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Keks & Krümel
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Informationen
- Story: Keks & Krümel
- Autor: Chelsea
- Die Story gehört zu folgenden Genre: Lovestory
»Mann, jetzt haben wir die ganze verdammte Nacht damit zugebracht, anderer Leute Leben
in Ordnung zu bringen», schnauft Keks und streicht sich nachlässig dreckig-blonde Ponysträhnen aus den Augen.
Gott, ich finde ihn anbetungswürdig, wenn er das tut. »Der Platz im Himmel ist uns sicher. Und unsere Heiligenscheine strahlen heller als der Morgenstern«, antworte ich müde. Die Telefonaktion mit Dominik war wirklich anstrengend.
»Abendstern.«
»Hä?« Mein Kopf hebt sich träge vom Kissen.
Keks zieht die Decke über seine nackten Beine. »Abendstern. Es heißt Abendstern, Blödi.«
»Whatever«, murmle ich, schließe meine Augen und...bekomme ein Kissen ins Gesicht!?
Wütend rappel ich mich hoch. »Sag mal, hast du sie noch alle? Was soll der Scheiß?«
Er zuckt nur die Schultern, was mich echt wahnsinnig macht. Ich boxe ihm kurz auf den Oberarm. »Ich hab dich was gefragt.«
Ein Grinsen erscheint auf seinem Gesicht. »Weißt du eigentlich, dass du total süß bist, wenn
du dich so aufregst?»
»Gute Nacht«, fauche ich und knalle mich wieder in die Kissen.
Einige Sekunden später spüre ich seinen Atem an meinem Ohr. »Die Nacht ist fast vorbei
und ich...», seine Hand stiehlt sich unter mein Shirt, «mhhhhh...ich bin immer noch geil.»
Der hat wohl schlechtes Zeug geraucht. »Ich bin müde.«
»Du bist immer müde. Entweder das oder du hast Hunger. Kannst du vielleicht ausnahmsweise auch mal an mich denken?«
Blitzschnell wirble ich ihn herum und drücke seine Handgelenke auf die Matratze. »Ich
denke andauernd an dich, ja. Ständig. In jeder verfickten Sekunde. Immer immer muss ich
dir zur Verfügung stehen. Und jetzt bin ich einmal zu müde und du bist gleich angepisst.»
Keks versucht sich aus meinem Griff zu befreien, scheitert jedoch kläglich.
»Können wir bitte diesen ganzen Kack überspringen und gleich zur Versöhnung übergehen?«
Stöhnend lasse ich mich auf ihn fallen. »Ah, ich dachte schon, du würdest überhaupt nicht mehr fragen.«
Sein Bein schlingt sich um meine Hüfte, seine Hände wuseln durch meine Haare während
wir uns küssen...küssen...küssen.
Ich kenne Keks schon mein ganzes Leben lang und...nein, ich werde seinen richtigen Namen
nicht verraten. Er würde mich köpfen, wenn ich es täte. Ohne Kopf durch die Gegend laufen
macht sich nicht gut, also...
Eines schönen Tages rannte ich durch die Kita, da saß plötzlich dieser Junge in der Ecke und heulte. Aus seiner Nase lief ein Rotzefaden, den er mit seinem Ärmel wegwischte. Ich war sofort angeekelt. Auch wenn man mit drei oder vier Jahren das Wort nicht kennt...die Bedeutung war so klar, wie sein Rotzefaden. Ich fand ihn doof, zog ein bisschen an seinen Haaren, boxte ihn ein paar mal; verlor jedoch bald allen Spaß daran, weil er sich überhaupt nicht wehrte. Er heulte. Was für ein Langweiler!
Am nächsten Tag schmollte er nur noch und verkroch sich in die Puppenecke. Da fand ich
ihn oberdoof. Hielt der sich vielleicht für ein Mädchen oder wie?! Und seinen Mittagsschlaf
machte der auch schön brav. Nee nee, mit dem wollte ich nichts zu tun haben. Auch sonst
niemand, denn er war immer allein. Hockte in der Ecke und zog die Puppen hübsch an.
Nach einer Woche riss mir der Geduldsfaden. Ich stellte ihm beim spielen draußen ein Bein und schubste ihn zusätzlich noch in den Sand. War nicht weiter schlimm, er wehrte sich ja ohnehin nie. Ich machte mich also auf einen weiteren Heulanfall gefasst, da ging er auf mich
los. Er prügelte mit seinen kleinen Fäusten auf mich ein, ich prügelte mit meinen kleinen
Fäusten zurück und als wir schließlich getrennt wurden, waren wir sowas wie beste Freunde.
In der Grundschule wurde er mehr zu meinem kleinen Bruder, den ich ständig beschützen
musste. Immerhin war Keks ein halbes Jahr jünger als ich. Die anderen Jungs wollten ihn
andauernd verkloppen, weil er in der vierten Klasse immer noch aussah wie ein Zweitklässler. Dazu total schmächtig mit wahnsinnig dicken Brillengläsern, hinter denen seine Augen wie Stecknadelköpfe wirkten. Heute trägt er glücklicherweise Kontaktlinsen.
Seine Klamotten wirkten ein bisschen zu mädchenhaft und er trug mit Vorliebe Spangen in
den Haaren. Ich fand das damals schon gnadenlos süß...ungefähr so, wie man eine Comicfigur süß findet. Von mir aus hätte er auch Kleider anziehen können. Das ging seinen Eltern allerdings zu weit. Sie schleppten ihn gleich zu einem Kinderpsychologen, der feststellte, dass Keks seinen Altersgenossen halt ein wenig hinterher hinkte. Das war es nicht gerade, was Mama und Papa hören wollten und für den armen Keks begann eine wahre Psycho-Odyssee.
Ich glaube, der hatte alle Psychologen in unserer Gegend durch und litt angeblich am ADS. Es passte ja auch alles zusammen. Still, verträumt, unaufmerksam, keine Lust auf langweilige Sachen (aber welches Kind hat die schon?!), Stimmungsschwankungen und öfter auch mal Wutausbrüche, die sich allerdings nur gegen seine Eltern richteten. Wie auch immer.
Ich weiß nicht wieso aber sein linkes Schuhband war ständig offen und nicht selten stolperte er darüber. Er bewegte sich linkisch, war in Sport eine absolute Niete, dafür aber ein Bücherwurm...der perfekte Außenseiter. Ich liebte ihn abgöttisch. Ich wollte ihn heiraten. Das heißt...ich habe es. Als ich sechs oder sieben war, heiratete meine Tante. Also hüllte ich ihn einige Tage später in eine von Mamas ausrangierten Gardinen, setzte ihm den vertrockneten Blumenkranz, der bei uns an der Küchentür hing, auf den Schädel, küsste ihn auf den Mund und schwupps waren wir Mann und Frau. Keks zieht mich heute noch damit auf. Vater-Mutter-Kind spielen...au weia, ein dunkles Kapitel meiner Kinderzeit. Genauso ein dunkles Kapitel ist die Entstehung unserer Spitznamen. Keks und Krümel...ich werde das nicht weiter ausführen.
Irgendwann war ich plötzlich zwölf, ging aufs Gymnasium und die anderen Jungs hörten auf, Mädchen blöd zu finden. Ich fand Mädchen noch nie blöd, also kümmerte es mich wenig. Ich hatte nur Augen für Keks, der mit seiner Brille immer noch für allerlei Spott sorgte und außer mir keinen einzigen Freund hatte. Jeden Nachmittag schleppte ich ihn mit zu unseren Klassenkameraden, wo er meist still und schüchtern rumsaß, während wir gottweißwas trieben. Keine Ahnung, eben das, was man kurz vorm Teenageralter so macht. Aus Spaß Mädchen küssen und so'n Zeug. Da merkte ich, dass ich eigentlich keines der Mädels knutschen wollte, sondern Keks. Das kam mir sehr logisch und richtig vor, er war ja schließlich viel viel süßer als die Trinen. Und zudem die einzige Person, mit der ich mich niemals langweilen musste. Ich konnte ihn von morgens bis abends um mich haben, hätte am liebsten auch noch die Nächte mit ihm verbracht, doch das ging nur am Wochenende. Da durfte er bei mir schlafen. Neben mir, in meinem Bett. Wir hörten die drei Fragezeichen und kuschelten uns aneinander. Keks war ganz weich und warm und roch nach Pfirsichshampoo.
Für meine Eltern war es anscheinend ebenfalls logisch und richtig, dass zwei zwölfjährige Jungs ein Bett teilten. Keks übernachtete seit Jahren bei uns und sie wussten ja nicht, was ich mir so zusammenträumte. Er auch nicht, also sagte ich es ihm eines Abends. Das war mir nicht peinlich, weil wir uns immer alles erzählten, Keks gleich anfing zu strahlen, ein bisschen rot wurde und vorschlug, es auszuprobieren. Während ich ziemlich ungeschickt an die Sache ranging, schien er ein absolutes Naturtalent zu sein. Er knabberte ein wenig an meiner Lippe, wuselte seine Zunge in meinen Mund und an Schlaf war in dieser Nacht nicht mehr zu denken. Ich war irre verliebt. Leider musste das aus mehreren Gründen ein Geheimnis bleiben.
Ausschlaggebend dafür waren sicher auch Schimpfwörter wie Schwuchtel, Arschficker, schwule Sau und Schwanzlutscher mit denen in der Schule hantiert wurde. Ich hatte diese Ausdrücke nie gebraucht und war nie so tituliert worden. Ich konnte mir nicht mal was drunter vorstellen. Naja, meine Klassenkameraden waren sehr hilfreich und faselten munter drauflos, was man als Schwuchtel so tat, bzw, dass man sowas eben NICHT tat. Wenn Keks und ich uns also küssten bedeutete das ja wohl, dass wir schwul waren, oder? Und während ich mir das so überlegte, beging ich einen schweren Fehler. Ich geisterte durchs Internet. Landete auf Pornoseiten, die mich wenig bis überhaupt nicht interessierten, fand Adressen von Jugendgruppen und massenhaft Geschichten über schwule Jungs. Letztere brachten meine Gefühlswelt fast völlig zum Einsturz. In den meisten Geschichten ging es nämlich darum, dass ein Junge wahlweise dem besten Freund, einem Mädchen, das in ihn verliebt war, oder aber den Eltern ängstlich gestand, schwul zu sein. Und als i-Tüpfelchen entschuldigte sich der Junge dafür. Das ging dann ungefähr so: ich kann verstehen, wenn du jetzt nichts mehr mit mir zu tun haben willst und dich vor mir ekelst.
Manchmal reagierten die jeweiligen Personen sehr verständnisvoll, dann wurde sich umarmt und zusammen geweint. Manche Leute allerdings fingen mit genau den Beschimpfungen an, die ich bereits aus der Schule kannte, brachen den Kontakt ab oder verprügelten den Jungen gar.
Naja, okay, das waren nur Geschichten aber...irgendwie konnte ich mir nicht vorstellen, dass sich Leute sowas einfach mal eben zum Spaß ausdachten.
Schwul sein war also schon etwas Schlimmes, für das man sich auf jeden Fall erstmal gründlich schämen und das man irgendwann beichten musste. So viel hatte ich begriffen. Nur das WARUM wollte mir nicht so recht aufgehen. Diese Selbstverständlichkeit, mit der sich die Jungs für etwas entschuldigten, das in meinen Augen bis dahin vollkommen normal und unglaublich schön gewesen war.
Und noch etwas fiel mir in dieser Zeit auf: schwul sein war verflucht anstrengend.
Ich meine, ich war grad mal vierzehn und hatte meinen Kopf voller Gedanken, die ich kaum ordnen konnte. War ich nun schwul, nur weil ich Keks liebte? Schließlich interessierte ich mich zB nicht für andere Jungs. Aber eben auch nicht für Mädchen. Sollte ich es irgendwem erzählen? Wie würden meine Eltern reagieren, wenn ich gestand? Und dachte Keks ebenfalls über diese Dinge nach? Ich war echt verstört, weil ich irgendwann gar nicht mehr wusste, was eigentlich mit mir los war.
Entspannen konnte ich mich nur, wenn Keks bei mir schlief. Wenn ich in seinen Armen lag,
kam mir das gut und richtig vor.
Es rührt mich fast zu Tränen, wenn ich Keks schlafen sehe. Seine zerzausten Haare, die ihm ins Gesicht fallen...seine langen gebogenen Wimpern...wow und dieser unglaubliche
Schmollmund. Sofort will ich ihn küssen. Streiche ihm allerdings nur ganz sachte mit dem
Zeigefinger eine einzelne seidenweiche Ponysträhne aus der Stirn. Ich bringe es nicht fertig, ihn zu wecken. Er sieht so friedlich aus. Wie ein wunderschöner Engel. Sein Atem ist ruhig und gleichmäßig, manchmal seufzt er leise und kuschelt seine Wange ins Kissen. Gott, ich liebe ihn mehr als mein Leben. Kann mir nicht vorstellen, jemals ohne ihn zu sein.
»Hör auf, mich anzustarren. Schlaf endlich«, murmelt er mit geschlossenen Augen.
»Wie kommst du darauf, dass ich dich anstarre?«
Er räkelt sich ein wenig und blinzelt träge. »Weil du das immer machst.«
»Woher willst'n das wissen?« grinse ich. »Du bist blind wie ein Maulwurf.«
»Mhhh...aber nicht blöd«, seufzt er.
Seine Stimme ist ein bisschen rauh. Sehr sexy. Ich bin irgendwie nicht mehr müde. Schmiege
mich an ihn und küsse seinen warmen Hals.
»Hast du immer noch nicht genug?« kichert er schlaftrunken.
»Ich liebe dich, Keks«, flüstere ich in sein Ohr.
»Ich lieb dich auch, Krümel«, antwortet er, dreht sich um und schläft.
Okay, ich gebe ihm zwei, drei Stunden...
Keks feierte seinen fünfzehnten Geburtstag bei mir. Zusammen mit meinen Eltern, meiner
älteren Schwester und unserem Kater. Meine Mutter hatte ihm eine wahnsinnige Erdbeer-
Schoko-Sahnetorte gezaubert und während wir die aßen, verspürte ich ganz plötzlich das
sehr dringende Bedürfnis, ihn zu küssen. Ihn festzuhalten, zu trösten. Er sah nämlich alles
andere als glücklich aus. Wir wussten alle, was in ihm vorging. Seine Eltern kümmerten sich
einen Dreck um ihn. Die waren einfach zu sehr mit sich selbst beschäftigt und, ich nehme
mal an, froh, dass Keks meist bei uns rumhing. Sein Vater war irgendein super wichtiger Bankmensch, seine Mutter trieb wer weiß was und am Wochenende veranstalteten sie schicke
Parties. Prahlten mit Sohnemanns guten Noten, ohne sich zu fragen, wo der eigentlich gerade
weilte. Ich meine, Keks hätte sich als drogensüchtiger Stricher am Bahnhof rumdrücken
können. Scheißegal, so lange es in der Schule hervorragend lief und er nicht wieder anfing, sich Mädchenspangen in die Haare zu stecken.
Ich mochte meine Familie, ich mag sie noch heute. Keks war bei uns sowas wie ein drittes Kind. Er hatte sich ziemlich verändert. Seine Glasbausteinbrille gegen Kontaktlinsen eingetauscht, so dass das unglaubliche Strahlen seiner blauen Augen endlich mal zur Geltung kam. Eine nette Friseurin hatte ihm einen trendigen Haarschnitt verpasst, ordentlich unordentlich, verstrubbelt mit langen Ponysträhnen. Die schwarze Cordschlaghose und das schwarze Shirt mit dem silbernen Stern auf der Brust betonten seinen zierlichen Körper, dass ich ganz schön nervös wurde. Ständig hatte ich diese wahnsinnige Sehnsucht, ihm nah zu sein.
Ich bekam einen Schwitzeanfall, einen monstermäßig roten Kopf, Kribbeln in sämtlichen
Gliedmaßen und leichte Atemnot. Während ich mit der Gabel im Sahnetortenstück stocherte
überlegte ich noch, ob das nun wirklich eine gute Idee und vor allem der richtige Augenblick
war?! Aber verdammt noch eins, es musste raus.
»Mom, Paps...ich, ähem, also, ich muss euch sagen...ich liebe Keks.«
Hey, das hatte sich doch schon mal toll angehört. Keks war dermaßen erschrocken, dass er sein angekautes Kuchenstück auf den Teller hustete.
»Schätzchen, wir alle lieben Keks«, lächelte meine Mutter, die offensichtlich nicht verstand.
Ich schwitzte gleich noch etwas mehr. »Wir...wir küssen uns, ähem...wir sind zusammen, so
richtig.»
Keks sah verflucht bedröppelt aus. Ich hätte vorher mit ihm darüber sprechen sollen. Egal,
jetzt war es zu spät.
Mein Vater fand als erster seine Sprache wieder. Mit frostigem Gesichtsausdruck stand er
auf. »Ich glaub, mich trifft der Schlag.« Dann ging er hinaus.
Mom und Leonie, meine Schwester, blickten sich hilflos an. Ich wollte auf der Stelle tot sein.
Paps kam mit einer Flasche Schnaps zurück. Er goss ein Pinnchen randvoll und kippte es
hinunter. Danach stellte er die Flasche beiseite. »Ich hab dir immer gesagt, es ist nicht in Ordnung, wenn zwei Jungs in einem Bett schlafen, Vera«, sagte er zu Mom.
Die winkte jedoch hektisch ab. »Ich hab auch mit meinen Freundinnen in einem Bett geschlafen und bin so viel ich weiß nicht lesbisch geworden. Leonie ja wohl auch nicht, oder?«
Meine Schwester schüttelte wild ihre blonden Locken.
»Aber irgendwo muss das doch herkommen«, überlegte er und kratzte sich am Kinn.
Au weia, das hörte sich an, als hätten wir uns eine schlimme Krankheit geholt. Meine Güte,
wir waren doch einfach nur bis zum Schwachsinn verliebt ineinander.
Keks rappelte sich schlapp vom Stuhl hoch. »Ich...ich gehe besser.«
»Hinsetzen«, befahl Paps streng.
»Hattet ihr schon Sex?« fragte Leonie sensationsgeil.
»In diesem Haus hat niemand Sex«, donnerte Paps, worauf Mom ein wenig kicherte. »Ihr
habt doch nicht etwa...?»
»Nein«, brüllte ich, was der Wahrheit entsprach. Lediglich geknutscht hatten wir. Und uns
angefasst...ganz harmlos und unschuldig.
»Schön, dabei wollen wir es auch belassen«, schnaufte er erleichtert.
»Heißt das, wir dürfen uns nicht mehr sehen? Willst du mir sagen, ich darf nicht mehr mit
Keks zusammen sein, oder was?» schrie ich ärgerlich.
Mann, das konnte der aber gleich vergessen. Ich liebte ihn mehr als mein Leben. Wieso half er mir eigentlich nicht? Immer musste ich alles alleine machen.
Leonie hatte von Mom ein Zeichen bekommen, sich diskret zu verpissen. Ich bekam von Paps einen Schlag gegen den Hinterkopf. »Hab ich dir erlaubt, die Stimme gegen mich zu erheben, mein Sohn?«
»Karsten«, seufzte meine Mutter kopfschüttelnd.
»Ist doch wahr. Wo gibt's denn sowas. Hört mir nicht mal richtig zu, schreit aber wie ein
Irrer. Knallt uns einfach so vor den Latz, dass er schwul ist und wir sollen darüber glücklich
sein und die Regenbogenflagge aus dem Fenster hängen, was?! Kondome auf seinen Nachttisch legen und...»
»Ich hab keinen Nachttisch, Paps«, meinte ich mich einmischen zu müssen.
»Halt die Klappe, wenn ich rede. Wo war ich? Ach ja...Kondome auf sein BETT legen und uns in einer Gruppe für Eltern homosexueller Kinder anmelden.«
Ich fühlte mich wie der allerletzte Arsch. Außerdem fielen mir sofort die ganzen Geschichten ein, die ich gelesen hatte. Vielleicht hätte ich mit einer Entschuldigung anfangen sollen.
»Was sagt denn eigentlich das Objekt deiner Begierde dazu?« fragte Paps an meinen stummen Freund gewandt.
»Es...es tut mir leid«, nuschelte er.
»Ach das meine ich nicht. Bist du auch schwul? Wissen deine Eltern...nein, natürlich nicht. Die wissen ja überhaupt nichts von dir. Es bleibt wieder einmal alles an uns hängen. Vera, ich hatte dir ausdrücklich verboten, die Pille abzusetzen. Jetzt siehst du, was du davon hast.«
»Meinst du, einen Mann ohne Verstand?«
»Haha. Also...irgendjemand einen guten Vorschlag?«
Weil eh schon alles egal war, zog ich Keks auf meinen Schoß und schlang beide Arme um
ihn.
»Ich glaube, dein Vater meinte was anderes, Schätzchen«, lächelte Mom.
»Ich...ich lieb Krümel auch«, flüsterte mein anbetungswürdiger Freund.
»Amen«, sagte Paps trocken.
»Ich kann verstehen, wenn ich jetzt nicht mehr herkommen darf«, fügte Keks traurig hinzu. Jaja, er hatte die Geschichten logischerweise auch gelesen. Ich umarmte ihn etwas fester.
Paps‘ Zeigefinger deutete in unsere Richtung. »Vera, ich weiß nicht, ob ich mich an diesen
Anblick werde gewöhnen können.»
»Ich weiß genau, was du meinst«, entgegnete sie. »Allerdings...«
»Ja«, nickte er, »allerdings. Okay...kein Sex, kein heimliches Gefummel unter der Bettdecke.
Alles weitere muss ich mir überlegen, wenn ich den Schock überwunden habe. Entschuldige,
Krümel, ich darf ein bisschen geschockt sein, ja? Und selbstverständlich ist Keks weiterhin
willkommen bei uns.»
Ich glaube, zu diesem Zeitpunkt atmete ich das erste mal wieder.
»Was für eine bescheuerte Idee, er dürfte nicht mehr herkommen...als hätte er die Pest ins Haus geschleppt«, murmelte Paps noch kopfschüttelnd.
Später, Mom und Paps hatten sich ins Schlafzimmer verzogen, um die Sache zu besprechen,
lag ich mit Keks auf meinem Bett.
»Mann, du hättest mir vorher sagen können, dass du mit deinen Eltern über uns reden willst.
Was glaubst du, wie ich mir vorkam?»
»Na, so wie ich. Wie der letzte Arsch.«
»Ich finde das echt nicht lustig«, brummelte er.
»Lache ich etwa?«
»Meinst du, deine Eltern lassen uns zusammen bleiben?«
Ich zuckte die Schultern. »Wenn nicht, brennen wir einfach durch.«
»Verdammt, kannst du mal fünf Minuten ernst sein?« fauchte Keks.
Seufzend setzte ich mich auf seinen Schoß und schlang meine Arme um seinen Hals. »Ich liebe dich, Keks.«
Sein Gesicht entspannte sich. »Ich lieb dich auch, Krümel«, flüsterte er, bevor ich ihn küsste.
Glücklicherweise wusste mein Vater nicht, dass er mich auf eine Idee gebracht hatte. Heimliches Gefummel unter der Bettdecke klang in meinen Ohren ganz ausgezeichnet. Außerdem hatte mein Freund Geburtstag. Es war Freitagabend, er sollte hier übernachten, wir liebten uns und ich wollte endlich ausprobieren, wie blasen geht. Wir hatten verschiedentlich darüber gesprochen, fühlten uns solchen Sachen aber einfach noch nicht so gewachsen. Bis jetzt.
Während ich ihn also küsste, wanderten meine Hände langsam über seine Brust, unter sein
Shirt und streichelten seine weiche Haut. Ich spürte seine Rippen und sein Herz, das heftig
zu klopfen begonnen hatte. Meins schlug mir ungefähr bis zum Hals. Ich knabberte eine
Weile an seinem Hals, rutschte vorsichtig auf ihm herum, während seine Hände durch
meine Haare wuselten.
»Wir...wir sollten das nicht tun«, flüsterte er plötzlich. »Deine Eltern sind doch da.«
»Da schon aber nicht hier«, flüsterte ich zurück. Zog ihm das Shirt aus, brachte ihn in eine
liegende Position und ließ meine Lippen über seine Brust flattern. Das allein machte mich schon wahnsinnig an. Er war so zart. Ganz weich, er roch unglaublich gut. Süß und vertraut...
wie mein Kuscheltier oder eine Schmusedecke.
Er stöhnte leise, als ich mit der Zungenspitze seine Brustwarze berührte. Ich rieb mich ein bisschen an ihm, küsste seinen flachen Bauch und öffnete mit zittrigen Fingern Knopf und Reissverschluss seiner Hose.
Scheiße, das ging irgendwie zu schnell. Ich wollte ihm nicht einfach nur einen blasen. Ich
wollte ihn ansehen, küssen, ihn spüren. Seinen niedlichen Bauchnabel mit meiner Zunge kitzeln. Meinen Körper an seinen pressen. Ich wollte ihm ganz nah sein und dann noch näher.
Also beschäftigte mich erstmal wieder mit seinen harten Brustwarzen. Leckte, lutschte, knabberte. Rieb mein Gesicht an seiner warmen Haut. Küsste ihn immer und immer wieder.
Mir wurde schwindlig, so berauscht war ich.
»Oh mein Gott...«, stieß Keks atemlos hervor und umschlang mich mit Armen und Beinen.
Eine ganze Weile griffen wir an uns rum und küssten uns, bis ich es nicht mehr aushielt. Meine Hand schlängelte in seine Hose.
»OH MEIN GOTT...«, stöhnte Keks heiser, was sich unglaublich sexy anhörte.
Ich riss ihm förmlich sämtliche verbliebenen Klamotten vom Leib und meine gleich mit.
Gierig küsste ich mich von seinem Hals hinunter. Über seinen Bauch, noch ein Stückchen weiter und...
»Warte«, schnaufte er, »was...was hast du vor?«
»Was wohl?« murmelte ich, während meine Hand langsam zwischen seine Schenkel glitt, gefolgt von meinem Kopf.
»Du...ah, du kannst doch nicht...«
»Na, dann pass mal auf«, wisperte ich so dreckig, dass mir selbst ganz schummrig wurde.
Ehe er noch weiter protestieren konnte, umschloss ich seinen harten Schwanz mit meinen
Lippen. Seinen seufzenden, stöhnenden Lauten zu urteilen, fand er es ziemlich gut.
Das fand ich allerdings auch. So gut, dass ich schon kurz davor war zu kommen.
Als er dann jedoch kam, erschreckte mich das zunächst...ein wenig. Mir hatte ja vorher noch
niemals jemand Sperma in den Mund gespritzt.
Während Keks seine Finger ins Laken krallte und sich auf die Lippe biss, um nicht aufzuschreien, spritzte ich mein Sperma gottweißwohin.
Wenn ich gewusst hätte, wie geil es ist, ihm einen zu blasen, hätte ich nicht so lange gewartet.
So viel ist mal sicher.
Keks schwebte anscheinend irgendwo auf einer Wolke. Er hatte so ein merkwürdiges Grinsen im Gesicht. Nee, kein Grinsen. Er sah mehr so völlig entrückt aus. Ich machte mir echt Sorgen und rüttelte an seiner Schulter. »Was ist los?«
Er zog mich in seine Arme. »Wow...«, war alles, was er sagte. Dann drückte er seine süßen
Lippen auf meinen Mund. Wir knutschten bis kurz vorm Atemstillstand.
Später in der Nacht bescherte er mir ebenfalls jenen Entrückungszustand. Und das WOW!
Meine Eltern hatten sich relativ schnell daran gewöhnt, dass ich mit einem Jungen zusammen war. Das heißt, sie fanden es natürlich schwierig und wollten das Ganze erstmal als eine
Phase abtun. Keks und ich hatten allerdings keine Phase. Immerhin waren wir seit Jahren verliebt. Leonie fand es süß, wenn wir uns küssten und Händchen hielten. Das taten wir
immer noch heimlich und nur, wenn wir bei mir waren. In der Öffentlichkeit, in der Schule
war an sowas überhaupt nicht zu denken. Mir war es vollkommen gleich, wer wusste, dass wir verliebt waren...theoretisch. Praktisch machte ich mir total ins Hemd. Ich dachte echt, die
Leute aus der Schule, die ja eigentlich sowas wie Freunde waren, würden uns mit Sicherheit irgendwie anders behandeln, wenn sie von Keks und mir wussten. Also warteten wir lieber erstmal ab.
Schule war absolut hardcore. Ich verzehrte mich nach Keks, wenn wir in der Klasse saßen
und/oder in den Pausen mit den anderen rumhingen. Es brachte mich fast um, dass ich ihn nicht anfassen konnte. Jedenfalls nicht so, wie ich es gerne getan hätte. Außerdem war Keks bei den Mädchen inzwischen fast beliebter als ich, was mir einerseits am Arsch vorbeiging aber andererseits... mann, wie die den beflirteten. Ich war ganz schön angepisst, wenn Kathrin
ihm zum Beispiel durch die Haare wuselte, sich mit ihm verabreden wollte. Selbstverständlich lehnte er alle Einladungen ab. Die Wochenenden gehörten nur uns. Er durfte schon nach der Schule nicht zu mir kommen, weil seine Eltern ihm Klavierunterricht und strengstes Lernen aufgebrummt hatten. Letzteres war total absurd. Keks schrieb ja schon gute Noten. Ich glaube, die wollten ihm einfach nur jeglichen Spaß verderben. Deshalb hatte ich oft ein schlechtes Gewissen, wenn ich ihn von Freitagnachmittag bis Sonntag in Beschlag nahm. Sicher, wir hätten auf Parties gehen können, taten das gelegentlich auch aber irgendwie wollte ich ihn halt ganz für mich haben.
Mom und Paps hatten entschieden, dass Keks natürlich jederzeit bei uns schlafen dürfe.
Allerdings stellten sie so ein Klappbett in mein Zimmer. In der irrwitzigen Hoffnung, er
würde es benutzen. Ich fragte mich, ob die tatsächlich so blöd waren oder ob es ihnen einfach nur half, besser zu schlafen?!
Es war Freitagabend. Ich wartete schon seit Stunden auf Keks und war kurz vorm Durchdrehen, als er endlich kam.
»Die Idioten wollten mich nicht weglassen«, stöhnte er genervt.
Er nannte seine Eltern für gewöhnlich Idioten und kassierte von Mom sofort einen strafenden Blick.
»Wenn die mich anders behandeln würden, würde ich sie auch anders nennen«, antwortete
er entschuldigend. »Mann, ich kann doch machen, was ich will...es ist nie gut genug. Hab
in Mathe nur eine drei geschrieben. Au weia, jetzt geht vermutlich die Welt unter. Entweder
die ignorieren mich oder sie sagen mir, was für eine Enttäuschung ich für sie bin. Wie soll
man sich denn da normal entwickeln? Wenn ich nicht genau wüsste, dass es Menschen gibt,
denen ich wichtig bin, hätte ich mir schon längst die Pulsadern aufgeschnitten.»
Mom stand auf und umarmte ihn. »Du bist ein wundervoller Junge, Keks. Lass dir von niemandem etwas anderes einreden.«
Mir war vor Schreck das Herz stehen geblieben, als er das mit den Pulsadern erwähnt hatte.
Oh mein Gott...wie sollte ich ohne meinen Keks auch nur eine Sekunde existieren?
Ich schleppte ihn in mein Zimmer und überschüttete ihn mit Küssen. Hielt ihn so fest, dass
er mich nach einer Weile sanft von sich schob.
»Heyheyhey...ich krieg keine Luft.«
»Du denkst doch nicht wirklich daran, dir etwas anzutun, oder?« fragte ich hektisch mit
feuchten Augen.
Er strich mir lächelnd über die Wange. »Nicht solange du mich liebst.« Dann blickte er sich
um. »Oh, wie ich sehe hat in diesem Haus immer noch niemand Sex«, grinste er und deutete
auf das Klappbett. »Dabei hab ich die ganze Woche nur das EINE im Kopf.«
Es nervte mich manchmal ganz gewaltig, dass er auf lustig machte, obwohl ich wusste, wie
schlecht er sich fühlte. Wie sehr ihn das Verhalten seiner Eltern verletzte. Er sprach zwar mit mir darüber, allerdings jedesmal so, als ginge ihn das alles gar nichts an. Das war wirklich
beängstigend. Er konnte manchmal so kalt sein, völlig emotionslos. Ich fand das unheimlich.
»Du musst hier nicht auf gute Laune machen. Ich weiß, dass es dir was ausmacht.«
Er legte sich aufs Bett und zog mich in seine Arme. »Ich weiß, dass du das weißt, Krümel.
Deswegen ist es ja auch unnötig, dich voll zu heulen. Ich sehe die Idioten jeden Tag, muss ich die denn noch mit hierher bringen?»
»Ich will für dich da sein, wenn's dir schlecht geht.«
»Babe, das bist du doch. Aber ich will unsere Zeit nicht mit blöden Kackgedanken vergeuden. Ich fühl mich wohl, wenn du bei mir bist und hab meinen Kopf frei für wichtige Dinge.«
»Zum Beispiel?«
»Dich küssen«, flüsterte er und berührte meinen Mund mit seinen weichen Lippen.
Augenblicklich überkam mich ein schwächliches Gefühl. Meine Knie wurden weich und
mein gesamter Körper begann zu kribbeln. Jedesmal wenn wir uns küssten, ging es mir so.
Allein der Gedanke daran, bescherte mir Schwindelanfälle.
»Bei Sascha ist heute Party...willst du hingehen?« fragte ich während einer Kusspause.
Genervt verzog er das Gesicht. »Du denkst ernsthaft beim Knutschen mit mir an irgendeine
Party, auf der wir uns nicht anfassen dürfen? Was soll ich denn jetzt davon halten?»
»Ich dachte nur, du würdest vielleicht gerne...«
Seine Hände glitten unter mein Shirt. »Mhhh...ich würd jetzt total gerne«, hauchte er.
»Äh, das meine ich nicht«, erklärte ich irritiert und versuchte, meine Erektion irgendwie zu
verbergen. Ich liebte Keks bis zum Schwachsinn, trotzdem war es mir peinlich, wenn er merkte, wie...naja, wie geil er mich machte.
»Ich schon.«
Gott, seine Stimme klang so sexy!
»Ehrlich, Krümel. Wir haben seit Tagen nicht...ich meine, ich weiß ja nicht, was du so treibst, wenn du allein im Bett liegst...«, er schüttelte den Kopf, »vergiss es, ich kann's mir vorstellen.«
Scheiße, ich hatte tatsächlich. Gestern und Vorgestern. Mein Gesicht bekam eine beachtliche Rotfärbung. Verdammt nochmal, natürlich holte ich mir einen runter, wenn ich allein war
und an ihn dachte.
Keks kringelte sich vor Lachen. »Du wirst ja ganz rot...oh, ist das süß.«
»Schön, dass ich dich amüsieren konnte«, grummelte ich.
»Schön, dass du dich allein amüsieren kannst«, kicherte er und legte sich bequem auf die
Seite. »Und, zeigst du mir jetzt, wie du das machst?«
»Nein«, rief ich schrill.
»Schade«, seufzte er, »das sieht bestimmt geil aus.«
ARGH!! »Ach ja? Und was ist mit dir, mh?« Wenn er es unbedingt so haben wollte, bitte. Ich
konnte ihn auch in Verlegenheit bringen...dachte ich.
Keks legte sich auf den Rücken, den Kopf zur Seite, so dass er mich anschauen konnte.
Er räkelte sich lasziv, strich mit den Fingerspitzen aufreizend langsam über seine Brust. Über seinen Bauch und schob sein Shirt ein Stückchen nach oben.
Du meine Güte, ich ging fast kaputt.
Seine schlanken Finger spielten mit dem Knopf seiner Jeans und öffneten ihn schließlich.
Keks‘ Hand glitt in seine Hose...ich war kurz vorm explodieren. Einen Moment schloss er
die Augen und atmete geräuschvoll, dann sah er mich an.
»Gib mir deine Hand«, flüsterte er zittrig.
Ich war so heiß, dass ich mich regelrecht auf ihn warf. Ihn wild küsste und so ordinär auf ihm
herumrutschte, dass wir nach Sekunden schon fast soweit waren. Immerhin schafften wir es
noch irgendwie, uns gegenseitig auszuziehen, bevor wir wie die Irren knutschten und wichsten.
Als er später in meinen Armen lag, betete ich inständig, dass meine Eltern uns nicht gehört hatten. Wir hatten zwar versucht, leise zu sein, waren aber wahrscheinlich nicht sehr erfolgreich gewesen. Kacke, ein Verstoß gegen die Sexregel hieß vielleicht, dass Keks nicht mehr bei mir übernachten durfte. Ich umarmte sofort ein wenig fester, als mir dieser Gedanke
durch den Kopf schoss.
»Mhhhhh«, seufzte er und rieb sein Gesicht an meinem Hals, begann zärtlich an meiner Haut zu lutschen.
»Wenn Paps sieht, dass ich einen Knutschfleck habe ist der Teufel los«, bemerkte ich.
Keks lutschte unbeirrt weiter. Seine Fingerspitzen umkreisten meinen Bauchnabel, wanderten höher, wo sie eine Weile mit meinen Brustwarzen spielten. Ich konnte mich kaum noch zurückhalten.
»Keks, ich...«
»Schhh«, wisperte er, »sag mir, dass du mich liebst.«
»Ich lieb dich, Kekssssssss...«
Er knabberte an meinem Ohrläppchen, während seine Hand zwischen meine Schenkel glitt.
»Ich lieb dich auch, Krümel. Gott, ich lieb dich so sehr. Ich...ich will dich. Jetzt!«
Ohhh...ich wollte ihn auch. Schon wieder. Oder immer noch. Keine Ahnung.
Seine Zunge hinterließ eine feuchte Spur auf meiner Brust, mein Körper begann zu zittern.
Ich war wie unter Strom. Jede Berührung von ihm war elektrisierend. Keks‘ Hände strichen
sanft über meine Hüften, während seine Lippen mich in den Wahnsinn trieben.
Sein leicht gerötetes Gesicht erschien über meinem eigenen. Ich fand ihn hinreißend schön,
strich ihm verschwitzte Ponysträhnen aus der Stirn und küsste ihn, immer noch vollkommen
überwältigt.
Er nahm meine Hand und schob sie zwischen seine Schenkel. »Ich glaub, du musst mir ein
bisschen helfen», grinste er.
Das Frühstück am nächsten Morgen war ziemlich...unangenehm.
Mom schaffte es kaum, uns in die Augen zu schauen, während Paps‘ Blick Bände sprach.
‘Ich habe euch verdammt noch mal verboten, diesen Schweinkram in meinem Haus zu veranstalten und du solltest dich besser an diese Regel halten, mein Sohn. Sonst sperre ich dich ein, bis zum Sankt Nimmerleintag und deinen Freund wirst du nie nie wieder sehen.‘
»Gut geschlafen?« fragte er.
Ich wurde sofort knallrot, Keks ebenfalls. »Äh...hm-hm«, murmelte ich.
»Hoffentlich ist die Liege nicht zu unbequem«, lächelte er unheimlich.
»N-Nee, geht schon«, antwortete mein Engel scheu.
»Fein, dann lasst uns doch die Dinge vollkommen klarstellen, Jungs«, begann er ernst.
Augenblicklich hatte ich mit meinem Leben abgeschlossen.
»Ich finde, deine Mutter und ich sind bis jetzt verflucht vorbildlich mit der ganzen Situation
umgegangen, oder? Wir haben dich weder verstoßen, noch den Umgang mit Keks verboten.
Ihr seid verliebt, das ist soweit in Ordnung für uns aber, und das sage ich nur einmal, ihr habt
euch diskret zu verhalten, wenn ihr...was auch immer in deinem Zimmer macht. Und über
deinen monströsen Knutschfleck will ich mal lieber kein Wort verlieren, Krümel.»
Reflexartig griff ich an meinen Hals. »Entschuldige, Paps.«
Er nickte. »Wir haben uns verstanden.«
»Äh...Paps?« begann Leonie plötzlich, »wieso kriegt Krümel eigentlich eine Extrawurst gebraten? Ich bin zwei Jahre älter und mein Freund darf nicht bei mir übernachten? Findest
du das jetzt auch nur ansatzweise fair?»
»Allerdings«, entgegnete er. »Krümel kann uns nicht zu Großeltern machen.«
Sie griff sich an die Stirn. »Ja und ich habe das vor, oder wie? Schon mal was von Verhütung
gehört?»
»Hab ich...und jetzt?«
»Jetzt will ich die gleichen Rechte wie Krümel.«
»Ich will 100000 Euro im Lotto gewinnen und nie mehr arbeiten müssen. Schätzchen, man
bekommt leider nicht immer, was man möchte. Außerdem scheinst du zu vergessen, dass
Keks praktisch zur Familie gehört. Wir kennen ihn seit immer. Dein Freund soll sich erstmal
anständig bei deiner Mutter und mir vorstellen, bevor er mit der Tochter des Hauses ins Bett
steigt. Haben wir vielleicht Lust, morgens einen wildfremden nackten Rotzlöffel im Bad vorzufinden? Nein, haben wir nicht.»
»Selbstverständlich haben wir aber sehr große Lust, Krümel und Keks beim Vögeln zu belauschen, ja? Die waren so laut, dass ich davon Albträume bekommen habe. Ehrlich, das war wie im übelsten Pornofilm.«
»Pass auf deinen Ton auf, Leonie«, mahnte Mom.
»Genau«, pflichtete ich bei, »Keks und ich sind verliebt und es geht dich einen verdammten
Dreck an, was wir machen. Hast du vielleicht auch noch durchs Schlüsselloch gekuckt?»
Leonie machte eine Kotzgeste. »Mir wird gleich schlecht. Denkst du, dieser Schwuchtelkram
interessiert mich? Ich will meine Ruhe haben und nicht hören, wie geil mein Bruder seinen Freund macht.» Sie schüttelte sich angeekelt.
»Es reicht jetzt«, bollerte Paps.
»Hier dreht sich alles nur um Krümel und einen Typen, der eben NICHT zur Familie gehört. Vielleicht sollte ich meine lesbische Freundin anschleppen, um ein bisschen Aufmerksamkeit zu bekommen«, zischte sie und verließ wütend den Tisch.
»Die tickt doch nicht mehr richtig«, murmelte ich.
Keks war sehr still. Mit gesenktem Kopf hockte er auf seinem Stuhl und wagte kaum, sich zu rühren. Es brach mir fast das Herz, ihn so zu sehen. Und ich hasste Leonie dafür, dass sie
ihre Wut an meinem Süßen ausließ. Den Schädel wollte ich ihr abhacken.
»Ach, wie ich diese friedlichen Samstage liebe«, seufzte Paps ironisch.
»Entschuldigung«, flüsterte Keks und lief die Treppe rauf.
Ich folgte ihm und fand ihn schniefend in meinem Zimmer.
»Was ist denn?«
Er sah mich mit Tränen in den Augen an. »Das fragst du noch? Deine Schwester hasst mich.
Deine Eltern sind sauer, weil...du weißt schon...und irgendwann darf ich gar nicht mehr
herkommen. Alles geht den Bach runter seit wir zusammen sind.»
Ich setzte mich neben ihn und legte meinen Arm um seine Schulter. »Das ist doch Blödsinn.
Leonie ist nur angepisst, weil sie hier nicht mit ihrem Freund vögeln darf. Die kriegt sich schon wieder ein. Und meine Eltern...was soll's. Du weißt, dass die ziemlich locker sind. Wir müssen halt nur etwas vorsichtiger sein. Beziehungsweise etwas leiser», kicherte ich. «Das ist nicht lustig, Krümel. Ich...ich möchte das hier nicht verlieren, verstehst du? Deine Eltern sind...ich mag sie eben und will nichts tun, was sie verärgert.»
»Was soll'n das heißen?« fragte ich misstrauisch.
»Wir sollten uns an das, was sie sagen, halten.«
»Okay?«
»Ich schlafe heute nacht auf dem Klappbett.«
»Das meinst du doch nicht ernst, oder?«
Er zuckte nur die Schultern.
»Du kannst mich mal am Arsch lecken«, fauchte ich.
Er riss überrascht die Augen auf. »Was?«
»Hast mich schon verstanden. Ey, ich liebe dich, verflucht noch mal. Ich vermisse dich in jeder Sekunde und lebe nur für die Wochenenden, weil ich dich dann endlich in den Arm nehmen und spüren kann. Glaubst du vielleicht, ich halte es aus, wenn du die ganze Nacht
neben mir liegst und ich dich nicht anfassen darf? Zur Hölle mit dem scheiß verfickten
Klappbett. Entweder wir schlafen zusammen hier», ich klopfte auf die Matratze, «oder du kannst dich verpissen.»
Einen Moment starrte er mich mit offenem Mund an, dann begann er zu grinsen. »Wow...«
»Was?«
Keks rückte ein Stück näher und legte seine Hände auf meine Hüften. »Du bist so süß, Krümel.«
»Bin ich nicht«, rief ich gereizt und versuchte seine Hände wegzuschieben.
»Klar, bist du das«, lächelte er und stupste seine Nasenspitze gegen meine.
Gegen so viel Niedlichkeit war ich einfach machtlos.
Ein paar Tage später hatte meine bekloppte Schwester sich wieder eingekriegt und Keks versichert, dass sie ihn noch gern hatte. Ich hatte derweil ganz andere Probleme. Ich war eifersüchtig.
Grrr...Keks hängt schon wieder vorm Computer. Chattet mit irgendwelchen Jungs, die sich mit ihm treffen und weiß der Teufel was anstellen wollen. Aber mein Keks gehört mir ganz allein. Und ich mag ihn jetzt nicht teilen.
»Keks?«
Er blickt vom Monitor auf in Richtung Bett, wo ich mich gerade liegenderweise befinde.
Langsam strecke ich meine Hand aus. »Komm her.«
»Was'n los?«
»Ich will dich spüren.«
Eilig schaltet er den Computer aus und schlüpft zu mir unter die Decke. Sofort umschlinge
ich ihn, vergrabe meine Nase in sein Haar. Mhhh...er riecht nach Pfirsichshampoo und
Schmusedecke.
»Bist du krank?« fragt er besorgt.
»Ja...vor Sehnsucht. Immer bist du so weit weg.«
»Ähem, ich war nur in der anderen Ecke des Zimmers«, lächelt er mit geröteten Wangen.
»Ich fühl mich halt einsam, wenn ich nicht in deinen Armen bin.«
Autsch! Ist das kitschig. Leider jedoch wahr, was mich manchmal zu Tode ängstigt.
»Geht mir doch auch so, Babe«, flüstert er und küsst mich zärtlich.
Ich liebe es, einfach nur mit ihm irgendwo zu liegen und ihn festzuhalten. Mich an ihn zu
kuscheln, ihm beim atmen zuzusehen.
Ein leichtes Grummeln lässt seinen Kopf nach oben schnellen. »Sag jetzt nicht, du hast schon
wieder Hunger. Du bist echt unglaublich.»
»Entschuldigung«, murmle ich verschämt.
Lächelnd hebt er mein Shirt hoch und drückt einen schmatzenden Kuss auf meinen Bauch.
Seine Haare kitzeln meine Haut. »Ich seh mal nach, was noch da ist.«
»Kathrin hat mich zu ihrem Geburtstag eingeladen«, lächelte Keks als er Freitagabend mein Zimmer betrat.
»Ja und ich weiß auch schon ganz genau, was für ein Geschenk sie gerne hätte«, grummelte ich.
»Echt? Was'n?«
»Dich. Nackt auf einem Silbertablett mit einer großen roten Schleife.«
»Sowas mache ich nur für dich«, kicherte er und gab mir einen Kuss auf die Wange. »Ich dachte, wir kaufen irgendwas zusammen.«
»Wozu? Ich bin nicht mal eingeladen«, erklärte ich pissig und verschränkte die Arme vor der Brust.
Keks sah mich verwirrt an. »Hä? Wie jetzt?«
»Ich möchte annehmen, dass du der einzige Gast sein wirst. Ist dir überhaupt nicht aufgefallen, dass die total auf dich steht?«
»Doch aber das interessiert mich nicht.«
»Dann sag ihr das gefälligst. Ich hab keinen Bock drauf, dass mein Freund sich andauernd so
begrapschen lässt.»
»Bist du irgendwie eifersüchtig?« fragte er überrascht. »Ach du Scheiße.«
»Ich hab dich jedenfalls schon geliebt als du noch mit offenen Schnürsenkeln und Brille durch die Gegend gestolpert bist und dich alle für einen Trottel gehalten haben.«
»Wovon zum Teufel redest du?«
»Ich will nicht, dass du dich mit ihr triffst.«
Keks zuckte die Schultern. »Okay.«
»Und ich will nicht, dass du ihr weiterhin Hoffnungen machst.«
»Mache ich doch gar nicht.«
»Ach nein? Und warum hat sie dich dann eingeladen?«
»Weiß nicht. Is mir auch egal.«
»Wenn du ständig mit ihr kicherst und flirtest ist es kein Wunder, dass sie denkt, du willst was von ihr.«
»Na gut. Was soll ich tun? Ihr sagen, dass sie mich leider nicht haben kann, weil ich bereits dir gehöre?«
Das war exakt das, was ich wollte. ALLE sollten wissen, dass Keks in mich verliebt war.
Besonders die Mädchen. Wenn die ihn so anschmachteten kam er vielleicht doch mal auf die dumme Idee, eins von denen zu küssen. Und ich hatte keine Lust darauf, ihn feststellen zu lassen, dass es ihm vielleicht gefiel. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich ja noch nicht, dass ich auch auf hübsche Jungs aufpassen musste.
»Findest du Kathrin süß?« fragte ich.
»Klar.«
Na toll! Ich zog eine Grimasse.
»Hey, ich finde auch Katzenbabys süß«, erklärte er. »Das heißt doch rein gar nichts. Und überhaupt...hinter dir sind alle möglichen Weiber her. Da könnte ich genauso eifersüchtig sein.«
»Hast...hast du nie mal dran gedacht, wen anders zu küssen?« fragte ich vorsichtig.
»Nö, ich bin mit deiner Technik sehr zufrieden. Was ist mir dir?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Fein«, lächelte er, »schön, dass wir das geklärt haben. Darf ich jetzt zu Kathrin gehen oder
soll ich lieber nicht?»
»Möchtest du denn?«
»Nicht, wenn es dich stört. Komm doch einfach mit.«
»Ohne eingeladen zu sein? Nee, danke.« Allerdings hätte ich die Kuh dann wenigstens unter Kontrolle gehabt.
Der Samstagabend war der längste meines Lebens. Alle paar Sekunden starrte ich auf die Uhr, kaute an meinen Nägeln und überlegte, ob Kathrin bereits dabei war, meinen armen Engel zu verführen. Ich versuchte mich mit Lesen abzulenken aber nach einer halben Seite begannen
die Buchstaben vor meinen Augen zu verschwimmen. Also hörte ich Musik aber die langweilte mich nach drei Minuten. Also legte ich mich einfach nur aufs Bett und starrte abwechselnd an die Decke und auf die Uhr.
Um kurz nach eins kam Keks dann endlich. Er roch nach Bier und billigem Weiberparfüm.
»Hey«, begrüßte er mich fröhlich und wollte mich küssen, doch ich schob ihn angeekelt weg.
»Und wie war's?«
»Okay. Es war übrigens keine Zwei-Leute-Party«, erklärte er während er sich langsam auszog.
Ich versuchte, ihn nicht schön zu finden, was kaum klappte.
»Und ich hab Kathrin nicht geküsst, obwohl sie es wollte.«
Die Schnepfe war so gut wie tot!
»Als sie mir immer weiter auf die Pelle rückte, hab ich ihr von Svenja erzählt. Die Tochter von Papas Geschäftspartner...nur für den Fall, dass Kathrin dich fragen sollte. Svenja und ich sind seit einem halben Jahr zusammen.«
»Wie schön für euch«, antwortete ich grimmig. Wieso konnte er ihr nicht sagen, dass er mit mir zusammen war?
»Ich hätte ihr auch lieber die Wahrheit gesagt aber wer weiß, was dann los ist. Und ich hab echt keine Lust, dass es meine Eltern erfahren. Die reagieren sicher nicht so verständnisvoll
wie deine.»
»Deine Eltern sind blöde Arschgeigen«, zischte ich.
Keks hüpfte zu mir ins Bett. »Allerdings«, kicherte er und knabberte ein bisschen an meinem
Ohrläppchen. »Da fällt mir ein...hast du mal Kathrins Bruder gesehen? Wow, das ist ein Schnuckel.«
»Wie bitte?«
»Hm?« machte er schmatzend.
Ich rückte weg von ihm. »Was meinst‘n du mit Schnuckel? Seit wann bezeichnest du irgendwelche Typen als Schnuckel? Und wieso fällt dir auf, dass Jungs schnucklig sind?«
»Soll ich die Fragen der Reihe nach beantworten?«
»Ich meine das ernst, Keks.«
»Okay«, seufzte er, »ich laufe nicht blind durch die Gegend, also sehe ich manchmal Jungs und befinde die für hübsch, schnucklig oder was auch immer. Kathrins Bruder ist halt süß und...«
»So wie Katzenbabys?« unterbrach ich ihn ärgerlich.
»Ähem...nee, nicht ganz. Mehr so wie...«
»Du hast mich süß zu finden, Arschloch.«
Keks kuschelte sich an meine Schulter. »Du...du bist süßer als süß. Obersüß, sozusagen.«
»Phhhh...«
»Ach komm schon, Krümel, kuckst du dir etwa nie andere Jungs an?«
»Nein.« Hatte ich bis jetzt wirklich nicht. Für mich gab's nämlich nur Keks.
»Solltest du aber mal«, entgegnete er.
»Wozu?«
»Damit du's mir sagen kannst und ich auch ein bisschen eifersüchtig werde«, grinste er.
»Ich finde sowas doof«, antwortete ich.
»Nee, das ist toll. Dann streiten wir uns zwei Minuten und können uns anschließend wieder versöhnen...stundenlang.«
»Du hast doch einen Knall.«
»Liebst du mich trotzdem?« fragte er und zog eine Schmollschnute.
Das war so niedlich, ich musste ihn umarmen. »Nicht trotzdem, sondern deswegen«, flüsterte ich und küsste ihn.
Keks hatte mich echt nachdenklich gemacht. Wenn er Jungs schnucklig fand, Mädchen aber lediglich süß wie Katzen, dann war er schwul, richtig? Aber...was, um alles in der Welt, war ich? So absolut und vollkommen auf ihn fixiert, dass ich was anderes überhaupt nicht wahrnahm. Ich fand es wirklich bemerkenswert, dass er offensichtlich sehr genau Bescheid wusste, während ich erstmal überlegte, wen oder was ich denn nun lieber küssen wollte. Mit anderen Worten...liebte ich Keks, gerade weil er ein Junge war? Oder spielte das gar keine Rolle? Hätte ich mich auch in ihn verliebt, wenn er ein Mädchen gewesen wäre?
Wahrscheinlich, oder?
Wieder einmal war ich verstört und fragte mich, warum man überhaupt immer so viel nachdenken musste. Und, dass Keks sich offensichtlich auch für andere Menschen interessierte, steigerte mein Wohlbefinden kaum.
»Hätte ich dir das lieber nicht sagen sollen?« fragte Keks, als ich ihn auf dieses Thema ansprach.
»Dir sollten andere Jungs gar nicht erst auffallen.«
»Krümel, ich dachte, das hätten wir geklärt«, seufzte er und schmiegte sich ein wenig an mich.
»Was geht denn bloß manchmal in deinem hübschen Kopf vor, mh?«
»Woher zum Teufel soll ich das wissen?« fauchte ich. »Wenn dir klar ist, dass du auf Jungs stehst, ist das ja schön für dich. Ich bin mir halt nicht so sicher.«
»Aber du liebst mich doch und...vertrau mir...ich bin auf jeden Fall ein Junge. Du machst dir
doch nicht wirklich Gedanken über schwul oder nicht...ich meine, das ist doch total unwichtig.»
»Ach ja?«
»Allerdings«, nickte er, »solltest du dich wegen eines Mädchens von mir trennen, bringe ich dich um. Und sollte es wegen ‘nem Typen sein, bringe ich dich genauso um.«
»Vielen Dank, du hilfst mir echt weiter.«
»Was erwartest du denn? Dass ich sage, probier aus, was immer du willst? Geh und knutsch
eine Tussi, damit du rausbekommst, ob dir das besser gefällt? Vergiss es! Dein Mund gehört mir. Wie auch alles andere.»
»Aber das ist es doch gerade. Ich will niemanden außer dir küssen.«
»Krümel«, schnaufte er und rieb sich angestrengt die Stirn, »wo zur Hölle ist dann dein verdammtes Problem?«
»Wenn ich das wüsste, wäre ich bestimmt nicht so verwirrt, Blödmann«, zischte ich ärgerlich.
»Du bist nicht verwirrt, sondern bescheuert. Und jetzt hör bloß auf, mit mir zu reden, sonst
werde ich noch genauso irre.»
»Arschloch.«
»Sag das noch mal.«
Ich schaute ihn mit funkelnden Augen an. »Arsch...loch!«
Blitzschnell wirbelte er mich herum und drückte meine Handgelenke auf die Matratze.
»Du tust mir weh«, wimmerte ich ängstlich.
Seine langen Ponysträhnen kitzelten mein Gesicht als er sich zu mir herunter beugte. »Das ist doch gelogen, oder?« flüsterte er.
»Na klar«, grinste ich und leckte ihm kurz über die Lippen.
Wir ersparten uns die geplante Balgerei und gingen sofort zum Knutschen über.
»Sag mal bist du bald soweit? Sonst können wir's gleich lassen«, ruft Keks reichlich verärgert.
Ich stehe im Bad und kriege meinen üblichen Anfall. Weil ich nämlich aussehe wie Kotze.
Ehrlich, meine schwarzen Haare stehen nach allen Richtungen...leider nicht so, dass es geil
ist sondern einfach nur beknackt. Genervt, verzweifelt wusel ich mit den Fingern durch, was
alles noch viel viel schlimmer macht. Toll, da will man einmal ausgehen und dann sowas.
»Was brauchst du denn so lange?« Keks streckt seinen Kopf zur Tür herein, kuckt mich an
und kichert blöde.
In diesem Augenblick wünsche ich ihm ganz fies seine dicken Brillengläser und die Kackfrisur zurück. Der macht ein bisschen wuseln hier, ein wenig glatt streichen da und schon ist er eine gottverdammte Schönheit.
»Ich bleib zuhause«, bestimme ich schmollend und schleudere die Bürste quer durch den Raum.
»Komm her, Baby«, säuselt er. Fährt mit seinen magischen Fingern durch meine Zotteln
und nach einigen Minuten hab ich eine 1a-Schnuckel-Trendfrisur. Seine Hände wandern
über meinen Bauch, schieben mein Shirt ein Stück nach oben. »Mhh...vielleicht hast du recht
und wir sollten zuhause bleiben?»
»Nix da.«
»Mal ehrlich, was glaubst du, wie lange wir es heute aushalten?« fragt er grinsend.
Wir hatten uns Samstagabends entschlossen, zu Sascha zu gehen. Der veranstaltete
andauernd Parties, auf denen wir selten erschienen, weil wir ja lieber kuschelten. Das hatten wir allerdings schon Freitagnacht ausgiebig getan und nun war uns eben nach ausgehen.
Und zwar als Paar. Nicht, dass wir geplant hatten, vor versammelter Mannschaft eine entsprechende Ankündigung zu machen aber wir wollten die Wahrheit sagen, wenn uns jemand fragte. Mir war alles andere als wohl dabei, doch zum einen hatte ich keinen Bock mehr drauf, dass Keks mich vor irgendwelchen Mädchen verleugnete, und zum anderen wollten wir auch außerhalb meines Zimmers verliebt sein.
»Ach du Kacke!« Sanne schlug sich entsetzt die Hand vor den Mund, als sie uns sah und
betastete uns ungläubig. »Seid ihr das wirklich? Wow...nicht zu fassen. Hey, hey, Leute... unser Traumpaar gibt sich die Ehre«, rief sie kichernd.
Keks nickte nur und griff nach meiner Hand. Ich hatte ein bisschen Magengrummeln, weil ich
Angst bekam...wegen der Internetgeschichten und der verprügelten Jungs, die noch immer durch mein Hirn schlichen.
Wir nahmen uns was zu trinken, unterhielten und mit einigen Leuten, als plötzlich Kathrin
kam.
»Du...ich muss mit dir reden.«
Keks ließ meine Hand los. »Okay.«
»Allein.«
Er schüttelte den Kopf.
»Auch egal«, zischte sie und warf mir einen Finsterblick zu. »Ich hab nachgedacht...und
irgendwie, also, ich glaub einfach nicht, dass du tatsächlich eine Freundin hast. Ich meine,
du hast zwar gesagt, du hättest eine aber...warum hast du sie nicht schon früher erwähnt und
warum ist sie jetzt zum Beispiel nicht hier? Du scheinst ja nie mit ihr zusammen irgendwohin zu gehen und...»
»Ich hab dich angelogen«, unterbrach Keks ihren Redeschwall, »tut mir leid.«
»Und weiter?« fragte sie zickig. »Wenn du nicht auf mich stehst, kannst du mir das sagen.
Ich werd's schon überleben. Eine Freundin hättest du deswegen nicht erfinden müssen.»
»Ich war etwas überrumpelt...mir ist auf die Schnelle nix besseres eingefallen. Dass ich in jemand anders verliebt bin war die Wahrheit.«
»Hä?«
Ich schwitzte leicht, während Keks mir einen Arm um die Schulter legte.
»Also...wer ist es?« drängelte Kathrin.
»Steht vor dir«, entgegnete Keks freundlich.
»Verarschen kann ich mich selber. Wieso machst du so ein scheiß Geheimnis draus? Ist die
Tussi hässlich, oder was?»
»Hey«, mischte ich mich ein, »ich bin nicht hässlich. Und eine Tussi schon mal gar nicht.«
»Okay«, lächelte sie geduldig, »ihr hattet euren Spaß. War lustig, zugegeben. Aber jetzt will ich es wissen.«
Keks schüttelte den Kopf und küsste mich...mit Zunge!! Scheiße, SO demonstrativ sollte es
doch gar nicht ablaufen.
»Oh mein Gott...oh mein Gott, hört auf damit«, japste Kathrin und rüttelte an Keks‘ Schulter.
Mit einem lauten Schmatzer lösten sich seine Lippen von meinen. Ich grinste dümmlich (das
passiert immer, wenn er mich küsst!).
»Das ist ja geradezu ekelhaft...ihr meint das wirklich ernst, oder? Wie lange geht'n das schon?«
»Seit ich denken kann«, lächelte Keks und strubbelte durch meine Haare.
»Hätte mir eigentlich klar sein müssen, so wie ihr dauernd aneinander klebt. Habt ihr...«
»Habt ihr euch etwa gerade geküsst?« schnaufte Sascha, der plötzlich aufgetaucht war.
»Allerdings«, antwortete Kathrin für uns. »Ich konnte ihre Zungen sehen.«
»Yessss!« Sascha streckte eine Faust in die Luft. »Ich hab gewonnen...oh, ich danke euch«,
brüllte er und hüpfte durch die Gegend.
Ich begriff überhaupt nichts mehr. Keks kuckte mich auch etwas belämmert an.
»Daniel und ich haben eine Wette laufen«, erklärte Sascha kichernd, »ich hab gesagt, ihr seid es aber Daniel meint nein. Ich...ey, DANIEL...ich krieg ‘nen Kasten Bier, du Sack!«
»Shit«, brüllte Daniel, worauf allgemeines Gelächter entstand.
»Mehr sind wir euch also nicht wert, mh?« schmollte Keks.
Ich konnte die Situation nur bedingt lustig finden. Naja, immerhin wollte man uns nicht verhauen.
»Hast du den Kuss gesehen?« fragte Daniel argwöhnisch blinzelnd.
»Nee aber Kathrin.«
»Das zählt nicht«, maulte er.
»Baby, du hast verloren...sieh's ein«, feixte Sascha. »Außerdem brauche ich nur mit dem Finger schnippen und die küssen sich noch mal«, erklärte er tuckig.
»Die haben das die ganze Zeit gewusst«, flüsterte ich Keks ins Ohr. »Die...die haben gewettet. Und jetzt sind wir eine Attraktion wie scheiß Aliens.«
»Wie lange läuft eure Wette denn schon?« wollte Keks wissen.
Die zwei blickten sich an. »Ein halbes Jahr«, meinte Sascha.
»Nee, sechs Monate«, prustete Daniel.
»Na, okay, dann ist's ja endlich offiziell«, lächelte Keks und knutschte mich in Grund und Boden.
Das war's also. Keks und ich waren verliebt und niemand hatte ein Problem damit. Alles
total easy...ich konnte es kaum glauben. Ein paar Leute waren überrascht und starrten uns
komisch an. Nicht feindselig, sondern...erstaunt eben, amüsiert. Und nach und nach war es
nichts Besonderes mehr.
Kathrin war ein wenig angepisst. »Ich begreife nicht, warum du diesen Grottenolm knutschst,
wenn du MICH haben kannst», seufzte sie und strich sich Vamp-mäßig durch die Haare.
»Sorry«, antwortete Keks, »in meinem nächsten Leben bin ich nur für dich da.«
»Das will ich schriftlich haben, sonst kommt Krümel mir wieder in die Quere.«
»Dann lies aber vorher das Kleingedruckte. Keks muss nämlich sein gesamtes nächstes Leben so aussehen wie in der Grundschule«, erklärte ich, »mit Brille, blödem Trottelhaarschnitt und Mädchenklamotten. Sowas Uncooles willst du sicher nicht haben.«
Kathrin zuckte die Schultern. »Wolltest du doch auch. Und außerdem...so lange er im Bett
die Brille abnimmt und die Mädchenklamotten auszieht...»
»Hast du eine Ahnung«, giggelte Keks, »die muss ich für Krümel immer erst anziehen, damit
es im Bett...»
»Okay, bitte nicht noch mehr schmutzige Details aus eurem Liebesleben. Es ist schon schwer genug, dass ich bei dir keine Chance habe«, unterbrach sie ihn.
»Entschuldige«, entgegnete er zerknirscht.
»Wie schon gesagt, ich werde es überstehen.«
»Wer hat einen stehen?« Sascha ließ sich zwischen uns auf die Couch fallen und grinste breit.
»Großer Gott«, stöhnte Kathrin, »ich brauche dringend ganz viel Alkohol.« Und damit verzog sie sich.
»Also bei der habt ihr keinen Bein mehr im...Stein mehr im Bett, äh, Brett«, haspelte er fröhlich lallend. Offensichtlich hatte er Kathrin, was den vielen Alkohol betraf, eine Menge voraus. Eine ganze Menge, denn sein Kopf sank langsam auf meine Schulter und seine Lider
hingen auf halb acht.
»Äh...«, hüstelte ich verlegen, wollte ihn wegschieben, doch da kuschelte er sich erst richtig an mich.
»Is okay«, seufzte er, »ich hab keine Berührungsängste, nur weil ihr schwul seid. Du machst
mich echt sowas von überhaupt nicht an, Krümel. Ich bin scharf auf Titten. Weißt du...so
kleine, niedliche...die man mit einer Hand anfassen kann.» Seine Finger strichen über mein
Shirt, als würde er grad bei mir sowas vermuten.
Ich warf Keks einen hilfesuchenden Blick zu aber er zuckte nur die Schultern und kicherte sich dumm und dämlich.
»Mhhh...du weißt überhaupt nicht, was dir entgeht...aber is echt okay, dass du Schwänze lieber hast.«
Ich konnte nur hoffen, dass er den nicht auch noch bei mir zu suchen gedachte.
»Wie bist du eigentlich drauf gekommen, dass Krümel und ich zusammen sind?« fragte Keks.
Sascha kicherte. »Mann, ihr seid soooo offensichtlich. Nicht, dass ihr euch wie Tucken benehmt aber ihr kuckt euch immer total verliebt an. Ihr hängt andauernd zusammen und kommt nie zu meinen Parties.« Sein Finger stupste mir mehrmals vorwurfsvoll in den Bauch.
»Da hab ich überlegt, dass ihr wohl was Besseres zu tun habt. Und...was ist besser als eine Party bei mir?«
Ich zuckte die Schultern.
»Ficken.« Sascha kuschelte sein Gesicht an meinen Hals. »Mhhh...du riechst total gut.«
Heimatland! Was denn bitte noch alles? Keks dachte übrigens noch immer nicht dran, mir zu helfen, sondern bekam einen Lachanfall. Ich schlug ihm gedanklich den Schädel ein.
Eine Weile schlummerte Sascha quasi auf mir vor sich hin, bis ich ihn vorsichtig rüttelte.
»Hey, Keks und ich wollen nach Hause.«
Träge rappelte er sich auf, um gleich wieder umzukippen. Glücklicherweise war ich schon aufgestanden. »Mhhhh...vergesst die Gurken nicht...im Sonderangebot...«, brabbelte er.
»Gurken, Sascha?« flüsterte Keks und versuchte, nicht zu lachen.
»Gurken...«, wiederholte er, »im Glas...nacht, ihr beiden...« Er kuschelte sich ins Polster und schnarchte leise.
»Und«, begann Keks als wir zusammen im Bett lagen, »war's denn schön, mit Sascha zu schmusen?«
»Super.«
»Du hättest dein Gesicht sehen sollen, als er von den kleinen handlichen Titten anfing... haha...«, kicherte er, »oder als er dir sagte, dass du gut riechst.«
»Sehr lustig«, grummelte ich und zog ihm ein bisschen die Decke weg.
»Aber insgesamt war der Abend doch toll, oder? Stell dir mal vor, wir können uns jetzt auf
jeder Party küssen und befummeln...wenn Sascha dich mal aus seinen Armen lässt.»
»Jetzt hör schon auf damit.«
»Wieso? Ich fand euch echt niedlich.«
»Keks?«
»Hm?«
»Halt die Klappe und küss mich.«
»Okay«, lächelte er.
Obwohl jetzt so ziemlich alle unsere Freunde Bescheid wussten, ließen wir uns trotzdem nicht dazu hinreißen, in der Schule wer weiß wie auf verliebt zu machen. Wir hielten Händchen
und ab und zu gab's mal einen harmlosen Kuss. Die, aus den anderen Klassen, kuckten dann zwar dämlich aber dabei blieb es auch schon. Einzig Daniel machte Kotzgesten, weil er noch sauer wegen der verlorenen Wette war. Naja und Kathrin versuchte weiterhin, Keks zu beflirten. Ich konnte ihr das nicht übel nehmen, denn Keks war ja nunmal der süßeste Junge der Schule...der ganzen Welt. Aber er gehörte mir, also ging ich dazwischen, wenn es zu viel wurde.
»Wie hältst du es bloß mit diesem eifersüchtigen kleinen Giftzwerg aus?« fragte sie.
»Jahrelanges Training«, lachte Keks nur und schob seine Hand in meine.
»Ich finde es irgendwie ekelhaft, mit zwei so glücklich Verliebten konfrontiert zu werden«,
schüttelte sie den Kopf. »Und überhaupt...wenn gleichgeschlechtliche Liebe zur Zeit so hip
ist...wie wär's denn, Sanne?»
Sanne schaute angestrengt auf ihre imaginäre Armbanduhr. »Au je...ich muss dringend weg,
sorry.»
»Na toll. Sterbe ich halt als sexuell frustrierte, verbitterte alkoholabhängige Pillenschnepfe«,
seufzte sie.
»Ich schick ‘nen Kranz zur Beerdigung und trinke einen Jägermeister auf dein Wohl«, kicherte Sascha, der sich mit Daniel zu uns gesellte.
»Oh wie schön, Lolek und Bolek sind wieder da. Wann wollt ihr denn der Nation mitteilen,
dass ihr einander versprochen seid?» schnaufte Kathrin.
»Wenn du aufhörst, dich in Schwuppen zu verknallen.«
»Ihr seid doch Arschgeigen«, säuselte sie und ging.
»Du«, begann Sascha und deutete auf Keks, »bist Schuld am Elend dieser Frau.«
»Und deine hässliche Visage ist schuld dran, dass sie von dir nichts will«, erwiderte Keks.
»Haha.«
»Und...sieht man euch am Wochenende jetzt mal öfter, wo ihr euch doch geoutet habt?« fragte
Daniel.
»Schon möglich«, antwortete ich schulterzuckend.
»Aber nicht, dass ihr dann die ganze Zeit nur rummacht.«
Okay, es war toll, dass wir uns nicht mehr verstecken mussten aber irgendwie...ich fühlte mich komisch. Sascha und die anderen meinten es sicher nicht böse, trotzdem gingen mir
die Homoscherze allmählich sehr auf den Geist. Ich meine, wir waren echt nur noch schwul. Ich kam mir total belauert vor. So, als warteten alle nur drauf, dass ich Keks vor den Augen der ganzen Schule durchvögelte.
Wenn wir uns mit den anderen trafen, maulte Kathrin, alle hübschen Typen seien plötzlich schwul und Daniel und Sascha machten auf verliebtes Pärchen. Jeder noch so harmlose Kuss,
jede kleine Berührung wurde mit kichern und pfeifen und manchmal sogar Beifall kommentiert. Ich traute mich schon fast nicht mehr, Keks‘ Hand zu halten. Er hatte damit deutlich weniger Probleme. »Hey, die wollen uns doch nur zeigen, dass es okay ist«, sagte er. »Lass ihnen ein paar Wochen, um sich dran zu gewöhnen, dann werden die nicht mal mehr mit der Wimper zucken, wenn wir uns küssen.«
Vermutlich hatte Keks recht.
Keks tanzt seit exakt sechzehn Minuten dermaßen aufreizend vor meiner Nase rum, dass ich ihn am liebsten kaputthauen möchte. Der macht das alles extra. Grapscht an sich rum, dass
sämtliche Kleidungsstücke wer weiß wohin rutschen; lässt seine Hüften kreisen, wirft den
Kopf in den Nacken...ich bin das eigentlich gewohnt von ihm aber, mann, grad heute. Wir
wollten heut echt nur ausgehen und Spaß haben. Ich versuche, ihn nicht so schrecklich anzustarren...klappt nicht. Scheiße, ich bin schon wieder so scharf auf ihn, dass ich sofort
nach Hause will. Ins Bett. Mit ihm. So läuft es leider ziemlich oft. Kaum sind wir irgendwo, bekomme ich diesen grässlichen Fickreiz. Oder er. Als hätten wir monatelang keinen Sex gehabt. Manchmal macht es mir fast ein bisschen Angst, wie besessen wir voneinander sind.
Als das Lied endlich zuende ist, kommt er herüber geschwebt. Mhhh...er ist ganz warm und
ein wenig verschwitzt. Mir ist nach vögeln und nie wieder aufhören.
»Hey, willst du auch was trinken?« fragt er, wobei seine Lippen mein Ohr streifen.
Benommen schüttel ich den Kopf.
»Tanzen?«
»Nein«, sage ich gedehnt. »Können wir bitte nach Hause gehen?«
Keks sieht mich irritiert an. »Aber wir sind doch gerade erst gekommen.«
Noch nicht aber...es dauert sicher nicht mehr allzu lange!
Ich ziehe ihn ein bisschen an mich und lasse meine Hände unter sein Shirt wandern. »Ich will
dich poppen.»
»Jetzt sofort?« grinst er, worauf ich nur nicke. Er streicht mir sanft über die Wange. »Au
weia...ist es so dringend, mh?»
»Lass uns irgendwohin gehen...auf's Klo...is mir egal. Ich leg dich sonst vor den ganzen Leuten flach.«
»Mhhh...das ist so süß, wenn du geil bist, Krümel«, säuselt er. »Okay, verschwinden wir.«
»Ich finde, wir sollten endlich miteinander schlafen«, erklärte Keks beiläufig und blätterte
in irgendeiner Zeitschrift.
»Was?« fragte ich blöde. Und hustend. Ich hatte mich nämlich soeben vor lauter Schreck an
meinem Keks (äh...also an meinem Schokocookie) verschluckt.
Er warf die Zeitung auf den Boden und mir einen düsteren Blick zu. »Babe, es macht überhaupt keinen Spaß mit dir. Du bist viel zu leicht aus der Fassung zu bringen.«
»Na warte«, rief ich, stürzte mich auf ihn und knuffte ihn überall, wo ich ihn erwischen konnte.
»Mhhh...Sexraufen«, schnurrte Keks.
Ich fand ihn echt unglaublich.
»Komm schon, lass uns ins Bett gehen«, flüsterte er.
»Hast du vielleicht auch noch was anderes im Kopf?«
Er schien kurz zu überlegen. »Nein. Du?«
Irgendwie war mir das etwas unheimlich. Ich liebte Keks aber...puh...Sex, so richtig mit
allem Drum und Dran und reinstecken oder reingesteckt bekommen. Au weia!
Wir knutschten also erstmal tausend Stunden auf meinem Bett, entledigten uns überflüssiger
Kleidungsstücke und...hatten wohl beide nicht die größte Ahnung, was danach kommen sollte.
»Vielleicht...vielleicht sollten wir noch warten?« schlug ich vor.
»Worauf? Jetzt oder nie.«
»Mann, wieso hast'n du es plötzlich so eilig?« maulte ich.
»Weiß nicht. Ich liebe dich und du machst mich verrückt.«
»Ja aber...sowas muss doch irgendwie spontan passieren.«
Er grinste. »Ich hab dich gerade eben gefragt. Wie spontan brauchst du's denn noch?«
»Ich meine nur, dass es sich einfach ergeben sollte.«
»Und das kann es jetzt nicht?«
»Nein, weil du vorher schon darüber geredet hast und ich nicht in der richtigen Stimmung
bin», erklärte ich. «Und außerdem bringen meine Eltern uns um.»
»Okay...gute Nacht.« Er warf sich auf die Seite und schwieg.
»Bist du sauer?«
»Nö, müde.«
»Also doch sauer.«
»Halt die Klappe, Krümel.«
»Nee, warte mal...ich raff's grad nicht. Du bist sauer, weil ich nicht vögeln will. Was ist das
für eine Scheiße?»
»Du kapierst echt nichts«, zischte Keks. Sekunden später fing er an zu schluchzen.
Au je!! Ich strich ihm sanft über die Schulter. »Hey, was ist denn?«
Er drehte sich zu mir um. »Vielleicht haben wir nicht mehr genug Zeit, um uns romantisch auf unser Erstes Mal vorzubereiten«, erklärte er grimmig.
»Was soll'n das heißen?«
»Dass du mich wahrscheinlich bald los bist.«
»Willst du Schluss machen?« fragte ich blödsinnig.
»Meine Eltern hatten die grandiose Idee, mich auf ein Internat zu schicken.«
Kaum hatte er das gesagt bekam ich fiese Kopfschmerzen und einen Brechreiz. »Was für ein Internat? Wieso denn? Wohin denn?«
»So ein Laden, wo aus versnobten Wunderkindern Konzertpianisten und was weiß ich was gemacht werden. Nur weil ich Bock auf Klavierspielen habe, meinen die Idioten, dass mein
Talent unbedingt gefördert werden müsse...eben in jenem elitären Scheißinstitut am verfickten Arsch der Welt.»
»Das ist doch ein Witz, oder?«
»Ich lach mich tot.«
»Die können dich doch nicht einfach wegschicken«, heulte ich.
»Es gibt noch einen anderen Grund.« Er setzte sich auf, zog die Beine an und umschlang sie mit seinen Armen. »Als sie mir von dem Internat erzählten, war ich so sauer, dass ich angefangen habe zu brüllen und Sachen rumzuwerfen. Dabei ist der Glastisch kaputt gegangen.«
»Kommt jetzt wieder eine ADS-Geschichte?«
»Nee, nicht direkt. Ich hab denen nur sehr laut mitgeteilt, dass ich mich nicht von dir trennen werde...weil du mein Freund bist und ich dich liebe. Damit hab ich mir allerdings mein eigenes Grab geschaufelt. Die sind jetzt mehr denn je der Meinung, dass ich unbedingt weg muss. Dass es schließlich ihre Pflicht sei, mich von dir fernzuhalten. Denn...einen Sohn zu haben, der Jungs knutscht, das passt so gar nicht in ihr tolles Leben. Wenn das die Leute mitkriegen...au weia.«
Ich hatte Schwierigkeiten, das alles zu begreifen. Keks...weit weg von mir?! »Was...wie haben deine Eltern denn reagiert, als du ihnen das mit uns gesagt hast?«
»Je eher du aus seiner Reichweite bist, desto besser. Wir haben diese Freundschaft nie gebilligt und hatten recht damit. Dieser unmögliche Junge bringt dich nur auf schlimme Ideen...das waren die Worte meiner Mutter. Meinem Vater hat es die Sprache verschlagen. Aber ziemlich blass ist er geworden.«
»Oh mein Gott«, rief ich entsetzt, »die denken, dass ich...die...die halten mich für eine Art Monster, oder?«
»Ein Schwuchtelmonster, jawohl«, nickte er.
»Das ist nicht lustig. Wieso haben die dich überhaupt noch zu mir gelassen?«
»Glaubst du, ich hätte denen Beschied gesagt? Ich hab gewartet, bis es ruhig war und bin aus'm Fenster. Und jetzt hab ich echt keine Lust mehr über die Vollidioten zu reden«, flüsterte er und begann, meinen Nacken zu küssen.
»Aber...das ist eine ernste Sache, Keks. Wenn du da wirklich hin musst...was wird denn dann aus...aus uns?«
»Du gibst mir keine Chance, das für eine Weile zu verdrängen, nein?« seufzte er. »Was soll
sich schon ändern? Wir sehen uns am Wochenende und in den Ferien...so wie jetzt auch. Bin
halt nur nicht mehr auf deiner Schule.»
»Ich gehe kaputt. Wir sehen uns doch eh schon kaum und...und wenn das Internat so weit weg ist...du kannst doch nicht jedes Wochenende hundert Stunden hierher fahren. Vielleicht lassen die dich da auch gar nicht weg.«
»Krümel, das ist kein Knast. Und außerdem...ich würd auch tausend Stunden fahren, um dich drei Minuten in den Arm nehmen zu können. Und außer-außerdem haben die Idioten mich bis jetzt noch nicht angemeldet. Möglicherweise kann ich die irgendwie bequatschen.«
»Deine Eltern? Die sehen sich bestimmt schon in einem Konzertsaal sitzen und alle
beglückwünschen sie zu ihrem berühmten Pianistensohn. Sicher haben die dir auch schon das passende Mädchen ausgesucht, das später mal deine Frau werden soll.»
»Soll ich mir ein oder zwei Finger abhacken? Dann hätte sich jedenfalls schon mal das Klavier erledigt.«
»Nee«, lächelte ich traurig und nahm seine Hände. »Ich brauche deine Finger...und zwar alle.«
»Wofür denn?«
Zärtlich küsste ich jede Fingerspitze.
»Ich liebe dich, Krümel.«
»Ich lieb dich auch, Keks«, antwortete ich.
Sex gab's in dieser Nacht nicht. Dafür aber sehr viel küssen und kuscheln.
Ungefähr zwei Wochen später hatten Keks‘ Eltern beschlossen, gar nicht erst bis nach den
Ferien zu warten. Er sollte so schnell wie möglich aufs Internat und dort wieder zu Verstand
kommen. Wenn er nicht mehr in meiner Nähe war, konnte ich ihn schließlich auch nicht zu
irgendwelchen homoerotischen Sachen verführen. Ich bat meine Eltern, mit seinen Eltern
über eine mögliche Adoption zu sprechen aber Paps tippte sich lediglich an die Stirn und
erklärte, dass ich die Trennung wohl überleben würde. Ich war mir da nicht so sicher. Keks
selber schien sich mit seinem Schicksal relativ gut abgefunden zu haben. Wenn ich ihm heulend gestand, es ohne ihn nicht aushalten zu können, zuckte er nur die Schultern, nahm
mich in den Arm und sagte, dass sich nichts ändern würde. Die Tatsache, dass er ungefähr hunderttausend Kilometer von mir entfernt war, hatte er anscheinend übersehen.
Dass Keks‘ Eltern der Meinung waren, ich sei Schuld an den abartigen Neigungen ihres Sohnes, machte mir ebenfalls sehr zu schaffen. Natürlich glaubte ich den haarsträubenden
Irrsinn nicht eine Sekunde aber es war mir doch unangenehm, dass sie es taten. Dass sie
meine Beziehung zu Keks als etwas Schlimmes, Verdorbenes hinstellten. Gerade diese beiden Menschen, die sich doch wirklich niemals Gedanken über ihren Sohn gemacht hatten, außer
wenn sie vor ihren wichtigen Freunden mit ihm prahlen konnten. DAS fand ICH abartig.
Auch darauf reagierte Keks wie immer. Er sagte, es sei ihm scheißegal, was die Idioten dachten und glaubten und meinten. Er provozierte seine Eltern bis aufs Blut, indem er ihnen
ins Gesicht brüllte, wie geil er es fand, mir einen zu blasen. Keks kannte da echt überhaupt keine Hemmungen.
Es gab Anrufe. Von seinen Eltern. Paps erzählte mir nie, was er sich alles anhören musste aber er war jedesmal total auf hundertachtzig und brüllte, solche Leute seien Schuld an der Notwendigkeit von Jugendpsychiatrien und man könne Keks nur gratulieren, dass er sich so normal entwickelt hatte, die hätten sicher nicht dazu beigetragen. Und genau das hatte er auch Keks‘ Mutter am Telefon mitgeteilt. Sie war nicht sehr erfreut und verbot Keks jeglichen
Kontakt mit solchen Subjekten, unter deren Dach diese ungeheuerlichen Schweinereien
stattfinden durften.
Keks verbrachte trotzdem die Wochenenden bei mir. Auch nach der Schule sahen wir uns
jetzt öfter, weil...viel Zeit hatten wir ja nicht mehr.
Ich konnte mir das alles noch gar nicht so richtig vorstellen. Wenn man sein ganzes Leben lang jemanden an seiner Seite hat und dieser Jemand plötzlich weit entfernt ist...wie soll
man das denn bitte begreifen? Au weia...mein armer Keks. Ich hatte immerhin meine Eltern, die mich lieb hatten, Leonie, wenn sie mal nicht das Stiefkind spielte, und die Leute aus unserer Klasse. Keks war im Internat vollkommen allein und auf sich gestellt.
»Keine Sorge, ich werd's schon überleben«, lächelte er tapfer.
Paps sagte ihm an einem unserer letzten Abende etwas sehr Liebes. »Du bist ein Teil dieser Familie, Keks. Und auch wenn es deinen Eltern nicht passt...das hier ist und bleibt dein Zuhause.«
Total kitschig aber ich hätte vor Rührung fast geflennt. Keks auch, er hatte ganz glänzende Augen. Mom nahm ihn einfach nur wortlos in den Arm.
Unsere Freunde waren ziemlich bestürzt, als sie erfuhren, dass Keks bald nicht mehr da sein würde. Kathrin stand das blanke Entsetzen im Gesicht. Sascha, der Verrückte, versprach natürlich sofort eine Abschiedsparty. Das war echt typisch. Für alles und jeden wurden Parties veranstaltet. Und wenn es mal keinen Grund gab, dann war wurde eben genau das gefeiert. Letztes Jahr hatte Sascha am 24. September in sein Haus geladen, weil es eben nur noch drei Monate bis Heiligabend waren. Ein verdammt guter Anlass für eine Party.
Da nun alle über Keks und mich Bescheid wussten, hingen wir auch öfter mit den Jungs und
Mädels aus unserer Klasse rum und erstaunlicherweise entwickelte sich Sascha zu einem
verdammt guten Freund. Ich war überrascht, dass man auch ernsthaft mit ihm reden konnte
und ich für ihn inzwischen eben nicht mehr hauptsächlich schwul war, sondern einfach wieder Krümel. Vielleicht hatte er aber auch bemerkt, wie blöd es ist, wenn man auf einen
bestimmten Teil seiner Persönlichkeit reduziert wird, denn Sascha hatte sich...äh...stark verändert. Seinen Skaterlook gegen schwarze Klamotten getauscht. Schwarze Klamotten mit Schnallen und Sicherheitsnadeln. Sein rötlichbraunes Haar hatte er schwarz gefärbt, die Seiten rasiert und er trug nun immer einen Pferdeschwanz. Dazu tonnenweise Silberschmuck, Stachelhalsbänder und sogar schwarzen Nagellack, Eyeliner und Wimperntusche.
Kompliment...wenn Sascha etwas tat, dann sehr hundertprozentig.
Daniel war logischerweise der erste, der ihn damit aufzog. »Mann, du stinkst total nach Tod«, sagte er naserümpfend, worauf Sascha grinste und sich unbeirrt Patchouli auf die Klamotten träufelte. »Mal ehrlich, was soll'n das, auf einmal als Marilyn Manson rumzuschleichen?«
Ich fand Saschas Wandel eigenartig aber okay. Gothic war ja anscheinend in gewissen Zeitabständen hip und er sah schon ziemlich cool aus. Keks fand ihn übrigens zum anknabbern und bekam daraufhin von mir eine gehörige Eifersuchtsszene, über die er allerdings nur lachte.
Als dann unser letzter Abend kam, war ihm das Lachen aber auch vergangen. Trotzdem war
er wieder einmal derjenige, der sich zusammenreißen wollte.
»Krümel«, sagte er leise, neben mir im Bett, »lass uns nicht so'ne große Sache daraus machen,
okay?»
»Entschuldige bitte«, schniefte ich, »das ist verflucht noch mal eine große Sache. Wir waren noch nie getrennt.«
»Wir sind nicht getrennt...nur nicht ständig in Sichtweite. Es gibt Telefon, Internet und die
Wochenenden. Sei froh, dass ich nur ein paar hundert Kilometer weit weg bin. Die Idioten hätten mich auch auf ein Internat in die Schweiz schicken können. Oder ans Ende der Welt.»
Ich schlang meine Arme fester um ihn. »Sechshundertdreiundvierzig Kilometer sind das Ende
der Welt. Was, wenn du mich vergisst, sobald du angekommen bist?»
Keks lächelte. »Ich nehme ein Bild von dir mit und schreib mir die wichtigsten Sachen auf.«
»Du nimmst mich nicht ernst, oder?« fragte ich ein bisschen eingeschnappt.
»Doch...aber nur so viel«, erklärter er und machte mit Daumen und Zeigefinger eine
entsprechende Geste.
»Blödmann.«
»Du bist süß«, säuselte er.
»Ich hasse dich.«
»Ich hab dich lieb.«
»Blödmann.«
»Das sagtest du schon«, wisperte er und küsste mein Ohrläppchen.
»Na und? Du machst mich ja auch völlig durcheinander«, entgegnete ich und zog meinen
Kopf weg.
Keks rückte näher an mich und schlang seinen Arm um meinen Körper. »Jetzt siehst du mal,wie das ist.«
»Was?« brummelte ich.
Er antwortete, indem er mich küsste und hörte auch eigentlich für den Rest der Nacht nicht wirklich damit auf. Sicher sind wir mit aneinandergepressten Lippen eingeschlafen.
Am nächsten Morgen war er weg. Einfach so. Ohne sich zu verabschieden. Er hatte das immer mal wieder angedroht, um es uns leichter zu machen und so aber ich hatte ihn logischerweise nicht ernst genommen. Ein schlimmer Fehler, wie ich feststellen musste.
Jetzt war er also weg und ich konnte gar nichts mehr tun. Sechshundertdreiundvierzig
Kilometer lagen von nun an zwischen uns.
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