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Leanders Erbe
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Informationen
- Story: Leanders Erbe
- Autor: Teufelsfisch
- Die Story gehört zu folgenden Genre: Drama, Historisch
Vorwort:
An dieser Stelle erst mal vielen Dank für eure lieben und konstruktiven Feedbacks zu „Racheengel“. Der Tenor war ja meist: „Wie? Das war’s? Das darf so nicht enden!“
Also: Hier geht die Geschichte um Lauri und Finn weiter.
(Daher ist es ratsam zuerst „Racheengel“ zu lesen, falls ihr das nicht schon getan habt!)
Anders als bei meiner ersten Story wird „Leanders Erbe“ diesmal nicht am Stück veröffentlicht, sondern immer Stück für Stück, was aber nur daran liegt, dass ich bis jetzt noch nicht so viel Zeit hatte, alles in einem „runter zu schreiben“. Wie beim letzten Mal freue ich mich aber auch diesmal wieder über Rückmeldungen von euch und werde mir Mühe geben, euch nicht allzu lange warten zu lassen bis es weiter geht!
So und jetzt viel Spaß mit „Leanders Erbe“!
Lauri
Das leise Knistern des Kaminfeuers machte ihn schläfrig. Immer wieder fielen ihm die Augen zu und immer wieder schreckte er schuldbewusst auf, wenn sein Kopf schwer auf seine Brust sank.
Lauri wollte nicht schlafen. Er konnte nicht.
Fahrig fuhr er sich mit der Hand durchs Gesicht und stand abermals vom schmalen Holztisch auf, an dem er gesessen hatte, um die wenigen Schritte zum Lager in der Ecke hinter sich zu bringen.
Leise hockte er sich vor die reglose Gestalt.
Der Anblick schmerzte ihn immer noch so sehr.
Finns blondes Haar lag wirr um das blasse Gesicht. Die Arme hingen leblos neben dem nackten Oberkörper. Lauri hatte das Blut sanft abgewischt, so dass nur noch Finns helle Haut im Schein des Feuers schimmerte.
Lauris Augen füllten sich bei Finns Anblick ein weiteres Mal mit Tränen. Warum nur musste das passieren? Und es war seine Schuld. Er allein … wenn er doch nur früher auf Finn gehört hätte …
Vielleicht wäre dann alles ganz anders gekommen.
Nur das kaum merkliche, aber regelmäßige Heben und Senken des Brustkorbes half Lauri sich einigermaßen zu beruhigen.
Ja, Finn lebte noch, aber er war verdammt schwach und seit drei Tagen und Nächten schlief er.
Mit einem wehmütigen Lächeln auf den Lippen flüsterte Lauri: „Du bist stärker als ich dachte“, und strich Finn sanft über die Wange.
Doch die Angst blieb und Lauri wollte wach sein, falls Finn irgendwann wieder die Augen öffnete.
Vorsichtig kuschelte er sich an seinen schlafenden Freund und vergrub sein Gesicht in Finns Halsbeuge, als er beide Arme um den schmalen Körper schlang.
„Gib nicht auf!“, flüsterte er und tastete mit der rechten Hand nach Finns sich beruhigendem Herzschlag.
Finn
Nur langsam kehrten seine Sinne zurück.
Zuerst konnte er fühlen. Etwas Schweres lag auf ihm. Die Wärme war angenehm, aber da war auch noch dieser tiefsitzende, dumpfe Schmerz, der ihn auch schon durch den traumlosen Schlaf begleitet hatte. Bewegen konnte er sich nicht und auch die Konzentration verließ ihn immer wieder, so dass er stets zurück in den Schlaf driftete.
Dann kehrten bekannte Gerüche zurück, gefolgt von Geräuschen, die er auch langsam wieder zuordnen konnte. Leise knisterndes Feuer, entfernter Wind, der am Dach rüttelte, ein gleichmäßiger Atem …
Mühsam versuchte er die Augen zu öffnen, doch meist fielen ihm die schweren Augenlider sogleich wieder zu. Nach einigen Versuchen endlich konnte er die Augen lange genug offen halten, um etwas zu erkennen. Holzbalken an der Decke … Ein Feuer schien seine tanzenden Schatten darauf zu werfen.
Müde schloss Finn die Augen.
„Wo bin ich?“, fuhr es ihm durch den Kopf. Aber sein Erinnerungsvermögen war noch nicht zu ihm zurückgekehrt ...
Er unternahm einen weiteren Versuch und öffnete erneut die grünen Augen. Mit größter Kraftanstrengung schaffte er es, seinen Kopf leicht nach rechts zu neigen. Schwarze Locken lagen auf seiner Brust … Lauri!
Dessen warmer Atem streifte gleichmäßig über Finns Hals. Mühsam öffnete er die rissigen Lippen. Sein Hals war trocken und er war sich nicht sicher, ob er ein ganzes Wort zusammen bringen würde.
Dennoch versuchte er es.
„Lauri?!“
Es war mehr ein heiseres Krächzen geworden, doch der dunkle Lockenkopf schoss sofort in die Höhe.
Lauris etwas verschlafenen, blauen Augen blickten ihn einen Moment überrascht an, doch der überraschte Ausdruck machte bald einem glücklichen Leuchten Platz.
„Finn! Du bist wach!“
Lauri war sofort aufgesprungen und brachte einen Becher Wasser, den er Finn vorsichtig an die trockenen Lippen setzte.
Dankbar nahm Finn einige Schlucke, die zumindest teilweise den schalen Geschmack aus seinem Mund vertrieben.
Sanft ließ Lauri sich neben Finn nieder, nachdem er den Becher wieder abgestellt hatte.
„Wie fühlst du dich?“
Mit Lauris Hilfe versuchte Finn sich vorsichtig aufzusetzen, aber sofort schoss ihm ein stechender Schmerz durch den Bauch. Und der Schmerz brachte schlagartig einige Erinnerungsfetzen mit sich.
Genzo so nah vor ihm, dass Finn seinen fauligen Atem riechen konnte. Der leblose Körper seines Vaters am Boden. Ein blutverschmierter Dolch in seiner Hand …
„Finn? Finn! … Alles in Ordnung?“
Lauris Stimme klang nur gedämpft zu ihm durch. Aber langsam ließ das Klingeln in seinen Ohren wieder nach. Sein Atem ging schwer und verwirrt presste er seine Hände auf die schmerzende Stelle.
„Finn?!“
Lauris Stimme klang ernsthaft besorgt und Finn rang sich zu einer kurzen Antwort durch.
„Ja, ich … alles ok!“
Er ließ sich in Lauris stützende Arme sinken und warf einen vorsichtigen Blick auf die verbundene Wunde. Lauri hatte ihn scheinbar gut versorgt. Der Verband sah sauber aus und die Wunde hatte offenbar nicht mehr geblutet, da kein frisches Blut zu sehen war.
Als er wieder aufsah, fing er Lauris besorgten Blick auf. Eine Weile sahen sie sich nur schweigend an, bis Finn leise heraus brachte: „Was ist passiert?“
Lauri
Lauri sah seinem Freund besorgt in die fragenden Augen. Finn war zwar wach, aber er war noch geschwächt und er schien sich nicht an alles zu erinnern, was vor wenigen Tagen passiert war. Sollte er ihm wirklich die ganze Wahrheit erzählen? Würde Finn das verkraften? Es hatte ihn schon vor seinem tiefen Schlaf ziemlich mitgenommen, zu wissen, dass er seinen eigenen Vater getötet hatte.
„Mh … erinnerst du dich? Wir waren hinter der Hütte. Dein Vater wollte dich zwingen, diesen jungen Mann zu töten, aber du hast dich geweigert. Ich … wir haben uns geküsst, als Colin plötzlich um die Ecke kam.“
Lauri beobachtete Finns Gesichtsausdruck ganz genau. Sein Atem ging schwer und er war noch immer ziemlich blass. Aber sein aufmerksamer Blick verriet Lauri, dass er weitersprechen sollte.
Er räusperte sich.
„Dein Vater erfuhr davon und … wollte, dass du …“
Der Gedanke an den Vorfall ließ auch Lauri einen eiskalten Schauer über den Rücken laufen.
„Er wollte, dass ich dich töte!“, unterbrach ihn Finn mit aufeinandergepressten Lippen. War er wütend? Verbittert? Lauri konnte den Ausdruck nicht deuten. Er nickte nur und wusste nicht, wie er weiter erzählen sollte.
„Aber stattdessen habe ich ihn getötet …“, sprach Finn weiter, da Lauri noch immer unschlüssig schwieg, und wieder nickte der dunkelhaarige junge Mann nur stumm. Er spürte wie sich Finns schmaler Körper in seiner Umarmung anspannte und vor Anstrengung zitterte.
„Du solltest dich noch etwas ausruhen!“, flüsterte Lauri sanft und drückte Finn vorsichtig an sich.
Finn sank erschöpft auf das Lager zurück.
„Was ist dann passiert?“, fragte er.
Lauri strich ihm zärtlich eine blonde Strähne aus dem Gesicht.
„Genzo hat dich verletzt. Ich dachte ich verliere dich … Als du bewusstlos geworden bist … Ich dachte, du wärst tot.“ Er schluckte. „Ich glaube, das war der schlimmste Tag in meinem Leben.“
Finns schwaches Lächeln ließ sein Herz schneller schlagen.
„So schnell wirst du mich nicht wieder los!“
„Das will ich auch hoffen!“ Lauri beugte sich zu seinem Freund herunter und gab ihm einen sanften Kuss.
Als Lauri sich wieder aufsetzte, wanderte Finns Blick durch die kleine Stube.
„Wo sind wir?“
Lauri folgte Finns Blick.
„Mh … mir ist nichts Besseres eingefallen auf die Schnelle … Hier habe ich mit meinem Vater gelebt … damals …“ Wie in Gedanken strich Lauri über den hölzernen Hocker neben dem Lager. Sein Vater hatte den Standort der Hütte immer vor der Bande geheim gehalten, zum Schutz seines Sohnes. Offensichtlich ein guter Entschluss.
„Es war noch alles so wie damals. Genzo und Luca haben die Hütte wohl nie entdeckt.“ Ein verträumtes, wenn auch trauriges Lächeln stahl sich auf seine Lippen. Es war seltsam gewesen, die kleine Stube nach all diesen Jahren wieder zu betreten. All die Erinnerungen an die glücklichen Tage seiner Kindheit hatten ihn fast überwältigt. Nur eine dicke Staubschicht und einige Spinnweben zeugten von den Jahren, in denen die Hütte leer stand.
Lauri fing Finns fragenden Blick auf und schüttelte leicht den Kopf, um wieder zurück in die Gegenwart zu finden. „Aber wir werden nicht lange hier bleiben. Sobald es dir besser geht, gehen wir weg.“
Finn nickte schwach und Lauri konnte erkennen, wie müde sein Freund noch war. Die Augenlider wurden ihm schwer und Lauri strich Finn sanft durch das wirre Haar.
„Schlaf noch etwas, damit du wieder zu Kräften kommst.“ Und grinsend fügte er hinzu: „So kann ich mit dir doch nichts anfangen!“ Beruhigt sah er zu, wie Finn die Augen geschlossen hatte und ein leichtes Lächeln seine Lippen umspielte.
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