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Fußball ist unser Leben

Wie alles begann

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Freitag 22.06.2001 ca. 23:00 Uhr:

Da stand ich nun im Kellereingang und rauchte eine. Nicht, dass es mir etwas ausgemacht hätte, dass man mich rauchen sah, aus dem Alter war ich heraus, aber warum sich oder anderen Stress machen.

Die Nacht war klar. Viele Sterne sah ich.

Ich genoss die Stille nach der Hektik des heutigen Tages. Meine Augen schlossen sich und ich roch das Heu, das heute vor dem Hotel gemacht wurde. Es erinnerte mich an früher. Was hatten wir nicht alles im Heu gemacht.

Ich setzte mich auf die Stufe der Treppe. War ich glücklich? Zufrieden?

Es ging mir gut. Ich hatte bisher fast immer Glück gehabt. Wenig Verletzungen und immer zur rechten Zeit am rechten Ort.

Ach so, der Leser möchte wissen wer ich bin. Kai.

Kai Oberhäuser, 24 Jahre, Mittelfeldspieler in einem Ruhrpottverein und Nationalspieler.

18-facher!

Daher auch, mir verbot keiner mehr das Rauchen.

Aber die Frage nach Glück und Zufriedenheit?

Doch ja, mehr oder weniger, ich war zufrieden. Glücklich?

Ich hätte gern jemanden, der ehrlich zu mir stand. Drei Beziehungen hatte ich schon hinter mir, mal mehr oder weniger lang. Es endete stets damit, dass die Damen sich jemanden suchten, der noch mehr Geld für sie ausgab und nicht so oft außer Haus war, wie ich.

Aber so richtig vermisste ich es nicht. Immer waren einige Mädels da, nach dem Training oder Spiel und immer bot sich auch die Gelegenheit es irgendwo zu machen, so dass ich keinen Samenkoller bekam.

Ich zog noch einmal tief den Rauch in meine Lunge. Die Nacht war wirklich schön.

Es war für Juni noch nicht zu warm und ich dachte an die Abende, zuhause mit meinen Eltern und meinem Stiefbruder auf der Terrasse.

Vieles hatte sich verändert in den letzten zwei, drei Jahren.

Schmerzliche Erinnerungen kamen wieder hoch.

Ich ging besser auch schlafen, morgen ist das Spiel.

An und für sich nicht mehr entscheidend, aber zurzeit war man auf uns Spieler nicht gut zu sprechen, dafür hatten wir in der letzten Zeit zu schlecht gespielt.

Ich wollte morgen wenigstens versuchen, gut zu spielen.

Gerade wollte ich mich auf den Weg machen, als ich nebenan Stimmen hörte.

Eine sehr aufgebrachte Stimme und eine beschwichtigende.

Die aufgebrachte gehörte unserem Trainer. Mit ihm hatte ich mal Probleme, da ich aber regelmäßig meine Tore machte, hatten wir so was wie Burgfrieden geschlossen.

Was mochte ihn so aufgebracht haben? Ich lauschte (Was man weiß, was man wissen sollte).

»So eine schwule Sau in meinem Kader und keiner hat mir was gesagt!«

»Nun mach mal halblang.«

Ich erkannte die Stimme von Hüsch. Franz Hüsch unserem Co-Trainer.

»Er hat dir doch nichts getan und war nur ehrlich zu dir.«

»Egal, ich will keine Schwulen im Kader.«

Ich dachte nach. Es konnte ja nur einer der neuen sein, den Gerd meinte. Von einem der Neuen wusste ich es, obwohl der nichts davon ahnte, das ich es wusste. War der gemeint?

Wir hatten heute Morgen vier neue im Kader. Da war Janne Münter, 17 Jahre, er war noch Amateur und Schüler, hatte die Nr. 23 und spielte Manndecker. Lars Simon, 18 Jahre jung, er war auch noch Schüler, hatte aber meines Wissens nach schon einen Vertrag bzw. verhandelte noch. Er war Torwart mit der Nr. 30, dann Larsen Neumann, auch 18 Jahre und Schüler, trug die Nr. 33 und sollte im Sturm eingesetzt werden. Er hatte bereits bei einem Topverein unterschrieben. Von diesem Verein, hatten wir noch 4 Spieler hier. Als letztes war da noch Michael Klünter, der kleine Bruder von Jens. Er war 22 Jahre, trug schon die Nr. 4 und war in der Verteidigung.

Gerd sprach weiter:

»Der wird morgen geschlachtet, darauf kannst du dich verwetten. Ich stelle ihn direkt auf. Die Nr. 1 wird verletzt sein. Wenn unser Schwuli dann den Kasten voll bekommt, dann wird er in der Presse verrissen. Darauf kannst du einen lassen.«

Ach der, den meinte er.

Lars.

Lars Simon. Der? Lars? Er hatte mir nicht so den Eindruck gemacht. Ich musste Grinsen, erklär ich gleich.

Erst muss ich über das schreiben, was mir in dem Moment klar wurde.

Angefangen hatte es am Morgen.

Freitag 22.06.2001 9:00 Uhr:

Ich fuhr auf den Parkplatz des Hotels, nahm meine Tasche aus dem Kofferraum und begab mich zum Bus. Einige der anderen Spieler waren schon da. Ich gab Kalle, dem Busfahrer mein Gepäck. Er würde es nachher ins Hotel aufs Zimmer bringen.

Ich begrüßte die anderen und die beiden Neuen, Larsen Neumann und Michael Klünter. Unser deutscher Schwarzafrikaner Kunta Simba war auch schon da. Mit ihm verstand ich mich wirklich gut. Langsam kamen auch die Anderen und Gerd mit dem Co-Trainer Franz.

Franz zählte die Anwesenden durch, da kamen noch zwei Neuankömmlinge. Mama oder Papa brachten sie.

Lars Simon und Janne Münter.

Janne, das war der, den ich kannte, er mich nicht. Ich hatte das Messer auf ihn geschliffen, wie ich das erste Mal aus der Zeitung erfuhr, dass er im Aufgebot war. Er musste sich auf was gefasst machen.

Nach dem allgemeinen Blabla fuhren wir zum Stadion und wurden von der Presse und Fans erwartet.

Die stürzten sich überwiegend auf die Neuen und den Trainer. Wir anderen versuchten unbeschadet in die Kabinen zu kommen.

Kalle hatte dort schon alles vorbereitet, Schuhe und Trikot lagen jeweils am angestammten Platz. Kalle unser Fahrer war die Seele von uns. Wenn es kleine Probleme gab, er löste sie. Aber er hatte auch Gespür dafür, wenn etwas nicht stimmte.

Ich wunderte mich darüber, dass der Platz neben mir belegt war. Die Nr. 30 der Ersatztorwart. Er war noch nicht da.

Ich zog mich um und unterhielt mich dabei mit Kunta.

Gerd kam in die Kabine und fragte nach Lars Simon. Der kam in dem Moment auch hereingestürmt.

Er entschuldigte sich und zog sich schnell um. Dann stand er auf, hielt mir die Hand hin und sagte:

»Ich bin Lars Simon, ich freue mich, dass ich hier bin.«

Er machte eine kleine Pause und setzte etwas leiser hinzu,

»Vor allen Dingen, freue ich mich, dass ich dich treffe. Ich bin dein Fan.«

Solche Aussagen machen, mich zumindest, verlegen und ich schüttelte den Kopf. Dabei betrachtete ich ihn genauer.

Er war bestimmt 1.80 m groß, schlank, hatte so dunkelblonde Haare, die modern an den Seiten ganz kurz waren und ansonsten auf einer Länge endeten. Als er T-Shirt und Hose auszog, sah man einen wirklich schönen Körper. Durch die Boxer konnte man weiteres nicht erahnen, aber dafür hatte ich sowieso keinen Sinn, dafür würden sich schon die Mädels interessieren.

Er musste zum Gespräch zu Gerd und sollte anschließend zum Mannschaftsarzt.

Wir anderen machten uns auf. Die neuen stellten sich während wir uns warmliefen ebenfalls vor. Alle waren sie nett, bis auf Janne. Nein, das stimmt nicht. Er war bestimmt so nett wie Lars, er hatte auch so, rein äußerlich, viel Ähnlichkeit mit Lars, was Größe und Statur anbelangte. Er hatte dunkle Haare und wirkte noch jünger wie 17. Er schien so verletzlich und dennoch hatte ich einen Hass auf ihn.

Wir machten ein paar Dehnübungen und mussten alle nach und nach zum Mannschaftsarzt. Lars der als erster dran war, kam, nach meiner Meinung, etwas betrübt wieder, als ob was vorgefallen war. Aber letztendlich, kannte ich ihn zu wenig, um mich darum zu kümmern. Ich war nicht sein Kindermädchen.

Das Mittagessen um 12:00 Uhr verlief ohne irgendwelche Besonderheiten.

Nach dem Essen konnten wir uns auf die Zimmer zurückziehen, es sollte dann mit dem Training um 14:00 Uhr weitergehen.

Einige blieben in der Rezeption.

Ich dachte aber, dass ich mich eine Runde hinlegen würde. Ich holte mir den Schlüssel und begab mich auf mein Zimmer. In der Vergangenheit teilte ich mir das Zimmer immer mit Oliver Hobt. Der war aber verletzt und so war ich erstaunt, dass jemand anderer, nämlich Lars Simon, in einem Bett lag.

Wie er mich sah sprang er sofort auf.

»Wenn du hier schlafen möchtest, ich kann auch gerne das andere Bett nehmen«

Ich war zwar verwundert ihn hier vorzufinden, da es üblich war die alten Spieler zu fragen, wenn ein Greenhorn zu ihnen aufs Zimmer sollte, aber Kalle, der sich auch darum kümmerte, hatte sicher einen Grund. Was Kalle tat akzeptierte ich allgemein, so sagte ich zu Lars:

»Nein, kannst ruhig liegen bleiben. Ich hoffe du hast einen tiefen Schlaf, manchmal schnarche ich.«

Er schaute verlegen drein:

»Man hat mir mal gesagt, dass ich im Schlaf spreche. Weck mich dann einfach.«

Ich konnte nicht anders und wuschelte ihm durchs Haar.

»Ist schon gut, ich denke wir vertragen uns. Okay?«

Er nickte und legte sich wieder hin.

Diese Sekunden,

- die Berührung seiner Haare,

- das Geständnis mit dem im Schlaf sprechen,

- sein Aussehen.

Mir traten Tränen in die Augen. Wie viel Ähnlichkeit hatte er doch mit Dennis.

Ich legte mich hin und meine Gedanken wanderten zurück.

Dennis:

Ich höre ihn lachen, reden. Ein wilder Blondschopf. So groß wie ich, aber die Hälfte Gewicht. Immer freundlich; gut in der Schule. Von allen respektiert, dachte ich.

Ihn, ja, ihn liebte ich. Er war der einzige, den ich geliebt habe.

Erst war ich gegen die Heirat. Meine Mutter überraschte mich damit. Sie wollte wieder heiraten. Mein Vater hatte sich schon früh davon gemacht. Der Mann, Hans, hatte einen Sohn, 13 Jahre, den er mit in die Ehe bringen wollte, Dennis. Ich war voll dagegen und machte aus meinem Herzen auch keine Mördergrube und sagte es zu jeder passenden und unpassenden Gelegenheit, dass ich mit der neuen Familie nicht einverstanden wäre. Obwohl, es war der größte Stuss, ich war 21 und hätte jederzeit ausziehen können, voll bescheuert.

Meine Mutter ließ mich dann auch plötzlich in Ruhe damit. Ich verstand erst nicht warum aber dann.

Es klingelte an der Tür, ich war allein zuhause, meine Mutter war auf einem Kongress.

Ein Pimpf stand vor mir und schaute mich an. Ich dachte er wollte ein Autogramm. Er schüttelte den Kopf und sagte:

»Nein. Ich wollte nur mal das Arschloch sehen, das mich niedermacht und mich überhaupt nicht kennt. Ich bin Dennis Lange, der Sohn von Hans!«

Eine solche Ansprache verschlug mir die Sprache. Ich schaute ihn erstaunt an. Er grinste.

»Darf ich vielleicht herein?«

Ich ließ ihn herein und er schaute sich alles an. Meine Abneigung gegen ihn, hielt zwei Minuten. Er erzählte, von sich, seinem Vater und fragte mich nach Dingen, die ich selbst nicht mehr wusste. Er war interessant. Ich bot ihm was zu trinken an. Wir unterhielten uns weiter. Er lachte und war nachdenklich im gleichen Augenblick. Ich war fasziniert von ihm.

Sorry, ich glaube ich sollte dem geneigten Leser mitteilen, dass hier kein sexuelles Interesse bestand oder aufkam, zumindest nicht von meiner Seite, da ich zu diesem Zeitpunkt heterosexuelle Beziehungen hatte und meine homophile Phase mindestens drei Jahre vorbei war.

Dennoch, ich hatte mich in den Kleinen verliebt. Ehrlich, er war der Bruder, den ich immer haben wollte. Es wurde spät an dem Tag. Das Telefon klingelte und eine Männerstimme am anderen Ende:

»Entschuldige, hier ist Hans, ist Dennis bei dir, ich mache mir große Sorgen.«

Ich schaute auf die Uhr, halb elf. Schitt.

»Ich muss mich entschuldigen, ich hab die Zeit verpasst. Ich habe mich mit Dennis so gut unterhalten. Was machen wir jetzt? Soll ich ihn nach Hause bringen? Kann er hier schlafen?«

»Ich weiß es nicht, was er möchte, von mir aus kann er auch bei dir bleiben, wenn er dich aber nervt, dann komme ich ihn holen.«

Ich sah Dennis an. Nein, der nervte mich nicht.

»Ist klar, er bleibt hier, er wird ja doch über kurz oder lang hier einziehen, hoffe ich doch. Oder?«

Dennis strahlte bei den Worten über das ganze Gesicht und nickte heftig.

»Das musst du wissen, deine Mutter hat alles von deiner Entscheidung abhängig gemacht.«

»Meine Entscheidung hab ich ihnen…, dir gerade gesagt. Komm doch morgen vorbei, dass wir uns kennen lernen. Man war ich blöd.«

So war das vor drei Jahren. Wir verstanden uns. Noch an dem Abend bzw. Nacht quatschten wir bis 4:00 Uhr morgens. Er hatte sich unbekümmert ausgezogen und nur mit Slip zu mir in mein Bett gelegt. Absolut keine Berührungsängste. Wir erzählten uns alles. Über Schule, Sport, Ängste, Wünsche.

Er fragte mich nach meinem ersten Mal, wie es war. Ich war so gefesselt von ihm, ich erzählte ihm von meinen Empfindungen und auch von meinen Pleiten. Er gab auch sein erstes Mal Preis, dass er von zwei Mädchen verführt wurde, und dass es ihm nicht gefallen hatte. Die Mädchen hatten sich anschließend herablassend über ihn geäußert. Wir konnten uns alles erzählen. Irre.

Meine Mutter heiratete dann und ich durfte, was Familie anbelangt, die schönste Zeit durchmachen.

Als er 14 war, stand er mal abends, besser morgens, vor meinem Bett. Er hatte was auf dem Herzen.

Ich rückte zur Seite, mir war egal, dass ich am nächsten Tag ein Spiel hatte, schlafen konnte ich immer noch.

Er erzählte mir, dass er sich verliebt hatte, er war so niedlich. Er beteuerte, richtig verliebt. Ich freute mich für ihn, das sagte ich ihm auch. Er drehte sich zu mir.

»Du bist mein großer Bruder. So was hatte ich mir immer gewünscht. Wie ich damals in der Tür stand und dich beschimpft hatte, da war es um mich geschehen. Ich hatte mich in dich verliebt als meinen Bruder. Nun liege ich neben dir, jemanden anderen, anders. Verstehst du das?«

»Ja, ich liebe dich auch als Bruder, das weißt du, gleichzeitig liebe ich auch Katja, klar auch anders, mit der hab ich auch Sex.«

»Es ist ein Junge, den ich liebe. Ist das schlimm?«

Ich sah im Licht der Laternen, wie ihm eine Träne herunterrollte. Ich nahm ihn in den Arm.

»Nein, ist auf gar keinen Fall schlimm. Du, dass heißt ihr, müsst eurem Herzen folgen.«

Es wurde eine schöne Zeit, Hans erfuhr auch davon, sagte nichts gegen die Beziehung.

Ich wurde der Mitwisser der Liebe, wenn etwas geschehen war, erzählte er mir es. Ich wusste nachher auch fast alles über den Jungen. Er war einfach nur lieb. Ich versuchte ihm auch, wenn er wollte, Ratschläge zu geben, ich akzeptierte aber immer seine Vorgehensweise.

Dann wollte er uns seinen, ein Jahr älteren Freund Jan, wie er ihn nannte, mit dem er nun schon 3 Monate zusammen war, vorstellen.

Es war der 13. April 1999, an dem wir vergeblich auf die beiden warteten.

Es war der schrecklichste Tag in meinem Leben. Die Türglocke ging, ich dachte Dennis hätte den Schlüssel vergessen, da stand eine Polizistin und ein Polizist vor der Tür, sie schauten zu Boden, hatten ihre Kappen in der Hand und sagten was.

Ich hörte nur Dennis, Lastwagen, keine Chance.

Ich brauchte eine lange Zeit, um über den Verlust hinwegzukommen. Bis heute schmerzt jeder Gedanke an ihn.

Nach und nach kam die Wahrheit über den Unfallhergang heraus. Nicht alle in der Schule mochten ihn wohl. Einige hatten ihn mit seinem Freund in eindeutiger Pose gesehen. Man war wohl hinter ihm her, als er vor den Lastwagen lief, ob mit Absicht oder unabsichtlich?

Was mich aber besonders wütend machte, war, dass sein Freund nicht zu ihm stand, er war nicht einmal zur Beerdigung erschienen, das nahm ich ihm übel, sehr übel, es machte mich rasend. Ich kannte ihn, er würde büßen, bitter büßen!


Lars schüttelte mich an den Schultern.

»Was ist mit dir? Du weinst ja. Was ist?«

Ich schrie ihn an:

»Wenn du einen Ton sagst, dann....«

Er schaute mich entsetzt an. Tränen standen nun in seinen Augen, wie ein geprügelter Hund.

»Nein, so meine ich das nicht, entschuldige.«

Ich zog ihn am Trikot herunter und er setzte sich neben mich.

»Ich dachte an meinen Bruder, du bist ihm so ähnlich.«

fügte ich hinzu.

»Was ist mit ihm?«

Ich holte Luft

»Er ist tot.«

Er wollte noch was fragen, sah mich an, ich schüttelte den Kopf.

»Tut mir Leid, wirklich.«

sagte er nur.

Freitag 22.06.2001 14:00 Uhr:

Ich wusch mir die Tränen aus den Augen und wir gingen zum Bus. Die Anderen warteten schon. Nach der Aufwärmphase erfolgte das Spiel gegeneinander. Janne war in der anderen Mannschaft.

Ich positionierte mich so, dass er irgendwann meine Bahn kreuzen musste.

Natürlich war das nur ein Aufwärmspielchen, verletzten konnte man sich normal nicht. Das wollte ich nun mit Janne ändern.

Er lief mit dem Ball auf mich zu. Ich nahm Maß und zielte mit dem Fuß, indem ich tat als wollte ich den Ball spielen, voll auf das Knie von Janne.

Ich hörte im Geiste schon das Krachen des gebrochenen Knies.

Janne sah den Fuß kommen und meinen Blick. Er erschrak, konnte aber nicht mehr ausweichen. Er schloss die Augen. Zentimeter bevor ich ihn berührte, riss mich was herum. Ich weiß nicht, was es war, niemand war in der Nähe. Es war, als hätte mich jemand geschuppst. Janne lief weiter. Ich blieb einen Moment fassungslos liegen.

»Mensch Kai, was sollte das?«

Kunta sprach mit mir.

»Wolltest du den Neuen kaputt machen?«

Ich murmelte was von 'tut mir leid, wollte ich nicht' und so, und setzte mich kurz auf die Bank und sah unfreiwillig dem Torwarttraining zu.

Gerd war mit Lars ziemlich ruppig. So kannte ich ihn gar nicht. Normal war er, gerade zu neuen Spielern sehr freundlich.

Na ja, ich war zu Janne auch nicht freundlich. Ich spielte weiter. Janne kam nicht noch mal in meine Nähe.

Dann war es an der Zeit fürs Abendbrot. Wir gingen duschen. Anders wie heute Morgen, waren nun alle auf einmal in der Umkleidekabine und unter den Duschen.

Es ist ja immer so, als Hetero darf man nackt zusammen duschen nur ansehen darf man sich nicht oder, wenn dann nur kurz, cool und flüchtig. Vor allen Dingen keine Reaktion zeigen.

Leider gelingt das nicht immer und ich sah, nachdem sich die Neuen zögerlich auszogen, wie ihnen fast die Augen ausfielen, als Kunta die Hose herunterließ.

Frech wie er war, drehte er sich noch mal zu ihnen um. Er hatte aber auch einen Schniedel. Wie ein halber Blutwurstring

»Na Jungs, gefällt euch das?«

Lachte und ging zur Dusche.

Verlegen lachten auch die vier, wobei Janne, knallrot wurde. Lars war auch sehr verlegen.

Ich ging unter die Dusche, mir hinterher, Lars.

Wie er neben mir stand sah ihn mir kurz an.

Ping - noch mehr Dennis!

Warum sah ich in ihm nur immer wieder Dennis? Dennis duschte meist mit mir zusammen. Wir hatten auch keine Scheu uns gegenseitig zu betrachten. Ich fragte ihn mal anfangs, ob er dann die Vorhaut überhaupt zurückziehen könne. Er sagte nicht ja oder nein, er stellte sich vor mich und zog sie herunter und zeigte mir, dass er es konnte.

Jetzt stand Lars neben mir sein Kleiner sah so aus, wie der von Dennis. Klein, wenig Haare, lange Vorhaut, kleines Säckchen.

»Ich hab nicht mehr.«

sagte er leise.

Ich zuckte zusammen. Er erwischte mich beim anstarren, war das peinlich.

»Entschuldige... ich...äh...scheiße...halt mich bitte nicht für schwul, das bin ich nicht. Aber ich werde dir heute Abend was erklären.«

Ich drehte mich um und ohne das ich was sagte, wusch er mir den Rücken. Seine Hände an meinem Körper. Ich weinte, - Dennis -, ich hielt das Gesicht in die Dusche, so sah niemand die Tränen.

Das Abendessen verlief harmonisch. Gerd sagte, dass er erst morgen die genaue Mannschaftsaufstellung bekannt geben würde.

»Ich bitte euch nur darum, so um 22:00 Uhr Zapfenstreich. Das gilt auch für unsere Zocker.«

Dabei schaute er zu Hubert, Janik und Dieter.

Ich überlegte was ich machen sollte. Setzte mich in einen Sessel und beobachtete die Leute. Janne machte einen Bogen von bestimmt 10m um mich. Lars sprach mit Gerd und die beiden stritten offenbar. Lars schüttelte den Kopf und verließ den Raum schnellen Schrittes.

Ich beschloss ihm nachzugehen, nicht um unbedingt zu erfahren, was los war, aber ich wollte ihm das, was unter der Dusche geschehen war erklären.

Als ich ins Zimmer kam, lag er auf dem Bett und weinte. Er hatte mein Kommen überhaupt nicht bemerkt und zuckte verschreckt zusammen, als ich mich neben ihm aufs Bett setzte.

»Was ist? Kann ich dir helfen?«

Wie gesagt, er schaute verschreckt hoch, sah mich an, wischte sich die Tränen ab und schüttelte den Kopf.

»Nein. Danke, es geht schon, ist nichts.«

Ich schaute ihn an, aber er sagte nichts weiter.

»Ich wollte dir das, was unter der Dusche passiert ist erklären.«

»Ist doch nicht passiert.«

antwortete er.

»Doch, ich hab dich angeschaut, zu lange angeschaut, andere würden vielleicht sonst was denken. Ich denke, du hast es auch bemerkt.«

Er zuckte mit den Schultern.

»Wie du da so nackt standest, sah ich wieder meinen Bruder Dennis in dir. Wie heute Nachmittag. Ihr würdet, wenn er noch leben würde, als Brüder durchgehen. Selbst dein Schwanz sieht aus wie eine Kopie von ihm.«

»Deshalb hast du geweint?«

Ich hätte nicht gedacht, dass er es bemerkt hatte. Ich nickte. Wir unterhielten uns noch sehr lange. Er erzählte von sich, von der Schule und ich, wenn ich ehrlich bin, erzählte fast nur über meinen Stiefbruder Dennis.

Ich merkte, dass er noch etwas auf dem Herzen hatte, er konnte sich aber nicht dazu durchringen es mir zu sagen.

Es war fast 23.00 Uhr.

Ich wollte noch eine rauchen und sagte zu ihm:

»Ich schlag mir jetzt noch ein Lungenbrötchen rein. An dich hab ich eine Bitte, versteh mich aber nicht falsch.«

»Du rauchst?«

unterbrach er mich

Ich grinste ihn an.

»Hat nicht jeder einige Geheimnisse?«

fragte ich zurück.

Er wurde rot, sagte nichts.

»Also eine Bitte noch, wenn ich jetzt rauchen gehe, hast du Zeit dir einen Runterzuholen. Ansonsten, wenn ich schlafen will und jemand sich einen wichst, das finde ich nicht gut. Oder musst aufs Klo gehen. Okay?«

Er wurde nun doch verlegen und holte Luft.

»Brauchst nix zu sagen. Musst ja nicht. Ich musste in deinem Alter mindestens zweimal am Tag Druck ablassen.«

Ich grinste ihn an und ließ ihn mit meinen Worten allein zurück.

Da ich unseren Trainer noch in der Halle vermutete, begab ich mich zum Rauchen hinten zur Kellertreppe.

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