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Spanish Lullaby
Teil 1
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Informationen
- Story: Spanish Lullaby
- Autor: JP, Nero, Patrick, Sammy, TJ, Richie
- Die Story gehört zu folgenden Genre: Coming Out, Lovestory
Vorwort
Tja.. ein neues Vorwort muss ich wohl schreiben, weil sich das alte an die nächsten Autoren gerichtet hat. Egal! Also lieber Leser! Ich möchte Euch begrüßen zur ersten, einzigen und wahren Kettenstory von Nickstories.
Kettenstory? Ja, genau, diese heißt: »Spanish Lullaby« und wurde von folgenden Autoren in folgender Reihenfolge geschrieben: Patrick, Sammy, Nero, Thomas J., Richie und zu guter letzt JPG. Jeder hat einen Teil geschrieben und der Nächste hat an der Stelle weiter gemacht. Also einfach zu erkennen daran, dass diese Sternchen auftauchen, da fängt dann jemand neues an.
E-Mails an uns. Ich weiß, dass natürlich jeder, der die Story gelesen hat, ein Feedback an uns geben möchte (jeder darf nun einmal eifrig nicken!!!!) und von daher haben wir das etwas vereinfacht und eine eigenen Mailadresse eingerichtet, die die Mails an alle 6 Autoren weiter leitet! Genial oder?
spanish@nickstories.de
Na ja, zurück zum eigentlichen Thema. Autobahnen in Frankreich.
Wie liebe ich sie doch, diese Autobahnen in Frankreich, wo man alle Nase lang anhalten muss, um die Gebühr zu bezahlen. Na gut, ich weiß, so schlimm und oft ist das auch nicht, aber ich verstehe einfach nicht, wieso man überhaupt Autobahngebühren bezahlen muss.
Für die Autoren,
Patrick
Anyway,
Zurück zum eigentlichen Thema. Ich sitze also in diesem Bus zusammen mit 37 anderen Jugendlichen, die drei wunderbare Wochen in Spanien, genauer gesagt: Nordspanien, um noch genauer zu werden: Noja (Dass mir das aber jeder von den werten Lesern richtig ausspricht, es heißt »Nocha«, denn das j wird im Spanischen wie ein »ch« gesprochen. Aber ich merke schon, ich schweife wieder ab) verbringen werden.
Ich bin hier also unterwegs um drei Wochen »tollen« Urlaub zu verbringen, das sind zumindest die Worte meiner lieben Eltern. Die haben mir den nämlich praktisch aufgezwungen.
Jetzt höre ich schon wieder den ersten: »Wieso ärgert der Typ sich über drei Wochen Spanien« oder »So ein verwöhnter Kerl, dem kann man wohl gar nichts recht machen.«. Na ja das sehe ich allerdings ganz anders. Denn meine Eltern meinen, dieser Urlaub wäre so eine Art »Kur« für mich.
Bevor nun wieder die Fragerei losgeht, dass Problem ist folgendes, ich bin schwul und habe es vor 3 Monaten meinen Eltern gesagt. Ich dachte eigentlich, dass sie »cool« drauf reagieren würden. Aber, Fehlanzeige.... Sie denken es wäre ein Phase der Selbstfindung. Irgendwann würde ich schon wieder vernünftig werden.
Sie wollten von da an auch gar nicht weiter drüber reden. Ich habe immer wieder versucht mit ihnen deswegen zu sprechen, aber dann wurde abrupt das Thema gewechselt. Na ja, bis vor einem Monat, denn dann kamen sie beide zusammen in mein Zimmer.....
»Hallo mein Sohn, wir wollten gerne einmal mit dir reden.«
Sie kamen einfach rein, ohne an zu klopfen oder zu fragen, ob sie wohl vielleicht störten. Null Privatsphäre habe ich, wenn ich in meinem Zimmer bin. Jedenfalls setzte sich mein Vater auf mein Bett und meine Mutter stelle sich an den Kleiderschrank, der daneben stand. Beide setzten eine Miene auf, dass ich schon fast dachte, irgendwer wäre gestorben oder so. Ich blieb also auf meinem Schreibtischstuhl sitzen blickte sie an und harrte der Dinge, die da kommen sollten. Mein Vater durchbrach dann die Stille und sprach mit einer leicht theatralischen Stimme.
»Es geht um folgendes, deine Mutter und ich denken, einen Weg gefunden zu haben, dass du dich endlich selber findest und einsiehst, dass diese Perversion ein Fehler ist.«
Perversion? Selber finden?
Die waren also immer noch besessen davon, dass ich einfach nur älter werden müsse...
»Also ich bin nicht der Meinung, dass ich an irgendeiner Perversion leide, ich bin schwul, aber mehr auch nicht!«
»DAS«, brach meine Mutter plötzlich heraus, »will ich hier nicht wieder hören. Dieses perverse Wort mit S möchte ich unter diesem Dach nicht mehr in den Mund genommen haben. Marvin, du bist krank. Sieh das ein. Aber verstärke das nicht noch, indem du es immer wieder sagst...«
Ho ho ho... Ich hatte die Situation wohl doch weniger schlimm eingeschätzt, als sie wirklich war. Die beiden meinten das scheinbar wirklich ernst.
»Genau, deine Mutter hat Recht, versuch einzusehen, dass du dir nur selber etwas vor machst. Aber wir wollen dir natürlich auch helfen und dich nicht alleine lassen.«
Ah ja, wie sollte das aussehen? Wollten sie mir mein Gehirn raus nehmen? Aber, ich ahnte es schon und es bestätigte sich, mein Vater (im nachfolgenden nur noch als der »Erzeuger« genannt) wollte mir diesen unglaublichen Plan keineswegs vorenthalten.
»Wir haben uns gedacht, wenn du mal das normale Leben kennen lernst. Du hast ja auch wenige Freunde.«
Ich wurde immer wütender. Was wussten die denn schon über meine Freunde? Die kannten mich ja noch nicht einmal richtig. Ich wartete schon darauf, dass der »Erzeuger« von Elektroschock Therapie oder so etwas ähnlichem anfängt. Aber nein, der Plan war weitaus abenteuerlicher und kam mir von Anfang an etwas suspekt vor.
»Deshalb haben wir uns gedacht, schicken wir dich mal mit einer Gruppe in den Urlaub. Einer Gruppe mit vielen jungen Mädchen am Strand und allem was dazu gehört.«
In dem Moment war ich wirklich perplex, was meinte mein Erzeuger? Er könnte mich in eine Runde voller Mädchen bringen und ich würde anfangen, auf die geil zu werden oder so? Wahrscheinlich überlegte er sogar mir ein »survival« Pack mitzugeben, mit Pornos und Kondomen und so.
»Also, was sagst du dazu?«
Na was sollte ich dazu sagen? Was hatte ich für eine Wahl? Aber versuchen konnte ich es ja.
»Ähhhm, also ich bin mir nicht sicher, ob ich dazu wirklich Lust habe, also ob ich wirklich drei Wochen einfach so weg möchte.«
Tja und da war sie wieder, die Stimme aus dem Untergrund, die Stimme meiner Mutter, aber wenn ich es mir recht überlege: Im nachfolgenden die »Erzeugerin« genannt.
»Es ist uns vollkommen egal, wie du darüber denkst. Du fährst da hin und damit BASTA. Dann bist du hoffentlich wieder normal und keine Schande für unsere ganze Familie.«
Bum... und zu war die Tür und die »Erzeugerin« vor ihr hinaus. Da war ja noch der Erzeuger, der hatte aber auch nichts wesentliches mehr zu sagen, außer: »In der ersten Ferienhälfte geht es los. Freitag um 12:00 Uhr ist die Abfahrt.« Wie nett, das man mir diese Informationen noch gab...
Na ja und nun war eben dieser Freitag, mittlerweile war es 16:00 Uhr und unser Bus war schon mitten in Frankreich. Genauer gesagt in der Nähe von Paris. Im Routenplan stand, dass wir gegen 17:00 eine Pause machen wollten, bis dahin dauerte es wohl noch etwas.
Ich hatte es sogar geschafft, hier noch ein wenig mehr über die ganze Veranstaltung zu erfahren. Der Veranstalter war ein so genanntes Ferienwerk, das jeden Sommer mit wild durcheinander gewirbelten Gruppen Freizeiten anboten. Dieses Jahr ging es halt nach Spanien, an die Costa Verde... (Grüne Küste für die nicht Spanisch sprechenden Freunde...)
Ich hatte ja schon die schlimme Befürchtung, dass wir zelten sollten oder so, doch das blieb mir Gott sei dank erspart. Wir sollten in einem Appartementdorf untergebracht werden, wo immer 4 Leute in ein Apartment kamen. Dort konnten wir dann unsere Freizeit verbringen und so, mussten allerdings nicht kochen, denn das wurde von der Reiseleitung zentral übernommen.
Naja, momentan war ich ja noch im Bus, schaute aus dem Fenster und registrierte so recht niemanden der anderen. Der Platz neben mir war auch frei geblieben, da die anderen wohl zumeist paarweise gekommen waren oder schon wo anders saßen. Auch cool. Hingegen meiner Befürchtungen war es allerdings keine reine Mädchen Gruppe, zwar waren sie ein wenig in der Mehrzahl, so 16 zu 21 oder so, aber das war ja noch im normalen Rahmen.
»Hi, entschuldige, ich hoffe ich störe nicht!«
Stören? Huh, was war das? Da hatte sich doch so ein netter junger blonder Typ neben mich gesetzt, ich schätze ihn mal auf mein Alter, also 16. Was der wohl von mir wollte?
»Nein, du störst nicht.«
Wieso auch? Ich sitz hier alleine und starre blöd aus dem Fenster. Denke an die 'weisen' Worte meiner Erzeuger und frag mich warum sie eigentlich so altbacken sind... Perversion! Wie kommen sie eigentlich darauf? Ich dachte mittlerweile wäre die Menschheit so weit aufgeklärt, dass es eigentlich klar ist, dass Homosexualität absolut nichts mit Perversion zu tun hat, sondern einfach eine Tatsache ist, die mit den Genen zusammen hängt. Also ging es ja von meinen Eltern aus und nicht von mir. Wenn schon jemand 'schuld war', dann SIE. Sie hatten mich ja schließlich gezeugt... Aber ich sollte mich lieber mal um den Jungen neben mir kümmern.
»Schön. Dann kann ich ja sitzen bleiben«, grinste mich dieser niedliche Junge an.
»Und, wie heißt du? Woher kommst du? Wie alt bist du? Warum bist du hier?«
»Ähm, ähh...«, ich war noch damit beschäftigt mir diesen Typ etwas genauer anzuschauen und etwas überrascht, als er mich mit seinen Fragen bombardierte.
»Ich bin Marvin, komme aus Bochum und bin 16.«
»Und warum bist du hier?«
So nett der Junge auch war, bin ich doch nicht hier bei ’nem Quiz und bei guten Antworten bekomme ich mein Reisegeld zurück! Und was geht den überhaupt an, warum ich diese Fahrt mache. Ich konnte ihm ja schlecht erzählen, dass ich schwul bin und meine Eltern mich auf 'Kur' schicken wollten. Der wäre bestimmt kreischend davongelaufen und hätte nie wieder ein Wort mit mir gewechselt.
»Naja, ich wollte Urlaub machen und neue Leute kennenlernen, also bin ich hier dabei.«
»Das wirst du sicherlich. Leute gibt's hier genug und wir sehen uns bestimmt auch noch.«
Und schon war der Junge wieder weg und in den hinteren Teil des Busses verschwunden. Als ich ihm noch nachblickte, sah ich, dass er sich mit ein paar anderen Leuten in dem Bus angeregt unterhielt und sich immer wieder zu mir deutend umdrehte. Naja, ich ließ sie einfach über mich reden. Mir war es eigentlich egal, ich wollte diesen aufgezwungenen Urlaub einfach so schnell wie möglich hinter mich bringen. Ich drehte mich wieder zum Fenster und starrte hinaus. Ein Meilenstein nach dem anderen rauschte an mir vorbei. Beim 140. hab ich dann aufgehört zu zählen. Einerseits wurde es langweilig und andererseits bin ich eingeschlafen, was das mitzählen doch beachtlich erschwerte.
Ich wurde erst wieder wach, als der Bus mit einem Rucken zum Stehen kam und mir jemand einen Finger in die Schulter bohrte. Verschlafen blickte ich in stechend blaue Augen, in die man einfach versinken musste.
»Marvin. Aufstehen! Wir machen gerade Rast zum Abendessen. Oder willst du nichts essen?«
»Doch schon, aber woher kennst du meinen Namen?«
»Den hat mir Simon verraten.«
»Wer ist denn Simon?«
»Der Junge mit dem du dich zuvor unterhalten hast. Aber jetzt komm erst mal mit, die anderen sind schon in der Raststätte.«
Noch halb in Trance stand ich auf und folgte dem namenlosen Jüngling.
»Was ist denn? Beweg deinen Hintern, sonst gehst du leer aus.«
»Jaja, schon gut, lass mich doch erst mal wach werden. Übrigens, wie heißt du eigentlich?«
»Ich bin Thorsten und ein guter Freund von Simon.«
Danach war erst mal wieder Funkstille. Ich schnappte mir ein Tablett, packte etwas Undefinierbares auf meinen Teller, nahm eine Cola aus dem Kühlfach und bezahlte brav an der Kasse. Ich hielt gerade Ausschau nach einem freien Sitzplatz, als ich meinen Namen hörte.
»Marvin, hier rüber. Wir haben dir einen Platz freigehalten.«
Ich drehte mich um und sah wie Simon wild fuchtelnd nach mir winkte. Wie toll. Alle starrten mich an, vor allem die Mädchen. Ich kam mir vor wie ein Krapfen, auf den sich gleich 20 gierige Models stürzen wollten, da sie seit über einer Woche nur je ein Minzblatt pro Tag gegessen hatten. Und so bald sie mich verschlungen hatten, würden sie mich eh wieder auskotzen. Man muss ja auf seine Figur achten... Ich ergab mich meinem Schicksal als Krapfen und ging zu Simon und den anderen die an diesem Tisch saßen. Zwischen ihm und Thorsten war noch ein Platz frei. Ich stellte mein Tablett ab und setzte mich.
Während des Essens wurden mir die anderen Leute am Tisch vorgestellt. Da waren Maria, Tanja, Rebecca, Vera, Sandra, Thomas und Claudio. Während ich mich noch wunderte, dass alle Mädchennamen auf 'a' endeten, wurde ich auch schon von Seiten jener A-Damen mit den unmöglichsten Fragen bombardiert.
»Hast du eine Freundin?«
»Nein.«
Ein kleines Lächeln der 'As' (Gesprochen 'Ahs')
»Schon eine potentielle Anwärterin hier gesehen?«
»Nein.«
Das Lächeln wurde breiter.
»Woher kommst du denn?«
»Bochum.«
Zwei 'As' beendeten hier ihr Lächeln, die drei anderen lächelten noch mehr.
»Bist du auf der Suche nach einer Freundin?«
»Nein.«
Auch das letzte Lächeln der As verschwand. Und Thomas und Claudio grinsten sich an.
»Darf ich fragen, was daran so lustig ist?«
»Ach nichts. Es liegt nur daran, dass du grade genauso ausgequetscht wirst wie wir zuvor im Bus.«
Ausgequetscht kam ich mir auch vor, aber das lag wohl eher daran, dass dieser Tisch für 6 Personen gedacht war und gerade von 10 belagert wurde. Simon und Thorsten waren mir bedenklich nahe und hätte ich nicht eine so gute Selbstdisziplin, dann wäre wohl meine Beule unübersehbar gewesen.
Nachdem wir alle fertig waren mit Essen und auch unseren letzten Toilettengang vor der Weiterfahrt verrichtet hatten, versammelten wir uns alle wieder vor dem Bus. Wie Enten gingen wir einer nach dem anderen in den Bus zurück und jeder bekam einen kleinen Klaps auf die Schulter, was bedeutete, dass er abgezählt war.
Ich suchte mir wieder meinen Platz und nahm mir meine Sportzeitschrift heraus. Ich blätterte gerade etwas herum, als erneut Thorsten auf mich zukam.
»Willst du dich nicht zu uns hinter setzten, da ist noch ein Platz frei. Ich würde mich sehr freuen.«
Er legte so ein süßes Grinsen auf, dass ich ihm seine Bitte einfach nicht abschlagen konnte. Ich nahm also meinen Rucksack und folgte ihm nach hinten. Als ich bei der letzten Reihe angekommen war, stockte mir der Atem.
»Seht mal, ein Karpfen«, ein dunkler Typ, ich meinte mich zu erinnern, dass es Claudio war, beschrieb mich ziemlich treffend. Als ich die letzte Bankreihe erreicht hatte, nahmen meine Augen ein Bild auf, dass mein cerebraler Kortex nicht verarbeiten konnte. Dss heißt nicht sofort. Mein Hirn griff spontan zu einem Millionen Jahren alten Trick zurück, den wir Menschen trotz knapp 5000 Jahre Kulturgeschichte nicht überwunden hatten: Mir klappte der Unterkiefer herunter!
Vermutlich sollte dieser Reflex für eine bessere Sauerstoffversorgung des Hirns gedacht sein, bei mir sah es aber einfach nur blöd aus. Neben meiner debil herabgeleierten Kauleiste, sorgte auch mein dämlich glotzender Blick, der jeder Raufutter verzehrenden Großvieheinheit (à la Kuh) die Schamesröte ins Gesicht getrieben hätte.
Soweit ich also den gemeinen Wiederkäuer bei weiten in den Schatten stellte, kam der Vergleich mit jenem schuppigen Kiemenatmer recht gut hin: Ich glotzte wirklich wie ein Karpfen, japste nach Luft und war sprachlos.
Warum?
Weil der Anblick einfach unaussprechlich scheußlich war!
Die hintere Bank war voll. Man saß dicht gedrängt. Aber nicht aus kommunikativen Gründen, also etwa, weil man sich halt in größerem Kreis unterhalten wollte. Nein, nein. Vielmehr schien es darum zu gehen, neugierige und unerwünschte Blicke abzublocken. Tief hinten rechts, direkt ans Fenster gedrückt, waren Thomas und Rebecca am rummachen. Er hatte seine Hand tief unter ihrem T-Shirt (mit Aufschrift »Zicke«) und massierte gewisse Milchdrüsenansammlungen, während sie ihre Hand auf seinem Schritt liegen hatte und dort auch etwas handfestes am massieren war. Allerdings keine Milchdrüsenansammlungen. Ansonsten waren die beiden damit beschäftigt sich gegenseitig die Mandeln im Hals ab zu lecken.
Ich toleriere Heteros. Manche sind mir sogar sympathisch. Nur dieser Anblick ging mir in just jenem Moment total ab. Es war weniger die recht plastische Demonstration pubertärer Triebhaftigkeit. Die konnte ich schon das ganze letzte Jahr auf meiner Schule bewundern. Vielmehr rieb mir dieses Bild etwas anderes sehr deutlich unter die Nase: »Du, mein lieber Marvin, hast keinen schnuckeligen Jungen, der dir deine Mandeln leckt!«
Und wenn es nach meinen Erzeugern ging, dann sollte dies auch nie passieren. Ganz im Gegenteil. Mein Vater wäre megastolz auf mich, würde ich an Thomas Stelle sitzen.
Mich packte ein Anfall von Frust. Meine Stimmung, die im bisherigen Verlauf der Fahrt ständig am steigen gewesen war, stürzte ungefähr so effektvoll ab, wie die Börsenkurse bei der Beichte von WorldComm mehr Ausgaben als Einnahmen verbucht zu haben.
Shit happens! Nur warum ausgerechnet immer mir?
Ich klappte meine Kauleiste wieder hoch, schüttelte enttäuscht meinen Kopf, drehte mich auf meinen Absätzen um und trottete mit hängenden Schultern zurück zu meinem alten Fensterplatz.
Soviel zum Thema: »Marvin und die Spanienreise«
Nach dieser Aktion dürfte ich wohl als Langweiler gelten. Betreten, einen aufkeimenden zynischen Anfall kultivierend, wandte ich mich wieder meinen Kilometersteinen zu.
»Was hast du?«, eine Stimme weckte mich aus einem diffusen Gedanken. Ich war wohl wieder ein- oder weggedöst, jedenfalls konnte ich keine Kilometersteine mehr erkennen, da mein Atem die Scheibe neben mir beschlagen hatte.
Etwas desorientiert drehte ich mich nach der Stimme um und entdeckte Simon, der sich neben mich gesetzt hatte.
»Nein, nichts... Ich wollte nicht... Ach, vergiss es!«
»Was vergessen?«, Simon hatte seinen Quizsprachstil weggepackt. Er klang fast ernst, er schien sich um mich Sorgen zu machen. Jedenfalls war ich ihm nicht gleichgültig, sonst wäre er wahrscheinlich nicht zu mir gekommen.
Sicherlich, ich war ihm eine Antwort schuldig. Nur was sollte ich sagen? Dass mich ein rumfummelndes Hetenpärchen in ein emotionales Loch gestoßenen hat?
Statt zu antworten murmelte ich nur rum und machte ein paar »vielsagende« Hand- und Armbewegungen.
Da ich also nichts sagte, übernahm Simon auch noch meinen Part und antwortete für mich: »Thomas und Rebecca?«
Ich nickte.
»Stört dich das, wenn die rummachen?«
»Ja«, tat es ja --- irgendwie.
»Warum das denn? Du bist doch nicht etwa...«
Schwul, ja genau das!
»...frisch geschieden?«, Simons Vorstellungskraft blieb in heterosexuellen Denkbahnen verhaftet. Schade, denn damit sanken meine Chancen und Hoffnungen, dass er sich möglicherweise für das eigene Geschlecht im Allgemeinen und mich im Speziellen interessieren könnte.
»Neeee...«, brachte ich raus und sah ihn ziemlich gequält an, »Ich bin...«
»...noch Jungfrau? Wirklich? Niedlich und außerdem scheinst du auch noch schüchtern zu sein. Oh Mann, hast du ein Glück, die Mädchen werden dich nicht in Ruhe lassen!«
Ok, Tilt! Ich kapituliere! Paps, du hast gewonnen, ich werde Hetero. Das wollt ihr doch eh alle, oder?
In einem Punkt hatte Simon allerdings Recht. Ich war noch Jungfrau oder Jungmann --- Keine Ahnung, wie man so was nennt.
»Ich bin noch Jungfrau. Aber, dass ist es nicht...«, ich bin zwar kein kontaktscheuer Mensch und eigentlich hätte ich große Lust »es« rauszuschreien, aber dann... Der Mut - Er fehlte mir und alles was mir blieb war eine nichts und gleichzeitig vielsagende Grimasse zu ziehen. Schon mal jemanden gesehen, der in eine Zitrone beißt? So sah mein Gesicht aus.
»Nicht?«, Simons Stirn kräuselte sich beim Versuch meine Gesichtsentgleisung zu deuten. Stirnkräuseln schien aber nicht zu reichen, um meine Gedanken zu ergründen, weswegen Simon zum kumpelhaften Frontalangriff ansetzte. Mit einem frechen Grinsen auf den Lippen und einem schelmischen Funkeln in den Augen, wovon beides für sich allein schon unerträglich niedlich war, schlug er mir auf die Schulter und meinte: »Na komm, erzähl. So schlimm kann's doch gar nicht sein. Du bist ja wohl nicht schwul oder so was, oder?«
»Ähm...«
Doch bin ich und was soll daran so schrecklich sein? Simon... es hätten - Trotz der Absichten meiner Erzeuger - schöne Tage werden können. Doch nun? Was konnte ich denn dafür, dass ich nun mal auf Jungen stehe, mich in einem Menschen meines eigenen Geschlechts verlieben wollte? Simon, bin ich denn nicht genauso Normal wie jeder andere Teenager auch. Ich bekomme auch Pickel mitten im Gesicht, habe genauso wie ihr Heten mal gute und mal schlechte Tage. Ach ja, eines was uns unterscheidet ist, dass ich Eltern habe, die sich meiner schämen. Wie waren noch die Worte meiner Erzeugerin »... Dann bist du hoffentlich wieder normal und keine Schande für unsere ganze Familie.«
Mechanisch drehte ich meinen Kopf zum Fenster, sah die Meilensteine vorbeifliegen, ich will mich nicht verstecken müssen. Lieber jetzt, als mich verleugnen. Die werden ja wohl nicht hier auf der Autobahn anhalten und mich aussetzen.
Augen zu und durch. »Ähm, Simon...« ich räusperte mich. »Du hast es erfasst, ich bin schwul!«
Stille, kein Ton, kein Geräusch drang an mein Ohr. Langsam drehte ich meinen Kopf zum Sitz neben mir. Der Platz war leer. Jetzt erzählt er sicherlich überall herum, was für ein Monster ich bin. Ich nahm Gelächter wahr. O.K., das war es wohl.
Ich blickte auf meine Uhr, ohne die Zeit wahr zu nehmen. Ich fühlte mich traurig, allein gelassen, verraten... ich wendete mich den Kilometersteinen zu, die langsam in der Dämmerung verschwanden.
Im Bus wurde es langsam Still, die Nacht brach herein. Der Reisebegleiter erwähnte noch, dass wir uns schlafen legen sollten. Die nächste kleine Pause würde erst gegen Mitternacht sein und dann erst wieder zum Frühstück. Ich tat gut daran meinen Frust in Müdigkeit zu ertränken.
Was half alles grübeln? Der Motor des Busses brummte monoton vor sich her. Darüber schlief ich wohl ein. Erst als die Reiseleitung via Mikrophon bekannt gab, dass die nächste Pinkelpause ansteht, erwachte ich. Ich zwängte mich wie viele andere aus dem Bus und suchte das »Stille Örtchen« auf. Es hatte sich ja schon einiges angesammelt. Ich wartete wie alle anderen in der Schlange vor dem Klo bis ich dran war. Fünfzehn Minuten und einhundert nicht stubenreine Verwünschungen später, wollte ich mich in die Kabine zwängen. Ich spürte einen Stoss von Hinten und fiel längs vor die Stahlschüssel. Für einen Moment verlor ich meine Besinnung, ein dreckiges Gegröle verbreitete sich um mich. »Na du perverse Sau, da liegst’e richtig. In der Pisse. Soll ich dir mal zeigen, was ein Mann kann?« Um mich standen die Jungs aus der letzten Reihe grinsend herum und Simon war ihr Sprachrohr. »Nicht nötig!« Einen Versuch war es ja Wert. »Habt ihr das gehört? Diese mickrige Gestalt eines Bastards wagt es, etwas zu sagen. Los haltet ihn fest...« Es dauerte keine fünf Sekunden da hielten mich tausend Hände fest, Simon nährte sich und sprach mir ins Gesicht. Sein Atem ließ mich erschauern. Eine Wolke aus Knoblauch, Bier und Harzer Handkäs' kann nicht schlimmer sein. Mir wurde schlecht. Wahrscheinlich wurde mein Gesicht kalkweis, Kunststück bei dem Nebel. Simon interpretierte das wohl etwas differenzierter, er wollte es mir auch nicht vorenthalten. »Schaut mal, die Schwuchtel hat Angst.« Simon holte aus und ich spürte schon seine Faust in meinem Gesicht. »Neeeeeeeeeeeiiiiiiiiiiiiiiiin...«
»Hey Marvin! Träumst Du ?«
Eine Hand rüttelte vorsichtig an meiner Schulter und beförderte mich in die Gegenwart. Ich schaute irritiert umher.
Puh, ich saß noch immer im Bus und ein besorgter Thorsten sah mich aus seinen blauen Augen an.
»Was ist denn gewesen, Marvin?«
»Nichts, Thorsten danke!«
Klang wohl nicht sehr überzeugend, ich schloss dieses aus dem Gesicht, welches mein Gegenüber zog.
»Dumme Stories kannst Du mir nicht erzählen, aber wenn DU nicht willst...«
In Thorstens Stimme hörte ich ein Ton der Traurigkeit heraus.
»Komm Marvin. Lass uns mal eine Runde um den Bus gehen. Die nächste Pause ist unser Ziel.«
Er reichte mir seine Hand und ich nahm sie dankend an. Entweder Simon hat den Mund gehalten oder ... jedenfalls kurvten wir eine Runde um den Bus und dann direkt zur Futterkrippe. Meine Reserven an Nahrungsquellen sind auf ein erschreckendes Minimum reduziert und es bedurfte dringend an Nachschub.
»Hast Du Lust auf 'ne Cola Marvin? Wir haben ja noch etwas Zeit bis wir weiterfahren!«
»Nee, Cola ist jetzt nicht mein Ding. Aber eine heiße Schokolade...«
Die Franzosen haben ja wohl einen an der Klatsche, für den Preis... ach was soll's. Meine Erzeuger wollten ja, dass ich Spaß habe, also tu ich ihnen den Gefallen.
Wir setzten uns an einen freien Tisch in der Nähe eines offenen Fensters. Thorsten schlürfte seine Cola und ich rührte in meinem Kakao. Ich sah zu Thorsten hinüber. Ohne dass es groß auffiel, konnte ich ihn mir genauer anschauen. Er hat was. Seine Gesichtszüge wirkten fein, schmale Lippen mit einem besonderen Lächeln. Seine Art, wie er sprach - wie er sich gab - wirkte auf mich faszinierend. Sein Blick wirkte sehr warm und mir schien, dass er in mich hinein schauen konnte. Mir wurde warm im Gesicht, ich kann doch nicht - doch ich kann. Der Junge mir gegenüber wirkte so vertraut, obwohl wir uns erst seit gut 12 Stunden kannten.
»Habe ich einen Pickel auf der Nase?« Seine süße Stimme.
»Ehm ... was?« Kann man Rot noch steigern? Ja, man kann, dann heißt es Marvins Kopf.
»Habe ich ein Pickel auf der Nase oder warum schaust du mich so an?«
»Nein, da ist überhaupt nichts, ich ... ich habe nur geträumt.« Thorsten nickte.
Gut, dass zwischen uns dieser Tisch stand, denn nicht nur in meiner oberen Körperhälfte befand sich eine Ansammlung von Blut, sondern auch in einer Region, nicht weit unterhalb der Gürtellinie.
»Sag mal, was ist denn los, Marvin?«
»Nischt, was soll denn sein?«, man kann ja versuchen die Zeit hinauszuzögern. Die Betonung liegt auf versuchen.
»Na wie soll ich das sagen, erst hast du dich verkrümelt, als ich dich im Bus zu uns geholt habe. Dann hast du Simon vergrault. Du hättest ihn mal sehen sollen, kreidebleich ist der nach eurem Gespräch gewesen. Zu guter letzt hast du eben wohl einen schlechten Traum gehabt. Jetzt sag du mir, was soll ich davon halten?« Thorsten schaute mir direkt in die Augen.
»Hat Simon, hat er dir nichts gesagt?«
»Nein!«
O.K. Marvin, was ist nun zu tun. Simon hat wohl nichts von dem weitererzählt, was ich ihm anvertraut habe. Jetzt wäre eine gute Gelegenheit auch mit Thorsten reinen Tisch zu machen. Wie sieht es aus? Nun, es können drei angenehme Wochen werden, zwischen vielen braungebrannten, halbnackten Jungs. Ich könnte mich verlieben, in Thorsten zum Beispiel. Es kann auch ein Schuss in den Ofen werden.
Es ist 0:33 Uhr, ich sitze hier mit einem Jungen, dem ich vor 12 Stunden 33 Minuten zum ersten Mal begegnet bin, an einem Tisch in einer französischen Raststätte. Ich habe die Entscheidung zu treffen zwischen Wahrheit und Lüge. Wie wird Marvin sich entscheiden? Marvin will sich nicht entscheiden. Was sagte meine Oma immer, sei du selbst, Marvin. Es ist 0 Uhr 35, noch immer sitze ich mit diesem süßen Jungen an einem Tisch, in einer französischen Raststätte in der Nähe von Niort.
»Thorsten, da gibt es etwas!«
»Ja?«
»Kannst du dir vorstellen, dass Titten mich kalt lassen?«
Thorsten zog die Augenbrauen hoch, legte in Zeitlupentempo die Stirn in Falten und ich konnte sehen, wie die Worte in seinem Gehirn einige Aktivitäten auslösen.
»Nein, das kann nicht sein Marvin. Dir rennen doch sicherlich die Mädchen scharenweise hinterher.«
Sicherlich rennen die hinter mir her, doch noch bin ich schneller.
»Außerdem siehst Du irgendwie knuffig aus.« Thorstens Lächeln traf bei mir voll ins Schwarze.
»Danke.« Oh mein Gott, ich glaub ich werd ohnmächtig. Hier auf der Stelle jetzt gleich.
»Aber das ist auch nicht das Problem. Ich also ich erm…«
»Ja?« Thorsten schaute mich erwartungsvoll gespannt an. Sein Gesichtsausdruck erinnerte mich fast an einen kleinen Hund, der erwartungsvoll auf einen Knochen wartet, den das Herrl über seinen Kopf hält.
Jetzt muss es raus. Jetzt oder nie. Zurück geht's nicht mehr, also los nach vorne!
»Ich steh mehr auf Jungs.«
Schon wieder diese rote Birne. Schön langsam scheint das ja Trendfarbe zu werden.
Thorstens Kinn war nach unten geklappt und er guckte mich ungläubig an.
»Du, du, du stehst also auf Jungs. So richtig? So mit Sex und allem? So…«
»Ja, wenn du mich jetzt fertig machen willst, dann bitte gleich. Ich will's hinter mir haben.«
Irgendwie schien Thorsten meine Worte gar nicht gehört zu haben.
»Hast du schon mal? Ich meine so richtig? So mit na ja…«
Mit roter Birne schaute er richtig süß aus.
»So mit in den Mund nehmen und was es da alles gibt? Da musst mir unbedingt erzählen von.«
Ich glaube jetzt bemerkte er erst, was er da grade von sich gegeben hatte.
Und es ging tatsächlich noch roter.
»Erm. Also ich meine natürlich nur, wenn du willst. Und nicht, dass du jetzt etwa denkst, ich wär’ schwul oder so. Ich also ich hab da bloß kein Problem mit, dass du halt so bist und interessier mich da eben für - so rein theoretisch also so informativ sozusagen.«
»Keine Sorge, ich fall schon nicht über dich her.«
»Nein nein, so hab ich das jetzt nicht gemeint gehabt. Aber ich wollte halt nicht, dass du dir da jetzt irgendwelche falschen Hoffnungen machst.«
Der Rest war peinliches Schweigen, weil wir beide nicht wirklich wussten, was wir sagen sollten. Thorsten war es wohl im Nachhinein ziemlich peinlich, wie weit er sich rausgewagt hatte. Und ich wusste nicht so recht, wovon ich da erzählen sollte. Denn immerhin war ich ja bisher noch nicht wirklich in den Genuss gekommen. Andererseits auf theoretischer Ebene war ich wohl - dank langer Nächte im Internet - unschlagbar. Wie ein Schwamm hatte ich alles über Schwulsein aufgesogen, was ich nur finden konnte. Das hatte mich über die einsamen Nächte alleine daheim gebracht, wenn auch immer eine gewisse Traurigkeit geblieben war.
»So. Auf! Auf! Alles wieder zurück in den Bus, wir wollen weiterfahren!«
Die kräftige Stimme eines unserer Betreuer riss uns aus unseren Gedanken. Wir schauten uns noch mal in die Augen, wurden noch mal beide kräftig rot und beeilten uns dann, unsere Sachen auszutrinken und wieder in den Bus zu kommen.
Beim Bus angekommen mussten wir erstmal noch einen Moment warten, denn die gesamte Belegschaft wollte natürlich wieder rein in den Bus und die Betreuer zählten jeden beim Einsteigen, damit sie auch wieder alle mitnahmen.
Endlich waren wir an der Reihe und gingen zwischen den Sitzreihen nach hinten.
»Na dann schlaf mal gut und träum schön vom Lager«, meinte Thorsten und zwinkerte mir zu, bevor er weiter nach hinten ging.
»Klar doch. Du schlaf aber auch gut.«
Irgendwie war ich eine Spur enttäuscht. Aber hatte ich tatsächlich angenommen, dass er sich zu mir setzen würde und bei mir schlafen würde?
Endlich waren alle Jungs und Mädels wieder im Bus und mit einem sanften Brummen setzte er sich auch schon wieder in Bewegung. Einer der Betreuer hatte sich noch mal das Mikro geschnappt und erzählte uns, dass wir wohl so zwischen 9 und 10 Uhr morgens im Camp eintreffen würden und wünschte uns bis dahin erstmal noch eine gute Nacht und ersuchte uns, schön ruhig zu sein, damit alle noch ein wenig Schlaf bekommen würden bis dahin.
Ich schaute noch eine Weile aus dem Fenster, aber obwohl die Innenbeleuchtung nur ein schwaches grünliches Schimmern verbreitete, war in der Dunkelheit draußen kaum was zu erkennen. Und schon bald hatte mich Morpheus in seine sanften Arme geschlossen.
Mitten in der Nacht wurde ich wach. Verschlafen regte ich mich und bemerkte, dass jemand neben mir saß. Auf den zweiten Blick erkannte ich Thorsten.
»Thorsten, was…«
»Sssssshhhhhht. Leise, sonst weckst du noch jemanden. Es brauchen ja schließlich nicht alle zu wissen, dass ich hier bin«, flüsterte er.
»Wieso schläfst du nicht? Und warum diese Geheimniskrämerei?«
Thorsten wurde merklich unsicher und druckste ein wenig herum.
»Naja, weißt du, als du mir vorhin so erzählt hast, dass du schwul bist und so, da konnte ich es kaum glauben. Ich hab mir nämlich selber schon öfter vorgestellt, wie es wohl wäre, es einen Jungen zu küssen und so. Aber ich wollte mir das bisher nicht so wirklich eingestehen, weil ich nicht schwul sein wollte. Aber du hast mir irgendwie gezeigt, dass das nicht nur sexbesessene Kinderschänder sind, sondern ganz normale Menschen wie du eben auch.«
Während er so redete, merkte ich, dass er seine Hand auf meinen Oberschenkel gelegt hatte und mich zaghaft streichelte. Schön langsam - ok, ehrlich gesagt schneller - begann sich der kleine Marvin zu regen. Und noch bevor ich wusste, wie mir geschah und vor allem, ob jemand im Bus noch wach wahr (außer uns und dem Fahrer hoffentlich), küsste Thorsten mich. Zuerst ganz schüchtern, aber mit schnell wachsendem Selbstbewusstsein. Und nicht nur das wuchs. Und die Sorgen waren auch schnell vergessen.
Wow, er küsste mich mit einer Leidenschaft, dass ich nur so mit den Ohren schlackerte, während mir Hören und Sehen verging. Es kam mir vor, als hätten wir uns ewig geküsst, als wir kurz voneinander abließen.
»Ich hätte nie gedacht, dass ich so etwas einmal sagen würde, aber: Marvin, ich habe mich soeben verliebt.«
Noch bevor ich etwas drauf sagen konnte, küsste er mich wieder und erneut versanken wir ganz im leidenschaftlichen Spiel unserer Zungen.
Aber damit nicht genug, Thorstens Hand fand ihren Weg unter mein T-Shirt, wo er sanft über meine Brust streichelte und die Brustwarzen abwechselnd rieb und zart hineinzwickte, während ich schon nicht mehr wusste, wie ich es vermeiden sollte, vor Leidenschaft laut zu schreien - schließlich waren wir ja in nem Bus voller pennender Teenager.
Doch Thorsten hatte damit nicht genug, er öffnete den Knopf meiner Jeans und begann mich durch die Short hindurch zu streicheln, was mir vollends die Sinne raubte. Hätte er mich nicht gerade geküsst, so hätte ich wohl mit meinem Höhepunkt den ganzen Bus wach bekommen. Erschöpft und zufrieden sank ich in meinem Sitz zurück und strahlte Thorsten an.
Doch plötzlich ging ein Ruck durch den Bus und mir wurde bewusst, dass etwas Feucht-Kaltes an meinem Bein klebte. Ich blinzelte ein wenig und wunderte mich, wo Thorsten geblieben war.
Der Bus fuhr wieder gleichmäßig weiter, es hatte uns nur ein Spinner ziemlich knapp überholt.
Aber Thorsten war nicht da, dafür unleugbar die Spuren unserer Leidenschaft. Leise wandte ich mich um und sah Thorsten hinten bei den andren sitzen und schlafen. Hatte ich das alles nur geträumt?
Ein Gefühl der maßlosen Enttäuschung stieg in mir auf. Es war so schön gewesen, so zärtlich und leidenschaftlich. Und er hatte so viel Liebe ausgestrahlt.
Das unangenehme Gefühl am Bein ließ mich für kurze Zeit meine Enttäuschung vergessen und ich versuchte so diskret und unauffällig wie möglich mit Tempos die Spuren zu beseitigen, bevor sie noch für jedermann offensichtlich würden.
Zum Glück war außer mir niemand von der Bremsaktion wach geworden und so konnte ich die peinliche Säuberungsaktion unbeobachtet zu Ende führen. Ich steckte die Tempos in meine Hosentasche und hatte wieder Zeit für meine Enttäuschung.
Warum musste es so schwierig sein. Thorsten war sicher nicht schwul, das hatte er ja auch selber gesagt. Er hatte bloß aus Interesse ein wenig gefragt. Nichts weiter. Also warum machte ich mir da Hoffnungen? Wahrscheinlich würde ich nie einen abbekommen und alt und einsam sterben.
Über meinen frustrierten Grübeleien schlief ich schön langsam wieder ein. Diesmal war mein Schlaf tief und traumlos.
»GUUTTTEN MORGEN!«, donnerte es durch die Lautsprecheranlage das Busses. Ich schreckte auf und für einen kurzen Moment erhaschte ich einen Blick auf das Typen-Schild meines tiefergelegten Vordersitzes mit der Aufschrift: »Vögle-Sitze betten sie auf Daunen.«
Im nächsten Moment knallte ich auch schon mit der Stirn gegen eben dieses. Ein stechender Schmerz verteilte sich explosiv durch meinen Körper und raubte mir den Großteil meines Bewusstseins.
Mein Unterbewusstsein analysierte jedoch sofort äußerst aktiv die komplexen Zusammenhänge meiner aktuellen Situation. Das liegt darin begründet, dass Schläge die Denkfähigkeit erhöhen, wie viktorial-pädagogisch anerkannt. Und somit war meinem Unterbewusstsein sofort klar, dass der sich radial durch meinen Körper verbreitende Schmerz in keiner Weise mit der Werbeaussage übereinstimmt. Da Schläge auch das Erinnerungsvermögen stimulieren, wurde diese Erkenntnis tief in meinem Unterbewusstsein verankert. Das wird später zur Folge haben, dass der erhoffte positive Einfluss auf meine zukünftigen Kaufentscheidungen bei der Auswahl von Busreisen ausbleibt, sofern ich jemals persönlich Einfluss darauf habe. Stattdessen werde ich meine Busreisekaufentscheidungen gar nicht von der Bestuhlung abhängig machen, sondern stattdessen über stechenden Kopfschmerz im Stirnbereich klagen, wenn ich durch Zufall in Reisebussen mit Vögle-Daunensitzen fahre. Mein kompetenter und hochbezahlter Arzt wird zu diesem Zeitpunkt Reisekrankheit diagnostizieren und mich wirkungslos medikamentieren. Erst Jahre später, wird eine noch besser bezahlte Psychologin meinen Kopfschmerz auf die wahre Ursache zurückführen und mein Trauma lösen können.
Doch das ist mir natürlich derzeit alles nicht bewusst. Wie die Psychologin mit später erklären wird, liegt das daran, dass sich mein Bewusstsein autark gegen jegliche Form von Produktplacement wehrt und die Information über den Zusammenstoß mit den Vordersitz kurzerhand zensierte. Da sich mein Bewusstsein auch gegen Anglizismen erwehrte, war mir noch nicht einmal die Zensierung bewusst.
Somit rieb ich mir nur den überraschend schmerzenden Kopf und bekam von der denkfördernden Wirkung des nicht vorhandenen Zusammenstoßes nichts mit. Ich konnte also auch keinen Gedanken an die descartessche Antinomie, von wegen umgefallener Baum im Walde oder nicht, verschwenden, um meinem Kopfschmerz auf den Grund zu gehen, sondern fühlte mich stattdessen total orientierungslos.
Zum Glück zerriss die Lautsprecherstimme meine verwirrende Gedankenlosigkeit und zerrte mich in die Realität zurück: »WILLKOMMEN IM CAMP NOJA! ICH BIN FRÄULEIN POCHOLTZKA! DIE VERANTWORTLICHE FÜR DIE DEUTSCHEN KINDER! NEHMT ALLE EURE SACHEN UND STEIGT AUS DEM BUS AUS!«
Ich entnahm der … freundlichen? … Männerstimme? … Frauenstimme?, dass wir wohl im Lager angekommen waren und aussteigen sollten. Fräulein Pocholtzka gab uns dafür ungefähr 10 Sekunden, denn dann vernahm ich ihre Lautsprecherstimme erneut:
»ES WÄRE SCHÖN, WENN IHR EUCH BEILT! ES KOMMT GLEICH NOCH EIN ANDERER BUS AN!«
Für mich hörte sich jedes Wort der Lautsprecherstimme wie ein stetig hämmerndes »SOFORT!« an. Vorsichtig wagte ich es an meinem Vordersitz vorbei nach vorne zu schauen. Ich erwartete neben dem Fahrersitz eine 2 Meter große Walküre stehen zu sehen, mit streng nach hinten gebundenem, schwarzem Haar, einer dicken schwarzen Hornbrille und einem riesigen Maul, bereit jeden Feind zu verschlingen. Stattdessen stand an dieser Stelle eine kleine, rundliche Frau mit roten Pausbacken und einer goldenen Zwirbeldrahtbrille. Zuerst glaubte ich an eine optische Täuschung, die z.B. auf einen Schlag auf den Kopf zurückzuführen wäre, woran ich mich jedoch nicht erinnern konnte, doch als die Person das Mikrofon zu ihrem kleinen Mund mit einer dicken Schicht dunkelrotem Lippenstift hob, ertönte die Lautsprecherstimme erneut. »Bitte vergesst nichts von euren Sachen.« Jetzt, wo ich die Frau sah, wirkte die Stimme keinesfalls mehr so dominant. Mutig stand ich auf, nahm meinen Rucksack und wollte gerade aussteigen, als mein Blick auf Simon und Thorsten fiel. Sie kamen mir den Gang entgegen. Simon schaute schnell verlegen auf den Boden, doch Thorsten zwinkerte mir zu und rempelte mich wie durch Zufall im Vorbeigehen an. Kurzzeitig spürte ich, wie seine Hand mich am Oberschenkel streifte, über meinen Reißverschluss glitt und wieder entschwand.
Sie ließ mich knallrot und stocksteif zurück. Ich war verkrampft und starrte die Bussitze an. Ich kannte mich mit Flirten und so was ja nicht aus, dafür hatte ich an Mädchen zu wenig Interesse, an Jungs zu wenig Erfahrung, aber wenn das keine Anmache war … dann muss es wohl Zufall gewesen sein. Thorsten versuchte sicherlich nur etwas nett zu sein und ist gestolpert. Um ehrlich zu sein, konnte ich von Glück reden, dass er nicht so gestolpert ist, dass er sich mit seiner Faust in meinem Gesicht abstützen musste. Die Leute stolpern öfters mal und dabei passieren 80% aller Unfälle. Da ist es ja wohl auch mal möglich, dass Thorsten mich einfach nur durch Zufall anrempelt, ohne etwas zu wollen …
Es ist natürlich auch möglich, dass er etwas wollte. Und wenn er etwas wollen würde, würde ich dann überhaupt etwas wollen? Was will ich überhaupt?
Ok, ich hatte nun schon mehr oder weniger sicher herausgefunden schwul zu sein, auch wenn meine Erzeuger anderer Ansicht waren. Damit hatte Thorsten im Vergleich zu den A-Girls schon mal einen gigantischen Vorteil. Zusätzlich hatte er coole blaue Augen und er konnte unglaublich gut küssen… oh … das wusste ich ja noch gar nicht. Aber würde ich ihn überhaupt küssen wollen? Ich mein, sicher träumte ich von geilen Jungs und wixte mir nen Wolf für sie, aber würde ich sie küssen wollen, so im wahren Leben, mit allen Konsequenzen: Beziehung und so. Mein Gott ich hatte gerade Mal beschlossen schwul zu sein. Was weiß ich, ob ich ne Beziehung will, ich weiß ja noch nicht mal wie man flirtet.
Doch vielleicht will Thorsten auch gar keine Beziehung. Vielleicht will er sich nur mal ausprobieren. Dann würde ich ja keine Verbindlichkeiten eingehen. Wir würden einfach nur etwas Spaß haben und Erfahrung sammeln. Dagegen ist ja nichts einzuwenden. Aber will ich überhaupt ein Testdummie sein, so eine Gummipuppe zum Aufblasen. Ich starrte auf die Bussitze und spürte einen stechenden Kopfschmerz in der vorderen Stirnregion. Meine Eltern hatte mich auf diese Reise geschickt, um mich ich von meinem Schwulsein zu lösen und ich hatte mich zumindest darauf verlassen in den nächsten drei Wochen nur von heterosexuellen pubertären Girlies umgeben zu sein und jetzt machte ich mir ernsthafte Gedanken über mein homosexuelles Beziehungsbild! Bloß weil mich ein Typ berührt hat. Die Situation überforderte mich. Es wäre am besten, wenn ich Thorsten und Simon bis auf weiteres aus dem Weg gehe. Egal ob Thorsten etwas wollen würde, ich wollte jedenfalls erst mal nicht. Zumindest brauchte ich mir diesbezüglich bei Simon keine Gedanken machen. Er hatte eindeutig kein Interesse mehr daran, mit mir die nächsten 3 Wochen auch nur ein Wort zu reden. Und eigentlich war es mir ganz recht. Ich brauchte meine Ruhe, am besten ein Einzelzimmer.
Ich stieg aus dem leeren Bus. Draußen erwartete mich die 1,50 m Walküre. Obwohl sie viel kleiner war als ich, blickte sie mich über ihren Brillenrand an, als ob ich ein kleines Kind wäre, das in die Windeln gemacht hat.
»Wer sind Sie denn?«, fragte sie mich, als ob sie nicht nur meinen Namen, sondern meine Existenz als solches in Frage stellen würde. »Ich bin Marvin, komme aus Bochum und bin 16«, wiederholte ich mein erfolgreichstes, rhetorisches Gebilde der letzten Tage.
»Und weiter?«, zeigte sich die 1,50 m Walküre wenig beeindruckt davon. Ich erkannte, dass der äußerst kompakte Lebenslauf wohl nicht ausreichend sei, um meine Existenz in ihren Augen zu beweisen. Ich wollte gerade Hamlets:» Sein oder nicht sein« oder Descartes: »Ich denke also bin ich« zu Hilfe zitieren, als sie ihrem Zweifel eine neue Richtung gab.
»Haben sie auch einen Nachnamen?«
»Oh … ehm … ja …« Für einen Moment erschlich mich die Befürchtung, dass ich gar keinen Nachnamen habe. So wie wenn ich nur eine leere Figur einer x-beliebigen Geschichte währe, eine von denen, die nur einen Vornamen hat und in der 3 Szene bestialischen Metzeleien geopfert wird, oder so wie ein unter Amnesie leidender Geheimagent, Vielleicht sogar beides!
»Charles«, fiel mir in allerletzter Sekunde ein.
»Charles, Marvin«, wiederholte ich, um mir selbst meinen Nachnamen bewusst zu machen. Damit war zumindest bestätigt, dass ich in der Evolution der Geschichte soweit fortgeschritten war, dass ich bereits einen Nachnamen entwickelt habe. Ich war zwar noch nicht so weit wie Fräulein Pocholtzka, die nur noch aus ihrem Nachnamen bestand (Was daran lagt, dass Vornamen wie Gitte-Angelika nun wirklich niemanden beeindrucken und sich somit im Laufe einer Geschichte zurückbilden.), aber immerhin. Alles um mich herum kicherte. Die A-Girls, die B-, C- und die D-Girls (alle ohne Nachnamen) sogar die Jungs (bis jetzt auch noch ohne Nachnamen, aber der Stärkste möge sich durchsetzen und ggf. einen Nachnamen entwickeln.). Ich wurde mal wieder rot und wunderte mich, wann das Blut überhaupt mal meinem Kopf entwich. Eine gute Möglichkeit ergab sich als Fräulein Pocholtzka mich wieder ansprach.
»Tut mir Leid für Sie«, sagte sie und ob sie diesen Satz nun auf meinen Namen, meine Existens oder das Nachfolgende bezog, war mir unklar. Ich tat mir jedenfalls ergeben sofort in allem Leid und wurde kränklich bleich.
»Leider haben wir alle Zimmer für die Jungs vergeben. Da hat wohl mal wieder was nicht mit der Anmeldung gestimmt«, sagte die Frau und schaute mich verdächtigend an, als ob der Schuldige direkt vor ihr stand. Ich wurde noch bleicher. Nicht weil ich mir einer Schuld bewusst war, dann werde ich ja bekanntlich rot, sondern weil ich echt enttäuscht war. Jetzt wo mir ein Platz mit den Jungs verwehrt wurde, änderte sich meine Meinung schlagartig. Ich pfiff auf das Einzelzimmer, Selbstfindung und Abstinenz. Ich hätte viel lieber eine Möglichkeit zum Schauen, Ausprobieren und geilen Sex.
»In einem Mädchenzimmer wäre noch ein Bett frei«, bot mir Fräulein Pocholtzka an. Die A-Girls kicherten erwartungsfroh oder wie auch immer brünstige Hühner gackern. Ich wurde hingegen noch etwas bleicher. Vielleicht hatte ich doch keine Lust aufs Ausprobieren. Man muss ja nun wirklich nicht alles probieren. »Aber da wollen Sie wahrscheinlich nicht rein?«, fragte die 1,50 m Walküre und Wächterin über die Sitten. Sie meinte die Frage wahrscheinlich ironisch und erwartete einen tiefroten, peinlich ertappten Jungenkopf, der stumm »ja bitte flehte«. Ich starrte sie jedoch nur aus schreckgeweiteten, bleichen Augen an. Sie interpretierte das wohl als Nein.
»Nungut, dann muss ich sie wohl in der zweiten Jugendgruppe unterbringen die gerade ankommt«, beschloss die Frau und schloss ihre Mappe und ging zu einem zweiten Bus der gerade auf den Hof fuhr.
Ich schaute zu Thorsten, der enttäuscht mit den Schultern zuckte. Simon hatte hingegen schon seine Sachen genommen und war am gehen. Die Mädels waren derweil dabei sich voneinander zu verabschieden, so als wenn sie sich nicht in einer Stunde wieder zum Mittag sehen würden.
Ich schüttelte erleichtert den Kopf. Vielleicht war es so die beste Lösung. Zum einen konnte ich den anstrengenden Mädels aus dem Weg gehen und zum anderen meinen Konflikt mit den Jungs vermeiden. Auch wenn Thorsten scheinbar was wollte, so war Simon doch äußerst reserviert und würde uns sicherlich die Hölle heiß machen, bevor irgendwas anlaufen würde. Und da ich außer den beiden aus der Gruppe eh niemanden kannte, war es mir ja auch egal mit was für fremden Jungs ich zusammen im Zimmer liege.
Ich taperte hinter der kleinen Haupthenne zum anderen Bus hinterher. Fräulein Pucholtzka stieg in den Bus ein und ich konnte beobachten, wie sie dort ihre Mirofonshow abzog. Dafür drehte sie einfach das Mikro auf, packte noch etwas Bass und Hall oben drauf und fertig war der Schmetterchor. Danach brüllte sie ihren Willkommensgruß und die Jugendlichen wurden von ganz alleine aus dem Bus geschwemmt.
Doch dummerweise Stand ich genau in der Tür und das erste was mir entgegenschwemmte, war ein dünner wasserstoffblondierter Junge mit halblangen Haaren und der Bewegung eines fliegenden Fisches. Anstatt sich fest zu halten, stolperte er die Stufen des Busses mit wedelnden Armen herunter und stürzte sich liebevoll auf mich. Dabei begleitete ihn viele Oochs und Achs.
»chaachh ist tass toll entlich hier tsu tsein. tass war ja solch eine anstrengende reise tass kannst tu tir jar nicht vorstellen. cahch tsag mal ver pisst tu üperhaupt, also ich pinnt ter svenni. vier sint von lampta, tass ist chain chomosexueller jugendverband tu chast toch sicher nichts jegen tschwule, oder. aper ach nein tso vie tu aussiehst, ta pisst du toch sicher einer von uns. chast tu tschon ein tzimmer, tu kannts mit auf unser tzimmer kommen ta chapen wir noch ein bett frei.«, ergoss sich der Sprachfluss des fliegenden Fisches über mich. Dabei klammerten sich seine Flossen weiterhin an mich und glitten über meinen Hintern.
Ich erstarrte zum Koloss von Rhodos. Auch wenn sich mein Körper nicht bewegte, so arbeitete mein Hirn auf Hochtouren. Ich hätte nie gedacht, dass meine Erzeuger so weit gingen, um mich zu heterosexualisieren. Anstatt mich in ein Feriendorf mit 100 pubertierenden Girlies zu stecken, machten sie auf Abschreckung und steckten mich in ein Zimmer mit 30 geilen Schwuppen.
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