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Kalanja'neiu - Legende einer vergessenen Welt
Teil 4
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Informationen
- Story: Kalanja'neiu - Legende einer vergessenen Welt
- Autor: Neskaya
- Die Story gehört zu folgenden Genre: Fantasy und Mystery
VIII
Felix grinste noch zufrieden darüber, wie Manju es endlich diesem Drachenkrieger heimgezahlt und sich dann zum Essen neben ihn, Felix, ins Gras gesetzt hatte. Als Manju ihn kurz anlächelte überlief es ihn heiß und ein wohliges Gefühl breitete sich in seinem Magen aus. Manju mochte ihn! Er musste sich beherrschen, dass er die kleine Distanz zwischen Manju und sich nicht einfach überbrückte, um sich an die Seite des Elben zu kuscheln. Er malte sich bereits in den buntesten Farben aus, wie es nun weiter gehen würde.
Sicher würde es nicht mehr lange dauern, bis Manju zu seinen Gefühlen stand. Während er noch seinen Gedanken an zärtliche Umarmungen, heiße Küsse und mehr nachhing, regte sich noch etwas anderes und Felix begann auf einmal nervös herumzuzappeln und bemühte sich, an Frau Dittmeier, die Schreckschraube von Mathelehrerin, zu denken.. puuuh… zum Glück wirkte der Trick mit der Schreckschraube noch immer.
Etwas entspannter lehnte er sich wieder zurück an den hinter ihm liegenden Baumstamm und dachte nur daran, wie gut es doch war, dass Sophie nicht hier war. Er kannte doch seine Freundin. Sie hätte ihn mit hochgezogener Augenbraue angesehen, sich über seinen knallroten Kopf und seinen Zustand kaputt gelacht und die nächsten zehn Jahre damit verbracht, ihn deswegen aufzuziehen.
Das Lächeln, das bis eben noch auf seinen Lippen lag verschwand. Die leichte Traurigkeit, die Felix immer befiel, wenn er an Sophie und seine Freunde dachte, hielt jedoch diesmal nicht sehr lange an. Schon wenige Minuten später lag wieder dieses verklärte Lächeln auf seinem Gesicht und er döste ein wenig vor sich hin. Eine Bewegung neben sich weckte ihn und er runzelte unwillig die Stirn, als Manju auf einmal Konjaru hinterher ging, aber es kümmerte ihn nicht weiter. Für den Moment war Felix einfach glücklich.
Als die letzten Sonnenstrahlen hinter dem Horizont verschwanden ergriff ihn eine seltsame Unruhe. Manju blieb viel zu lange weg… etwas konnte da nicht stimmen. Felix beschloss, nach den beiden zu suchen. Er blickte sich um. Dank dem hellen Vollmond und den Sternen konnte er seine Umgebung noch gut genug wahrnehmen. Bei der kleinen Baumgruppe dösten die Drachen vor sich hin. Die Elben hatten sich auf der Wiese verteilt und legten sich allmählich zum Schlafen nieder. Doch keine Spur von den beiden. Einige noch schwach sichtbare Fußspuren im Gras lenkten seine Aufmerksamkeit auf einen der Hügel, die sie umgaben. Er folgte den Spuren durch das fast kniehohe Gras und nach wenigen Minuten hörte er ihre laut streitenden Stimmen – dann auf einmal schon fast unheimliche Stille. Panik ergriff ihn. Was war geschehen? Hatte Konjaru seinen Manju getötet? Er rannte hoch zum Hügelkamm. Oben angelangt blieb er abrupt stehen und starrte voller Entsetzen hinab.
Das helle Mondlicht ließ keinen Zweifel am Geschehen. Manju und Konjaru halbnackt in inniger Umarmung! Arme und Beine so ineinander verschlungen das kaum zu erkennen war, wem welcher Arm gehörte. Leises Kichern und Seufzen wurde durch den Wind hochgetragen und Felix' Magen zog sich zusammen. Wie konnten sie nur?!? Wie konnte dieser Drachenkrieger es wagen, ihm seinen Manju zu stehlen?! Er blieb wie versteinert stehen, unfähig seinen Blick von dem Geschehen abzuwenden oder wegzugehen. Wie unter Zwang beobachtete er jede Bewegung der beiden. Kein Kuss, kein zärtliches Streicheln entging ihm. Als die beiden sich aneinander kuschelten und friedlich einschliefen war es, wie wenn in seinem Innern etwas in tausend Stücke zerspringen würde. Tränen, die er vorher noch zurückgehalten hatte, rannen nun ungehindert über sein Gesicht. Er schluchzte laut auf, drehte sich um und rannte so schnell er konnte davon. Weg von Manju und diesem Dieb von Konjaru. Einfach weg von allem.
Erst als er das schwelende Lagerfeuer kaum mehr sehen konnte blieb er stehen und ließ sich ins Gras fallen. Sein Körper wurde von Schluchzern geschüttelt. Heiße Tränen der Trauer, Wut und Enttäuschung durchnässten seinen Ärmel und eine rasende Eifersucht wütete in ihm.
Yashi schreckte aus dem Schlaf hoch. Etwas stimmte nicht. Die Nacht war dunkler geworden, schon beinahe zu dunkel. Weder das Licht des Mondes noch die funkelnden Sterne waren zu sehen, wie wenn sich ein düsterer Mantel um das Lager gelegt hätte. Er horchte in sich hinein. »Ich muss Felix finden«, murmelte er beunruhigt und blickte sich suchend um. Angestrengt spitzte er seine Ohren. Da, er hörte etwas und schwebte los. Leise Schluchzer wiesen ihm den Weg.
»Geh weg!«, schrie ihm Felix entgegen. »Ich will alleine sein. Lasst mich alle ihn Ruhe!«
»Du hast also Manju und Konjaru zusammen gesehen, mein Junge«, stellte er mit ruhiger Stimme fest. Yashi schüttelte kaum merklich den Kopf und seufzte. Genau so etwas hatte er kommen sehen. »Ich weiß, dass es für dich schmerzlich ist Felix, aber…«
»Du wusstest es also! Anscheinend haben es alle gewusst. Nur ich dummer kleiner «Seltling» war blind!«. Voller Verachtung schleuderte er Yashi diese verhasste Bezeichnung entgegen und als er sah, wie dieser zusammenzuckte, regte sich kurzes Bedauern in ihm.
»Ich habe dich schon lange nicht mehr so genannt Junge«, Yashi blickte ihn betrübt an.
»Aber ihr alle denkt es doch! Ihr behandelt mich wie ein seltsames Ding! … und Manju… wie kann nur… Die beiden hassen sich doch. Es kann einfach nicht so sein. Er sollte mich so in den Armen halten und mich küssen…. und nicht diesen Dieb Konjaru!«
Der verzweifelte Ton und Felix' Gefühle überrollten Yashis Geist wie eine Welle. Manchmal wünschte er sich, dass seine Fähigkeit, die Empfindungen anderer zu spüren, nicht so ausgeprägt wäre. Erinnerungen an seine eigene erste große, und auch unerwiderte, Liebe flackerten kurz auf. Lag es auch schon 500 Jahre zurück, Yashi wusste noch genau, wie er sich gefühlt hatte.
»Hass und Liebe liegen so nahe beieinander. Niemand konnte wissen, dass es sich so entwickelt. Aber Konjaru ist kein Dieb Felix. Manju gehörte dir nur in deinen Träumen. Im Moment zerreißt es dich, doch es wird vergehen. Du bist jung und die nächste Liebe wartet bereits irgendwo auf dich.«
»Pah! Was weißt du schon wie ich mich fühle? Du redest wie eine Briefkastentante.«
»Auch wenn man es sich kaum vorstellen kann, ich war selbst mal ein jugendlicher Grünling«, Yashi schmunzelte bei der Erinnerung daran. Ein Blick auf Felix' trotzig vorgeschobenes Kinn ließ ihn seufzen. Heute Nacht konnte er wohl nicht zu ihm durchdringen. »Auch wenn du mir nicht glaubst. Kehr wenigstens mit mir ins Lager zurück. Hier draußen ist es zu gefährlich, die Noi'razu… Versuche deine Gefühle zu beherrschen Junge, denn in deinem Falle können sie gefährlich sein.«
Yashi drehte sich um, schwebte zu seiner Decke zurück und kuschelte sich gemütlich hinein. Als er hörte, dass Felix ihm folgte, atmete er erleichtert auf und schlief rasch wieder ein.
Wieder zurück im Lager, aber immer noch ein Stück abseits von den anderen, legte Felix sich auf seine Decke und starrte zu den Sternen über ihm. Ein Gedanke jagte den anderen. Seine bisherigen Erlebnisse hier, seine »richtige« Welt, Manju…. So aufgewühlt bekam er kein Auge zu und es dauerte lange, bis er schließlich erschöpft einschlief.
»Er schwebte in der Nacht, kein Stern erhellte den Himmel. Wie ein sanfter Mantel legte sich die Finsternis um seinen Körper und hüllte ihn ein. Aus dem Nichts flog eine kleine blutrote Kugel auf ihn zu. Ihr folgten weitere in blau, grün und gold. Wie kleine Monde umkreisten sie ihn. Schneller und immer schneller bis sie sich einem Wirbel gleich an ihm vorbei schossen auf einen großen, silberweißen Stern zu. Ein Gefühl der Wärme durchströmte ihn und er schwebte auf den Stern zu, der ihn zu rufen schien. Auf einmal… Er stoppte. Eine leise samtene Stimme lockte, reizte, lullte ihn ein. Felix gab nach. Es war so einfach sich zu ergeben. Er schmiegte sich in die tröstende Umarmung der Nacht. Völlig gefangen im Zauber der Dunkelheit hob er träge die Lider, als ein lästiges Summen zu ihm durchdrang und blickte auf den Stern. Die vier kleinen Monde waren verblasst und schwebten summend daneben… und der Stern. Sein Licht flackerte nur noch, während er von der Finsternis langsam verschlungen wurde. «Neeeiin!» Felix schlug um sich, versuchte die Trägheit die in erfasst hatte abzuschütteln.
«Nicht schon wieder!», eine dürre, leicht gebückte Gestalt schüttelte seine Faust drohend durch die Luft und wandte sich bebend vor Zorn um «Erst vereitelten sie, dass wir den Jungen töten und jetzt das! Nun da wir ihn lebend brauchen… da er die Prophezeiung schon in Gang gesetzt hat… Wir hätten ihn fast soweit gehabt Sire… Den magischen Dämpfer um den Jungen, damit sich der Grünling und die Elben nicht wieder einmischen… Er war schon in unseren Händen… ergab sich uns… Wenn nur die Monde nicht gewesen wären… »
Eine große dunkle Gestalt löste sich aus dem Schatten und trat zu ihm. «Übe dich in Geduld mein treuer Craynar, der Träumer ist schwach und von Gefühlen geleitet. Es sollte nicht schwer werden, ihn auf unsere Seite zu ziehen. Dies wird das Ende von Akshar, nein von ganz Kalanja'neiu sein.» Ein grausames Lachen hallte durch die leeren Gänge. Eiskalt überlief es Craynar beim Anblick seines Herrn.
Schwer atmend wachte Felix auf. Dieser Traum war anders gewesen. Einen Augenblick lang hatte er nachgeben wollen. Sich einfach fallen lassen und im Troste der Nacht alles vergessen. Gut konnte er sich noch an das Gefühl der Dunkelheit erinnern, die kurz die Kontrolle über ihn gewonnen hatte. Ob Yashi dies gemeint hatte, als er ihm sagte, dass von seinen Emotionen Gefahr ausging? Er fröstelte, schnappte sich seine Decke und legte sich neben Yashi nieder. Dieser kleine schlafende Grünling erschien ihm im Augenblick wie ein Rettungsanker, der im Falle einer weiteren solchen «Attacke» für Schutz sorgen würde.
IX
«Hm, was war das», unwillig krauste Manju seine Nase, als ihn etwas kitzelte. Da schon wieder. Langsam öffnete er die Augen und blickte direkt in die blaugrünen Konjarus. Manju lächelte ihn verschlafen an und fuhr ihm mit der Hand über den Kopf um ihn dann zu einem leidenschaftlichen Kuss zu sich hinunter zu ziehen. Mit einem warmen Lachen lösten sie sich nach einer Weile voneinander. Konjaru strich sich mit der Zungenspitze über die Lippen und grinste seinen Elben verschmitzt an.
«Hör auf damit mein Krieger oder wir werden noch den Aufbruch der anderen verpassen»; neckte Manju, zeichnete mit seinen Fingern Kreise auf Konjarus Brust und kuschelte sich erneut an ihn. Dann stellte er die Frage, die ihm schon lange auf der Zunge brannte.
«Wieso hast du mich so angegangen meinCo'ru ? Woher diese Feindschaft gegen mich. Habe ich dir irgendwann Unrecht getan?»
Co'ru .. Liebster. Diese Anrede war Balsam für Konjaru. Er atmete tief durch und wählte sorgsam die Worte für seine Antwort. Nichts wollte er weniger, als durch unüberlegte Worte das zarte Band, das sich letzte Nacht gebildet hatte zerstören.
«Die Antwort ist simpel und doch kompliziert.» Er nahm eine Strähne von Manjus silberblondem Haar und ließ sie gedankenverloren durch seine Finger gleiten. «Wie eingewebtes Silber glitzert und funkelt es bei jeder deiner Bewegungen. Das Zeichen dafür, das du ein Ja'neisa bist.»
«Was hat meine Zugehörigkeit zu den Ja'neisa damit zu tun?»
«Alles! Oh die Ja'neisa lebten vornehm und isoliert von dem wahren Leben in ihren Palästen in Akshareen. Sahen in sich etwas besseres, da sie in direkter Linie von den Nei'sa abstammen. Den legendären Boten und Diener der Götter, die als einzige je einen der Großen in ihrer ganzen göttlichen Herrlichkeit gesehen hatten. Wir»normales« Volk begegnen nur selten einem der Götter und wenn, dann im Traum oder wenn dieser menschliche Gestalt hat. Nach dem Ende des großen Krieges, bevor der Rat der Weisen eingesetzt wurde, regierte deine Sippe. So beschloss die vereinigte Versammlung der Ja'neisa, dass jeder der nicht auf ihrer Seite stand und ihren Führungsanspruch über ganz Kalanja'neiu unterstützte ein Feind war. Die Drachenkrieger sahen keinen Grund, sich von den Drachen loszusagen und den Ja'neisa Gehorsam zu schwören. Wir sind den Drachen durch Blut und Magie verbunden. Niemals würden wir sie, unsere Lehrer, Brüder und Kampfgefährten im Stich lassen. Außerdem sind die Drachen genau so Kinder von Kalanja'neiu. Sie wurden noch vor den anderen Göttern geboren. Also wieso sollten wir, die wir von Ihnen abstammen unsere Knie vor Elben beugen? Wir schickten eine kleine Gruppe Botschafter nach Akshareen um unseren Standpunkt zu vertreten. Doch die Ja'neisa ließen sie nicht wieder abziehen. Sie haben die Drachenkrieger getötet. Was folgte war ein Krieg zwischen dem Drachenreich und Akshar. Grundlos hatten deine Vorfahren unsere Leute gemeuchelt und dafür mussten sie bezahlen. Dann kam der Rat der Weisen an die Macht und die Alleinherrschaft der Ja'neisa verschwand. Yagoda, Yashis Meister handelte mit uns einen Frieden aus. Eine magische Barriere würde von nun an jeden außer uns daran hindern, jemals wieder unerlaubt das Drachenreich zu betreten. Der Alte, ein riesiger feuerroter Drache, bestand jedoch darauf, dass Yagodas Lehrling, der kleine neugierige Yashi für eine Weile bei ihm bleiben sollte. Er sollte zum Botschafter zwischen den beiden Reichen werden.»
Leise auflachend unterbrach Konjaru kurz seine Erzählung. «Yashi lernte. Er lebte gut 200 Jahre mit uns. Debattierte mit den Drachen über wissenschaftliche Erkenntnisse, half die Lücke, die der Tod der meisten Drachenkrieger hinterlassen hatte, zu füllen, in dem er unsere Jungen zu neuen Kriegern ausbildete.»
Er endete und blickte Manju an. «Verstehst du nun?»
Manju blickte ihn völlig verwirrt an. Zum ersten Mal in seinem Leben erfuhr er von diesem Teil der aksharischen Geschichte. Konnte es denn sein, dass sein Clan diese schmerzliche Wahrheit einfach totschwieg? Ein Blick in Konjarus Augen, eine Berührung seines Geistes und die Wahrheit lag offen vor ihm. Die Elben, allen voran die Ja'neisa, waren schon immer gut darin gewesen, unangenehme Wahrheiten einfach so zu behandeln, als ob sie nie geschehen wären. Gepeinigt schloss Manju die Augen und barg sein Gesicht in den Händen. Oh, wie konnte seinCo'ruihn nur lieben? Beim Gedanken an die Taten seiner Ahnen wurde ihm übel. Durch seine Hände murmelte er:
«Ja, ich verstehe dich. Mehr als nur einen Grund hattest du für deine Abneigung… und würde es mir zustehen mich im Namen meiner Sippe zu entschuldigen würde ich es tun. So aber kann ich nur für mich selbst sprechen.»
Manju wandte sich ab. Er konnte ihm so nicht in die Augen blicken. Konjaru rückte zu ihm, griff sanft aber bestimmt nach Manjus Handgelenken und zog ihm die Hände vom Gesicht weg. Sachte, wie um den Elben nicht zu erschrecken, hauchte er ihm einen Kuss auf den Mund.
«Wichtig ist nur, dass Du verstehst. Oh, was wird Yashi sich die Hände reiben. Ein Drachenkrieger und ein Ja'neisa ein Paar.» Er gluckste.
«Sag malCo'ru , wie alt bist du, wenn du das alles miterlebt hast?»
«Oh, das war vor meiner Zeit. Ich war eines der letzten Kinder, die noch von Yashi unterrichtet worden waren, bevor er begann, wieder vermehrt in Akshar zu leben und zu lehren. Aber um deine Frage genau zu beantworten: 300 Jahre also wohl etwa gleich alt wie du mein Lieber. Nun komm, die Sonne ist schon so weit aufgegangen, dass wir bald aufbrechen müssen.»
Sie standen auf und fischten ihre Kleidungsstücke aus dem noch taufeuchten Gras. Konjaru schüttelte seinen Mantel bereits aus und zog ihn eilig an, während Manju noch auf der Suche nach seinem Wams und der Tunika war. Nach einem letzten Kuss eilte Konjaru voraus, um nach den Drachen zu sehen.
Manju hatte es nicht so eilig. Mit einem seligen Grinsen im Gesicht richtete er seine Kleidung und strich sich mit den Fingern durchs lange Haar, um auch die letzten Grashalme raus zu kämmen, bevor er wieder ins Lager ging. Auf halbem Weg sah er schon den kleinen Grünling, der in unverwandt musterte. Als Manju näher kam sah er, dass Yashis Augen amüsiert funkelten und er mühsam ein Lachen zurückhielt. Noch bevor er fragen konnte, was denn sei, kicherte Yashi schon los.
«Dass ich das noch erleben darf, allerliebst! Nach 270 Jahren ist es endlich geschehen. Manju Ja'neisa, immer piekfein gekleidet, nie auch nur ein Knitter oder gar zerzauste Haare sieht aus, wie wenn er sich die ganze Nacht im Heu gewälzt hätte.» Manju lief puterrot an und versuchte eine Erklärung zu stammeln, was Yashi noch mehr lachen ließ.
«Hier kämm dich und dann sieh mal nach deiner Kleidung. Tunika und Wams haste verkehrt herum angezogen… von den Grasflecken auf deiner Hose reden wir schon mal besser gar nicht.» Mit den Worten reichte er Manju einen kleinen Kamm und ließ den Elben zurück, dessen Gesicht inzwischen an eine Tomate erinnerte. Er blickte an sich herunter. Wahrlich, so konnte er sich nicht im Lager zeigen. Nach einigen Malen tief durchatmen hatte er sich wieder soweit unter Kontrolle, dass er die Augen schloss und sich fest konzentrierte. Die Ja'neisa waren die einzigen Elben, die ihre Kraft aus sich selbst und nicht aus der Natur um sich zogen, was oft mehr Konzentration und Willen erforderte.
Langsam schwoll in seinem Innern ein kleiner silberner Ball, die Quelle seiner Magie, an und pulsierte voller Energie. Manju stupste ihn mit den Gedanken leicht an und projizierte das Bild sauberer Kleidung vor seinem Inneren Auge. Feine silberne Fäden schossen aus ihm heraus und wickelten ihn in ein und verschwanden nach einigen Minuten wieder. Manju öffnete die Augen und sah an sich hinunter. Jeder noch so kleine Fleck und auch jeder Knitter war verschwunden. Wie sollte es auch anders sein? Immerhin hatte er diesen Trick in den vergangenen Jahrzehnten perfektioniert, da er es einfach nicht leiden konnte, wenn seine Kleidung Falten oder Knitter aufwies. Rasch kämmte Manju sich noch die Haare und eilte dann ins Lager hinunter.
Im Lager spürte man kaum eine Veränderung. Sakuna und Nimjaru blickten ihren Anführer zwar mit hochgezogenen Augenbrauen an, aber sie stellten keine Fragen. Konjaru war seit einigen Jahren ihr Clanführer und hatte sich durch seine Umsicht und weisen Entscheidungen schon unzählige Male bewährt. Er wählte sich einen Ja'neisa zum Mann…nun gut. Sakuna und Nimjaru verstanden ihn zwar nicht, aber sie respektierten seine Wahl.
Inzwischen waren alle reisefertig und die Elben teilten sich wie schon am Vortag auf die drei Drachen auf. Während Yashi darauf wartete, dass die Drachen abflugbereit waren, fühlte er ein leichtes Kribbeln im Nacken. Jemand beobachtete ihn und die Gruppe! Er horchte in sich hinein. Stand ein Angriff der Dunkelelben oder anderer Noi'razu bevor? Doch es war kein warnendes Gefühl wie sonst immer. Im Gegenteil. Es war ein friedliches angenehmes Kribbeln von dem ihm warm wurde. Seltsam. So etwas hatte er noch nie erlebt. «Ich muss meinen Meister fragen, ob er dafür eine Erklärung hat», murmelte Yashi und konzentrierte sich wieder auf die Reisevorbereitungen.
Eigentlich hatte er sich hier in dieser Baumgruppe nur versteckt, um für eine Weile wieder alleine zu sein. Sein Clan kannte dies inzwischen und respektierte seine Eigenheiten. Zum Glück dauerte es diesmal nur kurz. Schon wollte er wieder zurückkehren, als er auf die Reisegruppe aufmerksam wurde. Vor allem einer fesselte sein Interesse. Er war von einer seltsamen Aura umgeben, die ihm einen Augenblick des Friedens schenkte. Doch da fühlte er es schon wieder! Gequält schloss der junge Mann die Augen und glitt lautlos vom Baum hinab und rannte so schnell er konnte weg. Er würde nicht zulassen, dass seine Bürde nun auch noch diesen faszinierenden Grünling traf.
Konjaru winkte Yashi und den Seltling zu sich. Als Felix plötzlich losrannte und Asa bat, mit ihm den Platz zu tauschen. Sie verstand nicht genau, weswegen Felix nicht mehr auf Silberklaue mitfliegen wollte, doch sie tauschte gerne. Sie eilte auf die Wartenden zu, beantwortete Manjus fragenden Blick mit einem ratlosen Schulterzucken und stieg auf. Kaum saß der letzte oben, gab Konjaru das Zeichen und die drei Drachen erhoben sich in die Luft. Felix, der nun zwischen zwei Elbenkriegern saß, hatte keinen Blick für die unter ihm liegende Landschaft. Erst als sein Vordermann etwas rief, blickte er nach unten.
Die Hügel waren kleiner geworden und gingen nun in eine weite Ebene über. Das satte Grün wurde nur durch die zwei Flüsse, die sich hindurchschlängelten unterbrochen. Inzwischen wusste Felix, dass sie Liu und Bashnu hießen. Vereinzelte kleinere Baumgruppen und weitere kleine Dörfer und Städte waren erkennbar.
Ein lauter Schrei, der an einen Raubvogel erinnerte riss Felix aus der Betrachtung der Landschaft und irritiert bemerkte er, dass die Drachen etwas höher stiegen.
«Wieso fliegen wir höher, Sakuna?»
«Hast du den Schrei gehört? Da vorne die Klippen, wo der Bashnu sich gabelt und der Bishani, er deutete auf den Nebenarm des Flusses, entsteht, lebt eine Greifenfamilie. Während der Brutzeit sind sie sehr leicht reizbar. Darum fliegen wir etwas höher um einen Zusammenstoß zu vermeiden. Schau, da siehst du gerade einen. Ein hübsches Jungmännchen.»
Felix blickte in die Richtung die Sakuna ihm zeigte. Greife, wieso auch nicht? Immerhin gab's hier auch Elben und Drachen. Er glaubte, ihn könne nichts mehr überraschen. Doch als er den fliegenden Greif sah, revidierte er das. Der Körper glich einer riesigen, gefiederten Katze und ging harmonisch in den Kopf über, Schnabel und Flügel ähnelten denen eines Adlers und die in der Sonne glänzten seine Federn wie mattes Gold. «Einfach wunderschön», hauchte Felix. Erneut stieß der Greif einen glockenhellen Schrei aus und Konjaru bedeutete den andern, einen noch weiteren Bogen um den Greifenhorst zu fliegen.
«Da vorne ist Akshareen», rief der Drachenkrieger, um das Geräusch der schlagenden Drachenschwingen zu übertönen. «Wir werden wohl in weniger als einer Stunde dort sein.» Felix blickte in die angegebene Richtung und da sah er sie…. die Stadt Akshareen, das Ziel ihrer Reise. Sie schimmerte hell im Licht der untergehenden Sonne und außer ihren Umrissen war kaum etwas zu erkennen. Doch dies änderte sich, je näher sie kamen.
Rund um einen Hügel gebaut, von einer hohen Mauer umschlossen, lag sie da. Auf dem Hügel befand sich ein großes Gebäude mit riesigen Fenstern, welches stark an eine Halbkugel erinnerte. An den Hängen des Hügels, rund um diese Halbkugel angeordnet, konnte Felix sieben Tempel erkennen, die ihn mit ihren hohen Säulen und Architektur entfernt an den letzten Familienurlaub in Griechenland erinnerten. Am Fuße des Hügels war eine kleinere Mauer, die diesen Bereich von der restlichen Stadt trennte und nur dort unterbrochen wurde, wo ein breiter Weg den Hügel hinauf führte. Ob dieser abgesonderte Bereich eine Art Tempelbezirk war? Felix beschloss, Yashi darüber auszufragen und vertiefte sich erneut in die Betrachtung Akshareens.
Die restliche Stadt teilte sich in mehrere Viertel. Am einen Ende waren Gebäude mit Türmen und hohen Fenstern erkennbar, zwischen denen viele Bäume wuchsen. In einem anderen Bereich waren einige igluartige Häuser. Doch die Mehrheit waren schlichte würfelartige, teilweise auch doppelstöckige Bauten mit flachen Dächern, auf denen oft ein kleiner Garten zu finden war. Zwischen dem Haupttor in der Stadtmauer und dem Weg den Hügel hoch lag ein großer Platz. Felix, hoffte, dass es ihm gestattet werden würde, das Ganze mal zu Fuß und bei hellem Tageslicht zu besichtigen.
Inzwischen war die Sonne kaum noch zu sehen und die Drachen begannen mit einem leichten Sinkflug. Im letzten Licht des Tages schimmerte Akshareen wie eine große Perle und funkelte mit den ersten Sternen, die allmählich sichtbar wurden um die Wette.
«Wie in Sternenstaub gehüllt», murmelte Felix und erschrak, als sich Sakuna zu ihm drehte und antwortete.
«Erstaunlich junger Träumer, doch du sprichst wahr. In der alten Sprache, die hier vor Hunderten von Jahren einst gesprochen wurde, heißt Akshareen »Stadt der Sterne«. Jedes Gebäude, jeder Mauerstein ist mit diesem weissen Verputz verkleidet, der niemals schmutzig wird oder seinen Glanz verliert. Es heißt, dass Vadin einst durch das Land wanderte und auf diesen Ort stieß. Zu Beginn standen nur die Tempel und ein Versammlungsraum, wo sich die Weisen aus allen Völkern austauschten. Dies gefiel dem Gott der Weisheit und er wurde zum Schutzheiligen dieser Stadt. Um zu zeigen, dass sie etwas Besonderes war, holte er selbst Sterne vom Himmel und blies deren Staub über die Stadt. Seit jenem Tag glitzert Akshareen wie ein Stern in der Nacht und je größer sie wurde, umso mehr wuchs ihr Glanz.»
Während Sakuna seine Erzählung beendete, landeten sie auch schon nahe einiger Bäume in der Nähe der Stadt. Kaum waren alle abgestiegen winkte Konjaru die beiden anderen Drachenkrieger zu sich und unterhielt sich leise mit ihnen. Fragend blickten die Elbenkrieger sich um und scharrten sich um Manju, der ihnen die Situation erklärte.
«Wir können mit drei Drachen in der Größe nicht direkt vor den Stadttoren auftauchen. Es mag ja Nacht sein, aber die Gefahr, dass man es als Angriff werten würde ist groß. Also werden wir von hier an zu Fuß nach Akshareen wandern. Es ist nicht weit und wir dürften in weniger als einer Stunde ankommen.»
Flügelschlagen erklang und sie sahen wie Sakuna und Nimjaru mit ihren Drachen und Silberklaue zurück in Richtung Drachenreich flogen. Doch Moment, wo war Konjaru? Felix drehte sich um und stellte mürrisch fest, dass dieser vermaledeite Drachenkrieger noch an Ort und Stelle stand und Manju angrinste. Er seufzte und versuchte die aufkommende Wut zu unterdrücken. Nur zu gut hatte er die vergangene Nacht und die seltsamen Traumerlebnisse noch in Erinnerung.
«Gut so mein Junge», Felix erschrak, als Yashi auf einmal neben ihm schwebte. «Sehr gut Felix, lerne dich zu beherrschen. Nimm deine Tasche und komm, wir müssen so schnell wie möglich in die Stadt gelangen.»
Stumm marschierten sie auf die schimmernde Stadt zu. Jedoch steuerten sie nicht das Haupttor, sondern eine kleine Seitenpforte in der Mauer an. Manju trat gerade vor, um sie zu öffnen als auf einmal…
Die Spitze eines Speers bohrte sich zwischen Felix' Schultern und er sah im Mondlicht, dass auch die Elbenkrieger ihre Hände hoben. Er wagte kaum zu atmen. Noch stach die Spitze nur unangenehm aber dies konnte sich jederzeit ändern.
«Wen haben wir denn da?», eine weiche leicht schleppende Stimme erklang und irgendwie erinnerte sie Felix an ein leichtes Schnurren. «Na das wird unserem Herrn aber gefallen, dass wir euch hier vor der Stadt aufgegriffen haben.» Der Druck der Speerspitze verstärkte sich und einmal mehr fragte Felix sich, wo er um Himmels Willen hier nur reingeraten war.
Nachwort
Ja, ich weiß, dass ich fies bin. *gg* Aber ich liebe nun einmal solch netten Cliffhanger. ;-)
Nun seid gespannt wies weitergeht… es warten noch einige Überraschungen auf unsere Helden und auch auf euch. *g*
Bis dahin.. Lob und Kritik an mich, allfällige Rechtschreibfehler dürfen behalten werden *ggg*
Eure Nessi
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