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Marvin

Teil 1 - 1. Neue Schule, neues Glück / 2. Sportunterricht

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Informationen

Inhaltsverzeichnis

Teil 1 – Neue Schule, neues Glück

Es war 19 Uhr und Marvin lag auf seinem Bett.

Er, 18 Jahre alt, 1,75 groß, blonde Haare und blau-graue Augen, nicht dick aber auch nicht zu schlank, hatte heute seinen ersten Schultag gehabt.

Es war schon der dritte Umzug in zwei Jahren gewesen.

Sein Dad arbeitete als Vertreter eines großen Bayerischen Automobilkonzernes und sollte die Leitung eines neuen Werkes übernehmen, zumindest vorübergehend.

Wann er wieder umziehen musste, wusste Marvin noch nicht. Es konnten nur wenige Monate sein, aber auch Jahre.

Er wünschte sich so sehr einen Platz zum Leben, Freunde und vor allem einen festen Freund.

Die wenige Zeit an einem Platz machte es extrem schwer, eine Beziehung zu führen.

Während er nun auf dem Bett lag, schweiften seine Gedanken ab zum heutigen Tag ...

„Marvin? Willst du nicht noch etwas frühstücken?!“

Hastig eilte ich die Treppe runter und schnappte mir im Vorbeigehen einen Toast. „Keine Zeit, ich komme sonst zu spät ...“

„Junger Mann ... Da würde früher aufstehen helfen!“

„Ja, ja, also bis heute Nachtmittag ...“

Einen kurzen Wangenkuss später war ich aus der Wohnung verschwunden und begab mich zum Bus. Den Toast hatte ich schnell runtergeschlungen.

Eigentlich wollte ich ja heute etwas früher an der Schule sein, es war ja mein erster Tag.

Aber die Tatsache, dass ich ein Langschläfer war und der Wecker nie klingelte, wenn man ihn brauchte, ließ mich fast zu spät kommen. Erst um fünf vor acht hetzte ich durch die Gänge des Gymnasiums, um das Sekretariat zu finden.

Dort angekommen strich ich mir noch mal die Haare aus dem Gesicht und betrat leise den Raum.

„Na junger Mann, was kann ich für dich tun?“

„Ich bin neu hier und sollte mich anmelden ...“, antwortet ich wahrheitsgemäß.

„Und dein Name ist ...?“

„Marvin Neumann!“

„Ah dann bist du da. Ok du bist in der Klasse von Frau Nuss, der 12 C ... Soll ich dir schnell zeigen, wo du hin musst?“

Ich überlegte kurz und nickte ihr dann zu. „Das wäre sehr nett!“

Zwei Minuten später hatten wir meine neue Klasse erreicht.

Etwas unschlüssig stand ich vor der Tür und klopfte dann vorsichtig an.

„Herein!“ hörte ich es aus dem Inneren und öffnete vorsichtig die Tür.

27 Augenpaare waren genau auf mich gerichtet. Mir leicht gerötetem Kopf ging ich nach vorne ans Lehrerpult.

„Was kann ich für dich tun?“, fragte mich Frau Nuss

„Ähm ...“ , räusperte ich mich, „ich bin der Neue!“

„Ah, genau. Du bist ...“ Schnell blätterte sie im Klassenbuch.

„Marvin!“, erleichterte ich ihr die Suche.

„Da habe ich dich ja. Marvin Neumann ... Naja dann stell dich doch mal vor“, sprach sie und schubste mich leicht nach vorne.

Da stand ich nun ... Wusste nicht, was ich sagen sollte. 26 Schüler starrten mich erwartungsvoll an.

„Also, ähm, ich, ich bin Marvin Neumann ... Ihr könnt mich aber Marv nennen ... wenn ihr wollt. Ich bin 18 Jahre alt und erst vor Kurzem hier hergezogen ...“

„Das reicht ja dann erstmal ...“, unterbrach mich Frau Nuss.

Sie deutete auf einen freien Platz. „Da kannst du dich hinsetzen“

Ich nahm meine Tasche und begab mich zu besagtem Platz.

Das Mädchen neben mir musterte mich einmal von Kopf bis Fuß und seufzte dann.

Da ich es mir am ersten Tag nicht gleich versauen wollte, beließ ich es dabei.

Nachdem ich meine halbe Schultasche auf dem Tisch verteilt hatte, ließ ich meinen Blick durch das Klassenzimmer schweifen.

An einer Person blieb mein Blick allerdings hängen.

Ein Junge in meiner Reihe ... Er sah schon aus der Entfernung irgendwie süß aus.

Plötzlich drehte sich der Junge um und sah mir genau in die Augen. Sofort blickte ich weg. Mein Kopf nahm, dem Gefühl nach, eine ungesunde rote Färbung an. Als ich kurz nach oben sah, hatte er sich bereits wieder umgedreht und sah angestrengt nach vorne.

Auch ich versuchte, mich die nächsten drei Schulstunden bis zur Pause zu konzentrieren. Was mir aber nur schwer gelang, weil ich immer wieder nach rechts sehen musste.

Dann schellte es endlich zur Pause. Das Klassenzimmer leerte sich relativ schnell in Richtung Pausenhof. Langsam schlenderte ich hinterher und stellte mich etwas abseits von den anderen, um mein Brot zu essen.

Von meinem Posten aus konnte ich den Jungen von vorhin noch etwas besser betrachten.

Er war wohl etwas größer als ich, hatte schwarze kurze Haare und sah relativ sportlich aus.

Das ließ meine Vorfreude auf den Sportunterricht doch noch etwas steigen.

Von der anderen Seite des Hofes kam ein Mädchen auf ihn zu.

Als sich die beiden umarmten und küssten, fiel mir fast mein Essen aus der Hand.

Geschockt sah ich nach vorne und beobachtete das Treiben.

Warum sind die süßen Typen immer hetero??? schoss es mir durch den Kopf.

Als es zum Ende der Pause läutete, lief ich schnurstracks zurück ins Klassenzimmer.

Mein Schwarm allerdings kam ohne Anhang zurück. Zumindest hier musste ich also kein Geknutsche ertragen.

Die nächsten Stunden waren vollgestopft mit Mathe, Physik und Latein.

Wobei ich von allem nur die Hälfte mitbekam. Meine Gedanken kreisten immer noch um diesen Kuss.

Naja zumindest Freunde könnten wir ja werden ... versuchte ich mich immer wieder zu trösten.

Aber davor musste ich ihn erstmal kennenlernen. Vielleicht war er ja auch ein totales Arschloch, dann würde da eh nie was laufen. Auch nicht freundschaftlich.

Diese und viele andere Gedanken beschäftigen mich bis zum Ende der Schule um 15:45 Uhr.

Wieder ließ ich mir viel Zeit beim Zusammenpacken.

Als Letzter verließ ich den Raum und beeilte mich, noch die S-Bahn zu erwischen.

Den Blick stur gen Boden gerichtet, hetzte ich über den Flur Richtung Ausgang.

Mit einem Mal wurde mein Körper von einem heftigen Aufprall nach hinten gerissen. Unsanft landete ich auf dem Boden. Der Inhalt meiner Tasche verteilte sich vor mir.

Mit schmerzverzerrtem Gesicht raffte ich mich auf und sah meinen „Schwarm“ vor mir liegen.

„Pass doch auf, wo du hinläufst!“, knatterte er los.

„Tut, tut mir leid ...“, stammelte ich vor mich hin und sah betreten zu Boden.

Wir standen beide wieder auf. Zum ersten Mal konnte ich ihm direkt in die braunen Augen sehen. Wäre die Situation nicht so doof gewesen, wäre das Kribbeln in meinem Bauch wohl stärker ausgefallen.

Sein Blick wurde sanfter.

„Ist schon ok, ich hätte auch aufpassen müssen. Warte ich helfe dir beim Aufheben ...“

Er kniete sich wieder nach unten und fing an, meine Bücher aufzusammeln.

Ich tat es ihm gleich, als wir nach dem gleichen Buch griffen, berührten sich unsere Hände.

Die Berührung war nur kurz, aber hatte ausgereicht, um mir 1000 Stromschläge durch den Körper zu jagen.

Seine Haut war so weich und zart … Trotzdem zog ich schnell meine Hand weg und starrte wieder angestrengt auf den Boden.

Zusammen hatten wir meine Sachen zügig beieinander und verpackt.

Ich stand auf und blickte ihm genau in die Augen.

„D … Danke …“, stotterte ich wie der letzte Vollidiot.

„Kein Problem!“, grinste er. „Ich heiße übrigens Jeremy!“

„Äh, ich bin der Marvin …“

Im gleichen Atemzug hätte ich mich am liebsten geschlagen! Er war doch dabei gewesen du Idiot, schoss es mir durch den Kopf.

„Ich weiß, wir sind in derselben Klasse“, lachte Jeremy. „Wenn du noch kurz wartest, können wir zusammen zur Bahn gehen? Muss nur noch was holen …“

Ich nickte und Jeremy verschwand im Klassenzimmer.

Ich atmete zweimal tief durch. Beruhig dich Marvin, das wird schon, redete ich mir selber Mut zu.

Ein paar Augenblicke später kam Jeremy wieder zurück.

„Hältst du mal kurz?", fragte er und hielt mir sein Mathebuch entgegen.

„Äh, klaro …“ Ich nahm das Buch entgegen.

Jeremy nahm seine Tasche ab und verstaute das Buch zwischen einigen anderen Dingen.

„Ok wollen wir dann?“, fragte er, nachdem alles ordentlich eingepackt war.

„Gerne!“

Nachdem wir die Schule verlassen hatten, fasste ich all meinen Mut zusammen und versuchte, ein Gespräch zu beginnen.

„Kommst du eigentlich aus Deutschland?“, fragte ich Jeremy.

„Ja … Warum fragst du?“

„Jeremy ist halt kein typischer Vorname in Deutschland …“

„Ach so deshalb“, lachte er. „Meine Mum ist Amerikanerin und mein Dad ein Deutscher. Deshalb Jeremy. Ich hab zwar auch noch einen deutschen Vornamen, aber der gefällt mir nicht …“

Jetzt wurde ich doch neugierig. „Wie heißt du denn dann vollständig? Jeremy …?“

„Aber du darfst nicht lachen, ok?“

„Niemals!“, versicherte ich ihm.

Jeremy blieb stehen und kam mit seinem Mund ganz nah an mein Ohr.

Sein Atem ließ mir einen wohligen Schauer über den Rücken laufen.

„Friedrich …“, hauchte er mir leise ins Ohr.

Ich drehte mich zu ihm um. „Jeremy Friedrich?“

„Jap, Jeremy Friedrich …“

Nun musste ich mir das Lachen doch sehr verkneifen.

„Hey, du hast versprochen NICHT zu lachen!“, rief Jeremy gespielt empört.

„Sorry, aber das klingt einfach zu komisch …“, prustete ich los.

„Hey …!“Jeremy boxte mir leicht in die Seite und begann dann auch zu lachen.

Nach ein paar Minuten hatten wir uns wieder beruhigt und ich wischte mir eine Träne aus dem Auge.

„Aber das verrätst du niemandem, ok?“

„Wer weiß es denn noch?“, fragte ich erstaunt.

„Bisher nur du und Lisa …“

„Ok … also ich schweige wie ein Grab!“, versprach ich. Zufällig fiel mein Blick auf die Uhr an Jeremys Handgelenk. „Wann kommt eigentlich die Bahn?“

Jeremy sah nun selber auf die Uhr und erschrak. „Shit! In zwei Minuten.“

Wir spurteten sofort los und schafften es gerade so einzusteigen, bevor sich die Türen schlossen. Schwer atmend stand ich neben Jeremy.

„Das war knapp …“, schnaufte dieser.

Ich nickte nur und blickte nach unten, um etwas zu atmen zu kommen.

Dabei fiel mir Jeremys Hose auf. Sie war ziemlich eng geschnitten und betonte perfekt seine Beine. Auch die Beule, die sich vorne abzeichnete, war nicht von schlechten Eltern.

Als Jeremy sich umdrehte, konnte ich auch seinen süßen Hintern bewundern. Wie gerne würde ich ihm jetzt die Hose vom Leib reißen …

Die schmutzigen Gedanken in meinem Kopf bewirkten, dass der kleine Marvin munter wurde.

Schnell zog ich meine Tasche etwas nach vorne, um die Beule in meiner Hose zu verdecken.

„Ich muss die Nächste schon raus …“, meinte Jeremy.

„Ok, ich hab noch bisschen …“

„Naja dann schönen Tag noch und bis morgen!“, grinste er mich an.

Oh man dieses Lächeln. Nur mit Mühe konnte ich den Drang bekämpfen, Jeremy einen Kuss zu geben.

„Tschöö …“, war das Einzige, was ich noch herausbrachte, bevor er ausstieg.

Gott sei Dank wurde gleich hinter mir ein Platz frei. Sofort ließ ich mich erschöpft hineinfallen …

So sehr ich es auch versuchte. Bis ich nach weiteren 25 Minuten Fahrt mein Zuhause erreichte, schaffte ich es nicht auch nur eine Sekunde an was anderes zu denken, als an Jeremy.

Da außer mir noch niemand in der Wohnung war, ging ich direkt in mein Zimmer.

Es herrschte zwar noch immer Umzugschaos, aber ich hatte es mir schon recht wohnlich gemacht. Wie auch bei den anderen Umzügen hatte ich auch hier die stille Hoffnung, dass wir auf Dauer hier bleiben konnten. Und durch Jeremy wurde diese noch bestärkt.

Er ist zwar scheinbar eine Hete, aber wir konnten ja trotzdem Freunde werden. Und naja vielleicht ist er ja doch bi? Dann konnte ja noch mehr draus werden …

Meinen ersten und letzten Freund, Dennis, hatte ich mit 16 Jahren.

Wir kamen damals zwei Monate vor unserem ersten Umzug zusammen. Trotz oder vielleicht gerade weil wir uns damals nur im verborgenen Sehen konnten, war unsere Beziehung sehr intensiv.

Nach unserem Umzug haben wir uns zu Anfang noch öfter getroffen. Aber irgendwann wurde das Geld knapp und meine Eltern misstrauisch.

Jetzt telefonieren wir höchstens noch ein Mal im Jahr miteinander.

Plötzlich spürte ich mein Handy in der Hosentasche vibrieren.

Eine Facebook-Nachricht erschien auf dem Bildschirm. Neugierig öffnete ich sie.

Jeremy hatte mich wohl entdeckt und mir auch gleich geschrieben!

Hi:D

Bist du gut in Mathe? Ich kapier da grad gar nix mehr.

Melde dich mal!

LG

Jeremy

Mein Herz vollführte einen Freudensprung in meiner Brust. Jeremy hatte mich sogar in Facebook geaddet!

Mit zittrigen Fingern tippte ich eine Antwort:

Hi du

Ich hab noch gar nicht angefangen damit.

Wenn du willst, ruf ich dich an, wenn ich weiß um was es geht?

Keine Minute später flatterte auch schon Jeremys Antwort ins Haus. Diese bestand aus einem COOL und seiner Telefonnummer.

Ich glaubte zu träumen. So schnell war ich noch nie an die Telefonnummer eines süßen Jungen gekommen.

Ohne weiter Zeit zu verschwenden, kramte ich meine Schulsachen hervor.

Erst jetzt fiel mir ein, dass ich gar nicht wusste, was wir eigentlich machen sollten.

Ich tippte seine Nummer in mein Handy und drückte die Wähltaste.

„Marvin, hi. Und irgendeine Ahnung?“

„Hi, ich weiß nicht mal was wir genau auf haben …“, sprach ich kleinlaut in den Hörer.

Jeremy lachte laut auf. „Seite 35 Aufgabe 1 und 2“

Schnell blätterte ich durch das Mathebuch und sah mich alsbald mit einigen Gleichungen konfrontiert.

In der nächsten halben Stunde löste ich mit Jeremy die vier Rechnungen erfolgreich.

„Danke Marvin ... Ich weiß nicht, aber DAS Fach ist für mich ein Buch mit sieben Siegeln ...“, meinte Jeremy leise.

„Ist doch kein Problem ... Kannst mich immer fragen, wenn was ist!“

„Danke, noch mal. Du, Lisa kommt gleich vorbei ...“

„Na dann viel Spaß noch!“, lachte ich.

„Danke!“, lachte Jeremy zurück. „Bis morgen“

„Jo, Ciao ...“

Schon hatte Jeremy aufgelegt. Ich nahm das Handy vom Ohr und legte es auf den Schreibtisch. Da ich eh nicht wusste, was wir noch an Hausaufgaben hatten, ließ ich es gut sein für heute.

Fünf Minuten später warf ich mich wieder aufs Bett. Nach kurzem Überlegen nahm ich erneut mein Handy in die Hand und suchte nach einer bestimmten Nummer. Luca war mein bester Freund. Wir waren schon zusammen im Sandkasten gesessen und hatten bisher jeden Scheiß zusammen überstanden. Auch die Umzüge hatten unserer Freundschaft nicht geschadet. Es hatte gerade zweimal geklingelt, da knackte es bereits in der Leitung.

„Marv! Endlich meldest du dich mal wieder!“, flötete er durchs Telefon.

„Hi Luca. Tut mir leid, hat aber nicht früher geklappt. Der Umzug war stressig.“

„Kein Problem Großer! Wie geht‘s dir?“

„Seeeeeehr gut!“, lachte ich.

„Ok, wie heißt ER?“, kicherte Luca.

Er war damals der erste, bei dem ich mich geoutet hatte. So viel wie an diesem Tag hatte ich noch nie geheult. Zuerst aus Angst er würde es nicht verstehen. Mich verstoßen ... Und dann nach unserem Gespräch, als Luca mich in die Arme genommen hatte und schwor das wir immer Freunde bleiben würden ...

„Du kennst mich! ER heißt Jeremy. Ist aber leider vergeben ... Und eine Hete!“

„Och das lässt sich ja ändern. Beides ...!“, lachte er laut auf.

„Hmmm stimmt natürlich ... Aber erst mal schauen. So lange kennen wir uns noch nicht!“

„Glaubst du nicht an die Liebe auf den ersten Blick?“

„Doch natürlich ... Und er ist auch total nett und süß ...“, fing ich an zu schwärmen.

„Hauptsache es endet nicht wie letztes Mal ...“, wurde Luca wieder ernst.

Auch mein Lachen verstummte sofort. „Das, das kann ich nicht beeinflussen ...“, antwortet ich leise.

„Hey das war auch kein Vorwurf ... Aber du warst total fertig nach dem Umzug. Und Sven ...“

„Lass uns bitte das Thema wechseln“, unterbrach ich ihn.

Es entstand eine peinliche Pause. Aber ich wollte nicht mehr an diese Zeit denken. Die Erinnerungen waren tief vergraben. Und genau da sollten sie auch bleiben. Zumindest fürs erste ...

„Ok, ok. Tut mir leid ... Ähm. Wie ist es sonst so an der Schule?“

„War ja heute erst der erste Tag. Aber glaube ganz cool. Die Klasse ist auch nett. Und die Lehrer, naja Lehrer eben!“

„Wie immer!“, wieherte Luca, „Aber freut mich, dass es dir gut geht.“

„Danke! Und bei dir und Melanie auch alles ok?“

„Immer noch frisch verliebt! Warte kurz.“

Ich hörte, wie Luca das Telefon vom Ohr nahm und nach etwas kramte. Nach einigen Augenblicken war er wieder in der Leitung.

„Ich schicke dir eben was!“

Schon vibrierte mein Handy. Schnell aktivierte ich die Lautsprecher und entsperrte den Bildschirm. Dort blitzten mir zwei Silberringe entgegen.

„Du willst ihr einen Antrag machen?“, fragte ich ungläubig.

„Jaaaaaa! An unserem Jahrestag“

„Das ist ja nicht mehr lange ... Wow dann gratuliere ich doch schon mal.“

„Danke!“, lachte er. „Aber erst muss sie auch annehmen.“

„Na, na, das wird schon!“, sprach ich ihm Mut zu.

„Bestimmt ... Danke!“

„Und was machst du heute Abend noch?“, fragte ich mit einem langen Gähnen.

„Melanie kommt gleich noch. Dann noch etwas Fernsehen und ab ins Bett.“

„Dahin werde ich jetzt auch verschwinden. Bin verdammt müde ...“

„Dann wünsche ich dir eine gute Nacht. Und viel Glück mit Jeremy!“

„Dir auch eine gute Nacht. Danke! Ruf mich auf jeden Fall an, wenn du verlobt bist!“

„Werde ich machen!“, kicherte Luca. „Und du schreibst, wenn es was Neues gibt mit Jeremy.“

„Versprochen! Also ... Ciao!“

„Ciao!“

Schon hatte er aufgelegt. Gähnend stampfte ich ins Bad und machte mich bettfertig.

Eine Viertelstunde später lag ich auch schon in Boxershorts im Bett. Bei der Überlegung, ob ich noch etwas lesen sollte, fielen mir allerdings schon die Augen zu.

Teil 2 – Sportunterricht

Der nächste Tag begann wesentlich früher als der erste. Was daran lag, dass mich der Köter der Nachbarn pünktlich um sechs Uhr aus dem Bett gebellt hat.

Noch total verschlafen tapste ich durch den Gang ins Bad.

Nach der morgendlichen Toilette zog ich mich aus und begab mich unter die Dusche. Das kalte Wasser weckte meine Lebensgeister endgültig. Ich schüttelte mich kurz und ließ dann einen dicken Batzen Duschgel auf meine Hand laufen.

Schnell seifte ich mich ein und wusch mir anschließend den Schaum ab. Fertig geduscht und angezogen ging ich in die Küche.

„Guten Morgen!“, strahlte ich meine Mutter an und setzte mich an den Küchentisch.

Sie sah mich misstrauisch an. „Was hast du denn geschluckt?“, fragte sie zweifelnd.

„Warum? Ich bin nur gut gelaunt! Ist das so ungewöhnlich?“, fragte ich zwischen zwei Bissen Nutellabrot.

„Ehrliche Antwort ...?“

„Klaro!“, grinste ich.

„Du bist zwar kein Kind von Traurigkeit ... Aber so früh am Morgen?“

„Ich kann auch gerne wieder zum Morgenmuffel werden ...“

„Bloß nicht!“, lachte sie nur.

Im selben Moment stieß mein Dad zu uns und küsste meine Mutter auf den Mund.

„Nehmt euch ein Zimmer“, rief ich gespielt empört.

„Was hat der denn genommen?“, fragte er an meine Mutter gerichtet.

„Hab ich ihn auch schon gefragt ...“

Er setzte sich zu mir an den Tisch und sah mich ernst an. Plötzlich zogen sich seine Mundwinkel nach oben. „Weißt du Marianne, so fröhlich war ich damals nur, wenn ich verliebt war ...“

Sein Grinsen wurde immer breiter und er klopfte mir auf die Schulter. „Ich glaube unser Marvin ist verliebt!“

„W ... was?“, fragte ich erschrocken.

„Marvin, wir sind deine Eltern ... Also wie heißt sie?“

„Ich ... ich bin nicht verliebt ...“, stammelte ich vor mich hin.

„Darf man hier nicht mal fröhlich sein ohne Hintergedanken!“, fuhr ich meinen Vater an und stürmte in mein Zimmer.

„Klaus ... musste das jetzt sein?!“ hörte ich meine Mum noch fragen, ehe die Zimmertür zugefallen war.

Schnell schnappte ich mir meine Schulsachen und lief in den Flur, um mich fertigzumachen.

Ohne weitere Verabschiedung verließ ich das Haus.

„Was geht den das an!“, schimpfte ich auf dem Weg zum Schulbus vor mich hin.

Irgendwie hatte ich bis jetzt Angst gehabt, mich daheim zu outen.

Klar, irgendwann musste ich es ihnen mal sagen ... Aber das hatte noch etwas Zeit.

Eigentlich hatte ich mir immer vorgenommen es ihnen zu sagen, wenn ich meinen ersten Freund habe. Aber als wir dann so schnell umziehen mussten, ging der Wunsch auch wieder unter ...

Langsam beruhigte ich mich wieder. Meine Gedanken drifteten ab zum heutigen Sportunterricht.

Die Aussicht, Jeremy nur in Boxershorts betrachten zu dürfen, erregten mich wieder bis aufs Äußerste.

Die Tatsache, an nichts anderes mehr denken zu können, wurde beim Aussteigen quittiert, als ein paar Mädchen kichernd auf meine Beule zeigten.

Mit hochroter Birne trat ich aus dem Bus und versuchte, mich auf etwas anderes zu konzentrieren.

Bei der Erinnerung an die Geräusche, die ich mit 13 aus dem Schlafzimmer meiner Eltern gehört hatte, verlor auch mein stahlharter Schwanz seine Spannkraft ...

Die nächsten Schulstunden verliefen eher langweilig. Ich verbrachte sie eher damit, Jeremy anzustarren und mir Sachen auszudenken, die eh nie wirklich werden konnten.

Erst die Schulglocke zu den letzten beiden Stunden, Sport, riss mich aus meinen Gedanken.

Ich beeilte mich, den Anschluss nicht zu verlieren.

Irgendwann stand Jeremy neben mir.

„Ich sollte dich vor Frau Brook warnen ...“, meinte er verschwörerisch.

„Warum das?“, fragte ich verwirrt.

„Naja, sagen wir mal so ... Sie hat bei uns nur noch den Spitznamen Sergeant!“

„So schlimm?“

„Das wirst du heute bestimmt merken ...“, flüsterte Jeremy und grinste geheimnisvoll.

Unten angekommen warteten die anderen bereits, dass die Umkleiden geöffnet wurden.

Eine burschikose Dame, um es freundlich auszudrücken, bog um die Ecke und kam genau auf uns zu.

Ich stupste Jeremy kurz in die Seite und nickte in ihre Richtung.

„Ist sie das?“, flüsterte ich.

Jeremy nickte nur. Mir schwante bereits jetzt böses.

Dieses Gefühl verschwand auch nicht, als „es“ vor mir stand und mich musterte.

Sie sperrte den anderen auf und zog mich dann kurz auf die Seite.

„Du musst dann der Neue sein ... Eines sag ich dir sofort! Bei mir gibt es kein das kann ich nicht oder das darf ich nicht machen! In meinem Unterricht macht jeder mit!“

Erschrocken und um mindestens 10 cm kleiner nickte ich nur kleinlaut.

„Na, dann haben wir uns ja verstanden!“, rief sie und klopfte mir mit ihren Pranken auf die Schulter.

Schnell verschwand ich in der Umkleide und atmete erst mal durch. Na das konnte ja lustig werden ...

Beim anschließenden Umziehen beeilte ich mich, schnell fertig zu werden. Ich wollte ja nicht sofort mit Latte durch die Gegend laufen und zum Gespött der Klasse werden.

Nach der Anwesenheitsprüfung ging es dann auch schon los.

Und Jeremy hatte nicht gelogen. Die Frau war wirklich knallhart. Nach gefühlten 10.000 Liegestützen ging es ans Aufbauen.

Zehn Minuten später standen drei Recke in der Halle und wir in drei Reihen dahinter.

„Ok, eure erste Aufgabe: Ihr hängt euch an das Reck und versucht euch dann nach oben zu drücken!“, schallte Frau Brooks zarte Stimme durch den Raum.

Nach und nach versuchten wir alle unser Glück.

Mir erging es da allerdings wie den meisten anderen auch. Ich hing eher wie ein nasser Sack am Reck und kam nur ein paar Zentimeter nach oben.

Bei Jeremy sah das alles schon besser. Zwar mit einigem Kraftaufwand, aber er schaffte es als einer von wenigen.

Als ich da so sah, wie sich die Muskeln unter seinem Shirt spannten, spannte es auch in meiner Hose. Schnell sah ich weg und klemmte die Latte zwischen meine Beine.

Die restliche Sportstunde zog sich wie warmer Käse auf einer Pizza.

Als die meisten von uns, nach drei Fehlversuchen eh schon halb kaputt, am Boden lagen, durften wir uns dann auch noch an Überschlägen versuchen ...

Zumindest wusste ich am Ende, warum man Frau Brooks den Sergeant nannte. Ziemlich verschwitzt und fertig folgte ich, nach dem Aufräumen, den anderen zurück in die Umkleide.

Gerade als ich mich mit Handtuch und Duschgel bewaffnet in die Dusche begeben wollte, hielt Jeremy mich fest.

„Die Dusche ist noch kaputt ... Wird wohl erst nächste Woche oder so fertig sein.“

„Oh, ähm danke ... dann eben daheim.“

Ich trat zurück an meinen Sportbeutel und begann mich umzuziehen. Währenddessen fiel mein Blick auf Jeremy.

Dieser stand, nur in Retroshorts bekleidet vor seinen Sachen. Der Schweiß schimmerte auf seinem perfekt definierten Oberkörper.

Als ich ihn so betrachtete kamen mir die geilsten Sachen in den Sinn, die ich gerade gerne mit ihm machen würde.

Dass sich dabei der kleine Marvin verselbstständigte und ganz langsam zu voller Größe wuchs, merkte ich erst nach allen anderen ...

„Hey schaut mal ... Marvin bekommt nen Ständer!“, prustete Simon los.

Statt mich zur Wand zu drehen, drehte ich mich in den Raum hinein, sodass jeder meine Beule sehen konnte. Irgendwie setzte gerade meine Motorik komplett aus.

Außerdem nahm mein Kopf eine unnatürlich rote Farbe an.

„Ihn scheinen so viele nackte Männer wohl scharf zu machen!“, setzte einer sofort nach.

„Bist du ein Homo?“, fragte Simon belustigt.

Mir wurde schlagartig schlecht. Meine Knie wurden zittrig und fühlten sich an wie Pudding.

„Hey?!“ Simon wedelte vor meinem Gesicht herum. „Bist du nun ein Homo????“

Jedes Wort blieb mir im Hals stecken und bildete einen gigantischen Kloß.

Jetzt bloß nicht heulen, dachte ich mir und kämpfte gegen die Tränen an.

Endlich schaffte ich es, mich umzudrehen und mir ungesehen über die Augen zu wischen.

Bis ich fertig umgezogen war, vernahm ich nur noch leises Lachen und Getuschel hinter mir.

Schnell raffte ich den Rest meiner Sache zusammen, stopfte sie nur in den Beutel und stürmte dann an den anderen vorbei.

Dass die meisten schon weg waren, bemerkte ich erst jetzt.

Nur Jeremy und Simon standen noch im Raum.

„Marv ...“

Ohne ihn auch nur anzusehen, rannte ich aus der Tür. Irgendwie wurde mir das alles zu viel. Ich wollte nur noch heim!

Die restliche Umwelt ausblendend, lief ich in Richtung Bahn.

Der Weg führte mich dabei durch ein kleines Stück Wald. Plötzlich bauten sich vor mir zwei Gestalten auf.

Durch den Tränenschleier und das dämmrige Licht konnte ich die beiden nur schemenhaft erkennen.

„Hier ist kein Platz für Schwuppen!“, hörte ich einen der beiden sagen.

Schon traf mich eine Faust genau ins Gesicht.

Rückwarts taumelnd hielt ich mir die Nase. Etwas Warmes lief durch meine Finger und tropfte auf die Jacke.

Ich stolperte und fiel nach hinten.

Das Letzte, was ich mitbekam, war, wie mein Kopf auf den Boden aufschlug.

Dann wurde es dunkel ...

Das Nächste, was ich wahrnahm, war furchtbares Gerüttel, fast als würde man mit einem Auto über Kopfsteinpflaster fahren. Danach kamen die Schmerzen, sie strahlten über meine Nase in den ganzen Kopf aus. Langsam öffnete ich die Augen und eine verschwommene Gestalt schwebte dicht über meinem Gesicht.

„Hey, er ist wach!“

Ich erkannte sofort Jeremys Stimme, dann erschien eine zweite Person.

„Marvin? Kannst du mich hören?“

Ich nickte leicht und versuchte mich aufzurichten, wurde allerdings sanft von Jeremy zurückgeschoben.

„Sehr gut! Du bist in einem Krankenwagen. Hast du starke Schmerzen?“

Wieder nickte ich.

„Ok, ich werde mal deine Nase abtasten. Das wird jetzt etwas weh tun!“

Mit zwei Fingern berührte sie meine Nase und begann sie sanft von links nach rechts zu bewegen. Ich zuckte leicht zusammen und musste den Drang, ihre Hand wegzuschieben, unterdrücken.

„Fühlt sich nicht gebrochen an, aber genau kann ich dir das erst nach dem Röntgen sagen. Wir sind gleich im Krankenhaus!“

Keine fünf Minuten später waren wir auch schon da, Jeremy ging voraus und öffnete die Luke.

„Kannst du aufstehen?“

Behutsam richtete ich mich auf und ließ mich von der Liege gleiten. Sofort stand Jeremy wieder neben mir und hielt mich fest, das Gefühl des Schwindels war aber schnell abgeklungen.

„Ja!“, krächzte ich und setzte langsam einen Fuß vor den anderen.

Jeremy hielt mich immer noch und wich, bis wir in der Notaufnahme saßen, nicht von meiner Seite.

Dort bugsierte er mich auf einen Stuhl und unterhielt sich dann mit der Rettungsärztin.

Nach einigen Momenten setzte er sich neben mich.

„Wie geht es dir?“

„Beschissen!“, antwortete ich wahrheitsgemäß und ließ mich in den Stuhl sinken.

„Hmmm, hast du Durst?“

„Etwas zu trinken wäre toll!“, entgegnete ich.

Schon war Jeremy verschwunden und kam mit zwei Plastikbechern zurück. Er reichte mir einen, den ich hastig leer trank.

„Danke übrigens …“, stotterte ich leise.

„Ist doch ok!“, grinste Jeremy. „Wir sind schließlich Freunde! Was ist eigentlich passiert?“

Schnell schilderte ich ihm, was in dem kleinen Waldstück passiert war. Jeremys Gesichtsausdruck verfinsterte sich immer mehr.

„Das waren bestimmt Oleg und Simon! Die beiden halten sich für die Größten!“, schnaubte er verächtlich.

„Ich konnte nichts erkennen, leider …“

„Wir gehen auf jeden Fall morgen zum Rektor!“

Bevor ich etwas entgegen konnte, stand die Ärztin aus dem Krankenwagen wieder vor mir.

„Du kannst dann zum Röntgen kommen … Ach ich hab mich noch gar nicht vorgestellt. Mein Name ist Müller, ich bin die Mutter von Jeremy!“

Natürlich! Wie konnte ich nur die Ähnlichkeit der beiden übersehen. Ich nahm ihre rechte Hand entgegen und begleitete sie danach zum Röntgen.

Von da an ging alles relativ schnell, die Bilder wurden gemacht und keine halbe Stunde später bekam ich die Diagnose. Die Nase war nur verstaucht, sie wurde getapt. Ein Rezept für Schmerzmittel und den Ratschlag, das Ganze zu kühlen, wurde mir beim Verlassen des Krankenhauses mitgegeben.

Danach stand ich mit Jeremy auf dem Parkplatz, dort wartete auch schon seine Mutter …

„Ich fahr euch beide eben Heim.“

„Ich sollte wohl besser meine Eltern anrufen!“, erwiderte ich und angelte nach meinem Handy.

„Das haben wir schon getan!“, antwortet Jeremy und zog mein Handy aus seiner Tasche. „Tut mir leid, aber ich hab die Nummer gebraucht!“, stammelte er.

Grinsend nahm ich das Handy. „Kein Problem! Was haben sie gesagt?“

„Du darfst erst mal zu uns, bei euch ist wohl jetzt keiner daheim … Sie holen dich dann nachher ab!“

„Ok!“, strahlte ich Jeremy an.

Zu dritt fuhren wir in die Müllersche Wohnung. Während Jeremy mich in seine Räumlichkeiten führte, fuhr Frau Müller wieder zurück zum Krankenhaus.

Die Wohnung bestand aus zwei Etagen, wobei sich unten Wohn- und Esszimmer befanden. Oben waren dann Jeremys Zimmer sowie das elterliche Schlafzimmer.

Jeremy hatte zwei Zimmer, ein größeres, das als Wohn- und Arbeitszimmer angelegt war, und ein kleineres, in dem ein Bett und zwei Bücherregale standen.

„Schön hast du es hier“.

„Danke“, grinste Jeremy, „Darf ich dir was zu trinken anbieten?“

„Was hast du denn?“, fragte ich und ließ mich auf das große Sofa fallen.

„Cola, Fanta, Sprite, Eistee ...“

„Dann den Eistee!“

„Ok kommt sofort!“ Schon war Jeremy wieder verschwunden.

Kurze Zeit später tauchte er mit zwei Gläsern und einer Packung Kekse auf. Jeremy ließ sich neben mir nieder, reichte mir mein Glas und stellte die Prinzenrolle auf den Tisch.

„Wie geht‘s dir jetzt?“, fragte er mich mit besorgtem Blick auf meine Nase.

„Geht schon besser, danke!“, machte ich ihm Mut. „Wie hast du mich eigentlich gefunden?“

Jeremy

Toll gemacht!“, schnauzte ich Simon an.

Was denn?“, fragte er lachend. „Geschieht dem Homo doch recht!“

Mit zwei großen Schritten stand ich vor Simon. Bevor er irgendwas machen konnte, hatte ich ihn mir bereits gepackt und gegen die Wand gedrückt. „LASS IHN IN RUHE!!!“, zischte ich.

Ach, bist du sein schwuler Lover?“, fragte er kühl.

So sehr ich mich auch bemühte, ruhig zu bleiben. Bei dieser Frage sah ich kurzzeitig rot. Schnell zog ich Simon von der Wand weg und schleuderte ihm auf den Boden. „Pass auf was du sagst!“, schrie ich und schnaubte. „Weder Marvin noch ich sind schwul!!!“ Erst jetzt merkte ich, dass sich meine Hände zu Fäusten geballt hatten.

Scheinbar hatte ich es geschafft, Simon jeden Wind aus den Segeln zu nehmen. Langsam und mit ängstlichem Gesichtsausdruck stand er wieder auf, suchte seine Sachen zusammen und verschwand ohne ein weiteres Wort aus der Umkleide. Währenddessen ließ ich ihn nicht ein Mal aus den Augen. Innerlich brodelte ich total. Am liebsten hätte ich diesen Arsch grün und blau geprügelt ...

Immer noch sauer zog ich mich fertig an und verschwand dann Richtung Bahn. Ich nahm mir fest vor, Marvin nachher anzurufen. Sein Blick vorhin hatte mir einen heftigen Stich ins Herz versetzt. Würde ich damit zurechtkommen, wenn er wirklich schwul wäre? Bei dem, was alles passiert war in den letzten Jahren ... So in Gedanken versunken lief ich aus dem Schulgebäude und über das Gelände Richtung Waldweg. Mein Blick fiel auf drei Personen. Der eine schien irgendwas zu sagen, aber um es zu verstehen, war ich zu weit weg. Dann kippte einer der drei plötzlich nach hinten um. Während die anderen beiden schnell in den Wald liefen, spurtete ich zu der anderen Person. Erst aus der Nähe erkannte ich, dass es Marvin war. Entsetzt kniete ich mich neben ihn und schüttelte an seiner Schulter.

Marv? Maaaarv?!“

Keine Regung. Schnell holte ich mein Handy aus der Tasche und rief die 112. Der Sachverhalt war schnell geklärt und man sicherte mir zu, dass der Krankenwagen in ein paar Minuten bei uns sein würde.

Ich rannte zurück zur Straße und wartete. Nach einigen endlosen Momenten sah ich den Krankenwagen um die Ecke biegen und staunte nicht schlecht, als meine Mutter hinten raushüpfte.

Jeremy? Geht‘s dir ...?“

Ja ja mir geht es gut! Schnell komm!“

Mit einem Kollegen und einer Trage folgte sie mir zu Marvin.

Weißt du, was genau passiert ist?“

Nein, aber ich habe einen Verdacht ...“

Mum sah mich eindringlich ein. „Und der wäre?“

Ich schilderte ihr die Sache bei Sport und, was ich beobachtet hatte. Sie sah mich geschockt an. Unterdessen hatten Sie Marvin auf die Trage gehievt und zurück zum Krankenwagen gebracht.

Was ist mit ihm?“, fragte ich besorgt.

Ich denke nichts Schlimmes. Vielleicht eine gebrochene Nase und leichte Gehirnerschütterung. Wir werden es sehen. Hüpf rein!“ Sie zeigte auf die offene Tür ...

Marvin

„Naja und dann bist du ja wieder aufgewacht ...“ Womit Jeremy seine Erzählung abschloss.

Spontan fiel ich Jeremy um den Hals. „Danke, danke, danke!“

„Hey ist doch gut ...“, lachte Jeremy und drückte mich sanft weg. „Bin froh, dass es dir wieder gut geht! Und morgen gehst du am besten Mal zum Rektor.“

„Kommst, kommst du mit? Dann habe ich zumindest noch ‘nen Zeugen ...“, stammelte ich.

„Klar! Aber darf ich dich mal was fragen?“

Bereits wissend, was er fragen wollte, nickte ich.

„Bist du denn schwul?“ Jeremy wurde leicht rot, als er die Frage aussprach.

„Wäre es denn schlimm wenn?“, drehte ich den Spieß um.

Jeremy sah mir fest in die Augen. Ich spürte, wie es in seinem Kopf ratterte. Auf keinen Fall wollte ich ihn als Freund verlieren. Aber sollte ich deswegen meine Sexualität verbergen? Irgendwann würde er es doch sowieso merken ... Mit einem lauten Räuspern riss Jeremy mich aus meinen Gedanken ...

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