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Dear Diary...
Teil 3
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Informationen
- Story: Dear Diary...
- Autor: Chelsea
- Die Story gehört zu folgenden Genre: Drama, Diverses
Inhaltsverzeichnis
- 6.Mai
- 7.Mai
- 8.Mai
- 9.Mai
- 10.Mai
- 11.Mai
- 14.Mai
- 15.Mai
- 16.Mai
- 17.Mai
- 18.Mai
- 19.Mai
- 20.Mai Feiertag
- 21.Mai
- 22.Mai
- 23.Mai
- 23.Mai
- 24.Mai
- 26.Mai
- 27.Mai
- 29.Mai
- 30.Mai Feiertag
- 31.Mai
6.Mai
So, wenigstens sind Nico, Benedikt und ich wieder die besten Freunde. Obwohl, etwas verkrampft ist es zwischen mir und Nico immer noch. Er sieht mich zum Beispiel selten an, versucht immer irgendwie Abstand zu halten. Jungs sind doch alle wahnsinnig.
Mom hat glaube ich einen neuen Stecher. Ich weiß es nicht, aber ich spüre es irgendwie.
Dad schläft neuerdings auf der Couch im Wohnzimmer und zieht eine Superfresse, wenn
man ihm in die Quere kommt. Mom treibt sich rum. Ich finde, Dad hat so eine Frau nicht verdient, er ist wirklich nett und tut alles für seine Familie. Ich frage mich, wann Mom das endlich erkennt und zu würdigen weiß. Die will immer nur Spaß, Geld ausgeben und ficken. Dad würde wahrscheinlich auch gerne ficken, doch er muss ja Geld ranschaffen, das Mom ausgeben kann. Sie hat wohl momentan wieder ihre Kotzphase, dann meint sie irgendwas zu verpassen, spielt Teenager und Dad ist die Spaßbremse. Jetzt könnte man meinen, Dad sei ein verdammter alter Pantoffelheld, doch das ist gar nicht so. Ich nehme an, er kennt Moms Phasen ziemlich genau und weiß, dass sie immer wieder zurückkommt. Ich glaube nicht, dass die beiden sich noch wirklich lieben. Jeder geht seine eigenen Wege und manchmal treffen
sie sich zufällig. Mir ist das relativ egal, so lange sie mich in Ruhe lassen. Darüberhinaus habe ich genug eigene Probleme. Eines besteht darin, dass ich mich sehr schmerzhaft nach Sebastian verzehre aber keine Ahnung hab, wie ich an ihn rankommen soll.
Die Bohnenstange hat mich am Wochenende zu einer Party eingeladen...werde wohl kaum hingehen. Was soll ich auch inmitten von Idioten, ganz allein, denn Nico und Benedikt sind natürlich nicht eingeladen. Außerdem möchte ich das Wochenende mit Sebastian verbringen, der aber von seinem Glück noch nichts weiß. Komisch, Tom ist irgendwie so weit weg, ich bekomme ihn gar nicht mehr zu Gesicht. Das geht mir etwas auf die Nerven, er fehlt mir. Nicht, weil ich mit ihm schlafen will oder sowas. Mit ihm ist alles einfach, weil wir genau wissen, wie wir zueinander stehen. Ich weiß nicht, wie lange ich mich Sebastian gegenüber noch verstellen kann, besonders, wenn der solche Sachen macht wie mich küssen. Ich muss andauernd daran denken. An seine weichen Lippen, seine Zunge, die an meine stieß, seine Hand, die durch mein Haar strich. Wenn ich nicht in seiner Nähe bin, fühle ich mich total leer und kalt und einsam...
7.Mai
Ein nichtssagender Tag geht endlich zuende...
8.Mai
Habe versucht den »Engel« weiterzulesen, musste aufhören. Ich kann diese Liebesgeschichte momentan nicht ertragen. Ich vermisse Sebastian so sehr, dass es wehtut. Ertappe mich dabei, wie ich seinen Namen überall hinkritzle und blöde Teenagerherzchen drumherumrum male. Wenn das jemand sieht...! Verdammte Scheiße, wie konnte es denn bloß soweit kommen?
Benedikt hat mir geraten, Sebastian anzurufen oder einfach hinzugehen. Tolle Idee. Was soll ich ihm denn sagen? »Ach übrigens, ich liebe dich und möchte mit dir schlafen, obwohl ich natürlich weiß, dass du nicht auf Jungs stehst...aber, hey, versuch es doch mal mit mir«?
9.Mai
Bin gestern Abend doch noch zu Sebastian gefahren. Hab's einfach nicht mehr ausgehalten.
Ich hatte den Eindruck, dass er sich gefreut hat, mich zu sehen, er hat nämlich supersüß gelächelt, als ich sein Zimmer betrat. Und dann, als hätte er gemerkt, dass er lächelt, verfinsterte sich sein Blick sofort wieder.
»Was gibt's?« wollte er wissen.
»Ich dachte, ich schau mal vorbei«, erklärte ich achselzuckend. »Ich...ich wusste nicht...ob du vielleicht sauer bist oder sowas. Ob du mich überhaupt noch sehen willst...?«
Er antwortete nicht, also setzte ich mich zu ihm aufs Bett und redete weiter. »Ich meine... wenn ich dir irgendwie zu nah gekommen bin, tut es mir leid.«
»Allerdings«, nickte Sebastian, »viel zu nah. Ich will das nicht, begreif das bitte.«
»Hab ich ja längst, aber...du hast mich schließlich auch geküsst. Der zweite Kuss ging ganz alleine von dir aus.«
»Ich wollte mal sehen, wie das so ist. Einen Jungen küssen, meine ich. Es hatte nichts zu sagen.«
Mein Magen krampfte sich zusammen, ich verspürte das dringende Bedürfnis, mich zu übergeben. »Du...du darfst sowas nicht machen«, sagte ich leise, »nicht bei mir.«
»Ich dachte, du knutschst ständig mit Jungs. Ich dachte nicht, dass es dir etwas ausmachen würde.«
Mann, wie kann den ein einzelner Mensch so ignorant sein?
»Ich habe etwas dagegen, wenn ich als Versuchsobjekt benutzt werde. Ein Kuss ist etwas
sehr Intimes. Und ich bin schon verwirrt genug und...ich...ach, vergiss es.»
»Hör mal, ich weiß längst, dass du scharf auf mich bist.«
Erschrocken starrte ich ihn an. »Du weißt...was?«
»Glaubst du, ich hätte nicht bemerkt, dass du jede Möglichkeit nutzt mich anzufassen? Und, dass du dich beim Tanzen nur so aufgeführt hast, weil du das Lied so toll findest, ist wohl das Dümmste, was ich je gehört habe. Aber so hart das jetzt auch für dich ist...ich bin nun einmal keine Schwuchtel.«
Wie er das sagte...Schwuchtel...
»Ich bin auch keine Schwuchtel.«
»Stehst du nicht auf Jungs?«
»Doch aber so wie du das sagst, klingt es...irgendwie schmutzig und abartig. Und das ist es nicht.«
»Wie auch immer, ich will jedenfalls nicht mit dir ins Bett.«
Ein Hammerschlag traf mein Gesicht mit voller Wucht. Deutlicher ging es wohl nicht.
»Das will ich auch nicht.«
Jetzt war er überrascht. »Ach nein?«
»Nein.« Jedenfalls nicht nur, fügte ich in Gedanken hinzu.
»Warum schaust du mich dann immer so...so komisch an?«
Ich wusste, es war falsch aber ich konnte nicht anders. »Weil...weil...ich mich in dich verliebt habe.«
Nach diesem Geständnis herrschte einige Minuten das peinlichste Schweigen, das ich bis dahin erlebt hatte.
»Tut mir leid«, murmelte ich.
»Hör auf damit. Sag sowas nie wieder, ist das klar?« rief er wütend.
»Ich kann doch nichts dafür. Denkst du, für mich ist das so angenehm?« Bedröppelt senkte ich den Kopf und stierte auf seinen blauen Teppich. »Was soll ich denn machen?«
»Ich...ich will davon nichts mehr hören und du gehst jetzt besser«, antwortete er kühl.
»Kann...können wir nicht wenigstens befreundet sein?« wagte ich zu fragen.
»Ich wüsste nicht, wie das funktionieren sollte. Los, hau ab.«
Das war's. Ich werde ihn nie wiedersehen. Allein der Gedanke daran ist so schrecklich, dass ich nur noch sterben möchte. Warum musste ich ihm aber auch unbedingt diese völlig bescheuerte Liebeserklärung machen? Den ganzen Tag liege ich hier rum und flenne in mein Kissen...wie ein Mädchen. Mom hat gefragt was mit meinen Augen los ist, hab ihr gesagt,
ich hätte Heuschnupfen. Mir wird alles zuviel...
10.Mai
Ich will sterben. Ich will sterben. Ich will sterben.
Tom war da. Ganz besorgt und total nett. Ich hab ihm ansatzweise erzählt, was passiert ist,
da hat er sich neben mich gelegt, mich in den Arm genommen und getröstet. Es war schön, fühlte mich wenigstens für eine Stunde ein bisschen wohl.
Tom meinte, dass Sebastian wieder seine mürrische Miene aufgesetzt hat und mit keinem ein Wort redet. Scheiße, alles meine Schuld. Warum kann der nicht schwul und in mich verliebt sein? Wieso mussten wir in diese Scheißstadt ziehen? Wenn ich das nicht hätte tun müssen, wäre ich jetzt noch mit Simon zusammen und alles wär in bester Ordnung.
11.Mai
Nach ausgehen ist mir heute nicht. Benedikt hat angerufen und gefragt aber ich bleibe
lieber für mich allein. Ein glücklich verliebtes Paar kann ich momentan nur schwer aushalten. Die ganze Zeit hänge ich rum und lese Sebastians Buch, immer und immer wieder. Ich glaube, ich kann mich sehr gut in solche Sachen hineinsteigern. Will überhaupt nicht mehr nachdenken, lasse also auch lieber das schreiben.
14.Mai
Ich dachte, die Schule würde mich ablenken, doch da sehe ich Nico mit Ben und Denise
geht mir auf den Sack. Von Sebastian hab ich nichts gehört...ist auch schon egal. Es ist ja eh gelaufen. Trotzdem würde ich gerne noch einmal mit ihm reden. Er fehlt mir so schrecklich!
Ich schleppe sein Buch überall mit hin, das gibt mir so ein bescheuertes Gefühl, ein Teil von ihm bei mir zu haben. Ich träume von ihm, ob ich schlafe oder nicht spielt dabei keine Rolle. Sein Gesicht mit den blaugrauen Augen ist immer da. Ich werde noch verrückt.
15.Mai
Habe meine Englischklausur verkackt. Das muss mir erstmal einer nachmachen! Alles nur wegen Sebastian. Normalerweise hab ich in Englisch nämlich eine glatte Eins. Ich hab keinen Bock mehr auf diese ganze Scheiße, will endlich wieder, dass es mir gut geht.
16.Mai
Es geht mir gut!! Jedenfalls besser, als in den letzten Tagen.
Gestern tauchte total überraschend Sebastian auf. Ich war echt super von den Socken, als er
in meinem Zimmer stand.
»Ich hätte nicht gedacht, dass ich dich noch mal sehen würde«, brachte ich heraus.
Er setzte sich aufs Bett und rauchte in aller Scheißseelenruhe eine Zigarette.
»Hab's mir anders überlegt. Ich denke, wir können vielleicht doch befreundet sein, ich meine, wenn du deine völlig beknackte Verliebtheit vergisst.«
HAHAHA!! Toll, wie sollte ich das denn machen? In meinem Magen flatterten Millionen von Schmetterlingen, alles kribbelte, mir war übel und meine Hände und Füße schwitzten. Außerdem will ich nicht mit ihm befreundet sein, verdammt. Ich will, dass er mich liebt. Naja, besser so als gar nicht.
»Ich werde es versuchen«, sagte ich mutig, obwohl ich wusste, dass ich es nicht schaffen würde. Besonders, wenn er, wie jetzt, so nah bei mir war, dass ich die Wärme spürte, die von ihm ausging. Ganz deutlich sah ich die kleine Narbe über seiner Braue, streckte meinen Arm aus, um sie zu berühren, doch als er merkte, was ich vorhatte, schlug er heftig meine Hand weg.
»Diese Angrapscherei muss auch aufhören«, zischte er finster.
Er hätte mich auch sofort töten können. »Entschuldige«, murmelte ich. Mir war schon wieder nach heulen, doch noch konnte ich mich zusammenreißen. Hauptsache, er sagte nicht noch mehr solcher Sachen.
Das tat er nicht, denn wir sahen fern und er war es, der keine Gelegenheit ungenutzt ließ, mich zu berühren. Natürlich geschah das bei ihm ohne Absicht und ich interpretiere zu viel hinein, weiß ich ja alles. Trotzdem, manche Berührung hätte er locker vermeiden können, wenn er es gewollt hätte. Das lässt bei mir nur zwei Schlüsse zu.
A: er will mich fertigmachen und lacht sich heimlich tot
oder
B: er ist vielleicht doch nicht so hetero wie er immer behauptet.
Dabei fällt mir ein, dass er niemals behauptet hat, hetero zu sein. Er hat nur gesagt, dass er nicht mit mir ins Bett will – scheiße, daran darf ich gar nicht denken.
Also was wäre, wenn er wirklich heimlich auf Jungs scharf wäre? Würde erklären, dass er nichts von Trisha will und auch sonst von keinem Mädchen. Allerdings wollte er auch nichts von Tom und der ist nun wirklich unwiderstehlich. Egal. Sebastian ist schwul, will es aber nicht zugeben und traut sich nicht an Kerle ran. HAHAHA ich hab ihn durchschaut und es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis er mir gehört. Ich habe noch immer bekommen, was ich wollte... Sebastian ist schwul! Klar, der steht auf Spiderman und kriegt immer ganz glasige Augen, wenn bei Escaflowne der Ritter des Himmels Allen auftaucht. Deshalb hat er mir auch all diese Fragen gestellt, wie meine Eltern damit umgehen usw. Außerdem hat er mir ein Schwulen-Manga geschenkt. Das hat er bestimmt nicht nur gemacht, weil er dachte, es gefällt mir. Normale Leute kennen sowas gar nicht. Wenn ich in seinen Schrank schaue, liegen da bestimmt alle Zetsuai Bände! Wahnsinn – Sebastian ist schwul, ich bin davon fest überzeugt.
Scheiße, mein beknackter Sportlehrer hat mich heute freundlich darauf hingewiesen, dass ich eine Sechs riskiere, wenn ich nicht bald mal am Sportunterricht teilnähme. Hab den Pisskopp
erst gar nicht erkannt. Wie auch? Bin ja nie da, wenn Sport ist. Der Scheißer kann mich mal... Ehrlich, so mache ich das schon seit Jahren – kurz vor den Zeugnissen mache ich zweimal mit, dann muss man mir wenigstens eine Fünf geben und alles ist in Ordnung. Also nur keine Panik.
Bei Mom und Dad ist immer noch Krieg angesagt – ich lasse mir davon meine schlechte Laune nicht verderben. Naja, so schlecht ist meine Laune nicht, weil ich ja jetzt weiß, dass Sebastian schwul ist. Mh, ich sollte mal mit Tom sprechen, der kennt ihn immerhin länger und vermutlich auch besser. Werde ihn doch gleich mal anrufen.
17.Mai
Ich hab's doch gewusst. Sebastian steht heimlich auf Jungs. Das jedenfalls sagt Tom. Der hat ihn in der ganzen Zeit, die sie zusammenwohnen nicht einmal mit einem Mädchen gesehen. Allerdings auch nicht mit einem Typen. Das muss man sich mal vorstellen. WIE muss man sich das vorstellen? Hatte der zwei Jahre keinen Sex, oder was? Das gibt's doch gar nicht, der muss ja bereits Weltmeister im Onanieren sein. Ach du Scheiße, was ist denn, wenn der überhaupt noch nie Sex hatte? Vielleicht läuft der deshalb immer mit so einem verkniffenen Gesicht rum? Da soll er sich mal schön an mich wenden. Ich bringe ihm schon alles bei. Das blöde Versprechen, ihn nicht mehr anzufassen, kann der jedenfalls vergessen. Tut mir leid, aber irgendwann hört der Spaß auf und die Schonfrist ist abgelaufen.
Ich denke, ich werde gleich mal rein zufällig in der WG auftauchen...
18.Mai
Wie schon erwähnt, war ich gestern bei Sebastian. Mann, der hat sich vielleicht gefreut. Ich kam ins Zimmer, er verzog das Gesicht und begrüßte mich mit den Worten »Was willst
du denn schon wieder?» Der ist so freundlich, da wird einem ganz warm ums Herz.
»War gerade in der Nähe und dachte, ich schau mal, was du machst. Störe ich dich?« fragte ich, worauf er den Kopf schüttelte und mir gnädig erlaubte, mich zu setzen. »Ich hab eine Flasche Wein mitgebracht«, erklärte ich.
Sebastian grinste schief. »Ganz zufällig, hä?«
Nachdem die Flasche fast geleert war, legte ich mich bequem neben ihn. »Wie war dein
Erstes Mal?»
»Was'n für'n erstes Mal?« fragte er etwas dümmlich.
»Sex«, half ich ihm auf die Sprünge, »du wirst schon davon gehört haben.«
Ich merkte, dass ihm das Thema unangenehm war, doch da musste er durch, ich ließ nicht locker.
»War nicht besser oder schlechter als bei allen anderen.«
»Erzähl.«
»Wie war es denn bei dir?«
Nichts da, mein Lieber! »Ich hab zuerst gefragt.«
Er zündete sich eine Zigarette an. »Ich hatte mal eine Freundin«, begann er.
»Und?«
»Und irgendwann hatten wir Sex.«
Mann, der versteht es, Geschichten spannend rüberzubringen.
»Wie lange seid ihr zusammen gewesen?«
»Keine Ahnung...Ein paar Wochen, vielleicht auch Monate. Hab's vergessen.«
»Muss ja ein tolles Mädchen gewesen sein. Schon mal was mit einem Typen gehabt?« fragte
ich beiläufig.
»Nein«, schrie er mir ins Gesicht. »Ich bin nicht schwul.«
Ich musste grinsen, denn ich weiß es ja schließlich besser.
»Was grinst du denn so blöde?«
»Nur so. Nehmen wir mal an, du wärst schwul...«
Er unterbrach mich heftig, »Bin ich aber nicht.«
»Jaja, ich weiß. Aber wenn...welche Jungs würden dich interessieren?«
Er sah mich an. »Du nicht.«
»Warum nicht? Findest du mich hässlich?«
»Hab ich das gesagt?«
»Wieso willst du dir dann noch nicht einmal vorstellen, mich zu küssen?«
»Weil ich nicht schwul bin, verdammte Scheiße. Und wenn du jetzt nicht aufhörst, kannst du dich verpissen.«
»Wäre es dir peinlich, wenn du wüsstest, dass ich beim Wichsen manchmal an dich denke?«
Er wurde dunkelrot und schwitzte leicht. »Hör jetzt auf mit dem Scheiß.«
»Woran denkst du denn?«
»Ich mache sowas nicht.«
Das war so süß, ich musste lachen und verschluckte mich prompt an dem Wein. »Ach komm schon...das soll ich dir glauben?«
»Leck mich, Idiot«, zischte er beleidigt.
Ich rückte ein Stück näher. »Darf ich...mh?«
»Es reicht.«
»Tut mir leid, aber ich kann nun mal nichts dafür, dass ich scharf auf dich bin.« Langsam rückte ich noch näher. »Darf ich dich küssen?«
»Nein, verdammt. Bist du besoffen, oder was?«
»Ja, bin ich. Und wenn es dich beruhigt, können wir morgen alles auf den Alkohol schieben, das heißt, du kannst es. Mir ist ein Kuss nicht peinlich. Ich stehe nämlich dazu, dass ich eine Schwuchtel, wie du es nennst, bin.«
»Nimm deine Griffel da weg«, warnte er drohend, als meine Hände sich langsam unter sein Flauschishirt schoben.
Seufzend setzte ich mich wieder hin. »Ja, schon gut. Kann ich trotzdem bei dir schlafen?«
»Unter diesen Umständen...NEIN.«
»Ich weiß aber nicht, wie ich nach hause kommen soll. Bitte.«
»Und ich will dich nicht in meinem Bett haben.«
»Ich verspreche dir, dich nicht anzufassen.«
»Nein. Ich glaube dir kein Wort.«
»Ich schwöre es.«
Sebastian zündete sich eine neue Zigarette an. »Meinetwegen...aber ich trete dir in den Arsch, wenn du dich nicht zusammenreißt.«
Sofort ließ ich mich hintenrüber auf die Matratze kippen und setzte meinen verführerischen
Schlafzimmerblick auf. »Danke Sebastian«, hauchte ich.
Er verzog wieder das Gesicht. »Warum pennst du nicht bei Tom?«
»Wieso sollte ich?«
»Ich dachte, du stehst auf ihn.«
»Nicht mehr.«
»Ach, seit wann denn?« fragte er spöttisch.
»Seit ich mich in dich verliebt habe.«
Er drückte die Kippe aus. »Dreh dich um.«
Alles, was ich hörte, war...ICH WILL DICH FICKEN!
»Wieso?«
»Ich will mich ausziehen.«
Scheiße, war der niedlich. »Das ist doch nicht dein ernst...oder?«
»Schläfst du vielleicht angezogen?«
»Ich meine, das mit dem Umdrehen.«
»Dann eben nicht«, murmelte er, stand auf und knipste das Licht aus.
So ein Spielverderber! Ich konnte gar nichts sehen, schälte mich aus meinen Klamotten und schlüpfte unter die Decke. Einige Minuten später lag er neben mir.
»Darf ich mich ein bisschen an dich kuscheln?« fragte ich in die Dunkelheit.
»Nicht, wenn du die Nacht überleben willst«, kam es zurück.
»Mir ist aber kalt.«
»Dann hol dir eine Decke und jetzt halt die Fresse, ich will schlafen.«
Mir war vor lauter Sebastiangeruch ganz schwindlig.
Nur einmal möchte ich seine schöne sahnige Haut berühren. Nur einmal möchte an seinem Nacken knabbern, denn ich glaube, dass ihm das bestimmt gefallen würde.
Ich schmiegte mich an ihn, strich die Haare beiseite und rieb meine Nase an seinem Hals.
»Was zum Teufel machst du da?«
»Gar nichts«, antwortete ich und ließ meine Lippen über seine Haut wandern.
Meine Hände hatten sich längst auf seine Brust gelegt, ich spürte seine Brustwarzen hart werden.
»Nicht...«, flüsterte er.
Ich machte trotzdem weiter und ich glaube, es hat ihm gefallen denn ich hörte, wie er scharf die Luft einsog. Langsam glitten meine Hände tiefer über seinen flachen Bauch, gleichzeitig küsste ich seinen Hals und sah mich am Ziel meiner Träume.
Seine Haut ist soooooooo weich!
Mein Herz raste, ich wurde fast ohnmächtig, da stieß er mich plötzlich weg, sprang auf und rannte zur Tür. »Ich schlafe in Carlos Zimmer, der ist heute nicht da.«
Das war's! Er war verschwunden und ich blieb in dem Bett, das mir auf einmal wahnsinnig groß erschien, zurück. Ich hätte heulen können. Kotzen. Einen Tobsuchtsanfall kriegen. Aber ich lag einfach nur da und starrte an die Decke, nahm das Kissen in die Arme, vergrub meinen Zinken darin und schlief irgendwann ein.
Heute morgen hat er kein Wort mit mir gesprochen, mich nur finster angegiftet. Also hab ich mich schnell aus dem Staub gemacht.
Ich frage mich, wie oft ich mir noch eine Abfuhr einhandeln will?
Um mich abzulenken, habe ich mich für den Abend mit Nico und Benedikt verabredet.
19.Mai
War gestern im 10.15. Habe Tom gesehen, mit einem Typen an der Hand. Irgendwie hat mich das doch gestört. Aber ich kann ja nicht erwarten, dass er nach mir für immer alleine bleibt. Dennoch muss er nicht so damit hausieren gehen, dass er ohne mich Spaß hat. Überhaupt sah der Typ ziemlich scheiße aus.
Nico war irgendwie total komisch. Jedesmal wenn Benedikt getanzt oder was zu trinken geholt hat, stierte er mich an, hat manchmal meine Hand berührt, um sich danach wieder auffallend mit seinem Angelino zu beschäftigen. Ich versuche gar nicht mehr, das zu verstehen. Ist mir auch egal, ich kann eh nur an Sebastian denken. Ob der noch sauer ist? Dabei ist ja wirklich kaum etwas passiert und das, was passiert ist schien ihm im ersten Moment nicht unangenehm gewesen zu sein.
20.Mai Feiertag
Ich sterbe, so sehr vermisse ich Sebastian. Der macht mich wahnsinnig. Manchmal denke
ich, er wartet nur darauf, dass ich über ihn herfalle und dann wieder brüllt er mich an. Sicherlich ist er sadistisch veranlagt.
Bin gestern hin, um mich zu entschuldigen. Er saß in der Küche und trank Kakao.
»Hey«, sagte ich leise.
»Du gehst mir langsam auf die Nerven. Musst du andauernd hinter mir her schleichen?«
»Ein simples Hallo hätte es auch getan«, antwortete ich und setzte mich zu ihm an den Tisch.
»Du bist doch nicht sauer, oder? Ich...ich möchte dich nun mal...anfassen, ich kann nichts dafür.«
»Ich will davon nichts mehr hören.«
»Weißt du, ich dachte...es hätte dir auch ein kleines bisschen gefallen.« Ich biss mir auf die Lippe und sah ihn an, er wirkte leicht nervös.
»Ich will sowas nicht, kapiert?«
»Kommt nicht wieder vor«, murmelte ich mit gesenktem Kopf.
»Willst du Kakao?«
Nein, ich will mich in deine Arme werfen! »Danke, ich bin nicht durstig.«
Er zuckte die Achseln. »Wolltest du sonst noch was?«
Ja, mich in deine Arme werfen! »Soll ich lieber gehen?«
»Bist doch gerade erst gekommen.«
Das wär ja mal was.
Ich hielt es kaum aus. Sebastian trug schon wieder dieses beknackte, sehr enge, sehr kurze Flauschishirt, seine Haare standen zerzaust in alle Richtungen. Seine Finger spielten mit der Kakaotasse.
»Hast du Spiderman gesehen?«
»Ja und weiter?«
Scheiße, ich wusste nicht, was ich sagen sollte. »Nur so. Was von Tom gehört?«
Sein Blick verfinsterte sich. »Der war letzte Nacht nicht zu überhören.«
»Hä?«
»Der hat sich einen Typen aufgerissen und es die ganze Nacht mit ihm getrieben. Rücksichtnahme ist für den ein Fremdwort.«
Irgendwie gab mir das einen Stich. Normalerweise trieb er es mit mir. Kacke, ich war doch tatsächlich ein wenig eifersüchtig.
Trisha kam herein und warf mir einen Blick zu, der so kalt war, dass ich zu frieren begann. »Hallo«, rief ich dennoch freundlich. Sie ignorierte mich und kramte im Kühlschrank, dann verschwand sie wieder.
»Was war das denn?« fragte ich fassungslos.
»Keine Ahnung. Vielleicht geht ihr deine Anwesenheit auch langsam auf den Geist.«
Ich fühlte mich plötzlich wie ein verdammter Eindringling. In der Tat...was hatte ich überhaupt hier verloren? Niemand wollte mich hier haben.
»Tja, dann sollte ich besser gehen. Ich möchte niemanden nerven.« In der Hoffnung, von ihm noch was zu hören, stand ich auf und ging zur Tür. »Also, bis irgendwann mal.«
»Ja, mach's gut«, rief Sebastian mir nach.
Großartig. Hab ich mich mal wieder zum Arsch gemacht. Ich bin eine scheißverdammte Nervensäge. Ich sollte mein Zimmer überhaupt nicht mehr verlassen.
»Ziggy, du hast Besuch«, ruft Mom gerade.
Ich will keinen Menschen sehen.
später...
Der Besuch war Nico und die Verwirrung ist perfekt. Wir haben uns schon wieder geküsst
und diesesmal war es ganz allein seine Schuld.
Er kam herein, setzte sich aufs Bett und rauchte eine Zigarette. »Was machst du so?« fragte
er.
»Nichts besonderes. Mich langweilen. Wo hast du denn Angelino gelassen?«
Nico lächelte. »Der hat heute Familientag – mit seinem Vater. Ich glaube, der will noch mal versuchen, ihm zu erklären, dass er auf Jungs steht und mit mir zusammen ist.«
»Ah«, machte ich etwas gelangweilt, weil ich eigentlich keinen Bock hatte, nur eine Notlösung zu sein.
»Du siehst nicht besonders glücklich aus. Alles in Ordnung?«
»Nein.«
»Willst du darüber reden?«
»Nein.«
»Hat es mit Tom zu tun?«
»Nicht wirklich.«
»Möchtest du allein sein?«
»Ja, aber bleib trotzdem.«
Ich verstand nicht, was ich da redete, Nico auch nicht, denn er warf mir einen hilflosen Blick zu.
Es war schon komisch. Da saß dieser bezaubernde Italiener neben mir...vor ein paar Tagen hätte ich noch Magenkrämpfe bekommen und jetzt spürte ich so gut wie nichts mehr. Unsere Hände, die auf der Matratze lagen berührten sich...es war mir scheißegal. Ich dachte verzweifelt an Sebastian in seinem Flauschishirt. Ich dachte an Trishas merkwürdiges Benehmen und ich dachte an Tom und seine neue Eroberung.
»Woran denkst du?«
»Nichts weiter«, antwortete ich.
»Ziggy...ich...Gott...ich möchte dich küssen. Darf ich?« fragte Nico plötzlich und noch ehe
ich Nein denken konnte, hatte ich schon seine Zunge im Hals.
Es war ein langer Kuss. Es war auch ein schöner Kuss, zugegeben, und wenn ich ihn nicht weggeschoben hätte, wäre vielleicht noch mehr passiert.
»Glaubst du, dass Angelino damit einverstanden wäre?«
Nico fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen. »Wohl kaum.«
»Dann sollten wir das lassen.«
»Ja, das sollten wir.«
Und schon war seine Zunge wieder da. Ich war sekundenlang geneigt, ihn alles mit mir machen zu lassen, was er wollte, doch dann bollerte sich Sebastian in mein Hirn. Ich hatte
das Gefühl, ihn zu betrügen. Außerdem hatte ich keine Lust, mich in eine Beziehung zu drängen. Was zum Teufel dachte sich Nico eigentlich?
»Was zum Teufel denkst du dir eigentlich?« rief ich etwas aufgebracht.
Nico atmete schwer. »Wenn ich das wüsste. Seit diesem Kuss auf dem Klo, bin ich...total verwirrt. Deshalb bin ich dir auch die ganze Zeit aus dem Weg gegangen. Ich hatte Angst... mich...mich ernsthaft in dich zu verlieben.«
Ach du Scheiße. Das hatte mir noch gefehlt. Vor einigen Tagen hätte ich noch vor lauter Glück gejubelt, jetzt wollte ich nur noch, dass Nico mit dem Gefasel aufhörte.
»Und was ist mit Benedikt?«
»Ich liebe ihn aber du gehst mir eben auch nicht mehr aus dem Kopf. Ich dachte...du hättest mich gern.«
Ich wollte das bisschen Verstand, das mir geblieben war, gerne behalten, deshalb bat ich ihn
zu gehen.
So ein Durcheinander. Ich liebe Sebastian, der mich aber nicht liebt. Dafür liebt Nico mich, der mit Benedikt zusammen ist und Tom hält sich schön aus allem raus mit seinem neuen Freund, obwohl er heimlich ein Auge auf Benedikt geworfen hat. Das gleicht ja schon einer Teeniekomödie. An allem sind doch eh nur Mom und Dad Schuld, weil die mich in diese grauenhafte Stadt verschleppt haben. Wenn die das nicht getan hätten, wüsste nichts von Sebastian und Nico und Ben und Tom und Trisha.
Ich treff‘ immer nur Verrückte...
21.Mai
Nico geht mir wieder aus dem Weg, was mir persönlich sehr recht ist. War in Pausen gezwungenermaßen mit Denise und ihren schrecklichen Freunden zusammen. Die sind so hohl, das halte ich nicht aus. Ich glaube, die Klappertussi hat mich zu ihrem neuen Freund erkoren, sie hat die ganze Zeit versucht, meine Hand zu halten. Als ich sie daran hinderte, meinte sie nur, ich müsste nicht so schüchtern sein. Mir wäre beinahe die Kotze hoch gekommen. Clyde hat mir gesagt, ich solle auf meinen Umgang achten, weil Benedikt und Nico doch andersrum seien. Nicht, dass er dagegen was hätte, schließlich war Ben sein bester Freund, dennoch sollte ich nicht zu viel Zeit mit denen verbringen, ich wollte doch nicht
meinen guten Ruf verlieren. Clyde ist ein Idiot, wie er im Buche steht doch ich glaube, der kann nichts dafür. Er tut mir sogar fast leid, weil der bestimmt nicht wirklich boshaft oder gemein ist. Er weiß es halt nicht besser. Denise dagegen ist eine verdammte Kotzkuh, ich hasse sie. Intrigant bis ins Mark. Wenn ich einen Revolver hätte, würde ich sie erschießen, ohne mit der Wimper zu zucken. Und im Knast würde ich dann Herrn Todorov treffen, obwohl der ja inzwischen glücklich und unkriminell mit seinem Freund zusammenlebt...
Ich sollte nur noch in meinen Büchern leben. Da kann mir nichts Schlimmes passieren!
Heute kam Tina zu Besuch. Puh, ich hasse schwangere Schwestern...ganz besonders meine eigene. Die hat die ganze Zeit von der morgendlichen Übelkeit geredet und sich den Wanst mit Käsekuchen und Sahne vollgeschlagen. Wenn ich derart verfressen wäre, müsste ich auch jeden Morgen kotzen. Dann hat sie mir ganz stolz ein Ultraschallbild von meinem Neffen oder meiner Nichte unter die Nase gehalten. »Hier...da ist der Kopf...und da die Nase und...
kuck mal, die klitzekleinen Händchen», rief sie immer wieder und strich sich über die Wampe. Dabei sieht man noch gar nicht so wahnsinnig, dass sie da was mit sich rumschleppt.
Gesehen hab ich auch auf dem Bild nichts. Nur schwarzweiße Schatten. Als ich ihr das sagte, wurde sie wütend. »Du hältst es ja auch falsch rum.«
Auch als ich das Bild drehte, war nichts zu erkennen. »Bist du dir eigentlich sicher, dass das Alien von Arne ist?«
Ihre Lippen wurden sehr schmal. »Das Alien ist mein Baby und von wem sollte es wohl
sonst sein, du kleiner Penner?»
Ich musste mich schütteln, denn sie hatte offensichtlich mit ihm Sex gehabt. »Hoffentlich sieht es hinterher nicht aus wie dein Mann. Dann hat das Kind nichts zu lachen. Aber es gibt ja die Beautyklinik.«
»Ich bin schon froh, wenn es keine dämliche Tucke wird wie mein Bruder«, konterte sie.
Ich hatte immer angenommen, sie wüsste nicht, dass ich schwul bin.
»Pass auf, dass das Alien keinen Schlaganfall bekommt, wenn es zum erstenmal Daddys Visage erblickt«, riet ich ihr und ging in mein Zimmer.
Ich hasse meine Schwester! Ich hasse die ganze Welt!
Simon rief an.
»Du rufst mich nie an«, begrüßte er mich vorwurfsvoll.
»Warum auch? Du hast dich getrennt.«
»Na und? Trotzdem könntest du dich ja mal dafür interessieren, wie es mir geht.«
»Fragst du mich etwa, wie es mir geht?«
»Wie geht es dir?«
»Tina ist schwanger.«
»Ach du scheiße. Das tut mir leid. Wer ist denn der Vater?«
»Ihr Mann.«
»Arne? Dieser Grottenolm? Das glaube ich nicht. Die hatte doch sicher eine Affaire.«
»Keine Ahnung. Sie behauptet, dass er der Vater ist.«
»Sag mal...ich hab gedacht...ich meine, ich würde dich gerne mal für ein Wochenende besuchen. Was hältst du davon?«
»Gar nichts.«
»Aber...du fehlst mir...Ziggy-Maus.«
»Wenn du mich noch einmal so nennst, lege ich sofort auf.«
»Früher hat dir das gefallen.«
»Hat es nicht.« Hatte es nie. Ich habe ihm oft genug verboten, mich so zu nennen. Ich kann Typen nicht ausstehen, die ihren Freunden derart bescheuerte Kosenamen geben. Liebling, Schatz, Mausi – da läuft es einem doch eiskalt den Rücken hinunter.
»Also was ist? Kann ich am Freitag kommen?«
»Nein. Hörst du schlecht? Deine Ohren sind doch wohl groß genug.«
»Wieso bist du so gemein? Was habe ich dir getan?«
»Ich habe einen neuen Freund.«
»Was? Wen denn? Das stimmt doch nicht, oder?« Seine Stimme zitterte.
»Doch. Und du kennst ihn nicht. Aber...er ist sehr süß und geil und sexy und...und ich liebe ihn. Sonst noch Fragen?«
Hatte er nicht, denn ich hörte, wie er den Hörer auflegte.
Scheiße, ich wollte ihm das nicht so sagen. Ich mag ihn ja noch aber warum musste er mit diesem scheiß Ziggy-Maus anfangen?
22.Mai
Ich vermisse Sebastian.
23.Mai
Sebastian fehlt mir. Lese zur Ablenkung »Exquisite Corpse« von Poppy Z. Brite.
Ganz schön eklig diese Schlitzereien. Hab mich in Tran verknallt. Ich glaube, der wird zum Schluss umgebracht. Vielleicht sollte ich Sebastian töten und dann mich selbst? So'n kleiner Amoklauf wär doch mal was. Erst würde ich Denise samt Sportidioten niederbrettern, dann die Schule in die Luft sprengen. Nico und Ben würde ich killen, während die beiden ficken; Tom soll nicht leiden, also kriegt der einen sauberen Genickschuss. Simon schicke ich eine Briefbombe. Mit Sebastian lasse ich mir Zeit. Erst ficke ich ihn ohne Gummi und Gleitcreme,
damit es richtig schön weh tut, dann soll er betteln und ich ficke ihn noch mal, bevor ich ihm das Hirn wegpuste. Nein. Ich werde ihn einige Tage gefesselt irgendwo liegen lassen...ihn wieder und wieder mit einem langen scharfen Messer quälen...ihm schöne Muster in die
Haut ritzen und immer, wenn er vor Angst halb wahnsinnig ist, ficke ich ihn, lockere seine Fesseln, um ihm das Gefühl zu geben, er käme doch noch davon, nur um ihm diese irrige Annahme durch neue Gewalttaten auszutreiben. Aufessen werde ich ihn allerdings nicht.
Das geht dann doch zu weit!
23.Mai
Hatte einen fiesen Alptraum. Arne, der Mann meiner Schwester vergewaltigte und metzelte mich. Puh...ich sehe noch immer sein irres Grinsen vor mir, als er mir die Ohren abschnitt und genüsslich verspeiste. Dann schlitzte er meinen Körper der Länge nach auf und grabschte in meinen Gedärmen rum. »Daraus werde ich mir ein Süppchen kochen«, rief er immer wieder und tanzte mit meinem Dickdarm in der Hand durch das Zimmer; meinen Dünndarm trug er wie eine Federboa um den Hals. Überall war Blut und Schleim und Arne hatte eine gruselige Monsterfresse, pockennarbig und mit riesigen Hauern. Ich sollte keine schlimmen Bücher vorm Einschlafen lesen...!!
24.Mai
Wahnsinn, schon wieder Freitag. Eigentlich sollte ich ausgehen und Spaß haben, schließlich bin ich jung...nur fühle ich mich momentan wie ausgekotzt, zerknittert und alt. Ich möchte
so gerne mit Sebastian reden. Dieser Scheißkerl...ich hasse ihn. Ach du Scheiße...ich habe Halluzinationen und kriege einen Nervenzusammenbruch ...
Irgendwann nachts...
Da wurde ich beim Schreiben doch tatsächlich von dem Scheißkerl unterbrochen. War keine Halluzination, er stand wirklich und leibhaftig in meinem Zimmer. Da hab ich doch erstmal schnell mein Tagebuch verschwinden lassen. Nicht auszudenken, wenn er was daraus gelesen hätte.
Also er stand da vor mir und war einfach nur wunderschön.
»Was...was machst du denn hier?« stotterte ich benommen, überrascht und überrumpelt.
»Nette Begrüßung«, antwortete er beleidigt und nahm neben mir Platz. »Ich dachte, du freust dich, wenn ich dich besuche.«
Oh und wie ich mich freute, das heißt, ich hätte es, wenn ich nicht so verwirrt gewesen wäre.
»Zigarette?« fragte er, steckte eine für mich an und gab sie mir.
Was zum Henker war mit diesem Vollidioten los? Der war doch nicht normal...das konnte
mir keiner erzählen.
»Ehrlich gesagt, hatte ich gar nicht damit gerechnet, dass du da sein würdest. Gehst du am Wochenende nicht immer aus – mit deinen beiden Freunden?«
»Heute nicht.«
»Da hab ich ja Glück«, lächelte er und legte sich bequem hin. »Und...was wollen wir jetzt
machen?»
Ficken, Sebastian, ficken. »Weiß nicht.«
Er räkelte sich und sah mich dabei an. Sein Shirt rutschte nach oben, ich konnte seinen nackten Bauch sehen; den perfekten Nabel, den kleinen Leberfleck daneben.
Sebastian schrie förmlich FASS MICH AN! Augenblicklich bekam ich eine wahnsinnige Wut auf ihn. Was er da tat, war wirklich nicht schön. Naja, schön war es schon, trotzdem, er sollte es lassen. Ich hatte keine Lust auf seine bekloppten Spielchen.
»Ist irgendwas nicht in Ordnung?«
»Ich bin nicht so gut drauf«, stimmte ich zu.
»Wieso nicht?«
»Weil mein Ex-Freund mich zurückhaben will«, sagte ich laut, gespannt auf seine Reaktion.
»Tom?«
»Nein, Simon. Wir haben uns getrennt, als ich hierher gezogen bin.«
»Und?«
»Ich denke, ich werde zu ihm zurückgehen.«
Er schien etwas bestürzt. »Ich dachte, du bist in mich verliebt.«
Ich zuckte die Achseln. »Du willst mich ja nicht. Warum soll ich mich noch länger an dich klammern und unglücklich sein?«
»Dann kann deine Liebe ja nicht besonders tief gewesen sein.«
»Du hast überhaupt keine Ahnung. Was willst du eigentlich?«
»Mir ganz bestimmt nicht deine Schwärmereien von irgendwelchen Ex-Freunden anhören.«
»Sebastian?«
»Ja?«
»Verpiss dich. Ich habe keinen Bock auf deine Gesellschaft.«
Er sprang sofort auf und verpisste sich.
Kacke. Alles ist schiefgelaufen. Natürlich wollte ich ihn bei mir haben aber ich kann ihn
nicht ertragen. Dieses ständige Wechselbad der Gefühle ist mir viel zu anstrengend. Ich
sollte mich wirklich von ihm fernhalten. Vielleicht ist es auch besser, wenn ich Simon anrufe und ihn bitte, mich doch zu besuchen? Oder ich gehe zu Tom? Oder ich verführe Nico, der liebt mich ja inzwischen ebenfalls. Nein, ich mache nichts von alledem. Sind mir doch scheißegal, die Typen. Ich will nur noch meine Ruhe haben. Schlafen und für die nächsten zehn Jahre nicht mehr aufwachen. Vielleicht gestehe ich Montag in der Schule Denise meine Liebe? Hervorragende Idee...
26.Mai
Bin gestern gar nicht zum Schreiben gekommen. Ich kann immer noch nicht fassen, was passiert ist. Ich schwebe irgendwo auf Wolke sieben...
Wie von einem verdammten unsichtbaren Faden gezogen, stand ich plötzlich in Sebastians Zimmer.
»Hab ich mich gestern nicht klar ausgedrückt?«
»Können wir das nicht vergessen? Ich war einfach scheiße drauf. Tut mir leid.«
»Du hast mir gesagt, ich soll mich verpissen.«
»Es tut mir echt leid. Du warst auch nicht immer freundlich zu mir. Also sind wir quitt.«
»Scheiß Logik«, sagte Sebastian, lächelte allerdings dabei. »Setz dich schon.«
Ich warf mich neben ihm aufs Bett und sah ihm beim Rauchen zu.
»Mein Fernseher geht wieder. Lust auf Escaflowne?«
»Klar«, nickte ich.
Ritter Allen war gerade dabei, Hitomi seine Liebe zu gestehen, da stupste Sebastian mir in
die Seite. »Ich wette, dein Ex sieht aus wie Allen...hab ich recht?«
»Hä? Wie kommst du denn darauf?« fragte ich verwirrt.
»Weiß nicht. Ich habe den Eindruck, du stehst auf so hübsche Jungs...mit Haaren bis zum Arsch und tollen Klamotten.«
»Simon hat keine langen Haare und zieht sich ganz normal an. Jeans und Shirt. Er sieht eher durchschnittlich aus, fast unscheinbar.«
»Echt? Ich dachte, du verliebst dich nur in atemberaubend schöne Engel.«
»Du findest Allen atemberaubend schön?« grinste ich.
»Allen ist eine Comicfigur.«
»Ah, dann hältst du dich also für einen Engel?«
»Wieso?«
»Ich habe mich in dich verliebt«, erklärte ich.
»Fang nicht wieder damit an.«
»Du hast damit angefangen.«
»Warum ich?«
»Weil du gesagt hast, dass Simon wie...«
»Ach das meine ich nicht. Wieso hast du dich in mich verliebt?«
»Weil du in meinen Augen schön bist wie ein Engel«, erwiderte ich lächelnd und bemerkte, dass er rot wurde.
Verdammt...das ist immer sooo niedlich!
»Schluss jetzt damit.« Er schaltete den Fernseher aus. »Willst du Musik hören?«
Ich nickte, worauf er sich erhob, an der Anlage fummelte und mich schließlich sehr merkwürdig anschaute.
Some velvet morning when I'm straight ...
Ich ging total kaputt!
Er kroch angestrengt über mich weg, um auf die andere Seite des Bettes zu gelangen. Dabei verweilte er einen Augenblick auf meinen Schenkeln, stützte rechts und links von mir die Hände auf die Matratze und sah mir in die Augen. Sein Arm im Flauschishirt streifte leicht mein Kinn Ich wollte sterben. Schmetterlinge bahnten sich ihren Weg vom Magen in meinen Unterleib und piesackten mich. Scheiße...warum grad dieses Lied? Naja, es würde auch irgendwann zuende sein. Aber da hatte ich mich geirrt...denn es kam noch mal und noch mal und danach nochmal. Es war anscheinend ein Endlostape.
»Hast du nichts anderes?«
»Wieso? Das ist doch dein Lieblingslied, oder etwa nicht?« fragte er unschuldig.
»Ja«, antwortete ich benommen.
Eine Weile räkelte er sich total obszön neben mir, ich wagte kaum hinzusehen. Immer wieder berührte er mich zufällig, streifte mit seinem Arm meinen Körper, lehnte sein Bein an meins. Ich begann, Sterne zu sehen und atmete schwer. Er schien das alles nicht zu bemerken, lag da und sang leise den Text mit.
Learn from us very much, look at us but do not touch...
Plötzlich legte sich sein Oberkörper auf meine Brust – noch mehr Sterne vor meinen Augen. »Ist da irgendwo mein Tabak?« murmelte er in mein Shirt, ließ seine Arme von der Bettkante baumeln und die Hände umhertasten.
Nach einer Ewigkeit rief er, »Ah, ich hab ihn.«, rollte sich von mir runter und streifte...oh, welch Überraschung...mit seinen Haaren meine Visage. Nervös rutschte ich hin und her, wollte mich hinsetzen, doch er drückte mich auf die Matratze. »Bleib mal so liegen, ich brauche dich als Unterlage.« Er öffnete das Päckchen und plazierte es auf meinem Bauch.
Mir war zum Schreien. Zum Brüllen. Zum Toben. Ich wollte ihn packen, schütteln und ihm ins Gesicht rufen »Fick mich endlich, du verdammter Scheißkerl!«, doch ich lag da, auf dem Rücken, mit der Tabakpackung auf meinem Bauch. In aller Seelenruhe fischte Sebastian Tabak heraus, nahm ein Blättchen und wollte offenbar tatsächlich eine fucking Zigarette drehen. Selbstverständlich vergaß er auch dabei nicht, mich hin und wieder rein zufällig zu berühren.
Jetzt reichte es!
Ich schlug ihm die halbfertige Zigarette aus der Hand und das Päckchen von meinem Körper.
Es segelte durch die Luft, der Inhalt verstreute sich auf den Boden. Sebastian starrte mich an.
»Bist du bescheuert...mein Tabak.«
Ich hatte echt die Nase voll, wirbelte ihn herum, so dass er mit dem Rücken lag, setzte mich auf ihn und drückte seine Handgelenke herunter.
»Ist mir scheißegal, dein verfickter Tabak.«
Beinahe ängstlich blickte er mich an, wand sich unter mir und versuchte vergeblich, seine Handgelenke aus meinem Griff zu befreien. Während wir so herumrutschten, spürte ich plötzlich, dass sein Schwanz ebenso hart war wie meiner.
Jetzt verstehe ich auch langsam, was Tom mit Schleicher meint....ich meine, da liegt der da rum und tut so, als sei ihm alles wahnsinnig unangenehm und ist doch in Wahrheit scharf
wie sonst was.
»Ich will vögeln, verdammt noch mal und du willst das auch...also hol ihn endlich raus und steck ihn da rein, wo er hingehört«, zischte ich.
Ach du Scheiße! Hatte ich das eben wirklich gesagt? Mir wurde ein bisschen schlecht.
»Lass mich los«, flehte Sebastian. »Geh runter von mir.«
Immer noch entsetzt über mich selber, ließ ich augenblicklich von ihm ab. »Tut mir leid, ich wollte nicht so...« ausfallend werden, sollte der Satz zuende gehen, doch ich hielt die Klappe, weil er sich kniend mit der Hand unter dem Shirt über den Bauch strich und es dabei unanständig weit nach oben schob. Schließlich zog er es ganz aus. Ich sah seine Brust, seine Rippen, die sich unter der Haut abzeichneten, seinen perfekten Bauchnabel...dazu schaute er mich so wahnsinnig geil an, dass ich meinen Schwanz auch nur noch da hineinstecken wollte, wo er hingehörte. Sebastian blickte mich schmollmündig an, den Kopf leicht gesenkt, halblange Haarsträhnen fielen ihm in die Augen – ich war dem Wahnsinn nah. Er richtete sich etwas auf, strich mit den Fingerspitzen leicht über seinen Bauch und ließ die Hand in seine Hose gleiten, wo sie eine Weile herumfummelte. Dazu immer dieses unverschämte Grinsen.
Zugegeben, ich stehe total drauf, wenn ein Typ vor meinen Augen an sich rumfummelt und dass Sebastian das tat, brachte mich beinahe um den Verstand.
Seine Hand bewegte sich aufreizend in seiner Hose. Er biss sich leicht auf die Unterlippe.
»Worauf wartest du...Kleiner?« flüsterte er.
Das fragte ich mich auch. Augenblicklich packte ich ihn, warf ihn auf die Matratze und...
WAHNSINN!!! Ich kann mich nicht erinnern, jemals so hemmungslos gewesen zu sein, jemanden so ordinär und hart gevögelt zu haben. Es dauerte nicht lange und während ich mir fast die Stimmbänder wund schrie verhielt er sich ziemlich ruhig, seufzte und stöhnte leise. Ich biss ihm in den Nacken, bis er fast blutete und blieb schwer atmend auf ihm liegen.
Sebastian rieb seinen Hinterkopf an meinem Gesicht. Seine Haare rochen verdammt gut.
Irgendwann rappelte ich mich benommen auf, er drehte sich um und sah mich an. »Die Sauerei machst du aber weg.« Er hatte den Tabak gemeint.
»Du kannst mich mal«, sagte ich.
»Alles zu seiner Zeit«, entgegnete er grinsend und ich war dabei, schon wieder scharf zu werden. Ich legte meinen Kopf auf seine Brust, er wuschelte durch mein Haar. Sein erhitzter Körper fühlte sich unglaublich gut an, seine Arme umschlangen mich, während wir knutschten wie bekloppt.
»Sebastian?«
»Hm?«
Ich hatte mich über ihn gebeugt und zeichnete mit der Fingerspitze die Konturen seiner Lippen nach. »Ich...ich möchte mit dir schlafen.«
»Hast du das nicht gerade?«
»Schon, aber...ich will mit dir zusammen sein...die ganze Nacht...immer.«
Seine Finger strichen meinen Rücken runter. »Das will ich auch«, flüsterte er so weich, dass ich augenblicklich dahinschmolz. Trotzdem war ich mir nicht sicher, ob er auch wirklich verstanden hatte, was ich meinte. Klar, wollte ich in seinen Armen einschlafen und all das aber...erst wollte ich ihn vögeln und vögeln und vögeln. Selbst im Traum würde ich das noch wollen.
Some velvet morning when I'm straight...
Wir haben es so lange getrieben, bis wir total erschöpft ineinander verschlungen einschliefen.
Als ich aufwachte, lief das Lied immer noch. Das konnte nur eins bedeuten.
Ich weckte Sebastian mit zärtlichen Küssen, er streckte sich wohlig, öffnete seinen schönen blaugrauen Augen und lächelte.
Sein Lächeln machte mich ganz weich und schummrig. Ich wollte ihn erneut küssen, doch er schob mich weg. »Ich hab Hunger«, murmelte er.
Ich will dich ficken, dachte ich aber er war schon aus dem Zimmer.
Scheiße, während ich das hier schreibe, bin ich schon wieder so geil auf Sebastian, dass ich
gar nicht weiß, wie ich die Nacht ohne ihn überstehen soll. Und morgen die Schule und Denise und die Sportler und überhaupt. Bei dem Gedanken, was seine Hände alles mit mir angestellt haben, läuft mir ein wohliger Schauer über den Rücken, mir ist schwindlig, ich komme mir vor wie eine besoffene Biene. Ich glaube, ich muss ihn vorm Einschlafen noch mal kurz anrufen...
27.Mai
Stehe total neben mir und renne mit Grinsefresse durch die Gegend. Hab vom Unterricht in der Schule komplett nichts mitbekommen, hatte nur Sebastian mit Hand in der Hose im
Kopf. Gestern abend hab ich ihn ja noch angerufen, er hat mir die ganze Zeit mit seiner Wahnsinsstimme ins Ohr gesäuselt...natürlich lauter unanständiges Zeug...musste mir dabei einen runterholen, ging nicht anders.
später...
Ich will Sebastian heiraten! Ich war noch nie so verliebt!!
Schon als ich heute nachmittag sein Zimmer betrat und er auf dem Bett lag und rauchte, wollte ich ihn sofort überfallen. Er hat erstmal ziemlich cool getan und mich kaum angesehen, als ich mich neben ihn setzte, nahm das Tabakpäckchen weg und legte es auf den Boden.
»Bevor du wieder alles hier rumschmeißt«, erklärte er, »und ich die Schweinerei aufräumen muss.«
»Du hast mir keine andere Wahl gelassen, es war deine Schuld«, verteidigte ich mich mit einem Grinsen. »Sag mal, seit wann bist du schon scharf auf mich?«
»Seit vorgestern.«
»Das ist doch gelogen. Ich meine, du hast mich doch die ganze Zeit angemacht.«
»Hab ich das?«
»Na klar. Hast mich ständig angegrapscht und dein Knie an meins...was war das denn, wenn nicht Anmache?«
»Keine Ahnung, wovon du redest.«
»Ich will ja nur wissen, warum du dich so lange gesträubt hast. Und warum hast du mir nie gesagt, dass du auf Jungs stehst?«
»Du hast nie gefragt.«
»Du hast immer gesagt, dass du nicht schwul bist.«
»Bin ich auch nicht.«
»Warum hast du dann mit mir geschlafen?«
»Weil ich Lust dazu hatte.«
»Hatte? Soll das heißen, du hast jetzt keine Lust mehr?« fragte ich enttäuscht.
»Weiß ich nicht.«
»Aber...sowas weiß man doch. Bin ich für dich etwa nur ein flüchtiges Abenteuer, oder so'n Scheiß?« Ich war nun wirklich beunruhigt.
»Hast du den Eindruck?«
»Woher zum Teufel soll ich das wissen? Kannst du dich nicht mal klar ausdrücken?«
»Zieh dich aus...ich habe Lust, mit dir ins Bett zu gehen. War das jetzt deutlich genug?«
»Meinst du das ernst?«
»Nein, natürlich nicht«, grinste er, »ich bin doch nicht schwul.«
»Sebastian, du gehst mir auf die Nerven.«
»Warum bist du dann hier?«
»Weil ich in dich verliebt bin.«
Er stand auf und lief eine Weile im Zimmer umher, bis ich mich vor ihn stellte und langsam meine Hände unter sein Shirt schob. Er zuckte zusammen und sog scharf die Luft ein.
»Fühlt sich das gut an«, flüsterte ich ihn sein Ohr.
»Deine Hände sind kalt«, entgegnete er unschuldig.
»Macht dich das geil?«
»Geht so.«
Ich nahm augenblicklich meine Hände weg. Der konnte einem echt die Laune verderben. Frustriert setzte ich mich wieder aufs Bett. Sebastian stellte sich vor meine Nase und strich sich beiläufig über den Bauch, dann über die Brust; fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, berührte leicht seine Lippen und ließ seine Hand wieder über seinen Körper gleiten. Ich war einer Ohnmacht nahe.
So eine verdammte kleine Ratte!
Er kam ein kleines Stück näher, spreizte seine Beine so, dass er mit den Innenseiten meine berührte, sah zu mir runter und friemelte mit den Fingern an seinem Hosenbund. Seine Beine drückten meine zusammen, während Sebastians Hand in seine Hose glitt. Ich tat so, als ginge mich das alles gar nichts an und war wohl nicht sehr überzeugend, denn er lachte dreckig.
»Ich bin...ich meine...ich ...«
»Weiß ich doch«, sagte er leise.
»Was?«
»Du hast es gern, wenn ich mich anfasse.«
Seine Hand bewegte sich unter dem Stoff seiner Jeans, er schloss die Augen, warf den Kopf
in den Nacken und atmete leise aus. Seine geöffneten Lippen zitterten leicht. Ich öffnete die Knöpfe seiner Jeans und ließ meine Zunge über die weiche Haut flattern. Seine Finger
glitten durch meine Haare, ich wollte gerade seinen Schwanz in den Mund nehmen, da drückte er mich auf die Matratze und legte sich auf mich. Die nächsten hundert Stunden knutschten wir wild, bevor er mir die Klamotten vom Leib riss und wir miteinander schliefen.
29.Mai
Morgen ist Feiertag. Gebe mir selber schon am Freitag frei und habe somit ein sehr langes Wochenende vor mir.
30.Mai Feiertag
Hätte nicht gedacht, dass das möglich ist aber ich liebe Sebastian jeden Tag mehr. Obwohl er manchmal ganz schöne Zicken macht. Er möchte zum Beispiel nicht, dass jemand von uns erfährt. Habe ihm gleich gesagt, dass ich auf irgendwelche Heimlichkeiten und Versteckspiele überhaupt keine Lust habe. Und außerdem bin ich jedesmal so laut, dass ich stündlich damit rechne, dass sich die Leute aus dem Haus nebenan beschweren. Und Tom, Carlo und Trisha sind ja auch nicht blöd. Die können sich doch denken, dass etwas zwischen uns läuft, wenn ich bei ihm übernachte und andauernd Sexgeräusche zu hören sind.
»Dann musst du dich eben mal zusammenreißen, du brüllst jedesmal so als würde ich dich abstechen oder schlimm misshandeln.«
Scheiße, jetzt weiß ich doch wenigstens, wie Simon sich gefühlt hat, als ich das Lautstärke-Thema mit ihm mal erörterte. Gott, wie peinlich!
»Wollen wir am Wochenende ausgehen?«
»Geht nicht«, brummelte er, »muss eine Hausarbeit schreiben.«
»Am Wochenende?«
»Bin ja in den letzten Tagen deinetwegen nicht dazu gekommen.«
Scheiße, er hatte doch eben schon wieder ganz deutlich FICK MICH! gesagt, oder? Ich
drehte mich auf dem Bett so, dass ich ihn am Schreibtisch sitzen sehen konnte. Wahnsinn,
wie aufreizend der da auf dem blöden Stuhl saß. Das graue, labberige Shirt schmiegte sich
an seinen Körper, die Jeans spannte an seinen Schenkeln. Wie kann denn jemand derart unanständig auf einem Stuhl sitzen?
Langsam stand ich auf, drehte den Stuhl vom Schreibtisch weg und setzte mich auf seinen Schoß. Meine Arme legten sich um seinen göttlichen Hals.
»Ich hab keine Zeit dafür, Kleiner«, sagte er und ließ seine Arme untätig neben meinen Beinen herunterbaumeln. Ich plazierte seine Hände an meinen Hintern und meine eigenen unter sein
Shirt. »Komm schon«, flüsterte ich in sein Haar, »es dauert auch bestimmt nicht lange.«
Die Tatsache, dass er mich Kleiner genannt hatte, sagte mir doch recht deutlich, dass er
längst nicht mehr an seine blöde Hausarbeit dachte.
»Nein«, schüttelte er seinen hübschen Kopf, »ich muss schreiben.«
»Aber ich muss jetzt dringend gevögelt werden.«
Seine Hände schoben sich unter mein Shirt und streichelten meinen Rücken. Ich war von den Haarwurzeln bis zu den Zehenspitzen elektrisiert. »Lass uns ins Bett gehen«, stöhnte ich,
»bitte.«
»Lässt du mich danach ein paar Stunden in Ruhe?«
»Jaja, versprochen«, murmelte ich an seinem Hals lutschend.
»Aber ohne Lydia Lunch«, erklärte er, »sonst artet das aus und ich komme ...«, mir entfuhr ein dreckiges Grinsen, » und ich habe wieder keine Gelegenheit an meiner Hausarbeit zu schreiben.«
Jetzt sitzt er da und schreibt vor sich hin, während ich ihm dabei zusehe. Werde mal in die Küche gehen und nach was Essbarem suchen, Sebastian hat mir nämlich soeben gesagt, dass
er sich nicht konzentrieren kann, wenn ich ihn die ganze Zeit anstarre.
Uiuiui, Trisha ist gar nicht gut auf mich zu sprechen. Ich glaube, die will mich am liebsten töten, weil ich ihr Sebastian weggeschnappt habe. Das mit dem Geheimhalten hat sich somit erledigt...alle wissen längst Bescheid. Carlo hält sich aus allem raus, Trisha will meinen Tod und Tom scheint auch etwas angepisst zu sein. Der saß gerade mit Trisha zusammen am
Tisch. Als ich dazu kam, ist sie sofort gegangen.
»Die arme Trisha hat endlich geschnallt, dass Sebastian nicht auf Titten steht«, bemerkte
Tom und rührte in seinem Kakao. »Sag mal, wie hast du es eigentlich geschafft den rumzukriegen?«
»Lydia Lunch«, entgegnete ich achselzuckend.
»Hä?«
»Vergiss es. Stört es dich, dass Sebastian und ich zusammen sind?«
»Warum sollte es? Wir sind ja nicht verheiratet. Ich finde es halt ein bisschen schade, weil er jetzt das bekommt, von dem ich weiß, wie gut es ist.«
AHHHH – was für ein Kompliment.
»Ich nehme mal an, du denkst im Moment noch nicht so sehr über einen Seitensprung nach, nein?«
»Nee, bin momentan sehr zufrieden.«
»Falls sich das ändert, lass es mich bloß wissen.«
»Was ist denn mit deinem, ich weiß nicht, wie war sein Name?«
»Erik? War für ein bis zwei Nächte ganz nett. Ich glaube, ich warte jetzt mal auf die große Liebe.«
»Na dann, viel Glück«, erwiderte ich und ging zurück zu meiner großen Liebe.
31.Mai
Würde am liebsten der ganzen Welt meine große Liebe vorstellen, doch Sebastian ist wohl noch lange nicht so weit.
Wahnsinn, ich bin momentan so glücklich und hab gleichzeitig Angst, dass alles irgendwie bald schon wieder vorbei sein könnte. Was, wenn Sebastian sich in wen anders verliebt?
Was, wenn er überhaupt nicht in mich verliebt ist? Man kriegt ja immer nichts raus aus ihm. Komisch, solche Gedanken hatte ich bei Simon nie. Aber der hat mir auch immer schön gesagt, dass er mich liebt. Nicht, dass ich so besonders viel Wert auf stündliche
Liebeserklärungen lege, doch Sebastian könnte es ja wenigstens einmal sagen. Einmal nur sagen »Ich liebe dich, Ziggy« aber nein, alles was ich von ihm zu hören kriege ist »Ich hab Hunger« und »Du störst mich bei meiner sehr wichtigen Hausarbeit« und »Du bist viel zu laut beim Vögeln« – als wär das meine Schuld.
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