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Sparkle in my Heart

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Liebe, wer wird sie jemals verstehen - ich jedenfalls nicht.

Ich liege wach neben meinem schlafenden Mann und kann nicht einschlafen. Warum? Nunja, mir geht ein anderer Junge nicht mehr aus dem Kopf. Nein, ich habe meinen Mann nicht betrogen oder so, es ist ganz anders.

Es ist jetzt fünfzehn Jahre her, das es passierte. Damals war ich, der sechzehnjährige Bengel vom Lande, viel mit drei Jungs aus einem Nachbardorf unterwegs, wir haben jede Menge unternommen und um ehrlich zu sein haben wir auch viel Unsinn angestellt.

Unser Anführer war Jens. Er sah deutlich älter aus als er war und das nutze er schamlos aus. Mit dreizehn rauchte er schon und mit fünfzehn kaufte er uns regelmäßig Wodka, dem wir heimlich frönten. Jens Eltern waren beide oft unterwegs, da sie als Pharmareferenten tätig waren, und so fiel es ihnen nicht auf, das ihr Sohn schon rauchte und oftmals betrunken war. Wenn ich heute so darüber nachdenke, wie oft wir unseren Rausch bei ihm in der Bude ausgeschlafen haben, dann muss ich unweigerlich schmunzeln. Damals fanden wir das natürlich ziemlich cool, heute muss ich allerdings sagen, dass man die Eltern eigentlich schlagen müsste, dass sie so blind waren und den Jungen so vernachlässigt haben. Vor einem Jahr oder so hab ich von Peter gehört, Jens hätte inzwischen zum dritten Mal seinen Job wegen seiner Alkoholsucht verloren. Ein wirklich trauriges Schicksal finde ich.

Peter, der Einzige mit dem ich heute noch regelmäßig Kontakt habe, nun, was heißt regelmäßig ... wir sehen uns ein, zweimal im Jahr, was aber bei der Entfernung München-Köln nicht weiter verwunderlich ist, arbeitet heute als biederer kaufmännischer Angestellter bei einer großen Bank. Damals hätte das niemand von ihm erwartet, schließlich war er unser Gruppenkasper. Ständig fröhlich, ständig aktiv und vor allem ständig am reden nein, eigentlich quasselte er nur - er war wie ein Wasserfall, nur schlimmer. Er hat diesen Mai seine langjährige Freundin Karin geheiratet. Natürlich bin ich zur Hochzeit nach unten gefahren und ich hab es nicht bereut, die beiden sind wirklich ein schönes Paar.

Nun, und dann war da noch Filip. Filip war wie ich, eher einer der stillen Sorte aber immer dabei. Ich kann mich noch gut an ihn erinnern, kein Wunder, ich war bis über beide Ohren in ihn verliebt, an seine platinblonden kurzen Haare, seine blauen Augen, seine Grübchen und dieses unbeschreiblich schöne Lächeln. Und das Schönste war, wenn er lachte, es war wie Silberglockenklang in meinen Ohren, seine Augen blitzten dann immer fröhlich auf und um sie herum bildeten sich kleine Lachfältchen.

Ich habe damals fast ein Jahr gebraucht mich dazu zu überwinden, ihm zu sagen, dass ich ihn liebe und ich habe es am letzt möglichen Termin gemacht. Filips Vater arbeitete für das Auswärtige Amt und wurde in die USA versetzt, die ganze Familie sollte mit.

Es war an einem Herbstabend, in meiner Erinnerung wehte eine leichte Brise und goldene Blätter wurden von ihm hinweggetragen (jaja, Pathos pur, ich glaube auch, dass meine Erinnerung verfälscht ist), wir saßen auf einer Bank am Waldrand, die anderen waren noch nicht da und wir unterhielten uns über Musik, ich glaube über die Stones, als ich den folgeschweren Satz: »Du ich muss dir was sagen« über die Lippen brachte.

Er schaute mich mit seinen blauen Augen fragend an und ich wäre am liebsten weggelaufen aber ich riss mich zusammen und erzählte ihm, dass ich homosexuell wäre und ihn lieben würde.

Er schaute mich weiter still an.

Wir saßen da, schauten uns in die Augen und sagten nichts.

Nach einer Weile holte Filip tief Luft.

»Ich mag dich«, sagte er und ich kann mich noch genau erinnern, »aber lieben kann ich dich nicht«, es war für mich, als würde die Welt über meinem Kopf zusammenbrechen.

Ich spürte Tränen in mir aufsteigen und ich konnte einfach nicht mehr, es war als hätte man mir ein Messer direkt in den Magen gerammt ich ergriff die Flucht.

Ich sah Filip nie wieder, aber am nächsten Morgen lag ein Brief bei uns im Briefkasten er war von Filip. Er schrieb, dass es ihm leidtäte, dass er keine Liebe für mich empfinden könnte. Dass er mich aber als Freund immer behalten wollen würde. Ich habe den Brief an dem Tag bestimmt zwei Dutzend Mal gelesen und ihn nass geweint aber das änderte nichts an der Tatsache, dass ich ihn niemals wieder sehen würde.

Ich hab mich danach zwei Monate kaum vor die Tür getraut, aus Angst man könne mir etwas ansehen. Aber irgendwann muss das Leben schließlich weitergehen und so begann ich wieder mit meinen Freunden rauszugehen und Spaß zu haben. Aber in meinem Inneren, ganz tief drin, da vermisse ich ihn immer noch. Ich begehre ihn nicht mehr wie damals aber ich liebe ihn, möchte ihn einfach nur halten und nie wieder loslassen.

Leider wird mir das niemals vergönnt sein, aber dafür hab ich ja meinen Mann, der sich gerade zu mir umgedreht hat und mich mit einem müden und zugleich fragenden Blick anschaut.

»Was ist«, fragen seine Augen.

Ich lächele.

»Ich liebe dich«, sagen meine. Und tief in meinem Herz ist ein kleiner Funken, der noch jemand anderes liebt.

Ich küsse ihn - und denke an jemand anderen.


ENDE

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