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Leben
Teil 1 - Das Treffen
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Informationen
»Dirk, aufstehen. Wir müssen bald los und Deine Sachen sind noch nicht unten!«
Da war er nun, dieser furchtbare Tag, an dem ich mit meinen Eltern in den Urlaub fahren sollte.
Bis zum Schluss hatte ich gehofft, mich irgendwie davor drücken zu können. Schließlich war ich jetzt schon 17 und keiner aus meiner Klasse fuhr noch mit seinen Eltern in den Urlaub.
Lange hatte ich mich gewährt. Im Spaß habe ich dann irgendwann mal gesagt: »Es muss schon eine Kreuzfahrt sein« ... und was ist passiert? Sie haben eine Kreuzfahrt gebucht.
»Junge, du musst jetzt mal auf andere Gedanken kommen!« Diesen Satz musste ich mir in den letzten Wochen ständig anhören. Nun gut, seit dem Tod von Sandra, meiner besten Freundin, war mit mir auch wirklich nichts mehr anzufangen. Von einem Tag auf den anderen war sie einfach nicht mehr da. Wir hatten alles seit dem Kindergarten geteilt. Mir standen schon wieder die Tränen in den Augen. »Dirk!« – »Ja ja, ich bin ja auf dem Weg.«
Und so kam es, dass meine Eltern und ich auf dem Weg nach Rostock waren, um da auf eine der berühmten Aidas zu steigen und 14 Tage durch das Nordmeer zu fahren.
Meine Eltern vorne in unserem Kombi in froher Stimmung und ich hinten mit Walkman und ziemlich düsterem Gesicht. »Mensch, Dirk, ein bisschen freuen kannste dich jetzt doch auch mal, da gibt es sicherlich viele Jungs und Mädchen in deinem Alter. Vielleicht lernst du ja eine Nette kennen?« – »Ja ja, Mutter, Hauptsache, ich muss da nicht alles mitmachen, ich will lieber meine Ruhe haben.«.
Die Fahrt verlief dann recht zügig und ereignislos. Wir konnten unser Auto abgeben, mussten dann aber noch vor dem Terminal in Warnemünde warten. Das Schiff war zwar schon da aber noch nicht zum Einsteigen freigegeben. Ich muss ja zugeben, dass mich die Größe des Schiffes schon überraschte und beeindruckte. Vielleicht sollte es ja doch interessant werden, zumindest von der technischen Seite aus. »Dirk, das wird hier alles noch zwei Stunden dauern hat man mir gerade gesagt, wenn du willst können wir noch etwas an den Strand gehen!«
»Wenn ihr nichts dagegen habt, ziehe ich lieber alleine los.« »Ja, aber dass du pünktlich wieder da bist!« – »Marlene, nun lass den Jungen doch mal alleine los. Er ist schließlich alt genug.« Das war die Stimme meines Vaters. Wir hatten irgendwie einen guten Draht, ich glaube er verstand mich und hatte mich auch bisher zu nichts gezwungen. Wie auch immer. Ich war froh endlich von den vielen Menschen vor dem Terminal wegzukommen. In den letzten Wochen fand ich in meiner Einsamkeit Frieden. Ich fühle mich seltsam wohl, wenn ich allein bin. Ich denke mir, wie es ist, wenn ich gar nicht da bin. Was würde ich jetzt mit Sandra machen, wenn sie nicht diese furchtbare Krankheit bekommen hätte? Manchmal erwischte ich mich sogar selbst, wie ich mit ihr sprach.
Ich lief nun in Richtung Strand, der ist in Warnemünde so etwa 15 Minuten vom Kreuzfahrtschiffanleger weg. Es waren viele Menschen unterwegs und man musste richtig aufpassen, nicht mit jemandem zusammenzustoßen. Zwei Stunden hatte ich Zeit und die wollte ich für mich nutzen. Natürlich war auch der Strand ziemlich voll. Ich setzte mich einfach in die Nähe einer Gruppe. Es war eigentlich egal, denn egal wo man sich hinsetzen wollte, man war nicht alleine. Ich hatte mich bis auf meine Shorts ausgezogen und lag nun im Sand und ließ die Welt um mich herum wirken. Da kamen verschiedene Gesprächfetzen. Die Mutter, die mit ihrem Kind schimpfte, weil es allein ins Wasser gegangen war oder zwei Mädchen, die sich über Jungs unterhielten, wie blöd sie doch alle seien.
Am interessantesten aber war die Gruppe neben mir. Inzwischen hatte ich soviel gehört, dass ich vermutete, dass sie auf dem Schiff arbeiten mussten. Es wunderte mich etwas, weil sie noch recht jung waren. Ich schätzte sie kaum älter als mich.
Auf jeden Fall lästerten sie ordentlich über die Gäste. »Hmm…«, dachte ich mir, »wenn die wüssten, dass einer von ihnen direkt nebenan liegt«. Bums - jäh wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. Irgendetwas hatte mich getroffen. »Oh, entschuldige bitte, das ist unser Ball.« Nachdem ich langsam die Augen geöffnet hatte, konnte ich nun auch den Übeltäter sehen. Mir fiel nichts Besseres ein: »Schon gut, müsst halt aufpassen« Und als ich mich gerade wieder hinlegen wollte: »Sorry, ich bin Johan - willst mitspielen?« »Nee« ich winkte nur ab und schloss die Augen wieder. Und dann hatte ich ihn auch schon wieder vergessen. Irgendwann verschwand die Truppe, ohne dass ich es irgendwie weiter bemerkte.
So kurz vor 4 trottete ich dann auch langsam in Richtung Schiff. Meine Eltern warteten schon ungeduldig, denn das Einsteigen hatte schon angefangen und sie wollten natürlich nicht ohne mich einsteigen. Dann ging alles ziemlich schnell; es wurde noch ein Foto vor dem Schiff gemacht und Mutter bekam noch eine Rose. Es stellte sich heraus, dass ich eine große Kabine ganz für mich alleine hatte. »Also Dirk, geh du mal in Ruhe auspacken, wir treffen uns dann gegen 6 oben auf Deck 12 zum Auslaufen. Da soll es dann auch eine Party geben.«. Ihr könnt euch vorstellen, dass ich eigentlich gar keine Lust auf Party hatte, aber ich wollte nun auch meinen Eltern den Spaß nicht verderben. Meine Kabine war groß und geräumig. Ein super Bett, zum Träumen bestens geeignet. 6 war es dann auch sehr schnell und ich versuchte auf diesem großen Schiff den Weg nach oben zu finden. Na ja, vielleicht muss ich mich ziemlich doof angestellt haben denn plötzlich: »Kann ich Dir helfen?« Da war Johan in einer schicken Uniform vom Schiff und auf seinem Schild stand Johan Kinder und Jugendanimation.
Seltsam den Namen hatte ich nicht vergessen und sein liebes Gesicht gefiel mir gut.
»Kannst mir mal sagen, wie ich hier nach oben komme?« »Ja, vorne rechts die Treppen hoch, übrigens machen wir für die Jugend heute Abend noch eine Informationsveranstaltung, wenn du Lust hast, dann komm einfach in den Jugendclub um 8«. »Hmm, dafür bin ich wohl zu alt.« »Wieso das den? Außerdem bin ich froh, wenn mal jemand Nettes dabei ist.« Er sprach es und war verschwunden. Wie hat er das wohl jetzt gemeint? Na gut, das ist vielleicht immer so, er muss schließlich nett zu den Gästen sein.
»Na Junge, wie gefällt dir deine Kabine. Bist ja für dich alleine, da kannst ja vielleicht....«
»Papi, bitte!« Ja, das war mein Vater. Am Liebsten würde er sehen, dass ich mir ein Mädel schnappe. Wir hatten schon manchmal Diskussionen darüber. So nach dem Motto, du bist schon 17, jetzt wird's mal Zeit für eine Freundin. Wahrscheinlich dachten Sie damals, ich würde eines Tages mit Sandra. Allerdings hat mich das nie gereizt. Vermutlich bin ich in Sachen Sex ein Spätentwickler.
Das große Showprogramm auf Deck begann und ich muss sagen, dass mich das Geschehen dann doch anrührte. Es ist schon ein besonderes Gefühl, auf einem so großen Schiff den Hafen zu verlassen. Man stellt sich so die Leute vor, die unten winken und einen vielleicht sogar beneiden. Irgendwie musste ich an den Film Titanic denken. So stand ich in Gedanken vertieft an der Reling. »Na gefällt es dir bei uns?« Da war er wieder. Johan mit einem Lächeln, das mich unwillkürlich aus meiner dunklen Stimmung holte. Ich musste zwangsläufig zurücklächeln. »Das hat schon was, aber das hast du ja jeden Tag hier.« »Na ja, uns alten Seebären geht's es auch noch nah, glaube mir - haste Lust mitzukommen? Ich gehe jetzt in den Jugendclub«.
Ich überlegte, wie ich ihn jetzt am Besten abwimmeln konnte und sagte »Klar warum nicht?«
Was war das? Mein Kopf sagt ich will meine Ruhe und mein Herz sagt geh mit. So was hatte ich ja noch gar nicht. »Toll, dann komm gleich mit«. Ich winkte noch kurz meinen Eltern zu und schon lief ich hinter Johan her durch endlos lange Gänge. Es war schon eine ganze Gruppe da. Mädels und Jungs, auch in meinem Alter. »Wie heißt du eigentlich?« »Dirk« »Ok, ich bin Johan, übrigens das vorhin am Strand tut mir leid.« »Kein Problem.«.
Die Gruppe sammelte sich und Johan hielt eine kleine Ansprache über das, was man so alles auf dem Schiff machen kann und was der Jugendclub so anbietet. Ich hatte nun Gelegenheit ihn zu beobachten und ich muss sagen, er machte seine Sache ziemlich gut. Er wirkte sicher und hatte die ganzen Kids im Griff. So nach 30 Minuten war der ganze Zauber vorbei. Alle anderen waren dann auch schnell verschwunden. »Dirk, hast du Lust auf ein Bier?« »Hmm, klar warum eigentlich nicht!« »Ok, dann zeige ich dir mal wo die Crew so ihren Feierabend verbringt. Das mache ich übrigens nicht mit jedem Gast.« Was sollte das nun schon wieder bedeuten? Er kennt mich doch gar nicht. Auf der anderen Seite interessierte mich natürlich schon was hinter den Kulissen so passierte. Und wieder liefen wir durch endlose Gänge, diesmal hinter den Kulissen und ich merkte es ging runter, tief in den Bauch des Schiffes hinein. Plötzlich, wie aus dem Nichts standen wir in einer Bar, die scheinbar nur für Crewmitglieder war. »Setz dich schon mal, ich hol uns was zu trinken.« Ich suchte uns einen Platz. Es war doch ganz gemütlich hier. Obwohl eine Menge Leute da waren, hatte man das Gefühl unter sich zu sein. Keiner fragte mich, was ich hier mache.
Ich war mit Johan hier und das reichte wohl den Leuten. Ich erwischte mich dabei, wie ich Johan wieder beobachtete. Er begrüßte gerade ein paar seiner Kollegen. Irgendetwas zog mich an ihm an. Ich wusste nicht, was es war. »So, dann mal Prost und auf eine gute Reise.«
Wir redeten den ganzen Abend und tranken ein paar Bier, aber es war belangloses Zeug. Ich glaube, es war auch egal. Ich hörte ihm zu und er hörte mir zu, ich lernte noch einige Crewmitglieder kennen, die mich gleich freundlich aufnahmen. »So, jetzt muss ich aber langsam ins Bett. Geht wieder früh raus, muss ja schließlich arbeiten! Ich bring dich noch zu deiner Kabine.« Und während ich so auf dem Weg zu meiner Kabine hinter ihm herlief, erwischte ich mich bei dem Gedanken: »Gut gebaut ist er schon.« Leider war der Weg diesmal nicht sehr lang. Und dann passierte noch etwas. Vor meiner Kabine legte er den Arm um mich und sagte: »Schön, dass du da bist. Morgen reden wir mal richtig. Gute Nacht.« Und dann war er auch schon in einer Nebentür verschwunden. Ich warf mich als erstes aufs Bett. Meine Gedanken spielten verrückt. Auf der einen Seite schrieb ich es schon dem Alkohol zu, aber so betrunken war ich nun auch wieder nicht, dass ich nicht mehr weiß, was ich mache oder denke. Irgendetwas zog mich zu Johan hin. Erotische Gedanken zu einem anderen Jungen… Das konnte nicht sein. Irgendwann sehr viel später schlief ich dann ein, einem neuen Tag entgegen.
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