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Regenbogenfamilie

Teil 73 - Zurück im Büro

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Die Rückreise nach Bayern begann am Sonntag damit, dass wir zusätzlich drei Kisten mit Unterlagen im Auto unterbringen mussten. Mit unserem Gepäck zusammen war der Laderaum diesmal gut gefüllt. Wie auf der Hinfahrt waren wieder drei Stopps mit Fahrerwechsel eingeplant. Im Unterschied zur Hinfahrt übernahm ich diesmal die erste Teilstrecke.

Beim zweiten Zwischenstopp legten wir eine längere Pause ein, um uns ein ordentliches Mittagessen zu genehmigen. Kurz nach München, Felix saß am Steuer, rief ich bei Thomas an, um ihm unsere bevorstehende Ankunft mitzuteilen. Ich bat ihn darum, Verstärkung zum Ausräumen unseres Fahrzeugs zu organisieren, da wir drei größere Kartons voll mit Unterlagen des Hotels dabeihaben. Er meinte: „Alejandro wird euch sicher helfen, er will sowieso noch etwas mit dir besprechen, wenn du wieder von deiner Dienstreise zurück bist.“

Knapp fünfundvierzig Minuten später parkten wir vor dem Gutshaus. Alejandro stand bereits mit einer Transportkarre bereit, um die Kartons aufzuladen. Die Jungs schnappten sich ihre Reisetaschen und Schulrucksäcke und gingen sofort nach oben.

Jorge, der zwischenzeitlich dazu kam, bat mich um den Fahrzeugschlüssel, damit er den Wagen in die Garage bringen kann. Ich folgte Alejandro mit meiner Reisetasche und wir gingen in den Bürotrakt. In meinem Büro luden wir die drei Kartons ab. Dann fragte ich Alejandro, weswegen er mich sprechen will.

Wir setzten uns in die Besprechungsecke und er erklärte mir: „Es geht um Rafael, den Neffen von Jorge. Wir haben am Donnerstagnachmittag einen Anruf von der Schule erhalten. Der Klassenlehrer meinte, dass Rafael noch immer große Schwierigkeiten habe, dem Unterricht zu folgen. Obwohl sich seine Deutschkenntnisse in den letzten zwei bis drei Wochen erheblich verbessert hätten.“

Er meinte, wir sollten versuchen einen Nachhilfelehrer zu finden, der perfekte Deutsch- und Spanischkenntnisse besitzt und der mit ihm die Wörter übt, die zum einen im schulischen Sprachgebrauch häufig benutzt werden, zum anderen versucht die fachspezifischen Wörter, die demnächst im Unterricht vorkommen, vorab mit ihm einzuüben.“

Ich schaute ihn an und unterstellte ihm: „Ich denke, das kannst du selbst machen, dafür benötigst du keinen Nachhilfelehrer. Du solltest nur in seinen Schulbüchern nachsehen, welche Themen demnächst behandelt werden und mit ihm die deutsche Übersetzung der Fachbegriffe üben. Damit würde er die Fachbegriffe im Unterricht bereits kennen und Rafael hätte weniger Probleme dem Unterricht zu folgen.“

Alejandro antwortete mir: „Eigentlich hätte ich auf die Idee selbst kommen können, ich werde das gleich mit Rafael besprechen. Sollte wir das gewünschte Ziel damit nicht erreichen, können wir immer noch überlegen, wie wir weiter vorgehen.“

Ich ging mit ihm nach oben. In der ersten Etage verabschiedete ich mich von Alejandro, der weiter nach oben in seine Wohnung ging. Thomas begrüßte mich mit einem Kuss, und meinte: „Endlich bist du wieder zuhause, die letzten Nächte ohne dich war ich immer so einsam. Erzähl mal, wie war euer Ausflug an die Ostsee, war er wenigstens aus deiner Sicht erfolgreich?“

Ich grinste ihn an und erzählte: „Das kommt ganz darauf an, aus welcher Sicht du das sehen willst. Aus meiner und Carstens Sicht war es sicher ein sehr erfolgreiches Wochenende. Für Jan, den Hotelmanager war es eher ein lehrreiches Wochenende, wie er mir selbst gestanden hat. Obwohl, für die Auszubildenden des Hotels war es auch ein erfolgreiches Wochenende. Sie sind begeistert davon, dass sie während der Umbauphase ihre Ausbildung bei uns im Seminarhotel, im Gesindehaus und im Restaurant lückenlos weiterführen können.“

Thomas schaute mich fragend an und meinte: „Wer bitte ist dieser Carsten, der Name sagt mir überhaupt nichts?“

Ich erzählte Thomas: „Carsten ist einer der Auszubildenden im Hotel. Er hat mich gefragt, ob es möglich wäre, nach seiner Ausbildung in der Restaurantküche im Gutshof zu arbeiten. Ich wollte wissen, warum er wechseln will. Er hat mir erzählt, dass sein Freund mit seinen Eltern vor einigen Monaten aus beruflichen Gründen nach Rosenheim umgezogen ist und er langfristig betrachtet wieder zu seinem Michael will. Wir beide haben Michaels Eltern vor einigen Wochen beim Elternstammtisch kennengelernt. Ich kenne inzwischen sogar Michael, er war bei mir zu einem Vorstellungsgespräch. Carsten wird entweder nächstes oder übernächstes Wochenende hier bei uns aufschlagen und ab dem Zeitpunkt bei Sebastian in der Küche mitarbeiten sowie bei Michael und dessen Eltern wohnen.“

Thomas schaute mich an und sagte: „Ich sehe schon, du hast wieder einmal alle Register gezogen, um einem unglücklich schwulen Pärchen zu ihrem Glück zu verhelfen.“

Ich lachte und erklärte ihm: „Als ich mit Sebastian gesprochen habe, hat er mich als Samariter betitelt, der wieder einmal jungen Männern zu ihrem Glück verhilft, aber er hat auch ohne groß nachzudenken zugesagt, Carsten mit sofortiger Wirkung zu übernehmen. Ich glaube er war mehr als froh darüber, denn er meinte, dass er intensiv auf der Suche nach Verstärkung sei, auch wegen des Seminarhotels.

Carstens Eltern haben ein Architekturbüro und Felix hat vorgeschlagen, dass wir sie mit der Bauleitung vor Ort beauftragen könnten. Ich muss das erst noch mit Jason oder Jenifer klären, bevor ich an Carstens Eltern herantrete. Da sie ihren Sprössling höchstpersönlich bei uns abliefern, ergibt sich die Möglichkeit, die Verhandlungen an diesem Wochenende zu führen. Thomas, hast du für heute Abend bereits gekocht oder etwas vorbereitet? Ansonsten könnten wir ins Restaurant zum Essen gehen, ich habe keine Lust auf Kochen.“

Thomas grinste und erwiderte: „Ich hatte mir schon so etwas gedacht, deshalb habe ich weder etwas vorbereitet, noch habe ich angefangen etwas zu kochen.“

Ich räumte meine Reisetasche aus und als ich mit der Schmutzwäsche ins Bad ging, stellte ich fest, die Jungs hatten bereits die Maschine mit verschmutzter Wäsche beladen und gestartet.

Kurz nach sieben Uhr tauchten wir im Restaurant auf und suchten uns einen Tisch für sechs Personen. Als Alexandra uns entdeckte, kam sie zum Tisch und verkündetet: „Ich bin bereits darüber informiert, dass Peter wieder einmal zugeschlagen hat. Glücklicherweise konnte er mit dieser Aktion mehr als nur zwei Personen glücklich machen.“

Thomas schaute sie verwirrt an und fragte deshalb nach: „Wie soll ich das bitte verstehen, wieso hat Peter mehr als zwei Personen zum Glück verholfen? Ich sehe da nur die beiden Jungs.“

Alexandra lachte laut los und als sie sich wieder etwas beruhigt hatte, sagte sie zu Thomas: „Stimmt, die Beiden gehören auf alle Fälle mit dazu, aber da gibt es noch einen, der auf den Namen Sebastian hört und der beinahe ausgeflippt ist, als ihm Peter den Auszubildenden im zweiten Ausbildungsjahr angeboten hat. Wir sind doch seit Wochen verzweifelt auf der Suche nach ein oder zwei neuen Leuten für die Küche, bei den bisherigen Bewerbungen war kein brauchbarer Kandidat dabei.“

Thomas lachte und sagte zu Alexandra: „Jetzt habe ich es verstanden.“

Beim Bearbeiten meiner Mails am Montagmorgen weckte eine Nachricht von Philipp mein Interesse. Er eröffnete uns, dass vorerst keine weiteren Treffen für die Hochzeitsvorbereitungen notwendig sind, da wir alle bisherigen offenen Punkte abgearbeitet hätten. Die Einladungen sind alle verschickt und die ersten Rückmeldungen liegen bereits vor. Die vorliegenden Anmeldungen sind in die Liste eingearbeitet und werden von ihm laufend ergänzt.

Kurz nach acht Uhr rief ich im Architekturbüro Schreiber an. Der Seniorchef Max meldete sich und als ich ihn nach seinem Sohn fragte, meinte er, der wäre heute in Österreich, Jenifer wäre bisher noch nicht im Büro. Er wollte wissen, ob er mir weiterhelfen könne. Ich erklärte, ja du kannst mir weiterhelfen, wenn du den Stand der Suche nach einem Kollegen im norddeutschen Raum, für die Umbaumaßnahmen des Ostsee-Hotels kennst.

Er erzählte mir, dass sie am Donnerstagnachmittag noch darüber gesprochen hätten und seines Wissens bisher noch kein Partner gefunden wurde. Jenifer sollte heute mit den Architektenkammern in Hamburg und Schleswig-Holstein Kontakt aufnehmen und dort nachfragen, wen sie uns für diesen Auftrag empfehlen können.

Ich erklärte ihm: „Kannst du bitte Jenifer vorerst stoppen. Wir habe am Wochenende an der Ostsee ein Architektenehepaar kennengelernt, die direkt vor Ort in Scharbeutz sitzen. Felix hat sie mir als unsere Partner vor Ort vorgeschlagen, da sie mit den örtlichen Gegebenheiten bestens vertraut sind.

Ich habe sie allerdings bisher noch nicht gefragt, da ich mir nicht sicher war, ob ihr bereits jemanden gefunden habt. Ich werde direkt nach unserem Gespräch mit dem Architekturbüro Arndt in Scharbeutz telefonieren und die Lage sondieren, ob sie sich eine Zusammenarbeit vorstellen können. Mit einer Mail werde ich euch über den Erfolg oder Misserfolg meiner Bemühungen unterrichten.“

Ich wollte mich schon von ihm verabschieden als er meinte: „Irgendwie sagt mir der Name Arndt aus Scharbeutz etwas, lass mich kurz überlegen.“ Nach einer kurzen Pause sprach er weiter: „Ich erinnere mich an einem Emil Arndt aus Scharbeutz, der vor mehr als zwanzig Jahren bei mir angefragt hat, ob wir ihn bei einem Hotelprojekt südlich von Rosenheim unterstützen könnten. Ich musste damals leider ablehnen, da wir zu diesem Zeitpunkt sehr gut ausgelastet waren. Danach hat er sich leider nie wieder bei uns gemeldet.“

Ich meinte: „Danke für die Information, vielleicht helfen sie mir weiter bei meinem Gespräch. Ich wünsche dir noch einen schönen Tag.“

Als nächstes wählte ich die Rufnummer des Architekturbüros von Carstens Eltern. Es meldete sich eine jüngere Frau. Ich bat sie, mich mit Dirk Arndt zu verbinden. Sie erklärte mir, dass dieser gerade ein Kundengespräch führe, sie mich aber mit seiner Gattin verbinden könne. Ich meinte, dann verbinden sie mich doch bitte mit Tatjana.

Es klingelte zweimal, bis Tatjana abnahm. Sie begrüßte mich und wollte wissen, ob ich schon neuere Informationen zu Carstens Übernahme habe. Ich erklärte ihr, dass ich noch keine aktuellen Infos habe und aus einem anderen Grund mit ihr sprechen will. Damit hatte ich ihre Aufmerksamkeit geweckt und sie wollte natürlich wissen, um was es sich handelt.

Meine erste Frage war, ob sie einen Emil Arndt kennen würde. Sie konterte damit, indem sie mich fragte, woher ich den Vornamen ihres Schwiegervaters kenne. Kurz erklärte ich ihr, von wem ich den Vornamen erfahren habe.

Jetzt war es an der Zeit ihr mein Anliegen vorzutragen: „Wir haben doch darüber gesprochen, dass das Ostsee-Hotel in den nächsten zwei Jahren umgebaut wird. Wir sind zusammen mit unserem hiesigen Architekten auf der Suche nach einem Partner vor Ort, der die Arbeiten vor Ort koordiniert und überwacht.

Mein Mitarbeiter in der Stiftung, Felix Müller, hat mir vorgeschlagen, dass wir doch mit euch zusammenarbeiten könnten, da ihr zum einen vor Ort seid und wir uns bei der Unterhaltung zu Carstens Wünschen bestens verstanden hätten. Bei Interesse könnten wir weitere Details während eures Aufenthalts in Rosenheim, anlässlich der Übersiedelung eures Sohnes, zusammen mit unseren Architekten besprechen.“

Sie erklärte mir: „Ich will das erst noch mit Dirk besprechen. Grundsätzlich haben wir schon Interesse an einer Zusammenarbeit und wenn sie sich richtig erinnert, wurde das Hotelgebäude damals von ihrem Schwiegervater geplant.“

Meine Aufmerksamkeit wurde gestört, weil Sebastian zu mir ins Büro eintrat. Sebastian zeigte mit ausgestrecktem Daumen nach oben. So meinte ich zu ihr: „Kann ich dich kurz unterbrechen, bei mir ist Sebastian unser Küchenchef ins Büro gekommen und ich denke es gibt Neuigkeiten in Sachen Carsten. Ich schalte kurz auf Lautsprecher, dann kann dir Sebastian direkt erklären, wie der aktuelle Stand der Angelegenheit ist.“

Während ich umschaltete, erklärte ich Sebastian, dass ich Carstens Mutter in der Leitung hätte. Sebastian begrüßte kurz Tatjana und erzählte ihr: „Mit unserer IHK ist alles so weit abgeklärt, wir dürfen Carsten zur Fortsetzung seiner Ausbildung nach Rosenheim holen, auch die schleswig-holsteinische IHK hat bereits ihre Zustimmung erteilt. Wir müssen nur noch beiden Kammern mitteilen, wann der Wechsel genau stattfinden wird.

Da Carsten zwischenzeitlich volljährig ist, reicht ihnen die Unterschrift des Auszubildenden und der jeweiligen Ausbildungsbetriebe. Ich habe zwischenzeitlich schon mit der Berufsschule gesprochen, sie brauchen zur Anmeldung nur eine Abmelde-Bescheinigung der bisherigen Bildungseinrichtung, sprich der berufsbildenden Schule, die Carsten derzeit besucht.“

Tatjana erklärte uns: „Dann werden wir uns um die beiden Bescheinigungen kümmern, die hier ausgestellt werden und der Rest bleibt bei euch hängen. Theoretisch könnte Carsten bereits am kommenden Wochenende umziehen. Ich werde gleich kurz mit ihm sprechen, er ist noch zu Hause, da er heute Spätschicht hat. Wir melden uns später bei dir, Peter, wenn ich mit Carsten und Dirk alles besprochen habe.“

Nachdem Sebastian wieder auf dem Rückweg ins Restaurant war, bat ich Philipp und Bernhard zu mir ins Büro zu kommen. Es dauerte keine zwei Minuten, bis beide eintraten. Ich zeigte auf die Kisten, die in der Ecke standen und erklärte: „Das sind die Unterlagen, die wir von der Ostsee mitgebracht haben. Wie schnell könnt ihr alle Unterlagen digitalisieren, mit der dienstlichen Anordnung von mir, dass die Digitalisierung der sonstigen Altunterlagen deswegen vorübergehend unterbrochen wird. An oberster Stelle stehen in den nächsten Tagen die alten Baupläne, damit Jason möglichst rasch darauf zugreifen kann.“

Die Beiden schauten mich an und Bernhard erklärte: „Bevor ich dir eine einigermaßen verbindliche Zeitangabe machen kann, wäre es in erster Linie sinnvoll, die Unterlagen zu sichten, um die Qualität der Unterlagen und den Umfang der Digitalisierungsvorgänge zu ermitteln. Bei den Bauplänen werden wir gleichzeitig die neue, von Jason beschaffte, Software zur Umwandlung in digital bearbeitbare Planunterlagen, zum Einsatz bringen. Sie wurde bisher nur bei bereits als PDF gespeicherten Planunterlagen erfolgreich eingesetzt. Nach Angaben des Herstellers ist die Umwandlung fast doppelt so schnell, als bei der Aufbereitung vorhandener PDFs, da die Metadaten beim Einscannen mit ausgewertet werden können.“

Wir öffneten alle drei Kisten und sahen uns einzelne Order an. In einigen der Ordner fanden wir eine Auflistung des gesamten vorhandenen Inventars. In fünf weiteren Ordner waren sämtliche alten Baupläne abgeheftet. Die nächsten Ordner, die wir sichteten, enthielten die Einrichtungspläne der einzelnen Hotelzimmer und Suiten. Auch für sämtliche Funktions- und Nebenräume waren detaillierte Pläne vorhanden. Hinzu kamen einige Ordner, mit den Unterlagen der zuletzt durchgeführten Überprüfung aller elektrischen Geräte nach DUGV-Vorschrift 3.“

Ich besprach mit Bernhard, dass alle Planunterlagen, also die Baupläne und die Pläne der einzelnen Hotelzimmer, als erstes abgearbeitet werden. Inventar und Prüflisten werden nur archiviert, da nach dem Umbau diese Unterlagen sowieso nicht mehr gültig sind. Danach erklärte ich Bernhard, dass er vermutlich ab nächster Woche für die Umbaupläne einen weiteren Mandanten für den Zugriff auf diese Unterlagen einrichten darf, sofern wir uns mit dem vor Ort sitzenden Architekten einigen können, den ich bereits am Wochenende kennengelernt hatte.

Nach dem ich vom Mittagessen aus der Kantine zurück in meinem Büro war, erhielt ich den Anruf von Familie Arndt. Dirk hatte bereits auf Lautsprecher gestellt und so wurde ich von allen begrüßt. Carsten meinte, er würde gleich losfahren zur Spätschicht und werde gleich alles im Hotel regeln. Dass ich zu euch wechseln will, wissen sie bereits seit gestern. Spätestens heute Abend kann ich dir sagen, ob ich an diesem Wochenende bei euch aufschlage. Er verabschiedete sich und ich fragte die beiden, wie ihre Entscheidung ausgefallen sei.

Dirk übernahm die Aufgabe mir alles zu klären: „Ich war etwas überrascht, als Tatjana mir von deinem Anruf und deinem Angebot erzählte. Das du dich wegen Carsten melden würdest, wussten wir. Wie meine Gattin bereits erklärt hat, sind wir grundsätzlich an vernünftigen Aufträgen interessiert. In diesem speziellen Fall sogar noch mehr, den die Baupläne hatte damals mein Großvater erstellt, mein Vater war während seines Studiums nur an der Bauleitung beteiligt. Was ich nicht verstanden habe, woher du den Namen meines Vaters kennst?“

Ich erklärte ihm: „Der Seniorchef des Architektenteams, mit dem wir zusammenarbeiten, hat sich daran erinnert, dass er vor etwas über zwanzig Jahren ein Angebot von einem Architekten Emil Arndt aus Scharbeutz erhalten hat, die Bauleitung für ein Hotel südlich von Rosenheim zu übernehmen. Dies musste er damals aber ablehnen, weil ihm zu dem Zeitpunkt die nötigen Ressourcen fehlten. Ich habe vermutet, dass es dein Vater gewesen sein könnte.“

Dirk erklärte mir: „Du hast richtig vermutet, das war mein Vater. Er hat damals, nach langer vergeblicher Suche, keinen Partner aus der Umgebung von Rosenheim gefunden und war somit regelmäßig bei euch im Süden. Während der Ferien hat er mich ein paarmal auf die Baustelle mitgenommen. Einige Jahre später erhielten wir den Auftrag das Hotel umzuplanen, da es von der neuen Eigentümerin nur als Villa genutzt werden soll. Ich erinnere mich noch, dass in der Nähe ein größerer Gutshof war, mit Ländereien, die fast bis ans Hotel heranreichten.“

Als ich zu lachen anfing wollte er wissen, was daran so lustig sei. Ich fragte daher, ob die neue Eigentümerin damals eine Frau Maria von Kempenhofen gewesen sei. Dirk bestätigte meine Vermutung und so erklärte ich ihm, dass die Villa zwischenzeitlich im Besitz der Stiftung Sonneneck ist und derzeit wieder zu einem Hotel zurückgebaut wird, einem Seminarhotel. Unser Gutshof ist der direkte Nachbar des von deinem Vater damals geplanten Hotels.

„Das glaube ich jetzt nicht“, meinte Dirk und sprach weiter, „damit ist das Ostsee-Hotel bereits das zweite Objekt, dass von meinen Vorfahren geplant wurde, das in den Besitz der Stiftung übergegangen ist. Inzwischen ist mir klar geworden, warum du lachen musstest, als ich den Gutshof erwähnt habe. Moment, ich habe soeben eine Whatsapp-Nachricht von Carsten erhalten. Er teilt mit, dass wir am Freitag fahren können. Damit sehen wir uns am Freitag und ich habe spontan beschlossen, wir bleiben nicht nur bis zum Sonntag, sondern bis Dienstag oder Mittwoch, damit wir genügend Zeit haben, alles mit euch zu besprechen und zu klären.“

Wir verabschiedeten uns bis zum Freitagabend. Ich rief Sebastian an und informierte ihn, dass sein neuer Auszubildende am Freitag hier eintreffen wird. Abends erzählte ich den Jungs und Thomas, dass Carsten mit seinen Eltern bereits am Freitag kommen wird und seine Eltern bis Dienstag oder Mittwoch bleiben werden. So wie es aussieht, wollen sie das Angebot annehmen und mit uns zusammenarbeiten.

Am Dienstagnachmittag kam Bernhard zu mir und erklärte mir, die Digitalisierung der alten Baupläne läuft besser und schneller als erwartet. Jason ist begeistert von der Qualität der Daten zur weiteren digitalen Bearbeitung der Baupläne gegenüber den aus PDFs gewonnen Daten. So wie es aktuell aussieht, werden die alten Baupläne bereits am Freitag abgearbeitet sein. Danach würden wir mit den Plänen der Hotelzimmer beginnen. Jason feilt gerade noch daran, wie die vorhandene Möblierung ausgeblendet werden kann und der nackte Raum übrigbleibt.

Am Mittwoch verbreitete Philipp die Nachricht, dass inzwischen bereits von der Hälfte der eingeladenen Hochzeitsgäste Rückmeldungen vorliegen. Er ist überrascht davon, dass bisher nur eine einzige Absage vorliegt. Ich schrieb ihm zurück, dass die Absagen als letztes eintrudeln, da manche noch mit ihrem Terminkalender kämpfen. Wir haben den Vorteil, dass wir am Freitag nur standesamtlich im kleinen Kreis feiern und die große Feier erst am Samstag stattfindet. Da haben viele eher Zeit als an einem Freitagnachmittag.

Am Freitagmorgen, ich war kaum im Büro, klingelte mein Telefon. Es zeigte mir eine Mobilfunknummer die ich bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht kannte. Ich nahm das Gespräch entgegen und war erfreut Dirk zu hören. Er meinte, wir sind bereits unterwegs und werden spätestens zum Kaffee bei euch ankommen.

Ich wunderte mich etwas und fragte deshalb, ob er im Tiefflug unterwegs sei. Er erklärte, „Tiefflug von wegen, wir haben gestern Abend noch unser Auto voll beladen, und sind bereits seit vier Uhr morgens unterwegs. Carsten lag richtig mit seiner Vermutung, dass wir mit diesem Vorgehen das Nadelöhr Hamburg noch vor dem einsetzenden Berufsverkehr passiert haben. Wir sind bereits in der Nähe von Magdeburg und wenn das Navi nicht lügt, werden wir gegen dreizehnuhrfünfundvierzig am Gutshof ankommen.“

Wir verabschiedeten uns bis zum Nachmittag. Ich rief Martina an und bestellte Kuchen und Torten für neun Personen, die am Nachmittag zum Kaffee bei uns sein würden. Ich fragte, ob sie mittags die Sachen mitbringt oder ich sie abholen soll. Ich bin sowieso über Mittag zu Hause und bring den Kuchen mit, erklärte sie mir.

Ich rief Thomas an und fragte, ob er bereits gegen vierzehn Uhr zu Hause sein kann, da Dirk, Tatjana und Carsten unterwegs sind und zwischen dreizehnuhrdreißig und vierzehn Uhr eintreffen. Er meinte, er könne es mir momentan noch nicht fest zusagen, aber er komme so früh als möglich.

Wie üblich, tauchten David und Tobias nach dreizehn Uhr bei mir im Büro auf. Sie stellten ihre Schulrucksäcke in die Ecke und wollten in die Kantine gehen um zu Essen. Ich stoppte sie und fragte sie, ob es ihnen reichen würde, wenn sie spätestens gegen vierzehn Uhr Kaffee und Kuchen haben können. Da sie mich fragend anschauten, erklärte ich ihnen, dass Carsten mit seinen Eltern in gut einer halben Stunde hier ankommen wird. Sie waren sich sofort einig. Kantine fällt aus, heute Mittag gibt es ersatzweise Kaffee und Kuchen.

Ich telefonierte mit Alexandra wegen der Zugangskarten für unsere Gäste. Sie meinte, deine angekündigten Gäste kommen doch erst heute Abend. Ich antwortete ihr: „Von wegen, sie werden gleich hier sein, sie sind bereits um vier Uhr morgens losgefahren. Ich schicke dir einen der Jungs, um die Schlüsselkarten abzuholen.“

Tobias lief ins Gesindehaus und als er mir die Schlüsselkarten in die Hand drücken wollte, klingelte erneut mein Telefon. Ich erkannte die angezeigte Nummer sofort und hob ab, meldete mich mit meinem Namen und sagte: Hi Dirk, wie schaut es bei euch aus, gibt es Verspätung wegen eines Staus auf der Salzburger Autobahn?“

Er lachte und meinte: „Viel schlimmer, wir stehen bereits vor dem Gutshof. Wo sollen wir hinkommen, wir kennen uns überhaupt nicht aus.“

Ich meinte nur, dass ich in einer Minute bei ihnen sei. Meine beiden Jungs waren bereits losgerannt und nachdem ich aufgelegt hatte, folgte ich ihnen nach draußen. Kaum hatte ich die Haustür geöffnet, sah ich wie die Jungs sich gegenseitig begrüßten, anschließend drückten sie Tatjana und Dirk die Hand.

Als ich neben ihnen stand begrüßte ich ebenfalls die drei. Dirk fragte, ob es möglich sei ihr Gepäck sofort aufs Zimmer zu bringen, was ich ihm bestätigte. Plötzlich standen Martina und Katharina neben mir und Martina wollte mir den Kuchen in die Hand drücken. Ich stellte sie und ihre Tochter unseren Gästen vor und anschließend umgekehrt.

Tatjana sagte: „Peter, ich hoffe ich habe nicht vorschnell gehandelt, als ich Michael und seine Eltern hierher zum Kaffee eingeladen habe. Ich hatte angenommen, wir würden ins Hofcafé gehen, wo jeder für sich selbst zahlen würde.“

Ich versicherte ihr, dass sie uns damit keine Schwierigkeiten bereiten kann und überlegte kurz. Dann verteilte ich die Aufgaben: „David, du gehst bitte ins Hofcafé und lässt dir noch mindestens vier weitere Kuchenstücke einpacken. Auf dem Rückweg sammelst du Felix und eure Schultaschen ein. Tobias, du und Carsten, ihr geht mit dem Kuchen bereits nach oben in unsere Wohnung. Dort könnt ihr gleich Kaffee aufsetzen und den Esstisch für elf oder zwölf Personen eindecken. Ich zeige in der Zwischenzeit Tatjana und Dirk ihr Zimmer im Gesindehaus und in etwa zehn bis fünfzehn Minuten werden wir bei euch in der Wohnung sein.“

David flitzte sofort los, Tobias schnappte sich Carsten und die beiden verschwanden mit dem Kuchen im Gutshaus. Dirk und Tatjana folgten mir mit ihren Koffern zum Gesindehaus. Im Eingangsbereich trafen wir auf Alexandra. Ich stellte sie meinen Gästen vor: „Das ist Alexandra Huber unsere Hotel- und Servicechefin, Lebensgefährtin von Sebastian Weber unserem Chef der Küche. Das sind die Eltern von Carsten, eurem neuen Auszubildenden, Herr und Frau Arndt.“

Sie begrüßte die Gäste und meinte noch, wenn Probleme auftauchen, können sie mich jederzeit ansprechen. Ich fragte sie, wie lange Dennis heute noch Dienst hat und als sie erklärte, dass für ihn gleich Feierabend ist, bedankte ich mich für die Auskunft und meinte, sie solle doch bitte für achtzehn Uhr einen ruhigen Tisch für zwölf Personen für uns bereitstellen.

Ich ging mit meinen Gästen nach oben in die erste Etage. Dirk öffnete mit seiner Karte das Zimmer und schleifte einen Koffer hinterher. Tatjana und ich folgten ihm. Er schaute sich kurz um und stellte überrascht fest, dass die Einrichtung sowohl für jüngere wie auch für ältere Gäste geeignet ist. Er hatte vermutet, dass die Zimmer eher wie typische Kinder- oder Jugendzimmer aussehen würden.

Ich erzählte ihm, dass es anfangs nicht einfach war, Einrichtungsgegenstände zu bekommen, die für alle Altersgruppen gleich gut geeignet waren. Wir haben damals einen mittelständischen Möbelbauer gefunden, der mit uns zusammen diese Möbel entwickelt hat. Er hat bisher das Gesindehaus und in etwas gehobener Ausstattung unser Seminarhotel ausgestattet.

Derzeit wird von ihm das Mobiliar für unser österreichisches Jugendhotel gefertigt und angeliefert. Wir werden für Montag oder Dienstag einen Termin vereinbaren und ihm unser neues Projekt Jugendhotel Ostsee vorstellen.

Tatjanas Handy signalisiert eine neue Nachricht und sie meinte, wir sollten aufbrechen, Familie Gruber habe eben vor dem Restaurant eingeparkt. Wir gingen nach unten und trafen vor dem Restaurant auf Michael und seine Eltern. Wir begrüßten uns und ich bat sie mir ins Gutshaus zu folgen. In der Wohnung wurden wir mit großem Hallo von den Jungs empfangen. Sie waren gerade dabei Carsten ihre Zimmer zu zeigen.

Wir ließen Michael und Carsten bei den Jungs zurück. Ihre Eltern folgten mir ins Esszimmer. Ich sah erstaunte Gesichter, als sie unseren Esstisch erblickten. Michaels Mutter Astrid meinte, so einen Tisch hätte sie auch gerne, nur leider würde er bei ihnen nicht in die Wohnung passen.

Ich erklärte, bei sechs Bewohnern braucht man einen großen Tisch und wenn dann noch Besucher dazukommen, kann es schon manchmal eng werden. Bei unseren Planungen für die Hochzeit sitzen wir manchmal zu zehnt an diesem Tisch. Ich meinte, sie sollten sich doch bitte schon setzen, ich würde nur kurz in der Küche nachschauen, ob bereits alles vorbereitet sei.

Felix und Dennis erschienen kurz nach mir in der Küche und halfen bei den letzten Vorbereitungen. Dennis schnappte sich die Platte mit den Kuchen- und Tortenstücken. In der Essecke fragte er jeden nach seinen Wünschen und brachte jedem das Gewünschte. Tobias nahm sich die beiden Thermoskannen und trug sie ebenfalls ins Esszimmer. Ich setzte vorsichtshalber noch eine dritte Kanne auf und folgte ihm. Gleichzeitig mit mir trat vom Flur aus Thomas ins Esszimmer. Ich stellte ihnen Thomas als meinen Partner vor.

Ich stellte fest, dass sich meine vier jungen Mitbewohner bereits mit Michael angefreundet haben, Carsten hatten sie ja schon an der Ostsee kennengelernt. Nach mehr als einer Stunde und inzwischen leeren Kaffeekannen und -tassen, fingen Tobias und David mit dem Abräumen des Tisches an. Michael bot an zu helfen, was von den beiden dankbar angenommen wurde. Als sie fertig waren, fragten sie, ob sie sich zurückziehen dürfen. Sie würden im Wohnzimmer gerne eine Runde zocken. Da keine Einwände kamen, waren sie nach kurzer Zeit verschwunden.

Ich nutzte die Chance und verkündete, dass ich für achtzehn Uhr einen Tisch im Restaurant für uns reserviert habe und ich sie einlade zu einem gemeinsamen Abendessen. Nach anfänglichem Zögern und einer kurzen Diskussion stimmten doch alle zu. Astrid fragt mich irgendwann, seit wann denn David und Tobias bei uns im Haushalt als Pflegekinder leben, weil ich bei unserem Kennenlernen nichts in diese Richtung angedeutet hätte.

Ich erklärte ihr: „Stimmt, zu diesem Zeitpunkt waren beide noch in einem Kinderheim in München. Wir wurden vom Jugendamt durch unsere ehemaligen Betreuerin nach dem Tod meiner Frau, angesprochen, ob wir uns zutrauen würden, einen schwulen Jugendlichen als Pflegekind aufzunehmen. Dieser müsse aus München weg, bevor er noch tiefer auf die schiefe Bahn gerät. Er selbst wurde vom Jugendamt vor die Wahl gestellt, entweder eine Pflegefamilie oder ein Kinderheim im Raum Rosenheim.

Nach einem ersten Kennenlernen hat er sich spontan für uns als Pflegeväter entschieden. Nummer zwei hatte sich im Kinderheim in Nummer eins verknallt und angedroht, sich aus dem Kinderheim abzusetzen, um Nummer eins zu suchen. Ein paar Tage später kam die Anfrage, ob es möglich wäre auch Nummer zwei mit aufzunehmen, schwule Jugendliche sind normalerweise schwer an Pflegefamilien oder Adoptiveltern zu vermitteln. Sie leben jetzt seit drei, beziehungsweise zwei Wochen bei uns und haben sich bereits sehr gut eingelebt.

Wir sprachen auch über Michaels Bewerbung als Auszubildender in unserer IT-Abteilung und seinen Chancen angenommen zu werden. Das nächste Thema war unser Angebot eines Elternstammtisches für schwule und lesbische Jugendliche.

Hubert erklärte: „Als Michael ihnen mitgeteilt hat, dass es diesen Stammtisch gibt, haben wir spontan beschlossen uns das einmal anzuschauen. Seit unserem ersten Besuch sind wir regelmäßig dabei. Für uns ist wichtig, dass wir uns mit anderen Betroffenen austauschen können oder neue Bekanntschaften knüpfen können und dass wir in Michael Oberwagner einen Ansprechpartner haben, der bei Problemen oder Fragen hilfreich zur Seite steht.“

Astrid sagte zu Tatjana und Dirk: „Morgen findet doch der nächste Stammtisch statt, wollt ihr mit uns mitkommen? Peter, wie sieht es bei dir aus?“ Ich erklärte.w“Warum nicht, ich hatte den morgigen Termin ausgeblendet wegen unseren Gästen.“ Dirk meinte: „Warum nicht, anschauen können wir uns das auf alle Fälle, wir haben ja den kürzesten Heimweg.“

Vor dem Abendessen räumte Carsten seine Koffer vom Wagen seines Vaters ins Auto von Michaels Vater um. Kurz nach zwanzig Uhr trennten wir uns. Dirk und Tatjana gingen in ihr Zimmer im Gesindehaus, wir nach oben in die Wohnung und Hubert, Astrid, Michael und Carsten fuhren zu sich nach Hause.

Am Samstagmorgen klingelte es kurz nach acht Uhr an der Tür. Wir saßen bereits am Frühstückstisch und warteten noch auf Tatjana und Dirk, nachdem wir gestern Abend noch vereinbart hatten, dass sie zu uns zum Frühstück kommen. Dennis hatte heute wieder Frühschicht und war bereits seit sechsuhrdreißig morgens im Gesindehaus. Da an diesem Wochenende weniger Gäste anwesend sind, konnte er später als gewöhnlich seinen Dienst antreten. Tobias eilte zur Tür und führte Tatjana und Dirk ins Esszimmer.

Nach dem Frühstück besprach ich mit Dirk und Tatjana, welche Aktivitäten wir uns für heute vornehmen wollen. Fest stand, dass wir abends zum Elternstammtisch gehen würden. Dirk meinte, er könne sich vorstellen, zum einen das Seminarhotel, das sein Vater geplant hatte, zu besichtigen und natürlich das Gesindehaus so richtig kennenzulernen.

Tatjana wollte wissen, was wir mit den Unterlagen, die wir vom Hotelmanager erhalten haben, geplant haben. Ich erklärte ihr: Die alten Baupläne wirden zwischenzeitlich digitalisiert und zum einen als PDFs gespeichert. Gleichzeitig wurden die Pläne in eine mit CAD-Programmen weiterbearbeitbaren Form gespeichert. Dazu kann dir unser Architekt Jason mehr erklären als ich, ihn treffen wir am Montagvormittag. Für die Archivierung der Pläne als PDF brauche ich Bernhard, der dir das System dahinter erklären kann, dass er zusammen mit Jason entwickelt hat.“ Dirk meinte, dass würde ihn auf alle Fälle interessieren.

Ich rief bei Bernhard privat an, um mit ihm einen Termin für eine Präsentation zu vereinbaren. Es meldete sich jedoch nur Ludwig, der mir mitteilt, dass Bernhard inzwischen im Büro sei und irgendetwas mit Jason testen will. Bei meinem Anruf in Bernhards Büro erhielt ich die Auskunft, dass Jason im Haus ist und wir sofort kommen sollen, da derzeit eine Aktion laufe, bei der sie nicht eingreifen können und sie deshalb kurz Zeit hätten sich mit uns zu unterhalten.

Ich ging mit Dirk und Tatjana nach unten und wir fanden die beiden im Besprechungsraum. Ich stellte alle einander vor und Jason erklärte das von ihm und Bernhard entwickelte Bauplanverwaltungssystem auf der Datenbasis unserer vorher bereits vorhandenen Dokumentenverwaltung. Sie zeigten dabei alle Feinheiten, die sie bisher integriert hatten und die dahintersteckenden Sicherheitssystematik. Als Dirk nach den digitalisierten Bauplänen und die verarbeitbaren Daten für eine Weiterbearbeitung fragte, zeigten sie zum einen die bereits erstellten PDFs und danach die Dateien, die bereits erstellt wurden.

Danach erklärte Jason ihr aktuelles Problem, dass bei den Hotelzimmerplänen auftaucht, weil dort die eingezeichnete Möblierung nicht in die verarbeitbare Datei übernommen werden soll. Solange es Standardmöbel sind, die die Software bereits kennt, kein Problem, leider sind in den alten Plänen noch Formen und Symbole enthalten, die dem System bisher nicht bekannt sind. Wir lassen derzeit alle Pläne durchlaufen, um die Formen herauszufinden, die nicht bekannt sind und werden diese anschließend in die Systembibliothek einbinden damit sie aus den verarbeitbaren Plandaten verschwinden.

Dirk erklärte, dass die alten Pläne für das Hotel von seinem Großvater stammen und er überrascht sei, dass diese Pläne digital aufbereitet und mittels eines CAD-Programm bearbeitet werden können. Ihn fasziniere aber auch die Möglichkeiten, die sich mit der Bauplanverwaltung ergeben. Er kenne die Probleme, die entstehen, wenn Planänderungen nicht umgesetzt werden, weil der Informationsfluss unzureichend ist oder er nicht den aktuellen Stand der Ausführung wisse und deshalb Pläne ändert.

Jason zeigte am Projekt Jugendhotel Austria, wie das Zusammenspiel zwischen den projektbeteiligten Handwerken und dem Architekten vor Ort funktioniert, das als bisher erstes Projekt von Anfang an auf dieser Basis abgewickelt wird.

Tatjana fragte, wo sie das Programm käuflich erwerben könne. Bernhard erklärte ihr, dass es das Programm bisher nirgends zu kaufen gibt, da es eine Eigenentwicklung unseres Hauses in Zusammenarbeit mit Jason und Jenifer ist. Wir, die IT-Abteilung, arbeitet derzeit daran, eine Vermarktung zu ermöglichen. Sie würden sich derzeit mit zwei Modellvarianten beschäftigen. Er selbst favorisiert eine Lösung mit zentralem Datenspeicher, der Architekt schließt einen Wartungsvertrag ab, der den Umfang seiner hinterlegten Daten festlegt.

Die Lesezugriffe für seine Handwerker oder Baufirmen sind kostenlos. Die zweite Variante ist ein zentraler Datenspeicher beim Architekten, in diesem Fall liegen alle Kosten bei ihm, er zahlt uns nur für Updates und Support.

Tatjana meinte: „Wenn wir beim Projekt Ostsee-Hotel mitarbeiten, werden die Kosten in diesem Fall bei Jason anfallen, wir und die ausführenden Handwerker wären die Nutzer, denen keine Kosten entstehen.“ „Nicht ganz“, meinte Jason, „wenn du Pläne abändern willst oder die Detailpläne für die Möblierung erstellst, sind das Aktionen, die bei dir Kosten verursachen. Wenn du für deine eigenen Projekte dieses System nutzen willst, rutscht du sowieso in die Kostenpflicht. Wer neue oder geänderte Pläne speichern will, braucht grundsätzlich eine entsprechende Lizenz damit Plänen gespeichert werden können.“

Mein Mobilteil klingelte und Thomas wollte wissen, ob wir uns losreißen können, sie wären mit den Vorbereitungen zum Mittagessen fertig und wir könnten Essen. Ich schaute auf die Uhr und wunderte mich, dass es bereits nach dreizehn Uhr war. Ich sagte, wir werden zum Mittagessen erwartet. Tatjana schaute ebenfalls auf die Uhr und wunderte sich, dass die Zeit so schnell verflogen ist.

Wir verabschiedeten uns und gingen wieder nach oben in die Wohnung. Unterwegs fragte Dirk, wie alt Bernhard sei. Ich erklärte ihm, so alt wie dein Carsten, im zweiten Ausbildungsjahr und bereits Projektverantwortlicher für die Dokumentenverwaltung. Mit der Kombination Dokumente und Baupläne wird er die Gesamtprojektleitung für beides übernehmen. Ich habe mir mit Bernhard ein Wunderkind an Land gezogen, der bereits vor Beginn seiner Ausbildung bei uns die Dokumentenverwaltung organisiert hat.

Thomas erklärte, wir sollen uns bitte sofort setzen, alles ist fertig vorbereitet. Da ich nur fünf Gedecke am Tisch erkennen konnte fragte ich, wo der Rest sei. Thomas meinte, David und Tobias sind vor zwei Stunden von Hubert, Carsten und Michael abgeholt worden und in die Stadt gefahren. Sie werden bis spätestens siebzehn Uhr wieder hier sein.

Nach dem Essen fragte ich Thomas, ob er uns ins Seminarhotel begleiten will. Er erklärte, dass er sich uns anschließt, sonst würde er am Nachmittag nur allein zu Hause sitzen. Als wir das Hotel betraten staunte Dirk und meinte, ihr habt die Lobby wieder im alten Stil hergerichtet. Wer hat die Arbeiten durchgeführt?

Ich erzählte ihm, dass wir den Handwerksbetrieb, der sie ursprünglich eingebaut hat mit der Ausführung beauftragt haben. Neu ist nur die verkleinerte Küche und die zusätzlichen Seminarräume, die Hotelzimmer waren und sind immer noch bautechnisch im Ursprungszustand, nur mit der neuen Möblierung.

Plötzlich wurde es lauter und eine Anzahl Jugendlicher lief durchs Foyer. Bevor ich den Mitarbeiter an der Rezeption fragen konnte, erklärte er uns: „Nicht wundern, wir haben eine der Gruppen für dieses Wochenende aus dem Gesindehaus, nach Absprache mit Alexandra, umquartiert, um einen Probelauf durchzuführen. Bis jetzt läuft alles weitestgehend reibungslos. Einem offiziellen Start in der kommenden Woche steht nichts mehr im Weg.“

Plötzlich standen Alexandra und Sebastian neben uns und begrüßten uns. Ich stellte Sebastian die Eltern seines neuen Auszubildenden kurz vor, Alexandra hatte sie bereits gestern Nachmittag kennengelernt. Sebastian grinst und erklärte: „Die Idee mit dem Probelauf war gut, so können wir kurz vor der Eröffnung noch einmal alle Abläufe überprüfen.

Morgen Nachmittag werden wir mit den Teilnehmern noch abschließend besprechen, was ihrer Meinung nach noch verbesserungsfähig ist. Bei den Mahlzeiten ist es bisher zu keinen Pannen gekommen, die Anlieferung erfolgte rechtzeitig genug.“

Ich schaute beide an und meinte vorwurfsvoll: „Ich wusste nichts davon, dass ihr an diesem Wochenende einen letzten Testdurchlauf durchführen wollt.“ Etwas versöhnlicher sprach ich weiter: „Es ist in Ordnung, ich finde es sogar super, dass ihr eigeninititaiv mit echten Seminarteilnehmern noch einmal einen Test durchführt. Alexandra, kannst du mir am Montag kurz berichten, wie der Test ausgegangen ist?“

Der Hotelmanager Jakob Weinberger tauchte auf und ich stellte ihn meinen Gästen vor. Gleichzeitig erklärte ich Jakob, dass der Vater von Dirk das Hotel damals geplant hat und Dirk mehrfach während der Bauarbeiten mit seinem Vater hier gewesen ist. Jakob übernahm die Führung durchs Haus und erklärte uns alle Veränderungen gegenüber der ursprünglichen Planung. Nach der Besichtigung der Personalzimmer sagte Tatjana: „Hier wäre mein Sohn wohl untergekommen, wenn er nicht von Astrid und Hubert direkt aufgenommen worden wäre.“

Während der kurzen Rückfahrt zum Gutshof meinte Dirk: „Ich bin überrascht, wie gut ihr den Rückbau hinbekommen habt. Besonders gelungen finde ich die Umgestaltung der Hotelzimmer mit der neuen Möblierung. Mein Vater wird sich freuen, wenn ich ihm von der gelungenen Rückbauaktion berichte. Leider habe ich nicht daran gedacht Fotos zu erstellen, die ich ihm zeigen kann. Dass muss ich unbedingt noch nachholen in den nächsten Tagen. Gleichzeitig kann ich ihm damit auch zeigen, wie Opas Hotel nach dem Umbau in etwa aussehen wird. Ich bin mir sicher, es wird ihm gefallen.“

Ich meinte, wir sollten vielleicht noch den Küchenbereich besichtigen, da er von der Konzeption her der neuen Küche des Ostsee-Hotels am nächsten kommt. Ich rief Sebastian an und kündigte unseren Besuch in der Küche an. Sebastian übernahm die Führung durch sein Refugium und berichtete Tatjana und Dirk, dass von hier aus die Versorgung mit den Mahlzeiten für die Kantine/Speisesaal im Gesindehaus, das Seminarhotel, das Restaurant und zwei weiteren Kantinen in der Stadt sichergestellt werde.

Dirk wollte wissen, warum Sebastian sich für eine Kombinutzung entschieden habe und nicht getrennte Küchen geplant habe. Sebastian erklärte: „Mit der Kombinutzung haben wir den Vorteil, dass der Küchenbereich kleiner geplant werden konnte, da einige Geräte nicht doppelt beschafft werden mussten und insgesamt besser ausgelastet sind. Du musst berücksichtigen, mit dem Restaurant wäre die Küche nur mittags und abends ausgelastet, bei der Kombinutzung werden vormittags die Speisen für die Kantinen und den Hotelbereich gekocht und nachmittags für die Hotels das Abendessen zubereitet.

Wir arbeiten im Küchenbetrieb in einem echten Zwei-Schicht-Modell, was allen Mitarbeitern entgegenkommt. Für den reinen Restaurantbetrieb würden die Mitarbeiter nur jeweils drei bis vier Stunden arbeiten mit einer längeren Pause dazwischen. Hinzu kommt, dass alle Mitarbeiter einmal im Monat ein langes freies Wochenende, von Freitag bis Montag erhalten, da am Wochenende nicht für die Kantinen mitgekocht wird.“

Tatjana lachte: „Ich kenne das von meinem Sohn, er wird sich freuen, wenn er zukünftig nicht mehr mit einer längeren Pause dazwischen arbeiten muss. Ihm war es manchmal lästig, zweimal täglich ins Hotel zu fahren und lange Wochenenden kennt er überhaupt nicht.“

Dirk erklärte: „Unter den Gesichtspunkten betrachtet habt ihr eine perfekte Situation geschaffen, die ich bisher nirgends in dieser Form gesehen habe. Das muss an der Ostsee zukünftig ähnlich ablaufen. Ich werde das bei der Planung des neuen Küchenbereichs auf alle Fälle berücksichtigen. Eigentlich bin ich bisher von zwei getrennten Küchenbereichen ausgegangen, weil ich der Meinung war, dass die Essen gleichzeitig zubereitet werden.“

Sebastian wies noch darauf hin, dass die Speisen für die Kantine zusätzlich im Restaurant als Senioren-Menüs und als vergünstigter Mittagstisch für Berufstätige angeboten werden. Der Umsatz im Restaurant und im Biergarten stammt mittags zu fast siebzig Prozent aus den drei angebotenen Menüs.

Der Elternstammtisch am Abend stand anfangs unter keinem guten Stern. Die vier Jungs, David, Tobias, Michael und Carsten hatten beschlossen, uns Eltern zum Stammtisch zu begleiten. Glücklicherweise wurde es ihnen schnell langweilig und sie gingen zurück in die Wohnung um zu zocken.

Als Gerhard Bauer eintrat winkte ich ihn an unseren Tisch. Michaels Eltern, mich und Thomas begrüßte er sofort mit Handschlag. Ich stellte Gerhard als Aufsichtsratsmitglied der Stiftung und Großvater von Ludwig Bauer einem Mitarbeiter der Stiftung vor.

Umgekehrt stellte ich Tatjana und Dirk als unseren Architekten und Bauleiter für das Ostseehotel vor und erklärte, dass ihr Sohn Carsten ab sofort bei Astrid und Hubert leben wird, da ihre beiden Söhne liiert seien und dieser ab Montag seine Ausbildung als Koch bei uns fortführt. Gerhard lachte und sagte: „Hat Peter wieder einmal zwei unglückliche Jungs zu einem glücklichen Pärchen zusammengeschmiedet.“

Am Sonntag ließen wir es etwas ruhiger angehen. Am Abend hatten wir noch beschlossen, dass Dirk und Tatjana im Gesindehaus frühstücken, damit sie zumindest einmal in den Genuss kommen, unser Hotelfrühstück zu testen. Gegen zehn Uhr tauchten sie mit Bernhard im Schlepptau bei uns in der Wohnung auf, nachdem sie sich im Gesindehaus über den Weg gelaufen waren.

Bernhard hatte ihnen sein Appartement im Dachgeschoß gezeigt und dabei erklärt, dass es neben seinem Appartement ein weiteres gibt, in dem der Bruder seines Freundes Benjamin mit dessen Freund lebt. Daneben gibt es zwei größere Wohnungen. In der einen Wohnung lebt die Sozialarbeiterin Marion mit ihrer Familie, in der anderen Wohnung der Sozialarbeiter Michael mit seinem Lebensgefährten.

Ich erklärte: „Der Ausbau als Wohnraum für Mitarbeiter war von Anfang vorgesehen. Für die beiden Sozialarbeiter sind es Dienstwohnungen, weil sie als Mitarbeiter für das Gesindehaus eingestellt wurden zur Betreuung der jungen Gäste. Die beiden anderen Appartements sollten als Kleinwohnungen für Auszubildende oder alleinstehende Mitarbeiter dienen.

Benjamin Dreier kam als Mitarbeiter in der Mietverwaltung zu uns. Er erzählte mir, dass sein kleiner Bruder von seinen Eltern in einer Klinik untergebracht sei, die ihn vom Schwulsein heilen soll und er auf der Suche nach einer Wohnung sei, wo er mit seinem Bruder untertauchen kann. Mit Hilfe des Jugendamtes konnte Christian aus den Fängen dieser Scharlatane befreit werden. Mit Zustimmung des Jugendamtes durfte der Siebzehnjährige in das Appartement einziehen, nachdem feststand, dass sein Bruder das zweite Appartement mit seinem Freund Bernhard bewohnt.

Dirk fragte, ob es möglich sei, dass ihm Bernhard den Komplex der Dokumenten- und Bauplanverwaltung detaillierter zeigen kann. Er erklärte, dass er gestern von der Fülle der Informationen regelrecht überrollt wurde, er aber erkannt hat, dass wir ein perfekt abgestimmtes Konzept entwickelt haben. Ich meinte, dass ich nichts dagegen einzuwenden habe, wenn Bernhard ihm das erklärt. Die beiden verschwanden nach unten in den Bürobereich.

Tatjana blieb bei mir und Thomas. „Wir unterhielten uns lange Zeit hauptsächlich über private Dinge. Kurz vor dreizehn Uhr tauchte Dirk mit Bernhard auf und meinte, sein Kopf rauche schon wieder. Er lade uns und Bernhard mit seinen Ludwig ein zum Mittagessen ins Restaurant. Er bedankte sich extra noch einmal bei Bernhard für die vertiefenden Informationen.

Ich fragte Dirk, ob seine Einladung auch für unsere Jungs gilt, ansonsten würde ich mich ausklinken und mit meinen Jungs kochen. Er schaute mich an und erklärte: „Natürlich gilt die Einladung auch für die Jungs. Mit euch waren alle gemeint, die sich in der Wohnung aufhalten.“

Zehn Minuten später waren wir zu Acht unterwegs ins Restaurant. Alexandra meinte: „Gut, dass ihr erst so spät kommt, ich kann euch einen großen Tisch anbieten, vor einer Stunde hätte ich euch abweisen oder auf später vertrösten müssen. Folgt mir, ich kann euch im Nebenzimmer unterbringen.“

Irgendwann waren wir die letzten Gäste, die noch im Restaurant saßen. Ich fragte Alexandra, ob wir uns verkrümeln sollen. Sie meinte: „Kein Problem, im Restaurant sind keine Gäste mehr, wir können für heute Abend alles vorbereiten. Im Nebenraum erwarten wir heute Abend keine Gäste. Wenn ihr noch Getränke braucht, meldet euch einfach. Wenn es euch nicht stört, wollen Sebastian und ich uns dazusetzen und noch ein wenig mit euch plaudern.“

Letztendlich verließen wir gegen siebzehn Uhr den Nebenraum und gingen wieder nach oben. Ich besprach mit Dirk noch die Termine für morgen, mit dem Gespräch mit Jenifer und Jason sowie der Besuch bei dem Möbelbauer, der unsere Hoteleinrichtungen baut.

Während wir uns noch unterhielten stand, unbemerkt von uns, Philipp im Wohnzimmer und räusperte sich. Ich blickte zu ihm und sagte: „Was führt dich zu uns, habe ich etwas Wichtiges vergessen? Wenn ja, dann entschuldige, ich bin so mit unseren Gästen beschäftigt, dass mir das schon einmal unterlaufen kann.

Bevor du etwas sagst, darf ich dir erst einmal unsere Besucher vorstellen, das sind Tatjana und Dirk Arndt. Die Beiden haben in Scharbeutz ein Architekturbüro und werden den Umbau und die Umgestaltung des Ostsee-Hotels vor Ort überwachen. Dirks Großvater hat das Hotel damals entworfen und gebaut.

Die ursprünglichen Pläne für unser Seminarhotel wurden von Dirks Vater Emil entworfen. Als Schüler hat Dirks Vater ihn, während der Sommerferien, gelegentlich mit auf die Baustelle in Bayern mitgenommen. Ich habe sie über ihren Sohn Carsten kennengelernt und mir erlaubt, ihren Sohn nach Bayern zu entführen. Carsten fängt Morgen bei Sebastian in der Küche an, um seine Ausbildung bei uns fortzusetzen.

Er wollte der Liebe wegen nach Rosenheim, weil sein Freund vor wenigen Monaten mit seinen Eltern hierher umgezogen ist. Seinen Freund hast du bereits kennengelernt, er hat sich bei uns um eine Ausbildungsstelle in der IT-Abteilung beworben. Bevor du neugierig fragst, wo ich Carsten untergebracht habe, er ist bei den Eltern seines Freundes eingezogen.“

Danach stellte ich ihnen meinen Sohn vor: „Der junge Mann, der sich hier still und heimlich angeschlichen hat, ist mein Sohn Philipp. Er wohnt eine Etage über uns mit seinem Freund Marcus. Die beiden sind meine Hauptverantwortlichen für den IT-Bereich, mit fachlicher Kompetenz bei der Anbindung aller Außenstellen und in Sachen Rechenzentrum. Mit was kann ich dich zufriedenstellen, Sohnemann?“

„Am einfachsten mit einem gepflegten Weizenbier“, antwortete er und grinste mich frech an. Ausnahmsweise reagierte ich genauso schnell und konterte: „Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass du nur wegen eines Weizenbiers, bei uns eingedrungen bist. Entweder hat dich die Neugier oder ein anderes, wichtiges Anliegen, am Sonntagabend in diese Wohnung getrieben.“

„Bevor ich mit dir bespreche, warum ich eigentlich gekommen bin, für mich zum besseren Verständnis,“ gab Philipp von sich. „Du sprichst bei dem Freund von Carsten, sicher von Michael Gruber, dem Bewerber, der bei uns derzeit die Wunschliste der Neueinstellungen anführt. Das Michael auf Jungs abfährt, weiß ich bereits seit dem Vorstellungsgespräch, da er uns erzählt hat, dass er über unsere Jugendgruppe für schwule und lesbische Jugendliche auf uns aufmerksam geworden sei. Einer der Jungs hat ihm beim Gruppenabend erzählt, dass in unserer Firmengruppe sehr viele schwule Jungs entweder einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz gefunden hätten. Dies hätte ihn dann bewogen, bei uns seine Bewerbung abzugeben.“

Ich antwortete ihm: „Genau von dem Jungen spreche ich und damit dürfte bei dir angekommen sein, warum ich Carsten dieses Angebot unterbreitet habe.“

Philipp grinste, verbiss sich aber einen Kommentar dazu und sagte: „Mein eigentliches Anliegen, das mich zu dir geführt habe, ist die Triple-Hochzeit am letzten Novemberwochenende. Anfangs der Woche habe ich noch groß verkündet, dass alles geklärt sei und wir vorerst auf unsere Treffen verzichten können. Inzwischen sind mit den eintreffenden Zusagen neue Probleme aufgetaucht. Ich wollte erst mit dir darüber reden, bevor ich alle anderen damit nerve. Wir sind bei unseren Überlegungen davon ausgegangen, dass die auswärtigen Gäste nur von Samstag auf Sonntag im Gesindehaus übernachten müssen, die meisten wollen jedoch bereits am Freitagabend anreisen, was zum einen die Kosten nach oben treibt, aber auch logistische Probleme nach sich zieht. Da das Restaurant am Samstag für die Öffentlichkeit geschlossen bleibt, stehen uns dann alle Parkplätze zur Verfügung, am Freitag werden diese Plätze noch von den Gästen im Restaurant benötigt. Die bisher vorhandenen Ausweichparkplätze stehen uns wegen der Bauarbeiten an diesem Wochenende leider nicht mehr zur Verfügung.“

Ich schaute Philipp an und erklärte: „Das Problem mit den fehlenden Ausweichparkplätzen ist uns bestens bekannt. Soweit ich informiert bin, arbeiten Dennis und Jason bereits an einer Lösung des Problems. Wir sollten sie morgen dazu befragen. Jason und Jenifer sind vormittags sowieso im Haus, für die Besprechung mit Dirk und Tatjana. Über die entstehenden Mehrkosten brauchst du nicht weiter nachzudenken, wir werden dafür sicher eine vernünftige Lösung finden.“

Ich schaute zu Dirk und Tatjana und fragte, ob sie am letzten Novemberwochenende bereits etwas geplant hätten. Dirk antwortete: „Bisher nicht, aber wenn ich deine Frage richtig interpretiere, dann war das jetzt eine Einladung zu einer Hochzeitsfeier, die an diesem Wochenende auf dem Gutshof stattfindet. Was hat es mit dem Begriff Triple-Hochzeit auf sich, den Philipp vorher in den Raum geworfen hat? Mir ist dieser Begriff bisher nicht untergekommen, ich kenne bisher nur den Begriff Doppelhochzeit.“

Philipp lachte und erklärte den Begriff: „Triple-Hochzeit bedeutet nichts anderes, als dass sich drei Paare vor dem Standesamt das Jawort geben und dies gemeinsam mit ihren Freunden und Verwandten feiern wollen. Das einzige außergewöhnliche bei dieser Feier ist dabei die Tatsache, dass es sich um drei schwule Pärchen handelt.

Da ihr sicher auch wissen wollt wer da heiratet, eines der Pärchen bin ich mit meinem Freund Marcus, das zweite Pärchen sind Daniel und Manuel, unsere Mitarbeiter in der zum Gutshof gehörenden Gärtnerei. Das dritte Pärchen besteht aus meinem Vater mit seinem Thomas, die zwar seit Jahren verpartnert sind, sich aber entschlossen haben ihre bisherige Partnerschaft in eine Ehe umzuwandeln.“

Tatjana lachte und sagte: „Philipp, danke, dass du meinem Göttergatten den Begriff so vortrefflich erklärt hast. Es ist ungewöhnlich, dass drei Paare gleichzeitig heiraten und zusammen feiern. Dass es sich auch noch um drei schwule Pärchen handelt, ist umso bemerkenswerter. Wir freuen uns riesig über die Einladung und werden unseren Sohn mitbringen, sofern der Glückliche an diesem Tag nicht zu denen gehört, die euch umsorgen und bekochen dürfen.“

Jetzt meldete ich mich und erklärte: „An den Vorbereitungen wird Carsten sicher beteiligt sein. Ich habe mit Sebastian bereits besprochen, dass wir uns an diesem Tag mit den Mitarbeitern eines Caterers verstärken, mit dem wir schon des Öfteren zusammengearbeitet haben. Vor allem seine Servicemitarbeiter werden an diesem Tag zum Einsatz kommen, aber auch in der Küche werden verstärkt seine Leute zum Einsatz kommen, damit unsere Mitarbeiter ihr übliches Wochenende in Ruhe genießen können.

Immerhin rechnen wir mit rund zweihundert Gästen, die zügig versorgt werden wollen. Positive Erfahrungen, zum Thema Zusammenarbeit, haben wir vor wenigen Wochen bereits gesammelt, als der Caterer zwei große Firmenevents im großen Verpflegungszelt unseres Sommerlagers an einem einzigen Wochenende veranstaltet hat und dabei auf die vorhandene Großküchentechnik zurückgegriffen hat.“

Philipp meinte, wenn er jetzt noch länger bleibt, wird sicher gleich sein Marcus hier aufschlagen. Er verabschiedete sich und meinte zu Dirk und Tatjana: „Ich freue mich schon auf eine gute Zusammenarbeit, wenn es zum einen um die Anbindung des Hotels an unser Rechenzentrum geht und zum anderen, wenn die EDV-technische Ausstattung des Hotels geplant und realisiert wird.“

Thomas hatte mitbekommen, dass Philipp sich verabschiedet hat und erklärte: „Ihr könnt ins Esszimmer kommen, wir haben noch eine kleine bayrische Brotzeit als Abendessen für alle vorbereitet.“

Mit dem Abendessen und anschließenden gemütlichen Beisammensein beendeten wir den Sonntag.

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