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A new Star is born

Teil 1

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Die Erkenntnis

Ich stand auf der Bühne in dem ausverkaufen Stadion inmitten von LA. Es war das letzte Konzert meiner US-Tour, dann erst mal 2 Wochen Pause und dann ging es nach Europa und ich sang gerade den letzten Song in diesem Konzert. Es war der Song, mit dem ich bekannt und berühmt wurde und ich ging gerade auf dem lang ausgelegten Ausläufer der Bühne in Richtung Mitte des Stadions und da sah ich „Ihn“. Etwa so alt wie ich, also 16 Jahre alt, kurze, schwarze, verstrubbelte Haare, etwa so groß wie ich und einfach nur „Süß". Die Erkenntnis traf mich wie ein Schlag ins Gesicht, meine Ängste, Befürchtungen und was auch immer ich in den letzten Monaten verdrängt hatte, wurden mit einem Mal Gewissheit – ICH BIN SCHWUL!!! …

Sorry, wo ist denn meine gute Erziehung geblieben, ich sollte mich wohl doch erst mal vorstellen. -g-

Also mein Name ist David, bin vor kurzem 16 Jahre alt geworden, 174 groß oder klein (je nach Geschmack, naja vielleicht wachse ich ja noch ein bisschen, obwohl so richtig glaube ich das nicht, weder mein Vater noch meine Mutter sind besonders groß), kurze blonde Haare, blaugraue Augen, nicht dünn, aber auch nicht dick. Am Tag meiner Geburt hatte mir mein Großvater Wilhelm, der mittlerweile leider verstorben ist, 51% der Aktienanteile von unserem Konzern überschrieben, die restlichen 49% der Anteile sind auf meinen Vater Robert, meine Mutter Lilly und meinen Onkel Johannes (Onkel Jo) aufgeteilt. Ich war also seit dem Tage meiner Geburt einer der reichsten Menschen der Welt, denn zu unserem Konzern gehören Ölquellen - Hotelketten – Schiffswerften - Fluglinien, Chemische Industrie und was weiß ich nicht noch alles. Ich war salopp gesagt einfach: STINKREICH. Ich erzähle das jetzt nicht um damit anzugeben, aber es könnte im Verlauf der Geschichte dahingehend wichtig sein zu wissen, warum mir halt dann doch das ein oder andere möglich ist, was anderen nicht so leichtfallen dürfte.

Mein Großvater und seine Frau Molly hatten 2 Söhne, meinen Vater Robert und meinen Onkel Johannes, den ich aber immer nur Onkel Jo nenne, sie sind beide 34 Jahre alt, mein Onkel ist 3 Minuten älter als mein Vater und ja, sie sind eineiige Zwillinge, meine Großmutter hatte ich leider nie kennengelernt, sie starb bei der Geburt der Zwillinge, mein Großvater war am Boden zerstört und stürzte sich in die Arbeit. Und als er auf dem Grundstück, welches er in Texas besaß, Öl gefunden hatte, baute er dann durch die Gewinne daraus langsam aber sicher, sowie durch geschickte Investitionen an der Börse, im Laufe von drei Jahrzehnten seinen Konzern auf, die ganzen Firmen und Beteiligungen wurden dann in einer Holding mit dem wohlklingenden Namen: „THE HOLDING“ zusammenfasst.

Mein Vater heiratete dann als er 18 Jahre alt war meine Mutter Lilly, die er auf einem Wohltätigkeitsball der Stiftung „THE ARK“ kennengelernt hatte. Es kam wie es kommen musste, sie verliebten sich ineinander und wie das nun Mal so bei hormongesteuerten und unvorsichtigen Teenagern sein kann, kündigte kurz darauf ich mein Kommen an. Von Verhütung hatten sie anscheinend noch nichts gehört, aber naja, ich will mich mal lieber nicht beschweren. -g-

Meine Mutter, die ebenfalls 34 Jahre alt oder jung ist, stammt ursprünglich aus Deutschland, ihre Eltern starben bei einem tragischen Autounfall als sie 14 Jahre alt war, sie wurde dann von ihrer Tante Doro aufgenommen, die mit ihrem Mann Jeff, einem ehemaligem GI, der in Deutschland stationiert war, aufgenommen. Tante Doro zog dann mit Jeff, nachdem seine Dienstzeit bei der Armee zu Ende war, nach Los Angeles. Dies bedeutete dann natürlich auch, dass meine Mutter mit 14 Jahren ihre alte Heimat in Hamburg verlassen musste und ebenfalls nach Los Angeles zog. Ihr Kontakt zu alten Freunden in Hamburg ist aber bis heute nicht abgebrochen, sie haben immer noch oft Kontakt, auch wenn sie sich natürlich nicht oft treffen können. Meinen Vater lernte sie dann auf der bereits erwähnten Gala kennen, wo sie im Serviceteam des Hotels jobbte, um nebenbei etwas hinzuzuverdienen, um ihr Studium zur Dolmetscherin zu finanzieren.

Meine Eltern leiten seitdem zusammen die bereits erwähnte Stiftung „THE ARK“, die mein Großvater gegründet hatte. Er sagte immer, uns ist so viel gegeben worden, wir können zwar nicht allen helfen, aber das, was uns Möglich ist, werden wir tun, und sagen wir mal so, es ist nicht gerade wenig. Er stattete die Stiftung dann mit einem Stiftungsvermögen von sage und schreibe einer Mrd. Dollar aus, ebenso verfügte er das jedes Jahr 5% des Gewinns der Holding an „THE ARK“ ging.

Mein Onkel Jo ist nicht verheiratet, er hat aber immer mal wieder eine andere Freundin, will sich aber wohl noch nicht festlegen, seit dem Tod von meinem Großvater leitet er als CEO „THE HOLDING“. Ich mag ihn genauso gern wie meine Eltern, für mich ist er so was wie ein zweiter Vater.

Dann gibt es noch Bob, er ist mein Bodyguard und es gibt ihn seit ich denken kann. Er ist 33 Jahre alt, war bei der Armee ein Seal, trat dann aber aus der Armee aus, mein Großvater stellte ihn dann als Bodyguard für mich ein, er ist für mich wie ein großer Bruder. Warum er damals aus der Armee ausgetreten ist, obwohl der dort bestimmt eine große Karriere vor sich hatte, konnte ich bis jetzt leider nicht herausfinden. Über dieses Thema hüllt er sich in Schweigen, mir fiel nur immer auf, dass, wenn das Thema mal aufkam, er anschließend immer sehr nachdenklich und traurig wirkte.

Kurz nach meinem 14 Geburtstag starb mein Großvater und ich fiel in ein tiefes Loch, da ich sehr an ihm gehangen habe, außerdem kamen immer wieder so komische Gefühle in mir hoch, wenn ich im Fernsehen einen süßen Jungen sah, bei Mädchen war das nie so der Fall. Ich bin bestimmt nicht die hellste Kerze auf der Torte, aber mir war schon klar, worauf das hinauslief, ich war wohl schwul, auch wenn ich das nicht sein wollte und ich mich mit aller Macht dagegen werte. Ich versuchte das Ganze ganz einfach zu verdrängen und dann starb auch noch mein Großvater und ich viel wie bereits gesagt in ein tiefes Loch oder noch genauer gesagt, in eine schwere Depression.

Mein Umfeld merkte, dass mit mir was nicht stimmte und so schleppten mich meine Eltern zu einem Psychologen nach dem anderen, aber ich kam irgendwie mit denen allen nicht klar, ich verschloss mich immer mehr. Eigentlich weiß ich ja, dass die mir nur helfen wollten, aber ich konnte mich einfach nicht überwinden, mit ihnen zu reden.

So etwa sechs Monate später, ich war jetzt so etwa 14 ½, waren wir wieder mal auf einer Spendengala von „THE ARK“, wo dieses Mal auch eine derzeit angesagte Boyband (welche auch zufälligerweise meine Lieblingsband war, ich kannte jeden ihrer Songs auswendig) auftreten sollte, ich war schon früher im Ballsaal und die Jungs begannen gerade mit dem Soundcheck. Ich schaute mir das nun ganz genau aus der Nähe an, Musik hatte mich schon immer interessiert und wenn man meinem Gesanglehrer glauben konnte, hatte ich wohl auch eine gute Stimme. Ich merkte, dass einer der Jungs, es war Dylan der Leadsänger aus der Band, mich immer mal wieder anschaute und er merkte wohl, dass es mir aus welchem Grund auch immer nicht gutging. In einer Pause des Soundchecks kam er zu mir und fragte mich, ob ich nicht mal mitmachen wolle, mein Gesichtsausdruck muss wohl zum Schreien komisch gewesen sein, denn er lachte nur und zog mich mit auf die Bühne. Dort begann nun erst mal eine Runde, in dem sich jeder vorstellte, gut, das hätte ich jetzt nicht gebraucht, ich wusste ja, wer sie sind, aber mich kannten sie ja noch nicht. Als ich sagte, dass sie meine Lieblingsband wären und ich jeden ihrer Songs auswendig könne, sagte Dylan so „Na dann zeig mal was du kannst“ und schon fingen sie an zu spielen, ich erkannte den Song sofort und fing dann an zu singen. Die Jungs wurden ganz ruhig und schauten mich nur entgeistert an, denn ich interpretierte das Lied, welches nur so nebenbei erwähnt ein Liebeslied war, ganz anders als sie. Als der letzte Akkord des Songs verklungen war, sagte Dylan nur „Jungs packt zusammen, der Junge da stiehlt uns die Show“ – wir fingen alle an zu lachen.

Dylan und die Jungs hatten es aber geschafft, ich fühlte mich tatsächlich besser. Wir alberten noch etwas rum, die Jungs machten dann ihren Soundcheck fertig und so langsam begann dann auch die Gala und die ersten Gäste trudelten dann auch so langsam ein, meine Eltern und Onkel Jo waren mittlerweile auch da.

Die Gala war ein voller Erfolg, es wurden mehrere Millionen Dollar an Spenden für wohltätige Zwecke eingenommen. Die Band spielte dann zum Schluss eben diesen Song, welchen ich vorher auch gesungen hatte, als sie damit fertig waren und der Applaus verebbte, trat Dylan nochmal ans Mikro und sagte, dass es nun noch eine kleine Zugabe gäbe und zwar, dass der soeben gehörte Song in einer neu interpretierten Version von einem noch unbekannten Künstler, von dem aber noch einiges zu erwarten wäre, jetzt nochmal vorgetragen würde und sagte dann plötzlich: „David - kommst du bitte zu uns!“

Ich hatte gerade mein Glas Cola light genommen und wollte einen Schluck trinken, als er dies sagte, gut dass dieses schon fast leer war, denn es fiel mir vor Schreck fast aus der Hand. Ich ging auf die Bühne, wie in Trance ich glaube jetzt so im Nachhinein, ich wusste gar nicht genau, was da gerade abging. Vorhin waren wir ja fast alleine in dem riesigen Saal, nur Personal, welches die Tische eindeckte, aber jetzt, über 1000 Leute waren da. Als ich auf der Bühne ankam, wurde ich erst mal von den Jungs umarmt, dann drückte mir Dylan ein Mikro in die Hand und schob mich nach vorne und schon setzte die Musik ein. Ich sang den Song, wie ich ihn bereits vor ein paar Stunden schon einmal gesungen hatte. Als der Song zu Ende war, war es Totenstill in dem Saal, doch dann setzte tosender Applaus ein. Dylan kam zu mir und legte seinen Arm um mich, wir verbeugten uns und warteten bis der Applaus langsam abnahm, was gefühlt eine Ewigkeit dauerte. Dylan sagte dann ins Mikro: „David, ich wüsste nur zu gerne, an wen du da gedacht hast, als du eben gesungen hast, aber egal ob Mädchen oder Junge, man wünschte nur, es wäre für einen selber.“ Ich lief wohl knallrot an und Dylan nahm mich in den Arm und drückte mich und brachte mich dann zu meinen Eltern und Onkel Jo an den Tisch, da er wohl merkte, dass meine Knie jetzt doch ein bisschen weich wurden. Meine Mutter hatte Tränen in den Augen und auch bei meinem Vater und Onkel Jo glitzerte es verdächtig in den Augen.

Jetzt nur kurz zusammengefasst, was einem Zeitsprung von ca. 1 ½ Jahren beinhaltet.

>> Es kam also wie es kommen musste, meine Mutter meinte wohl, dass die Musik es vielleicht schafften könnte, ihren kleinen Jungen aus dem Loch zu holen. Und da meine Familie, wie sollte es auch anders sein, auch Kontakte zur Musikbranche hatte, und ich die Erlaubnis bekam, eben dieses Lied zu covern, nahm ich es kurzerhand in einem Studio auf. Das Lied schoss nach der Veröffentlichung auf Platz 1 der Charts, es folgten Fernsehauftritte und so weiter und so weiter, nebenbei wurde auch ein komplettes Album von mir veröffentlicht, auch dieses war lange in den Charts. Kurz nachdem ich dann 16 Jahre alt wurde, ging es auf große US-Tournee, dann 2 Wochen Pause und dann nach Europa. Für später waren evtl. auch eine paar Auftritte in Asien geplant, das war aber noch nicht so richtig sicher. <<

Ich stand auf der Bühne in dem ausverkaufen Stadion inmitten von LA, es war das letzte Konzert meiner US-Tour, dann erst mal 2 Wochen Pause und dann ging es nach Europa und ich sang gerade den letzten Song in diesem Konzert. Es war der Song, mit dem ich bekannt und berühmt wurde und ich ging gerade auf dem lang ausgelegten Ausläufer der Bühne in Richtung Mitte des Stadions und da sah ich „Ihn“ etwa so alt wie ich, also 16 Jahre alt, kurze, schwarze, verstrubbelte Haare, etwa so groß wie ich und einfach nur „Süß", die Erkenntnis traf mich wie ein Schlag ins Gesicht, meine Ängste, Befürchtungen und was auch immer ich in den letzten Monaten verdrängt hatte, wurden mit einem Mal Gewissheit – ICH BIN SCHWUL!!! …

… Ich dachte nur „Ich muss hier raus, runter von der Bühne“, irgendwie schaffte ich es in den Backstagebereich zu kommen, von draußen hörte ich nur „ZUGABE, ZUGABE, ZUGABE …“ die würde es auch geben, aber erst in so 15-20 Minuten. Ob ihr es glaubt oder nicht, zwei Stunden auf der Bühne rumhüpfen und singen strengt ganz schön an und geht auf die Kondition und da ich fast 90% des Konzerts live singe und nur 10% Playback sind, ist das dann doch sehr anstrengend. Ich habe mich zwar am Anfang geweigert, Playback einzuspielen, habe aber leider schnell feststellen müssen, dass es an einigen Stellen aufgrund der Choreographie nicht anders ging. Einige Tanzeinlagen waren so wild, dass man dabei nicht auch noch klar oder zumindest halbwegs verständlich singen konnte.

Jetzt aber erst mal 15-20 Minuten Pause, nur Bob mein Bodyguard und Dylan, der ein guter Freund von mir wurde, obwohl er bereits 19 Jahre ist und ich in seinen Augen mit meinen gerade mal 16 doch ein junger Hüpfer sein musste, schienen gemerkt zu haben, dass in den letzten Sekunden auf der Bühne irgendwas passiert sein musste. Sie fragten in diesem Moment aber auch nicht nach, wofür ich ihnen auch sehr dankbar war.

Da war ich also in meiner Garderobe und zog mich um für die Zugabe und überlegte mir so, was mach ich jetzt nur? In den letzten Monaten ist so viel passiert, ich blühte auf und wurde wieder der fröhliche immer gutgelaunte Junge, der ich früher mal war und hatte meine Ängste und Befürchtungen, was das Schwulsein bedeutete, komplett vergessen. Doch jetzt vor ein paar Minuten in den letzten Sekunden des Konzerts wurde es mir schlagartig alles wieder bewusst und ich wusste nun, ich bin schwul und die Erkenntnis reifte in mir, dass ich das für mich jetzt auch akzeptierten kann. Ändern würde man es sowieso nicht können und irgendwie hatte ich auch so das Gefühl, selbst wenn man es ändern könnte, ich das gar nicht wollte.

Die Frage blieb jedoch, wie mach ich das jetzt mit der Zugabe, die bisher immer so ablief, dass es nochmal drei Songs gibt, der letzte ist dann, ich nenn ihn jetzt mal „DER SONG“, also das Liebeslied, mit dem ich bekannt wurde.

Der erste Song wurde ganz normal mit meinen Tänzerinnen und Tänzern auf der großen Bühne performt, beim zweiten Song ging ich dann langsam von der Bühne aus auf den Ausleger, der von Bühne weg in die Mitte des Stadions führte. Und das war dann immer der Moment, wo meine Bodyguards, neben Bob hatte ich auf Konzerten immer mehrere um mich rum, der wohl schlimmste Moment eines jedes Konzertes für sie, nämlich der Moment, wo ich von dem Ausleger über eine kleine Treppe nach unten ging und somit auf Augenhöhe mit dem Publikum war, nur einen Meter durch eine kleine Sicherheitsabsperrung von den Massen getrennt war. Die Bodyguards schwitzen in diesen paar Minuten immer Blut und Wasser, wenn ich dann also da unten war und den zweiten Song der Zugabe sang, suchte ich mir immer ein Mädchen aus, welches ich dann mit auf die Bühne nahm und vorne auf dem Ausleger auf einen kleinen Hocker setzte, der dort dann mittlerweile stand. In dem Ausleger war ganz vorne eine Hebebühne integriert, die dann beim letzten Song, also „DER SONG“, zehn Meter nach oben fuhr, und ich diesen sang und dabei das Mädchen anschmachtete.

Doch was machte ich nun mit der Erkenntnis, dass ich schwul bin und es wohl jetzt auch für mich akzeptiert habe, in meinen Gehirnwendungen setzte sich langsam ein Bild zusammen und ich hatte einen Plan.

Diesen setzte ich dann auch sofort in die Tat um, ich öffnete die Tür meiner Garderobe und sagte zu Bobs, der dort wartete, ich muss dringend mit dem Chef der Lichttechnik sprechen. Bob der mich ja von klein auf kannte, wusste, dass er erst gar nicht auf die Idee kommen müsste jetzt nachzufragen: Jetzt? Warum? usw. Er nahm sein Handy, wählte eine Nummer und gab es mir, ich ging mit dem Handy zurück in meine Garderobe. Als ich den Techniker mit Namen John am Telefon hatte, erklärte ich ihm meinen Plan und meine Wünsche für das letzte Lied und fragte, ob das in der kurzen Zeit möglich wäre. Er sagte, dass es kein Problem wäre, fragte aber nochmal nach, ob ich mir auch wirklich sicher bin und als ich dies dann bejahte, legte ich auf.

Es war also soweit, ich trat vor die Tür, gab Bob sein Handy zurück und sofort setzte sich ein ganzer Pulk von Leuten in Bewegung, um mich zur Bühne zu begleiten. Dort angekommen, kam sofort ein Tontechniker und legte mir mein Headset an, also so einen Knopf im Ohr und ein Mikro direkt vor meinem Mund. Es war so weit, die Lichter im Stadion gingen aus, ich ging auf meine Position auf der Bühne und der erste Song der Zugabe fing an. Ich sang und tanzte mir fast die Seele aus dem Leib, dann war der erste Song zu Ende und ich ging jetzt langsam auf den Ausleger zu und dann begann der Moment, wo meine Bodyguards glaube ich jeweils ein Stoßgebet an den Himmel richteten -g-. Ich stimmte den zweiten Song an und ging dann langsam die kleine Treppe runter, wo mich jetzt nur ein kleiner ca. 1.20 Meter hoher Sicherheitszaun von den über 25.000 Menschen hier im Stadion trennte. Hunderte von Armen wurden mir entgegengestreckt und versuchten mich anzufassen, hauptsächlich von Mädchen, es waren aber hier und da auch ein paar Jungs darunter. Meine Bodyguards schwitzen mal wieder Blut und Wasser und innerlich verfluchten sie mich wahrscheinlich immer in diesem Moment, sie mussten aber auch höllisch aufpassen, dass mich die Fans nicht über den Zaun zogen. Und dann stand ich vor ihm, mein Gott, ist der süß dachte ich, kurze schwarze Haare, wild gegelt, soweit ich das erkennen konnte, grüne Augen und ein sinnlicher Mund, an der rechten Augenbraue eine kleine Narbe, ich zögerte innerlich so etwa eine Millisekunde, reichte ihm dann aber beide Arme, dieses war das Zeichen an Bob, dass dies die Person für „DER SONG“ war, aus den Augenwinkeln sah ich, wie Bob die Augenbrauen hochhob, ich hatte aber nur Augen für meinen Boy vor mir, Bob tat aber seinen Job, griff sich den Jungen und hob ihn über die Absperrung.

Dieser stand nun direkt vor mir und mir wurde plötzlich klar: was mache ich hier nur gerade, das kann doch wohl nicht wahr sein,

ICH BIN DOCH WOHL DER GRÖSSTE ARSCH DER AUF ERDEN WANDELT“

schimpfte ich mich selber und könnte mich selber ohrfeigen, was dachte ich mir nur dabei, diesen armen Jungen hier so vorzuführen. Ja, wenn es nur um mich ginge, wäre es ja egal, mir kann ja nichts passieren, selbst wenn ein paar jetzt denken ich wäre schwul, aufgrund meiner Familie würde es sich keiner trauen, mich direkt anzumachen, auf das ganze Geld was das hier alles einbringt, CDs, Konzerte, Merch usw. kann ich auch verzichten, das geht sowieso zu 100% an „THE ARK“, ich brauche das Geld nicht, ich habe auch so genug davon, dass ich es niemals schaffen würde es auszugeben. Aber dieser arme Junge, was habe ich mir nur dabei gedacht, ich oute Ihn hier vielleicht, auf alle Fälle wird er jetzt für schwul gehalten, ob er es ist oder nicht, hier im Stadion vor über 25.000 Menschen und dass davon mit Sicherheit Clips im Internet landen werden ganz zu schweigen.

ICH BIN SO EIN ARSCH!“

Das Ganze spielte sich im Bruchteil einer Sekunde in meinem Gehirn ab, aber was sollte ich machen jetzt war es zu spät. Der Junge schaute mich mit großen Augen an, ich ergriff seine linke Hand und zog ihn auf die Bühne, ich spürte dabei aber auch keinen Widerstand (also ich hätte mich wahrscheinlich dagegen gewehrt, aber sicher war ich mir auch nicht. Was geht da wohl in einem vor, wenn man da so nichtsahnend auf einem Konzert plötzlich gepackt wird und auf die Bühne gezerrt wird). Als wir jetzt bei dem Hocker ankamen, drückte ich ihn leicht nach unten, um ihm zu zeigen, dass er sich doch bitte setzen sollte. Der zweite Song war nun auch zu Ende, aus den Augenwinkeln sah ich nun einen Tontechniker, der mir immer um diese Zeit ein Handmikro reichte. Ich weiß auch nicht warum, aber den letzten Song wollte ich immer mit einem Handmikro singen. War wohl auch so was unterbewusstes, dass ich dann immer was zum Festhalten hatte, wo ich ja bei dem Song dann immer irgendein Mädchen anschmachtete. Jetzt wollte ich aber beide Hände frei haben, ich schüttelte also leicht den Kopf in Richtung Tontechniker, der zuckte nur mit den Schultern und zog mit dem Handmikro wieder von dannen, sprach irgendwas in sein Funkgerät, wahrscheinlich das sie mein Headset nicht abschalten sollten, dann wurde es dunkel, alle Lichter gingen aus.

Ich dachte mir nur, ich muss das Ganze im Nachhinein irgendwie wieder in Ordnung bringen, hoffentlich schaffe ich das.

Dann ging es auch schon los, von den Außenrändern der Bühne starte das Feuerwerk mit kleinen Explosionen und setzte sich im Dominoeffekt langsam von der Bühne aus dann den Ausleger folgend langsam fortlaufend auf uns zu. In der Zwischenzeit tat die Hebebühne ihren Job und fuhr zehn Meter nach oben.

Oben angekommen, das Feuerwerk hatte genau zu diesem Zeitpunkt auch sein Ziel erreicht, wurde die Hebebühne mit allen Farben des Regenbogens angestrahlt. Das muss ein wahres Farbenspiel gewesen sein, da mein Oberteil mit tausenden Pailletten bestickt war. Normal sind die Spots die einem dann anstrahlen weiß und das sieht ja schon gut aus, aber mit den ganzen Farben muss das einfach Geil aussehen. Auf den riesigen Videoleinwänden stand nun „BEGRÜSST MIT UNS DIE PRIDE WEEK IN LOS ANGELES“ und alles war in Regenbogenfarben getaucht.

Ich fragte ihn nun nach seinem Namen und er antwortete mit Daniel, ich glaubte irgendeinen Akzent in seiner Stimme wahrzunehmen, war mir aber nicht sicher. „OK, Daniel, dieser Song ist jetzt nur für dich“, und die Musik begann. Ich sang meinen Song und legte so viel Gefühl in ihn, wie es mir nur möglich war. Dabei umrundete ich dauernd den Hocker, streichelte mit meinen freien Händen seine Schultern, seine Wangen, kniete mich vor ihn und streichelte mit meinen Händen über seine Brust und ging dann langsam runter, strich über seine Oberschenkel und Knie und sang dabei, als gäbe es kein Morgen mehr. Das Ganze wurde natürlich auch auf die vier jeweils 100 qm großen Monitorwände überlebensgroß übertragen, damit auch wirklich jeder ganz genau sehen konnte, was für eine Show ich da gerade abzog. Der Song neigte sich dem Ende und langsam setzte sich die Plattform wieder in Bewegung, diesmal jedoch nach unten und mit dem letzten Schlussakkord von dem Song war sie auch unten angekommen. Der Applaus, der jetzt losbrach, brach glaube ich alle bisherigen Rekorde. Er nahm und nahm kein Ende, mit etwas Glück, dachte ich so bei mir, geht das ganze vielleicht doch noch gut aus. Ich nahm Daniel jetzt in meine Arme und flüsterte ihm ein „Sorry“ ins Ohr, da kam auch schon Bob den Ausleger entlanggelaufen und nahm Daniel mit hinter die Bühne in den Backstagebereich. Das wurde immer so gemacht, wir haben die Personen, die wir auf die Bühne geholt haben, nicht einfach so wieder ins Publikum gelassen, es war uns einfach zu gefährlich.

Während Bob mit Daniel in den Backstagebereich ging, richtete ich mich nochmal an mein Publikum, ich strahlte immer noch wie ein Regenbogen, da ich immer noch von den Spots angestrahlt wurde. Ich erklärte meinem Publikum, wie ich vorhin in der kurzen Pause die Idee zu diesem letzten Song gehabt hatte. Ich hätte was von der Pride Week gelesen, die bald anfängt und mich spontan entschieden, dies hier und jetzt so zu machen und ich mich wahnsinnig darüber freue, dass dies von diesem „weltbesten Publikum“ auch so gut aufgenommen wurde und dass ich hoffe, Daniel damit nicht überfahren zu haben, da er ja von der ganzen Sache nichts wusste und mit Sicherheit nicht schwul ist. Wieder brannte der Applaus auf und ich ging langsam fröhlich winkend langsam den Ausleger zurück auf die Bühne und dann in den Backstagebereich.

Dort angekommen wurde mir als erstes von einem Roadie ein kühles Handtuch um den Nacken gelegt, mir rollten nämlich schon wieder Schweißperlen über das ganze Gesicht, ihr glaubt gar nicht, wie heiß das auf so einer Bühne werden kann, wenn du von ein paar hunderttausend Watt angestrahlt wirst.

Ich ging langsam in Richtung meiner Garderobe, doch plötzlich stand Dylan vor mir und griff mit seinen Händen jeweils nach meinen Oberarmen und schaute mir tief in die Augen. Ich konnte seinem Blick nicht standhalten und schaute auf den Boden. Dylan griff langsam mit den Daumen und Zeigefinger seiner rechten Hand unter mein Kinn und hob es langsam an und fragte mich dann: „David weißt du noch damals auf der Gala, wo wir uns kennengelernt haben, nach deinem Auftritt sagte ich doch: Ich wüsste nur zu gerne für, wenn du diesen Song gesungen hast“. Ich nickte langsam, ich merkte wie langsam die Tränen in mir aufstiegen. Dann sagte er nur leise: „Jetzt weiß ich es“. Sämtliche Schleusen waren nun geöffnet und ich heulte wie ein Schlosshund, Dylan nahm mich in seine Arme und streichelte mir langsam über den Rücken und sagte nur „Beruhige dich mein Kleiner, alles wird gut“. Dylan ist wirklich mein bester Freund geworden und auch mit seiner Freundin Maja verstehe ich mich super. Wir standen so ein paar Minuten, dann nahm er das Handtuch, das immer noch um meinen Nacken hing, und säuberte damit vorsichtig mein verheultes Gesicht. Dann grinste er mich an und sagte: „So, jetzt bist du wieder vorzeigbar und komm, ich glaube da gibt es einen jungen Mann, dem du vielleicht einiges erklären müsstest.“ Jup, da war ja noch was: Daniel. Wir gingen also los in Richtung meiner Garderobe. Kurz bevor wir diese erreichten, kam eine Furie mit hochrotem Gesicht auf mich zu gerannt in Gestalt meiner Managerin Sarah, die in diesem Moment, wo sie uns erreichte, erst mal Dylan zur Seite stieß und mich dann ebenfalls an den Oberarmen packte. Sie schüttelte mich und fragte, naja eigentlich schrie sie mehr: Was das denn da eben war, dass sie das nicht genehmigt hätte und bevor ich überhaupt ein Wort sagen konnte, war Bob da und trenne sie unsanft von mir, er sah sie nur kurz an und sagte ganz leise und ruhig „Raus“. Sie gab kein Widerwort und verschwand lautlos. Ja, Bob war mein Bodyguard, aber er liebte mich auch wie einen kleinen Bruder und ich ihn wie einen großen Bruder. Sollte einmal einer nur auf die Idee kommen, mir auch nur ein Haar zu krümmen, dann sollte diese Person lieber alle Götter, die sie kennt, anbeten und darum flehen, dass Bob nicht in der Nähe wäre und dies nicht mitbekommen würde. Er sah kurz nach Dylan, der sagte aber, dass alles OK wäre, dann zu mir: „So jetzt komm aber mal mit, du hast Besuch“, und grinste dabei. Wir gingen die letzten Schritte zu meiner Garderobe und er öffnete die Tür, gab mir einen Klaps auf den Po und schob mich in die Garderobe und schloss die Tür hinter mir und baute sich davor auf. Glaubt mir, keine Armee der Welt hätte es jetzt geschafft, durch diese Tür zu kommen.

Da stand ich nun in meiner Garderobe und sah diesen süßen Jungen, der da auf meiner Couch saß, leise sagte ich „Hi“. Er zuckte zusammen, er war wohl in Gedanken und ich hatte ihn erschreckt, wieder sagte ich leise „Sorry“. Dann lächelte er mich an und sagte, ich solle doch aufhören mich dauernd bei ihm zu entschuldigen. „Aber, aber“, sagte ich, „ich habe dich doch total blamiert da draußen, hier im Stadion, vor zig Tausend Leuten vom Internet, wo das ganze jetzt bestimmt schon astronomische Aufrufzahlen hat, ganz zu Schweigen und ich soll aufhören mich zu entschuldigen?“ Ich war wohl in der falschen Garderobe und schaute mich um, nein, das ist meine und überhaupt wäre Bob so ein Fehler nie unterlaufen mich durch die falsche Tür zu schieben und mir dabei auch noch auf den Po zu hauen (der tut jetzt noch weh – nein war ein Scherz tut er nicht -g-) und musste bei dem Gedanken jetzt doch leicht grinsen. Daniel sah das wohl und stand dann von der Couch auf und kam langsam auf mich zu und sagte zu mir: „Weißt du, ich habe mal ein Video bei YT gesehen, es war ein Konzertausschnitt aus New York im Madison Square Garden glaube ich, und dort hast du auch am Ende ein Mädchen auf die Bühne geholt und deinen Song gesungen. Du glaubst gar nicht, wie ich dieses Mädchen beneidet habe und jetzt bin ich hier in deiner Garderobe und saß vor kurzen auf eben diesem Hocker auf der Bühne, genau wie das Mädchen aus dem Video und du hast den Song nur für mich gesungen. OK, ich weiß, das sagst du dann immer, dass es nur für diese Person ist, aber diesmal war ich es halt und ich bin ein Junge. Und als du um mich rumgetanzt bist und mich mit deinen Händen immer berührst und über die Wange gestreichelt hast, das hast du bei dem Mädchen nicht gemacht, da hattest du aber auch ein Mikro in der Hand, bin ich vor lauter Glück fast geschmolzen“. (Notiz an mich: Vorsicht, der Junge merkt aber auch alles). „Aber es ist halt nur ein Traum, du hast ja dann auf der Bühne noch erklärt, wie es dazu gekommen ist und ich glaube nicht, dass du da gelogen hast, ich habe hier die Zeitschrift gesehen und da ist direkt auf der Titelseite ein Bericht über die Pride Week hier in LA.“

Wow, OK, ich verstehe zwar jetzt, dass ich mich nicht zu entschuldigen brauche, ich habe ihn ja wohl einen großen Traum erfüllt, aber trotzdem fühle ich mich schuldig, dass ich ihn so überfahren habe, es hätte ja auch schief gehen können, was mich nur ein wenig wundert, dass Bob mich mit ihm alleine lässt, er ist immerhin ein völlig Unbekannter, aber ich denke mal, Bob hat sich die ganze Zeit mit ihm unterhalten, nachdem er ihn von der Bühne geholt hat und eine gute Menschenkenntnis hat Bob ja auch. Es würde mich auch nicht wundern, wenn hier eine verstecke Kamera wäre und er das ganze vor der Tür auf seinem Handy beobachtet, nein, das würde er nicht tun oder doch, naja, sagen wir mal so, die Hand dafür, dass es nicht so ist, würde ich jedenfalls, wie man so schön sagt, „nicht ins Feuer“ legen. Aber wieso hat er diese Mädchen überhaupt beneidet, jeder Junge, den ich kenne, wäre ausgerastet, wenn ich ihn so vorgeführt hätte und ihm somit ja unterstelle, dass er schwul ist, während ich dabei bin um ihn herum zu tanzen und ein Liebeslied dabei vortrage. Und dann sehe ich etwas, der oberste Knopf seines Hemdes ist wohl aufgegangen und was blitzt mir da entgegen, ein schmales Lederband um seinen Hals. OK, das ist an sich nichts Besonderes, ich habe auch manchmal so ein Lederband um den Hals, aber an diesem Lederband sind kleine bunte Scheiben befestigt. OK, bunte Scheiben, na und, ist doch schön. Ich glaube, das war der Moment, wo mein kleines Gehirn meinte, mit mir in Kontakt treten zu müssen: „Mann, David, was mach ich bloß mit dir. BUNTE SCHEIBEN - ECHT JETZT, erinnert dich das nicht an was, denk doch mal nach, vor ein paar Minuten auf der Bühne hast du selbst so geglitzert wie ein Regenbogen. REGENBOGEN verstehst du R E G E N B O G E N.“ Da fällt es mir wie Schuppen von den Augen, da steht Daniel, offensichtlich ein Junge und trägt eine Kette mit den Regenbogenfarben, was bekanntermaßen ein Zeichen der queeren Community ist. Ich schlussfolgerte daraus mit meinem überaus schlauen Gehirn (welches gerade leise kicherte), dass dieser unglaublich süße Junge da vor mir mit einer Wahrscheinlichkeit von 99.99% (bisschen Schwund ist immer) schwul ist. OK, überprüfen wir nochmal die Fakten, bevor ich jetzt schon wieder etwas Unüberlegtes tue oder sage. Also wir haben hier einen Jungen, der davon träumt, dass er von einem Jungen, in diesem Fall wohl von mir, auf einer Bühne auf einem Hocker sitzend vor zig Tausenden wildfremden Leuten mit einem Liebeslied angeschmachtet wird, dann trägt dieser Junge auch noch eine Kette in den Regenbogenfarben, ergibt nach Adam Riese = 99,99% schwul. Moment mal, wieso schaut er jetzt so traurig und was hat er gerade gesagt: Ich hätte mich beim Publikum entschuldigt und erklärt. OK, das habe ich in gewisser Weise ja auch gemacht, aber doch nur um IHN zu schützen, nicht mich, mir ist es eigentlich völlig egal, was die Leute von mir denken, naja, völlig nun auch nicht, aber größtenteils schon. (Ich möchte jetzt nicht politisch werden, aber die Farbe Braun z.B. gefällt mir überhaupt nicht).

Irgendwie fühle ich mich, als wenn ich heute ständig in einer anderen Welt bin, jetzt steht Daniel vor mir und schaut auf den Boden und ich hebe mit dem Daumen und Zeigefinger meiner rechten Hand langsam sein Kinn nach oben, wie es Dylan vor kurzem bei mir gemacht hat. Als er mir nun wieder ins Gesicht sieht, sagte ich nur: „Nein Daniel, so war das nicht gemeint, ich glaube, ich muss dir das alles mal ganz genau erklären.“ Ist schon komisch, ich stehe hier in meiner Garderobe mit einem Jungen, der mir eigentlich wildfremd sein müsste. Ich habe ihn immerhin vor gerade mal ca. 60 Minuten das aller erste Mal gesehen und lege jetzt schon einen Seelenstrip vor ihm hin, ist das diese Seelenverwandtschaft, von der ich schon mal gehört habe, mir aber nie was darunter vorstellen konnte? Ich nahm Daniel an die Hand und zog in zu der Couch, wo wir uns dann hinsetzten. Ich stand dann aber nochmal auf und holte uns was zu trinken, ich trank nach einem Konzert immer so eine Mischung aus Wasser und etlichen Vitamin- und Mineralzusätzen, da man halt während des Konzerts ganz schön ins Schwitzen kommt und der Vitamin- und Mineralhaushalt des Körpers damit wieder aufgefüllt wird. Mir schmeckte das Zeug nicht, ich sah aber ein, dass es wohl doch eher nützlich ist. Daniel wollte ich das nicht antun und gab ihm eine Coke light. Als wir dann auf der Couch saßen, drehte ich mich leicht zu ihm, sodass ich ihm direkt anschauen konnte.

Ich fing also an: „Daniel, ich habe dich vor ca. 60 Minuten das erste Mal gesehen, das war genau beim letzten Song vor der Zugabe.“ Daraufhin sagte er: Ja, das habe er bemerkt, ich hätte ihm direkt in die Augen gesehen und er dachte, er hätte einen Blitzschlag abbekommen, als ob irgendwas passiert wäre und er meinte auch, dass er bei mir auch irgendwas gesehen hätte, es sich aber nicht erklären konnte. (Nochmal Notiz an mich, alles abwägen, bevor ich was zum ihm sage, er bekommt anscheinend wirklich alles mit). Ich sagte darauf: Ja, du hast recht, mir ist in diesem Moment etwas klargeworden, wovor ich seit langer Zeit Angst hatte und ich es total in den Hintergrund gedrängt hätte und das in den letzten 1 ½ Jahren so viel los war und ich auch gar nicht mehr daran dachte. Ich erzählte, dass, als ich kurz nachdem ich 14 wurde, es anfing mir nicht gut zu gehen und als dann noch mein Großvater starb, ich in ein tiefes Loch gefallen bin. Ja, so wie es die Ärzte sagten, ich schwere Depressionen hatte, dass meine Eltern mich von einem Psychologen zum anderem schleppten, sogar Spezialisten aus dem Ausland wurden extra eingeflogen, doch keiner konnte mir helfen. Ich hatte zwar keine Selbstmordgedanken, aber ich glaube meine Eltern, Onkel Jo und auch Bob hatten die Befürchtung, ich könnte mir was antun. Ich hatte in meinem bisherigen Leben nie viele Freunde, eher lockere Bekanntschaften, aber auch von denen kapselte ich mich immer mehr ab, bis ich halt nur noch zu Hause blieb. In eine öffentliche Schule ging ich nicht, ich hatte immer Privatlehrer, ich war also nur noch zu Hause. Bis zu diesem einem Tag vor ca. 1 ½ Jahren, als ich bei der Gala damals Dylan und die anderen aus der Band kennengelernt hatte. Weiter erzählte ich dann, wie es dazu kam, dass ich das erste Mal „DER SONG“ sang und wie es dann dadurch mit meiner Musikkarriere los ging. Ich blühte langsam wieder auf, war wieder fröhlich und scherzte wieder mit den Angestellten bei uns zu Hause, die Sorgenfalten bei meinen Eltern, Onkel Jo und Bob und auch bei den anderen Angestellten verzogen sich langsam, verschwanden aber nicht gänzlich.

Ich machte eine Pause und trank einen Schluck von meinem Wasser und verzog dabei wie immer mein Gesicht, das Zeug schmeckt aber auch widerlich, Daniel lächelte leicht und fragte dann schüchtern: „Darf ich dich fragen, vor was du Angst hattest und was du verdrängt hast und was hat das mit Heute und mit mir zu tun?“

Eigentlich hätte ich gar nichts mehr sagen müssen, ich wusste, er kennt die Antworten bereits, aber da musste ich jetzt durch. „Erst als du eben plötzlich so traurig warst und du sagtest, dass du das alles für einen Traum hältst habe ich realisiert, was ich da gesagt habe und du es wahrscheinlich in den falschen Hals bekommen hast.

Lass mich versuchen es dir zu erklären:

Durch meine Erkenntnis, die ich durch dich bei dem kurzen Blickkontakt mit dir hatte und mir etwas klar wurde und ich es auch akzeptierte, fiel eine riesen Last von mir ab. Ich war aber auch total durcheinander und wollte nur noch von der Bühne. Hier in meiner Garderobe zog ich mich dann um. Ich saß dann dort auf dem Stuhl und dabei fiel mein Blick auf die Zeitschrift, der Leitartikel handelte von der Pride Week hier in Los Angeles, die nächste Woche beginnt und da kam mir so langsam der Gedanke, das Ende der Show heute abzuändern. Ich setzte dieses Vorhaben auch sofort in die Tat um, indem ich dem Chef der Lichttechnik meine Wünsche für den letzten Song mitteilte, das Ergebnis dieser Veränderung hast du ja dann live miterleben können. Dass ich dich aber durch meine unüberlegte Aktion vor tausenden von Menschen bloßstelle, dich blamieren könnte, dich als schwul hinstelle und was weiß ich nicht noch alles, du aber unter den Folgen meiner unüberlegten Aktionen die Folgen zu tragen hättest, das alles kam mir in diesem Moment überhaupt nicht in den Sinn. Erst als ich dann vor dir stand und dir meine beiden Hände reichte, dies war das Zeichen für Bob, dass du der auserwählte für „DEN SONG“ bist. Er tat seinen Job und hob dich dann über die Absperrung. In diesem Moment erst habe ich realisiert, was das für dich alles bedeuten könnte, aber es war zu spät, ich konnte nicht mehr zurück, ich musste das jetzt durchziehen. Ich konnte nur versuchen, das Ganze irgendwie noch versuchen zu entschärfen, deshalb die Erklärung am Ende nochmal an das Publikum, ich habe damit nur versucht, dich zu beschützen.

Ich rede aber ständig um den heißen Brei rum, ohne auf deine Fragen zu antworten, wobei ich mir ziemlich sicher bin, dass du die Antworten kennst.“

Ganz leise sagte er „schon möglich“ und schaute mich dabei liebevoll an.

„… als ich dich also in diesem Moment von der Bühne aus, sah traf mich die Erkenntnis wie ein Blitzschlag, mir wurde in einer Millisekunde gewahr, dass ich schwul bin und es jetzt auch für mich akzeptieren kann.“ Er lächelte leicht und da ist noch was, irgendwie war ich heute nah am Wasser gebaut, denn ich merkte, dass schon wieder Tränen hochstiegen. „Ich habe mich in dieser Sekunde auch unsterblich in dich verliebt, obwohl ich dich gar nicht kenne.“ Meine Tränen entschlossen sich nun doch, als ich dieses sagte, ihren Weg in die Freiheit zu suchen und Daniel kam vorsichtig mit seinen beiden Händen meinem Gesicht immer näher und wischte sie mit seinen Daumen zärtlich weg. Langsam, ganz langsam kamen sich unsere Gesichter immer näher, zwischen unsere Lippen passte vielleicht mit etwas Glück noch ein Blatt Papier, als es klopfte und Bob plötzlich im Raum stand, schreckten wir zurück.

„David, ich habe gerade mit deinen Eltern telefoniert, ich musste sie darüber informieren, was du heute hier veranstaltet hast und wie sich Sahra aufgeführt hat. Die dreht völlig am Rad, die Telefone stehen nicht mehr still, jeder Fernseh- und Radiosender will ein Interview und jeder Journalist, der auch nur einen Bleistift halten kann, will eine Story über dich, naja eher euch“, und er grinste dabei als er dies sagte. „Des Weiteren verlangt deine Mutter, dass du umgehend auf dem Anwesen erscheinen sollst.“ Ach du Sche.., was hat das den jetzt zu bedeuten, meine Mutter verlangt und auch noch umgehend, normalerweise bittet meine Mutter mich um etwas oder hätte gerne, aber „verlangt“ und dann noch „umgehend“, wobei sie das umgehend wörtlich nimmt, der großen Zeiger einer Uhr darf sich nur einmal drehen, was im Klartext heißt, ich muss innerhalb einer Stunde zu Hause sein. „Aber Bob, wie sollen wir das denn schaffen in einer Stunde von hier bis zum Anwesen, das ist doch unmöglich.“ Als Antwort bekam ich nur: „Der Heli landet in 5 Minuten.“ Ich war total geschockt. Kurz bevor er die Tür komplett geschlossen hatte, ging sie nochmal einen Spalt auf und Bob steckte seinen Kopf rein: „Da ist noch was. Deine Mutter sagte noch, ich solle es ja nicht wagen, ohne ihren zukünftigen Schwiegersohn zu erscheinen.“ Er zog schnell seinen Kopf raus und während er die Tür ganz zuzog, sagte er noch: „Sorry, aber das musste jetzt einfach sein.“ In diesem Moment flog meine Flasche Wasser mit dem köstlichen Inhalt gegen die Tür. Ich hörte Bob nur noch sagen: „So schlecht schmeckt das jetzt auch nicht, dass du es durch die Gegend schmeißen musst“, und fing an zu lachen.

Wir saßen beide auf der Couch und schauten uns nur an, wir beide waren jetzt doch etwas geschockt. Mir ging Bob nicht aus dem Kopf und ich dachte mir nur so, was hat der den heute gefrühstückt, so habe ich ihn ja schon lange nicht mehr erlebt. Ja wie lange eigentlich nicht, wie lange hatte ich Bob nicht mehr lachen gehört, obwohl wir früher immer über fast jede Kleinigkeit gelacht haben und dann fiel es mir ein: Er hörte ungefähr zu der Zeit auf mit dem Lachen, als es mir immer schlechter ging und ich mich immer mehr zurück gezogen hatte. Ich wurde traurig und die Tränen kamen schon wieder zurück, denn so langsam realisierte ich, was ich wohl mit meinem Verhalten in dieser Zeit meinem Umfeld angetan hatte, aber was hatte sich heute geändert, mir ging es doch bereits seit ca. 1 ½ Jahren wieder besser. Irgendwie hat er gemerkt, dass wohl heute der letzte Knoten geplatzt ist, der anscheinend immer noch wie ein Damoklesschwert über mir hing, er kannte mich wohl besser als ich mich selbst. Das würde auch erklären, warum er auf Sahra so aggressiv reagiert hatte. Sie hätte mich niemals geschlagen oder mir sonst irgendwie weh getan. Ihr denkt jetzt bestimmt, er hat sie doch nur von mir getrennt und ihr leise und ruhig mitgeteilt, dass sie rausgehen soll, aber da liegt der Hase im Pfeffer begraben oder wie auch immer man sagt. Wenn Bob brüllt, rumschreit und so ist alles OK, aber wenn er ganz ruhig ist und leise spricht, was eher einem Zischen gleicht, dann ist Vorsicht geboten, denn dann steht er kurz vor einer Explosion. Sahra weiß das und ist deshalb auch leise aus seinem Blickfeld verschwunden. Er würde alles verhindern, was in seiner Macht steht, dass ich mich jetzt durch irgendwas oder irgend jemanden wieder in mein Schneckenhaus zurückziehe. Meine Tränen liefen also heute schon wieder einmal (mal so nebenbei gefragt, wie viel kann ein Körper eigentlich an einem Tag so an Tränenflüssigkeit produzieren, meiner scheint heute die Produktion davon jedenfalls ganz schön hochgeschraubt zu haben). Daniel wischte wieder die Tränen mit seinen Daumen aus meinem Gesicht und fragte mich leise: „David was ist plötzlich los?“ Ich sagte darauf, dass ich mich wohl bei allen mir nahestehenden Personen für die Zeit entschuldigen müsse, das ich ihnen so viel Kummer gemacht hätte. Darauf sagte er nur, dass er das nicht glaube, dass ich das tun müsse und sie es auch nicht von mir verlangen würden, sie werden einfach nur glücklich sein, dass du jetzt wieder der fröhliche und glückliche Junge bist, den sie lieben und den sie so vermisst haben. Ich lächelte ihn nun leicht an und hoffte, dass er recht hatte. Langsam, wieder ganz langsam, näherten sich unsere Lippen wieder an und diesmal passte kein Blatt mehr dazwischen, unsere Lippen berührten sich nur leicht zu einem kleinen, ersten Kuss ohne Zunge, immerhin kannten wir uns jetzt schon stolze 90 Minuten oder so, als sich unsere Lippen berührten, glaubte ich lauter kleine Blitze zu spüren und ein unbekanntes Glücksgefühl jagte durch meine Körper und ich spürte, dass es Daniel genauso ging. Es klopfte leise und Bob fragte jetzt doch etwas schüchtern, ob er den reinkommen könne, ohne auf tieffliegende Wasserflaschen achten zu müssen. Ich sagte, er könne gefahrlos reinkommen, ich spielte zwar kurz mit dem Gedanken, die halbvolle Coladose von Daniel nach ihm zu schmeißen, was ich aber dann doch lieber sein ließ, schließlich mochte ich Bob doch zu gerne. Er kam rein und fragte uns, ob wir denn soweit alles geklärt hätten, was wir zu klären hätten. Wir beide schauten uns an, nickten kaum merklich und drehten uns dann zu Bob und sagten synchron zu Bob: „Jup, alles klar“. Bob lachte schon wieder und sagte: „Na, das kann ja was werden, ihr antwortet ja jetzt schon synchron.“ Dann sagte er jedoch ernst, wir müssen los der Heli ist da. Mein Lächeln verschwand schon wieder aus meinem Gesicht. Mir war zwar klar, vor allem nachdem Bob sagte, er solle es sich ja nicht wagen, ohne ihren neuen Schwiegersohn zu erscheinen, dass zu Hause nicht etwas schlimmes oder gar Ablehnung auf uns warten würde, aber ich sollte wohl doch erst mal Daniel fragen, ob er überhaupt mitkommen wolle, ich konnte ja nicht über ihn bestimmen. Ich sagte es ja schon mal bzw. habe ich mir bereits zwei innerliche Notizen gemacht, der Junge merkt einfach alles, er nahm mich in den Arm und sagte nur, „Du brauchst keine Angst zu haben, ich komme gerne mit“ und gab mir einen kleinen Kuss auf den Mund und ich lächelte wieder. „Dann kann es ja losgehen“, sagte Bob, öffnete die Tür und nahm mich rechts an seine Seite, Daniel links, er legte jeweils einen Arm um unsere Schulter und wir verließen die Garderobe, sofort wurden wir von einem Pulk von zwanzig Security Leuten eingeschlossen und durch den Flur zum Bühnenausgang geführt. Normalerweise findet nach einem Konzert noch eine After-Show-Party im Backstagebereich statt, wo ich natürlich, nachdem ich mich frisch gemacht hätte, auch daran teilgenommen hätte, zwar nicht ewig lange, aber so eine Stunde habe ich es da eigentlich schon immer ausgehalten. War auch eigentlich immer ganz lustig, obwohl manche sich doch ganz schön was darauf eingebildet haben, weil sie sich ja im Backstagebereich aufhalten durften. Naja, ich dachte mir dann immer „Wen`s schön macht“, obwohl das bei einigen wohl nicht geholfen hatte. -g- Mir taten sie ja schon eigentlich leid, viele von Ihnen hatten viel Geld für so einen Pass bezahlt und dann kam ich nicht, aber wie ich später noch erfahren hatte, hatte Sahra sich beruhigt und den Gästen mitgeteilt, dass ich aufgrund einer dringenden Familienangelegenheit heute leider nicht an der Party teilnehmen könne, ihre Pässe bei dem nächsten Konzert in LA aber noch gültig wären. Naja, ob das so glücklich formuliert war. „Dringende Familienangelegenheit“, die haben doch alles mitbekommen, was ich da beim letzten Song abgezogen habe, naja, eigentlich ist es mir auch egal, was die Leute denken. Wir kamen an dem Ende des Flurs an, und bevor die Türen nach draußen geöffnet wurden haben einige Security Leute Schilder in die Hand genommen und über uns gehalten, damit uns keiner sehen konnte. Kennt ihr Asterix und Obelix, wie die Römer da immer marschieren, so ungefähr muss das ausgesehen haben. Die Türen gingen auf und urplötzlich war es Taghell vom Blitzlichtgewitter, viel dürfte auf den Bildern aber nicht zu sehen sein, langsam aber sicher gelangten wir zum Heli, der Rotor war noch an und Bob schob uns rein, sprang dann selbst noch hinein und schloss sofort die Tür, die restlichen Security Leute gingen schnell zurück und schon hob der Heli unter Blitzlichtgewitter ab und flog in Richtung Anwesen, wo meine Familie wohnt.

Der Flug würde ca. 40 Minuten dauern, mit dem Auto, selbst mit einer Polizeieskorte, hätten wir das in der von Mama gesetzten Frist von einer Stunde niemals geschafft. Wer schon mal in einem Heli geflogen ist, weiß, dass man sich da nur schlecht unterhalten kann, man hat in der Regel Kopfhörer auf. Man kann zwar die Personen, die einen nicht hören sollen, abschalten, aber eine richtige Unterhaltung ist das dennoch nicht, finde ich zumindest und bin dann eigentlich immer ganz ruhig auf einem Flug. Ich saß neben Daniel und hielt seine Hand in meiner und ich dachte über die letzten Stunden nach, was da doch alles passiert war. Ich drehte mich gerade zu Daniel und gab ihm einen kleinen Kuss auf seine rechte Backe, da vor seinem Mund ja dieses Blöde Mikro vom Helm hing, ich hatte dieses bei meinem Helm nach oben geschoben. Als ich mich gerade wieder zurückdrehen wollte, viel mir jedoch an Daniel etwas auf, er hatte an einem roten Band einen Backstage-Pass umhängen, aber wenn er doch so einen Pass hatte, warum war er dann draußen im Publikum und nicht im Backstagebereich und warum hatte er einen roten Pass. Dazu muss man wissen, dass es bei uns zumindest so ist, dass es drei verschiede Arten von Backstage-Pässen gibt, gelbe, blaue und eben diese roten. Gelbe erlauben einem zwar, sich im Backstagebereich aufzuhalten, aber halt nicht überall, bei den Blauen ist es so, dass die sich so gut wie im gesamten Backstagebereich aufhalten dürfen, nur die Garderoben von mir und eventuellen Gästen von mir, z.B. meine Lieblings Boyband von Dylan, die manchmal, wenn es ihre Zeit erlaubt, mal für ein paar Songs mit auf die Bühne kommen, die Fans freuen sich dann immer, weil ein Konzert dann immer länger dauert, weil diese Einlagen dann zusätzlich zum normalen Programm kommen, sind für sie Tabu. Ja und dann gibt es halt die Roten, die dürfen dann auch in meine Garderobe. Das heißt jetzt nicht, dass die da so einfach reinmarschieren könnten, anklopfen müssen die schon noch und erlauben muss ich es dann auch, aber sie könnten halt ohne Probleme dahin und klopfen. Die Roten sind wirklich selten und nur mein engstes Umfeld hat eigentlich so einen, z.B. Bob, Dylan und die anderen Jungs von der Band, die Security, Sahra, meine Managerin, Paul, mein Pressesprecher, meine Eltern, wenn sie mal da sind natürlich auch, dann noch Jean, der für meine Garderobe zuständig ist, halt alles was so Klamotten und so betrifft und Tina, die für Haare und Schminke zuständig ist sonst fällt mir jetzt so spontan keiner ein. Naja OK, ich habe auch einen, OK der ist zwar nicht rot sondern golden (sorry klingt abgehoben, ich weiß, war aber nicht meine Idee) den sollte ich eigentlich auch immer tragen, wenn ich mich im Backstage Bereich aufhalte, es sei denn, es geht auf die Bühne, dann natürlich nicht. Beim Auftaktkonzert meiner US-Tournee in Miami gab es einen Vorfall, der eigentlich ganz lustig war. Ich lief etwas kopflos durch die Gänge und suchte meine Garderobe. Warum ich an diesem Tag so kopflos war, kann ich gar nicht mehr sagen, wahrscheinlich war es die Nervosität, auch bekannt als Lampenfieber vor meinem Auftritt, immerhin war das der erste Auftritt in einer so großen Arena vor, ich glaube, es waren 30 Tausend oder mehr Zuschauer, bisher waren es ja sonst meist nur Fernsehauftritte in Shows oder so und da ist das Publikum meist sehr überschaubar, meist sind es dort nicht mehr als 100 Personen, auch wenn das durch manche Kameraeinstellungen nach mehr aussieht. Mein bis dato größter Auftritt vor großen Publikum war eigentlich auf der Gala vor etwa 1000 Leuten, aber da war ich selbst so überrascht davon, dass ich das erst mal gar nicht richtig realisiert hatte. Erst als der Applaus damals einsetzte, hatte ich das wohl so richtig realisiert und mir schlottern dann ganz schön die Knie. Dylan nahm mich ja dann in den Arm und brachte mich zurück an den Tisch von meinen Eltern und meinem Onkel Jo, es gab dann später zwar auch ein paar Gastauftritte bei Konzerten von Dylan und Co., aber da war ich ja nur Gast und nicht der eigentlich Showact und ich war nie alleine auf der Bühne. Jetzt aber vor meinem ersten großem Konzert war ich ganz alleine da auf der Bühne, na gut, das stimmt so nicht ganz, es waren meisten auch irgendwelche Tänzerinnen und Tänzer da, aber die waren ja nicht der Showact, das war halt nur ich, über 30 Tausend Menschen waren bereit dafür Geld für ein Ticket auszugeben, nur um mich, ja mich, dort am Abend singen zu hören. Ich konnte es damals nicht fassen und kann es bis heute eigentlich nicht, auch wenn alle zu mir sagen, du hast da so ein Talent, sie könnten es selbst nicht richtig beschreiben, aber irgendwie würde ich es schaffen, die Bühne auszufüllen und alle in meinen Bann ziehen, was immer sie auch damit meinen. Also wahrscheinlich hatte ich einfach nur Lampenfieber und glaubt mir, wenn ihr dasteht, und da kann man noch so cool sein oder was auch immer, dir rutscht dein Herz in die Hose. Und wer sagt, ihm gehe das nicht so der lügt in meinen Augen oder geht besoffen auf die Bühne oder schmeißt sich irgendwelche Pillen rein oder beides zusammen. Da ich aber weder auf Alkohol noch irgendwelche Pillen stehe, rutscht bei mir also das Herz mal so kurz vor dem Auftritt so ein-zwei Etagen tiefer. Ich lief somit kopflos durch die Flure, um meine Garderobe zu suchen. Als ich sie dann fand, kam eben ein Security-Man an, sah, dass ich keinen Pass umhatte, er kannte mich wohl auch nicht, was ich ihm auch nicht verübeln konnte und auch nicht habe. Zum einen war es das erste Konzert, alle waren neu und wir mussten uns alle erst mal kennenlernen und so abgehoben, dass ich verlange, dass mich jeder zu kennen hat und weiß, wen er da vor sich hat, bin ich nicht, war ich nicht und habe es auch nicht vor zu werden. Ich wollte also gerade meine Tür zur Garderobe öffnen und da kam halt dieser neue, naja, eigentlich waren alle Security-Leute neu, aber die anderen haben sich anscheinend vorher schlau gemacht, wen sie da eigentlich beschützen sollten, nun da kam also dieser zwei Meter große Hüne mit Namen Matthias, wie ich später dann erfuhr, auf mich zu, packte mich am Kragen und sagte: „Wie bist du denn hier reingekommen, dich schmeiß ich aber ganz schnell hochkant raus. Aber erst will ich wissen, wie du hier reingekommen bist.“ Ich zappelte da also rum und sagte dann nur, dann gehst du aber raus auf die Bühne und sagst denen da draußen, dass das Konzert ausfällt, weil du mich rausgeschmissen hast. Da dämmerte ihm wohl so langsam, wen er dort am Kragen gepackt hatte und er fragte dann ziemlich kleinlaut: „Kannst du mir bitte deinen Pass zeigen, ich bin neu hier und will nichts falsch machen“. Man, war dem das peinlich, wir gingen dann in meine Garderobe und ich zeigte ihm meinem Pass, auf meinem Pass ist neben einer ID-Nummer auch ein Foto von mir. Er überprüfte dann noch mit einem Scanner, ob dieser auch echt war und als der Scanner grünes Licht gab und somit seine Echtheit bestätigt hatte, entschuldigte er sich noch gefühlt tausend Mal bei mir und ließ mich dann alleine in meiner Garderobe. Seit diesem Vorfall, wenn ich Matthias den Hünen dann mal in einem der Flure sehe, tue ich immer ganz erschrocken, schreie dann um Hilfe, „Der da“, und zeige mit dem Finger auf ihn (ich weiß, das macht man eigentlich nicht), „will mich rausschmeißen, helft mir“, und renne weg. Er: „Ja, ja schon wieder so ein Bengel, der hier ohne Pass rumläuft, warte nur ich krieg dich schon“, und er läuft mir nach, da alle über den Vorfall von dem ersten Konzert Bescheid wissen, lachen alle. So was vertreibt auch das Lampenfieber, nach ein paar Metern lass ich mich dann von Matthias schnappen und wir liegen uns dann lachend in den Armen. Wenn ich jetzt so daran denke, fällt mir auf, dass Bob da nie mitgelacht hat, sondern nur leicht mit den Mundwinkeln gezuckt hat. Oh man, was habe ich da nur angerichtet, leiden die etwa alle unter einem Trauma und ich habe nie was gemerkt, war nur damit beschäftigt, mich einzuigeln. Hoffentlich hat mein Boyfriend, ich glaube ich kann jetzt schon sagen, dass Daniel jetzt mein Boyfriend ist, damit recht, als er meinte, ich müsste mich nicht entschuldigen, sie wären einfach nur froh, dass ich wieder der alte wäre. Wieder liefen mir Tränen aus dem rechten Auge, das linke blieb trocken, aber es waren auch nur 3 kleine, wahrscheinlich hatte mein Körper keine Zutaten mehr, um noch mehr Tränenflüssigkeit zuzubereiten oder die war noch nicht fertig. -g-. Ich schaffte es diesmal jedoch die drei Tränen selbst wegzuwischen, ohne dass einer etwas mitbekommen hatte, so langsam wurde es mir jetzt aber auch peinlich, ich mutierte ja heute zur Heulsuse des Jahrtausends. Aber wieso hatte Daniel so einen roten Pass umhängen, wahrscheinlich hatte Bob ihm einen gegeben, als er mit ihm von der Bühne in den Backstagebereich ging, aber nein, er hatte ihn schon um, als ich ihn das erste Mal gesehen hatten, dieses Bild, auch wenn es vielleicht nur ein oder zwei Sekunden waren, hatte sich für immer und ewig in mein Gehirn eingebrannt. Ich rief also dieses Bild wieder in meine Erinnerung und ja, ich sah den Pass ganz deutlich vor mir, aber nur den Pass, das rote Band konnte ich nicht sehen, was aber wohl daran lag, dass er ein knallrotes Hemd in fast exakt der gleichen Farbe wie das Band trug, hätte er einen gelben oder blauen Pass gehabt, hätte ich das aufgrund des Farbunterschiedes gesehen. Wieso hatte Daniel also einen roten Backstage-Pass und warum war er nicht in diesem Bereich, wenn er schon einen hatte, sondern direkt vor der Bühne. In diesem Moment drückte Daniel meine linke Hand, die immer noch in seiner rechten lag und er die ganze Zeit mit seinem Daumen meinen Handrücken gestreichelt hatte, etwas fester. Ich schaute ihn fragend an, dann merkte ich aber, der Heli ging langsam runter und setzte zur Landung an, wir waren auf dem Anwesen meiner Familie angekommen.

Was würde uns wohl jetzt erwarten …

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