Stories
Stories, Gedichte und mehr
Regenbogenfamilie
Kapitel 5 - Kaffeekränzchen
Der Lesemodus blendet die rechte Navigationsleiste aus und vergrößert die Story auf die gesamte Breite.
Die Schriftgröße wird dabei vergrößert.
Informationen
- Story: Regenbogenfamilie
- Autor: Sonntagskind55
- Die Story gehört zu folgenden Genre: Coming Out
Ein Blick auf die Uhr im Wohnzimmer verriet mir, dass so langsam die ersten Gäste zum Kaffee eintreffen werden, gut, heute sollten ja eigentlich nur meine Eltern, Martina mit Christoph und Kevin kommen, aber seit gestern Abend war auch klar, dass Thomas‘ Mutter mit von der Partie sein würde.
Thomas meinte, er verschwinde mal schnell in die Küche und setze den Kaffee auf, eine Kanne werde wohl nicht reichen bei neun Personen; außerdem sei der Kaffeetisch noch nicht gedeckt; ich könne auch die beiden Jungs rufen, damit sie ihm helfen könnten.
Das sollte heißen, dass ich die ehrenvolle Aufgabe habe, die Haustüre zu öffnen und zu sehen, wer geklingelt hat. Also runter von der gemütlichen Couch, raus in den Flur, kurz nach unserem jungen Liebespärchen gerufen und weiter zur Haustüre, um diese zu öffnen. Meine Eltern standen vor der Tür und meine Mutter fragte gleich: „Haben wir euch etwa aufgeweckt?“
„Nein“, antwortete ich, „nur das Aufstehen vom bequemen Sofa ist mir etwas schwergefallen. Jetzt kommt schon rein in die gute Stube, ihr seid die Ersten.“
Ich nahm meiner Mutter den Mantel ab und hängte ihn an die Garderobe, mein Vater hatte seinen Mantel zwischenzeitlich selbst an die Garderobe gehängt. Von oben rief Philipp: „Sollen wir runterkommen?“, und ich antwortete: „Sicher, ihr könnt Thomas beim Tischdecken und bei den restlichen Vorbereitungen helfen.“
Meine Mutter schaute mich fragend an, als Philipp und Marcus über die Treppe nach unten sausten und im Wohnzimmer verschwanden.
Ich schaute meine Mutter an und sprach dann zu ihr: „Dass Philipp und Marcus ein Paar sind, sollte euch eigentlich gestern schon aufgefallen sein; was ihr jedoch noch nicht wisst: Letzte Nacht gab es im Hause Berger noch eine Menge Ärger und sie haben Marcus mehr oder weniger mitten in der Nacht vor die Tür gesetzt. Er ist dann hier aufgetaucht und wohnt wohl in nächster Zeit hier im Haus mit Philipp und uns. Wir haben uns heute auch schon überlegt, wie und wo und wer welche Räume nutzen könnte.“
„Eigentlich hätte ich in der heutigen Zeit erwartet, dass die jüngere Generation Eltern toleranter mit diesem Thema umgeht“, meinte meine Mutter und setzte fort: „Aber scheinbar gibt es immer noch die verbohrten Geister.“
„Mama, du brauchst doch nur Gabis Eltern zu nehmen, die haben auch gut zehn Jahre gebraucht, bis sie mich so akzeptierten konnten, wie ich bin. Apropos, habt ihr die beiden nicht mitgebracht zum Kaffee? Ich hatte angenommen, dass sie zum Kaffee mitkommen, nachdem seit gestern Abend endlich wieder alles im Lot ist.“
„Peter, wir haben sie gefragt, aber Mareike meinte, es sei wohl besser, heute nicht mit zum Kaffee zu kommen, aber sie würden euch gerne an Weihnachten einladen, also dich und Thomas sowie ihre Enkelkinder mit Anhang, was dann wohl auch bedeuten würde, dass Marcus mit eingeschlossen ist. Ich befürchte nur, das mit Philipp und Marcus haben die beiden gestern Abend nicht so richtig mitbekommen.“
Ich rief Philipp zu uns in den Flur und als er bei uns stand, fragte ich ihn: „Wissen Oma Mareike und Opa Peter schon von dir und deiner großen Liebe zu Marcus? Sie wollen uns alle zu Weihnachten einladen.“
„Nein, gesagt habe ich ihnen bisher noch nichts und gestern scheinen Sie es nicht wirklich mitbekommen zu haben, ich sollte das wohl schnellstens nachholen. Ich hatte bisher Angst, es ihnen zu sagen, da ich ja ihre Reaktion kenne, als du mit Thomas damals zusammengekommen bist“, antwortete uns Philipp.
Meine Mutter antwortete ihm: „Ich denke, dass das seit gestern endlich Geschichte ist. Andererseits kann ich mir gut vorstellen, dass sie mit deinem Schwulsein weniger Probleme haben als bei deinem Vater. Selbst wir, Opa und ich, hatten so unsere Schwierigkeiten damit, für uns war es nur einfacher, Peter ist unser Sohn.“
„So, jetzt sind wir aber lange genug hier im Flur herumgestanden, wir sollten so langsam alle ins Wohnzimmer gehen und es uns erst mal gemütlich machen, bis die restlichen Kaffeegäste eintrudeln“, meinte ich.
Irgendwer hatte inzwischen auf dem Wohnzimmertisch den Adventskranz aufgestellt und die erste Kerze entzündet. In all dem Trubel der letzten 36 Stunden hatte ich vergessen, dass heute bereits der erste Adventssonntag ist und damit Weihnachten wieder unaufhörlich näher rückt.
Meinte Mutter schaute mich an und grinste frech. Bevor sie jedoch auch nur einen Ton sagen konnte, sagte ich zu ihr: „Du musst nichts sagen, ich weiß, dass ich damals am ersten Adventssonntag auf die Welt kam und ich euch den Tag versaut habe.“
„Na ja“, entgegnete meine Mutter, „nicht unbedingt versaut, aber du hast die Planung für diesen Sonntag komplett auf den Kopf gestellt. Dein errechneter Geburtstermin lag eigentlich eine Woche später und so wollten dein Vater und ich an diesem Sonntag noch auf den Christkindlesmarkt nach Nürnberg fahren; scheinbar bist du jedoch damit nicht so ganz einverstanden gewesen und hast mich ab den frühen Morgenstunden mit den ersten Wehen gequält, so dass wir die Fahrt vorsichtshalber gar nicht erst angetreten haben. Ansonsten wärest du mit großer Wahrscheinlichkeit auf dem Nürnberger Christkindlesmarkt oder irgendwo unterwegs auf die Welt gekommen.“
Ich antwortete ihr: „Ich fürchte, die Geschichte werde ich mir noch öfter anhören müssen, wahrscheinlich so lange, bis ich die Radieschen von unten betrachten kann.“
Sie lachte und meinte: „Na, so lange sicher nicht mehr, aber bis ich eines Tages die Augen für immer schließen werde, wohl schon noch.“
Damit war zumindest das Thema erst mal wieder vom Tisch, aber jetzt mischte sich mein Vater ein und fragte: „Habt ihr euch schon mal Gedanken gemacht, wie es hier weitergehen soll, wenn Marcus jetzt auch noch hier im Haus bei euch lebt?“
Thomas, der zwischenzeitlich mit den Vorbereitungen für die Kaffeetafel fertig war und sich neben mich gesetzt hatte, antwortete ihm: „Ich denke, zu viert hier im Haus sollte das eigentlich kein Problem sein, früher haben wir ja auch schon zu fünft gewohnt, bis Martina und Christoph ausgezogen sind.“
Ich wollte gerade auch noch was dazu sagen, jedoch das Klingeln der Haustürglocke stoppte meinen Redefluss. Philipp meinte: „Bleibt sitzen, ich gehe schon und öffne die Tür.“
Er stand auf und verließ das Wohnzimmer, um die Türe zu öffnen.
Ich sortierte gerade meine Gedanken, was wollte ich eigentlich gerade sagen, als wir durch das Klingeln gestört wurden. Ich wollte erneut zum Sprechen ansetzen, in dem Moment rief Philipp von draußen nach mir und meinte, ich solle doch mal dringend rauskommen.
Ein verzweifelter Blick meinerseits zu Thomas, ich dachte mir in dem Moment, warum kann er die Leute nicht einfach reinbringen, aber gut, ich bin ja nicht so, wieder hoch vom Sofa und raus auf den Flur. Dort wartete dann doch eine große Überraschung auf mich.
„Philipp, was soll das, kannst du die Besucher nicht einfach reinbringen?“
„Nein, kann ich nicht“, meinte er und sprach weiter: „Du musst schon vor die Haustüre, die trauen sich noch nicht einmal rein zu uns.“
Draußen entdeckte ich Gabis Eltern. Ich sagte zu ihnen: „Wollt ihr nicht reinkommen zum Kaffee, meine Eltern haben euch ja bereits gesagt, dass ihr willkommen seid und mitkommen könnt.“
„Wir wussten nicht so genau, ob wir überhaupt willkommen sind, so wie wir mit dir und Thomas in den letzten Jahren umgegangen sind“, sagt Gabis Vater. „Ich habe euch doch schon gestern Abend gesagt, dass ich nicht sauer auf euch bin, dass ich euch ja sogar verstehe. Da ihr euch inzwischen dazu entschlossen habt, uns eine Chance zu geben und mich und Thomas an eurem Leben teilnehmen lassen wollt, seid ihr immer herzlich willkommen und jetzt kommt endlich rein. Ich denke, es werden heute Nachmittag noch einige Neuigkeiten auf euch zukommen.“
Sie folgten mir ins Haus, Philipp nahm ihnen die Mäntel ab und hängte sie an die Garderobe, danach folgten mir Gabis Eltern ins Wohnzimmer. „Thomas, du und die Jungs dürfen die Kaffeetafel nochmal um zwei weitere Plätze erweitern.“
Philipp blinzelte mir zu und bedeutete mir, ich solle doch mit ihm mitkommen. Draußen auf dem Flur sagte er dann zu mir: „Soll ich etwa meinen Großeltern heute noch sagen, dass ich schwul bin und mich in Marcus verliebt habe?“
„Warum nicht“, meinte ich, „das ist die beste Gelegenheit, die du dir wünschen kannst, sie haben mir endlich verziehen und die Tatsache akzeptiert, dass ich mit Thomas glücklich bin, wenn dann deine Schwester noch ihr neues Mutterglück und einen weiteren Urenkel oder eine Urenkelin in die Waagschale wirft, sollte dein Outing nicht so schwer ins Gewicht fallen.“
Philipp ging zurück ins Wohnzimmer und ich ging in die Küche, um nach dem Rechten sehen. In der Küche fand ich jedoch keinen und es sah auch so aus, als ob bereits alles fertig sei. Thomas hatte mit den Jungs ganze Arbeit geleistet. Also ging ich weiter durch das Esszimmer und wollte gerade um die Ecke ins Wohnzimmer eilen, als ich Philipp hörte, wie er gerade seinen Großeltern mütterlicherseits erklärte, dass sie von ihm keine Enkel erwarten können, da er sich unsterblich in Marcus verliebt habe und er damit genau wie sein Vater entweder bisexuell oder schwul sei. Klar, dass ich erst mal stehen blieb und nicht ins Wohnzimmer weiterging, gesehen hatte mich bisher ja noch keiner. Ich wollte jetzt erst mal abwarten, wie die Reaktion von Gabis Eltern sind, hoffentlich nicht wieder so ein Ausrasten wie vor 10 Jahren, wobei ich immer noch der Hoffnung war, dass sie aus ihren Fehlern in der Vergangenheit gelernt hatten.
Es war kurze Zeit totenstill im Wohnzimmer, doch dann hörte ich, wie Mareike sagte: „Philipp, du bist und bleibst unser Enkelkind, auch wenn du schwul sein solltest. Außerdem wollen wir nicht noch einmal den gleichen Fehler begehen, den wir mit deinem Vater begangen haben. Wir wissen, dass er euch immer ein guter Vater war und heute noch ist, dass er nach dem frühen Tod der von uns, aber auch von ihm heiß geliebten Gabi eine neue Stütze in seinem Leben brauchte. Er hat erst nach längerer Zeit eine neue Liebe gefunden, die ihm den Halt und Geborgenheit gab, die er brauchte. Das dies ausgerechnet ein Mann war, war für uns einfach nur schwer zu verstehen.“
In dem Moment wurde mir klar, dass ich sie in all den Jahren schwer vermisst hatte; sie hätten mir genauso eine Stütze sein können, wie es Thomas für mich war, sicher nicht so wie mit Thomas, meiner zweiten großen Liebe nach Gabi. Aber ich war glücklich darüber, dass dieser Zustand jetzt endlich ein Ende gefunden hatte, gerade auch im Hinblick auf Philipp, dem eine Ablehnung seiner Großeltern wegen seines Schwulseins mit Sicherheit größere emotionale Probleme bereitet hätte.
In diesem Moment schlichen sich plötzlich andere Gedanken in meine Gehirnwindungen. Wie hätte ich eigentlich reagiert, wenn ich nicht mit Thomas zusammen wäre, sondern Gabi noch leben würde oder ich allein geblieben wäre. Hätte ich dann auch so locker reagiert? Sicher, Gabi hätte wohl genauso reagiert wie jetzt ihre Mutter.
Ich fragte mich, warum ich mich mit solchen Überlegungen belastete, heute wollten wir noch einmal im großen Familienkreis Kaffee trinken, bevor meine Eltern wieder nach Mallorca zurückkehrten. Na gut, die emotionalen Ereignisse hatten sich in den letzten 36 Stunden einfach überschlagen.
Ich setzte mich wieder in Bewegung und ging weiter ins Wohnzimmer, wo mich ein lächelnder Philipp, der seinen Marcus im Arm hielt, erwartete. Ich lächelte und zwinkerte ihm zu, so nach dem Motto: Es ist doch bestens für dich gelaufen.
Na ja, neugierig war Großmutter Mareike wirklich nicht, nur musste sich Philipp jetzt all ihren Fragen stellen, wie lange er schon wüsste, dass er schwul sei, und wann das mit Marcus angefangen habe.
Ich wollte Philipp retten und sagte zu allen: „Philipp hat uns erst gestern Morgen mit seinem Geständnis überrascht und letzte Nacht haben Marcus‘ Eltern ihren Sprössling mehr oder weniger vor die Tür gesetzt, als er bei einem klärenden Gespräch versuchte, ihnen zu erklären, dass er schwul und in Philipp verliebt sei. Nach seinem Rauswurf ist er noch in der Nacht zu uns gekommen, er wird sich jetzt mit Philipp erst mal Tisch und Bett in unserem Haus teilen.“
„Nein nicht auch das noch, in der heutigen Zeit sollten Eltern doch vernünftiger sein“, sagte Mareike und fuhr dann fort: „Ja, ich weiß, wir waren in den vergangenen Jahren auch nicht gerade das besten Beispiel, was Toleranz angeht, und wie wir gestern mitbekommen haben, hatte es Thomas in der Hinsicht auch nicht immer leicht gehabt. Sowohl von unserer Seite, aber auch von seinen Eltern. Jetzt also auch noch Marcus‘ Eltern, obwohl sie euch seit Jahren kennen und wissen, dass ihr, Peter und Thomas, ein Paar seid, und auch bisher mit euch befreundet waren.“
Jetzt mischte sich Thomas ein und sagte: „Ja, sie waren mit uns befreundet und haben es wohl bei uns toleriert, aber es ist scheinbar dann doch immer etwas anderes, wenn plötzlich der eigene Sohn einem erklärt, dass er schwul ist. Wir sollten erst einmal abwarten, vielleicht beruhigen sie sich wieder und die Vernunft kehrt zurück. Wenn sie uns zukünftig nicht mehr als Freunde haben wollen, sollte das für uns auch kein großes Drama sein.“
Gerade, als Peter, also Gabis Vater, was sagen wollte, klingelte es wieder an der Haustür. Nein, das kann doch nicht sein, wir erwarteten doch niemand mehr, der an der Haustüre klingeln müsste. Philipp und Marcus deuteten kurz an, dass sie sich darum kümmern würden, und verschwanden aus dem Wohnzimmer.
Kaum waren Philipp und Marcus im Flur, hörte ich auch schon, wie Kevin lautstark durchs Haus tobt, und seinen Vater, der zu ihm sagte: „Habe ich dir nicht gesagt, du sollst nicht extra klingeln? Wir haben doch einen Schlüssel.“
Ich ging ebenso raus in den Flur und begrüßte Thomas‘ Mutter, meine Tochter und Christoph. Kevin war in der Zwischenzeit schon im Wohnzimmer und fiel mit seiner Begrüßung über die dort Anwesenden her. Ich fragte Martina, warum sie erst jetzt kämen, es war doch eigentlich ausgemacht, dass sie eher kommen sollten.
Meine Tochter antwortete darauf: „Wir mussten dringend noch was erledigen und das hat uns länger aufgehalten, als wir uns das gedacht hatten.“
„Wie, wie soll ich das jetzt verstehen“, entgegnete ich und setzte fort: „Das verstehe ich jetzt überhaupt nicht. Ihr musstet keinen Kuchen backen, nichts einkaufen, also was kann da so wichtig gewesen sein.“
„Das erzählen wir euch gleich allen und nicht nur dir hier allein im Flur“, kam jetzt von Thomas‘ Mutter.
Jetzt hatten mich die beiden doch endgültig neugierig gemacht mit ihren Aussagen. Na gut, dann muss ich mich eben noch etwas gedulden, wenn das etwas ist, das alle was angeht. „Na, dann kommt mal rein in die gute Stube; ich denke, wir werden wohl am besten gleich ins Esszimmer gehen, damit wir zum Kaffee kommen. Ihr könnt am Kaffeetisch dann die ganzen Neuigkeiten loswerden.“
Wir gingen direkt ins Esszimmer, die anderen kamen aus dem Wohnzimmer hinzu und so nach und nach saßen dann alle rund um den Tisch versammelt. Thomas brachte noch die Kannen mit dem Kaffee und meinte: „In der blauen Kanne ist der Kaffee für alle mit Herz- und Schlafproblemen, für die anderen gibt es den Kaffee aus den schwarzen Kannen. Kuchen kann sich jeder selbst nehmen, was er möchte.“
Thomas setzte sich neben mich und flüsterte mir ins Ohr: „So eine große Kaffee-Runde hatten wir noch nie, mehr hätten es nicht werden dürfen, dann hätten wir noch einmal anbauen müssen.“ Ich lächelte ihn an, erwiderte jedoch nichts, er schenkte mir eine Tasse Kaffee ein und ich schnappte mir ein Stück der Prinzregententorte.
Für die nächsten Minuten verstummten sämtliche Gespräche im Raum. Jeder war mit Schlürfen oder, auch weniger geräuschvoll, mit dem Trinken seines Kaffees beschäftigt. Na gut, nicht alle hatten Kaffee, Kevin hatte Schokolade zum Trinken bekommen. Nicht zu vergessen die Gabeln, die zwischendurch auf den Kuchentellern abgelegt wurden und ein klapperndes Geräusch verursachten.
Ich war inzwischen angespannt neugierig, was wohl als erstes Gesprächsthema kommen würde, der Nachwuchs bei Martina und Christoph oder warum sie so spät erschienen waren.
Bevor ich endgültig nervös wurde, hatte meine Tochter ein Einsehen und begann zu erzählen: „Elisabeth und ich waren erst noch bei deinen Eltern, Marcus. Elisabeth hat versucht, ihnen klarzumachen, dass sie damit nur einen Fehler machen würden, der ihnen später möglicherweise leidtäte. Sie und ihr Mann hätten auch den gleichen Fehler bei Thomas gemacht. Wenn wir, Martina, Christoph, zusammen mit Kevin nicht bei ihr aufgetaucht wären und ihr gesagt hätten, wo sie Thomas finden kann und wie es ihm derzeit geht, hätte sie ihn wohl genauso wie sein Vater nicht mehr vor ihrem Tod gesehen. Sie hat ihnen erzählt, wie es ihr und ihrem Mann ergangen sei, nachdem Thomas ohne ein Lebenszeichen verschwunden war, vor allem, nachdem sie endlich eingesehen hatten, dass sie mit ihrer Sturheit den größeren Fehler ihres Lebens begangen hätten.“
Bei den Ausführungen von Martina bemerkte ich eine kleine Träne bei Elisabeth. Sie überlegte kurz und bevor Martina die Chance hatte weiterzureden, sagte sie: „Bei diesem Gespräch ist mir klargeworden, welch großes Glück ich hatte, dass ihr nach mir gesucht und mich auch gefunden habt.“
„Sie wollen sich das nochmal überlegen, vorerst würden sie ja wissen, wo sie den Schwulen finden würden“, sagte Thomas‘ Mutter noch. „Marcus, wir haben mit deinen Eltern zumindest vereinbart, dass du dir jederzeit deine Bekleidung und deine persönlichen Dinge bei ihnen abholen kannst. Außerdem haben wir gleich noch einen Koffer mit Kleidung für dich mitgebracht, der liegt bei uns im Auto, den solltet ihr nachher mal holen.“
Ich schaute zu den beiden, Philipp und Marcus. Man merkte Marcus richtig an, dass ihm das Gehörte doch mehr zu schaffen machte, als er wahrscheinlich zugeben würde. Philipp zog ihn in seinen Arm und sagte: „Wir schaffen das schon, Marcus.“
Ich dachte mir, bevor das jetzt noch lange Thema an der Kaffeetafel sein sollte, vor allem mit Rücksicht auf Marcus, sollten wir doch lieben das Gesprächsthema wechseln, und meinte in die große Runde: „Es gibt doch sicher noch andere und genau so wichtige Neuigkeiten. Wer von euch darf oder will uns den damit überraschen?“
Elisabeth grinste mich an, sagte jedoch nichts, so sprach ich weiter: „Darf Kevin endlich euer großes Geheimnis ausplaudern oder ist er immer noch an seine Schweigegelöbnis gebunden?“
Kevin wechselte kurz einen Blick mit seinen Eltern, dann lief er zu mir, fiel mir um den Hals und setzte sich kurzerhand auf meinen Schoß. „Opa, Opa, ich darf es euch endlich erzählen.“ Er wollte es wohl besonders spannend machen, denn das, was jetzt aus seinem Mund kam, und wie, das, glaube ich, hätte ich nie in dieser Form geschafft.
„Ich“, kurze Pause.
„beeeekoooommmeee“, wieder eine lange Pause.
„eeeeiiiinnnn“, nochmal eine, diesmal längere, Unterbrechung, bevor er endlich zur wichtigsten Aussage kam.
„ein Geschwisterchen“
Erst war es wieder für einige Sekunden still im Raum, gut, einige hatten es ja schon vorher gewusst, aber meine und Gabis Eltern waren dann wohl doch etwas überrascht von der Mitteilung. Ich ging davon aus, dass zumindest Elisabeth etwas mitbekommen hatte, nachdem sie ja bei den dreien übernachtet hatte.
Peter, Gabis Vater, war der erste, der dann etwas sagte: „Ich freue mich für euch, Martina und Christoph, herzlichen Glückwunsch. Genauso freue ich mich aber für mich und Mareike über eine weitere Urenkelin oder einen Urenkel. Wisst ihr denn schon, was es wird?“
Immer diese Frage, was es wird, immer und überall das Gleiche.
Diesmal war es Christoph, der antwortete: „Nein, wir wissen es nicht und wir wollen es auch nicht wissen, wir lassen uns überraschen, was da im Paket geliefert wird.“ Dabei grinste er und setzte fort: „Egal ob Mädchen oder Junge, lesbisch oder schwul, hetero oder bisexuell, uns ist alles willkommen.“
Bevor jemand etwas sagen konnte, platzte ich ins Gespräch und meinte: „Hast du da nicht noch ein paar weitere Varianten und Möglichkeiten vergessen, wie zum Beispiel schwarz oder weiß?“. Mir war klar, das war äußerst provozierend, aber wenn er schon seine Attribute in die Welt setzte, legte ich ordentlich nach. Martina schaute mich auch recht böse an, was wohl bedeutete: ‚Konntest du dein loses Mundwerk nicht im Zaum halten.‘
Danach war es mit der Ruhe vorbei, jetzt wurde wild durcheinandergeredet; ich konnte dem Ganzen nicht mehr richtig folgen, aber ich gehe davon aus, dass es einigen in der Runde nicht besser ergangen ist. Erst nach und nach wurde es wieder etwas ruhiger und so konnte man das eine oder andere, was gesagt wurde, auch wieder richtig verstehen.
Zwischendurch warf ich mal einen Blick zu meinen Eltern, denen ebenfalls anzusehen war, dass sie sich sehr über das zweite Urenkel freuten. Klar, ich hatte Geschwister, aber da die etwas jünger waren als ich, gab es dort bisher nur Enkelkinder oder eben nichts.
Zu Thomas meinte ich dann, eher geflüstert: „Wir sollten wohl mal langsam die Kaffeetafel abräumen und dann können wir das im Familienkreis zu Ende bringen, was wir gestern und heute nicht geschafft haben.“
Thomas schaute mich fragend an - ich merkte, er wusste jetzt doch nicht so genau, was ich damit meinte - und fragte dann in die Runde: „Wenn ihr alle satt seid, dann würden wir gerne den Tisch ein wenig abräumen und so wie es aussieht, gibt es da noch jemanden, der kleine Geheimnisse ausplaudern will.“
Upps, schlagartig war es wieder ruhig im Esszimmer. Alle schauten auf Thomas, der schüttelte nur den Kopf und fing an, den Tisch abzuräumen.
Ich half Thomas beim Zusammenstellen des Geschirrs und Philipp und Marcus trugen die Geschirrstapel in die Küche und fütterten dann auch gleich unseren Geschirrspüler. Es dauerte eine Weile, bis sich alle wieder um den Tisch versammelt hatten. Einige hatten die Gelegenheit gleich genutzt, um wichtige Geschäfte zu erledigen, unser Wasserverbrauch dürfte in dieser Zeit kurzzeitig exorbitant in die Höhe geschossen sein.
So nach und nach war dann die gesamte Familie wieder um den Tisch versammelt. Ich meldete mich wieder zu Wort: „Ich weiß zwar nicht genau, was Thomas mit seinen Worten meint, da wolle noch jemand kleine Geheimnisse ausplaudern, aber ich vermute mal, dass es da um uns beide geht.“
Ich warf einen fragenden Blick zu ihm; gleichzeitig hoffte ich, dass er jetzt das Wort ergreift und endlich von sich gibt, was er damit meinte. Er wiederum blickte mir kurz tief in meine Augen, warf dann einen Blick zu Martina und Philipp und fing dann zu erzählen an.
„Also gut, ich habe mit meiner Aussage vorher den Stein ins Rollen gebracht, aber ausgelöst hat das Ganze eigentlich Peter selbst. Als wir gestern Morgen am Frühstückstisch saßen und Philipp uns so nebenbei eröffnete, dass er schwul sei und sich in Marcus verliebt habe, hat das bei Peter enorme Emotionen ausgelöst. Wie er mir selbst gesagt hat, beschäftigt ihn dieses Thema seit gestern Morgen ziemlich und er hat über uns beide, und wie es bei uns dazu gekommen ist, nochmal nachgedacht.“
Er stockte, alle sahen ihn erwartungsvoll an, doch er blieb erst mal still. Ich wollte ihm helfen, also setzte ich mit dem Erzählen fort.
„Ja, stimmt, ich beschäftige mich seit gestern damit und versuch mir in Erinnerung zu führen, wie das mit uns beiden so gekommen ist. Die meisten Dinge kennt ihr ja, gut, Thomas‘ Mutter sicher nicht, aber dem Rest dürfte ein Großteil der Geschichte bekannt sein. Die Betriebs-Weihnachtsfeier, der vergessene Wohnungsschlüssel im Büro, unser gemeinsamer Besuch mit den Kindern auf dem Weihnachtsmarkt am folgenden Tag, das erste Weihnachtsfest, das er gemeinsam mit uns gefeiert hat. Ja, halt alles, was so in der Zeit danach geschehen ist.“
„Thomas, ich denke, du meinst mit dem kleinen Geheimnis wohl das, was sich heute Morgen in so ähnlicher Form wiederholt hat.“
Jetzt stoppte ich erst mal wieder und warf einen Blick zu Thomas, dann einen Blick zu Philipp und Marcus und als letztes sah ich zu Kevin, der inzwischen bei seinem Vater auf dem Schoß saß. Philipp grinste mich an und meinte dann:
„Ich glaube, ich weiß, wovon du redest; war fast eine Wiederholung dessen, was damals geschehen ist. Nur waren wir, Marcus und ich, diesmal diejenigen, die erwischt wurden, und damals warst du und Thomas das.“
Okay, er hatte sofort verstanden, was wir beide meinten. Nach kurzer Pause erzählte er weiter.
„Heute Morgen stand plötzlich und völlig unerwartet Kevin in meinem Zimmern, na ja, inzwischen mein und Marcus‘ Zimmer, und stellte dabei fest, dass ich nicht allein in meinem Bett lag. Dann rannte er schnell wieder weg und rief laut im Flur: ‚Da liegt ein fremder Mann im Bett von Philipp‘. Papa fragte ihn deshalb, ob der fremde Mann allein im Bett liege oder ob ich mit dabei sei. Papa hat ihm dann erklärt, dass ich Marcus liebhabe, so wie er Thomas liebhat, und Marcus deshalb bei mir im Bett liege. Ich fand das richtig nett, wie er das Kevin erklärt hat, und da ist mir auch in den Kopf gekommen, dass sich so etwas Ähnliches schon einmal in diesem Hause abgespielt hat.“
Philipp stoppt mit seinen Ausführungen, warf einen Blick zu seiner Schwester, die nickend zustimmte. Jetzt sprach Martina weiter: „Meine beiden haben mir davon bisher nichts erzählt, was sich da heute Morgen bei euch im Haus abgespielt hat, immer ihr Männer mit euren Geheimnissen.“
Ich grinste sie an und versuchte, ihr mit meinem Blick klarzumachen, dass sie gerne weitererzählen kann, was damals gewesen war. So setzte sie mit ihren Worten fort.
„Philipp und ich waren an diesem Sonntag schon relativ früh aufgestanden, wir hatten schon den Frühstückstisch gedeckt und ich war in der Küche, um Kaffee zu kochen und die Semmeln und Brezeln aufzubacken. Philipp war nach oben gegangen, er wollte Papa und Thomas aufwecken. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Thomas immer im Gästezimmer übernachtet und Papa im Schlafzimmer. Zumindest glaubten wir das bis dahin immer noch.“
Sie sah uns beide an, ich konnte ihr da nicht widersprechen. Auch bei Thomas konnte ich aus seinem Gesicht erkennen, dass er wohl derselben Meinung war.
Jetzt meldete sich Philipp und erzählte weiter: „Ich bin also wieder nach oben in den ersten Stock und als erstes wollte ich Thomas im Gästezimmer aufwecken, ich wusste ja, er braucht normalerweise immer etwas länger, bis er endlich aus dem Bett kommt. Ich also rein ins Gästezimmer, aber das Bett war leer.“
„Ich bin dann ins Schlafzimmer zu Papa, weckte ihn, hüpfte zu ihm ins Bett und fragte ihn, wo Thomas sei, er wäre nicht im Bett im Gästezimmer. Ich wollte wissen, ob Papa und Thomas sich gestritten hätten und Thomas vielleicht deshalb zu sich nach Hause gefahren sei. Das Einzige, was Papa sagte, war, nicht, dass er etwas in diese Richtung wüsste.“
„Es dauerte einen kleinen Moment, bis ich richtig verstand: Thomas musste noch hier im Haus irgendwo sein. Ich überlegte kurz und hüpfte wieder aus dem Bett, um mich auf den Weg ins Badezimmer zu machen, dort vermutete ich nämlich Thomas in diesem Moment.“
„Nur, dort fand ich ihn auch nicht. Ich also wieder nach unten zu Martina. Ich fragte sie, ob sie Thomas heute schon gesehen hätte.“
„‚Nein‘, meinte sie und nach kurzem Nachdenken fragte sie mich, wieso ich diese Frage überhaupt stelle. Ich berichtete ihr wahrheitsgemäß, dass ich Thomas nicht im Gästezimmer vorgefunden hätte. Danach sei ich zuerst zu Papa, den ich dazu befragte, ob Thomas heute Nacht nicht hiergeblieben sei. Da er dies verneinte, hätte ich ihn im Badezimmer gesucht und dort ebenfalls nicht gefunden. Deswegen wäre ich jetzt hier und wollte von ihr wissen, ob sie ihn heute Morgen gesehen hätte.“
Martina meldete sich jetzt wieder zu Wort: „Ich konnte einfach nicht glauben, was Philipp mir da gerade erzählte, und habe ihn wohl auch ziemlich ungläubig angeschaut. Nachdem die Brötchen inzwischen aufgebacken waren und ich sie aus dem Backofen herausgeholt hatte und somit auch nichts mehr anbrennen konnte, meinte ich: ‚Komm mit, wir suchen gemeinsam nach Thomas.‘“
Ab hier wollte ich erst mal weitererzählen und warf einen Blick zu meiner Tochter, um ihr dies klarzumachen. Sie verstand sofort und so erzählte ich weiter.
„Nachdem Philipp wieder aus dem Schlafzimmer verschwunden war, weckte ich Thomas mit mehreren Küssen auf und erzählte, was gerade vorgefallen war. ‚Philipp ist jetzt auf der Suche nach dir. Wahrscheinlich ist er im Moment unten und sucht dich im Erdgeschoss, nachdem er dich im Gästezimmer und im Bad nicht gefunden hat und hier im Bett hat er dich auch nicht gesehen.‘ Ich fragte, was wir jetzt machen sollten, viele Möglichkeiten blieben uns ja nicht. Thomas meinte dann, dass es jetzt wohl an der Zeit sei, meine beiden Kinder in unser kleines Geheimnis einzuweihen. Ich hatte zwar noch immer meine Bedenken, ließ mich dann aber doch von ihm überzeugen, endlich mit dem Versteckspiel aufzuhören und unseren Kindern die ganze Geschichte zu erzählen, irgendwann mussten sie es von mir erfahren. Also blieb Thomas einfach da, wo er gerade war. Nachdem die beiden im Erdgeschoss wohl nicht fündig geworden waren, hörten wir sie die Treppe nach oben kommen.“
„Thomas kroch wieder unter die Decke und meinte nur: ‚Du machst das schon.‘ Ich setzte mich also auf und harrte der Dinge, die da auf mich zukommen würden.“
„Die zwei sind nochmal ins Gästezimmer und ins Bad, nachdem sie Thomas aber dort nicht gefunden haben, tauchten beide an der Schlafzimmertür auf und schauten mich mit großen Augen an.“
„‚Was ist?‘, fragte ich sie, und bekam nur zur Antwort, sie könnten Thomas nirgends im ganzen Haus finden. Daraufhin sagte ich vorwurfsvoll zu ihnen: ‚Habt ihr wirklich überall nachgeschaut? Sind denn Thomas‘ Schuhe und seine Jacke noch da?‘
‚Aber sicher‘, klang es unisono von den beiden. ‚Ihr seid euch da auch hundertprozentig sicher?‘, hinterfragte ich nochmal. Die beiden überlegten kurz und Martina meinte dann: ‚Also im Erdgeschoss ist er nirgends, das haben wir bereits geklärt, im Gästezimmer und im Bad haben wir ihn auch nicht gefunden, in unseren Zimmern dürfte er auch nicht sein, also bleiben nicht mehr viele Möglichkeiten. Im Keller wird er sicher auch nicht sein. Außerdem stehen seine Schuhe noch unten in der Garderobe und er wird sicher nicht barfuß von hier verschwinden.‘
‚Na gut, dann will ich mal nicht so sein, ich werde euch jetzt verraten, wo Thomas steckt. Kommt näher, damit ich euch das Geheimnis ins Ohr flüstern kann.‘ Beide kamen näher und als Philipp nahe genug war, schnappte ich ihn mir, hob ihn über mich hinweg und setzte ihn einfach neben mir ab, natürlich nicht einfach im Bett, nein, sondern direkt auf Thomas, der hier unter der Decke lag.“
Gerade noch rechtzeitig merkte ich, dass Philipp an dieser Stelle weitererzählen wollte, und so fuhr er fort.
„Als Papa mich also so hochhob und neben sich im Bett absetzte, erschrak ich; ich saß nicht im direkt im Bett, sondern auf etwas Weicherem. In diesem Moment fing Thomas auch noch zu lachen an. Jetzt war ich endgültig verwirrt und schaute zu Martina, die ebenso dumm aus der Wäsche guckte, als sie plötzlich das Lachen von Thomas vernahm.“
„Es dauerte einen kurzen Moment, bis ich merkte, dass das Lachen von unter der Bettdecke kam, unter der sich Thomas versteckt hatte. Thomas schob langsam die Bettdecke beiseite und so sah ich ihn endlich.“
„‚Du hast dich gut versteckt‘, sprach ich zu Thomas, der mich nur weiter angrinste. ‚Ich dachte schon, du und Papa, ihr hättet euch gestern Abend noch gestritten und du wärst einfach verschwunden.‘“
An dieser Stelle wollte ich wieder weitererzählen und so sagte ich nur: „Ja, auch ich konnte mir ein Lachen nicht gerade verkneifen, aber mir war auch klar, dass es nicht einfach sein würde, meinen beiden jetzt die ganze Wahrheit über uns beide beizubringen.“
„Ehrlich gesagt, ich hatte Angst davor, was geschehen würde, wenn ich die zwei jetzt damit konfrontiere. Ich musste da durch und hoffte nur, dass Thomas mir dabei half und Martina und Philipp nicht sofort ausflippen.“
„Martina war inzwischen ebenfalls zu uns ins Bett gekommen. Ich nahm die beiden fest in meine Arme und drückte sie an mich.“
„‚Wenn ich ehrlich sein soll, Thomas hat sich nicht vor euch versteckt, er hat schon öfters hier im Bett bei mir übernachtet.‘ In diesem Augenblick hättet ihr die Gesichter meiner Kinder sehen sollen.“
Da ich mit dem Weitererzählen stockte, ergriff jetzt Thomas die Gelegenheit und fuhr fort, die Geschichte zu erzählen.
„Ich sah in die Gesichter der beiden und bemerkte die vielen Fragezeichen in ihren Augen, deshalb erklärte ich ihnen: ‚Ich liebe euren Vater so, wie er euch liebt, oder so, wie er eure Mutter geliebt hat, und das nicht erst seit einiger Zeit, sondern schon von dem Tag an, als ich euren Vater zum ersten Mal in der Firma kennengelernt habe.‘“
„‚Euch beide liebe ich so, als wäret ihr meine eigenen Kinder, obwohl ich weiß, dass ich nie eigene Kinder haben werde.‘“
„Nach diesem Satz war es wieder still im Schlafzimmer. Ich überlegte gerade, wie ich fortfahren sollte, als Philipp sagte: ‚Thomas, wir lieben dich, als wärst du ein zweiter Papa für uns, oder, Martina?‘“
Nach einer kurzen Unterbrechung erzählte Thomas weiter: „Martina, die genau wie Philipp noch immer im Arm ihres Vaters lag, meinte auch nur kurz angebunden: ‚Ja, Philipp!‘ In diesem Moment konnte ich meine Tränen nicht mehr zurückhalten, Tränen des Glücks, der Freude und nicht die der Trauer.“
„Philipp löste sich von seinem Vater und warf seine beiden Ärmchen um meinen Hals und flüsterte mir ins Ohr: ‚Nicht traurig sein, Thomas.‘“
„‚Ich bin nicht traurig, ich bin nur überglücklich und die Tränen sind Freudentränen.‘ In diesem Moment hing auch Martina an meinem Hals. Ich war absolut überglücklich, das konnte ich gar nicht fassen in dem Moment, beide mochten mich; aber wie gehen sie mit der Situation um, dass Peter und ich in einem Bett schlafen?“
„Ich sah kurz rüber zu Peter und bemerkte auch bei ihm einige Tränen in seinem Gesicht. Da ich in diesem Moment selbst nicht wusste, wie es jetzt weitergehen soll, fragte ich ganz vorsichtig: ‚Sollten wir nicht langsam aufstehen und frühstücken, bevor der Kaffee und euer Kakao kalt sind?‘“
„Ich weiß, das war das Dümmste, was man in dieser Situation von sich geben konnte, aber immerhin, die beiden, Martina und Philipp, stimmten sofort zu, und so verließen wir gemeinsam das Bett und gingen zum Frühstück nach unten.“
„Während des Frühstücks und danach erzählten wir den beiden dann alles, wie es abgelaufen war und wie sich das Ganze so nach und nach entwickelt hatte.“
„Irgendwann meinte Philipp dann plötzlich in kindlicher Logik: ‚Ich glaube, wir haben jetzt zwei Papas, und die hat nicht jeder.‘ Ja, so war das damals, und wie die meisten schon wissen, bin ich dann auch kurze Zeit später hier mit Sack und Pack bei Peter und den Kindern endgültig eingezogen und habe meine Wohnung aufgelöst.“
Ich sagte jetzt auch nichts mehr, sah aber in die Runde und wartete darauf, dass doch noch einer was anfügen wollte. Es blieb kurze Zeit ruhig in der Runde, Thomas‘ Mutter sah mich an und dann fing sie plötzlich an.
„So hast du dir also Peter geangelt. Bei dir war es Liebe auf den ersten Blick und dann hast du dich so lange an ihn herangemacht, bis du ihn endlich fest am Angelhaken hattest. Du hast vor nichts zurückgeschreckt und seine Kinder in deine Pläne mit einbezogen, oder sehe ich das völlig falsch?“ Thomas lächelte sie an und deutet damit an, dass sie das sehr richtig interpretiert hatte.
„Du weißt, ich habe dir das ja schon gestern Abend gesagt, wie sehr ich darunter gelitten habe, als Vater dich aus dem Haus geworfen hat, und auch er war trotz allem irgendwann nicht mehr glücklich mit seiner Entscheidung. Jetzt verstehe ich auch, warum du dich danach nie wieder bei uns gemeldet hast. Du warst endlich glücklich mit deiner neuen Familie und du wolltest auf keinen Fall, dass dein Glück durch uns zerstört werden könnte“, kam jetzt von Thomas‘ Mutter.
Danach war es erst mal ruhig in der großen Runde.
Christoph war dann der erste, der sich wieder zu Wort meldete und meinte; „Genug mit den Neuigkeiten und den alten Geschichten, ich will jetzt wissen, wie das alles weitergehen soll.“ Etliche Augenpaare waren auf ihn gerichtet, sie sahen ihn erstaunt an.
Mein Vater meldete sich als erster und sagte nur: „Mutter und ich werden wie geplant im Laufe der Woche wieder nach Mallorca zurückkehren. Aber das ist sicher nicht das, was Christoph mit seiner Frage wissen wollte.“
„Marcus wohnt ab sofort erst einmal bei uns und dann werden wir ja sehen, wie sich das mit seinen Eltern in der Zukunft weiterentwickelt. Ich denke, über kurz oder lang werden die beiden sicher wieder zur Vernunft kommen“, fügte ich hinzu.
Thomas lachte und meinte: „Bei euch, Christoph und Martina, heißt es jetzt auch erst mal abzuwarten, bis es soweit ist, bis Peter und ich zum zweiten Mal Opa werden. Wenn ich das richtig verstanden habe, wird euer zweites Kind ja erst im Spätfrühling oder Sommer zur Welt kommen.“
Er setzte dann fort: „Die Einzige, wo sich in den nächsten Wochen größere Veränderungen ergeben, wird damit nur meine Mutter sein. Sie will nach Möglichkeit in unsere Nähe ziehen, und wenn ich das richtig herausgehört habe, dann am besten schon vorgestern. Gut, wir haben hier auch noch Philipp und Marcus und somit auch einige Veränderungen in unserer häuslichen Gemeinschaft.“
Gänzlich vom Thema abweichend, meldete ich mich wieder zu Wort: „Was hattet ihr heute Abend eigentlich noch so geplant? Ich schlage vor, dass wir heute noch zusammen die Reste vom gestrigen Buffet aufessen, es wäre doch schade, wenn wir so viel gutes Essen wegwerfen müssten. Es ist gestern so viel übriggeblieben, dass es sicher für alle reichen sollte. Nur den einen oder anderen Salat sollten wir dennoch frisch zubereiten.“
Martina meinte als erste: „Wir sind dabei, ich bin froh, wenn ich heute nichts mehr zu kochen brauche, außerdem wäre es wirklich schade um das gute Essen.“
Von Philipp und Marcus kam gar nichts, aber bei den beiden war es mir klar gewesen, dass sie beim Abendessen dabei sein würden. Ich schaute zu meinen und Gabis Eltern, denn die vier waren die Einzigen, die sich noch entscheiden mussten. Für Thomas‘ Mutter hatte meine Tochter die Entscheidung schon vorweggenommen, da sie derzeit bei den beiden übernachtete und damit zwangsweise zum Essen dableiben musste.
Mein Vater blickte kurz in die Runde und sprach: „Eigentlich hatten Mutter und ich ja geplant, heute Abend noch mal schick Essen zu gehen, wir hatten uns sogar überlegt, ob wir nicht Thomas‘ Mutter mitnehmen sollten, um sie etwas besser kennenzulernen, bevor es in den nächsten Tagen zurück nach Mallorca geht. Aber wenn ich mir das Ganze so durch den Kopf gehen lasse, ist es besser, erst euer Buffet von gestern aufzuessen. Mit Elisabeth können wir auch noch in den nächsten Tagen gemeinsam schick Essen gehen.“
Da auch Gabis Eltern keine Einwendungen brachten, war das also geklärt; wir würden heute noch gemeinsam die Reste vom gestrigen Buffet vernichten; das hoffte ich zumindest, ich hatte keine große Lust, in den nächsten Tagen mich und die anderen weiter nur von den Resten meiner Geburtstagsparty zu ernähren.
Thomas schaute mich an und sagte leise zu mir: „Ich denke, wir zwei sollten dafür mal so langsam in die Küche verschwinden, es gibt doch noch einiges zu tun, bevor wir später gemeinsam essen können.“
Philipp hatte es mitbekommen und meinte: „Marcus und ich können euch doch sicher dabei helfen, dann seid ihr schneller fertig mit den Vorbereitungen.“
Ich blickte kurz zu Thomas und erwiderte: „Das lasst mal lieber bleiben, aber ihr könntet was mit Kevin unternehmen und euren Pflichten als Onkels nachkommen. Thomas und ich werden das schon schaffen.“
Die beiden schauten mich zwar kurz etwas komisch an, sagten dann aber zu Kevin: „Kommst du mit uns nach oben, spielen oder einen Film anschauen?“ Natürlich war Kevin sofort Feuer und Flamme, hüpfte zu Marcus, ergriff seine Hand und gab wieder mal eine seiner kindlichen Weisheiten von sich: „Auf geht´s, Film schauen, Onkel Marcus.“
Das Gesicht von Marcus hättet ihr sehen sollen, als er von Kevin wieder so einfach als Onkel tituliert wurde. Er muss sich erst noch an die neue Rolle als Onkel von Kevin gewöhnen, normalerweise wird man ja auch nicht über Nacht zum Onkel. Aber wenn er jetzt der feste Freund und zukünftige Lebenspartner von Philipp sein will, bleibt ihm auch gar nichts anderes übrig.
Die drei standen nun auf und Kevin schnappte sich auch noch Philipps Hand und schon waren sie unterwegs nach oben in Philipps und Marcus‘ Zimmer. Ich hörte noch, wie sie laut lärmend nach oben verschwanden. Die drei waren jetzt erst einmal beschäftigt.
Die nächsten, die uns anboten zu helfen, waren Christoph und meine Tochter Martina. Zu den beiden gewandt sagte ich: „Der Einzige, der uns in der Küche vielleicht helfen dürfte, ist Christoph; Martina soll sich lieber schonen, aber ihr könntet euch auch gemeinsam mit unseren Senioren ins Wohnzimmer setzen und ein wenig plaudern.“
Christoph meinte dann: „Okay, dann helfe eben nur ich; Martina, du gehst mit den Omas und Opas und mit Thomas‘ Mutter ins Wohnzimmer. Wenn ihr noch was zum Trinken braucht, dann meldet euch einfach bei mir in der Küche.“
Die sechs machten sich auf den Weg ins Wohnzimmer, na gut, es war ja nur der Raum nebenan. Thomas, Christoph und meine Wenigkeit gingen zusammen in die Küche und wir fingen so langsam mit den Vorbereitungen an. Als erstes muss jedoch der Geschirrspüler entleert werden, damit nachher wieder schmutziges Geschirr Platz finden könne. Thomas räumte aus, stellte die Sachen, die ins Esszimmer gehörten, zusammen und Christoph brachte das Geschirr, das nicht in der Küche blieb, an seinen Platz im Esszimmer.
Als die beiden fertig waren - ich hatte zwischenzeitlich alles, was in der Küche blieb, entsprechend untergebracht -, meinte Thomas zu Christoph: „Wir zwei gehen in den Keller und holen dort aus dem Kühlschrank die Sachen und bringen sie nach oben. Du, Peter, könntest in der Zwischenzeit schon mal den Tisch im Esszimmer vorbereiten und eindecken, damit es nachher schneller geht, wenn alles so weit vorbereitet ist.“
Ich also rüber ins Esszimmer, die Tischdecke wieder ordentlich zurechtgerückt. Jetzt wollte ich mit dem Eindecken beginnen, mir fiel jedoch ein, dass das vielleicht gar keine so gute Idee sein könnte; wenn sich nachher alle vom Buffet bedienen, könnte ich die Teller besser dort abstellen. Gesagt, getan; ich stellte die Teller auf den langen Tisch, der fürs Buffet vorgesehen war. Das Besteck legte ich jedoch direkt auf den Tisch, legte jedem noch eine frische Serviette dazu und zum Abschluss stellte ich noch frische Gläser an jeden Platz.
Noch ein kurzer Blick auf den Tisch, ob ich nun wirklich nichts vergessen hatte. Meine nächsten Schritte lenkten mich ins Wohnzimmer, wo meine Eltern und Thomas‘ Mutter in ein Gespräch verwickelt waren. Gabis Eltern saßen nur dabei und hörten gespannt den Erzählungen zu. Wenn ich das richtig verstanden hatte, erzählten sie sich so manche Anekdoten und Geschichten aus unserer Kindheit.
Martina hatte sich auf die Couch gelegt. So fragte ich die Anwesenden: „Ihr seid versorgt oder braucht ihr noch was zum Trinken?“
Mein Vater meinte: „Wenn wir was gebraucht hätten, hätten wir uns schon bei euch gemeldet, ansonsten wissen wir auch, wo bei euch Getränke zu finden sind. Also macht euch darüber keine Gedanken, wir verdursten schon nicht.“
Die Antwort hatte ich zwar nicht erwartet, aber er hatte ja recht mit seiner Aussage. Ich drehte mich um und verließ das Wohnzimmer jedoch nicht auf dem Weg, auf dem ich gekommen war, sondern über den Flur. Ich horchte kurz nach oben, aber dort war es ruhig; entweder schauten sie in Ruhe einen Film an oder sie waren eingeschlafen. Wundern würde mich das eigentlich nicht, die letzte Nacht war doch ziemlich kurz gewesen für uns alle. Wobei, wenn nur die beiden Großen eingeschlafen wären, dann würde Kevin längst hier auf der Matte stehen, selbst wenn der Film nicht langweilig wäre.
Somit ging ich weiter in die Küche, um Thomas und Christoph bei den weiteren Vorbereitungen fürs Abendessen zu helfen. Thomas beschäftige sich damit, die Leckereien wieder auf diverse Servierplatten zu verteilen, und Christoph war mit einem Messer bewaffnet und hatte angefangen Salat zu putzen und zu schneiden.
Scheinheilig fragte ich die beiden, ob sie mir auch noch etwas zum Arbeiten übriggelassen hätten. Christoph gab dann auch lapidar von sich: „Du könntest schon mal die Dressings für die Salate vorbereiten, das kannst du weitaus besser als ich. Zuhause darf ich auch nur Gemüse putzen und schneiden, mehr erlaubt mir Martina nicht.“
Ich fing lauthals zu lachen an und erwiderte ihm: „Das soll ich dir glauben? Ich kenne zwar bisher nicht deine Kochkünste, immerhin hast du, bevor du und Martina geheiratet habt, nicht mehr bei deinen Eltern gelebt, sondern in einer eigenen kleinen Wohnung. Da du nicht verhungert bist, gehe ich davon aus, dass du entweder selbst gekocht und dich versorgt hast oder zumindest gelernt hast Fertiggerichte zu erwärmen.“
„Wenn nicht“, setzte ich fort, „was machst du in wenigen Monaten, wenn Martina zur Geburt für ein paar Tage im Krankenhaus ist? Gehst du dann mit Kevin jeden Abend essen oder wollt ihr in dieser Zeit ein paar Pfunde abhungern und etwas für eure Figur tun? Oder müssen etwa Thomas und ich damit rechnen, dass ihr beide dann jeden Abend zu uns kommt und von uns versorgt werden wollt?“
Christoph grinste und sagte: „Oh, das ist eine gute Idee, auf die ich noch gar nicht gekommen bin; ich würde mir jede Menge Zeit sparen, wenn ich das machten würde. Aber Spaß beiseite, natürlich habe ich kochen gelernt, vielleicht nicht so perfekt wie du oder Martina, aber für uns beide, Kevin und mich, sollte es reichen, und wenn dem nicht so sein sollte, können wir euch immer noch überfallen und uns durchfüttern lassen. Außerdem gibt es noch meine Eltern, die werden uns zwei schon nicht verhungern lassen. Mama wird sich auch tagsüber um Kevin kümmern, wenn ich zur Arbeit bin. Ich wüsste sogar noch jemanden, der uns sicher bemuttern würde, vorausgesetzt, der Umzug hierher ist zu der Zeit schon abgeschlossen. Zusätzlich gäbe es da noch Gabis Eltern, die uns beide nicht vor die Hunde gehen lassen würden“.
Thomas mischte ich jetzt in unser Gespräch ein: „Schön, wenn man so eine große Familie hat und sich alle gegenseitig helfen, wenn Not am Manne ist“.
Die Weisheit, die er uns dann versuchte näherzubringen mit seiner Aussage: „Die besseren Köche sind immer noch wir Männer, ihr braucht ja nur zu schauen, wie viele Sterneköche es gibt, und da sind nur ganz wenige Frauen darunter.“
Von mir kam jetzt nur eine ebenso trockene wie humorlose Antwort: „Du immer mit deinen Vorurteilen Frauen gegenüber.“ Das ließ er sich dann doch nicht gefallen von mir und schon polterte er los.
„Ich habe keine Vorurteile Frauen gegenüber, aber ich kann auch nichts mit ihnen anfangen, höchstens mit ihnen befreundet sein und das reicht auch schon. Ich habe dich, Peter, und das reicht mir auch vollkommen.“
Ich wollte dieses Thema nicht weiter vertiefen und so blieb ich erst mal ruhig und beschäftigte mich mit den Vorbereitungen für die Salat-Dressings. Zwischendurch fragte ich die beiden dann doch, was sie in meiner Abwesenheit an wichtigen Dingen und großen Geheimnisse besprochen hätten, die nicht für meine Ohren bestimmt seien. Dabei konnte ich mir ein leichtes Grinsen nicht verkneifen. Was mich jedoch mehr verblüffte, war die Tatsache, dass beide unisono und zur gleichen Zeit antworteten: „Nichts“, ohne rot zu werden.
„Das soll ich euch jetzt glauben, ihr Schlawiner, denn das, was ihr in den letzten Wochen alles ausgeheckt und geplant hattet zu meinem Geburtstag, war nicht gerade von schlechten Eltern. Ich gebe zu, dass auch du nicht in alle Geheimnisse eingeweiht wurdest, vor allem wenn ich da an die Überraschung mit deiner Mutter denke, aber trotzdem warst du sicher an so einigen Sachen beteiligt. Ich denke, du bist nicht unschuldig daran, dass Martinas Eltern jetzt wieder ganz ungezwungen mit uns umgehen wollen, nachdem sie in der Vergangenheit den Kontakt zu mir und dir doch eher gemieden haben.“
„Nein, dafür musst du dich einzig und allein bei deinen beiden Kindern bedanken, ich hatte davon bis gestern auch keine Ahnung. Vielleicht hat es ihnen geholfen, dass sie meine Mutter ausfindig gemacht haben und ihnen damit gezeigt wurde, wie wichtig wir beide für die beiden sind“, erwiderte Thomas.
„Stimmt“, kam es von Christoph, „das hat sicher dazu beigetragen. Martina und Philipp hatten in letzter Zeit öfters Gespräche mit ihren Großeltern, bei denen ich nicht anwesend war.“
Ich schaute kurz auf die Uhr in der Küche und sagte dann zu den beiden: „Wir sollten so langsam fertig werden mit den Vorbereitungen, es ist inzwischen schon nach achtzehn Uhr, nicht, dass sie uns am Ende noch verhungern, weil wir uns in der Küche verquatscht haben.“
Wir konzentrierten uns darauf, die Speisen fertig zu stellen, und so nach und nach alles im Esszimmer auf dem langen Tisch aufzustellen und anzurichten. So kurz nach halb sieben waren wir endlich mit allen Vorbereitungen fertig, der Rest der Familie konnte dann kommen und das Buffet leerplündern.
Christoph schickte ich nach oben, um die drei Jungs zu holen, ich ging rüber ins Wohnzimmer, um meine Eltern, Gabis Eltern, Martina und Thomas‘ Mutter zu holen. Thomas wollte in der Zwischenzeit noch unsere Getränkevorräte auffüllen, damit nachher keiner extra in den Keller laufen müsste.
Wir saßen bereits am Esstisch, es fehlten nur noch Christoph und die drei Jungs, aber es blieb ruhig im Treppenhaus. Der wird sich doch nicht mit den Jungs den Film zu Ende schauen wollen. Plötzlich öffnete sich die Tür und Christoph stand allein im Türrahmen.
Der Lesemodus blendet die rechte Navigationsleiste aus und vergrößert die Story auf die gesamte Breite.
Die Schriftgröße wird dabei vergrößert.