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Nils und Jakob
Der Beginn einer Freundschaft
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Informationen
- Story: Nils und Jakob
- Autor: Reini
- Die Story gehört zu folgenden Genre: Coming Out, Lovestory
Inhaltsverzeichnis
Nils
Da saßen wir nun nebeneinander auf der Bank in der kleinen Schutzhütte und starrten missmutig in den Regen.
„Toll blöder Urlaub!“, brummte Jakob, „hier drin ist es stickig heiß, draußen regnet’s blöde Hunde und Katzen!“.
Er drehte sein Gesicht zu mir und sah mich an mit einer Miene, als wenn ich Schuld an dem Wetter hätte.
Dabei hatte ich unsere Ferienwanderung doch nicht nach dem Wetterbericht planen können, sondern musste mich nach dem Kalender richten.
Und dass es hier im Harz auch mal regnet, konnte für ihn ja auch kein Geheimnis sein.
„Hatte ich dir nicht ‚Regenkleidung’ auf die Liste geschrieben?“.
Er druckste rum, brummte dann: „Ja, hattest du. Aber dann hätte ich ja NOCH mehr schleppen müssen!“.
„Und nun? Nu wirste nass, oder wir stellen uns unter, so wie jetzt“.
Jakob sagte nichts mehr.
Wieder sahen wir nach draußen, wo es langsam dämmrig wurde.
„Wenn wir heute wirklich noch nach Torfhaus kommen wollen, müssten wir uns schon beeilen“, sagte ich, „oder wir übernachten hier. Erstens kostet das nix, zweitens is es weniger Stress!“.
Jakob brummte etwas Unverständliches und sah dann schweigend den Regentropfen zu.
Wenigstens war das Dach dicht.
Wenn er sich wenigstens dazu entschließen könnte, hier zu übernachten!
Ich hatte diesen Vorschlag nämlich nicht ganz ohne Hintergedanken gemacht. In ner Jugendherberge im Mehrbettzimmer zu nächtigen, war im Vergleich zwar komfortabler, aber hier in der kleinen Hütte wäre ich mit ihm allein und könnte, da wir zwangsläufig eng zusammenrücken müssten, vielleicht endlich Mut fassen und ihm gestehen, dass ich
1. schwul bin,
2. mich unsterblich in ihn verliebt habe und
3. – nun ja, 2 Vorhaben reichen ja. Fürs Erste
Jakob
Eigentlich wollte ich ja gar nicht in den blöden Harz.
Harz!
Wie das schon klingt!
So … klebrig, bäh!
Und nun noch dieses besch… dieses blöde Wetter!
Aber wenn deine Eltern in Scheidung leben, dann greifst du nach jedem Strohhalm!
Egal wohin, bloß weg!
Und, als ob das nicht reicht, da macht der blöde Nils mich noch fertig, weil ich das blöde Regencape vergessen hab, in den blöden Rucksack zu packen!
Ratet mal, wie ich das find?
Richtig!
Ich find das blöde!
Und jetzt noch bis in das blö… ok, ok, ich hör ja schon auf: und jetzt noch bis nach Torfhaus…
Torfhaus!
Das klingt so nach … Norddeutsche Tiefebene, braunes Wasser und Hochmoore.
Ich will nach Hause!
Ich könnt heulen, alles so … nass und klamm und regnerisch und trübe und – einfach BÄH!!!
Jetzt maul ich erstmal!
Soll mich jetzt bloß keiner von der Seite anquatschen, sonst hau ich dem in die blöde…
„Was sagst du, Nils?“
Nils
„Ich sagte: Was is denn nu? Hier einigermaßen trocken schlafen?, oder nach Torfhaus – was kuckste denn so? – nach Torfhaus schwimmen?“
Jakob seufzte ein Mal tief, sah mich mit seinen braunen Augen, die jetzt im Dämmerlicht fast schwarz funkelten, an und meinte dann ergeben: „Jo, dann schlafen wir eben hier in diesem blöden Loch! Damit Ruhe ist!“
„OK, ok, ich frag ja nur. Möööönsch, mach doch nicht so n Gesicht!
Du hast schon den ganzen Tag ne Laune, da könnt ich SOOOO n Hals kriegen!
Kein Wunder, dass das nur noch regnet --- was ist denn?
Was hast du denn auf einmal?
Heulst du etwa?
Jakob?
Was ist denn los…?
Du, das war doch n Scherz … ich … ach, hätt ich doch das Maul gehalten … komm mal her, ich hab das doch nicht bös gemeint, das sollte doch lustig sein …“
Und ich legte meinen Arm um ihn und gab ihm ein bisschen Trost.
Mann!
Was war ich doch für n Dussel!
(„Männer sind ja SOOO unsensibel!“)
„Komm, ich weiß doch, was du grade durchmachst mit deinen Ellis!
Weißt was?
Wir machen uns jetzt n schönen Tee, und dann zünden wir unsere Kerze an und kuscheln uns in meinen Schlafsack – “
Er sah mich ruckartig an.
„Was? Beide in einem? UND DAFÜR SCHLEPP ICH DEN GANZEN TAG MEINEN BLÖDEN SCHLAFSACK UMSONST AUF MEINEM BLÖDEN BUCKEL MIT MIR RUM???
DAMIT WIR JETZT BEIDE IN EINEM BLÖMMMMPH-“
Ich hielt ihm einfach den Mund zu.
So was KANN man ja nicht ertragen.
Mir war klar: ich musste ihn irgendwie beruhigen, sonst ginge diese einmalige Gelegenheit ungenutzt vorbei.
„Ich geb dir nachher auch einen Ohrstöpsel ab, dann können wir beide meine Mucke hören, ja?“
Jakob
Irgendwie war ich einfach nur genervt.
Von allem.
Von den blö… von den Eltern, die sich einfach nur noch stritten.
Und ich immer dazwischen!
Jacki, hol mal dies,
Jacki, hör nicht auf das, was dein Vater sagt,
Jacki, erzähl mir mal, was Mama tagsüber macht… ich KANNS nicht mehr hören!
Alleine Jacki!
Kein Mensch nennt mich Jacki.
Jacki!
Wie das schon klingt!
Hol mal dein kleines Jacki-jacki, wir wolln Ata-Ata … kotz!
Von dem blöden Wetter.
Warum können wir uns nicht auf den Balearen im Sand sonnen, wie die Familie das eigentlich geplant hatte?
Nee, da muss mein Vater früher nach Hause kommen, als gerade der Nachbar meiner Mutter den neuen Computer erklärt.
Dafür bin ich da, hat er gebrüllt.
Verlassen Sie SOFORT mein Haus, hat er geschrieen.
Am Hals kamen richtig die Adern raus, als er losbölkte.
Faszinierend!
Von Nils mit seiner Schlafsacknummer.
Nicht, dass ich nicht mit ihm im Schlafsack pennen würde.
Schließlich kennen wir uns schon seit dem Kindergarten.
Haben ne Menge miteinander erlebt.
Uns gegenseitig aus der Sch… gezogen, wenn es nötig war.
Wir verlassen uns aufeinander.
Wenn Pferde da wären, wir würden sie stehlen (oder so).
Aber MUSS er jetzt den Verständnisvollen raushängen lassen?
Das ist doch schon schlimm genug, dass ich schon wieder heulen könnte. Aber heulen kommt nicht in Frage!
Wie sagte der Typ im „Wunder von Bern“? Ein deutscher Junge weint nicht! Recht hat er!
Bin doch kein Waschlappen!
Was mit meinen Eltern wird, ist mir doch sch… egal!
Sollen sie mich am besten ins Heim stecken!
Da würd ich dann wegrennen, und das hätten sie dann davon!
Oh Mann, tut das weh!
Ich will nicht heulen!
Nicht vor Nils, meinem besten Freund!
Mit seinem ach so verständnisvollen Augenaufschlag!
Ich will nicht!
ICH WILL NICHT!!
Nils
Und da bricht es richtig aus ihm heraus.
Kaum sitzen wir im Schlafsack, eng zusammen, er vor mir, mit dem Rücken zu mir, meine Arme um ihn herum, sein Kopf an meiner Schulter, da hält er’s nicht mehr zurück.
Ja, so ist es gut, lass es raus!
Komm, mein kleiner Jakob, lieber Jakob, mein Jaköble, wein dich aus.
Ich bin für dich da.
Immer!
Du kannst dich auf mich verlassen.
Ich tröste dich.
Ich streichle dir über …
„Was ist denn jetzt los? Ich bin doch kein Baby!“
Jakob
Nils schreckt zusammen.
Hab ich das gerade laut gesagt?
Seine Hand, die mir tröstend und sacht über den Kopf gestrichen hat, hält inne.
Er: „Was meinst du?“.
Ich: „Ich bin doch kein Baby, das man streichelt, wenn es brüllt!“
Er, ruhig: „Nein, du bist kein Baby!
Du bist Jakob.
Mein bester Freund Jakob.
Und wenn du es nötig hast, mein bester Freund Jakob, dann werde ich, dein bester Freund Nils, dir über den Kopf streichen!
Und wenn du, mein bester Freund Jakob, weinen willst, weinen musst, dann weinst du eben.
Und wenn ich, dein bester Freund Nils, weinen will oder muss, dann hoffe ich, dass du, mein bester Freund Jakob, mich auch nicht im Stich lässt.
Dafür hat man einen besten Freund.
So funktioniert beste Freundschaft!“
Nils
Er dreht den Kopf zu mir herum und schaut mich verblüfft an.
„Was quatschst du n da für n Zeug?
Bisduschwulodawas?“
Ich, ganz ruhig: „Ja! Ich bin schwul.“
Er: „Nee, is klar!“
Ich: „Ich weiß das schon lange.
Hab mich nur nicht getraut, dir was zu sagen.
Wenn ich dir das sage, dachte ich, ist vielleicht deine Freundschaft vorbei.
Und jetzt schäme ich mich, dass ich dir zugetraut habe, dass du mir die Freundschaft kündigst.
Du kündigst mir doch nicht die Freundschaft?“
Er: „Das ist ja n Ding!“
Er weint nicht mehr, schnieft nur noch ein, zwei Mal.
Ich: „Ja! Genau das habe ich auch gemeint, als ich das gemerkt hab.“
Seine Tränen sind ganz weit weg.
Er bekommt den Gesichtsausdruck, den ich so an ihm liebe, etwas Lauern in den Augen, eine Spur Lächeln im Gesicht.
„Und wie … ich meine, wie stellst du dir denn das so vor?“
„Was, vorstellen?“
„Ich mein … ich weiß auch nicht, was ich mein“
Jetzt könnte ICH heulen!
„Jakob, mir ist das ernst!“
Er: „Nein!“
Ich: „Wie jetzt, nein“
Er: „Keine Kündigung!“
Jakob
WOW! Das war ja n Hammer!
Der Nils, wer hätte das gedacht!
Und ich hab mich schon gewundert, dass der nie mit ner blö… also mit ner Tussi rum gemacht hat.
Haben wir doch alle!
Nur eben Nils nicht, was ihn mir eigentlich noch sympathischer macht.
Dafür liebe ich ihn … na ja, das ist der falsche Ausdruck! Obwohl …
Ich sach ma so, wenn erstma so ne Tussi dazwischenfunkt, ist das bald aus mit ner Freundschaft wie unserer!
Das könnte ich nicht ertragen. Nils ist nämlich der einzigste, der sich um mich kümmert, wenn ich … also wenn ich mal …
Nils
Sag es ruhig: Wenn du mal heulen musst.
(Und „das heißt: einzige!“ – „Mach du deinen Klugscheißermodus ruhig wieder aus!“)
Das eben war übrigens n tolles Kompliment, gerade von Jakob!
Weil, der ist eigentlich nicht so für Komplimente.
Wenn ich ihm mal sage, wie ich mich freue, dass er nun da ist oder so, dann wehrt er immer unwirsch ab: Is ja gut! Lass ma stecken!
Weiß auch nicht, warum.
Irgendwie freut man sich doch, wenn einem was Nettes gesagt wird …
Doch zurück zu der Hütte, besser gesagt: zurück in den Schlafsack!
Mir ist nun doch ziemlich heiß geworden.
Man muss sich das vor Augen halten:
Da sitz ich, hab den liebsten Menschen vom ganzen Universum im Arm und erzähle ihm gerade, dass ich auf Jungs stehe.
Und er?
Er bleibt ganz cool, schreit nicht rum, flieht nicht aus dem Poof-sack, stößt nicht meine Arme weg – nichts von alldem!
Er sagt nur: „Nö, keine Kündigung“!
Mann, jetzt heule ich wirklich los.
Ich bin SO erleichtert!
Endlich hab ich es gesagt!
Und die Welt dreht sich weiter!
Und die Freundschaft geht weiter!
Und Jakob ist immer noch da, in meinen Armen!
Er: „Was heulst denn DU auf einmal?
Hallo?
ICH bin doch die Heulsuse in unserem Doppelpack!
Schon vergessen?“
Ich: „Nein, Jakob, DICH könnt ich nie vergessen!“
Er: „Was soll DAS denn nun heißen?
Mich vergessen!
Das könnt dir so passen! Wenn ich ausm Heim weg bin, dann sitz gefälligst da und denk an mich, verstanden?“
Ich: „Hä? Heim?“
Er, verlegen: „Ich meine … FALLS ich mal … IRGENDWANN …“
Er weiß nicht weiter.
Wie kommt er denn jetzt auf SOWAS?
Ich oute mir grad nen Wolf, und er faselt was von Heim?
Ich, wie zu nem Kranken:
„Pass mal auf, Jakob:
DU bist Jakob, ok?
Und ICH bin Heinrich Löwenherz, ok?
Und wenn dich irgendwer in ein Heim steckt, dann hol ich dich da wieder raus, ok? Da wird nix weggerannt!
Da wird schön gewartet, bis Heinrich kommt und dich da wieder rausholt.
Is das klar?
IS DAS JETZT EIN FÜR ALLE MAL KLAR????“
Und damit ist es mit meiner Fassung vorbei.
Ich schluchze hemmungslos und lasse meiner plötzlichen Stimmung freien Lauf.
Nun ist ER es, der mir über den Kopf streichelt, linkisch, zaghaft, ungelenk.
Und ich?
Ich GENIESSE das.
Jakob
Ich weiß ja auch nicht, was plötzlich in Nils gefahren ist.
Erst sagt er mir das schönste, was er sagen konnte, nämlich dass er mich aus dem blöden Heim holen würde, und dann lässt er ne Welle los, dass es bald drin nasser ist, als draußen!
Na, ist ja sein Schlafsack!
ICH hab ja noch nen Trockenen!
Aber da kommt er nur mit rein, wenn er nicht weiter heult!
Das DAS mal klar ist!
Nun sitzen wir da, ich versuche, ihn durch die Kraft meiner magischen Hände zu beruhigen (was auch zu funktionieren scheint, is ja klar! Supermans Hände!!) , und ich merke, dass mir immer wohler wird.
Wenn ich es bis jetzt nicht gewusst habe, dann weiß ich es nun:
Nils ist mein Freund.
Nils Löwenherz!
Der 50 kg wiegt, aber wenn der wütend ist, dann wiegt er nen Zentner!
Ist das nicht Grund genug, sich wohlzufühlen?
Wenn man so nen Menschen zum Freund hat?
Das vorhin war wohl doch nicht der falsche Ausdruck!
Dafür liebe ich ihn!
Ich liebe Heinrich-Nils Löwenherz!
Und dass er schwul ist, ist doch nicht mein Problem.
Immerhin KÖNNTE er ja jetzt über mich herfallen.
TUT er aber nicht!
Weil er mein FREUND ist!
Weil ich ihm WICHTIG bin.
Weil er mich aus nem Heim holen würde!
Weil er mich liebt!
Jawohl, weil er mich liebt.
Und ich – ich liebe ihn auch!
Fall ICH denn über IHN her?
Nein!
…
Was sind denn das für Gedanken, so wirres Zeugs.
Irgendwie scheine ich müde zu werden.
Kennt ihr das? Wenn man mal heulen musste, dann schläft man meistens ein.
Ist das - denn - so --- anstrengend?
Nils
Jakob wird auf einmal ganz still.
Ich auch.
Ich bin so zufrieden.
Ich habe es gesagt, und ich habe ihn im Arm.
Immer noch.
Und bin durch die Tränen ganz ruhig geworden.
Und werde müde---
Ganz --- müde.
Nils
Der nächste Morgen.
Die Sonne scheint, und wirft Sprenkel auf den Waldboden.
Nachdem wir uns draußen frierend – jeder für sich, versteht sich – an einem Baum erleichtert haben, kriechen wir erstmal wieder in den warmen Schlafsack und kuscheln uns aneinander.
„Sach ma, seit wann bist du denn ... andersrum?“
Ich: „Schwul. Es heißt: schwul.“
Er: „Ich dachte immer, schwul ist ein Schimpfwort.
So wie in „Bisduschwulodawas?“
Ich: „Eigentlich hast du Recht. aber wenn ich das über mich selber sage, dann ist das KEIN Schimpfwort mehr, dann kann ich sogar stolz drauf sein,
Und wenn dann irgend so ein Jakob kommt und fragt: ‚ Bisduschwulodawas’, dann hat er Pech, dann ist das eher was, wo ich drauf stolz bin.“
Er: „IRGEND SO EIN JAKOB??? ICH GEB DIR IRGENDSOEINJAKOB!“
Und er fängt an, mich durchzukitzeln.
Und er weiß doch, dass ich nicht kitzelig bin.
Dass ER aber SEHRWOHL kitzelig ist.
Dass er immer und immer wieder unsere Kitzelduelle verliert!
Na gut, wenn er das so haben will!
Er bricht vor Lachen und Keuchen fast zusammen, aber er macht immer weiter, und ich mache immer weiter und lache und keuche mit ihm.
Schließlich wehrt er sich immer wilder, und wir rollen uns in meinem Schlafsack herum, können gar nicht mehr kontrollieren, wo die kitzeligen Stellen sind, wo wir uns kitzeln, berühren, streicheln.
Auf einmal erstarrt er.
Ich stutze, frage: „Was ist denn jetzt los?“
Er, ganz leise: „Ach, nix…“
Er rührt sich nicht mehr.
Unsere Hände liegen genau da, wo wir sie zuletzt hatten, und nun bemerke ich: Er hat nen Steifen.
Ich bemerke das, weil ich meine Hände an seinen Pobacken wieder finde, wo ich ihn festgehalten hatte, damit er mit seinen Beinen nicht so wild zwischen meinen Beinen zappeln sollte.
Und seine Hände sind um meinen Hals, als wenn er mich erwürgen wollte, aber ganz … ja, ganz zärtlich!
Und sein Penis sticht nun genau in meinen Bauch.
Und meiner?
Der ist schon ne Weile auch hart.
Merkt Jakob aber nicht.
Weil, meiner ist viel tiefer, wo er nirgends rankommt.
Schade eigentlich!
Ich halte den Atem an.
Wage nicht, meine Stellung zu ändern.
Wage nicht, etwas zu sagen, diesen Augenblick zu zerstören.
Und er?
Er auch nicht.
Schämt er sich etwa?
Ach Jakob, meinetwegen musst du dich nicht schämen.
Ich liebe dich doch!
Jakob
Peinlich, peinlich!
Dabei hat das doch so n Spaß gemacht.
Ihn zu kitzeln, aber noch viel mehr, von ihm gekitzelt zu werden!
So beim Ringen oder Raufen oder Kitzeln kann man nämlich seinen besten Freund anfassen, ihn berühren, man kann an Stellen anfassen, an denen man das sonst nicht kann.
Und alles ist erlaubt, was sonst nicht erlaubt ist.
Man kann ihn an der Brust oder am Bauch berühren, feststellen, ob sich seine Brust oder sein Bauch genau so anfühlen, wie meine.
Man kann am Hintern anfassen, am Hals, im Gesicht, an den Ohren, eben überall.
Auch DA!
DA ganz besonders!
Das geht überhaupt nur, wenn man ringt oder rauft oder kitzelt.
Man kann seinem besten Freund ganz nah sein.
Man kann ihn drücken, ohne dass er was merkt.
Man kann ihn … ja, man kann ihn richtig lieb haben.
Da wird einem ganz anders.
Da fühlt man sich wohl.
Mach das mal auf der Straße!
Dann ist was fällig!
Als Mädchen, ja, da ist das was ganz anderes!
Wenn zwei Mädchen auf der Straße Hand-in-Hand spazieren, sich was ins Ohr flüstern, sich sogar küssen, ist das ganz normal.
Zwei Jungs?
Ha!
Bisduschwulodawas?
Da bleibt eben nur Ringen, Raufen, Kitzeln.
DANN ist das erlaubt.
Und dann so was!
Peinlich, peinlich!
Obwohl – ein schönes Gefühl ist es ja!
Jetzt bloß nicht bewegen!
Einfach genießen!
Hat er eigentlich auch nen Harten?
Mist, kann ich nicht sehen oder fühlen.
Wenn, dann ist der zwischen meinen Beinen.
Wenn ich die Beine n bisschen zusammen mache, könnte ich vielleicht …
Tatsache!
Er auch!
Geil: Nils hat nen Harten!
Da muss ja nichts mehr peinlich sein.
Ist es aber doch, irgendwie …
Nils
Auf einmal wendet Jakob sein Gesicht zu meinem, kuckt mich spitzbübisch an, mit einem leisen Anflug von Lächeln und mit etwas Lauern in den Augen – habe ich schon erwähnt, dass ich das an ihm so liebe? – und sagt:
„Ist doch eigentlich praktisch, oder?“
Ich: „Was ist praktisch?“
Er: „Wenn uns jetzt einer so sehen könnte, dann kannst DU sagen: ‚Ich steh eben auf Jungs!’, und ICH könnte sagen ‚Der is schwul, der hat mich verführt!’“
Ich, jetzt ganz ruhig, sage sanft: „Man könnte auch sagen: Ich liebe ihn!“
Er: „???“
Ich: „Ja, Jakob. Ich liebe dich!“
Er: „Mach keinen Quatsch!“
Ich: „Ich mach keinen Quatsch. Ich liebe dich.“
Mit seinen braunen Augen, die im Dämmerlicht eher schwarz funkeln, jetzt aber hell blitzen, sieht er mich groß an.
„Sag … das … noch … mal!“
„Jakob, auch wenn du jetzt ausflippst, auch wenn du jetzt mit mir nichts mehr zu tun haben willst, auch wenn du mich jetzt zum Teufel schickst: ICH LIEBE DICH.“
Jakob verstummt.
Jakob
Peng!
DAS haut mich glatt um!
Sagt so einfach ‚Ich liebe dich’.
Was soll ich davon halten?
Ich sehe ihn an.
Sehe das vertraute Gesicht.
Seinen etwas trotzigen Ausdruck in den Augen.
Wenn er diesen Ausdruck hat, dann ist Vorsicht geboten.
Dann meint er es verdammt Ernst!
Der meint das so!
Der macht keine Scherze.
Mann!
Nils, mein bester Freund!
Eben wollte ich ganz nah bei ihm sein, mich an ihn kuscheln, ihn drücken, ohne dass er was merkt.
Ich hab mich so wohl gefühlt dabei, dass ich n Harten gekriegt hab.
Und er hat auch n Harten gekriegt.
Kann denn das sein?
Kann DAS Liebe sein?
Liebe ich ihn auch?
Mhhh …
Nils
Und auf einmal verändert sich sein Gesichtsausdruck.
Eben kuckte er so, wie ich das so liebe.
Und nun wird aus dem Anflug von Lächeln, aus dem kleinen Lauern in den Augen erst Staunen, dann kommt ein kleines bisschen Sehnen in sein Gesicht.
Und da merke ich, da sehe ich: Er liebt mich auch!
Jakob, mein lieber, mein liebster Freund, mein Jakob!
Er sieht mich mit einem kleinen bisschen Sehnen im Gesicht an, weil er auf einmal weiß, das er mich auch liebt.
Dass es ein Verlust wäre, wenn wir nicht mehr zusammen wären.
Sein süßes Gesicht kommt näher an meins heran.
Er flüstert: „Nils, ich … ich …“
Und da gebe ich ihm einfach einen Kuss auf den Mund.
Ich bin selber erschrocken.
Aber ich gebe ihm einen Kuss.
Auf den Mund.
Und er?
Er gibt mir auch einen Kuss auf den Mund.
Dann wischt er sich mit dem Ärmel seines Schlafanzuges über den Mund und sagt:
„Aber mit diesen feuchten Küssen – das üben wir noch!“
Ende des 1. Teils
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