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DSDMB

Teil 11

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Inhaltsverzeichnis

Ferdi

Als wäre meine Erkältung noch nicht schlimm genug, zerren mich mein Ex-Freund und meine Nemesis in ihr Zimmer und verkünden, dass ich dort zu bleiben habe. Ich bin sogar zum Protestieren zu schwach und will ganz ehrlich auch nicht mehr bei Rachel und Paolo bleiben, die schon laut überlegt haben, mich mitsamt Bett auf den Flur zu verfrachten. Dann lieber Schröder und Yoko, die hoffentlich sowieso kaum im Zimmer sein werden, zwecks Training.

Leider muss ich trotzdem Yokos Beste-Freundinnen-Ansage anhören, frei nach dem Motto: „Hör auf, dem Schröder das Herz zu brechen, sonst bekommst du es mit mir zu tun. Ach und übrigens: Er ist wie ein Bruder für mich und du würdest doch auch nichts mit deinem Bruder anfangen wollen, oder? Also hör auf rumzugeifern.“  Nicken und lächeln.

In der Nacht legt Schröder sich wirklich zu mir! Ich stinke und schwitze und huste Bazillen aus und er denkt an Kuscheln? Wenn ich eine Wahl hätte, würde ich mich nicht mal selbst zu mir ins Bett legen! Der spinnt doch. Aber zum Wehren bin ich zu müde. Ich hasse krank sein! Hab auch nicht viel Übung drin. Zum Glück geht es mir am dritten Tag schon besser und ich darf anfangen zu üben und sogar ein kurzes, dramatisches Interview geben. Damit die Fans auch wissen, was los war, für den Fall, dass ich die erste Live-Show versaue, was ich aber nicht vor habe.

Für das Bravo-Shooting bekomme ich dann mit so einem Spray-Ding Hautfarbe ins Gesicht gesprüht, damit ich nicht so bleich aussehe. Endlich kann ich mich wieder im Spiegel anschauen, ohne Angst zu bekommen. Und mir wird mal wieder befohlen, was ich anzuziehen habe, aber das kenn ich ja schon. Fotos machen ist spaßig. Das war schon immer so. Ich weiß noch, dass Barbara früher immer tausende Bilder von mir schießen musste. Posieren kann ich gut. Schauspielern kann ich noch besser. Und im Tun, was von mir erwartet wird, bin ich sowieso Weltmeister. Auch wenn ich bald merke, dass meine Knie wacklig werden und bunte Flecken vor meinen Augen tanzen. Spaß macht es trotzdem. Und auf den Fotos sieht man dann auch echt nicht, wie anstrengend es in Wirklichkeit war. Immerhin lohnt es sich gleich doppelt:  Wir bekommen einen Batzen Geld versprochen UND einer der Fotographen gibt mir seine Karte und findet, dass ich es, auch wenn ich für den Einstieg schon etwas alt bin, mal als Model probieren könnte. Für Kataloge und so. Er würde mich jedenfalls gerne in seine Kartei aufnehmen, falls es mit DSDMB nicht klappt.

Bei dem Senderspot-Dreh bekomme ich ein ähnliches Angebot und mache mir schon bedeutend weniger Sorgen ums Geld. Ich bin echt in meinem Element. Das ist es, was ich die nächsten Jahre über machen möchte. Das kann ich und das bringt mir was.

Das Gefühl, ein Fisch im Wasser zu sein, wird am nächsten Tag noch dadurch verstärkt, dass wir in die große Halle kommen, in der die Live-Shows stattfinden werden. 23.000 Leute haben hier angeblich Platz. Die Zahlen sind aber so groß, dass sie eh nichts mehr sagen. Vor tausend Leuten mit der Big Band aufzutreten war schon toll, aber das hier … wow! Die Bühne ist halbkreisförmig umringt von Rängen und es gibt einen langen Steg, über den man mitten durch das Steh-Publikum zu einer kleineren Plattform gelangt, auf der man wirklich komplett von Menschen umgeben sein wird. Das wird der Hammer. Und einen Special Guest wird es auch geben, der performt, während die Zuschauer anrufen: Milow! Ich bin restlos begeistert und mehr als motiviert, morgen eine Hammer-Show hinzulegen. Deshalb pauke ich auch den ganzen Abend meinen Song, lese den Text, höre die Musik und stelle mir jeden einzelnen Ton im Kopf vor, um meine Stimme noch zu schonen bis … bis Schröder mir meine Ohrstöpsel rausreißt, um mich mit „Wir müssen reden“ vollzulabern. Dazu hat er sich aber den ganz falschen Zeitpunkt ausgesucht.

Umso mehr bin ich über mich selbst erstaunt, als ich mich dann doch wieder von Schröder küssen und verführen lasse und ihn im Arm halte, bis Yoko etwas tölpelhaft ins Zimmer stolpert.

„Oh … sorry …“
„Warte. Is ja auch dein Zimmer“, erklärt Schröder und fischt seine Unterhose vom Boden neben dem Bett.

Etwas unsicher tapst sie herein und setzt sich auf ihr Bett.

„Ich sollte auch noch ein bisschen trainieren gehen“, erkläre ich und fange an, nach meinen Klamotten Ausschau zu halten.

„Du gehst jetzt nirgendwo hin, Fuchsi. Wir bleiben jetzt hier und klären das wie Erwachsene.“
„An mir soll’s nicht liegen. Aber ob du das hinbekommst?“
„Das war jetzt zum Beispiel nicht sehr erwachsen, hm?“
„Also schön“, seufze ich und finde mein Shirt unter dem Kissen. „Worüber willst du reden?“
„Über uns natürlich.“
„Und warum muss Yoko da dabei sein?“
„Weil sie meine beste Freundin ist und es aufhören muss, dass du sie ständig vergraulen willst.“
„Will ich doch gar nicht. Ich will nur nicht, dass sie ihre Zunge in deinen Mund steckt. Oder wollte es nicht. Inzwischen ist es mir egal.“
„Weil du mich nicht mehr liebst“, stellt er trocken fest.

„Das hab ich nie gesagt. Aber weil ich mich momentan auf DSDMB konzentrieren möchte. Würde dir auch nicht schaden. Du hast mehr Zeit mit der Kostümauswahl verplänkelt als mit der Choreo. Glaubst du, die lassen uns die zum Spaß üben? Wahrscheinlich müssen wir die nächste Woche live vortanzen.“
„Ich geb mir echt Mühe, okay? Wir können halt nicht alle so Backstreet Boys-Abziehbilder sein wie du.“ 
„Nicht sehr erwachsen, Schröder.“

„Ich will doch einfach nur mit dir zusammen sein, Ferdi. Mit DIR, sonst mit niemandem.“
„Und ich war noch nie Single und will mich endlich mal nur auf mich konzentrieren.“
„Und Michi?“
„Ich hab nicht mit ihm gesprochen seit ich hier bin und hab es auch nicht vor. Er ist gut versorgt und selbst wenn nicht, trägt seine Familie jetzt die Verantwortung dafür. Wie gesagt: Ich will mich jetzt einfach erst mal eine Weile um mich selbst kümmern.“
„Warum hast du dann gerade mit mir geschlafen?“, fragt er offensichtlich vorwurfsvoll.

„Du bist doch geradezu über mich hergefallen!“, empöre ich mich.

„Ja, aber ich hab dich ganz bestimmt nicht vergewaltigt. Du hättest nein sagen können.“
„Hab ich aber nicht, weil … weil ich gerne mit dir schlafe. Und es ist echt seltsam, dass wir diese Unterhaltung vor deiner Scheinfreundin führen.“

„Ja, finde ich auch“, meldet sich Yoko zu Wort. „Ich warte dann solange im Wohnzimmer.“
Bevor Schröder widersprechen kann, ist sie schon geflohen.

„Und jetzt?“, will Schröder wissen.
„Was jetzt?“
„Dürfen  wir uns jetzt nicht mehr küssen? Darf ich dich nicht mehr anfassen? Ich glaube ehrlich nicht, dass ich das aushalte.“
„Würdest du es besser aushalten, wenn ich dir sage, dass das wohl kein Dauerzustand sein wird? Ich will einfach erst mal DSDMB durchziehen, ohne irgendwelche Beziehungskisten zu fahren. Danach schaut das vermutlich ganz anders aus.“
„Dann hoffe ich, dass du morgen rausfliegst“, erklärt er trotzig und so süß, dass es mir wirklich schwer fällt, ihn nicht sofort zu küssen.

„Dann müsste ich zu dir auf den Schrottplatz ziehen und mich von wilden Kaninchen ernähren. Ich hab nämlich so gut wie keine Kohle mehr.“
„Ich hab mich noch nie von irgendeinem Kaninchen ernährt!“, stellt er aufgebracht klar. „Ich esse nichts, was mal so flauschiges Fell hatte. Und was die Kohle betrifft: Glaub mir, es geht immer irgendwie weiter. Zusammen kriegen wir das hin.“

„Du solltest Yoko sagen, dass sie wieder reinkommen darf.“
„Tust du mir den Gefallen und versuchst, halbwegs nett zu ihr zu sein?“
„Das ist ja das praktische an dieser Beziehungsauszeit. Jetzt muss ich nicht mehr eifersüchtig auf sie sein.“
„Ich finde trotzdem, dass die Nachteile stark überwiegen. Können wir nicht vielleicht beste Freunde sein, die manchmal ficken?“
„NE-PO-MUK …“
„Schon gut. Du sollst nicht meinen, dass ich nur hinter deinem perfekt modellierten, immer so verführerisch duftenden und wunder …“
„Schröder …“
„Nur noch ein Abschiedsfick, hm? Dass mir der zusteht, kannst du im Grundgesetz nachlesen.“
„Also ich bin kein Jurist, aber …“
„Sag das nicht zu laut, sonst fliegt deine Tarnung auf, Herr Philosoph.“

„Momentan bin ich noch nicht mal das. Obwohl, doch. Ich hab die Studiengebühren zum Glück schon überwiesen. Wenn alle Stricke reißen, studiere ich also einfach weiter, als wäre nichts gewesen. Nur in Regensburg, nicht mehr in München.“

„Regensburg ist definitiv zu nah an meiner Mutter.“
„Wieso? Ist ne große Stadt.“
„Trotzdem. Ich kann mir echt nicht vorstellen, längerfristig in Bayern zu wohnen.“
„Und ich will in der Nähe meiner Familie sein …“
„Wie sollen wir das denn dann bitteschön zusammen bewerkstelligen?“
„Genau über solche Sachen will ich mir im Moment eben KEINE Gedanken machen. Scheiß auf das ganze Planen. Lebe im jetzt!“
„Okay, wer bist du und warum trägst du Fuchseders Haut?“

„Iieh. Schluss jetzt. Raus aus meinem Bett. Es ist Schlafenszeit. Morgen wird ein großer Tag. Und der Soundcheck beginnt in weniger als zehn Stunden.“
„Glaubst du, du kannst schlafen?“
„Wick Medinait macht es möglich.“
„Aber du bist doch gar nicht mehr krank …“
„Hab aber noch nie so gut geschlafen, wie in den letzten Nächten. Und jetzt: Hol Yoko und gute Nacht.“

Schröder

Der Fuchseder und sein komischer Selbstverwirklichungstrip, oder? Keine Ahnung, was ich davon halten soll. Ich weiß nur, dass ich eine Beziehungsauszeit, wie er es nennt, scheiße finde. Erstens hatten wir die Auszeit fast den ganzen Januar über und zweitens … wenn man sich liebt, will man doch zusammen sein. Also stelle ich wieder mal fest, dass er mich nicht liebt. Oder jedenfalls nicht so, dass es für eine dauerhafte Beziehung reichen würde. Dann wohnt er nach DSDMB auch noch in fucking Regensburg. Während ich eigentlich schon beschlossen habe, nach Berlin zu ziehen, weil die Stadt einfach geil ist. Alles prima Voraussetzungen … und mal ganz ehrlich, ich hab nicht den geringsten Zweifel, dass Ferdi in die Band kommt, dann ist es mit uns beiden sowieso Essig, weil er nämlich keine Zeit mehr haben wird.

Die Frage lautet demnach: Will ich mir das alles antun oder verabschiede ich mich gleich von ihm?

Letzteres steht vermutlich nicht zur Debatte, weil ich es kaum in meinem Bett aushalte und viel lieber jetzt in seinem liegen würde. Mit ihm. Eng umschlungen. Knutschend. Kuschelnd.

Mein derzeitiger Zustand kotzt mich an. Ich gehe mir sozusagen selber auf den Sack. Weil ich mich nicht dran erinnern kann, dass ich vor dem Fuchseder schon mal so jammerlappig, heulsusig und schmusebedürftig gewesen bin. Geschweige denn, dass ich Pläne gemacht habe, die über die nächsten paar Minuten hinausgingen. Der Fuchseder hat mich total versaut!

Und hat dann auch noch den Nerv, sich von mir zurückziehen zu wollen?! Schätzchen, das kannst du vergessen! Mir doch egal, ob der noch nie Single gewesen ist. Ich hatte noch nie einen richtigen, festen Freund. Wir haben also alle unsere Probleme, mit denen wir klarkommen müssen.

Am nächsten Morgen, Yoko ratzt noch friedlich, schleiche ich mich in Ferdis Bett. Er ist mit einem Schlag hellwach und kaum erfreut, mich zu sehen.

„Schröder!“

„Psssst … du weckst Yoko auf.“

„Und was soll das hier werden?“

„Keine Ahnung“, grinse ich, „seit wann plane ich irgendwas?“

„Hab ich dir nicht gestern gesagt, dass ich …“

„Mann, Fuchsi, halt doch einfach mal die Klappe und lass mich ’n bisschen mit dir …“

„Wenn deine Scheinfreundin drei Meter entfernt liegt?“, unterbricht er mich fassungslos.

„Kuscheln. Und du hast ja wohl nur Sex im Kopf, was? Halt mich jetzt gefälligst mal fünf Minuten fest, ich bin nämlich echt nervös wegen heute Abend.“

„Das ist doch ein Trick“, behauptet er, zieht mich aber doch in seine Arme.

Na ja und weil ich ihm grad günstig nah bin, küsse ich ihn.

„Ich wusste es. Du bist nicht nervös, sondern willst …“

„Morgen, ihr Arschgeigen“, nuschelt Yoko schlaftrunken.

„Hey, Süße.“

„Ich gehe ins Bad“, verkündet sie. „Ihr habt also wahrscheinlich genügend Zeit für Schweinkram.“

Als Yoko das Zimmer verlassen hat, verkündet Ferdi, dass er ebenfalls aufsteht.

„Warte. Krieg ich bitte einen Entspannungsfick?“

„Auf keinen Fall“, lacht er sich kaputt.

„Komm schon, Fuchsi …“

„Pass auf, wenn’s so dringend ist, blas ich dir einen. Aber mehr ist nicht drin.“

„Wenn du mir einen bläst, will ich dir doch auch einen blasen“, gebe ich zu bedenken. „Da können wir auch gleich …“

„Okay, dann gibt’s gar nichts.“

„Dann halt gar nichts. Aber mach mich nachher nicht dafür verantwortlich, wenn du total unentspannt auf der Bühne stehst.“

Am Nachmittag werden wir zur Halle gefahren und … waahhhh … da warten schon relativ unübersichtlich viele Teeniemädchen. Der Fuchseder muss Autogramme schreiben und mit jungen Zahnspangenträgerinnen für Handyfotos posieren. Na, eigentlich müssen wir das alle, aber Ferdi ist hier so was wie der Favorit. Ich kann die kleinen Mädchen total gut verstehen. Haha … wenn die wüssten, dass ihr Star mir vor ein paar Stunden noch einen blasen wollte. Und dass ich ihren Star vor ein paar Stunden mehr noch gevögelt hab. Jedenfalls ist es natürlich sehr eigenartig, plötzlich dermaßen umschwärmt zu werden, aber ich hab soeben beschlossen, das zu genießen. Warum auch nicht, oder?!

In der Halle sind noch alle möglichen Leute unterwegs, die dafür sorgen, dass abends alles glatt läuft. Nachdem wir eine Weile im Backstagebereich rumgehangen haben, fängt der Stress an. Erstmal bekommen wir den kompletten Ablauf der Show eingetrichtert und genaue Anweisungen, wer wann wo zu stehen und zu gehen hat. Danach ist Soundcheck. Während der läuft, trudelt langsam die Jury ein, quatscht locker mit jedem von uns und verzieht sich einstweilen wieder. Bevor es in die Maske geht, haben wir noch kurz Zeit, was zu essen oder vor Nervosität völlig auszuflippen. Wahrscheinlich hält der Fuchseder nichts davon, wenn ich ihm Rockstar-like hinter der Bühne einen blase … deshalb frag ich ihn gar nicht erst.

Pünktlich um viertel nach acht ertönt die DSDMB-Melodie. Der Moderator, dessen Namen ich vergessen hab, faselt fröhlich den Zuschauern was vor, kündigt die Jury an und … dann müssen wir gut gelaunt ins Scheinwerferlicht. Oh mein Gott! Die Halle ist gerammelt voll, aber zum Glück kann man von hier aus die Gesichter der Leute nicht erkennen. Übrigens werden alle Kandidaten vom Moderatoren-Döskopp namentlich aufgerufen. Nepomuk Schröder! Na ja, macht auch schon nix mehr, oder? Ich verziehe mich horrorartig lächelnd in die Sitzecke zu den anderen.

Paolo darf als Erster singen. Vorher flimmert ein Zwei-Minuten-Filmchen mit ihm in der Hauptrolle über die Leinwand.

Die Jury ist mit seinem Auftritt ziemlich zufrieden.

Dann kommen ein paar andere Kandidaten. Cristian, Eva, Rachel, Kevin … und Yoko.

Au je! Mein armes Meereskind kriegt um die Ohren geknallt, dass sie im Workshop viel besser gewesen ist. Dafür erntet die Jury lautstarke Buh-Rufe von Yokos Familie. Aber B! versichert ihr, dass sie noch immer sein Glückskeks und seine Knuddelmaus sei und er hofft, dass viele Leute für sie anrufen, damit sie in der nächsten Show wieder Vollgas geben kann.

Ferdi steht nach dem Werbeblock auf der Bühne als hätte er im Leben nie was anderes gemacht. Dass er die Woche über krank war, merkt man jedenfalls absolut nicht. Das Publikum klatscht sich bekloppt.

„Es war die hundertprozentig richtige Entscheidung, dass du zurückgekommen bist“, behauptet der Jury-Markus. „Du gehörst einfach auf die Bühne. Super Auftritt.“

„Ich fand’s auch ganz große Klasse“, lächelt Cosima lahmarschig.

„Ja, Ferdi … Mensch, was soll man da noch sagen?“, strahlt B! „Du siehst gut aus, hast hammermäßig geil gesungen, die Mädels stehen auf dich … also wenn du nicht weiter kommst, schmeiße ich meinen Job hier hin und gehe nach Hause. Ehrlich, Leute, ruft für den Ferdi an!“

Der Moderator sagt noch eben die Telefonnummer, Ferdi marschiert zu uns in die Sitzecke und der Nächste ist dran.

Ich bin der Vorletzte und kaum in der Lage, die paar Schritte geradeaus zu gehen. Während mein Filmchen lief, spukten mir noch einige Horrorvisionen durch den Schädel … zum Beispiel, dass ich meinen Text vergesse oder dass hinterher kein Mensch klatscht oder mir sonst irgendwas Peinliches passiert.

Als ich dann aber tatsächlich da stehe, den Mikroständer lässig umklammere und anfange zu singen, denke ich an überhaupt nichts mehr. Das schreckliche Lampenfieber ist weg und ich fühl mich einfach nur … WOW!!

Und Applaus krieg ich zum Schluss auch.

„Ich mag den Song unheimlich gerne, ich mag dich unheimlich gerne und hätte dir noch länger zuhören und zuschauen können“, freut sich Cosima.

„Schröder …“, beginnt Markus, „du hast es uns nicht immer leicht gemacht. Im Workshop mal top, mal flop, tänzerisch die Katastrophe vor dem Herrn … aber heute fand ich dich einfach nur geil. Deine raue Stimme gefällt mir wahnsinnig gut, auch wenn nicht jeder Ton  astrein war. Ich hoffe, es rufen genügend Leute für dich an.“

„Und was sagt der Chef-Juror?“, fragt der Moderator gespannt.

„Ja, ich weiß auch nicht, also irgendwie hast du ja schon ein bisschen wie bestellt und nicht abgeholt gewirkt. Und der weiße Lappen da … Junge, hat dir einer ins Bein geschossen, oder was soll das?“

„Nee, den Lappen trag ich aus stylischen Gründen“, erkläre ich.

„Na, wenn du meinst. Aber jetzt mal ehrlich, ich hätte nicht gedacht, dass ich das mal sagen würde, aber … komischerweise hat mir dein Gesang heute ganz gut gefallen.“

Nach den Kandidaten darf zum Schluss Milow singen, den ich nicht kenne und der mir deshalb scheißegal ist. Dann gibt’s Werbung, dann Geplauder mit der Jury, wer wohl heute fliegen könnte, Geplauder mit uns, wieder Werbung, zwischendurch einen Schnelldurchlauf und irgendwann beginnt endlich, endlich die Entscheidung!

Wir müssen uns alle auf die Bühne stellen und jeder wird einzeln aufgerufen. Der Moderator macht’s natürlich unerträglich spannend. Irgendein Suppenkasper, der als Notar bezeichnet wird, überreicht dem Moderator pseudowichtig einen Umschlag. Yoko hält die ganze Zeit über meine Hand. Ferdi steht leider zu weit weg.

Cristian ist weiter und hüpft wie ein Gummiball durch die Gegend.

Rachel und Paolo sind auch weiter.

„Yoko … die Jury fand deinen Auftritt eher zurückhaltend. Haben sich die Zuchauer beim Anrufen ebenfalls zurückgehalten? Leider ja. Du hast nur noch die Chance, von der Jury gewählt zu werden.“

WAS??? Ey, wenn Yoko fliegt, hau ich alles kurz und klein!!

„Ferdi … B! hat gesagt, er schmeißt seinen Job hin, wenn du nicht weiter kommst. Wollen die Zuschauer auf euch beide verzichten?“

Der Moderator macht eine halbe Minute Pause.

„NEIN, sie wollen dich und B! in der nächsten Show sehen!“

Ferdi jubelt und joggt erstmal zur Jury, um sie zu umarmen.

Und wieder müssen ein paar zittern. Und wieder kommen ein paar andere weiter.

„Schröder … eine tänzerische Katastrophe, aber der Jury hat dein Auftritt gefallen. Sogar B! hatte heute an deinem Gesang nichts auszusetzen. Aber wie fanden dich die Zuschauer?“

Meine Güte, spuck’s aus, du Arschgeige. Ich strull mir fast in die Buxe vor Aufregung.

„Sie fanden dich gut“, brüllt er.

Waaahhhh … die ganze Anspannung fällt von mir ab und ich kann mich einfach nur freuen!

Fuck! Was ist mit Yoko?

Acht Leute stehen noch vorne. Fünf werden definitiv rausfliegen. Die Jury bespricht sich kurz.

Markus entscheidet sich für Kevin, Cosimas Stimme geht an Eva. Mir wird langsam kotzschlecht. Okay, B!, sag jetzt nichts falsches, sonst werde ich dich eigenhändig mit meinem weißen Lappen strangulieren!

„Also für mich war es relativ klar. Ich will meinen kleinen Wonneproppen, meinen Glückskeks in der nächsten Show sehen“, verkündet B!.

Ohne groß nachzudenken laufe ich zum Glückskeks rüber und umarme ihn ganz doll.

Ferdi

Fünfzehn Leute. Das ist … ich bin unter den letzten Fünfzehn. Und alle Leute, die mir ansatzweise wichtig sind, haben es auch geschafft. Besser hätte es nicht laufen können. Zum Glück ist Yoko nicht geflogen. Eine schnulzige Abschiedsszene zwischen ihr und Schröder hätte ich nicht gut vertragen. Die nächste Live-Show in einer Woche wird schon als Viertelfinale betitelt. Jemand nimmt meine Hand. Rachel. Sie winkt in eine Kamera, die direkt vor uns rumrollt und freut sich überdreht, springt und lacht fast hysterisch, wie eigentlich fast alle um mich herum. Flitter regnet auf uns herab und Milow singt noch mal. Mitten in diesem Tohuwabohu stehe ich also angestrengt grinsend und … etwas überwältigt. Ich habe heute vor einem Millionenpublikum gesungen. Millionen von Deutschen haben zugeschaut. Das ist eine riiiiiiesige Plattform. Alles was ich tue oder sage, wird ungefiltert dieser breiten Öffentlichkeit zugetragen. Wenn ich nächste Woche einfach verkünden würde, dass ich … nein, dazu wäre ich viel zu feige. Und ich würde mir selbst alle weiteren Chancen in diesem Geschäft verbauen. Zumindest alle, die darauf aufbauen, dass ich viele hysterisch kreischende, weibliche Fans habe. Aber die Art von Musiker will ich ja auch gar nicht sein. Vielleicht würde ein Outing meine Karriere also in genau die richtige Spur lenken? Oder sie vor der Zeit beenden. Dürfte ich das eigentlich? Stand im Vertrag nicht, dass ich alle wichtigen Informationen, die ich über mich preisgeben möchte, erst mit DSDMB absprechen muss? Andererseits: Was hätte ich zu verlieren? Rausfliegen würde ich dann sowieso, weil die kleinen Mädchen nicht mehr ihr ganzes Taschengeld für mich vertelefonieren würden. Moment mal, denke ich, Ferdinand Fuchseder, der ich mich seit Jahren vor der Welt verstecke, gerade ernsthaft darüber nach, mich in der quotenstärksten Samstagabendshow Deutschlands zu outen? Ich glaub, jetzt bin ich vollends übergeschnappt.

„Nach der Entscheidungsshow ist vor der Entscheidungsshow“, erklärt Markus uns hinter der Bühne. „In einer halben Stunde fährt der Bus ab. Holt euch noch die obligatorischen Umarmungen von Mama  und dann geht’s los.“

Alle strömen davon, zu ihrer Verwandtschaft. Sogar Schröder. Ob sein Bruder vielleicht hier ist? Ich beschließe, mal hinterher zu gehen.

Nein. Er lässt sich von seiner Pseudo-Schwiegermama knuddeln. Toll, da warte ich lieber im Bus … wo ich scheinbar Markus dabei ertappe, wie er sich von seinem … Freund verabschiedet.

„Oh …“
Die Beiden fahren auseinander, total panisch. Bis Stephano mich erkennt und seufzt:
„Es ist nur Ferdi.“
„Gott verdammt, ich glaub ich hab nen Herzinfarkt“, erklärt Markus übertrieben theatralisch, kann damit aber nicht ganz überspielen, dass er für einen Moment wirklich große Angst davor gehabt hat, erwischt worden zu sein.

Will ich in DEM Alter wirklich auch noch so ein Theater aufführen müssen? Nein, wer will das schon? Aber warum fühlen sich so viele Leute dennoch dazu genötigt? Vielleicht, weil sie immer wieder die richtigen Momente, sich zu outen, verpasst haben? Das ist doch alles eine Frage des Timings, oder? Es gibt Zeitpunkte, in denen die Weichen für ein ganzes Leben gestellt werden, und genau an diesem Punkt muss man den Sprung ins kalte Wasser wagen und das beste hoffen. Entscheidungstage. … Ich glaub, ich hab grad ne Songidee. Ich muss das dringend notieren!

Als nach und nach die anderen Kandidaten eintrudeln, kritzle ich schon wie besessen auf meinem Schmierzettel rum und merke kaum, wie sich jemand neben mich setzt.

„Na, Fuchsi?“
„Hm?“
„Was schreibst du?“
„Weiß noch nicht.“
„Aha. Na, alles gut überstanden?“
„Schröder, ich muss das gerade …“
„Schon klar. Sag doch einfach, dass du nicht mit mir reden willst. Hast doch sonst auch kein Problem damit, auf mir rumzutrampeln.“
Und schon sitzt er wieder neben Yoko, drei Reihen weiter vorne. Scheiße, jetzt ist meine Konzentration flöten gegangen. Toll gemacht, Nepomuk!

Nach einer schönen, heißen Dusche kann ich mir gut vorstellen, zu schlafen wie ein Stein. Leider finden Schröder und Yoko, dass sie sich noch lautstark über den Abend und die Jury-Entscheidungen und Yokos Fast-Rauswurf unterhalten müssen.

„Jetzt wo ich wieder gesund bin, kann ich auch gern zurück zu Paolo und Rachel ziehen. Rachel ist glaub ich eh sehr interessiert dran, meine Pseudo-Freundin zu werden.“
„Das würde deinen kleinen Fanatikerinnen aber gar nicht gefallen“, bemerkt Schröder eisig. „Aber hey: Fünfzehn Leute, sieben Schlafzimmer. Da ist doch bestimmt irgendwo ein Bett für dich frei geworden.“
„Da hast du recht!“

Wütend stapfe ich über den Flur und klopfe so leise, wie es mir möglich ist, an ein paar Türen.

Nur eine geht tatsächlich auf und Kevin zwinkert mich verschlafen an. Ohne seine dezente Drahtgestell-Brille a la John Lennon sieht er gar nicht so schlecht aus …

„Hey, sorry wenn ich dich geweckt habe, aber … ich wurde vom Traumpaar aus dem Zimmer geschmissen und wollte fragen, ob hier vielleicht ein Bett frei ist?“

„Ehm, klar. Die beiden Jungs sind ja geflogen. Jetzt steht es fünf zu zehn für die Frauen. Also … wenn du willst, kannst du schon eines der freien Betten bekommen …“
„Ja? Genial. Dann hol ich nur kurz mein Bettzeug und so. Bin gleich wieder da.“

„Viel Spaß noch in der Honeymoon-Suite“, wünsche ich und schleppe mein Zeug zwei Zimmer weiter.

Kevin liegt schon wieder im Bett und hat die Decke bis unters Kinn gezogen.

„Was glaubst du, wie die Band aussehen wird?“, fragt er unvermittelt.

„Keine Ahnung … zwei Jungs, zwei Mädels?“
„Aber wenn es doch immer noch doppelt so viele Mädels wie Jungs gibt?“
„Dann bedeutet das, dass wir weniger Konkurrenz haben als die Frauen.“
„Du wirst auf jeden Fall dabei sein. Ich hoffe nur, dass es wirklich zwei Plätze für die Männer gibt …“
„Also erstens: Ich bin mir da nicht so sicher, ob die mich wirklich in die Band lassen, nach dieser ganzen Ausstiegssache. Und zweitens werden die es wohl davon abhängig machen, wie gut die Jungs sind, oder? Vielleicht gibt es am Ende ja sogar drei Männerplätze … oder die zählen Paolo als Frau“, grinse ich.

„Hey, mit schwulenfeindlichen Sprüchen bist du hier an der ganz falschen Adresse. Mein Bruder steht auf Männer und ich bin sehr stolz auf ihn.“
Fehlt nur noch, dass er gleich eine Regenbogenfahne unter seiner Decke hervorzaubert.

„Aha“, mache ich nur und erkläre dann, langsam schlafen zu wollen.

Tja, und damit habe ich wohl einen dieser richtigen Momente, sich bei jemandem zu outen, verstreichen lassen … mal wieder.  

Der Tag beginnt wie gewohnt sehr früh und dass Sonntag ist, interessiert hier keinen. Uns wird, wie schon erwartet, eröffnet, dass im Viertelfinale in drei Fünfergruppen getanzt werden wird. Schröder stöhnt lautstark auf und wird mit Stephanos bösestem Blick getadelt. Dann geht es an die Songverteilung. Filmmusik. Ohjeh. Neu ist, dass jeder zwei Songs bekommt und sich bis heute Abend entschieden haben soll. „Unchained Melody“ oder „I don’t want to miss a thing”. Also habe ich die Wahl zwischen kitschig und schnulzig. Ich verziehe mich ins Zimmer und probiere beides mal aus. Die Righteous Brothers wären natürlich das geringere Risiko. Aber andererseits … sind die auch ziemlich zum Einschlafen und vom Text her auch etwas sehr gottlastig. Aerosmith hingegen … wenn ich DAS gut hinbekomme, in der Orginaltonart, dann hätte das großes Potential dazu, ziemlich legendär zu werden. Ich beschließe, meinen Gesangslehrer in Regensburg um Rat zu fragen und er ist derselben Ansicht. Damit ist das entschieden. Diese Woche mache ich Steven Tyler Konkurrenz.

Schröder

Der gnädige Herr ist mitten in der Nacht ausgezogen. Umgezogen in ein anderes Zimmer. So langsam bin ich bei ihm echt am Ende. Und … so langsam hab ich auch keine Lust mehr, ihm ständig hinterher zu laufen, ohne ihn erreichen zu können. Der Fuchseder will hier unbedingt auf Single machen … okay, von mir aus. Aber dann soll er verdammt noch mal seine scheißblöde Fresse halten, wenn ich mit Yoko zusammen hänge. Hey, wenn er nix mehr von mir will, kann’s ihm schließlich egal sein, ob ich meine Scheinfreundin ficke oder ihr die ganze Nacht Schlaflieder vorsinge. Und wenn Rachel seine neue Freundin sein möchte, meinen Segen haben die beiden. Damit wird der Fuchseder sich schön ins Knie schießen, weil Rachel zwar gigantisch gut aussieht für’n Mädchen, aber leider strohdoof ist. Davon konnte ich mich in den letzten Tagen überzeugen. Das ist so eine, die „Zücho“ anstatt „Psycho“ sagt. Vermutlich ist sie in ihrer Freizeit Anführerin eine Mädchengang und aus Versehen hier gelandet, weil im Teenager-außer-Kontrolle-Camp kein Platz mehr frei war, sie allerdings unbedingt ins Fernsehen wollte.

Übrigens braucht der Fuchseder nach DSDMB auch nicht mehr mit mir zu rechnen. Wir passen ja eh nicht zusammen. Bayrischer Backstreet-Boy und Ruhrpott-Punk, daraus kann einfach nichts werden. Mhhh, den Sex werde ich vermissen. Und ihn zu küssen. Ihn zu umarmen. Mich an ihn zu kuscheln. Seine Hände auf meiner Haut. Seine Lippen. Dass er mir so gerne Knutschflecke verpasst …

Ach, verdammt!!

Frauen kaufen Schuhe, wenn sie Frust haben. Was macht ein Punk? Richtig … er färbt seine Haare. Oder besser gesagt, er lässt sie färben, das ist nämlich bei DSDMB kostenlos. Kunterbunt dürfte ich wahrscheinlich laut Vertrag nicht, also entscheide ich mich für schwarz. Dagegen kann niemand was sagen und ich bin somit kein kleiner Wassermann mehr. Will ich nämlich auch nicht sein. Ich bin ab jetzt der große böse Wolf, der dem Prinzen gehörig in den Arsch tritt, wenn er ihm noch mal weh tun sollte! Okay, eine giftgrüne Strähne hab ich mir doch machen lassen. Muss ja irgendwie dafür sorgen, dass mich meine Fans noch erkennen … haha!

Nächste Live-Show. Ich darf zwischen zwei Songs wählen und schließe „Colorblind“ gleich mal aus, weil das total lahmarschig ist. Bleibt halt noch „I just don’t know what to do with myself“. Das ist in der White-Stripes-Version wenigstens schräg und cool. Passt auch vom Text her ein bisschen wie die berühmte Faust aufs Auge.

Was mir richtig Angst macht, ist die Tatsache, dass wir offenbar live im Fernsehen tanzen müssen. Da überlege ich natürlich, ob ich mir eventuell vorher schnell das Bein breche oder den Arm oder so. Ich meine, es ist ganz unmöglich, dass ich erst rumhopse wie DJ Bobo und danach cool und schräg meinen Song performe. Das funktioniert nicht, weil ich mich beim Singen immer noch so doll wegen der Tanzerei schämen werde. Und die Fans, die ich vielleicht habe, werden nicht für mich anrufen, weil sie sich wegen meiner Tanzerei fremdschämen. Andererseits glaube ich ja eh nicht dran, dass wirklich die Zuschauer bestimmen, wer weiter kommt, also kann’s mir eigentlich latte sein.

Um nicht ständig an Ferdi, den alten Straßenfucker, denken zu müssen, konzentriere ich mich echt volle Kanne auf den Scheiß hier. Ich tanze bis mir die Socken qualmen, übe meinen Song bis zum Erbrechen und abends sitze ich viel mit Yoko, Christian und Eva zusammen.

Paolo hasst mich wieder leidenschaftlich, Ferdi ignoriert mich und die anderen Kandidaten interessieren mich nicht. Na ja, Kevin ist ziemlich nett.

Rachel ist nicht nur eine Dummtrine, sondern auch unglaublich mediengeil. Die hat sich erstmal für eine große deutsche Tageszeitung in sehr spärlicher Kleidung knipsen lassen, weil sie findet: Was man hat, darf man zeigen! Nebenbei hat sie noch ein wenig über ihre Konkurrentinnen gelästert.

Markus sagte dazu bloß ungefähr, dass es Rachels Sache sei, wenn sie sich als Bitch und Superzicke vom Dienst präsentieren möchte.

Na ja, solange sie nix blödes über DSDMB sagt, ist wohl alles in Ordnung. Und so’n paar kleine Skandale sind bestimmt gut für die Show, weil genau das die Leute haben wollen.

Ist mir eigentlich kackegal, aber dass sie ständig über Yoko herzieht … auch wenn die Kameras nicht dabei sind, geht mir auf den Sack. Bin echt so kurz davor, der Dummtrine die Fresse zu polieren.

Mein Meereskind hingegen bleibt ziemlich gelassen. Ihr Statement: Mit großen Brüsten allein kann man sich im Showgeschäft nicht lange halten. Es sei denn, man hat bloß den Anspruch, als peinlich-dummes It-Girl für Schlagzeilen zu sorgen!

Mittwoch geht’s ins Studio und da trennt sich dann wirklich die Spreu vom Weizen.

Richtig gut sind grad mal drei Leute. Ferdi, Yoko und Cristian. Drei von fünfzehn und zwei Wochen fürs Üben … B! ist reichlich ungehalten.

„Ja, Leute, wenn ihr nächsten Samstag unbedingt alle rausfliegen wollt, dann ruht euch weiter aus. Ey, ihr hattet so viel Zeit, um ein super einfaches Lied zu üben und was ist? Schiefe Töne, dass sich einem die Fußnägel zusammenrollen. Und wenn dann die Hälfte von euch noch nicht mal die Melodie drauf hat … was soll ich damit anfangen? Das ist doch mega scheiße. Ihr müsst endlich begreifen, dass ihr nicht zum Spaß hier seid. Hört auf, in der Nase zu popeln und strengt euch an, verdammte Scheiße. Drei von euch haben geil gesungen und wenn ich heute entscheiden müsste, wer in die Band kommt, wäre die Sache völlig klar.“

Logischerweise wird B!’s Ansage gefilmt und sicher in voller Länge ausgestrahlt werden.

„Ferdi, Yoko, Cristian … ihr seid fertig, ihr macht euch jetzt einen schönen Nachmittag. Alle anderen kriegen noch eine Chance. Eine, Leute, wenn ihr die vermasselt, ist’s euer Problem!“

Die Gesichter meiner Mitkandidaten drücken pures Entsetzen aus. Na ja, rausfliegen will ich jetzt auch nicht grad.

„Schröder, nimm die Wolldecke aus der Fresse“, meckert B!, als ich meine Chance bekomme.

„Ich weiß, es geht gegen deine Punk-Ehre, was kommerzielles zu singen, aber das hättest du dir überlegen sollen, bevor du den Vertrag unterschrieben hast.“

Ich versuche es erneut und kriege es einigermaßen hin. Wenigstens ist B! etwas zufrieden.

„Geht doch. Wieso muss man dir immer erst in den Arsch treten, mh?“

„Masochismus?“, schlage ich vor und geselle mich zu den armen Säuen, die auch gleich noch mal dran sind.

Ferdi

Also zunächst mal war ich sehr geschockt, als ich Schröder das erste Mal mit schwarzen Haaren auf dem Flur begegnet bin. Sieht einfach gar nicht mehr aus, wie er ist. Und ich nehme es irgendwie persönlich, dass er sich die Wassermann-Haare hat umfärben lassen. Wie das Märchen ausgeht, werde ich wohl nie erfahren. Der nächste Nerv-Faktor ist, dass Rachel mir ständig ihre halbnackten Bilder unter die Nase hält und offenbar Komplimente fischen will. Vermutlich will sie sogar, dass meinen Worten dann Taten folgen. Ich erkläre ihr bedeutungsschwanger, dass mein Bruder katholischer Priester ist und ich mich für die Ehe aufspare. Und sie? Sie glaubt erst mal kein Wort und als sie es dann glaubt, lacht sie mich aus. Ich mag diese Frau nicht.

Und neben dem Üben für Samstag, steht auch noch der Studiotermin an, was für uns extra frühes Aufstehen und die lange Busfahrt nach Köln bedeutet. Dann warten, bis man mit Einsingen an der Reihe ist, zwanzig Minuten Konzentration und fertig. Zumindest läuft das bei mir so. Die meisten anderen … naja …

Und weil Yoko ebenfalls schnell durch ist, finde ich mich plötzlich in der Verlegenheit wieder, mich irgendwie mit ihr und Cristian beschäftigen zu müssen, während die zwölf übrigen Kandidaten Stunk mit B! haben.

„Wollen wir ein bisschen die Gegend erkunden?“, schlägt Cristian vor.

„Sicher“, zuckt Yoko die Schultern.

„Also ich wollte die Zeit eigentlich nutzen, um an einem Song zu feilen …“
„Komm schon, Fuchseder. Zeit zum Üben hast du noch genug. Jetzt schauen wir mal, was Köln so zu bieten hat.“

Wir sind in so einer Art Künstlerviertel gelandet und Yoko behauptet, jetzt dringend einen schönen heißen Cappuccino zu benötigen, also steuern wir ein Café an. Von denen gibt’s hier ja genug. Okay, das war doch volle Absicht! Überall Regenbogenfahnen! Und Yoko grinst breit.

„Können wir uns nicht einen anderen Laden suchen?“, fragt Cristian und kommt mir damit zuvor. „Was, wenn jemand Fotos macht oder so?“
„Nur weil man in einem Szene-Café was trinkt, muss man noch nicht schwul sein, oder Ferdi?“
„Also ich würde mich woanders auch wohler fühlen …“
„Heuchler“, nuschelt sie kaum hörbar, aber steuert zum Glück schon auf den Ausgang zu.  

„Entschuldigung?“, fragt jemand hinter uns und als wir uns umdrehen, stehen da drei Jungs in meinem Alter und halten uns Servietten und einen Stift entgegen. „Würdest du uns vielleicht ein Autogramm geben, Ferdi?“
„Ehm, ja sicher.“

Einer der Drei bietet mir sofort seinen Rücken als Schreibunterlage an. Ein anderer zückt ein Fotohandy.

„Darf ich?“
„Klaaaar!“, antwortet Yoko für mich.

Okay, diese Kerle posieren alles andere als zurückhaltend mit mir. Einer drückt mir sogar einen Kuss auf die Wange. Warum protestiere ich eigentlich nicht?! Weil ich meine Fans nicht enttäuschen will. Und weil das hier ein gutes Experiment ist. Wie sich das wohl anfühlt, ganz öffentlich mit einem Mann rumzumachen? Das Posieren jedenfalls, fühlt sich eigentlich ganz natürlich und gut an. Und, obwohl Cristian immer noch nicht begeistert davon ist, bleiben wir doch in dem Laden und trinken etwas Warmes.

Nach einem kurzen Abstecher in einen Second-Hand-Laden, in dem sich Yoko ein mit kleinen Glöckchen behangenes Seidentuch zulegt, machen wir uns auf den Rückweg zum Studio. Rachel ist inzwischen wohl auch durch, genau wie Eva. Damit ist unsere Gruppe groß genug, dass ich mich abseilen und noch ein bisschen schreiben kann. Verdammt, gibt’s echt nichts halbwegs sinnvolles, das sich auf „freedom“ reimt??

Wenn es das Tanztraining nicht gäbe, käme ich wohl überhaupt nicht dazu, mich mal zu bewegen. Ich habe ja nicht mal Zeit mir zu überlegen, was für Konsequenzen es hätte, wenn ich mich am Samstag in der Show einfach outen würde.

Am Mittwochabend läuft dann auch noch meine Homestory mit Michi, woraufhin Rachel und ihre neue Busenfreundin Kimberly, die meiner Meinung nach nur noch dabei ist, weil sie mit ihren Reizen alles andere als geizig umgeht, zu mir ins Zimmer kommen und mir sagen, wie schrecklich sie finden, was mit Michi passiert ist und dass sie ja ach so sehr bewundern, dass ich mich um ihn gekümmert habe und so weiter. Deshalb flüchte ich ziemlich bald aus dem Raum und lasse Kevin, der leicht überfordert wirkt, mit den beiden Grazien alleine.

Draußen hat es plus sieben Grad und das Tauwasser tröpfelt von den Dächern. Ab und an gehen lautstark Dachlawinen ab, ansonsten wird immer noch jedes Geräusch durch den hohen Schnee gedämpft. So auch das Klingeln meines Handys. Martin.

„Hallo?“
„Hey. Wir haben die Homestory angeschaut und Michi würde gern mit dir reden, wenns okay ist.“
„Sicher ist das okay.“
„Ferdi Fuchs?“
„Hallo mein Schatz! Na, hast du uns im Fernsehen gesehen?“
„Jaaaah!“
„Und, hat’s dir gefallen?“
„Ich nich.“
„Was, du nich?“
„Ich nich hübsch.“
„Klar bist du hübsch! Was redest du denn da, hm?“
„Du hübsch, ich nich.“
„Ach Schatz … du hast doch schon wieder so süße Löckchen, hm?“
„Ich nich hübsch.“
„Also Michi, du bist immer so schrecklich eitel, das muss ich dir schon mal sagen. Wie geht es dir sonst? Besucht dich Martin oft?“
„Immer. Aber du nich.“

Man hört deutlich den Vorwurf in seiner Stimme.

„Ja, aber du weißt doch, ich bin bei DSDMB. Hier gibt es immer viel zu tun.“
„Telefonieren.“
„Ja, wir telefonieren doch jetzt.“
„Morgen.“
„Ich kann’s versuchen, aber weißt du, ich hab hier wirklich viel zu tun. Aber ich denk ganz oft an dich, ja?“
„Kuss.“
Ich mache ein Schmatz-Geräusch und sehe im gleichen Moment eine Gestalt an der dunklen Wand ein paar Meter entfernt lehnen. Schröder.

„Ferdi?“, fragt Martin.

„Ja?“
„Meine Mutter hat gerade sehr irritiert das Krankenzimmer verlassen.“
„Was?! Die war da? Wieso sagst du das nicht?“
„Ich hab nicht gedacht, dass ihr … dass ihr SO miteinander umgeht.“
„Scheiße.“ Ich atme tief durch. Schröder bewegt sich keinen Millimeter. Er steht einfach da und starrt mich an. „Kannst du das mit ihr klären? Ich will nicht, dass sie das an Michi auslässt. Er braucht euch jetzt.“
„Er braucht DICH, Ferdi. Er redet nur von dir und ist total unruhig, isst kaum und …“
„Verlangst du von mir, dass ich das hier abbreche, um wieder Krankenschwester zu spielen?“
„Ich verlange gar nichts von dir. Ich lasse dich nur wissen, wie es meinem Bruder geht.“
„Ich kann das hier jetzt nicht aufgeben.“
„Gut. Wenn du das mit deinem Gewissen vereinbaren kannst?“
„Du hast es auch mit deinem Gewissen vereinbaren können, deinen Bruder fast ein Jahr lang nicht zu besuchen, oder? Also komm mir nicht so. Ich muss jetzt los. Ruf morgen an und erzählt, was deine Mutter gesagt hat, ja?“
„Mhm.“

Nepomuk stiert mich unverändert an.

„Kann ich dir helfen?“, will ich wissen.

„Nein danke.“
„Warum hängst du dann hier rum?“
„Ich fand es nur interessant, dass du mir erzählst, du willst endlich mal Single sein, aber andererseits Michi immer noch Schatz nennst.“
„Hör mal, auf noch mehr Stress habe ich gerade wirklich überhaupt keinen Bock. Also, wenn sonst nichts mehr ist …?“
„Steigst du doch wieder aus?“
„Nein, hab ich nicht vor.“
Insgeheim habe ich nämlich einen anderen Plan: Mich rauswerfen lassen.

Am nächsten Nachmittag erklärt mir Martin, dass seine Mutter ihm nicht gestattet, Michi zu besuchen. Zum Glück erreiche ich Barbara, die sofort einspringt. Hoffentlich beruhigt die Kolber sich in den nächsten Tagen wieder, sonst habe ich nämlich wirklich ein Problem.

„I don’t want to miss a thing“ läuft großartig und das ist auch gut so. Denn so kann ich mir sicher sein, warum ich rausfliege. An meinem Können wird es nicht liegen. Früher als gedacht, beginnt mein Plan zu wirken. Am Freitagmorgen liegt eine Ausgabe der BILD-Zeitung auf dem Frühstückstisch.

Schröder

Die Fotos überraschen mich nicht, weil Yoko mir bereits alles über ihren Ausflug mit Cristian und Ferdi nach „Gaytown“ erzählt hat. Übrigens auch, wie eigenartig Cristian auf die Location reagierte. Möglicherweise will er nicht, dass man was Falsches über ihn denkt. Oder aber er hat generell ein Problem mit Schwulen. Glücklicherweise ist er nicht mein bester Freund, also kann’s mir eigentlich relativ egal sein.

Was mich echt erstaunt, ist die Tatsache, dass die Fotos dermaßen schnell in der Zeitung gelandet sind. Ich meine, was hat denn das zu bedeuten? Müssen wir jetzt bei jedem Schritt aufpassen? Können wir bald bloß noch verkleidet auf die Straße gehen? Wir sind doch keine verfickten Hollywood-Stars!!

Markus hat mit der DSDMB-Presseabteilung natürlich sofort Schadensbekämpfung betrieben. So nach dem Motto: Unsere Jungs sind so toll, dass eben nicht nur Mädels auf sie stehen, allerdings sagt das rein gar nichts über die sexuelle Orientierung der Kandidaten aus!

Und damit die Schlagzeile von Freitag schnell vergessen ist, dürfen Rachel und Kimberly mal wieder eine Ladung freizügiger Fotos machen.

Es tut weh, dass zwischen Ferdi und mir Eiszeit herrscht. Und es tut weh, dass Michi immer noch sein Schatz ist. Vielleicht hab ich mich in die Sache mit dem Fuchseder einfach total verrannt. Wollte ganz fest daran glauben, dass er irgendwann … na ja, die Realität ist halt immer eine Enttäuschung. Es war schön, ein bisschen zu träumen. Aber jetzt bin ich endlich wieder hellwach. Liebe ist nichts für mich. Und Ferdi ist bei seinem Schatz besser aufgehoben als bei mir. Offensichtlich.

Zeit, loszulassen. Zeit, um genau das zu machen, was Ferdi für sich entschieden hat. Ich werde mich nur noch um mich selbst kümmern und mich auf DSDMB konzentrieren!

Zeit, erwachsen und vernünftig zu werden, oder? Ich bin so oft in meinem Leben weggelaufen, dass ich den Entschluss gefasst habe, die Sache hier durchzuziehen, obwohl DSDMB eigentlich gar keinen Spaß mehr macht. Egal. Ich bleib solange, bis mir einer sagt, dass ich gehen muss.

Freitagabend lege ich mit Yoko noch eine Extra-Tanz-Schicht ein. Nicht, weil mich auf einmal der Ehrgeiz gepackt hat, sondern einfach nur, weil ich mich morgen nicht zum Deppen machen will.

Samstag geht’s dann wieder ziemlich früh in die Halle. Autogramme schreiben, Fotos mit den Fans, Soundcheck, Klamotten aussuchen, warten, dass die Show anfängt … blablabla. So wahnsinnig aufregend ist das alles auch nicht mehr, wenn man erstmal weiß, wie’s abläuft.

Zuerst ist das Tanzen dran. Drei Minuten lang. Ich krieg’s erstaunlicherweise ganz gut hin. Danach wird’s kurz total hektisch, weil wir uns ja für die Singerei umziehen müssen und noch mal geschminkt und gepudert werden. Klappt alles soweit.

Heute darf Yoko den Anfang machen und … sie ist echt toll. Mehr als das! Sie trägt ein schwarzes Paillettenkleid und so ’nen dünnen Schal, der, dank Windmaschine, um ihren Hals herum flattert. Und sie singt „Take my breath away“ ungefähr tausendmal geiler als die Berlin-Schnepfe.

Super Auftritt, großes Kino, atemberaubend, sehr sexy … ist sich die Jury einig.

Ebenso einig ist sich die Jury nach Rachels Auftritt. Sie sollte mehr an ihrer Stimme arbeiten und weniger Zeit für halbnackte Fotos draufgehen lassen.

Paolo und Cristian sind gut wie immer. Die anderen so durchschnittlich.

Ich hätte bei meinem Song nicht unbedingt derart ausflippen müssen, aber irgendwie war’s ziemlich lustig mit dem Mikroständer zu hantieren, meinen Körper zu verbiegen und ein bisschen auf Pole-Dancing zu machen.

„Ja, Nepomuk“, grinst B!, „ es war etwas schwierig dir zuzuhören, weil ich während deines Auftritts echt überlegt habe, ob du erwartest, dass dir einer von uns einen Zwanzig-Euro-Schein in den Schlüpfer steckt.“

„Ich bin ja wohl mehr wert als ’n Zwanziger“, bemerke ich und hab die Lacher auf meiner Seite.

„Das können die Damen hier wahrscheinlich besser beurteilen.“

„Sehr richtig“, meldet sich Cosima. „Ich finde, deine Performance hat gut zu dem Song gepasst. Und vor allem hat man gemerkt, dass du selber Spaß dabei hattest. Ich würde für dich anrufen.“

„Schröder, Schröder …“, schüttelt Markus den Kopf, „ich hatte ein bisschen Angst, dass du’s übertreiben würdest und das Ganze dann unfreiwillig komisch wirken würde … zum Glück ist das nicht passiert. Vom Gesang her war’s okay. Hoffentlich fanden dich die Mädels vor den Bildschirmen genauso geil, wie ich Kate Moss im White-Stripes-Video, dann müsstest du eigentlich weiter kommen.“

Ferdi ist als Letzter dran und logischerweise absolut phantastisch und zum Anbeißen süß.

Die Jury ist begeistert. Ernsthaft. Der B! kriegt sich kaum wieder ein … jede Wette, der hat zu Hause einen Fuchseder-Schrein, den er abends anbetet. Und Cosima grinst so breit, als wollte sie ihn auf der Stelle flachlegen. Ekelhaft!

Bevor der Moderator die Telefonnummer verkündet, muss er natürlich noch mal auf die gestrige Schlagzeile zu sprechen kommen und Ferdi somit die Gelegenheit geben, seinen weiblichen Fans zu versichern, dass er selbstverständlich NICHT schwul ist.

Irgendwas an seinem Gesichtsausdruck gefällt mir nicht.

„Ich denke“, beginnt Ferdi, „dass ich meinen Fans gegenüber ehrlich sein sollte. Und in erster Linie auch mir selbst gegenüber.“

Und dann sagt er einfach diesen einen Satz. Vor einem Millionenpublikum.

„Ich stehe auf Jungs.“

Wow!!

In der Halle ist es plötzlich still wie auf einem verdammten Friedhof. B!, Cosima und Markus sehen geschockt aus und der Moderator weiß sekundenlang offenbar auch nicht, was er darauf sagen, oder wie er die Situation elegant überspielen soll.

Yoko stupst mich an, steht auf, zieht mich mit hoch und fängt an zu klatschen. Das animiert die anderen Kandidaten und das Publikum, ebenfalls zu klatschen und auch der Moderator fängt sich wieder, legt seinen Arm freundschaftlich um Ferdis Schulter und rattert endlich die Telefonnummer runter.

Nach Werbeblöcken, Schnelldurchläufen und Warterei, stehen wir dann wieder alle auf der Bühne. Der Suppenkasper-Notar überreicht den Umschlag und los geht’s!

Paolo, Cristian, Eva und Kevin sind weiter. Kimberly muss noch zittern. Heute ist es nämlich so, dass die Jury bloß einen Kandidaten in die nächste Runde holen darf, für den nicht genug angerufen haben. Und man weiß ja nie genau, wie viele Leute rausfliegen. Drei allerdings ziemlich sicher.

„Yoko … die Jury hat deinen Auftritt als großes Kino bezeichnet und fand dich heute sehr sexy. Aber das spielt alles keine Rolle, weil die Zuschauer entscheiden. Haben sie für dich angerufen? Oder ist dein großer Traum, in die Band zu kommen, hier und heute ausgeträumt?

Hast du den Zuschauern mit deiner Performance den Atem geraubt? Ganz sicher. Aber sie hatten noch genug Luft, um zum Telefonhörer zu greifen … du bist weiter!!“

Mein Meereskind umarmt mich glücklich und … fällt dann noch kurz Ferdi um den Hals, bevor sie in der Sitzecke Platz nimmt.

Rachel darf sich ebenfalls einige Minuten später setzen.

„Ferdi … B! ist der Meinung, dass du der Beste der gesamten DSDMB-Staffel bist. Du hast das Talent, du hast die Stimme und das Aussehen, um ein Star zu werden. Und du hast heute sicher viele Leute mit deinem Outing überrascht. Aber haben die Zuschauer deinen Mut auch mit vielen Anrufen belohnt?“

Spannungspause.

„Leider nicht. Du musst noch einen Moment warten und auf die Jury hoffen.“

Ach du Scheiße!!!

„Schröder …“

Ich stelle mich in den Scheinwerferkegel und bin jetzt doch nervös.

„Markus fand deinen Gesang … okay. Und B! hätte dir gerne ein paar Geldscheine zugesteckt.

Cosima dagegen hätte lieber für dich angerufen. Wofür haben sich die Zuschauer entschieden?“

Spannungspause.

„Sie waren Cosimas Meinung und haben für dich angerufen. Du bist in der nächsten Show!“

Meine Freude ist nur zum Teil echt. Ich meine, ich springe herum und juble wie bekloppt, aber … es fühlt sich einfach nicht gut an. Wenn Ferdi gehen muss … das halt ich nicht aus.

Die letzten vier Kandidaten stehen noch im Scheinwerferlicht. Ferdi sieht komischerweise null angespannt aus. Ich an seiner Stelle würde mir ins Hemd machen. Andererseits könnte er natürlich seinen Michi-Schatz wieder sehen, vielleicht ist er deshalb so ruhig. Keine Ahnung.

Nachdem sich die Jury kurz besprochen hat, ergreift nicht etwa der Chef das Wort, sondern Markus.

„Ich möchte erstmal im Namen der Jury sagen, dass die sexuelle Orientierung bei DSDMB keine Rolle spielt. Uns ist es egal, ob einer Jungs küsst oder Mädchen. Der Gesang steht im Vordergrund. Aber ich finde, es gehört verdammt viel dazu, sich vor tausenden von Leuten zu outen. Übrigens grüße ich hiermit meinen Ehemann … hallo, Schatz!“

„Ja“, brabbelt B!, der wohl schon viel zu lange die Klappe gehalten hat, „und bevor ich gleich auch noch schwul werde, sollten wir den letzten Kandidaten in die nächste Show schicken, oder? Also, es ist ja klar, dass der Ferdi Eier in der Hose hat. Ich glaube, das hat er heute allen bewiesen. Das ist allerdings nicht der Grund, weswegen wir uns für ihn entschieden haben. Wir sind nach der Gesamtleistung gegangen. Der Ferdi war bei jedem Auftritt hammermäßig, hat beim Tanzen immer tausend Prozent gegeben und war im Studio einer der Besten. Und das wird halt eben belohnt und deshalb ist er weiter. Und ich glaube, wenn die kleinen Mädchen sich von dem Schock erholt haben, rufen die auch wieder für ihn an. Und wenn nicht, müssen das dann eben die Jungs übernehmen. Das Gute ist ja … telefonieren kann man zur Not auch mit einer Hand.“

Das war’s. Die Show ist vorbei.

Ferdi

Egal wie überzeugt ich vor wenigen Momenten noch von meinem Plan gewesen sein mochte: Als ich es dann gesagt habe und diese Sekunden der Stille und der total geschockten Blicke folgten, bereute ich es. Werden mich ab jetzt alle auf diese Art ansehen? Ich fliege heute garantiert raus. Selbst Markus ist blass geworden. Und dann höre ich es. Yoko, die klatscht und Schröder und alle anderen damit ansteckt. Ich bin ihr in diesem Moment so dankbar, dass ich heulen könnte. Eine Spur von Erleichterung und … Optimismus macht sich in mir breit. Vielleicht war das doch die richtige Entscheidung. Lügen hätte das Ganze nur schlimmer gemacht. Johannes 8,32 oder so: „und die Wahrheit wird euch frei machen“.

Im folgenden Werbeblock kommt B! zu mir hinter die Bühne.

„Mann, Mann, Mann, Ferdi. Das hätte man auch eleganter machen können.“
„Mit einer eleganten Notlüge?“
„Die Medien werden dich zerreißen und die Mädels werden dir tonnenweise Briefe mit Selbstmorddrohungen schicken.“
„Sie werden drüber wegkommen.“
„Ja, aber ich kann dir echt nicht versprechen, dass deine Karriere da auch drüber wegkommen wird …“
„Ich konnte wirklich nicht anders … und ich verstehe auch, wenn ihr jetzt eure Konsequenzen draus ziehen müsst.“
„Na jetzt warten wir erst mal, was das Telefonvoting bringt. Und dann sehen wir weiter.“

Barbara ruft auf dem Handy an und ist noch aufgewühlter als ich. Johann habe sie schon angerufen und einige andere Leute aus dem Dorf auch. Martin schreibt eine SMS:

„War das wirklich nötig? Als würde meine Mutter sich noch nicht genug aufregen.“

Dann müssen wir schon wieder auf die Bühne, um noch mal kurz in die Kamera zu winken, bevor wieder ein Einspieler kommt. Rachel wirft mir einen sehr seltsamen Blick zu und Cristians Blick ist offenkundig feindselig. Nur Yoko lächelt mich aufmunternd an während sie Schröders Hand hält, der total hyperaktiv in die Kamera winkt. Die restliche Zeit bis zur Entscheidung verbringe ich in einer Toilettenkabine und atme in eine Plastiktüte, weil mein Herz rast und mir schwindlig ist. Ich muss mich jetzt zusammenreißen, werde noch mal frisch gepudert und stelle mich dann der Entscheidung.

Die Jury hat mich gerettet. Damit habe ich wirklich nicht gerechnet. Jetzt muss ich hier bleiben und mich der Presse und den anderen Kandidaten stellen. Dem sehe ich eher mit gemischten Gefühlen entgegen. Immerhin darf ich sein, wer ich wirklich bin und trotzdem bleiben. Die Lichter gehen aus, die Jury sagt noch ein paar Worte zum Live-Publikum und wir gehen von der Bühne. Mir ist plötzlich überhaupt nicht mehr gut.

„Ist dir schlecht?“, will Yoko wissen.

„Geht.“
„Jetzt hast du’s ja fürs erste überstanden …“
„Mhm.“
„Ferdi?“ Paolo hat zu uns aufgeschlossen. „Gratuliere. Du hast da oben echt Mut bewiesen.“
„Mut ist manchmal nur ein Zeichen von Dummheit“, rattere ich herunter.

„Wird schon.“

Ein paar andere Leute klopfen mir auf die Schulter. Unter anderem der Asiat von der Crew, dem ich beim Casting in München vorsingen musste und der mich damals Süßer genannt hat.

Durch die Fans, die vor der Halle um Autogramme kreischen, werden wir relativ schnell durchgeschleust. Mein Handy klingelt laufend. Johann … nein, mit dem will ich jetzt wirklich nicht sprechen. Meine Eltern … mit denen drei Mal nicht. Schröder?!
„Wieso rufst du mich an, wenn du nur vier Reihen hinter mir im Bus sitzt?“, will ich wissen.

„Weil ich dir nicht auf die Nerven gehen will. Ich wollte nur kurz anrufen und dir sagen, dass ich stolz auf dich bin. Und dass du auf mich zählen kannst, falls die Dinge hässlich werden.“
„Danke …“
„Wir können ja morgen mal in Ruhe reden, hm?“
„Ja …“
„Du bist echt der durchgeknallteste Mensch, den ich kenne, Fuchseder. Und ich kenn so einige Verrückte“, lacht er.

Ich versuche, ihn auch anzugrinsen, lege auf und starre die vorbeiziehenden Großstadtlichter an. Gott, ich hatte im Leben noch nie so eine scheiß Angst. Ich hasse es, keine Ahnung zu haben, was jetzt auf mich zukommt.

Kevin fragt mich noch tausendmal, ob er mir was bringen kann. Tee oder noch ein bisschen Obst oder eine wärmere Decke weil ich zittere.

„Ich will einfach bloß schlafen. Morgen wird’s wohl anstrengend werden.“

„Okay. Bleib liegen. Ich mach das Licht schon aus. Schlaf gut. Ich hoffe du träumst was schönes …“
Ich bin definitiv besser in der Rolle des Umsorgenden. Zu viel Aufmerksamkeit wirkt irgendwie total erdrückend auf mich. Und ich wünschte, Michi wäre noch bei mir, so dass wir das alles zusammen durchstehen könnten. Er war schon immer der Vernünftigere von uns beiden. Er hätte nicht zugelassen, dass ich mich unüberlegt in diese Lage manövriere. Er hätte mich abgehalten und … und dann hätten wir uns auf ewig verstecken müssen! Nein, ich habe die richtige Entscheidung getroffen und jetzt muss ich eben mit den Konsequenzen leben. Ganz alleine.

Als der Wecker um sieben klingelt, fühle ich mich, als hätte ich überhaupt nicht geschlafen, dabei war ich die ganze Nacht weg, bin nicht ein Mal zwischendurch aufgewacht.

„Morgen“, lächelt Kevin, der schon halb angezogen ist. „Willst du gleich ins Bad?“
„Nein, mach ruhig. Ich muss erst mal wach werden …“
Aus dem Bett zu kommen, ist mir noch nie so schwer gefallen. Aber ich will da einfach nicht runter und diese Blicke sehen. Und ich will nicht auf mein Handy schauen und feststellen, dass schon alle Menschen die ich kenne, angerufen haben. Ich bleibe einfach liegen.

Es klopft an der Tür. Yoko steckt ihren Kopf herein.

„Stör ich? Hey! Warum bist du noch nicht auf?“
„Kein Bock.“
„In einer Viertelstunde will B! mit uns alles sprechen.“
„B! ist hier?!“
„Ich hab das Gefühl, es geht um gestern Abend. Also sieh lieber zu, dass du in die Gänge kommst.“

Außer Kevin und mir sind schon alle versammelt. Sogar Stephano und Markus, die in gebührendem Abstand zueinander sitzen.

„Guten Morgen zusammen“, wünscht B!. „Und da kommt auch schon unser Ehrengast.“

Er deutet wie befürchtet auf mich. „Also Leute, lasst mich mal eines klarstellen: Solche Aktionen gehen gar nicht. Wie auch in den Verträgen steht, die ihr ALLE unterschrieben habt, sind alle wichtigen Bekanntmachungen zuerst mit uns abzusprechen. Und die Live-Shows sind nicht als euer persönliches Sprachrohr gedacht. Wenn noch mal einer von euch so eine Nummer abzieht, fliegt der oder die hochkant raus, haben wir uns soweit verstanden?“
Alle nicken und einige werfen mir böse Blicke zu.

„Es tut mir leid“, nuschle ich.

„Was?“, fragt B! gespielt schwerhörig.

„Es tut mir leid, dass ich gestern die Wahrheit gesagt habe. Ich hab wohl nicht richtig drüber nachgedacht.“

„Sag das nicht, Ferdi“, meldet Markus sich zu Wort. „Keiner macht dir Vorwürfe wegen dem WAS du gesagt hast. Nur das Timing war ziemlich bescheuert.“
„Tut mir leid …“
„Hör schon auf dich dafür zu entschuldigen, dass du Eier in der Hose hast“, verlangt B! mit einem Augenzwinkern. „Wir müssen nur zusehen, dass der Schaden für dich begrenzt wird und dass sowas nicht noch mal passiert. Mensch Leute, wir wollen euch doch helfen! Wir sind Profis. Lasst uns sowas regeln. Und wenn noch einer von euch irgendwelche Leichen im Keller hat, dann sollte er jetzt damit rausrücken. ‚Oder für immer schweigen‘ ist im Showbiz leider keine Option. Die Wahrheit kommt IMMER ans Licht. … Also, hat wer was zu sagen?“

Mein Blick wandelt rüber zu Schröder, der von Yoko auffordernd angeschaut wird.

Schröder

„Willst du nicht mal nach ihm sehen?“, fragt Yoko, als wir uns nach der Show ins Zimmer verzogen haben.

„Wozu denn?“

„Keine Ahnung? Vielleicht braucht er dich jetzt, Blödian.“

„Kümmert es ihn vielleicht, dass er mir das Herz gebrochen hat? Nein. Interessiert es ihn, wie ich mich seit seinem Egotrip hier fühle? Nein. Wird er sich jemals von seinem Michi-Schatz trennen? Nein. War ich jemals mehr für ihn als irgendein Kerl, mit dem er gevögelt hat? Nein. Und außerdem … Ferdi hat mir mal gesagt, der einzige Mensch, den er braucht, ist Michi. Also würde es ihm wohl am ehesten helfen, wenn ich Michi mitsamt seinem Rollstuhl hierher karre, damit sich Herr Fuchseder von seinem Freund küssen lassen kann. Und wer weiß, Michi ist immerhin schon wieder in der Lage, seine Tasse alleine zu halten, da sollte er mit Ferdis Schwanz keine großen Probleme haben. Du siehst … der Fuchseder braucht mich nun wirklich nicht. Nicht mal mehr, um abzuspritzen.“

„Schröder, das ist ekelhaft. Und du bist irgendwie total besessen von dem Typen. Das ist fast beängstigend.“

„Ja, aber ich bin gerade dabei, mich zu entlieben“, erkläre ich.

„Ich hab Michi gemeint.“

„Oh …“

Sie verabschiedet sich für eine Weile ins Bad. Und ich … ich denke schon wieder an den Fuchseder. Dass ich stolz auf ihn bin, war eigentlich nur so dahergesagt. Ich meine, bis auf Rachel und Cristian haben ihm alle zu seinem Mut gratuliert, da wollte ich halt nicht blöd dastehen. Klar, für ihn war es ein gewaltiger Schritt, sich zu outen und ich kann mir ungefähr vorstellen, dass seine Familie darüber not amused sein wird, aber das ist eben alles nicht mein Problem. Und wenn ich ganz ehrlich bin … es geht mir momentan komplett am Arsch vorbei, was der Fuchseder macht und sagt. All die wahnsinnigen Gefühle, das Kribbeln, die Schmetterlinge, das Blitzen … alles weg. Ich versuche, mir ein paar schöne Augenblicke mit ihm in Erinnerung zu rufen, was allerdings nicht funktioniert, weil ich weiß, dass alles, was er mir in diesen Augenblicken gesagt hat, gelogen war. Na ja, nee, gelogen vielleicht nicht, aber irgendwie fühlt er’s halt jetzt nicht mehr.

„Können wir jetzt schlafen oder willst du noch länger vor dich hinstarren?“

Yoko hat sich unbemerkt ins Bett gelegt und sieht mich an.

„Ich fühl mich scheiße. Was dagegen, wenn ich bei dir penne?“

„Nee“, lächelt sie und rutscht ein Stück zur Seite.

Ich knipse das Licht aus und kuschle mich an ihren weichen, warmen Körper.

„Rachel ist so eine blöde Fotze“, fällt mir plötzlich ein.

„Schröder!“

„Ist doch wahr. Die lästert bloß über dich, weil sie eifersüchtig ist.“

„Auf das dicke Pummelchen?“

„Jetzt mal ohne Scheiß, Meereskind … du bist echt absolut die schönste Frau, die ich kenne. Und wenn ich nicht schwul wäre, hätte ich dich schon längst flachgelegt. Mehrmals. Auch wenn du mich sexuell nicht anziehend findest.“

„Das war gelogen.“

„Hä?“

„Wie kann ein Mensch, der noch alle beisammen hat, nicht auf dich stehen?“

Vorsichtig rücke ich etwas von ihr weg. „Yoko, ich weiß nicht, ob …“

„Hey“, grinst sie, „nur weil ich dich scharf finde, bin ich nicht gleich verliebt in dich, okay?!“

„Warum tust du dich nicht mit Ferdi zusammen? Schätze, ihr habt da eine Gemeinsamkeit.“

„Du liebst ihn immer noch“, stellt sie fest.

„Logisch. Aber eigentlich will ich ihm grad nur wehtun. Leider gibt es nichts, womit ich ihn treffen könnte, weil ich ihm vollkommen egal bin. Das macht mich aggressiv. So aggressiv, dass ich ihn grün und blau schlagen könnte, wenn er vor mir steht und dreist grinsend mit seinem Freund telefoniert. Ich bin so scheiß wütend und … hab Angst, dass ich wie mein Vater …“

„Lass das“, unterbricht sie mich. „Was dein Vater getan hat, ist seine Sache. Du bist doch nicht so bescheuert zu glauben, dass er dir seine Neigung zur Gewalt vererbt hat oder so’n Bullshit.“

„Paps war aber vorher nie gewalttätig. Das ist es ja, worüber ich mir den Kopf zerbreche. Wenn er seine Ex in einem Anfall von Irrsinn abgestochen hätte … das wäre leichter zu begreifen. Aber Yoko, er muss das geplant haben. Oder wie ist es sonst zu erklären, dass er ein Messer mitgenommen hat? Wie konnte er dermaßen kaltblütig sein? Und wenn ich Ferdi wehtun und verletzen will … dann bin ich doch kaum besser als mein Vater.“

„Du bist vor allem ziemlich durcheinander, sonst würdest du nicht so einen Müll reden.“

Yoko zieht mich in ihre Arme und wuselt durch meine Haare. Das beruhigt mich ein wenig.

Nach einer Weile wandern ihre Finger tiefer, schlängeln sich unter mein Shirt und streicheln meinen Rücken.

Mmmhhh … ihre Finger sind unglaublich weich.

„Ist das okay?“, fragt sie.

„Klar, mach weiter“, schnurre ich, weil sich das sooo gut anfühlt. Es ist ungefähr Monate, Jahre her, dass mich jemand so süß und liebevoll berührt hat.

Yokos Hand gleitet über meine Seite, nach vorne und …

„Ähem … meine Nippel sind … also ich krieg echt sofort ’ne Latte, wenn …“

Ihr Finger umkreist meinen Nippel und tippt ab und zu dran. Ich höre mich leise seufzen und ehe ich noch einen vernünftigen Gedanken fassen kann, küsse ich sie auf den Mund.

Der Kuss ist anders als die spaßigen DSDMB-Küsse. Sinnlich, irgendwie. Und sexy.

„Versuchst du etwa, mich zu verführen, Meereskind?“, lächele ich unsicher.

„Ja.“ Ihre Hand schiebt sich in meine Boxershorts. „Und wie’s aussieht, hab ich Erfolg.“

Allerdings.

Als ich am nächsten Morgen erwache, ist Yoko bereits fix und fertig angezogen.

Mein Kopf tut weh. Ich hab mit meiner besten Freundin geschlafen. Ach du Scheiße!

Es war schön. Verwirrend schön. Nach dem Sex mit Fine war mir klar, dass ich … mh, vielleicht hatte ich einfach nur die falsche Frau?!

„Du musst aufstehen. B! und Markus sind unten und wollen mit uns reden. Ich trommel mal die anderen wach. Schlaf nicht wieder ein, Schröder. Hast du gehört?“

„Ja, verdammt. Ich bin doch nicht taub.“

B! und Markus erklären eigentlich nur noch mal, dass alle wichtigen Sachen, die wir loswerden wollen, vorher mit ihnen abgesprochen werden müssen. Andernfalls fliegt man raus. Was ist daran neu? Der Fuchsi hat offenbar seinen Vertrag nicht gründlich genug gelesen.

„…und wenn noch einer von euch irgendwelche Leichen im Keller hat, dann sollte er jetzt damit rausrücken. ’Oder für immer schweigen‘ ist im Showbiz leider keine Option. Die Wahrheit kommt IMMER ans Licht … Also, hat wer was zu sagen?“

Yoko wirft mir einen Blick zu, den ich nicht deuten kann. Was will die von mir?

„Ich stehe auch auf Jungs“, quietscht Paolo.

„Ja“, grummelt B!, „ich meinte aber etwas, das wir noch nicht wissen. Paolo, die Mädels, die auf dich stehen, stehen doch auf Jungs, die Jungs küssen. Die würden wahrscheinlich noch hundertmal mehr für dich anrufen, wenn du einem Kerl vor laufender Kamera deine Zunge in den Hals steckst. Aber bevor du jetzt auf dumme Ideen kommst … ich trete dir höchstpersönlich in den Arsch, solltest du mit wem auch immer so eine Show abziehen.“

Yoko glotzt mich immer noch an. Ich raff’s nicht.

„Ferdi“, labert B!, „wahrscheinlich werden morgen ziemlich viele Interviewanfragen reinschneien … wir besprechen dann noch, was du da am besten sagst, okay?“

Ferdi nickt, B! und Markus verabschieden sich einstweilen und wir dürfen unsere Songs für die nächste Show aussuchen. Ich nehme „Für immer und dich“ von Rio Reiser.

„Was?“, frage ich, als ich mit Yoko allein bin.

Sie schüttelt den Kopf.

„Hätte ich sagen sollen, dass wir miteinander geschlafen haben und ab jetzt keine Scheinbeziehung mehr führen? Yoko, ich …“

„Okay, das gestern Nacht war … total schön … und eine einmalige Sache, darüber sind wir uns doch einig, oder? Ich hab jedenfalls keine Lust, dass es deswegen jetzt komisch zwischen uns wird.“

Ich umarme sie erleichtert. „Du bist so cool, Meereskind. Warte mal, wieso hast du mich dann so angestiert?“

„Weil Ferdi und Paolo offenbar mehr Eier haben als du.“

„Ja, wenn sie sich zusammen tun auf jeden Fall“, grinse ich.

„Du hättest sagen können, dass du schwul bist“, findet sie.

„Und wahrscheinlich auch gleich noch, dass ich eine Zeit lang mit Ferdi gevögelt habe … und mit Paolo rumgemacht. Und dass mein Vater im Knast sitzt, mh? Yoko, ich komme eh nicht in die Band, also spielt das alles überhaupt keine Rolle.“

„Woher willst du das wissen?“

„B! ist zwar ein Arschloch, aber sicher nicht blöde. Der weiß genau, dass ich nichts in der Band verloren habe. Und deshalb werden am Samstag leider nicht genügend Leute für mich anrufen. So einfach ist das.“

„Was hast du jetzt vor?“

„Jetzt gehe ich zum Fuchseder und sage ihm, dass er ein alter Straßenfucker ist“, beschließe ich.

Ferdi sitzt relativ teilnahmslos auf seinem Bett. Sein Zimmerkumpan ist nicht da.

„Hey, Ferdinand“, begrüße ich ihn.

„Hey, Nepomuk.“

Allein, dass er mich bei meinem Vornamen nennt, macht mich schon dermaßen aggressiv, dass ich ihm gerne meine Faust in die Fresse schlagen möchte. Aber ich reiße mich zusammen.

„Und? Alles okay bei dir?“

„Ja, super. Könnte nicht besser sein“, antwortet er horrorartig lächelnd. „Mal abgesehen davon, dass ich für meine Familie wahrscheinlich endgültig gestorben bin und die Kolber mich nie wieder in Michis Nähe lassen wird.“

„Tja, das hättest du dir vielleicht überlegen sollen, bevor du Millionen von Leuten mitteilst, dass du schwul bist.“

„Ich wollte mich aber nicht mehr verstecken.“

„Und ich hab keinen Bock, mir dein Gejaule über Michi anzuhören.“

„Bist du hergekommen, um mit mir zu streiten? Kannst du vergessen, Nepomuk. Ich hab grad genug andere Probleme.“

Ich bin fast soweit, ihn mit schlimmen Schimpfwörtern zu bombardieren, als ich bemerke, dass er mein Armband trägt. Also das, was ich ihm zum Geburtstag geschenkt habe. Und wenn ich den gestrigen Abend überdenke … er hat es während seines Auftritts auch getragen.

Mmhhh, der böse Wolf verwandelt sich augenblicklich zurück in den liebeskranken kleinen Wassermann.

You’re just a sucker … freut sich mein Verstand.

Genau. Und zwar ohne das kleinste bisschen self esteem. Na und? Irgendwo hat’s ’Klick’ gemacht und auf einmal ist mir völlig klar, dass ich Michi keineswegs das Feld überlassen werde. Niemals. Ich liebe Ferdi. Genug gejammert, jetzt muss gehandelt werden!

„Sag mal … hast du heute Abend schon was vor? Wenn du Zeit hast, lass uns ausgehen.“

„Wir dürfen hier nicht weg, Schröder“, bemerkt er irritiert.

„Ja, die Möglichkeiten sind natürlich begrenzt, aber trotzdem. Ich will ein Date. Mit dir.“

„Der Sinn eines Dates ist es, sich näher zu kommen. Wir sind uns allerdings bereits ziemlich nah gekommen. Mehrmals.“

„Aber wir hatten nie eine richtige Verabredung, bei der man was trinken geht und redet und so.“

„Vermutlich weil wir uns in einer nicht so alltäglichen Situation getroffen haben“, erklärt er.

„Fuchsi, sag doch einfach ja, mh?“

„Meinetwegen“, schnauft er, nicht sehr überzeugt.

„Cool. Ich hol dich nachher ab. So gegen acht.“

So gegen acht klopfe ich an seine Zimmertür.

„Das ist echt albern“, schüttelt er den Kopf … grinst allerdings niedlich.

Da das Wohnzimmer noch mit Cristian, Rachel und Paolo bevölkert ist, setzen wir uns in die Küche. Trinken heiße Schokolade und … reden.

Mir fällt auf, wie wenig wir eigentlich voneinander wissen. Ich meine, klar, kennen wir uns ziemlich intim, aber … ich hatte beispielsweise keine Ahnung, dass er Cola verabscheut. Und er wundert sich, dass mir beim Geruch von Wunderkerzen übel wird. So Kleinigkeiten eben.

Ich finde es total erschreckend, dass er ungefähr null Filme und Bücher kennt, die ich geil finde. Mal abgesehen von Monty Python …aber, hey, die Truppe kennt ja wohl jeder. Sogar ein Philosophiestudent, der sich für Ethik und Gesellschaftswissenschaften interessiert und im Nebenfach Soziologie belegen will. Mal ehrlich, ich verstehe grad mal ein Viertel von dem, was er so erzählt … na ja, eher noch weniger. Dafür kann ich Altbier und Kölsch mit verbundenen Augen am Geschmack erkennen, aber das erwähne ich mal lieber nicht, weil ihm sonst sehr wahrscheinlich auffällt, dass wir absolut nichts gemeinsam haben. Ich hab weder Hesse, noch Sartre oder Camus gelesen. Mich macht es immer aggressiv, wenn Leute in geselligen Runden mit so „wichtigen“ Namen hantieren, weil sie schlau wirken möchten. Ich war mal auf einer sehr eigenartigen Schnöselstudenten-Party und einigen hat es total gefallen, sich nur auf Englisch zu unterhalten. Ey, das war so peinlich, das kann man kaum in Worte fassen!

Zu solchen Leuten gehört der Fuchseder zum Glück nicht.

Trotzdem, er kommt mir so wahnsinnig ernsthaft vor, während ich ja eher der Spaßfraktion angehöre. Ah, fuck it! Mir ist es nicht peinlich, dass ich gerne saufe und ficke und Party mache. Und lesen tu ich schließlich auch, bloß dass meine Interessen halt in andere Richtungen gehen. Ich find „A Clockwork Orange“ geil … wie jeder brave Punk, der halbwegs gescheit ist. Mein allerliebstes Lieblingsbuch für immer und ewig ist „Der kleine Wassermann“. Das hat mir Paps früher vorgelesen, als er noch kein zweifacher Mörder, sondern liebevoller Familienvater war. Ich wollte so sehr wie der kleine Wassermann sein, dass ich mir irgendwann sogar mal mit ’nem grünen Filzstift die Haare angemalt habe.

Ferdi lacht sich kaputt, als ich ihm das vor seiner Zimmertür erzähle, wo wir gerade dabei sind, uns zu verabschieden.

„Deine Haare gefallen mir nicht, kleiner Wassermann. Grün steht dir viel, viel besser.“

Verflixt, in meinem Magen fängt es an zu kribbeln und mein Gesicht fühlt sich warm an. Ey, wann bin ich das letzte Mal rot geworden?! Du meine Güte!

„Okay, also … wir sehen uns morgen“, murmele ich und scharre verlegen mit meinem einen Fuß.

„Warte, bekomme ich nicht mal einen Gutenacht-Kuss?“, fragt er niedlich lächelnd.

„Was denkst du? Ich küsse nie beim ersten Date“, flüstere ich ihm ins Ohr. „Schlaf gut.“

Der nächste Tag ist vollgestopft mit singen, tanzen, Interviews für irgendein blödes Boulevard-Magazin und Ferdi sehe ich bloß bei den Mahlzeiten. Er wirkt reichlich gestresst, was durchaus nachzuvollziehen ist, weil er vermutlich andauernd mit irgendwem über sein Outing reden muss. Es gab heute auch gleich die fette Schlagzeile auf der ersten Seite einer großen deutschen Tageszeitung. Für Rachels Halbnacktbildchen interessiert sich momentan keine Sau mehr, was sie ziemlich anpisst. Ich sag ja … mediengeile Dummtussi!

Cristian benimmt sich wie ’n Straßenfucker. Der spricht nämlich nicht mehr mit dem Fuchseder, stiert ihn allerdings dermaßen feindselig an, dass ich ihm dafür die Visage polieren möchte. Da Prügeleien hier aber sicher verboten sind, frage ich ihn einfach, was sein verdammtes Problem ist.

„Ein Kerl, der auf Kerle steht, ist ekelhaft“, behauptet er.

„Auf einmal? Du weißt doch auch, dass Paolo schwul ist und das hat dir nie was ausgemacht.“

„Paolo ist ja auch ein Mädchen.“

„Aha. Hat er sich kürzlich einer Geschlechtsumwandlung unterzogen?“

„Nein, aber als Kerl kann man ihn wohl kaum bezeichnen.“

„Na ja, er ist sechzehn. Was erwartest du? Vollbart und tiefe Stimme?“

„Paolo benimmt sich eben schon wie eine kleine Schwuchtel. Da …“

„He, so schon mal gar nicht“, unterbreche ich ihn aggressiv. „Ich sag auch nicht Nigger zu dir!“

„Meinetwegen“, lenkt er ein. „Paolo nehme ich nicht ernst. Ferdi schon. Das heißt, ich hab ihn ernst genommen. Aber wenn ich mir vorstelle, wie er mit Männern … Sex hat … das ist doch abartig.“

„Dann stell’s dir nicht vor. Was geht’s dich überhaupt an, was der Fuchseder im Bett macht? Meinst du, es interessiert irgendwen, wie du es mit deiner Freundin hetero treibst?“

Darauf weiß er irgendwie nichts zu sagen.

„Du hast dich mit Ferdi vorher relativ gut verstanden, oder? Und jetzt kotzt er dich an, weil er keine Frauen bumst, sondern Männer? Das ist doch scheiße, Cristian. Ehrlich. Und solltest du ihm das Leben schwer machen, wische ich eigenhändig mit deinem Arsch den Boden. Und dabei macht es mir nicht das Geringste aus, dass du gegen mich wie Arnold Schwarzenegger aussiehst. Größer und mehr Muskeln hat mich noch nie davon abgehalten, jemandem auf die Fresse zu hauen.“

Er scheint kurz zu überlegen, dann schüttelt er den Kopf. „Lass deine Faust in der Tasche, Kleiner. Ich hab gar nicht vor, Ferdi das Leben schwer zu machen. Ich bin halt … na ja, ich hab mit Schwulen normalerweise nichts zu tun. Ferdis Ansage hat mich eben ein bisschen geschockt. Vielleicht wenn er von Anfang an gesagt hätte …“

„Du hast doch gestern gehört, dass man hier nicht einfach sagen darf, was man will.“

„Ja. Ich finde den Anblick von zwei knutschenden Männern trotzdem eher … unappetitlich.“

„Na, dass dich knutschende Männer nicht grad erregen, ist mir ungefähr klar. Mich machen Rachels Erotikbildchen beispielsweise auch nicht scharf. Aber deswegen verabscheue ich sie nicht gleich als Person.“

„Nee?“

„Nee. Ich verabscheue Rachel, weil sie strohdoof ist.“

„Allerdings“, nickt er.

Nach dem Gesangsunterricht statte ich den DSDMB-Stylisten einen Besuch ab und beschwere mich über meine langweilige Haarfarbe. Der Fuchseder hat mich echt viel zu gut im Griff. Er sagt, dass grün besser ist, also will ich sofort grün haben. Die Seiten sind nicht schwierig, die werden einfach wieder sehr kurz geschnitten. Die übrigen Haare werden stundenlang blondiert und sind danach leider immer noch quietschorange und fühlen sich auch nicht mehr ganz so gesund an. Na ja, immerhin deckt die Tönung gut ab. Ich selber hätte das nicht so hingekriegt, aber die Leute hier sind ja Profis.

Abends treffe ich mich mit Ferdi. Weil im Haus noch so viel los ist, gehen wir eine Weile spazieren, obwohl draußen sibirische Temperaturen herrschen. Wenn da mal nicht die nächste Erkältung vorprogrammiert ist. Und eine fiese Ohrenentzündung.

„Mir ist kalt. Lass uns zurück“, schnieft er.

Wohnzimmer und Küche sind besetzt und Ferdi mag eh noch seinen Song üben, deshalb beschließen wir, uns für heute zu verabschieden. Na ja, Ferdi beschließt das. Ich hab eigentlich andere Pläne.

„Ich würd dich ja noch auf einen Kaffee mit rauf bitten, aber ich glaube, mein Mitbewohner ist zu Hause“, säuselt er.

„Kein Ding. Gehen wir eben zu mir.“

„Und was ist mit Yoko?“

Haha … seit Samstag gibt’s hier ein komplett leeres Zimmer. Ist das nicht ein wunderbarer Zufall?!

„Wieso wohnst du nicht mehr mit deiner Busenfreundin zusammen?“, will Ferdi wissen und setzt sich aufs Bett.

Ich zucke die Schultern und setze mich auf seinen Schoß.

„Gestern wolltest du mir noch nicht mal einen Gutenacht-Kuss geben. Und heute schmeißt du dich so ran“, bemerkt er amüsiert.

„Ehrlich gesagt hatte ich noch nie Dates, deshalb weiß ich nicht, wie man sich da richtig verhält.“

„Geht mir auch so“, nickt er und schiebt beiläufig seine Hand unter mein Shirt.

„Cool. Das bedeutet: Wir dürfen alles machen, was wir wollen!“

„Mmmmhhh … verlockender Gedanke“, wispert er.

Ich halt’s nicht mehr aus. Ich muss ihn küssen!

Kurze Zeit später liegen wir japsend unter der Decke.

„Wow … das war …“

„Ein neuer Rekord?“, schlägt er vor.

„Ja, na ja, ich war vielleicht etwas sehr überreizt“, gebe ich zu. „Was aber nicht heißen soll, dass ich für heute fertig mit dir bin, Fuchseder.“

„Seit wann bist du eigentlich nicht mehr für den direkten Weg?“

„Hä?“

„Dieses ganze Verabredungszeug … du hättest auch einfach sagen können, dass du mit mir schlafen willst.“

„Ja, klar. Dann hättest du wieder gefaselt, dass du dich auf DSDMB konzentrieren und Single sein willst und momentan eh andere Sachen im Kopf hast.“

„Hätte ich doch jetzt genauso.“

„Ich wollte halt mal was Neues ausprobieren.“

„Ich glaube, du hattest vor, mich zappeln zu lassen. Aber als ich dich grad angefasst habe …“

„Halt die Klappe, Ferdi.“

„Das war ein Treffer, mh?“

„Na und? Ich bin geil auf dich. Ist doch wohl kein Geheimnis. Also jedenfalls nicht zwischen uns.“

„Weißt du, was echt komisch ist? Ich merke erst jetzt, wie sehr ich das vermisst habe.“

„Das?“

„Dich.“

„Tja, du bist … ach du Scheiße, Fuchseder“, lache ich mich kaputt, „was zum Teufel ist los mit dir?“ Meine Hand gleitet zwischen seine Beine. „Ey, so kurz hintereinander krieg ich das nicht mal hin.“

„Mh … üben …“, grinst er.

Wir üben ungefähr bis zum Morgengrauen.

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