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Kalanja'neiu - Legende einer vergessenen Welt

Teil 1

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Informationen

Vorwort

Die nachfolgende Story ist frei erfunden und jegliche Ähnlichkeit mit lebenden oder verstorbenen Personen ist rein zufällig und nicht beabsichtigt (ausser jenen, die ihr OK als »Figurenpaten« gegeben haben *gg*) Die Story unterliegt meinem Copyright und darf ohne meine Genehmigung nicht anderweitig verbreitet werden.

Und nun aber viel Spass beim Lesen…

Eure Nessi

 

 

I.

Das prasselnde Geräusch des Regens durchdrang die Stille im Zimmer. Regentropfen trafen auf die Fensterscheibe, sammelten sich zu kleinen Rinnsalen und flossen an ihr herab. Die ganze Stadt schien in grauen Wolken und Regen zu ertrinken.

Seufzend wandte Felix seinen Blick wieder vom Fenster ab und starrte erneut auf den Monitor vor sich: ein weißes Blatt. Es schien, als würde ihn das geöffnete Word-Dokument verhöhnen. Seit Stunden saß er nun schon am Rechner und versuchte eine Geschichte zu Papier zu bringen. Doch das Einzige, das bisher auf dem Bildschirm zu sehen war, war der blinkende Cursor, der ihn regelrecht auszulachen schien.

Entnervt fuhr Felix sich durch die Haare und verfluchte dabei sämtliche Textverarbeitungsprogramme, die ganze Welt und überhaupt. Mit missmutig verzogenem Gesicht stand er auf und schmiss sich der Länge nach auf die Couch.

Frustriert stieß er seinen Atem aus. Wieso klappte es diesmal bloß nicht? Er hatte doch sonst keine Schreibblockaden. Eher sogar das pure Gegenteil. Normalerweise sprudelten die Worte nur so aus ihm heraus, so dass er manchmal das Gefühl hatte, seine Hände könnten beim Tippen mit seinen Gedanken und Ideen gar nicht Schritt halten.

Aber es ging ihm wohl zu viel durch den Kopf. Dieser ganze Dauerstress mit seinen ewig nervenden Eltern vereinnahmte inzwischen fast seinen ganzen Tagesablauf, und an ein Arbeiten in Ruhe war mit den ständigen Sticheleien auch kaum zu denken. Felix hatte schon aufgehört zu zählen, wie oft ihm seine Mutter in den letzten Tagen immer wieder seinen Bruder als leuchtendes Beispiel vorgehalten hatte. Allein beim Gedanken kam ihm schon wieder die Galle hoch. Aber Schluss jetzt! Darüber nachzudenken lenkte nur zu sehr ab und das konnte er nun wirklich nicht auch noch gebrauchen. Die Schreibblockade reichte schon.

Doch es musste einfach noch klappen! Vielleicht würde ihn, wie schon so oft, auf einmal ein Geistesblitz treffen. Felix atmete tief durch und griff nach der Fernbedienung der Stereoanlage. Ausnahmsweise hatte er sie mal ohne längeres Suchen gefunden, was schon fast an ein kleines Wunder grenzte. Wobei man, im Angesicht der Tatsache, dass sie ihn eben noch ziemlich unbequem in die Rippen gepiekst hatte, nicht direkt von einem Wunder sprechen konnte.

Die ersten Töne von »The last unicorn« erklangen. »Ah, da ist also Sophies CD die ich ihr schon seit Wochen zurück geben sollte«, dachte Felix bei sich. Durch die Musik entspannte er sich und ließ seinen Blick beiläufig durch sein Zimmer schweifen.

Auf den ersten Blick unterschied es sich mit seinem »kreativen« Durcheinander aus dekorativ über den ganzen Zimmerboden verteilten Büchern, Papieren, CDs und Klamotten kaum von Millionen anderer Jungen-Zimmer.

Bei genauerer Betrachtung stachen aber sofort die gerahmten Zeichnungen ins Auge, die an den Wänden hingen. Sophie hatte nach Besichtigung seines Zimmers beschlossen, dass die Wände viel zu leer waren und ihm die Bilder kurz darauf zu Weihnachten geschenkt. In ihnen spiegelte sich Felix' grosses Hobby. Sie zeigten hauptsächlich Drachen, aber auch andere Fantasywesen, die perfekte Ergänzung zu seiner umfangreichen Büchersammlung, unter der das Regal allmählich zusammenzubrechen drohte.

Während er dies alles betrachtete, seufzte er und mit der Entspannung war es schlagartig vorbei. »Ich sollte wohl wieder mal etwas Ordnung schaffen, bevor Mum noch auf die Idee kommt, hier aufzuräumen und zu schnüffeln«, dachte er sich nach der Bestandsaufnahme.

Nicht dass ihn die Meinung seiner Eltern in punkto Ordnung interessiert hätte, doch auf die Rumschnüffelei seiner Mutter konnte er gut verzichten. Beim letzten Mal hatte sie nicht nur seine ganzen Aufzeichnungen und Notizen zu seinen Stories vollkommen durcheinander gebracht sondern teilweise sogar »beschlagnahmt«, da es ihn ja von Wichtigerem wie stundenlanger Büffelei und Lernerei abhielt.

»Aber nicht jetzt«, murmelte Felix und ließ sich wieder zurück auf die Couch fallen. Eigentlich könnte er mit seinen besten Freunden Sophie, Rafael und Fabian etwas unternehmen, um sich das verregnete Wochenende zu vertreiben, so wie er es bis vor zwei Wochen auch immer getan hatte. Stattdessen saß er nun seit Tagen nur noch in seinem Zimmer und verbrachte seine Zeit damit, in den Computer zu starren und sich an einer Geschichte abzuquälen. Felix erinnerte sich daran, wie es zu dieser Entwicklung gekommen war.

Das Ganze begann mit einem Artikel in der Morgenpost vor etwa einem Monat. Obwohl er sonst nie einen Blick in das kleine Lokalblatt warf, griff er an diesem Morgen doch nach der Zeitung und blätterte sie durch, als ihm ein Artikel ins Auge sprang.

Ein grosser Buchverlag suchte nach talentierten Nachwuchsautoren mittels eines Preisausschreibens. Das Genre war frei wählbar und eine Jury bestehend aus Autoren, Buchkritikern und den Verantwortlichen des Verlages würde alle eingesandten Geschichten prüfen. Die drei Besten würden vom Verlag veröffentlicht werden und dem Gewinner winkte ein Preisgeld von 3000.- Euro, Mit klopfendem Herzen suchte Felix fieberhaft nach dem Einsendeschluss. Dies könnte endlich die Gelegenheit sein, auf die er schon so lange hoffte.

Er schrieb seit Jahren leidenschaftlich gerne. Erst Artikel für die Schülerzeitung und dann auch vermehrt diverse Stories. Kleine Alltagsgeschichten, Fantasystories… was ihm so einfiel. Allerdings wanderten diese, kaum geschrieben, unveröffentlicht in sein »Story-Archiv«. Einzig seinen besten Freunden gab er sie zu lesen.

Nun konnte er vielleicht endlich seiner Familie beweisen, dass seine Schreiberei nicht nur unnütze Tagträumerei war. Beim Gedanken an sie schnaubte er verächtlich.

Seine Eltern waren das, was man wohl als typisch konservatives Ehepaar bezeichnen würde. Seine Mutter, Susanne, war Hausfrau und erinnerte ihn mit ihren stets wadenlangen Röcken und den hochgeschlossenen Blusen an seine alte Religionslehrerin. Der verkniffene Zug um ihren Mund, der immer dann noch stärker zum Vorschein kam, wenn sie ihn wieder einmal schikanierte, ließ sie noch wesentlich älter als 45 wirken. Sein Vater Jürgen, 48, war der typische »Anzug und Krawatte«-Typ. Er arbeitete seit 25 Jahren in derselben Versicherungsagentur, wo er es inzwischen zum Filialleiter gebracht hatte… und dann war da noch Thorsten. Sein ach so perfekter und einfach genialer älterer Bruder.

Der 28 jährige war inzwischen als Assistenzarzt im örtlichen Krankenhaus tätig und hatte erst vor wenigen Wochen seinen Eltern ihre zukünftige Schwiegertochter vorgestellt – Julia, eine Grundschullehrerin. Sie passte genau in das Leben der Familie Schwarz. Konservativ mit einem stets gleich verlaufendem Alltag. Immer zur gleichen Zeit aufstehen und auch wieder zu Bett gehen, stets um die gleiche Uhrzeit essen, das Gleiche lesen und auch jeden Abend das selbe Fernsehprogramm. Alles war so vorhersehbar und eintönig. Doch wehe jemand wagte es, diese kleine heile Welt der Familie Schwarz zu stören, indem er von der Norm abwich. So wie, ja so wie eben Felix, der das schwarze Schaf war.

Schon seit seiner Kindheit musste er immer hinter dem unfehlbaren und perfekten Thorsten zurückstehen. Allerdings gelang es Felix mit ausgezeichneten schulischen Leistungen einen Teil der Aufmerksamkeit seiner Eltern zu ergattern. Dies funktionierte bis zu dem Tag, als Felix die Schriftstellerei für sich entdeckte und begann Geschichten zu schreiben. Kreatives Denken und Fantasie, alleine der Gedanke daran entsetzte seine Eltern. Es verleitete zu Träumerei und gefährdete die Zukunft, die sie für Felix bereits fest verplant hatten. Schließlich sollte er mal Anwalt oder Manager werden und nicht in irgendeiner Künstler-Kommune enden und somit der Schandfleck der Familie werden. So dachten sie, mit strenger Hand und Verboten könnten sie ihn doch noch in die gewünschte Richtung lenken.

Doch die ganzen Konfrontationen zwischen ihm und seinen Eltern während seiner Schulzeit war nichts im Vergleich zur momentanen Situation. Mit seinen inzwischen fast 19 Jahren hatte Felix zwar erfolgreich seinen Abschluss gemacht, jedoch war die Welt seiner Eltern zusammengebrochen, als er verkündete, er würde weder BWL noch Jura studieren sondern sich erst mal Zeit nehmen, um in Ruhe über seine berufliche Zukunft nachzudenken.

Die trüben Gedanken abschüttelnd erhob sich Felix. Inzwischen war es schon mitten in der Nacht und noch immer hatte er nichts geschrieben. In Windeseile flogen Shirt, Jeans, Shorts und Socken achtlos in die andere Ecke des Zimmers und er kroch müde ins Bett.

II

Langsam krochen vorwitzige Sonnenstrahlen durchs Fenster, über die Fensterbank zum Bett und kitzelten die Nase des schwarzen Wuschelkopfes, der unter der Bettdecke hervorlugte. Unwirsch drehte Felix sich um und vergrub grummelnd seinen Kopf unter dem Kopfkissen.

Irgendwann wurde ihm das Herumwälzen zu viel. Mit verschlafenem Blick schaute er auf den Wecker: 08:30 Uhr… und das an einem Samstagmorgen. Aufstöhnend verdrehte er die Augen, wer wachte samstags schon um die Uhrzeit auf?

Felix räkelte und streckte sich ausgiebig und stand auf. Dabei streifte sein Blick den immer noch laufenden Rechner. »Na ich werd's nachher noch mal mit Schreiben versuchen«, sagte Felix zu sich, schnappte sich ein Handtuch und schlurfte langsam ins Bad.

»PENG!«. Felix rieb sich die Nase und murmelte verdrossen »Aufwachen, Schwarz!«. Noch leicht verschlafen war er prompt gegen die Tür der Duschkabine gelaufen. Grummelnd öffnete er die Tür und stieg hinein.

Während das Wasser über seinen Körper lief und langsam seine Lebensgeister weckte, hing Felix dem seltsamen Traum der letzten Nacht nach.

»Er stand in einem nachtschwarzen Raum. Es schien, als ob er schweben würde und die Dunkelheit ihn wie einen Mantel umschlang. Ein Glitzern lenkte seine Aufmerksamkeit nach links und er drehte langsam seinen Kopf. Da! Eine kleine blutrote Kugel flog aus der Dunkelheit auf ihn zu. Ihr folgten weitere in blau, grün und gold.
Wie kleine Monde umkreisten sie ihn. Schneller und immer schneller bis sie sich einem Wirbel gleich an ihm vorbei schossen auf einen großen, silberweißen Stern zu.«

»Was Stress für seltsame Träume weckt«, dachte Felix, spülte sich den letzten Seifenschaum ab und griff nach dem Frotteetuch.

Frisch geduscht und rasiert verließ er, nur mit einem um die Hüften geschlungenem Handtuch und nassen Haaren, das Badezimmer und ging zielstrebig in die Küche. Grinsend dachte er daran, welchen Aufstand seine Mutter machen würde, wenn sie sehen könnte, dass er so durch die Wohnung tapste und ein rebellisches Glitzern zeigte sich in seinen Augen.

Auf dem Weg in die Küche blieb er kurz stehen und musterte sich im grossen Wandspiegel, der im Flur hing. Doch, er war zufrieden mit sich. Er fand sich mit seinen 175cm zwar etwas zu klein und an seiner eher schmalen Gestalt hätte er gerne etwas mehr Muskeln gesehen, um weniger schlaksig zu wirken. »Vielleicht würde ihn dann auch Stefan eher…«

Beim Gedanken an den blonden, durchtrainierten Sportcrack überkam ihn ein wohliger Schauer und er lächelte verträumt. Plötzlich schüttelte Felix den Kopf und verscheuchte diese seltsamen Gedanken, die ihn in der letzten Zeit immer wieder mal verwirrt hatten. Wieso machte er sich Gedanken, ob sein Körper Stefan gefallen, oder dieser ihn mit mehr Muskeln eher beachten würde? Er wollte das nicht. Rasch ging er weiter in die Küche.

Doch statt dem erwarteten bereitgestellten Schälchen, Flakes, Milch und Tee sah er nur einen Zettel, der an die Blumenvase gelehnt war:

Felix,
Sind übers Wochenende weg in Thorstens neuem Ferienhäuschen und helfen ihm bei der Hochzeitsplanung. Er weiß wenigstens, dass unser Rat ihm helfen wird. Im Gegensatz zu Dir. Und stell gefälligst keinen Unsinn an oder Du wirst es bereuen!

Mutter

P.S. Vater hat am Montag für Dich einen Termin bei Dr. Schönfelder vereinbart…

Fassungslos las Felix die Notiz immer und immer wieder. Das Frühstück war nicht mehr wichtig. Erst zornig, dann traurig und mit hängenden Schultern ging er ins Zimmer zurück und setzte sich auf die Couch.

Sie hatten es vergessen. Sie hatten doch tatsächlich seinen 19. Geburtstag vergessen. So wichtig war er ihnen also noch. Trotz dem ganzen Ärger und Stress der letzten Zeit… noch nie hatten sie seinen Geburtstag ignoriert. Verbittert zitierte Felix seinen Vater: »Nur wer Leistung bringt, zählt!«

Wehmütig dachte er daran, wie die Eltern seiner Freunde waren. Nicht zum ersten Mal beneidete er diese um deren Familien.

Und dann auch die Anspielungen und Drohungen, Thorsten war wie immer der perfekte Sohn und ihm trauten sie nicht mal soweit, dass sie es sogar für nötig befanden, ihm zu drohen… Aber das Schlimmste war dieser Termin bei Dr. Schönfelder. Vaters Busenfreund und von Beruf Psychiater. Was dachten seine Eltern nur? Wie konnten sie….

Er wusste nicht, wie lange er so auf der Couch gesessen hatte. Sein Zeitgefühl hatte ausgesetzt. Dieser Tag untermauerte nur, was in den letzten Wochen und Monaten geschehen war. Wieso konnten sie ihn auch nicht einfach so akzeptieren, wie er war? Wütend wischte er sich eine Träne weg. Er war seinen Eltern egal, also wieso sollte es ihn treffen, wie sie sich verhielten.

Erst als er zu frösteln begann nahm er seine Umgebung wieder genauer war. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihm, dass inzwischen 12 Uhr durch war. Felix stand auf trat an den Schreibtisch und starrte auf den Monitor. Immer noch schien ihn das Weiß zu verhöhnen. Mit einem Ruck drehte er sich um und ging zum Kleiderschrank, kramte ein paar Klamotten raus. Shorts, Socken, Jeans, T-Shirt und… ah, da lag ja sein Lieblings-Sweatshirt. Er schnappte sich das orangefarbene Teil und zog es sich im Rausgehen über. »Ich brauche frische Luft!«, murmelte Felix dabei vor sich hin, zog seine Turnschuhe an, riss die Jacke vom Kleiderhaken, schnappte sich seinen Rucksack mit dem Notizbuch und steckte noch rasch im Rausgehen Brieftasche, Schlüssel und Handy ein. Kaum war er aus der Haustür raus, klingelte dieses auch schon. Es war Sophie.

»Hi So…«, begrüsste er seine Freundin gespielt fröhlich, doch da fiel sie ihm schon ins Wort.

»Hiii Felix. Happy Birthday Kleiner! Nun bist du auch endlich 19 geworden.« Sophie plapperte munter weiter. »Rafael war ja wieder sooo süss du glaubst es nicht. Candle Light Dinner zum Jahrestag und…«

Wie ein Wasserfall sprudelten die Worte nur so aus ihr heraus und versorgten ihn mit den neuesten Infos und dem Klatsch und Tratsch über ihren Freund, die alten Mitschüler. Auf einmal stoppte sie kurz, holte einmal Luft und fuhr im gleichen Tempo dann weiter. »Was ist denn los, Kleiner? Ich merke doch, dass was nicht in Ordnung ist. Sonst bist du doch nicht so ruhig. Deine Rents wieder? Hm.. Rafael und ich wollten nachher noch bei Dir vorbei schauen. Soll ich jetzt schon kommen? Dann müsst ich noch rasch Fabian und Susanne anrufen, die wollten wissen, wo denn heute gefeiert wird. Ach ja genau, wo willste denn heute Abend hin? Hm… vielleicht ins Blaze, das hat in der City neu eröffnet. Wir könnten natürlich auch…. «

Als Sophie endlich mal wieder kurz Luft holte, nutzte Felix die Atempause, um ihren Redeschwall zu unterbrechen. Er mochte dieses verrückte Persönchen. Dieser quirlige Rotschopf mit Energie für zwei war seine beste Freundin, aber sie konnte einem die Ohren wegquasseln, wenn sie mal loslegte.

Rasch erklärte er ihr, es sei alles in Ordnung. Er wolle nur ne Weile alleine sein und würde etwas in den Park gehen. Sophie hakte noch einige Male nach, akzeptierte dann aber leicht murrend seine Antwort und verabschiedete sich.

Erleichtert steckte Felix das Handy wieder in die Jackentasche. Im Augenblick wollte er keine Gesellschaft. Er würde es Sophie später erklären, doch im Moment wollte er einfach nur in Ruhe gelassen werden. Sie würde nachher zwar ein paar Minuten etwas schmollen aber mit etwas Schokolade oder Keksen würde sie ihm auch das »Anschwindeln« nachsehen. Immerhin kannte er ihre grosse Schwäche dafür.

Eine kühle Brise ließ ihn frösteln und er wickelte den Schal etwas fester. Es war erst Mitte September, aber von spätsommerlicher Wärme keine Spur.

Felix steckte seine Hände in die Taschen und marschierte zielstrebig in Richtung Stadtpark. Da gab es einen kleinen künstlichen See, an dessen Ufer eine geschützte Ecke war. Dort verkroch er sich gerne, wenn er nachdenken wollte. Mit dem Bus wäre der Weg zwar kürzer gewesen, aber er wollte lieber zu Fuss gehen. So konnte er besser nachdenken und den Kopf auslüften.

Es schien so, als wären heute ungewöhnlich viele Leute auf der Strasse unterwegs. »Na, die wollen wohl alle die Sonne genießen, nachdem es nun drei Tage ohne Unterbrechung geregnet hatte«, dachte er bei sich und hoffte, dass es wenigstens im Stadtpark nicht überfüllt war. Im Moment konnte er auf nervendes Kindergekreische verzichten.

Ein knurrendes Geräusch ließ ihn kurz stillstehen. Stirnrunzelnd legte er sich die Hand auf den Bauch. »Hmpf, na klar… kein Frühstück.« Immerhin hatte er seit gestern Abend nichts mehr gegessen, und Felix war sowieso fast immer hungrig.

Beim nächsten Supermarkt stoppte er kurz und kam, nach einem entnervenden Anstehen vor der Kasse mit schreienden Kleinkindern vor und hinter sich, mit einem Rucksack voller Schokoriegel, Weingummis und einer Flasche Wasser nach kurzem wieder raus.

Etwa 20 Minuten später sah er vor sich die geöffneten Eisentore des Parks. Erleichtert stellte er fest, dass sich die Schar der Leute in verkraftbaren Grenzen hielt. Felix schlenderte nun in gemächlichem Tempo den geschlängelten Weg entlang. Im Licht der Sonne funkelten die kleinen, noch an den Grashalmen hängenden Wassertröpfchen. Felix atmete tief ein und genoss die frische Luft.

Bei der nächsten Weggabelung blickte Felix sich kurz um, verließ den Weg und ging quer durch die Büsche aufs Seeufer zu. Eigentlich war es ja verboten, quer über die Wiese zu gehen, aber das war ihm egal. Dort am Ufer, umgeben von einigen Felsen, Bäumen und Büschen setzte er sich auf einen großen Felsbrocken, der nahe des Ufers aus dem Boden ragte. Glücklicherweise hatten die Blätter erst begonnen sich zu verfärben, so das zwar schon erstes nasses Laub am Boden lag, sein Versteck jedoch immer noch gut vor unerwünschten Blicken geschützt war.

Während er seinen Blick übers Wasser gleiten ließ, schien alles an Bedeutung zu verlieren. Der Ärger mit seinen Eltern, die Schreibblockade…

Felix schloss seine Augen und begann vor sich hinzuträumen. Nur das leise Plätschern des Wassers, der Wind in den Blättern und zwischendurch leises Vogelgezwitscher durchbrachen die entspannende Stille.

Gerade als er glaubte, endlich einen Ansatz für die Wettbewerbsgeschichte zu haben, unterbrach ein lautes Knacken seine Konzentration, und die gerade erst gewonnene Idee löste sich im Nichts auf.

Wütend über die Störung sprang Felix auf und blickte gereizt um sich. Welcher Idiot wagte es, ihn zu stören. An diese Ecke des Parks verirrte sich doch sonst niemand. Alles schien sich gegen ihn verschworen zu haben, wenn er schon nicht mal mehr hier seine Ruhe hatte.

Da! Es knackte schon wieder. Wütend verengten sich Felix' Augen zu schmalen Schlitzen und die stahlblauen Augen glitzerten eisig. Schnell folgte er dem Geräusch. Wehe, wenn er den Übeltäter erwischen würde. In dem Moment vergaß er vollkommen, dass er selbst genau so wenig hier am Ufer sein durfte. Nach dem ganzen Ärger war er nun gereizt genug um dieser Nervensäge mal kräftig den Kopf zu waschen.

Er blickte sich um, doch er konnte niemanden entdecken. Schon glaubte er, sich geirrt zu haben, als er auf einem schmalen Pfad vor sich jemanden schnell vorbeihuschen sah. Leicht verwirrt schüttelte er den Kopf. Hatte er doch im ersten Augenblick tatsächlich geglaubt bei dem Mädchen – zumindest glaubte er, dass es eines gewesen war – spitze Ohren gesehen zu haben.

»Ich lese zuviel Fantasy«, schalt er sich selbst. »Spitze Ohren, das gibt es in Wirklichkeit doch gar nicht. Das war ein ganz normales Mädchen, welches vermutlich den Eltern entwischt ist.«

Auf einmal sah Felix zwischen den Wurzeln und Blättern auf dem schmalen Pfad etwas am Boden funkeln. Anscheinend hatte das Mädchen dies verloren. Er bückte sich und hob den Gegenstand auf. Es war ein etwa 7 cm breiter, flacher silberner Armreif, der trotz der Größe überraschend leicht war. Interessiert musterte Felix ihn. Bis auf einige Verzierungen war die Oberfläche des Armreifes völlig glatt.

Die beiden Ränder wurden von je drei Silberfäden eingefasst, von denen der mittlere gedreht war. Auf der oberen Seite war eine Verzierung, die entfernt an eine Sonne erinnerte. In der Mitte war eine kreisrunde, leere Vertiefung, um die sich ein gedrehter Faden schlang und sich in einem verschlungenen Muster fortsetzte. Dieses wurde von einem Kreis kleiner, silbernen Kugeln eingefasst. Dieser Kreis lag mitten zwischen vier weiteren, aber wesentlich kleineren Vertiefungen. An diesen vorbei liefen mehrere, in einander verschlungene silberne und goldene Linien die in strahlenförmigen Mustern endeten.

Dies alles erfasste Felix in wenigen Augenblicken und steckte den Reif in seine Jackentasche. »Hey, warte!« schrie er dem Mädchen nach. »Du hast was verloren!« Seltsamerweise schien der Pfad immer weiter in den Wald hinein zu führen. Dabei verdiente diese kleine Ansammlung von Bäumen den Namen Wald kaum. Felix rannte ihr weiter nach und übersah dabei die Baumwurzel, die mitten am Weg aus der Erde ragte.

Mit einem Aufschrei stürzte Felix, der Boden kam rasend schnell näher, und er schlug mit dem Kopf hart auf einem Stein auf, sein Kopf schien zu explodieren, alles wurde schwarz und eine eisige Kälte hüllte ihn ein.

Nachwort

So, dies war nun mal der erste Teil meiner neuen Story. ;-) Kleine Cliffhanger sind doch was Schönes, nicht wahr? *gg*

Aber der zweite Teil drängelt auch schon stark in Richtung Veröffentlichung. ;-)

An der Stelle mal ein Danke an Björn, Dirk, Gwydi, Konni, Lasse und Marcy fürs Korrekturlesen, die Anregungen etc., von denen man allerdings wohl erst im zweiten Teil mehr mitkriegen wird *fg*

Bis dahin: Lob; Kritik etc an neskaya@nickstories.de

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