Stories
Stories, Gedichte und mehr
Zuhause
Teil 4
Der Lesemodus blendet die rechte Navigationsleiste aus und vergrößert die Story auf die gesamte Breite.
Die Schriftgröße wird dabei vergrößert.
Informationen
- Story: Zuhause
- Autor: Thomas
- Die Story gehört zu folgenden Genre: Drama, Coming Out, Lovestory
Nachdem Marcus auch noch entdeckt hatte, daß sich das Sofa in eine Art Doppelbett verwandeln ließ, war die Entscheidung gefallen und wir machten uns auf den Weg zu unseren Müttern um ihnen die freudige Nachricht zu überbringen. Johanna grinste reichlich öffentlich, als Marcus die Doppelbettfunktion des Sofas erwähnte und ich mußte mich mal wieder schwer zurückhalten. Vor ein paar Tagen hatte ich mir noch Sorgen gemacht, wie Johanna wohl reagieren würde, wenn sie hörte, daß ich schwul bin und nun versuchte sie, mich mit jedem erreichbaren Jungen zu verkuppeln - muß wohl ein Mutterinstinkt sein.
»Ach du liebe Güte, es ist ja gleich halb fünf! Thommy, wir müssen los, schließlich müssen wir die Couch auch noch bezahlen. Marcus, ich finde, wenn das Sofa da ist, solltest du vorbeikommen. Schließlich hast du es mit ausgesucht und Thommy kann bestimmt Hilfe brauchen, wenn er den Rest einrichtet.«
»Klar, gern ... wenn du willst Thommy?«
Schön, daß mich auch mal jemand fragte ... und ob ich wollte, mit Marcus wäre ich auch zum Nordpol gefahren.
»Natürlich, gern, bei mir gibt es wirklich noch so einiges einzurichten.«
Also gingen wir bezahlen, klärten die Lieferung und beeilten uns, zum Auto zu kommen.
»Na, wie gefällt er dir?«
»Johanna!!«
»Na komm, jetzt tu nicht so. Ich habe genau gesehen, wie du ihn angeschaut hast!«
»Hey, du bist doch kein Heiratsinstitut! Abgesehen davon, so einfach ist das nicht.«
»Aha, er gefällt dir also.«
Hm, natürlich gefiel er mir, naja, eigentlich war es mehr als nur gefallen.
»Du träumst ja!«
»Eine Mutter spürt so etwas. Abgesehen davon ... du siehst doch, wie einfach es ist. Übermorgen kommt die Couch und dann kommt auch Marcus und dann ...«
»Und dann gehen wir zwei Tage später händchenhaltend durchs Dorf und verbringen die Nächte zusammen auf der Couch und Frau Huber sucht schon mal die Eheringe aus. Schön wär's!«
Ich lachte bitter. Und dann fiel mir noch etwas ein.
»Und du hast bei deinen Hochzeitsplänen noch eine Kleinigkeit vergessen, die Wahrscheinlichkeit, daß Marcus auch schwul ist, ist doch eher klein.«
»Du hast ja recht, die Statistik lügt niemals, aber ... Thommy, ich habe auch gesehen, wie er dich angeschaut hat. ... Und du bist ja auch süß!«
Gibt es eigentlich ein Rezept gegen das Rotwerden? Ich spürte jedenfalls, wie mein Gesicht warm und wärmer wurde, ich meine, es war nur noch peinlich ... süß, also wirklich!
»Johanna, es reicht. Ich freue mich ja, daß du offensichtlich überhaupt keine Schwierigkeiten damit hast, daß ich schwul bin, aber um mein Liebesleben kümmere ich mich doch lieber selbst. Du liebe Güte, wahrscheinlich kommst du noch auf die Idee, mir unauffällig ein Päckchen Kondome zuzustecken.«
»Zu spät, liegt schon in deinem Bad.«
»Nicht ernsthaft!«
»Ich finde das ziemlich ernsthaft, Stefan kriegt ungefähr jeden Monat ein neues Päckchen.«
» ...«
Ja, jetzt war ich wirklich sprachlos - kommt selten vor.
»Thommy, irgendwann wirst du mit einem Jungen schlafen und ich will, daß du Spaß dabei hast, aber ich will auch, daß du gesund bleibst, klar? Also benutz die Dinger! Bei Stefan kommt jetzt noch der Teil mit der ungewollten Schwangerschaft ...«
»Aber den kannst du dir bei mir sparen. Also irgendwie schaffst du es immer wieder, mich zu überraschen.«
»Warum denn? Hey, wir leben im dritten Jahrtausend! Sex ist was schönes und völlig normal - also, wo ist das Problem?«
Offensichtlich gab es noch viel, was ich über Mütter lernen mußte.
Als wir wieder zu Hause waren, verschwand ich unauffällig in mein Zimmer und schaute nach - tatsächlich, im Spiegelschrank lag ein Zehnerpack Kondome, Johanna hatte mich nicht auf den Arm genommen. Nachdenklich schaute ich mir die Packung an - es war schon irgendwie verrückt, vor zwei Wochen wußte noch niemand, daß ich schwul war und jetzt versorgte mich meine Mutter schon mit Kondomen.
Zum Abendessen gab es nur Brot und Aufschnitt, wir hatte einfach keine Zeit mehr gehabt, etwas zu kochen. Johannes und Stefan maulten natürlich herum, aber Johanna brachte die beiden mit einem geschickten Themenwechsel ganz schnell zum Schweigen.
»Wir haben heute die Hubers im Möbelhaus getroffen.«
»Schön.«
»Marcus war auch da.«
»Ja, schön.«
»Er hat zusammen mit Thommy die neue Couch ausgesucht.«
»Schön. Reichst du mir mal den Schinken?«
»Johannes, ich sagte: Marcus und Thommy haben die neue Couch zusammen ausgesucht!«
»Ja, Schatz und ich sagte: Reichst du mir bitte mal den ... Moment mal!«
»Gott sei Dank, ich dachte schon, du hättest dein Gehirn in der Klinik vergessen.«
»Herzlichen Glückwunsch Thommy, Mama versucht seit Jahren erfolglos, mich zu verkuppeln - jetzt bist du dran.«
»Also, jetzt macht mal langsam, ich hab Marcus heute zum ersten Mal gesehen und er scheint ein ganz netter Kerl zu sein und das wars.«
»Genau, du kannst doch nicht einfach Thommy mit dem nächstbesten Jungen verkuppeln ...«
Johannes sprang für mich in die Bresche
» ... schließlich habe ich heute einen wirklich hübschen 17-Jährigen auf Station drei gesehen, der wär vielleicht was für Thommy.«
War wohl nichts mit dem Sprung in die Bresche
»Nein, Papa, du kennst doch Reiko aus meiner Klasse, ich glaube, der will mal Medizin studieren und das wäre doch ein toller Schwiegersohn für dich.«
»Das ist natürlich ein Argument, also schreiten wir zur Abstimmung, wer ist für Reiko?«
»Sag mal, spinnt ihr jetzt alle?«
Der Rest der Familie fing an zu lachen, naja, langsam müßte ich ihren Humor ja kennen.
»Ich wünschte, der Rest der Welt hätte auch so wenig Probleme mit meinem Schwulsein wie ihr.«
»Woher weißt du denn, daß sie so große Probleme hat? Ich glaube, du wirst da noch einige Überraschungen erleben.«
»Ich laß mich überraschen, aber wir sollten sowieso überlegen, wie wir die ganze Geschichte angehen.«
»Nanu, ich dachte, du wolltest langsam machen ...«
Johannes, in einem ernsthaften, bedächtigen Tonfall
» ... aber, Thommy, heißt der Grund für deine plötzliche Eile vielleicht Marcus?«
»Sag mal müssen wir solche Dinge eigentlich unbedingt beim Abendessen besprechen? War denn heute nichts in der Schule los? Und das Leben als Arzt ist bestimmt auch ungeheuer aufregend, warum erzählst du nichts?«
Stefan unterdrückte ein Lachen und griff zur Butter
»Also, da sind wir wirklich bessere Ablenkungsmanöver gewöhnt.«
»Das war kein Ablenkungsmanöver, aber ich habe es schon Johanna gesagt: Um mein Liebesleben kümmere ich mich selbst!«
»Das sollst du auch, aber ...«
Johannes räusperte sich umständlich.
» ... nun, wie soll ich es sagen, wenn deine Zukunftspläne den Sohn einer unserer ältesten Freundinnen einbeziehen, dann würde ich gern davon wissen.«
»Warum? Die Chancen stehen sowieso mies, daß da mal was laufen wird. Soll ich in Zukunft jeden Jungen, der mir gefällt, erstmal dir vorstellen, oder wie? Du hast mal gesagt, daß du hinter mir stehst, also was soll der Scheiß?«
So langsam wurde ich sauer.
»Ja, genau darum geht es doch! Du wirst Marcus ja wohl sagen, daß du schwul bist - das Problem ist, daß seine Mutter davon erfahren könnte. Inge ist wirklich lieb, aber sie kann ihren Mund nicht halten. Wenn sie weiß, daß du schwul bist, dann wissen es alle. Verstehst du das Problem?«
»Ja, klar, aber was soll ich denn machen?«
»Genau darüber sollten wir reden. Thommy, natürlich stehen wir hinter dir und wir kennen die Verhältnisse hier natürlich besser als du.«
Johannes holte tief Luft und seufzte.
»Thommy, laß mich mal etwas ganz klar sagen. Wir wußten, daß die Dinge nicht so ganz einfach werden und wir werden alles tun, um dir zu helfen. Aber dazu mußt du uns schon ein bißchen vertrauen! Wir sind ein gutes Team und wir können eine ganze Menge in Bewegung setzen, aber da mußt du dann auch mitspielen. Wenn ich plötzlich auf der Straße höre, daß du schwul bist, dann kann ich nur noch wenig machen. Du mußt nicht alles, was du tust, mit uns absprechen, aber wenn du Dinge tust, die die ganze Familie betreffen, dann solltest du es auch der ganzen Familie sagen.«
Ich nickte nachdenklich, aber Johannes war noch nicht fertig.
»Ich weiß, daß wir hier über ungelegte Eier spekulieren, aber ich kenne Marcus seit vielen Jahren und er ist ein guter Junge. Wenn ihr beide zusammenkommen solltet, dann wäre Marcus auch in unserer Familie willkommen.«
Langsam wurde mir klar, was er da gesagt hatte.
»Habe ich dir eigentlich schon gesagt, daß du großartig bist? Danke, das bedeutet mir viel, auch wenn es ungelegte Eier sind. Johanna sagte, daß ihr schon mal überlegt habt, hier und da aktiv zu werden, ich fände es gut, wenn ihr damit anfangen würdet.«
»Zu spät.«
»Ähh, wie?«
Johannes grinste
»Wir hatten gestern in der Klinik eine Diskussion zum Thema Schwule. Naja, ich habe da ein bißchen nachgeholfen ... ich habe zwei Kollegen empfohlen, ihre Meinung zu überdenken oder sich neue Jobs zu suchen.«
»Und die Gerüchteküche hier im Dorf sagt dazu, daß mein Göttergatte anfängt, sich für Minderheiten einzusetzen und das stößt bisher auf Zustimmung.«
»Moment mal, von wegen Gerüchteküche, Marcus erzählte, daß die Buschtrommeln hier allen möglichen Unsinn über mich verbreiten.«
»Tun sie.«
Stefan schmunzelte.
»Heute hat Reiko mich gefragt, ob mein Mafia-Bruder denn auch zu uns in die Klasse kommt. Ich habe das natürlich sofort richtig gestellt.«
»Danke!«
»Keine Ursache. Jetzt wissen alle, daß deine Familie irgendwie maßgeblich am Zusammenbruch der alten Sowjetunion beteiligt war ...«
Meine Eltern fingen an zu lachen.
» ... und nun von verschiedenen Geheimdiensten verfolgt wird, aber in den USA Zuflucht gefunden hatte, aber wieder fliehen mußte. Und bei der Gelegenheit bist du zu uns gekommen.«
»Ich seid doch alle bescheuert.«
»Klar, aber es macht Spaß! Nein, ernsthaft, das hier ist Bayern und es ist schwer, hier akzeptiert zu werden. Du gehörst zwar zur Familie, aber durch diese ganzen Gerüchte werden die Leute neugierig, und das kann nur gut für dich sein.«
»Und ich dachte immer, das Leben im Heim sei kompliziert!«
Am nächsten Nachmittag rief Johannes mich zu sich.
»So, ich verwandele mich mal wieder vom Vater zum Arzt, mal sehen, wie es dir geht. Zieh mal dein Hemd aus.«
Die übliche Prozedur, erst die Rippe, dann die Hand.
»Hm, das sieht gar nicht gut aus!«
»Wieso, es tut doch nicht mehr weh!«
»Genau. Ich erkläre dich durch die Wunder die modernen Medizin für fähig, zur Schule zu gehen!«
»Habe ich dir schon gesagt, was für entsetzliche Schmerzen ich habe?«
»Ach, hat das vielleicht etwas mit diesem Wort ‚Schule‘ zu tun? Wo tut's denn weh?«
»Egal wo, aber bist du wirklich sicher, daß ich den weiten Weg zur Schule schon zurücklegen kann? Immerhin schwebte ich ja sozusagen zwischen Leben und Tod und Rückfälle kann man ja nie ganz ausschließen!«
»Du hast völlig recht, vielleicht sollte ich noch einen abschließenden Test machen, Stefan sagte, du wärst ziemlich kitzelig ...«
Und schon waren seine Finger überall und ich bog mich vor Lachen.
»Du bist .... hör auf .... nein .... du bist .....«
»Du bist auf jeden Fall gesund, Thommy, das habe ich gerade quasi wissenschaftlich bewiesen. Okay, morgen kannst du noch hier bleiben, aber übermorgen geht es los!«
Es dauerte etwas, bis ich wieder Luft bekam.
»Naja, es konnte ja nicht ewig dauern. Das bedeutet dann wohl, daß morgen wieder Großeinkauf ist.«
»Wieso?«
»Naja, irgendwas muß ich ja anziehen und meine alten Klamotten gibt es ja nicht mehr.«
»Stimmt. Also morgen Großeinkauf, Johanna soll sich darum kümmern. Aber versucht, am Nachmittag wieder da zu sein, dann kommt dein Sofa.«
Ein guter Hinweis, aber das Möbelhaus rief an und das Sofa kam dann doch vormittags - also mußten wir den Großeinkauf auf den Nachmittag verlegen.
Johanna räumte gerade die Reste des Mittagessens weg, als es schellte. Marcus, den hatte ich allerdings völlig vergessen - naja, nicht völlig, aber ich hatte nicht mehr daran gedacht, daß er wegen des Sofas kommen wollte.
»Hi Thommy! Wie steht es denn mit der Couch?«
»Steht schon oben. Die waren schon heute vormittag hier.«
»Ja, und wir sind gerade auf dem Sprung zur nächsten Einkaufstour.«
»Hallo, Frau Steinberg! Soll ich aussuchen helfen? Das mit der Couch hat ja gut geklappt.«
»Naja, eigentlich brauchen wir noch Kleidung für Thommy, er soll morgen wieder in die Schule und bei dem Unfall haben sich seine Sachen so ziemlich erledigt. Aber weißt du was, warum fährst du nicht einfach mit, wenn du schon sein Zimmer einrichtest, kannst du ihn auch anziehen.«
Sagte ich schon, daß Johanna reichlich zweideutig sein kann? Ich hätte mich gern von Marcus anziehen lassen - nicht nur in einem Kaufhaus.
»Eine gute Idee, wer weiß, was für einen merkwürdigen Geschmack Johanna hat.«
»Ha, ich habe schon viele Männer perfekt angezogen!«
»Na, das mußt du mir mal in Ruhe erzählen. Können wir?«
Wir konnten.
Natürlich mußten wir nach München und der Verkehr war ziemlich nervig. Irgendwann fanden wir ein Parkhaus und die Sucherei ging los. Also, nichts gegen München, aber wir rannten uns die Füße platt. Jeans waren kein Problem und nachdem wir uns mit einem Jahresvorrat T-Shirts eingedeckt hatten, brachten wir unsere Schätze erstmal zum Auto - aber dann wurde es schwierig.
»Johanna, ich bin doch nicht Tom Jones!«
Ein metallic-blau gemustertes Hemd - also wirklich.
»Nein, zum Glück nicht, aber es würde dir stehen.«
Marcus griff ein.
»Es würde ihm stehen, aber wenn Thommy in dem Hemd zur Schule käme, gäbe das einen Aufstand.«
»Himmel, seid ihr lahmarschig! Da bin ich alte Frau ja noch moderner!«
Ich hatte zwar nicht viel Erfahrung mit Frauen, aber sogar ich wußte, daß es darauf nur eine richtige Antwort gab - und das die falsche Antwort etwas auslösen würde, gegen das der Urknall wie ein harmloser Auftakt wirken würde.
»Johanna, gegen dich fühle ich mich manchmal wie ein alter Mann. Du bist nicht alt. Nie und nimmer.«
Wahrscheinlich haben alle Männer seit Anbeginn der Zeit diesen Blödsinn erzählt, aber es muß wohl ein Naturgesetz sein - Johanna strahlte und ich hütete mich, mein Grinsen zu zeigen.
»Vielleicht hast Du recht, Thommy, ich bin manchmal meiner Zeit voraus. Na gut, schauen wir weiter.«
Sieg auf der ganzen Linie.
»Genau, und schließlich kennt Marcus sich ja in der neuen Schule aus, ich meine, wie man da so rumläuft.«
Womit ich mich Marcus' Geschmack auslieferte, aber was ich so bisher an ihm gesehen hatte, gefiel mir ... sogar sehr. Und ich hatte mich nicht geirrt, nach einer halben Stunde hatten wir eine sehr geschmackvolle Sammlung an der Kasse liegen. Ich schluckte, als ich die Endsumme war, aber Johanna legte nur ihre Karte auf den Tresen.
»Legen sie die Sachen bitte noch für uns zurück, wir brauchen noch einige andere Dinge.«
Johanna hatte gesprochen - wenn ich nur gewußt hätte, wovon. Marcus und ich tauschten einen fragenden Blick, dann nahm Johanna uns ins Schlepptau. Socken! Das ich daran nicht gedacht hatte. Kein Problem, ich hatte nie so ganz verstanden, warum jemand viel Wert auf Socken legte, die man doch sowieso kaum sah. Das sagte ich auch Johanna - war ein Fehler.
»Schön! Dann sind wir mit den Unterhosen ja auch schnell durch, die wird ja außer dir und ... nun, wem auch immer, kaum jemand sehen.«
»Moment, langsam. Bitte nicht diese 5-Packs für 10,-DM! Immerhin muß ich ja in den Dingern rumlaufen.«
»Käme auch im Sportunterricht nicht so gut an. Wir sind zwar keine Eliteschule, aber es gibt schon so gewisse Standards. Laß uns mal da hinten schauen, die sehen doch schon ganz gut aus.«
Meine Güte, ich sah Marcus heute erst zum zweiten Mal und schon suchte er meine Unterhosen aus. Also irgendwie ging das verflucht schnell.
Letztlich lief es darauf hinaus, daß ich bei meiner Neueinkleidung ein geringes Mitspracherecht hatte, aber eigentlich hatte Marcus mich ziemlich buchstäblich angezogen. Ich war nicht so ganz sicher, was ich davon halte sollte, ich meine, gut, für mich hatte hier irgendwie etwas Neues angefangen und war auch bereit, mich anzupassen, aber ich hatte nicht vor, den alten Thommy völlig zu begraben. Ich hatte Selbständigkeit gelernt und ich wollte mich nicht wieder zum Kind machen lassen. Andererseits ... naja, wenn Johanna das versucht hätte, dann hätte ich mich um jeden Preis gewehrt, aber ... bei Marcus war das was anderes. Wenn ich nur wüßte, was da eigentlich anders war.
Wir schleppten den ganzen Kram zum Auto und entschieden uns, zu Hause zu essen und nicht in München. Mit taten die Füße weh, ich glaube, Einkaufen ist nicht so mein Ding. Nach ungefähr einer Stunde rollten wir in unsere Einfahrt.
»Ich glaub, ich pack's dann mal, meine Eltern werden sich schon fragen, wo ich bleibe.«
»Wart mal, Du hast doch noch gar nicht das neue Sofa gesehen. Warum rufst du Inge nicht an und sagst ihr, daß du den Abend bei uns bist?«
»Stimmt, ich würd' Thommys Zimmer gern mal sehen.«
»Okay, dann spring ans Telefon. Thommy, sieh zu, daß du deinen Kram aus dem Auto in dein Zimmer kriegst. Ich kümmere mich um das Essen.«
Ich dachte mit Schaudern an Johannas Kochkünste und dachte an einen Tausch.
»Gibt's eine Chance, daß wir's andersherum machen?«
»Also, wenn Du es andersrum machen willst, dann mußt du schon Marcus fragen.«
Johanna grinste und ich schaute verwirrt, aber Marcus stand plötzlich wie versteinert da. Sein Gesicht lief rot an und sein Blick verschleierte sich.
»Ich glaube, ich gehe jetzt besser.«
Zuerst ging er langsam, aber nach ein paar Schritten lief er so schnell, daß seine langen schwarzen Haare hinter ihm her wehten.
Da erst begriff ich, was Johanna gesagt hatte, na, das war schon nicht mehr zweideutig, sondern ziemlich eindeutig gewesen. Ich schaute hinter Marcus her und mein Herz tat weh.
»Thommy, es tut mir sehr leid. Ich wollte nur einen Scherz machen.«
»Ja, nur der ist gründlich in die Hose gegangen.«
»Sieht so aus. Aber ... warum eigentlich? Okay, ich war vielleicht ein bißchen geschmacklos, aber ist das ein Grund, gleich zu gehen? Oder besser, gleich wegzulaufen? Thommy ...«
Sie schaute nachdenklich auf die nun leere Einfahrt
»... ich glaube, ich hab da einen wunden Punkt getroffen.«
»Du meinst ...«
»Ich meine gar nichts. Ich wundere mich nur, warum Marcus auf einen Scherz, der etwas mit Schwulsein zu tun hat, so merkwürdig reagiert hat.«
Nun, das hatte er tatsächlich. Aber das bedeutete nichts und das wußten wir beide. Was aber vielleicht noch wichtiger war - gerade war der erste Freund, den ich hier gefunden hatte, davongelaufen.
»Ich glaub, ich geh mal zu Marcus.«
»Nein, noch nicht. Gib ihm etwas Zeit. Irgend etwas hat ihn völlig verwirrt.«
»Nicht irgendetwas, sondern du hast ihn verwirrt ... aber du hast recht, ich werde später zu ihm gehen.«
Ich schleppte mein Zeug in mein Zimmer und begann, den ganzen Kram zu verstauen, in kurzer Zeit stand ich in Bergen von Verpackungen und mein Kleiderschrank füllte sich. Ich überlegte gerade, wo ich mit den vielen kleinen Nadeln von den Hemden bleiben sollte, als es klopfte - Stefan.
»Na, Brüderchen, habt ihr München leergekauft?«
»Klar, guck mal in den Schrank!«
»Himmel, da habt ihr aber echt zugeschlagen.«
Stefan wühlte sich durch die Klamotten
»Hey, so viel Geschmack hätte ich dir gar nicht zugetraut!«
Der Kerl hatte Mut, er stand mit dem Rücken zu mir und sagte solche Sachen. Ich grinste und dachte kurz über eine Revanche nach, ich hätte gern einen kleinen Ringkampf veranstaltet, aber mein linker Arm war immer noch verbunden. Also erinnerte ich mich an Karin und bohrte ihm meinen rechten Zeigefinger in die Seite. Ja, genau, es war fies und hinterhältig und es machte Spaß. Stefan verließ kurzzeitig quiekend den Erdboden und als wieder landete, waren meine Finger schon unter seiner linken Achsel und wanderten über seinen Seite - es hat schon Vorteile, wenn man selbst kitzelig ist, ich kannte die Stellen genau. Stefan lachte und quiekte und quiekte und lachte, ich hatte dann einfach Mitleid und hörte auf.
»Na, reicht das, oder wirst du noch einmal Bemerkungen über meinen schlechten Geschmack machen?«
War ein Fehler. Stefan war viel widerstandsfähiger, als ich gedacht hatte, ich hatte kaum ausgesprochen, als ich schon auf dem Bett lag - auf dem Bauch und Stefan auf mir. Meine rechte Hand lag ungefähr an meinem Schulterblatt und war damit nutzlos, meine linke war verbunden, also, irgendwie hatte ich mir das anders vorgestellt.
»Ja, ich glaube, ich mache noch einige Bemerkungen über deinen schlechten Geschmack. Deine Haare sind ...«
Finger in meine Seite. Ich jaulte.
» ... zu lang. Dein Ohrring ...«
Und nochmal der Finger.
» ... ist völlig out. Deine T-Shirts ...«
Ich bekam kaum noch Luft.
»... sind von Mama und damit bist du unschuldig.«
Ich krächzte.
» .. könntest du ... könntest ... runtergehen ... Rippe!«
Stefan sprang geradezu von mir auf den Fußboden.
»Oh, ’tschuldigung, daran hatte ich nicht mehr gedacht.«
Ich drehte mich vorsichtig auf den Rücken.
»Ooohh ...«
Ein bißchen Show mußte sein, gut gestöhnt ist halb gelitten. Stefan hatte mir nicht wirklich weh getan, aber das mußte er ja nicht wissen.
»Himmel, wie hast du das gemacht? Ich meine, ich stand hinter dir und im nächsten Moment war ich auf dem Bett!«
Stefan grinste
»Muß ich vergessen haben zu erwähnen. Sechs Jahre Judo, hab vor einem halben Jahr aufgehört, aber für dich reicht's noch, Brüderchen.«
Er ließ sich auf das Sofa fallen.
»Hey, echt bequem.«
»Ich wußte gar nicht, daß wir einen Kleinstadtrambo in der Familie haben. Aber wo wir grade so zusammensitzen, ist Marcus schwul?«
Stefans Gesichtsausdruck wurde nachdenklich.
»Thommy, ich weiß nicht, ob Marcus schwul ist. Weißt du, wir sind ja Nachbarn, aber ich kann dir gar nicht so viel zu ihm sagen. Klar, wir haben früher zusammen gespielt, aber irgendwie haben wir nicht mehr den engen Kontakt. Marcus ist irgendwie ... hm, ruhig, vielleicht ein bißchen zurückgezogen. Versteh das nicht falsch, er ist ein netter Kerl und ich glaube, jeder in der Schule mag ihn, es ist nur so, daß er, glaube ich, auch ganz gern mal für sich bleibt. Ich hab damals mit Judo angefangen und er hat Tennis gespielt, aber nur ein oder zwei Jahre, danach Badminton. Ach ja, er hat mal bei einem Wettbewerb mitgemacht, es ging um Gedichte. Hat damals ziemlich viel Gelächter gegeben, Marcus hat es unserem Deutschlehrer erzählt und der war so begeistert, daß er es überall weitererzählt hat. Naja, wir waren vierzehn und da schreibt man doch keine Gedichte ... jedenfalls fand Marcus das gar nicht so lustig, vielleicht hat er sich auch deswegen ein bißchen zurückgezogen.«
Stefan stand auf.
»Auch ’ne Cola?«
»Ne, lieber ein Wasser.«
Stefan ging, die Getränke holen und ich begann, die Verpackungen wegzuräumen. Ich drehte mich um und schon flog eine Dose Wasser auf mich zu und ich fing sie einhändig - reines Glück, sah aber gut aus. Ich grinste.
»Danke! Stefan ... heut nachmittag ist etwas merkwürdiges passiert ...«
Ich erzählte die Geschichte.
»Hm, wie's aussieht hat Mama mal wieder das größte erreichbare Fettnäpchen getroffen. Aber ich weiß auch nicht, warum Marcus weggelaufen ist, da wirst du ihn schon selber fragen müssen. Du wirst ihn doch fragen, oder?«
»Natürlich, ich geh nach dem Essen rüber. Das könnte auch heißen, daß Marcus dann über mich Bescheid weiß. Hm, der Gedanke macht mich ein bißchen nervös, naja, mal sehen.«
»Das ist deine Entscheidung, aber ... Papa meint, daß Marcus in Ordnung ist, ich denk, er hat recht.«
Beim Abendessen sagte ich meinen Eltern, daß es vielleicht ein kleines coming out geben würde. Johannes war schon über den Nachmittag informiert und nickte.
»Es kann sein, das der heutige Abend für dich entscheidend ist, Thommy. Was immer auch geschieht, du hast eine Familie und ein Zuhause, egal, was geschieht. Und denk bitte an Inge, es wäre nicht gut, wenn sie jetzt schon Bescheid wüßte.«
Nach dem Essen ging ich hoch, um mich umzuziehen. Irgendwie hatte ich das Gefühl, daß die nächsten Stunden wichtig sein würden und da wollte ich nicht im T-Shirt rumlaufen. Abgesehen davon hatte Marcus die neuen Sachen ja ausgesucht und da paßte es ganz gut, sie zu tragen, wenn ich ihn besuchen ging. Also gut, das ganze Programm, duschen, Zähne putzen, rasieren - das war zwar absolut nicht nötig, aber es fühlte sich gut an - und rein in die neuen Klamotten. Schnell noch eine Camel und dann ging's los.
»Guten Abend, Frau Huber. Ich wollte Marcus besuchen.«
»Oh, da hast du Pech, der ist nach dem Essen noch mal weggegangen.«
Verdammt, damit hatte ich nicht gerechnet.
»Hat er vielleicht gesagt, wo er hin wollte?«
»Nein .... aber er war heute abend so still. Es gibt da hinten einen Weg, der führt zu einem Teich, dahin geht er manchmal.«
»Dann versuch ich es mal da, danke schön.«
Naja, also, ‚Weg‘ war nun wirklich übertrieben, das war noch nicht mal ein Trampelpfad, nicht mal für bayrische Verhältnisse. Ich ahnte die Richtung mehr, als ich sie sah und ich kämpfte mich leise schimpfend langsam vorwärts. Die Menschheit hat Tausende von Jahren gebraucht, um fließendes Wasser, Heizungen und Autos zu entwickeln - also, wenn schon zurück zur Natur, dann bitte mit Stil und Komfort! Trotzdem verschlug es mir den Atem, als ich den Teich sah. Nein, keine romantischen Trauerweiden, kein plätschernder Wasserfall, aber ich wußte sofort, warum Marcus an diesen Ort kam. Hier konnte man schweigen und nachdenken. Ich schaute mich suchend um und entdeckte erst auf den zweiten Blick das tiefblaue T-Shirt - Marcus saß an eine Birke gelehnt, die Beine angezogen, den Kopf gesenkt. Er mußte mich gehört haben, aber er rührte sich nicht. Also ging ich langsam zu ihm und setzte mich neben ihn ... und schwieg. Irgendwann hob Marcus den Kopf.
»Warum bist du gekommen?«
Ich schaute mich um, wußte nicht so recht, was ich sagen sollte. Aber das war nicht der Ort für Lügen.
»Weil ich dich mag und weil du heute weggelaufen bist.«
»Was weißt du schon.«
Seine Stimme klang bitter.
»Nichts - deshalb bin ich hier. Ich kenne dich noch nicht lange, aber ich mag dich und ich möchte nicht, daß du vor mir wegläufst.«
Zum ersten Mal schaute er mir in die Augen.
»Vielleicht wirst Du noch froh sein, mich weglaufen zu sehen.«
Ich sah so viel Schmerz in Marcus Augen, das ich alles vergaß, was ich eigentlich sagen wollte und einfach meinen Arm um ihn legte.
»Nein, Marcus, niemals. Was auch immer geschieht.«
»Verdammt, Thommy, du kennst mich doch gar nicht. Du kannst dir doch gar nicht vorstellen, warum ich weg wollte.«
»Vielleicht, weil meine Mutter einen ziemlich blöden Spruch gerissen hat?«
»Ziemlich blöd, ja.«
Tja, jetzt waren wir wohl beim Thema. Meine Gedanken rasten und ich hatte ’ne Scheißangst. Na los, jetzt oder nie!
»Findest du das nicht ein bißchen ungewöhnlich ... ich meine, du kennst Johanna doch schon lange. Hast du schon mal erlebt, daß sie blöde Sprüche über Schwule macht?«
»Nein, eigentlich nicht.«
»Naja, vielleicht gab's ja einen Grund dafür.«
Marcus schaute mich verständnislos an. Ich holte tief Luft.
»Auf die Gefahr hin, daß du jetzt vor mir wegläufst ... Marcus, Johanna hatte einen Grund für den Spruch - mich.«
»Wie ... was ... wieso .... aber ...«
»Marcus, ich bin schwul.«
Ich würde ja gern all das beschreiben, was ich in Marcus' Augen sah, aber es gibt Dinge, die kann man nicht sagen. Wahrscheinlich waren es nur Sekunden, aber für mich war es eine Ewigkeit und erst als ich sah, daß das Leuchten in seine Augen zurückkehrte und sich ein Lächeln abzeichnete - erst da wußte ich, daß ich etwas richtig gemacht hatte.
»Wow ... ich .... ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
»Eigentlich bin ich schon froh, daß du nicht einfach aufstehst und gehst.«
»Warum sollte ich weglaufen? Du hast mir gerade etwas sehr schönes gesagt und ich wette, es ist dir nicht leicht gefallen. Und deine Mutter weiß es?«
»Natürlich - und mein Vater und Stefan - und jetzt du.«
»Ganz früher hab ich hier mit Stefan gespielt. Aber irgendwie haben wir uns aus den Augen verloren. Wie hat er es aufgenommen?«
»War am Anfang etwas schwierig, aber inzwischen haben wir uns zusammengerauft.«
»Kann ich mir vorstellen, er ist ein toller Kerl.«
»Ungefähr das Gleiche hat er über dich gesagt. Er hat mir auch erzählt, daß du schreibst. Kein Wunder, ich glaube an diesem Teich würde jeder zum Dichter.«
»Ja, dieser Teich hat schon so viel gesehen. Und ich habe so oft an dieser Birke gesessen, daß ich sie manchmal für einen Freund halte und mit ihr rede. Diese alte Birke ist auch die einzige, die es weiß.«
Ich wußte, daß es schwer für ihn war und ich hatte keine Ahnung, wie ich es für ihn leichter machen konnte. Mein Arm lag immer noch um seine Schultern und ich drückte einfach ein bißchen fester.
»Thommy, ich ... ich ... mein Gott, ich kann es nicht mal aussprechen.«
»Glaub mir, ich weiß, daß es schwer ist.«
»Ich ... ich bin auch schwul.«
Ich hatte es gewußt, ich hatte es gewußt, seit ich ihn da an der Birke sitzen sah und ich hatte mich nicht getraut, es wirklich zu glauben. Es gab keine Worte, um zu sagen, was ich fühlte, es war verrückt, aber wir saßen einfach da und dann legte auch Marcus seinen Arm um mich. Ich wollte, daß es nie aufhört.
Die Sonne näherte sich langsam dem Horizont und wahrscheinlich muß alles einmal enden - und es gab ein Morgen und es gab Schule.
»Marcus ... ich möchte dich eigentlich nie wieder loslassen, aber ich glaube, wir sollten gehen.«
»Du hast recht. Morgen nach der Schule?«
»Es gibt nichts auf dieser Erde, das mich davon abhalten könnte. Kommst du rüber?«
»Ja. Aber, Thommy, sag es deinen Eltern bitte noch nicht, ja? Ich bin noch nicht soweit.«
»Hey, easy, du entscheidest, wer etwas erfahrt und wer nicht. Und ich wär dir auch dankbar, wenn du deine Leute erstmal aus dem Spiel lassen würdest.«
»Natürlich.«
Wir schlugen uns durch das Unterholz und als ich Marcus zum Abschied zuwinkte, da wußte ich, daß da gerade etwas begonnen hatte, was mein Leben auf den Kopf stellen würde. Und ich war noch nie so glücklich gewesen.
Meine Eltern waren im Wohnzimmer.
Johannes fragte als erster.
»Na, wie war's?«
»Schön, danke, wir haben an einem Teich gesessen und geredet.«
»Ich wette, du weißt genau, was ich wissen möchte!«
Johanna grinste.
»Also, Johannes, laß mal gut sein, mir schwant da was. Thommy kriegt sein Grinsen nicht aus dem Gesicht. Ich glaube, wir können jetzt in aller Ruhe schlafen gehen. Morgen beginnt für dich die neue Schule und da solltest du ausgeschlafen sein.«
»Ach, Johanna, du bist schon klasse!«
»Tja, so sind Mütter eben!«
Als ich hochging, hörte ich leise die Gitarre aus Stefans Zimmer. Ich war viel zu glücklich um schlafen zu gehen, also klopfte ich.
»Hi Stefan.«
»Hast Du mit Marcus gesprochen?«
»Ja, hab ich.«
»Und?«
»Wir haben geredet und er weiß, daß ich schwul bin und er kommt morgen nachmittag.«
»Spann mich nicht auf die Folter - ist er auch schwul?«
»Sorry, das kann ich dir nicht sagen.«
»Warum ... ach so, okay, ich denk mir meinen Teil.«
»Dagegen hab ich nichts. Aber warum quälst du denn um die Zeit noch deine Gitarre?«
»Ach ja, das kommt auch noch auf dich zu. Es ist an unserer Schule üblich, vor den Sommerferien mit irgendwas aufzutreten, jeder macht irgendwas oder macht irgendwo mit.«
»Ach du Schande, muß ich jetzt Gitarre lernen?«
»Quatsch! Du kannst auch jonglieren, einen Bauchtanz vorführen, auf den Händen laufen oder ein Theaterstück aufführen - Hauptsache, du machst was.«
»Und du singst?«
»Ja, aber nicht alleine und wir wissen noch nicht so genau, was wir machen, vielleicht ein paar Covers und ein paar eigene Sachen - mal sehen.«
»Das hört sich ja nach einer größeren Aktion an!«
»Klar, ich denk wir werden wieder so vier, fünf Bands sein und das dauert dann bis in die Nacht, da ist dann richtig was los. Vielleicht kannst du bei uns mitsingen?«
»Moment, moment, langsam, das lassen wir doch besser ...«
Ich grinste bei dem Gedanken, bei Karins Geburtstag hatten wir mal gesungen, hm, sagen wir's mal so, Karin hörte nicht wieder auf zu lachen und bei der Gelegenheit hatte der große Gummibaum im Gruppenwohnzimmer beschlossen, sich freiwillig in die ewigen Jagdgründe zu verabschieden.
» ... singen ist nicht so mein Ding, aber ich laß mir was einfallen. Sag mal, was erwartet mich da eigentlich morgen?«
»Schule - was sonst?«
»Hey, du weißt genau, was ich meine!«
Stefan grinste.
»Wir sind ’ne ganz normale Schule und ich denk, unsere Klasse ist ganz okay. Die meisten Lehrer sind auch in Ordnung, nur Müllerchen in Latein kann ziemlich happig werden. Die anderen geben sich Mühe oder sind einfach nur langweilig, ist wahrscheinlich in jeder Schule so.«
»Gibt es Leute, bei denen ich aufpassen muß?«
»Wieso aufpassen?«
»Naja, die Jungs, die Geld sehen wollen oder die Dope verkaufen.«
»Sag mal, du kommst aber echt aus ’ner heißen Gegend, oder? Also so was gibt's bei uns nicht. Naja, stimmt nicht ganz, da gibt's schon ein paar Jungs, bei denen du Dope kaufen kannst, aber die sind ziemlich harmlos, so ’ne richtige Szene gibt's hier nicht.«
»Gut zu hören. Na gut, ich pack's dann mal.«
»Und ich wette, ich weiß, von wem du träumst!«
Stefan grinste - und ich auch.
Der Lesemodus blendet die rechte Navigationsleiste aus und vergrößert die Story auf die gesamte Breite.
Die Schriftgröße wird dabei vergrößert.