, der von der Stimme Kais wieder einmal eingeschüchtert wurde.
Auch Lester erschrak über diesen barschen Ton, doch Kai sah ihn gleich wieder lieb an und beruhigte ihn so.
Tyson kümmerte sich derweilen um die Koffer von sich und Kenny, er schaffte die restlichen Sachen ins Zimmer und verstaute sie. Einmal packte er auch schelmisch den braunhaarigen Brillenträger. Der dann auf einmal ziemlich rot anlief.
Max stand inmitten des weißen Zimmers und sah dem Schauspiel zu, es war der erste Tag an dem die ehemaligen Beyblader und ein Fremder wieder zusammen waren und es herrschte ein Chaos, was er noch nie vorher gesehen hatte.
Fast glaubte er sich in einer schlechten Seifenoper, denn die Zeichen waren ziemlich deutlich, doch wollte er es nicht recht glauben und versuchte es zu verdrängen.
“Wollen wir nicht weiter? Tyson, Kenny, ihr könnt euch ja dann ins Bett legen ... aber den Rest verarzte ich erstmal oder?“
„Ok!“, trällerte Tyson.
Doch Kenny wandte dann schnell ein. „Und was ist mit der Liege?!“
Tyson schluckte unmerklich und sah den Kleineren an.
Max zog eine Augenbraue hoch.
Lester lief zur Tür und Rai versuchte sich zwischen Kai und Lester zu drängen, zwar mit Samthandschuhen, aber dennoch versuchte er es, zur Missgunst des Halbrussen.
„Ähm, ja, bekommst du, ich sag gleich Bescheid. Aber packt doch schon mal aus! Kommt, Jungs!“, Max lief an Lester vorbei und hielt den Anderen die Tür auf. Als die 4 den Raum verließen, war dort eine schweigsame Stimmung. So ruhig, man konnte die Ruhe wie dicken Käse zerschneiden.
„Wartet bitte, ich kümmere mich nur kurz um die Liege!“, damit verschwand Max in den unendlichen Weiten des Hauses.
„Findet ihr nicht, dass sich Tyson und Kenny sonderbar verhalten?“, durchbrach Rai die Stille. Er lehnte an der Wand und sah zu Lester und Kai. Kai stand im Flur und sah hauptsächlich zu Lester, der sich auf seinen Koffer gesetzt hatte, den führte er die ganze Zeit Gassi.
„Ich weiß nicht, sind die denn nicht immer so...?“, fragte Lester unschuldig und gähnte.
Kai lächelte innerlich, Lester sah süß aus, wenn er gähnte.
„Nein, also, gut Kenny ist schon immer tollpatschig gewesen und auch Tyson ist nicht gerade ein Genie und na ja, auch gesprächig ist er schon immer. Doch diese Atmosphäre zwischen den Beiden, die hatte ich anders in Erinnerung.“, sagte er überlegt und musterte eingehend Lester. Rai verstand nicht, was Kai an ihm fand.
„Ach, das kommt dir nur so vor, du hast sie lang nicht mehr gesehen, die sind schon ziemlich lange so!“, sagte Kai nur so nebenbei.
„Achso, wenn ihr das sagt!“, sagte Lester und schaute zwischen Rai und Kai hin und her, er fühlte sich unter ihren Blicken leicht bedrängt.
„Woher kennt ihr euch eigentlich? Erzähl mal Kai!“, forderte Rai. Er musste ja wissen, wer sein Feind um die begehrte Trophäe war.
„Wieso willst du das wissen?“, Kai war ziemlich misstrauisch und ihre erste Begegnung war ja nicht besonders toll für ihn.
„Er ist neu auf die Schule gekommen, wenn es dich so brennend interessiert.“
Lester fand das Kai ziemlich schroff war.
„Sei doch nicht so schroff, ihr seit doch Freunde oder?“, er sah ihn etwas verärgert an.
„Na ja, mich interessiert es halt nur... .“, sagte Rai mit gespielter Betroffenheit. Einerseits freute es ihn, Kai zu sehen, wie er merklich erschrocken über diese Rüge, den Jüngeren ansah. Doch schlimmer war es, dass Kai sich ja eindeutig das zu Herzen nahm, was der Andere sagte, und Rai wusste, das machte er nur bei Personen, die er sehr mochte.
„Also, weißt du, wenn es dich so brennend interessiert, dass erste Mal war in einem Café in der Nähe des Parks.“ Lester musste lächeln. „Frauen haben ihn überfallen und dann waren sie voll scharf auf ihn und ich hab sie dann vertrieben, die Horden von Frauen, dann hat er... .“ Lester erzählte penibel genau über die ersten Stunden ihres Kennenlernens. Leider lies er auch nicht die kleinsten Details über Kais Malheurs aus.
Kai biss sich auf die Lippen, er wollte nicht, dass Rai diese Peinlichkeiten erfuhr und er wusste genau, dass musste er sich alles noch mal antun, wenn Max, Tyson und Kenny das alles auch wissen wollten. Aber eins mussten sie ja nicht noch mal erzählen, denn das zweite Treffen im Café hatten ja Kenny, Tyson und Max miterlebt. Das regte ihn wieder auf und mit einem wütenden Schnaufer sagte er. „Könnten wir über etwas anderes reden, bitte?“
Rai nickte nur.
“Ja, ok!“, lächelte Lester, was Kai beruhigte und fast wegschmelzen ließ, auch wenn er noch etwas wütend war.
Doch bevor noch mehr erfragt werden konnte, kam Max mit einer Liege an.
„So, gleich geht’s weiter! Ist der Kleine schon eingeschlafen?“, er zwinkerte zu Lester.
“Nein, Max!“, antworte Kai für Lester.
Max stellte die Liege ab und klopfte an der Tür. „Die Liege ist da!“, dann wandte er sich zu dem Rest: „Dann kommt mal mit!“
So machte sich die letzten drei Gäste mit ihren Taschen auf die Suche nach dem passenden Zimmer durch das Haus von Max. Sie mussten nicht weit den in blau gehaltenen Gang entlang gehen, denn schon gegenüber, an der nächsten Tür, war das besagte Zimmer.
In den Gängen hingen überall Bilder, meist Fotos von Max und seinen Eltern in Vergnügungsparks, bei Feiern oder diverse Familienfotos, aber auch einige Kunstgemälde und hier und da eine Vase waren im Gang vorhanden.
“Boa, der Gang ist aber riesig!“, bemerkte Lester, fast wehleidig.
“Das waren doch keine drei Meter!“, sagte Rai mosernd.
“Er ist halt etwas müde, Lester ist zum ersten Mal geflogen, das ist alles doch noch so neu für ihn!“; sagte Kai vorwurfsvoll und legte schützend seinen Arm um Lester.
Diesem war das egal, er sah nur die Tür. Er wollte in ein Bett und alles andere war ihm egal.
Max sah immer noch prüfend in die Runde. Er verstand immer noch nicht, was hier geschah. „Na ja, also...!“, er öffnete die Tür. „Das wäre dann das nächste Zimmer, Kai, ich dachte du würdest hier rein wollen, es ist groß, ihr könnt da alle beide rein.“
„Und ich?“, fragte Rai rasch.
“Ich hab noch ein Zimmer oder du schläfst mit bei mir. Lester, du könntest auch in ein eigenes Zimmer, wenn du magst.“
Lester sah mit halbgeschlossenen Augen zu Max. „Mir ist es Schnuppe, aber mir wäre es schon recht hier, in einem fremden Haus nicht allein zu sein ... . Wenn es dich nicht stört!“, dabei wandte er sich zu Kai. Man merkte wie erschöpft er war und dass er am liebsten in ein Bett fallen würde.
Kai musst wieder kurz und verschlagen lächeln. Der Kleinere überraschte ihn schon wieder, das war furchtbar süß.
“Wird schon gehen, Max!“
Rai sah nun verärgert zu dem Anderen, er traute sich nicht etwas zu sagen, weil Kai ihn sonst sicher fertig machen würde. Es war für ihn nun glasklar, der Andere war eine Bedrohung, er würde ihm Kai wegnehmen, wenn er nichts tun würde. Doch konnte er nicht einfach zuschlagen, er musste noch warten. So blieb er mit dem verärgerten Blick im Hintergrund.
Max öffnete die Tür. Dann betraten sie das Zimmer, dieses war blau mit Wellen und Meeresmotiven bemalt. Es war wie im Zimmer gegenüber, außer das es ein gutes Stück größer war, es stand mehr Mobiliar darin und auch ein kleines Büro war in diesem Zimmer.
Lester sah sich den Raum an. Er nickte nur müde. „Also, wenn ihr erlaubt, mir ist das Zimmer recht und ich würde mich jetzt gerne hinlegen.“, so schleifte er energisch seine Koffer in das Zimmer. Dort platzierte er diese neben einem der Schränke, die neben der Tür standen. Nur verhalten sah er sich um. Ihm gefiel das Bett, es war einfach und flach. Es war ein Ehebett und in Blau gehalten, der Holzrahmen war nicht verziert sondern glatt und die Maserung war gut zu erkennen. Die Bezüge ähnelten der Wand, sie waren ebenfalls mit Meeresmustern bestickt. Auf dem Bett lag eine Steppdecke. Lester fuhr über den Stoff.
„Toll!“, sagte er beeindruckt.
„Na ja, das ist das Zimmer für die Geschäftspartner, wenn mal einer zu Besuch kommt. Die von meiner Mum!“, sagte Max erklärend.
“Es scheint so, als würden wir das Zimmer nehmen!“, sagte Kai glücklich und stellte seine Koffer zu Lesters und nahm ihn dann in den Arm und drehte ihn zu den Anderen zwei.
Rai verdrehte nur die Augen. „Ach und wo soll ich schlafen?“, fragte er ziemlich genervt.
„Oh, im Zimmer gegenüber! Ach ja, neben diesen Zimmer ist das Bad und daneben ist mein Zimmer, wenn was ist. Es gibt auf dieser Etage noch ein Zimmer, das meiner Eltern. Ok, dann werden wir euch Beide erstmal nicht stören, schlaft gut und meldet euch, wenn ihr ausgeschlafen habt!“ Damit nahm er Rais Arm und schleifte ihn aus dem Zimmer.
Rai sah nicht besonders gehalten von dieser Aktion aus, doch hatte er keine Chance.
Als die Tür endlich zu ging, löste sich Lester von Kai. „Ähm, haben wir nicht vergessen noch eine Liege zu holen? Na ja, ich weiß ja nicht ... .“ Er konnte sich nicht ganz mit dem Gedanken anfreunden, dass er mit einem Anderen in einem Bett schlafen würde, das hatte er noch nie getan.
Kai sah ihn nur etwas belustigt an. Ihm war schon klar, dass es kein getrenntes Bett gab. Er war ja schon einmal hier gewesen, gut er glaubte, er war nicht in diesen Zimmer gewesen, aber das war nicht relevant. Kai hatte absichtlich nicht nach einer Liege gefragt und war auch sehr froh, das Lester nicht daran dachte, doch wollte er ihn ja nicht drängen.
„Wenn du willst, dann geh ich schnell und besorg uns eine!“, heuchelte er. „Aber wenn es dir nichts ausmacht, mir ist es egal!“
Lester sah ihn verwundert an. „Dir ist das egal, manchmal scheinst du echt komisch zu sein, irgendwie hab ich das Gefühl, dass du nur zu mir so nett bist. Wäre es dir bei einem der Anderen auch egal?“, fragte er und musterte dabei genau sein Gegenüber.
Jetzt kam es auf die richtigen Worte an, zwar wollte er es ihm nicht offen sagen, doch hatte er aus seiner allabendlichen Lektüre entnommen, dass sachte Hinweise immer gut waren und dem Anderen offen legten, ebenfalls Gefühle zu zeigen. „Na ja, ich hätte nichts dagegen mit den Anderen ein Zimmer zu teilen, ich geb ja zu, ich kenne sie gut, vielleicht zu gut! Bei dir ist es für mich einfacher, offen zu sein, weißt du?“
Er bedachte Lester mit einem sanften, liebevollen Blick, wobei der Andere nur verlegener wurde und kurz weg sah. „Sie haben schon ein festes Bild von mir, du nicht, du siehst mich so wie ich gerade bin und da hab ich das Gefühl, dass es mich dir näher bringt, deswegen denk ich, dass es nicht so schlimm ist, wenn wir in einem Bett schlafen!“ Natürlich dachte er auch an die Dinge, die sie im Bett tun könnten, die er auch nicht schlimm fand, doch das wäre vielleicht zu viel Information.
Obwohl er so verlegen war, weil die Worte des Anderen ihn sehr nahe gingen, weil er merkte, dass der Andere ihm doch schon ziemlich mochte, ließ er nicht die Tatsache außer acht, dass er zuvor noch nie so nah neben jemanden geschlafen hatte und es ihm doch Angst machte.
„Ok, aber ich schnarche!“, sagte er nur knapp.
Kai grinste, das war ihm egal. So stellten sie sich je auf eine Bettseite und zogen die Überdecke weg. Wie gleichzeitig schluckten beide. Für Lester war es eine Überwindung ins Bett zu steigen, weil er noch nie mit jemand Anderem in einem Bett geschlafen hatte, für Kai war es eine Überwindung, weil er damit wieder einen Teil seines Schutzpanzers aus Eis hatte schmelzen lassen müssen. Doch langsam krochen sie unter die Decke. Für Lester war das Bett zu weich, Kai war es ziemlich egal, er schlief überall, wenn er wollte. Doch kamen ihm nun andere Gedanken welche Lester betrafen, er war nervös. Noch nie hatte er solche Gefühle, bis jetzt war Lester der zweite Mensch, dem er seine Angst vorgetragen hatte, dass die Anderen ihn schon abgestempelt hatten. Bis jetzt war Lester der Erste, bei dem Kai Gefühle empfand. Ihm war mulmig, auf einmal bemerkte er doch, dass die paar Wochen wohl doch noch nicht ganz ausreichend waren, um nun mit den Tatsachen klar zu kommen, dass sie nebeneinander lagen und Lester sich gerade auszog.
Denn Lester schlief eigentlich nur im Schlafanzug, also zog er sich Hose und Socken wie gewohnt aus. Aber Kai, der sonst nackt schlief, traute sich nun gar nicht auch nur die Hose auszuziehen.
„Schläfst du in voller Montur?“
Kai sah ihn an und sah zu wie die Beine von Lester, sie waren schlank und wohl geformt, wieder unter die Decke huschten. „Ähm, weißt du, also, schlaf gut!“, er traute sich doch nicht zu sagen, dass er eigentlich ohne Sachen schlief.
Lester glubschte ihn nur verunsichert und irritiert an. „Wie? Also hör mal, ich bin furchtbar müde, du verwirrst mich jetzt ziemlich, hab ich jetzt was falsches gesagt?“
Damit merkte der Halbrusse wieder, dass er seinem kaltblütigen Teil freien Lauf gewehrt hatte. „Ach, nein, entschuldige, aber... .“ Er drehte sich zu Lester. „Weißt du, das ist mir peinlich.“ Und wieder offenbarte er sich selbst, für ihn schon ein wahrer Rekord.
Lesters Blick blieb weiter ratlos.
„Weißt du, ich schlaf sonst nicht mit Sachen... .“, lächelte er etwas verlegen.
Zuerst ratterte es in Lesters Kopf, es dauerte einen Moment, dann verstand er und wurde etwas rot um die Nase. „Ach, du meinst, na ja, also mir ist das egal, ähm, versteh das nicht falsch, aber na ja, ich will ja nicht, dass du dich unwohl fühlst. Von mir aus schlaf so, wie es dir passt, mit oder ohne, auf mich brauchst du keine Rücksicht zu nehmen, du hast mich ja schon hierher eingeladen und das aus eigener Tasche!“, versuchte er das Lächeln zu erwidern, doch klappte das nicht so ganz.
Es gefiel Kai, wie der Andere errötete, es sah so niedlich aus, wie er fand. Doch dass der Andere schon wieder ansprach, dass er es nur machte, weil er ihm die Reise sponserte, machte ihn nicht nur etwas verlegen sondern verärgerte ihn auch. Er wollte doch, dass der Andere merkte, dass er ihn nicht nur aus guter Laune mitnahm, sondern weil er ihn doch liebte.
“Jetzt hör aber auf, ich hab dich doch nicht mitgenommen, nur damit du dich dafür die ganze Zeit bedankst. Ich fand halt, dass es schön wäre, wenn du mitkommen würdest und es dir auch gefallen würde. Also, das ist auch ein wenig Eigennutzen, glaub mir, hör auf dich immer zu bedanken.“ Kai musste leicht Schmunzeln, wenn der Andere wüsste, wie eigennützig es doch war, so würde er wahrscheinlich im Boden versinken und mit dem nächsten Flieger nach Hause düsen. Doch hatte der erfahrene Sportler ja seine Pläne ihn fit zu machen für seine Gefühle.
Lester wurde darauf leicht verlegen und drehte sich auf die Seite und sah Kai an. „Entschuldige, aber ich bin dir halt dankbar, ich finde es hier nicht schlecht, jedenfalls, ach egal, ich bin müde, können wir jetzt schlafen?“, dabei machte er einen Dackelblick, bei dem selbst einem Dackel die Tränen gekommen wären.
Zwar kamen Kai keine Tränen, doch halten die letzten Worte des Japaners ihm noch in den Ohren. Am liebsten hätte er laut ja gerufen und wäre auf ihn gestürzt, aber dann wäre der Andere sicher sauer auf ihn. Doch klangen die Worte so verführerisch. Abwesend nickte er nur. Dann zog er sich das Shirt, die Hose, die Socken und die Armbanduhr aus, nur die Boxer ließ er an und kuschelte sich unter die Decke, natürlich mit dem Gesicht zu Lester und lächelte ihn an.
„Schlaf gut!“
Sein Gegenüber sah den nun so gut wie Entkleideten perplex an. Kai entging natürlich nicht, wie oft Lesters Blick an seinem Körper auf und ab wanderte, wie genau er ihn gemustert hatte und das bei dem Anblick von Kai's Entkleidung die Gesichtsfarbe ziemlich derb ins Rot ging.
„Du auch!“, damit drehte sich Lester in die andere Richtung und zeigte Kai wortwörtlich die kalte Schulter. Er hatte bemerkt, wie verlegen ihn die nackte Haut des Anderen machte und schämte sich für seine Reaktion.
Kai schmunzelte nur und schloss seine Augen. Auf einmal merkte er, wie müde er doch durch den langen Flug und den Strapazen der Anreise geworden war. Mit dem Wissen, dass Lester neben ihm schlief, konnte er sich wahrlich entspannen. Er hörte das leise Atmen des Anderen und spürte, wie das Bett sich leicht neben ihm dellte, dort wo sein Angebeteter lag.
So dauerte es nicht lange bis Beide einschliefen.
Es war acht Uhr in der Zeitzone Floridas und in dem Elternhaus Max’s schliefen seine Gäste. Nur Max war noch auf den Beinen, er konnte und wollte noch nicht schlafen. Er schaffte noch etwas Ordnung und vertrieb sich die Zeit bis es Abend wurde und er sich auch zur Ruhe legen konnte. Morgen früh würden sich alle wahrscheinlich an die Zeit hier in Miami gewöhnt haben. Doch waren es noch über acht Stunden bis dahin.
Doch auch diese verstrichen und es fing an sich im Haus zu regen. Die müden Japaner krochen langsam aus den Betten. Die Ersten waren Max, Kenny und Tyson. Tyson wurde aber nicht gerade auf freiwilliger Basis zum aufstehen gebracht, denn Kenny hatte ihn im wahrsten Sinne aus dem Bett geschmissen.
Der Blonde war schon aus der Dusche raus und tapste in sein Zimmer, als er sah, wie sich die Tür der Beiden öffnete und sie heimlich herauskrochen. Tyson klatschte Kenny verspielt auf den Hintern, dieser lachte nur verlegen.
Max erschrak etwas, er versteckte sich hinter seiner Tür und sah den Beiden zu. Das Treiben der Zwei verwunderte ihn schon ziemlich, wie sie kichernd ins Bad rannten und Tyson Kenny einfing und ihm einen Kuss auf die Wange verpasste. Verschreckt zog sich Max in sein Zimmer zurück. Ihn verwunderte, dass die Zwei so offen und herzlich miteinander umgingen. Er hörte wie im Nebenzimmer die Dusche anging, er versuchte die Bilder über die derzeitigen Aktivitäten seiner beiden Freunde unter dem Wasserstrahl zu verdrängen, er wollte nicht daran denken, das war ihm zu viel Information. Ihn wunderte auch, dass Beide ihn nicht bemerkt hatten, wahrscheinlich hatten sie gerade andere Gedanken und waren mit anderen Dingen beschäftigt, aber dies gehörte auch zu den Dingen, die Max nicht wissen wollte.
Auch im Zimmer von Rai regte es sich, der Chinese wurde langsam wach und starrte mürrisch an die Decke. Ein Seufzen entflog ihm. Mit schlechter Laune musste er daran denken, dass dieser Fremde, Lester, nun gerade bei Kai lag und nicht er, was ihn ziemlich aufregte. Da musste er sich doch etwas einfallen lassen, denn er wollte immer noch Kai für sich in Besitz nehmen.
Obwohl überall ein leises Rascheln durchs Haus zu gingen schien, blieb es im Zimmer von Kai und Lester weiterhin ruhig. Lester war in der Zwischenzeit Kai wesentlich näher gekommen, denn sie lagen dicht zusammen, Rücken an Rücken waren sie in ihre Decken gekuschelt und schlummerten den Schlaf der Gerechten.
Von nun an hatte Kai nur noch 13 Tage, um Lester zu verführen. In seinen Träumen war dies schon lange Realität, in diesen liebkoste ihn sein Schatz und er konnte ihn frei und hemmungslos lieben. Da hatte keiner der beiden Angst, sich ihre nackten Leiber zu zeigen und es war Lester auch nicht unangenehm, mehr mit diesen zu tun.
Aber wie in jedem Traum gilt der Satz, wenn es am schönsten ist, soll man aufhören, auch wenn es nicht freiwillig ist. Denn Lesters Träume waren mit mehr Aktionen beschrieben, was in seinen Körperbewegungen Ausdruck fand, die ganze Nacht hatte er sich schon stark im Bett gewälzt und kleine Tritte und Hiebe verteilt, von denen Kai aber noch verschont blieb. Doch nun hatte Lester seinen Gegner soweit, dass er zum finalen Schlag ansetzen konnte, der nicht nur seinen Gegner, sondern auch den unmittelbar neben ihm liegenden, schlafenden und nichts ahnenden Kai aus dem Bett kickte.
Nachdem es einen mittelschweren Rums gab, drehte sich Lester wieder nach seinem gekonnten Schlag zur anderen Seite um und schlief seelenruhig weiter. Nur Kai war aus seinen Träumen gerissen und lag wieder einmal am Boden.
Zum Glück war im schmalen Gang zwischen Bett und Wand kein Nachtisch, sondern es lag nur seine Kleidung dazwischen, so dass er geradewegs vom Bett rollen konnte und mit dem ganzen Körper unten auf kam. So waren nur blaue Flecken als Kollateralschäden zu erkennen.
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