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Unter Dunklem Himmel

Teil 2

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Informationen

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1. Die Geschichte, die Orte und Personen sind frei erfunden. Übereinstimmungen mit Tatsächlichem sind Zufälle.

2. Wer sich von Homosexuellen und Gewalt abgestoßen fühlt oder für die Lektüre zu jung ist, sollte nicht weiterlesen

3. Alle Rechte an dem Text liegen weiterhin beim Autoren. Er ist ausschließlich zur veröffentlichung auf der Seite Nickstories freigegeben.

4. Gute Vorschläge und konstruktive Kritik sind erwünscht.

x.citer@west.de

 

And let no sleep bring false relief

from the tension of the fray

Come wake the dead with the scream of life

Do battle with the ghosts at play

Jethro Tull »No Lullaby«

10. Abschied

Heinrich Josef Freiherr von Kalten hatte eine Erscheinung an der nichts besonders adelig erschien. Weder hatte seine Haut eine edle Blässe, noch war er zierlicher Statur. Mehr als einem schwindsüchtigen Grafen aus einem Film der fünfziger ähnelte er einem ehemaligen Boxer. Sein Gesicht war kantig und die Nase hatte durch einen festen Schlag vor langer Zeit einen unschönen Knick bekommen.

Die Haare waren, da von Kalten eine ziemlich bedenkliche politische Einstellung hatte, sehr kurz geschnitten. Der Freiherr war einer jener Menschen, die sich einbildeten, daß es bedrohlich wirke, wenn man in einem schlecht beleuchteten Raum eine Sonnenbrille trug.

Insgesamt wirke sein Outfit mit dem billigen schwarzen Anzug, dem unmodischen weißen Hemd und der sehr unbeholfen gebundenen schwarzen Krawatte aus Polyester, als sei er aus einem miesen Krimi gekrochen. Immerhin mußte man ihm lassen, daß sein geschmackloses Äußeres wunderbar zu seinem schlechten Charakter und seinem schrecklichen Mundgeruch paßte.

Da es also nichts an ihm gab auf das er hätte stolz seien können, war er einfach auf seinen Adelstitel und die Mitgliedschaft in einem Geheimbund stolz.

Er griff sich sein Opfer und schleppte es unter dem Arm durch den Keller in den schwarzen Kleinbus. Nachdem sie ihn hier über Tag gelagert hatten war es nun an der Zeit abzureisen.

Katja saß am Steuer und ließ den Motor an. Von Kalten bezeichnete sie gerne als seine Assistentin. Sie hingegen ließ ihn der Einfachheit halber in dem Glauben, er sei hier Anführer. Kritisch beäugte sie ihm Rückspiegel wie ihr »Boss« den kleinen Vampir im Laderaum des Wagens festband..

Katja hatte kein Problem mit Vampiren. Dem Orden war sie nicht aus fanatischer Verblendung wie der Freiherr, sondern mit einem gutem Blick für die damit verbundenen Vorteile beigetreten. Sie wartete, bis ihr Beifahrer sich angeschnallt hatte, ließ die Kupplung langsam kommen und trat vorsichtig auf das Gaspedal.

Leise brummend fuhr ein schwarzer Lieferwagen mit getönten Scheiben aus der Garage der Erlöser-Kirche und bog zwei Straßen weiter in den Zubringer zur Autobahn ein.

Gut organisiert zu sein, meinte der Magnat, bedeutet nicht alles selbst zu machen, sondern richtig zu delegieren. Und so stand an jeder Straße die aus der Stadt führte eine Wache. Kleine Trupps von Vampiren warteten in allen Stadtteilen um sofort eingreifen zu können.

Das Oberhaupt der Stadt selbst saß in seinem Büro und zog die Schultern hoch. An beiden Seiten seines Kopfes klemmte ein Telefonhörer, die Finger massierten abwechselnd zwei Tastaturen. Ab und an brüllte er in die Freisprechanlage um seiner Sekretärin die Ruhe zu stehlen. Das scharfe Klappern der Tastaturen wurde zeitweilig vom Schlagen der Tür unterbrochen.

Plötzlich ging ein Ruck durch seinen Körper. Er nahm die Telefonhörer vom Ohr und lauschte auf die telepatische Mitteilung die er eben bekam. Im selben Moment fing er wieder ab hektisch zu wählen und zu tippen. Keine zwei Minuten später rasten viele verschiede Autos mit stark überhöhter Geschwindigkeit in Richtung der Autobahn.

Katja hatte es auf der Flucht bisher nicht besonders eilig gehabt. Erst als eine Reihe Scheinwerfer in ihren Rückspiegel auftauchten fuhr sie schneller. Von Kalten sah sie an, und sie nickte ihm nur kurz zu.

Der Beifahrer nahm sein Handy aus der Tasche und suchte eine Nummer. Die Spannung zeigte sich deutlich in seinem Gesicht, als er darauf wartete, daß der Angerufene abhob. Als er das Klicken am anderen Ende der Leitung hörte sagte er nur: »Sie sind jetzt hinter uns.« Danach legte er wieder auf.

Die Kolonne hinter dem Lieferwagen war immer größer geworden und näherte sich rasend. Unruhig schaute Katja in den Rückspiegel. Sie ging leicht vom Gas und ließ die Wagen ein wenig aufschließen. Ihr Augenmaß war hervorragend. Als ihre Verfolger sie eben eingeholt hatten riß sie in letzte Sekunde das Steuer herum und ließ den Wagen ganz knapp noch in die Ausfahrt rasen. Mit einem zufriedenen Grinsen beobachtete sie, wie die meisten ihrer Gegner an der Ausfahrt vorbei fuhren.

Patrick trat auf die Bremse, riß hektisch am Steuer und schaffte es in letzter Sekunde abzubiegen. Im Kofferraum duckte sich Pudel, um nicht umzufallen. Nur ein weiterer Wagen hatte es geschafft rechtzeitig auszuscheren.

Im selben Moment änderte sich Damians Stimmung innerhalb von Bruchteilen einer Sekunde. Eben noch hatte er geschmollt, daß er alleine die Burg, den Sitz des Magnaten, bewachen sollte, während die anderen den Orden jagen durfte. Aber als die Fronttür sich krachend als kleine Splitter in der Eingangshalle verteilte sank seine Laune unter null. Mit einem Satz hatte er seinen Sessel verlassen und war über das Geländer der Empore gesprungen.

Nun wendeten zehn Wagen mit quietschenden Reifen mitten auf der Autobahn und preschten in falscher Richtung durch die Auffahrt. Auf der Bundesstraße jagten eine weiße Limousine und eine alter schwarzer Passat hinter dem Lieferwagen her.

In dem Lieferwagen war die Stimmung bei zwei Dritteln der Besatzung deutlich besser. Mark zerrte an seinen Fesseln. Neulich hatte er in einem Film gesehen, wie zwei irische Killer ihren Handschellen entkommen waren, indem sich der eine der beiden eine Hand brach. Er warf sich herum, aber seine Hände schmerzten nur.

Noch im Sprung riß Damian die beiden halbautomatischen Waffen aus ihren Holstern. Als er landete feuerte er die ersten Schüsse in Richtung eines Angreifers.

Jetzt hatte der weiße Wagen den Transporter eingeholt. Der Freiherr erhob sich von seinem Platz und zog seine Waffe. Katja versuchte gleichzeitig mit einem Auge auf die Straße zu schauen und mit dem anderen zu beobachten, was der Vollidiot mit der Waffe machte. Von Kalten setzte ein Grinsen auf das er für cool hielt. »Ich mach ihn kalt und schmeiße ihn aus dem Wagen.« verkündete er.

Katja bemühte sich redlich trotz einem so unglaublichen Maß an Dummheit die Ruhe zu bewahren. »Ein guter Plan um sie abzulenken,« säuselte sie, »aber wenn wir ihn umlegen, dann lassen sie die Leiche liegen und machen aus uns auch welche. Wie währe es denn, wenn wir ihm am Stück rausschmeißen? Dann verarzten sie ihn erst und wir können verduften?« Sie erkannte am Gesicht ihres Gegenübers, daß er ihr Argument entweder nicht anerkannte oder gar nicht verstand. Sie holte tief Luft.

Die letzte Patrone war verschossen und Damian ließ die Kanonen fallen. Rasend schnell teilte er Schläge aus. Es mochten ihrer zwanzig sein. Aber es waren zwanzig Menschen. Auch der Hintereingang zerbarst eben. Langsam wurden es sehr viele Angreifer, zu viele Angreifer.

Patrik trat auf die Bremse. Der Fahrer der Limousine hatte noch ausweichen können. Aber sein Ford rollte über das, was da eben aus dem Wagen geworfen wurde. Schlingernd kam der Wagen zum stehen und Patrick sprang heraus.

Damian hörte hinter sich etwas knistern. Er drehte sich um. fauchend sprang er zwei Schritt rückwärts. Sein Angreifer verpaßte ihn mit der Fackel nur knapp. Der zweite Schlag kam präziser.

Patrick brauchte zwei Sekunden bis zu der Gestalt die er eben überfahren hatte. Aber jede Sekunde kam ihn wie ein Jahr vor. Er kniete sich nieder und sah in das zerschundene Gesicht. Vorsichtig nahm er den Kleinen in den Arm, entfernte den Knebel und strich ihm die Haare aus dem Gesicht. Seit langer Zeit hatte er nicht geweint. Es hatte nichts gegeben um das er hätte weinen können. Er klammerte sich an den leblosen Körper und heulte wie ein Kind. Krämpfe schüttelten seinen Körper und er schluchzte.

Auf der Autobahn rasten zehn Wagen zurück in Richtung Stadt. Schon von weitem konnten die Insassen den Feuerschein am Flußufer sehen.

Patrick schreckte auf. »Hör auf mich so drücken. Du brichst mir die restlichen Rippen auch noch.« Es war der Kleine der da sprach. Wer sprach konnte zumindest nicht ganz tot sein. Er schaute in die blauen Augen. Ganz langsam bewegte Mark sein Gesicht auf das seines Meisters. Vorsichtig drückte Patrik ihm einen Kuss auf die Stirn.

Eine Stunde später trug Patrick seinen Schülern auf Händen in die Trümmer dessen, was einmal die Burg gewesen war. Um ihn herum versuchten Mitglieder der Gemeinschaft von der Einrichtung zu retten was noch zu brauchen war. Vorsichtig trug er ihn die Stufen der Kellertreppe herab. Die Krankenstation war von dem Feuer verschont geblieben. Als er an dem ersten Krankenzimmer anlangte zog die Krankenschwester eilig den Vorhang zu. Aber er hatte genug gesehen. Er sah das Bett das mit einem weißen Tuch verhängt war und den schwarzen Gehrock der zerrissen und verbrannt über einen der Stühle hing. Er brachte Mark in sein Zimmer zurück.

Besorgt beobachtete er Dr. Richard wie sie den Jungen versorgte. Die dickliche Frau konnte, wenn es darauf ankam, unglaublich schnell sein. Nach einiger Zeit drehte sie sich um und sprach: »Er schläft. Sie sollten auch schlafen gehen.«

Als er eben die Treppe hinaufgehen wollte hörte er ein Krachen. Am oberen Absatz der Treppe mußte er durch die Trümmer wühlen.

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