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My Way

Alles musste anders werden...

Teil 1 - Alles muss anders werden

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Alles muss anders werden

Wieder einmal wachte ich schweißgebadet auf, Fetzen meines Traumes dessen Ende mich aus dem Schlaf hochschrecken ließ, flogen vor meinem geistigen Auge vorbei. Aber wie immer konnte ich die Geschichte, die ich im Schlaf erlebt habe nicht richtig und vollständig rekonstruieren, auch was das Ende war, das mich aus dem Schlief riss, war verschwunden. Einzig das zwei meiner Klassenkammeraden darin vorkamen, das wusste ich noch.

Aber so konnte das nicht weiter gehen. Ich wusste schon länger, das etwas mit mir nicht stimmte, auf der einen Seite sehnte ich mich danach eine Freundin zu haben, so wie es bei den meisten meiner Klassenkammeraden war, andererseits hatte ich immer wenn ich Gize und Tommy sah so ein Kribbeln im Bauch, das mich ganz verrückt machte.

Ich hatte schon einmal eine Freundin gehabt, es war eine Austauschschülerin aus England und ich mochte sie sehr gerne. Mit meinen 17 Jahren hatte ich im Gegensatz zu meinen Klassenkammeraden noch keine sexuellen Erfahrungen gehabt. Aber eigentlich war ich froh, dass die Zeit des Schüleraustausches schnell vorbei ging und die Zeit zu kurz war mit meiner kleinen Engländerin ins Bett zu gehen, denn das wollte ich eigentlich nicht. Besser gesagt, ich konnte mir nicht vorstellen, mit einem Mädchen Sex zu haben, der Gedanke daran erregte mich überhaupt nicht. Aber dennoch noch war ich noch nicht soweit mir hundertprozentig einzugestehen, schwul zu sein, obwohl mich beim Gedanken an meine beiden Klassenkameraden genau die Gefühle heimsuchten, die mir beim Gedanken von Sex mit einem Mädchen fehlten.

Alles musste anders werden.

Ich quälte mich aus dem Bett und machte mich für die Schule fertig. Meine Mutter stand in der Küche und gab mir einen Kuss. „Morgen mein Spatz, gut geschlafen?“ „Ja“, sagte ich und überlegte, ob ich mich ihr mit den Gedanken die mich quälten nicht einfach anvertrauen soll, aber meine Eltern waren sehr konservativ und ich wusste, dass die Reaktion von Ihnen, wenn ich erzählen würde: „Ich glaube ich bin schwul“, alles andere als hilfreich wäre. Das ich damit genau richtig lag, sollte mir bald vor Augen geführt werden.

Ich trank meinen Kaffee und aß einen Toast, dann machte ich mich auf den Weg in die Schule.

Als ich auf dem Schulhof eintraf, sah ich als erstes Gize, er stand am Geländer, hatte die Hände lässig in den Hosentaschen vergraben und seine langen blonden Haare wehten leicht im Wind. Ich blieb stehen und musste ihn anstarren. Schon begann es wieder zu kribbeln und ich drehte mich schnell weg, bevor er mitbekam wie ich ihn anstarrte. In Gedanken versunken ging ich langsam ins Klassenzimmer wo mein bester Freund Tommy schon auf seinem Platz saß und mir freundlich zulächelte. Verdammt dachte ich mir, kaum hatte ich den ersten Gefühlsschub überstanden, schon kam der nächste auf mich zu.

Ich lächelte freundlich zurück und sagte: „Hi Tommy, alles klar bei dir? „Yep“, antwortete er, „kannst du mir mal eben Mathe geben, ich hab vergessen die Aufgaben zu machen.“ „Klar“, sagte ich, „hier sind sie, kannst die ja in der Deutschstunde abschreiben.“

Langsam füllte sich das Klassenzimmer und der Gong zur ersten Stunde ertönte. Guten Morgen ertönte es von vorne, Frau Dr. Trost, eine in die Jahre gekommene Dame, die uns in Deutsch unterrichtete, begann mit ihrem Unterricht. Ich hatte keine Probleme in Deutsch und konnte es mir leisten, ihrem Unterricht nur sporadisch zu folgen und ansonsten meinen Gedanken nachzuhängen.

Ich schielte zur Seite, zwei Bankreihen weiter saß Gize und bohrte sich gerade inbrünstig in der Nase herum, aber selbst dabei sah er noch unheimlich gut aus.

Ich versank in meinen Gedanken und sah uns beide am Strand liegen. In seiner knappen Badehose sah er einfach irre aus. Was sich da in seinem Schritt abzeichnete ließ mich erschaudern. Ich rückte ein Stückchen näher an ihn heran und spürte seine Beine an meinen und unsere Unterarme berührten sich leicht was mir eine Gänsehaut bescherte. Langsam drehte sich Gize zur Seite und ich spürte seinen warmen Atem an meiner Wange. Ich drehte meinen Kopf zur Seite und unsere Nasen berührten sich fast als es mich schüttelte….

Ich schrak hoch, Tommy hielt meinen Arm und schüttelte mich. „Was heißt das hier, das kann ich nicht lesen…von welchem Planeten habe ich dich denn jetzt geholt ?“

„Hypotenuse heißt das“, sagte ich und ließ die Frage nach dem Planeten unbeantwortet.

Tommy war ganz anders wie Gize, er war der ruhigere Typ, kurze braune Haare und ein paar Pickel im Gesicht, etwa so groß wie ich, Gize war etwas kleiner, aber in seiner Gegenwart fühlte ich mich einfach wohl. Es ist schwer zu beschreiben, ich konnte selber nicht erklären was die beiden, außer dem Aussehen, unterscheidet. Klar habe ich schon paar Mal an ihn gedacht, wenn meine sexuellen Phantasien mich mal wieder in die Lüfte gehoben haben. Und solche Phantasien an ihn erregten mich auch, aber geiler war es an Gize zu denken, den Jungen den ich wohl nie bekommen würde, denn der war hundertprozentig hetero. Außerdem sahen wir uns außerhalb der Schule nicht so oft, denn Gize wohnte im Nachbarort und der war nicht so einfach zu erreichen.

Schwul, hetero, war ich wirklich schwul, eigentlich war ich mir ja sicher, aber solange ich noch keine Erlebnisse mit Kerlen gemacht hatte und nur davon träumte – konnte ich mir da sicher sein?

Der Gong riss mich aus meinen Gedanken und die Stunde war schon herum. Vom Unterricht hatte ich gar nichts mitbekommen und den schönen Traum hatte ich dank Tommy auch nicht zu Ende träumen können.

„Kommst du heute Mittag zu mir“, fragte mich Tommy, „meine Mutter ist weg und wir können was zusammen machen.“ „Mal sehen“, antwortete ich, obwohl ich wusste, dass ich die Einladung bestimmt nicht abschlagen würde.

Die nächsten Stunden verliefen unspektakulär und eh ich mich versah war der Unterricht vorbei und der Gong verkündete das Ende des Unterrichtstages.

„Wie sieht’s aus“, fragte Tommy. „OK, ich bin so gegen drei bei dir“, entgegnete ich und macht mich auf den Heimweg.

Zuhause angekommen war meine Mutter in der Küche mit dem Essen beschäftigt und fragte beiläufig, „wie war‘s in der Schule?“ „Nichts Besonderes“, entgegnete ich kurz und setzte mich an den Esstisch. Es roch gut nach Pfannkuchen und meine Mutter meinte: „Ich muss gleich zur Arbeit, was hast du heute Nachmittag vor?“ „Hausaufgaben und dann zu Tommy“, antwortete ich und stopfte mir einen dick mit Erdbeermarmelade bestrichenen Pfannkuchen in den Mund.

Nach dem Essen ging ich auf mein Zimmer und machte mich an die Hausaufgaben. Meine Zimmertür ging auf und meine Mutter steckte Ihren Kopf herein. „Ich bin dann weg, schließ bitte ab wenn du gehst, bis heute Abend.“

Ich mochte meine Mutter wirklich gerne, aber manchmal wünschte ich mir, ich könnte mich ihr mit meinen Sorgen mehr anvertrauen und sie wäre etwas moderner und nicht so konservativ.

Als ich mit den Hausaufgaben fertig war, packte ich meine Schulsachen zusammen und machte mich auf den Weg zu Tommy.

Es war nicht so sehr weit, zu Fuß brauchte ich dennoch zwanzig Minuten bis zu Tommy und alles bergab. Ich freute mich schon, bald hatte ich meinen Führerschein und dann würde vieles anders werden. Vor allem der Rückweg von Tommy zu mir nach Hause, denn dadurch, dass es nur bergauf ging war das schon manchmal nervig und anstrengend.

Ich klingelte und Tommy öffnete die Tür, „komm rein, hab schon was vorbereitet“, trällerte er und ich wusste schon was kommt.

Im Esszimmer hatte Tommy ein paar belegte Brote und zwei Bier auf den Tisch gestellt. Wenn wir alleine zuhause waren, dann tranken wir gerne mal ein Bier, auch am helllichten Tag und unterhielten uns.

Wir setzten uns an den Tisch, hörten Musik und ließen uns das Bier schmecken. Es blieb aber nicht bei einer Flasche und als ich die zweite Flasche halb leer gemacht hatte, merkte ich, wie der Alkohol langsam meine Sinne benebelte. Tommy saugte genüsslich an der Flasche und ich beobachtete ihn von der Seite. Wieder fuhren meine Gedanken Achterbahn und ich begann mit dem Gedanken zu spielen mich meinem besten Freund anzuvertrauen.

Der Alkohol schien meine Zunge zu lösen und ich fasste mir ein Herz. „Du Tommy, ich muss dir was sagen.“

„Was denn“, fragte er, „ist was passiert?“

„Na ja“, stotterte ich, trotz Alkohol war mir nicht ganz wohl dabei und so stotterte ich weiter, nachdem ich noch mal einen tiefen Zug aus der Flasche genommen hatte.

„Ich…ich…ich glaube ich bin…….“ „Was ist denn los mit dir“, fragte Tommy, „raus damit was bist du?“

Ich holte tief Luft. „Ich glaube…… ich bin schwul.“

Ich schaute Tommy an und zitterte leicht in Erwartung seiner Reaktion. Er hielt die Bierflasche in halber Höhe zum Mund und starrte mich ungläubig an. Dann führte er die Flasche vollends zum Mund nahm einen kräftigen Schluck und meinte, „Wieso? Hast du dich in Gize verknallt?“

Seine Antwort war wie ein Paukenschlag. Damit hätte ich als letztes gerechnet, wie kam er ausgerechnet auf Gize? Hatten mich meine Blicke verraten oder dachte Tommy vielleicht ähnlich wie ich? Konnte es sein, dass auch er schwul war oder bi? Tausend Gedanken gingen mir durch den Kopf und ich wusste nicht, was ich antworten soll.

Tommy schien zu merken, dass er mich mit seiner Bemerkung verunsichert hatte und bemühte sich mich wieder auf festen Boden zu bringen. „Du brauchst dir keine Gedanken zu machen, an unserer Freundschaft ändert sich dadurch nichts und ich habe auch überhaupt kein Problem damit“, versuchte er mich zu beruhigen.

Ich hatte Angst, hatte Hoffnung, spürte Verzweiflung, alles schien um mich herum zusammenzubrechen und anstatt mich Tommy endlich anzuvertrauen, kniff ich den Schwanz ein und trat den Rückzug an. „Quatsch“, sagte ich gequält, „wollt dich nur auf den Arm nehmen, ich bin doch nicht schwul“, lachte ich und nahm einen weiteren Schluck aus der Pulle.

Tommy starrte mich eine Weile verständnislos an und lachte dann lauthals los, „OK, hast mich ja schön drangekriegt, aber wenn‘s so gewesen wäre, hätte ich wirklich kein Problem damit gehabt.“

Wir tranken aus, räumten Gläser und Flaschen auf und gingen dann nach oben in Tommys Zimmer. Ich schmiss mich auf sein Bett und er legte eine CD ein und begann sein Aquarium mit dem Scheibenreiniger zu putzen, wobei ich ihn beobachtete.

Könnte es nicht doch sein, einen Augenblick ist es mir so vorgekommen, wie wenn er froh war als ich ihm sagte, ich sei schwul. Empfand er ähnlich? Warum war seine erste Reaktion und Frage, ob ich in Gize verknallt sei? War er am Ende selber in Gize verknallt? Eigentlich war ich mir ganz sicher, dass er nicht schwul ist. Warum habe ich den Rückzug angetreten? Ich könnte mir in den Hintern beißen, aber jetzt war es zu spät.

„Scheiße, ein Guppy ist tot“, hörte ich Tommy wie aus einem Nebelfeld heraus sagen, „gibst du mir mal den Cacher? Alles ok mit dir?“ , fragte er.

„Klaro“, hörte ich mich selber sagen, „sorry, ich glaube das Bier ist mir in den Kopf gestiegen, ich mach mich mal heim“.

„OK, dann sehen wir uns morgen in der Schule“, sagte Tommy und ich machte mich auf den Heimweg.

Daheim angekommen warf ich mich aufs Bett und versuchte das eben erlebte zuzuordnen. Warum hatte ich Idiot nicht den Mut mich gegenüber Tommy zu outen. Ich glaube er wäre damit echt gut klar gekommen. Auch wenn er über die Schwulenwitze in der Schule, die übrigens auch Gize herzlich gerne zum Besten gab, immer herzlich lachen konnte, so glaube ich nicht, dass er mich fallengelassen hätte.

Es war totenstill im Haus und das Bier tat seine Wirkung, als ich einschlief und in das Land der Träume entwich.

Eine Stimme holte mich aus den Träumen zurück. „Bin wieder da“, sagte meine Mutter und ich schaute in ihr besorgtes Gesicht als ich die Augen aufschlug. „Was ist denn mit dir“, fragte sie, „du siehst gar nicht gut aus.“ „Alles in Ordnung Mama, bin nur eingeschlafen.“ Ein Blick auf meinen Wecker zeigte mir, dass ich 2 Stunden gepennt hatte und es mittlerweile halb acht war.

Wie sollte das nur alles weitergehen. Ich hatte keine Ahnung aber irgendetwas musste geschehen.

Am nächsten Tag in der Schule war alles ganz normal. „Hi Mikel“, begrüßte mich Tommy. „Hi Tommy“, entgegnete ich. Alles war wie immer und nichts deutete darauf hin, dass Tommy mein Outing ernst genommen hatte.

Der Vormittag verlief ohne irgendwelche Vorkommnisse und obwohl die Stunden heute nur so dahin schlichen, kam plötzlich der erlösende Gong und die Schule war aus.

Ich verließ den Schulhof und steuerte den Parkplatz an. Heute hatte ich Fahrstunde und mein Fahrlehrer wartete schon auf dem Parkplatz vor der Schule auf mich.

„Na Junge, bereit für die letzte Fahrstunde vor der Prüfung?“

„Logo“, antwortete ich. Wir steigen ins Fahrzeug und fuhren los. Mein Fahrlehrer gab mir noch so einige Tipps und am Ende der Fahrstunde sah er zuversichtlich der praktischen Prüfung entgegen, die bereits am nächsten Tag sein sollte.

Am Abend ging ich früh ins Bett, ich war doch schon ganz schön aufgeregt. Ich schaute noch mal aus dem Fenster, vor der Tür stand mein Auto, mein eigenes Auto, dass ich mir von meinem in den Ferien selbstverdienten Geld gekauft hatte. Ich sehnte schon lange die Zeit herbei endlich unabhängig von anderen oder von öffentlichen Verkehrsmitteln überall hinzukommen und hoffte morgen, nach bestandener Prüfung, damit eine Spritztour unternehmen zu können.

Ich ließ mich ins Bett fallen und schlief ziemlich schnell ein.

„Ich hab ihn“, rief ich, als ich die Haustüre aufgeschlossen hatte, „Mutti, ich hab die Prüfung bestanden, endlich hab ich meinen Führerschein.“

Alles war gut gelaufen, ich war heute morgen schon eine Stunde zu früh an der Fahrschule, weil ich nicht mehr schlafen konnte. Am heutigen Tag war ich der zweite Prüfling und wartete vor der Fahrschule, als der erste Prüfling mit versteinerter Miene von der Prüfungsfahrt zurückkam. Mein Fahrlehrer nahm mich zur Seite und meinte, dass der Prüfer richtig miese Laune hatte. Dann klärte er mich darüber auf, welche Fallen er dem ersten gestellt hatte, der übrigens durchgefallen war und worauf ich achten musste. Nun war alles vorbei und ich hielt den Führerschein in der Hand.

Meine Mutter strahlte mich an, nahm mich in den Arm und gratulierte mir. „Dann kannst du mich ja nachher zur Arbeit fahren“, ich seufzte kaum hörbar, „na klar“, sagte ich.

Meine Jungfernfahrt hatte ich mir anders vorgestellt. Aber so waren sie meine Eltern. Den Führerschein hatte ich mir selbst erspart, das Auto auch, mein Vater war der Meinung, wenn ich das wollte musste ich auch sehen, wie ich das Geld dafür auftreiben konnte. Keinen Pfennig habe ich von meinen Eltern dazubekommen, obwohl sie es sich finanziell leicht hätten leisten können. Das Gute daran war, ich musste auch nicht danke sagen.

Also fuhr ich meine Mutter zur Arbeit. Sie arbeitete nachmittags in einem Wollgeschäft als Verkäuferin. Wie gesagt, ums Geld ging es dabei nicht, meine Mutter war, da mein Vater beruflich oft im Ausland verweilte, sehr viel alleine. Damit ihr daheim nicht irgendwann die Decke auf den Kopf fiel, hatte sie sich diesen Job gesucht und der tat ihr gut. Als ich meine Mutter vor dem kleinen Geschäft in der Innenstadt abgesetzt hatte, war ich endlich alleine in meinem Auto mit meiner neuen Freiheit und fuhr noch ein bisschen durch die Gegend einfach meine neu gewonnene Mobilität genießend.

Am Abend machte ich mich dann auf den Weg zur Tanzschule. Seit dem A-Kurs war ich hier hängengeblieben und machte inzwischen in der Formationsgruppe mit. Fast alle meiner Klassenkameraden hatten nach dem Anfängerkurs aufgehört, aber mir hat die Tanzerei einen riesigen Spaß gemacht, ich liebe es mich zu verschiedenen Rhythmen bewegen zu können und scheinbar konnte ich das auch sehr gut, denn bereits während ich den F-Kurs absolvierte, fragte mich unserer Tanzlehrerin, ob ich nicht Lust hätte in der Formationsgruppe der Tanzschule mitzumachen.

Heute war Formationstraining und wir studierten die neue Lateinformation ein. Das erste Mal, dass ich nicht mit dem Fahrrad ins Training fuhr, sondern mit dem Auto. Ich war mächtig stolz und freute mich wie ein kleines Kind.

Das Training verlief gut und wir kamen ein gutes Stück weiter. Im Anschluss daran saßen wir noch an der Bar und begossen meine bestandene Prüfung und mein erstes Auto, natürlich nur alkoholfrei, versteht sich.

An diesem Abend ging es mir so richtig gut und ich unterhielt mich lange mit Andi. Er tanzte auch in unserer Formationsgruppe und half, wie ich auch, in den Kursen beim Unterricht und an der Bar aus. Andi war ein Jahr älter als ich und bislang hatten wir noch keinen richtigen Kontakt gehabt. Mir war noch nie so richtig aufgefallen, dass er eigentlich ein hübsches Kerlchen war. Heute saß er direkt neben mir und wir unterhielten und verstanden uns richtig gut.

Später als wir uns verabschiedeten meinte er, dann können wir ja auch mal was zusammen unternehmen, jetzt wo du mobil bist. Seine Augen blitzten auf, als er das zu mir sagte. Er gab mir die Hand und drückte sie etwas zu lange, als er sich von mir verabschiedete. Die ganze Fahrt über ging mir Andi nicht mehr aus dem Kopf, warum war er mir noch nie richtig aufgefallen, warum gerade heute, unsere Verabschiedung, wie lange Andi meine Hand gehalten hat und wie mich dabei ein ganz neues Gefühl überkommen hat.

Wieder zurück zuhause rief mich mein Vater zu sich, kaum dass ich das Haus betreten hatte und es kam wie es kommen musste. Meine Mutter hatte ihm von meiner erfolgreich abgelegten Prüfung berichtet und nun hagelte es anstatt einer Gratulation nur Verhaltensmaßregeln. Ich hasste das und war einmal mehr froh darüber, dass ich kein Geld von meinem Vater für den Führerschein und das Auto bekommen hatte, nicht danke sagen musste, inzwischen 18 Jahre alt war und mir das Geschwätz meines Vaters woanders vorbeiging. Hätte er mich mal lieber in den Arm genommen und sich für mich gefreut, aber an eine väterliche Berührung konnte ich mich sowieso nicht zurückerinnern. Wahrscheinlich hat er mich als Baby nicht einmal auf den Arm genommen. Ich habe eigentlich nie wirklich gespürt, dass ich einen Vater habe, außer wenn es darum ging mich zu maßregeln, mir Verbote zu erteilen oder mich erziehen zu wollen. Mit Problemen zu meinem Dad zu kommen, unvorstellbar, dann noch eher zu meinem Mum, aber auch das war nur in wenigen Fällen erfolgt.

Na ja, egal. Mein Vater arbeitete freiberuflich für eine Firma in Amerika und war meist 2-3 Wochen im Monat im Ausland. So würde er auch morgen wieder nach Ami-Land fliegen und erst in 14 Tagen zurückkommen und das war auch gut so – Lach. So ertrug ich seine Maßregelungen und freute mich darauf, mindestens für die nächsten 14 Tage meine Ruhe vor ihm zu haben und meine neue Mobilität genießen zu können.

Ich ging auf mein Zimmer und legte mich aufs Bett. Morgen war Samstag, ich musste nicht zu Schule und abends hatten wir einen Auftritt mit unserer Tanzgruppe bei einer Feier im Bürgerzentrum. Wieder kam mir Andi in den Sinn und wieder hatte ich dieses seltsame aber angenehme Gefühl in mir. Vielleicht könnten wir morgen nach dem Auftritt noch was zusammen unternehmen….

Ich war schon fast eingeschlafen, als mein Handy klingelte. „Hi Mikel, Andi hier“, tönte es vom anderen Ende der Leitung.

„Kannst du mich morgen zum Auftritt abholen, ich habe kein Auto, meine Mum braucht es selber und ich weiß nicht wie ich zur Halle kommen soll, ähem… ich hoffe ich habe dich nicht geweckt“.

„Ist schon gut, klar kann ich dich abholen, ich bin gegen 17 Uhr bei dir.“ Dann fügte ich noch ein „Freu mich“ hinten an. Seltsam, wie schon gesagt, ich hatte nie Kontakt mit Andi, außer beim Training. Der Anruf verwirrte mich etwas, warum rief er ausgerechnet mich an. Ich erinnerte mich an seinen Blick beim Verabschieden und an seinen Händedruck. Ich sah sein Gesicht vor mir und mit einem Kribbeln in den Lenden schlief ich ein.

Am nächsten Tag schlief ich erst mal lange aus. Ich blieb absichtlich so lange im Bett bis mein Vater das Haus verlassen hatte und sich auf den Weg zum Flughafen machte, denn ich hatte absolut keinen Bock ihm zu begegnen und eine Gebrauchsanweisung für mein Leben, in der Zeit, die er in Amerika verbrachte, zu erhalten..

Es war schon 10 Uhr als ich in die Küche kam und mir einen Kaffee nahm, Hunger hatte ich keinen und so schlürfte ich das heiße Gebräu und schaute gedankenverloren aus dem Fenster.

„Na Mike“, ich hasste es, wenn mich meine Eltern so nannten, aber ich konnte es ihnen einfach nicht abgewöhnen, „was hast du heute vor?“ „Auftritt im Bürgerzentrum“, erwiderte ich kurz. „OK“, sagte meine Mutter, „komm nicht zu spät nach Hause und viel Spaß, ich gehe jetzt einkaufen und danach bin ich zum Kaffeetrinken bei deinem Bruder.“

Mein Bruder war bereits vor 4 Jahren ausgezogen, beziehungsweise mit seiner Freundin, die inzwischen amtlich zu meiner Schwägerin avanciert ist, zusammengezogen. Ich mochte beide nicht so besonders. Vielleicht lag es am Altersunterschied, mein Bruder ist 6 Jahre älter als ich, oder es lag einfach daran, dass wir grundverschieden waren, vor allem schien er das konservative Gen meiner Eltern geerbt zu haben, weswegen ich froh war, mein Leben nicht mehr mit ihm unter einem Dach teilen zu müssen. Auch er und meine Schwägerin sowieso, waren nicht die Menschen mit denen ich jemals etwas privates oder Probleme geteilt habe und dies auch niemals machen werde.

Den Vormittag und halben Nachmittag verbummelte ich regelrecht mit Lesen und Internet surfen und gegen 16:30 Uhr machte ich mich auf den Weg zu Andi. Ich hielt vor dem Mehrfamilienhaus an und hupte kurz. Andi wohnte mit seiner geschiedenen Mutter im dritten Stock. Ich sah nicht wie er wild gestikulierend aus dem Fenster sah, weil ich mich mit der Sendersuche im Radio beschäftigte. So dauerte es ein wenig als Andi schließlich an die Beifahrertür klopfte und ich ihm die Tür öffnete. „Hättest ruhig kurz raufkommen können, hast du mich nicht winken sehen?“ „Nein, hab ich nicht, sorry, ein andermal“. Ich bin noch nie in seiner Wohnung gewesen und plötzlich wurde ich neugierig, aber nun mussten wir los.

Im Bürgerzentrum angekommen, zogen wir uns um und warteten in der Umkleide auf unseren Auftritt.

Als ich so umherschaute sah ich Andi in seinem engen Lateinanzug am Fenster stehen. Die Sonne schickte ihre letzten Strahlen durch das Fenster und zeichnete eine scharfe Silhouette von ihm. Andi sah schon gut aus, schlank, leicht dunkler Teint, sein Vater war Grieche, hübsche dunkle Augen, schwarze Haare und in seinem Anzug sah er richtig scharf aus.

Ich verspürte wieder dieses Kribbeln, aber unsere Trainerin riss mich aus meinen Träumen und rief, wir seien in fünf Minuten dran und sollten uns schon mal am Seiteneingang zum Saal aufstellen.

Der Auftritt klappte super und das Publikum war begeistert. „Das muss gefeiert werden“, meinte unsere Trainerin, „ich lade euch alle ins Foyer an die Bar ein“.

So saßen wir wenig später alle an der Bar und ich wollte mir gerade ein Glas Sekt nehmen, als ich eine Hand auf meiner spürte. Als ich mich zur Seite drehte schaute mich Andi an und meinte: „Na, na, du musst doch noch fahren, kannst du mich nachher nach Hause bringen?“

„Recht hast du, klar kann ich dich fahren“ , antwortete ich mit einem Lächeln und bestellte mir eine Cola.

Eine Stunde später brachen wir auf und ich brachte Andi nach Hause.

„Ist ja noch recht früh“, meinte er, „willst du noch mit raufkommen, wir können uns noch ne DVD anschauen“. „Klar“, sagte ich und parkte mein Auto auf dem Parkplatz. Wir stiegen aus und gingen die drei Stockwerke zu Andis Wohnung hinauf. Seine Mutter war nicht zuhause. Die Wohnung war recht klein, aber pikobello aufgeräumt. Wir gingen durchs Wohnzimmer an dessen Ende sich eine Tür befand und dahinter war Andis Zimmer.

Es war ein kleines Zimmer. Viel Platz für Möbel hatte er nicht. Ein Schrankbett, wenn das ausgeklappt war, war das Zimmer bestimmt voll und man konnte sich sicher nicht mehr bewegen. Zwei Schränke, ein kleiner Tisch und 2 Sessel, das war schon alles.

„Willst du was trinken“, fragte mich Andi, als ich mich in einen der Sessel fallen ließ. „Ja, ne Cola wäre nicht schlecht“, entgegnete ich. Irgendwie hatte ich ein seltsames Gefühl im Bauch als Andi das Zimmer verließ und ich ihm hinterherschaute.

„Nebel des Grauens“, fragte er mich, als er die Cola vor mir auf dem kleinen Tisch abstellte. „Ja“, sagte ich, obwohl ich überhaupt nicht wusste was er damit meinte.

Als er den Film einlegte und auf Start drückte wusste ich es, ein Gruselfilm…Andi rückte den zweiten Sessel an meine Seite, damit wir beide in den kleinen Fernseher, der an der kurzen Seite des Zimmers stand sehen konnten.

Schweigend saßen wir nebeneinander und starrten in den Fernseher, während wir beide gedankenverloren an der Cola nuckelten.

Ganz langsam näherten sich unsere Hände und unsere Finger umspielten sich gegenseitig. Ein Gefühl der Wärme machte sich in mir breit und ich spürte plötzlich das Verlangen Andi ganz nahe zu sein. Noch nie hatte ich solche Gefühle, es war als wenn tausend Bienen in meinem Körper summten.

Ich drückte Andis Hand ganz fest und er streichelte mir mit seiner anderen Hand plötzlich über mein Gesicht. Ich nahm seinen Kopf und zog ihn zu mir herüber. Wir schauten uns tief in die Augen und ich verspürte eine Sehnsucht wie ich sie noch nie verspürt hatte.

Ich hatte keine Ahnung wie das passiert ist, aber plötzlich saß Andi auf meinen Schoß und wir küssten uns. Unbeschreibliche Gefühle stiegen aus dem Verborgenen herauf und langsam öffnete ich meinen Mund. Andi tat zeitgleich dasselbe. Unsere Zungen führten einen wilden Tanz auf und eine Explosion von Gefühlen folgte auf die nächste.

So saßen wir eine gefühlte Ewigkeit da, streichelten und küssten uns und ließen uns einfach vom Schwall der Gefühle in einem nicht enden wollenden Kuss mitreißen.

So schön es auch war und so sehr ich es genoss, plötzlich, wie ein Blitzschlag war es wieder da, das Gefühl etwas falsches zu tun, die Angst vor den Folgen, wie sollte das weiter gehen, konnten wir das geheim halten? Tausend Fragen auf die ich keine Antwort geben konnte, die mir aber eine entsetzliche Angst bereiteten, eine Angst die mit einem Mal stärker war als das Glücksgefühl, das meinen Körper gerade eben noch durchflossen hat.

Andi sah wohl die Angst in meinen Augen und fragte mich unsicher was denn los sei. „Ich weiß es nicht“, entgegnete ich, ich wollte nur noch fliehen, der Situation entfliehen und vor den Folgen fliehen. Wie gelähmt saß ich da und versuchte meine Hand, die Andi noch immer fest umschlungen hielt wegzuziehen. Andi merkte das und anstatt loszulassen hielt er meine Hand nur noch fester. Ich wehrte mich dagegen und schob ihn ziemlich grob von meinem Schoß, so dass er im anderen Sessel landete und mich mit großen Augen anstarrte. Ich schaute in seine jetzt traurigen Augen, die ihren ganzen Glanz verloren hatten und stand wie versteinert da.

Langsam erwachte ich aus meiner Starre und sagte zu Andi: „Ich will das nicht, das kannst du mit mir nicht machen, such dir dafür jemand anderen.“ Dann ging ich wortlos zur Tür und stürzte aus der Wohnung. So wie ich das Treppenhaus heruntergepoltert bin, ist wahrscheinlich das halbe Haus aufgewacht, aber ich wollte nur noch weg. Ich stieg in mein Auto, ließ den Motor an und fuhr einfach los. Meine Gedanken schlugen Saltos, ich konnte nicht mehr klar denken. Als ich am Einkaufszentrum vorbeikam, fuhr ich auf den Parkplatz, stellte mein Auto ab und vergrub mein Gesicht in meinen Armen auf dem Lenkrad. Dann überkam es mich und ich fing bitterlich an zu heulen. Es war ein richtiger Heulkrampf und ich konnte nicht verstehen was geschehen war.

Meinem besten Freund gegenüber konnte ich mich nicht outen, obwohl ich es schon ausgesprochen hatte. Und heute, heute habe ich zum ersten Mal erlebt, wovon ich so lange geträumt habe und was mache ich, vor lauter Angst, vor …., ja vor was eigentlich, vor was hatte ich Angst, dass ich Andi so verletzen konnte?

Jetzt saß ich im Auto und wünschte mir nichts mehr als Andi wieder ganz nah bei mir zu spüren, eben noch war mir so warm, als er auf meinem Schoß saß, jetzt fröstelte es mich. Das schlimmste aber war, wie sollte ich mich jetzt verhalten, wie sollte es weitergehen.

Ich hatte das Gefühl mein Leben sei gerade zu Ende gegangen, ich saß hier alleine im Auto auf einem menschenleeren Parkplatz…

Ich weiß nicht wie lange ich so da saß, als jemand an die Scheibe klopfte, ich war wohl eingeschlafen. Als ich aufblickte, sah ich einen Polizisten der mit einer Taschenlampe in mein Fahrzeug leuchtete und fragte: “Na junger Mann, was machen wir denn hier?“

„Klasse“, dachte ich, „auch das noch.“

„Was machen Sie hier, Ihre Papiere bitte“, hörte ich den Polizisten sagen. Ich stammelte etwas von Übelkeit und schlechtem Essen und das ich deswegen angehalten hätte. Ich bin nicht gerade der selbstsichere Ausredenerfinder aber scheinbar glaubte er mir. „Na ja, Sie sehen ja nicht gerade wie das blühende Leben aus“, antwortete der Polizist, als er mir die Fahrzeugpapiere zurückgab. „Haben Sie etwas getrunken?“ „Nein“, antwortete ich wahrheitsgemäß und schaute den Polizisten aus meinen rot verheulten Augen fest an. Irgendwie schien er mir zu glauben und fragte: „Können Sie nach Hause fahren oder brauchen Sie Hilfe?“ „Ja, geht schon“, erwiderte ich. „Na dann gute Heimfahrt“, verabschiedete sich der Polizist.

Ich ließ den Wagen an und machte mich auf den Heimweg. Daheim angekommen zog ich vor der Türe die Schuhe aus um keinen Krach zu machen. Meine Mutter wollte ich jetzt auf gar keinen Fall aufwecken und mich ihren Fragen stellen, so verheult wie ich aussah.

Ich schlich mich auf mein Zimmer und warf mich aufs Bett. Der Abend mit seinen Bildern lief wie ein Film vor meinen Augen ab, allerdings kein guter Film.

Das einzig positive an diesem Abend war, dass ich mir jetzt eigentlich sicher war, ich bin schwul. Noch nie hatte ich solche Gefühle gehabt, noch nicht einmal in meinen Träumen. Es war unbeschreiblich schön gewesen und ich hatte alles kaputt gemacht. Da war jemand für den ich Gefühle hatte und der diese Gefühle erwiderte und das einzige was ich tat, war diesen Menschen zutiefst zu verletzen und mir selber dabei auch noch wehzutun. Das bescheuerte daran war, ich wusste nicht warum ich mich so verhalten hatte. Wie soll ich mich jetzt weiter verhalten? Es war ja nicht so, dass ich Andi nicht wiedersehen würde, schließlich trainierten wir ja zusammen und konnten es nicht vermeiden aufeinander zu treffen. Davon abgesehen wollte ich ihn ja auch wiedersehen, ihn in den Arm nehmen…

Morgen ist Club-Party in der Tanzschule, da war ich normalerweise immer dabei und Andi würde auch da sein. Soll ich hingehen oder lieber nicht, ich wusste es nicht und bevor ich eine Entscheidung treffen konnte holte mich die Müdigkeit ein und ich schlief erschöpft ein.

„Willst du mit mir frühstücken?“, meine Mutter stand in meiner Zimmertüre und schaute mich fragend an. Ich konnte ihr das einfach nicht abgewöhnen, einfach meine Zimmertüre ohne anzuklopfen aufzumachen. Meine Güte ich war 18 und da bestünde ja grundsätzlich die Möglichkeit, dass ich nicht alleine im Zimmer war, aber das kam meiner Mum wohl nicht in den Sinn.

„Komme gleich“, sagte ich verschlafen, „ich springe nur noch schnell unter die Dusche.“

Zwanzig Minuten später saßen wir zusammen am Frühstückstisch. „Na, wie war’s gestern, wann bist du denn heimgekommen“, fragte meine Mum. „Hat alles prima geklappt, der Auftritt war ein Erfolg und danach waren wir noch was Trinken.“ Meine Mutter schaute mich mit hochgezogenen Augenbrauen an, „du hast doch nicht etwa Alkohol getrunken und bist dann noch Auto gefahren?“

„Natürlich nicht“, antwortete ich gereizt, „ich bin doch nicht bescheuert“, und musste dran denken, wie Andis Hand auf meinem Arm lag als er mir vom Sekt abgeraten hat. Ich seufzte tief und sofort kam die Frage: „Alles in Ordnung?“ „Ja“, erwiderte ich und dann kam eine Frage die mich erstarren ließ. „Hast du eigentlich wieder mal was von Teresa gehört?“ Ich horchte auf, wie zum Teufel kam meine Mutter gerade jetzt auf unsere Austauschschülerin, klar hatte sie damals gesehen, dass wir geknutscht haben, als sie wieder mal ohne zu klopfen in mein Zimmer stürmte und es ihr überhaupt nicht peinlich war uns so zu sehen. Aber ausgerechnet heute Morgen fragt sie nach Teresa, war das ihr siebter Sinn? „Nein“, antwortete ich, „ich muss ihr mal wieder schreiben.“ „Tu das, ist ein nettes Mädchen“, sagte sie. Für diese Bemerkung hätte ich ihr in meiner jetzigen Situation den Hals umdrehen können oder sollte ich einfach sagen, sorry Mama, ich stehe nicht auf Mädchen ich stehe auf Jungs, ich bin nämlich schwul. Prima das wäre dann das Wort zum Sonntag und anschließend würde wahrscheinlich die Apokalypse bei uns ohne zu klingeln ins Haus marschieren und der Sonntag wäre gerettet.

In diesem Moment wurde mir zumindest eines klar. „Heute Mittag geh ich in die Tanzschule zur Clubparty“, sagte ich zu meiner Mutter.

Mir war nicht wohl dabei, keine Ahnung wie Andi reagieren würde wenn er mich sieht, aber ich musste das irgendwie wieder gerade biegen, wenn ich auch noch nicht wusste wie.

Gegen Nachmittag machte ich mich auf den Weg zur Tanzschule. Da die Mitglieder der Formationsgruppe bei der Clubparty immer halfen, waren wir immer schon eine Stunde früher da, um zu besprechen wer für was zuständig war.

Mit klopfenden Herzen und einem Gefühl, als müsste ich mich gleich übergeben, betrat ich die Tanzschule und sah mich um. Es waren schon alle da, alle bis auf einen, Andi fehlte. Was hatte das zu bedeuten, einerseits war ich fast froh, andererseits hoffte ich inständig, dass er noch kommen würde.

Wir teilten den Dienst ein und saßen an der Theke, als die Tür aufging und Andi den Saal betrat. Er hatte eine knallenge Jeans an, ein weißes Hemd seine Haare waren leicht zerzaust und er sah aus, als wenn er nicht geschlafen hatte.

Als er zur Theke kam sah er mir in die Augen, sein Blick war finster und seine Augen funkelten bedrohlich. Ich brachte ein mühsames „Hallo“ hervor, aber er schaute weg und ging hinter die Bar. Er zapfte sich ein Bier und leerte das Glas zur Hälfte in einem Zug aus. Dann schaute er mich wieder finster an.

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